ra-2Geschichte der volkswirtschaftlichen Lehrmeinungen  
 
CHARLES GIDE / CHARLES RIST
Die Physiokraten
[3/3]
II. Das System
Einleitung
I. Die Grundprinzipien

"Der Tausch ist ein Gleichheitsvertrag, der zwischen gleichen Werten stattfindet. Er ist daher kein Bereicherungsmittel, da man ebensoviel gibt, wie man erhält." "Alle handeltreibenden Völker leben in dem Glauben, daß sie sich durch Handel bereichern; aber, wie eigentümlich, alle glauben sich zu bereichern, indem sie an den anderen verdienen. Man muß zugeben, daß dieser vorgebliche Gewinn, so wie sie ihn auffassen, etwas ganz wunderbares ist, denn nach dieser Meinung gewinnt jeder und verliert keiner."

"Weder die Menschen, noch die Regierung machen die Gesetze und sie können sie auch nicht machen. Sie  erkennen  sie als in Übereinstimmung mit der höchsten Vernunft, die die Welt regiert und übergeben sie der Gesellschaft ... Deshalb sagt man:  Gesetzesträger - legislateurs  und man hat noch niemals gewagt, von  Gesetzesmachern - legisfacteurs  zu sprechen."

"Der persönliche Despotismus ist nur gesetzlicher Despotismus gemäß den Tatsachen einer natürlichen Ordnung. Im gesetzlichen Despotismus schreiben die Befehle der Tatsachen die Anordnungen des Herrschers vor. Euklid ist ein wirklicher Despot und die geometrischen Wahrheiten, die er uns überliefert hat, sind wahrhaft despotische Gesetze; ihr gesetzlicher Despotismus und der persönliche Despotismus dieses Gesetzgebers ist eins, ein Despotismus der unwiderstehlichen Kraft der Tatsachen."

"Der Despotismus der Physiokraten ist kein anderer, als der der natürlichen Ordnung, der gegenüber kein vernünftiger Mensch etwas anderes tun kann, als sich ihr zu unterwerfen. Ihr Despotismus gleicht in allen Stücken dem der Wahrheit, die sich selbst durchsetzt."

"Es ist die öffentliche Meinung, die das Schwert führt. Daher muß sie urteilsfähig sein."

"Die physiokratische Auffassung einer natürlichen Ordnung, die der ganzen politischen Ökonomie als Grundlage oder wenigstens als Gerüst dient, - krankte an einem Optimismus, der die liberale Schule, besonders in Frankreich, hypnotisieren und zur Unfruchtbarkeit verurteilen sollte."

"Turgot definiert den Wert als den Ausdruck des Schätzungsgrades, den der Mensch den verschiedenen Gegenständen seiner Wünsche entgegenbringt. Diese Definition drückt die Subjektivität des Wertes ganz richtig aus und enthält zwei Worte:  Schätzungsgrad  und  Wunsch,  die ihn noch schärfer begrenzen."

Bisher sind wir, wie die Physiokraten, im Bereich der Theorie geblieben. Ihr Einfluß hat sich aber am stärksten auf dem Gebiet der angewandten Nationalökonomie, der Handelsgesetzgebung, der Betätigung des Staates und der Steuerverteilung fühlbar gemacht. (1)

§ 1. Der Handel

Der Tausch, auf die einzige und wesentliche Handlung des: "do, ut des" [ich gebe, damit du gibst! - wp] zurückgeführt, erzeugt nach der Meinung der Physiokraten überhaupt nichts: denn aufgrund seiner Definition bedingt er die Gleichwertigkeit der getauschten Gegenstände. Wenn daher jede der beiden Parteien genau den Gegenwert dessen, was sie hergegeben hat, erhält, wo bleiben dann die neugeschaffenen Werte? Zwar kann der Tausch "leoninisch" sein und eine der beiden Parteien auf Kosten der anderen bereichern, aber auch in diesem Fall gibt es keine Schaffung neuer Werte, da der eine gewinnt, was der andere verliert. (2) Wenn ich meine Flasche Wein gegen dein Brot austausche, so findet eine doppelte  Ortsveränderung  an Gütern statt, die sicherlich die Bedürfnisse eines jeden von uns beiden besser befriedigt. Eine Schöpfung von Werten ist jedoch nicht erfolgt, da aufgrund der Definition die ausgetauschten Gegenstände gleichwertig sind. Heute folgern wir ganz anders. Die Volkswirtschaftler haben darauf hingewiesen, daß, wenn ich meinen Wein gegen dein Brot vertausche, dies ohne Zweifel darauf beruht, weil ich mehr Hunger als Durst spüre, während umgekehrt du mehr Durst, als Hunger hast; folglich hat die Flasche Wein, dadurch, daß sie von mir auf dich übergeht, an Nützlichkeit gewonnen, wie gleicherweise das Brot, das von dir auf mich übergegangen ist. In dieser doppelten Nützlichkeitsvermehrung sehen wir eine wirkliche Vermehrung an Wert. Dieser Gedankengang würde aber den Physiokraten absurd erschienen sein, da sie unter Werten (richesses) nur materielle Güter verstanden und nicht eingesehen hätten, daß man die Schaffung von weiter nichts als subjektivem Nutzen produktiv nennen kann.

Was den Handel anbelangt, so wissen wir schon, daß sie den Kaufmann zusammen mit dem Fabrikanten in die sterile Klasse verwiesen. Das ist an sich schon bezeichnend genug. Es ergab sich daraus, daß alle seit 2 Jahrhunderten vom Merkantilismus gelehrten Theorien, die im Außenhandel das wahre Bereicherungsmittel eines Landes sahen, zusammenbrachen. Die Merkantilisten stellten sich den Staat unter dem Bild eines reichen holländischen Kaufherrn vor; die Physiokraten aber unter dem eines Landedelmannes, der auf und von seinen Landgütern lebt.

