Konditionismus - Wörterbuch der Philosophie -
Seit HUME ist in der Philosophie, seit ROBERT MAYER ist besonders in der Naturphilosophie eine Tendenz zu beobachten: man will den Begriff der Ursache (causa) mehr und mehr durch den Begriff der Bedingung (conditio) ersetzen. Noch OSTWALD (Naturphilosophie, Seite 299) glaubte sich darauf beschränken zu dürfen, nur eine bestimmte Gruppe von Ursachen lieber Bedingungen eines Geschehnisses zu nennen. Neuerdings hat VERWORN ("Die Frage nach den Grenzen der Erkenntnis", Seite 15f und 44) fast ganz im Sinne HUMEs den Ursachbegriff zu eliminieren und für den alten Kausalismus das neue Wort Konditionismus einzuführen gesucht.
Ich habe (vgl. Artikel "Bedingung") die vielen Verschlingungen der Begriffe Bedingung und Ursache ein wenig zu entwirren mich bemüht; ich kann diese Darlegung jetzt so zusammenfassen: den Begriff der "Ursache" möchte man von vornherein in die reale Welt hineinlegen, wie andere Sachen oder Substantive; der Begriff der "Bedingung" gehört seinem Wesen nach der logischen Welt an. VERWORN hat ganz recht mit der Behauptung, daß der Konditionalsatz allein eine Erkenntnis ohne irgendeine Zutat eines Deutungsversuches zum Ausdruck bringt; nur daß auch die Erfahrungswissenschaften nach dem Wesen des menschlichen Verstandes auf Deutungsversuche niemals verzichten können oder wollen, nur daß wir gegen unseren Willen gezwungen sind, irgendeinen alten Ursachbegriff beim neuen Bedingungsbegriff mit zu verstehen. Und da erinnern wir uns, vielleicht mit einiger Heiterkeit, daß Bedingung keine Übersetzung des lateinischen conditio ist, sondern von Ding abgeleitet, welches selbst eine genaue Übersetzung des lateinischen causa ist, ursprünglich den Sinn von Greichtsverhandlung hatte und erst später den Sinn von (juristischer Angelegenheit, Sache bekam, wie auch im Französischen cause und chose aus dem lateinischen causa entstanden sind. Ich brauche nicht hinzuzufügen, daß trotz dieser Wortgeschichte der Begriff Bedingung vom Begriff Ursache sich so weit entferntn konnte, wie der menschliche Verstand eben sehen kann. |