Der Außenhandel bringt ebensowenig wie der Innenhandel irgendwelchen wirklichen Reichtum hervor; alles, was er hervorbringt, ist ein  Gewinn,  was etwas ganz anderes ist; denn das, was der eine gewinnt, büßt der andere ein. "Alle handeltreibenden Völker leben in dem Glauben, daß sie sich durch Handel bereichern; aber, wie eigentümlich, alle glauben sich zu bereichern, indem sie an den anderen verdienen. Man muß zugeben, daß dieser vorgebliche Gewinn, so wie sie ihn auffassen, etwas ganz wunderbares ist, denn nach dieser Meinung gewinnt jeder und verliert keiner." (3) Es unterliegt keinem Zweifel, daß ein Land gezwungen sein kann, Güter aus dem Ausland kommen zu lassen, die es selbst nicht erzeugen kann und ihm solche zu überlassen, die es selbst nich verbrauchen kann. Deshalb ist der Außenhandel unentbehrlich, aber er ist, sagt MERCIER de la RIVIERE - und er unterstreicht das Wort -  ein notwendiges Übel.  (4)

QUESNAY begnügt sich, ihn einen Notbehelf zu nennen. (5) Der einzig wirklich nützliche Tausch ist der, welcher die Erzeugnisse direkt aus der Hand des Landwirtes in die des Verbrauchers bringt, denn sonst nützen diese Erzeugnisse nichts und verderben in der Hand des Erzeugers. Der Tausch aber, der im Ankauf dieser Erzeugnisse zum Zweck des Weiterverkaufs besteht und den sie Handel - trafic - nennen ( er allein bedeutet heute im juristischen Sinn des Wortes Handelstätigkeit), ist weiter nichts, als eine Güterverschwendung; ein Teil davon wird sogar vom Händler aufgezehrt. (6) Den gleichen Gedanken finden wir viel später bei CAREY. Geistreich vergleicht MERCIER de la RIVIERE die Kaufleute mit Spiegeln, die so aufgestellt sind, daß sie zu gleicher Zeit und nach verschiedenen Richtungen das Bild desselben Gegenstandes wiedergeben. Wie diese Spiegel scheinen sie die Gegenstände zu vermehren und täuschen so das Auge, das sie nur oberflächlich sieht. (7)

Nun gut! Lassen wir diese Verachtung des Handels einmal gelten; zu welchem Schluß führt das? Da man ihn verbieten? oder gesetzlich regeln? oder freigeben muß? Keine dieser Schlußfolgerungen ergibt sich zwingend aus den Voraussetzungen; wenn der Handel nutzlos ist, scheint die erste Lösung die richtigste. Die Physiokraten waren aber für die dritte; aus welchem Grunde?

Man versteht ganz gut, daß die Physiokraten den Merkantilismus und Colbertismus verwarfen, die beide dem Land eine günstige Handelsbilanz verschaffen wollten; denn dieser Zweck erschien ihnen fantastisch und sogar unmoralisch. Schwerer ist die Erklärung, warum sie die Freiheit des Handels befürworteten, der doch ihrer Ansicht nach zu nichts nütze war. Heute folgen die Freihändler unter den Nationalökonomen ihrem Beispiel, aber mit dem Gedanken, daß der Freihandel eine große Wohltat für alle Länder ist und daß ie daran teilnehmenden Länder um so reicher werden, je mehr er sich entwickelt. Das war aber durchaus nicht die Meinung der Physiokraten. Wenn sie die Begründer des Freihandels waren, so waren sie dies nicht, was wohl zu bemerken ist, weil sie den Handel begünstigen wollten, sondern weil sie ihn mit einem verächtlichen "laisser faire" abtaten. Vielleicht waren sie nicht weit vom Glauben entfernt, daß er durch dieses "laisser faire" von selbst verschwinden würde! Wenn sie Freihändler waren, so lag das in erster Linie daran, daß sie hauptsächlich an Handelsfreiheit im Innern dachten und man muß sich vergegenwärtigen, was für außerordentliche Schranken in damaliger Zeit den Handel im Innern hemmten. (8) Und weiter ergab sich aus der natürlichen Ordnung, daß jeder kaufen und verkaufen kann, wie es ihm gefällt, ohne Unterschied zwischen Inland und Ausland, da ja diese natürliche Ordnung Grenzunterschiede nicht kennt. (9) Auch sichert die Freiheit den "richtigen Preis" ( le bon prix).  - Was soll man aber unter diesem Wort verstehen? -  Einen niedrigen Preis?  - Ganz und gar nicht! "Nur die freie Konkurrenz der ausländischen Kaufleute kann den bestmöglichen Preis sichern und nur der  hohe Preis  kann durch die Mühen des Landwirts den Wohlstand wie die Bevölkerung eines Königreiches schaffen und unterhalten." (10) Dies sind mehr die Gedanken eines Landwirts, als die eines Freihändlers; der Grund liegt eben darin, daß die Physiokraten sich tatsächlich stets nur mit den landwirtschaftlichen Erzeugnissen und besonders mit dem Getreide befaßten und da damals der Handel fremder Völker, soweit die Einfuhr in Betracht kam, kaum zu fürchten war, dachten sie beim Freihandel nur an die freie Ausfuhr. Nach ONCKEN war die von QUESNAY gewünschte Handelspolitik diejenige, die England damals befolgte: Begünstigung der Getreideausfuhr, um den Kurs zu stützen und um bei Gelegenheit einer reichen Ernte den richtigen Preis zu halten, - sowie die Erlaubnis der Einfuhr nur im Falle einer Hungersnot, um zu große Teuerungen zu verhüten. (11)

Mit einem Wort: die Handelsfreiheit bestand für die Physiokraten hauptsächlich in der Abschaffung der unter der alten Regierungsform bis in den Himmel gehobenen Maßnahmen, die darauf abzielten, die Getreidesausfuhr ins Ausland zu verhindern und den freien Güteraustausch im Inland einzuschränken. (12) Diese physiokratische Auffassung hat aber nicht lange gebraucht, um die Umstände, denen sie ihr Entstehen verdankte, zu überflügeln und zur These von der absoluten freien Konkurrenz zu werden, die WALRAS später wie folgt zusammenfaßte: " die freie Konkurrenz im Tauschverkehr sichert jedem Teil das Maximum des Grenznutzens oder, was dasselbe ist, die Maximalbefriedigung seiner Bedürfnisse." Fast alle Gründe, die während eines Jahrhunderts im Kampf um den Freihandel in Treffen geführt wurden, sind schon von den Physiokraten formuliert worden! Die hauptsächlichsten sind:
    1) Die Widerlegung des Beweises von der Handelsbilanz wird schon von MERCIER de la RIVIERE mit vollkommener Genauigkeit geführt. "Also du blinde und stumpfsinnige Politik, ich werde alle deine Wünsche erfüllen! Ich gebe dir das ganze Geld, das unter den Völkern, mit denen du Handel treibst, im Umlauf ist; jetzt hast du es; was willst du damit machen? Und er zeigt zuerst, wie kein anderes Land dann noch etwas kaufen kann und wie damit alle Ausfuhr aufhört und zweitens, wie die ungeheure Teuerung zum Kauf im Ausland zwingen würde und so das Geld wieder zur Auswanderung kommt, "was übrigens das einzige Heilmittel sein würde." (13)

    2) Widerlegung der These, daß die Zölle vom  Ausland getragen werden.  "Der Fremde wird dir nichts verkaufen, wenn du ihm nicht denselben Preis zahlst, den ihm die anderen Völker geben wollen. Wenn du einen Eingangszoll auf seine Waren legst, so wird derselbe eine Erhöhung des wirklichen Preises sein, den der Fremde erhält; dieser Eingangszoll wird daher nur von deinen eigenen Volksgenossen bezahlt." (14)

    3) Widerlegung der sogenannten  Reziprozitätspolitik  [Politik auf Gegenseitigkeit - wp]. "Ein von einem benachbarten Volk erhobener Eingangszoll schadet dem Volk, das verkauft insoweit, als er den möglichen Verbrauch seiner Erzeugnisse vermindert. Diese indirekte Wirkung ist unausbleiblich. Kann ihr aber durch Vergeltungsmaßregeln nicht begegnet werden? England hat auf französische Weine einen ungeheueren Zoll gelegt, der den Verbrauch bedeutend einschränkt; wird England aber eher imstande sein, euren Wein zu kaufen, wenn ihr eurerseits seine Produkte mit Zoll belegt? Wird der Nachteil, den ihr erleidet, geringer durch den, den ihr England zufügt?"
Wir haben hier viel zitiert, denn seit 100 Jahren ist in dieser Frage nichts überzeugenderes gesagt worden.

Deshalb wurde diesen Theorien auch sofort eine gesetztliche Bestätigung durch die Edikte von 1763 und 1766 gegeben, in denen die Freiheit des Getreidehandels erst im Inland, dann mit dem Ausland gewährt wurde, allerdings noch mit einigen schwerwiegenden Beschränkungen. Unglücklicherweise zeigte sich die Natur ihren getreuen Bewunderern, den Physiokraten, gegenüber sehr undankbar. Sie suchte das Land sogleich mit 4 oder 5 aufeinander folgenden Mißernten heim, an denen das Volk selbstverständlich den neuen Gesetzen und den Physiokraten, die sie inspiriert hatten, die Schuld gab. Trotz ihrer Proteste wurde das liberale Gesetz 1770 wieder aufgehoben, um 1774 von TURGOT wieder eingeführt und 1777 von NECKER von neuem aufgehoben zu werden, ein Hin und Her, das die Unschlüssigkeit der öffentlichen Meinung gut widerspiegelt.

Diese neue Gesetzgebung und das physiokratische System im allgemeinen hatten übrigens einen lebhaften, energischen Widersacher gefunden, den Abbé GALIANI, einen neapolitanischen Monsignore am französischen Hof, der, 21 Jahre alt, in italienischer Sprache ein bemerkenswertes Buch über das Geld, und 1770, in ausgezeichnetem Französisch die  Zwiegespräche über den Getreidehandel  (dialogues sur la commerce de blés) geschrieben hat, die einen großen Erfolg hatten und besonders von VOLTAIRE über alle Maßen gerühmt wurden. Ihre Form ist jedoch bei weitem wertvoller, als ihr Inhalt. GALIANI war dem "laisser faire" gegenüber nicht gerade feindlich: "Soweit wie möglich soll man nichts verbieten", sagte er, "so oft wie möglich soll man sich auf die Seite der Freiheit stellen." (15) Er erklärte sich aber gegen jedes allgemeine System und besonders gegen jede Unterwerfung unter den Willen der "Dame Natur": "Sie ist", sagte er, "eine viel zu große Dame, um sich mit unseren Kleinigkeiten zu befassen." (16) Wie die realistische oder historische Schule unserer Tage schrieb er, daß man: "die Prinzipien dem Ort, der Zeit und den Umständen anpassen müsse. Von welchem Reich will man sprechen? Wie ist seine Lage usw." (17)

An die Seite GALIANIs kann man den großen Finanzmann NECKER stellen, der 1775 in einem dicken Buch:  die Gesetzgebung und der Getreidehandel  (la législation et le commerce des grains) ungefähr die gleichen opportunistischen Gedanken entwickelte und als Minister (1776 - 1781 und 1788 - 1790) den freien Getreidehandel untersagte.

Nicht zu übersehen ist aber, daß die Physiokraten für einen Zweig des Handels, einen einzigen! und nicht den unbedeutendsten, gesetzliche Vorschriften beibehielten. Das ist der Handel mit Geld, das Geldleihgeschäft. Der Marquis MIRABEAU erkannte nur die Berechtigung der landwirtschaftlichen Darlehen an, weil nur dort die Zinsen einem wirklichen Güterzuwachs, einem vermehrten Reinertrag, entsprächen, aber im Handel wollte er jedes Darlehen verbieten oder doch beschränken. Er ließ es sogar an recht beleidigenden Ausdrücken nicht fehlen und nannte den Handel mit Geld eine Abgabe, die die "Nagetiere" von Rentiers erhöben. Wie MIRABEAU gründete auch Dr. QUESNAY das Recht auf Zinsen nur auf den Reinertrag des Bodens - denn, sagt er, jedes Kapital kann zur Erwerbung von Grund und Boden verwendet werden. Er war aber weniger streng und verlangte nur eine gesetzliche Beschränkung. Hierin sind die Physiokraten ganz logisch, denn wenn das, was nach ihnen ein rechtmäßiges Anrecht auf Zinsen begründet, nicht eintritt, d. h. wenn das Kapital nicht in Grund und Boden, sondern in der Industrie oder im Handel, die sie als unproduktiv definieren, angelegt wird, so ist es klar, daß die Zinsen nur aus der Tasche des Schuldners kommen können; und dann müssen die Physiokraten diese Zinsen ebenso ablehnen, wie sie die Steuerleistung der industrielen und der Handelsklasse ablehnen, was weiter unten ausgeführt wird.

TURGOT ist der einzige, der offen die Freiheit des Geldleihgeschäfts zuläßt (18) und der Grund, den er anführt, ist nicht allein das physiokratische Argument von der Möglichkeit, daß der Kapitalbesitzer sein Geld in Grund und Boden anlegen kann, sondern vor allem, daß er sich irgendwelcher Produktion zuwenden kann, da Kapital die "unumgänglich notwenige Grundlage jedes Unternehmens" ist. (19) Daher wird er sein Kapital niemals jemandem geben, der ihm nicht wenigsten den Gegenwert dessen bietet, was er erhalten könnte, wenn er es selbst in Industrie oder Handel verwendete. Dieser Beweisführung scheint aber der Gedanke zugrunde zu liegen, als ob jedes Unternehmen an und für sich produktiv sei. Und in der Tat, TURGOT unterschied sich auch darin von der physiokratischen Schule, daß er die Industrie und den Handel nicht als steril betrachtete.


§ 2. Die Rolle des Staates

Da die Physiokraten glauben, daß es in den menschlichen Gemeinschaften eine natürliche Ordnung gibt, die von selbst wirkt und daß es folglich keines geschriebenen Gesetzes bedarf, um die Herrschaft dieser Ordnung festzulegen, da sie glauben, daß die Stimme der Natur dem Menschen "das, was ihm am vorteilhaftesten ist" eingibt und daß daher jeder Zwang unnötig ist, der jemanden bestimmen soll, seinen Vorteil zu suchen, - so würde es scheinen, als ob die Physiokraten zur Verneinung aller Gesetzgebung, aller Autorität, mit einem Wort: zur Abschaffung des Staates gelangen müßten.

Es ist sicherlich wahr, daß die Physiokraten dafür waren, die Gesetzgebungsmaschine auf ein Minimum zu reduzieren und sie haben sogar erklärt, was nach ihnen die Anti-Interventionisten so oft wiederholen sollten, daß das nützlichste Werk der Gesetzgebung darin bestehe, die unnützen Gesetze abzuschaffen. (20) Fest steht, daß nach ihnen, wenn man einmal neue Gesetze zu Hilfe nehmen muß, sie nicht weiter als die Niederschrift der ungeschriebenen Naturgesetze sein sollten. "Weder die Menschen, noch die Regierung machen die Gesetze und sie können sie auch nicht machen." Sie  erkennen  sie als in Übereinstimmung mit der höchsten Vernunft, die die Welt regiert und übergeben sie der Gesellschaft ... Deshalb sagt man:  Gesetzesträger "legislateurs"  und man hat noch niemals gewagt, von Gesetzesmachern "legisfacteurs" (21) zu sprechen. Hier würde eine Menge mehr oder weniger authentischer Anekdoten ihren Platz finden. So erzählt man z. B. oft von MERCIER de la RIVIERE, daß er, von der großen KATHARINA nach Petersburg berufen, um die Grundlage einer Verfassung zu entwerfen, ihr geantwortet habe: er würde sich wohl hüten, dies zu tun, da man "nur der Natur der Dinge ihren Lauf lassen brauche", worauf ihm die Kaiserin eine glückliche Reise wünschte.

Nichtsdestoweniger würde es ein großer Fehler sein, etwa in den Physiokraten die Vorläufer der Anarchisten zu sehen. Sie wollten so wenig wie möglich Gesetzgebung, aber sie wollten so viel wie möglich  Autorität - was nicht dasselbe ist. Sie wollten sie aber nicht, wie unsere heutigen Liberalen, beschränkt und unter genauer Kontrolle; ihr Regierungsideal ist nicht die sich selbst regierende Demokratie wie die griechischen Republiken, ja nicht einmal die parlamentarische Regierungsform wie in England; im Gegenteil all das verabscheuten sie. (22).

Aller gesellschaftlichen Hierarchie, bis zu ihrem Oberhaupt, bringen sie die größte Ehrerbietung entgegen. Sie weisen jede Idee, den Adel oder die Monarchie angreifen zu wollen, weit von sich. Was sie wollen, ist eine Regierung unter der Form einer einzigen, zentralisierten, erblichen Monarchie, ohne Gegengewicht und allmächtig. Was sie wollen - und sie fürchten sich nicht, es bei seinem Namen zu nennen - ist: Der Despotismus. (23)

"Möge die souveräne Autorität allen Einzelpersonen der Gesellschaft und allen ungerechten Unternehmungen der individuellen Interessen einzigartig und erhaben gegenüberstehen, denn das Objekt der Herrschaft und des Gehorsams ist die Sicherheit und das berechtigte Interesse aller. Die Theorie des Gleichgewichts der Kräfte in einer Regierung ist eine verderbliche Meinung [QUESNAY, Maximes] (24)

Wieweit sind wir jetzt von der Trennung der Regierungsgewalten MONTESQUIEUs? und ebenso von der Dezentralisation und vom Kantonalismus! Bemerkenswert ist, daß die Frage der Steuerbewilligung durch die Steuerzahler überhaupt nicht angeschnitten wird. Man darf aber nicht vergessen, daß diese Garantie, die der Ausgangspunkt der parlamentarischen Regierungsform war, für die Physiokraten keinen Sinn hatte, da, wie wir sehen werden, Steuern für sie nur das Recht eines Miteigentums des Herrschers, ein Domänen-Einkommen ist, das nichts mit dem Willen des Volkes zu tun hat.

Man kann sich zuerst vor Staunen nicht fassen, wenn man das liest und wenn man bedenkt, daß es aus der Feder eines zukünftigen Präsidenten der "Constituante" kommt! Wie soll man diesen wenigstens scheinbaren Widerspruch erklären? diese Despotismusanbetung bei diesen Aposteln des "laisser faire"?

Der Grund liegt darin, daß die Physiokraten darunter etwas ganz anderes verstanden, als die landläufige Bedeutung des Wortes. Für sie ist es nicht gleichbedeutend mit Tyranei, sondern mit dem Gegenteil. Für sie war es nicht einmals das, was man später die Regierung des "aufgeklärten Despoten" genannt hat, der durch die Größe seines Genies die Menschen gegen ihren Willen glücklich macht. Der Despotismus der Physiokraten ist kein anderer, als der der natürlichen Ordnung, der gegenüber kein vernünftiger Mensch etwas anderes tun kann, als sich ihr zu unterwerfen. Ihr Despotismus gleicht in allen Stücken dem der Wahrheit, die sich selbst durchsetzt. (25)

Dieser Despotismus ist daher weit vom Grundsatz der absoluten Macht der alten Juristen entfernt: sicut Principi placuit, legis habet vigorem [Was dem Kaiser zu befehlen gefällt, hat Gesetzeskraft - wp]. (26) Sie leugnen durchaus den Gedanken, daß der Wille des Fürsten Gesetz sei, aber es ist zu bemerken, daß sie nicht weniger energisch leugnen, daß der Wille des Volkes Gesetz sei (27) und hierin sind sie ebenso weit vom modernen Demokratismus entfernt, wie vom monarchischen Absolutismus.

Selbstverständlich verkörpert sich dieser Despotismus der natürlichen Ordnung in einer Person, derjenigen des Herrschers, des Königs, aber er hat keine andere Rolle, als diesen höheren Gesetzen, die er nicht gemacht hat, als Ausführungsorgan zu dienen. Man muß ihn, im Gedankengang der Physiokraten, mit einem Kapellmeister vergleichen, der sich seines Zepters nur wie eines Taktstocks bedient. Allerdings ist der Despotismus eines Kapellmeisters viel wirksamer, als der des Zaren, denn jeder der Musiker muß, auf die Sekunde genau, jeder Bewegung seiner Hand gehorchen. Seine Gewalt ähnelt aber in nichts einer Tyrannei, da jeder der Ausführenden ihr freiwillig gehorcht und da jeder, dem es einfallen sollte, aus Opposition eine falsche Note zu spielen, nicht als ein Widerspenstiger, sondern einfach als ein musikalischer Dummkopf angesehen werden würde.

Den Physiokraten erschien diese Herrschaft unter der Form einer erblichen Monarchie, weil nach ihrer Ansicht, worauf wir schon an anderer Stelle hingewiesen haben, die Herrschaft, wie im Feudalismus, mit dem Eigentum verbunden war; und ebenso wie die Erblichkeit zum Grundbesitz gehört, gehört sie auch zum Amt des Königs. Der Herrscher, der für die Physiokraten den von ihnen geträumten Idealtypus eines Despoten vorstellt, ist der Kaiser von China: er besitzt alle von ihnen aufgestellten Charakterzüge. (28)

Als Sohn des Himmels verkörpert er die natürliche Ordnung, die zur gleichen Zeit die göttliche ist. Auch ist er landwirtschaftlicher Herrscher, der feierlich einmal im Jahr die Hand an den Pflug legt. Er läßt sein Volk sich selbst regieren, oder wenigstens von Sitte und Gebrauch regiert werden. (29)

Wird aber in der Praxis der Despot nichts zu tun haben? Sicherlich nicht viel: "Ihr werdet sehen, Könige und Herrscher, wie leicht die Ausübung eurer geheiligten Ämter ist, die wesentlich darin besteht, das Gute, das von selbst wird, nicht zu hindern und die kleine Anzahl von Menschen, die sich am Privateigentum vergreifen, zu bestrafen. (30)

Und in der Tat, der  Schutz dieser natürlichen Ordnung  gegen alle tempelschänderischen und unwissenden Hände, die ihr irgendwie Schaden zufügen wollen und im besonderen der Schutz dessen, was ihre Grundlage ist, des Eigentums in allen seinen Formen, das ist die erste und bedeutendste Funktion des Herrschers. "Die gesetzliche Ordnung besteht im Besitzrecht, das von der Kraft einer schützenden und herrschenden Autorität den in der Gesellschaft vereinigten Menschen sichergestellt und garantiert wird. (31)

Der  Unterricht  ist die zweite dieser Funktionen und die Physiokraten legten auf diesen Punkt ganz besonderes Gewicht. "Der allgemeine Unterricht ist das erste und das wahre gesellschaftliche Band", sagt BAUDEAU. Und QUESNAY empfiehlt besondern den Unterricht, der sich mit der Existenz der natürlichen Ordnung und den Mitteln ihrer Erkenntnis befaßt. Hierfür geben sie übrigens als Grund an, daß der Unterricht aller Bürger, eine aufgeklärte öffentliche Meinung, das einzige Mittel sei, um zu verhindern, daß der physiokratische Despotismus in persönlichen Despotismus entarte. Wie QUESNAY sagt, ist es die öffentliche Meinung, die das Schwert führt. Daher muß sie urteilsfähig sein.

Auch die  öffentlichen Arbeiten  werden von den Physiokraten als eine Teilaufgabe des Staates bezeichnet; - muß ein guter Besitzer nicht zuerst für gute Wege auf seinen Besitzungen sorgen? - denn gute Wege und Kanäle sind ganz besonders wichtig, um den Grund für die Ertragsfähigkeit des Besitztums zu legen. Sie sind eine Art Grundvorschuß, ähnlich dem der Grundbesitzer.

Das ist ungefähr alles. (32) Diese Aufzählung der Funktionen des Staates bleibt dieselbe, ohne viel verbessernde Pinselstriche, für die ganze liberalökonomische Schule bis auf BASTIAT und MOLINARI. Wir können als letztes noch erwähnen, daß, ebenso wie späterhin die Nationalökonomen der liberalen Schule, die Physiokraten sich vollständig als Internationalisten gebärdeten. Hierin unterscheiden sie sich von ihren Freunden, den fremdenhassenden Chinesen. Nicht nur erklären sie vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus, "daß man alle Unterschiede zwischen den Völkern beseite schieben muß", sondern sie fürchten auch vom politischen Gesichtspunkt aus gerade den Patriotismus. (33) Es ist eigentümlich, daß die heutigen Friedensapostel nicht daran denken, sich auf diese erlauchten Vorläufer zu berufen.


§ 3. Über die Steuern

Wie bekannt, ist die Steuertheorie der Physiokraten eine der charakteristischsten Seiten ihres Systems. Sie gehört dazu; sie ist untrennbar mit ihrer Auffassung des Reinertrages und des Grundbesitzes verbunden und trotzdem hat sie, eine eigentümliche Tatsache, den Zusammensturz ihres Systems überdauert und neuerdings ihre Auferstehung erlebt.

Beim Tableau der Einkommensverteilung haben wir nur von drei Parteien gesprochen: den Großgrundbesitzern, den Pächtern und den Handwerkern. Es gibt aber eine vierte, die zu jeder Zeit ihren Teil erhoben hat und die ihn auch im physiokratischen System verlangt: der Herrscher, der Staat. Zweifelsohne ist der physiokratische Staat, der gute Despot, dessen Bild wir eben in großen Umrissen gezeichnet haben, nicht anspruchsvoll: da er nur wenig zu tun hat, wird er nicht viel brauchen. Wir haben jedoch gesehen, daß er außer seiner doppelten Aufgabe für die Sicherheit und den Unterricht zu sorgen, noch wirkliche Grundvorschüsse für die Inwertsetzung von Ländereien durch öffentliche Arbeiten, besonders für Straßen (34) zu leisten hat. Hierfür braucht er Mittel und die Physiokraten glauben, daß man sie ihm reichlich bemessen muß (35) und nicht etwa lange gehässig mit ihm handeln darf, wie es die parlamentarische Regierungsform tut. Wo wird er sie aber hernehmen?

Die Antwort ergibt sich von selbst, wenn man das physiokratische System kennt. Er kann sie nur vom "produit net" nehmen, da dieser den einzigen wirklich neuen, wirklich verwendungsbereiten Wert darstellt, denn der Rest wird notwendigerweise von der Rückzahlung der Vorschüsse und vom Unterhalt der industriellen und landwirtschaftlichen Klassen aufgezehrt. Wenn nun die Steuern einen Teil dieser Einkünfte, deren Verwendung unantastbar ist, aufbrauchen, so würde nach und nach die Quelle des Reichtums versiegen. Wenn aber im Gegenteil nur der Überfluß, den der Reinertrag vorstellt, genommen wird und mit noch größerer Berechtigung, wenn nur ein Teil dieses Überflusses genommen wird, so kann die zukünftige Gütererzeugung in keiner Weise benachteiligt werden.

Das ist durchaus klar. Wo aber wird der Staat diesen Reinertrag fassen? - Bei denen, die ihn erhalten, also bei den besitzenden Klassen, so daß wir zu dem bemerkenswerten Schluß kommen, daß die ganze Steuer von den Grundbesitzern gezahlt werden muß. Einige Seiten vorher hat uns das Privilegium, das die Physiokraten ihnen ohne weiteres zusprachen, etwas befremdet: dies ist das Lösegeld und es ist nicht gering! Wie und nach welchem Satz soll nun der Betrag festgelegt werden?

Die Physiokraten wollen keineswegs die Grundbesitzer ihres Einkommens berauben, da, wie wir gesehen haben, sie sich große Mühe gaben, es mit vielen Gründen zu rechtfertigen. Nicht nur wollen sie ihnen alles das lassen, was für die Rückzahlung ihrer Grundvorschüsse und ihrer Unterhaltungskosten notwendig ist, sondern auch alles das, was gebraucht wird, um den Stand des Besitzers "möglichst zu heben." (36) Diese Sorge, die uns ganz eigentümlich erscheint, wird den Physiokraten vom Gefühl der Bedeutung der sozialen Rolle der besitzenden Klasse diktiert. "Wenn irgendein anderer Stand", sagt DUPONT de NEMOURS, "dem der Grundbesitzer vorzuziehen wäre, würden sich alle Menschen diesem anderen Stand zuwenden. Sie würden es unterlassen, ihre beweglichen Güter zur Schaffung, Verbesserung und Unterhaltung von Landgütern zu verwenden." Muß man aber nicht in diesem Falle fürchten, daß alle Menschen sich dem Stand des Grundbesitzers zuwenden und alle anderen Beschäftigungen vernachlässigen werden? Nein! die Physiokraten haben diese Furcht nicht, sei es, weil sie denken, daß es in einem Land nicht zuviele Grundbesitzer geben kann, sei es, weil sie denken, daß, wie das Land selbst, so auch die Anzahl der Grundbesitzer von Natur begrenzt ist.

Und zum Schluß kommen die Physiokraten zu einem Steuersatz von einem Drittel, nach BAUDEAU sogar nur von 6/20 des Reinertrages (also 30%). Wenn man für den Reinertrag 2 Milliarden einsetzt, wie die Erklärung zum  Tableau économique  angibt, so würde dies genau 600 Millionen Francs an Grundsteuern ergeben. (37)

Man versteht, daß die damaligen Grundeigentümer, die als Adlige meistenteils von allen Lasten befreit waren, diese Steuer etwas hoch gefunden haben und den Eindruck hatten, daß die Physiokraten sie den hohen Rang, den sie ihnen zuwiesen, ziemlich hoch bezahlen ließen. Auch unsere heutigen Grundbesitzer würden, das ist klar, bei einer Steuertaxe von 30 % auf das Brutto-Einkommen nicht schlecht schreien. Die Physiokraten antworten im voraus auf diese Klagen mit einer heute banal gewordenen Beweisführung, die aber bei ihnen eine ganz außerordentlich scharfe ökonomische Intelligenz anzeigt: Die Steuer würde nämlich niemand fühlen, weil in Wirklichkeit sie niemand zahlen würde. Nach ihnen würde jedes Grundstück unter Abzug des Steuerbetrags, d. h. als 30% unter seinem Wert, verkauft werden und folglich würde der Eigentümer, obgleich er nominell die Steuer trägt, sie in Wirklichkeit nicht zahlen. (38) Angenommen ein Gut bringt 10 000 Francs Pacht und sein Wert sei daher bei einer Verzinsung von 5% gleich 200 000 Francs; es trägt aber 3000 Francs Steuern, folglich bringt es in Wirklichkeit nur 7000 Francs, so daß sein Wert nur 140 000 Francs ist. Der Käufer, der diesen Preis gezahlt hat, genießt daher, trotz der Steuer von 3000 Francs, die Gesamtsumme des Einkommens, zu der er berechtigt ist, da er doch nur Anspruch auf das haben kann, was er bezahlt hat und da er in Wirklichkeit nur den Wert des steuerfreien Teiles des Einkommens erworben hat. Es ist gerade so, als ob er nur 7/10 des Gutes gekauft habe und die übrigen 3/10 Staatseigentum blieben. Wenn dann der Staat späterhin die Steuer abschafft, so würde er ihm ein ganz ungerechtfertigtes Geschenk von 3000 Francs Jahreseinkomen oder 60 000 Francs Kapital machen. (39)

Wenn nun auch dieser Gedankengang (der übrigens eine viel größere Tragweite hat, als die Physiokraten dachten, da er sich nicht nur auf die Steuer auf Grundbesitz, sondern auf jede Vermögens- und Kapitalbesteuerung bezieht) für die Eigentümer, die den Grund und Boden nach der Einführung dieser Steuer erwerben, ausgezeichnet ist, so ist er wenig reizvoll für die Grundbesitzer, die die Ehre haben würden, das physiokratische Reich einzuweihen und es ist klar, daß sie die ersten sind, die bekehrt werden müßten.

Wie ersichtlich, beschränkt sich der Anteil des Herrschers auf ein wahres Miteigentum am gesamten Grundbesitz. (40) Dies stimmt auch durchaus mit der Vorstellung, die sich die Physiokraten vom Herrscher machen, überein. In Wirklichkeit bilden die Grundbesitzer und der Herrscher nur eine den Boden des Landes zusammen besitzende Klasse, mit gleichen Rechten, gleichen Pflichten und gleichem Einkommen. Dadurch wird viel erreicht, daß der Vorteil des Herrschers vollständig mit dem des Landes verschmilzt. (41)

Ihrem fiskalischem System maßen die Physiokraten eine sehr große Bedeutung bei, in der Überzeugung, daß die Verteilung der Steuern die Grundursache der Not des Volks zu ihrer Zeit war, die eigentliche Verkörperung der Ungerechtigkeit, mit einem Wort: die damalige "soziale Frage!" Wenn wir auch heute das Elend mehr der schlechten Güterverteilung als irgendeinem fiskalischen System zur Last legen und diese Anschauung der Physiokraten uns übertrieben erscheinen mag, so läßt sie sich doch aus der schrecklichen Finanzwirtschaft unter dem ancien régime rechtfertigen.

Die Einwürfe, welche diese nur auf die Grundbesitzer beschränkte Steuer nicht hervorzurufen verfehlten, sind von den Physiokraten vorgesehen worden und sie haben sich mit ihrer Widerlegung eingehend beschäftigt.

Erstens: die Ungerechtigkeit, die Steuer einer einzigen Klasse des Volkes aufzubürden, anstatt sie gleichmäßig auf alle zu verteilen. (42)

Dem halten die Physiokraten entgegen, daß das Ziel, das sich ein Staatsmann setzen muß, nicht darin besteht, alle gleichmäßig zu besteuern, sondern wenn irgendmöglich niemanden zur Steuerleistung heranzuziehen und daß gerade das der Erfolg einer Besteuerung des Reinertrages sei.

Sogar wenn man diese Besteuerung des Reinertrages als eine Steuer ansehen sollte, würde es zu nichts führen, sie anderen Gesellschaftsklassen aufzubürden, denn welche sollte man heranziehen?

Sollte man die landwirtschaftliche Klasse die Steuer tragen lassen? Wir haben doch gesehen, daß der Teil, der dem in der Landwirtschaft Beschäftigten verbleibt, nachdem der Reinertrag abgezogen ist, nur genau die Rückzahlung der jährlichen und primären Vorschüsse ausmacht. Wenn man ihnen daher 600 Millionen Steuern davon wegnimmt, so würde dem Boden um so viel weniger zurückgegeben werden, was den Bruttoertrag des folgenden Jahres entsprechend vermindern würde. (43) Ausgenommen es gelingt den Landwirten, ihre Pacht um 600 Millionen vermindert zu erhalten. In diesem Falle würden das Endresultat für die Großgrundbesitzer dasselbe sein, als wenn sie die Steuern selbst bezahlt hätten, wozu aber noch die Schäden und Reibungen kommen würden, die mit jedem falschen Vorgang, der von der natürlichen Ordnung abweicht, verbunden sind. Soll man diese Steuern der sterilen Klasse auferlegen? Da sie aber sowieso schon, laut ihrer Definition, unproduktiv ist, d. h., da sie nur den Gegenwert dessen, was sie verzehrt, erzeugt, so heißt, ihr 600 Millionen nehmen, sie dazu zu zwingen, ihren Verbrauch oder ihre Rohstoffkäufe um die gleiche Summe zu verringern und infolgedessen die landwirtschaftliche Produktion in der Zukunft zu vermindern, ausgenommen, es gelingt den Industriellen, den Preis ihrer Erzeugnisse um 600 Millionen zu steigern. In diesem Fall ist es ebenfalls die Klasse der Grundbesitzer, die die Folgen trägt, sei es unmittelbar für das, was sie verbraucht oder mittelbar für das, was ihre Pächter verbrauchen. (44)

Diesem Gedankengang scheint die Idee zugrunde zu liegen, daß die Einkünfte der landwirtschaftlichen und industriellen Klassen nicht eingeschränkt werden können, weil sie nur das unumgängliche notwendige Minimum der Produktionskosten vorstellen. Folglich scheint auch schon jenes Gesetz des Lohnes, das man später das eherne Lohngesetz genannt hat, in ihm enthalten zu sein. Sicherlich kennt jeder die erbarmungslose Formel, in welche TURGOT dieses Gesetz gefaßt hat, ohne übrigens damit zuzugeben, es rechtfertigen zu wollen. (45) Aber vor ihm schon hat QUESNAY, in nicht weniger klaren, wenn auch weniger bekannten Worten gesagt: "Man wird vergeblich dem entgegenhalten, daß die Lohnempfänger, indem sie hren Verbrauch einschränken und sich Genüsse versagen, die Steuern zahlen könnten, die man von ihnen verlangt, ohne daß diese Steuer zuletzt auf die ersten Austeiler der Ausgaben zurückfallen würde ...  aber die Höhe des Lohnes und folglich auch die Genüsse, die die Lohnempfänger sich verschaffen können, sind durch die scharfe Konkurrenz, die sie sich untereinander machen, genau bestimmt und auf das geringste beschränkt.  (46) Es ist ganz charakteristisch, daß der Erfinder der natürlichen Ordnung ohne Erstaunen und als etwas Natürliches, d. h. übereinstimmendes mit dieser natürlichen Ordnung zugibt, daß die Arbeiter nur gerade das zum Leben Notwendigste haben!

Auch ist es bemerkenswert, daß die Physiokraten, wenn sie die industrielle Klasse in Bausch und Bogen betrachten, nur die Lohnempfänger im Auge haben und die Unternehmer ganz außer acht lassen, deren Profit doch schon zu ihrer Zeit groß und wohl einschränkbar war. Hier hätte sie der reiche Finanzier VOLTAIREs in Verlegenheit bringen können, denn es würde ihnen Mühe gekostet haben, darzulegen, daß dieser seinen Verbrauch nich tohne Schädigung der Produktion hätte einschränken können. Wahrscheinlich würden sie aber geantwortet haben, daß, da dieser Finanzier es verstanden habe, vom Staat und von seinen Mitbürgern 400 000 Francs zu erschwindeln, es ihm ein Kinderspiel gewesen wäre, sich den Betrag der Steuer, - wenn man sie ihm hätte auferlegen wollen - auf gleiche Weise zu verschaffen.

Zweitens: Ein weiterer Einwurf ist, daß die einzige Steuer für die Bedürfnisse des Staates nicht ausreichen würde. "In mehreren Staaten, sagt man, würde das Drittel, die Hälfte und sogar drei Viertel des reinen Nettoeinkommens aller produktiven Anlagen nicht für die jährlichen Ausgaben des öffentlichen Schatzes genügen ..., wodurch die anderen Steuerreformen nötig werden." (47)

Hierauf antworten die Physiokraten, daß die Anwendung ihres fiskalischen Systems eine bedeutende Steigerung des Reinertrages und infolgedessen eine progressive Steigerung auch des Steuerertrages als Erfolg haben würde; daß man ebenso die Ersparnis, aus der beinahe vollständigen Abschaffung der Erhebungskosten aufgrund der Einfachheit dieser Steuer in Rechnung setzen müßte; und endlich, was das Interessanteste ist, daß es keineswegs Aufgabe der Steuer sei, sich den Bedürfnissen des Staates anzupassen, sondern daß im Gegenteil der Staat seine Bedürfnisse der Leistungsfähigkeit des Landes anpassen müßte. Der Vorzug der physiokratischen Steuer besteht gerade darin, daß er den Steuerertrag nach einer von der Natur selbst gegebenen Norm, nämlich dem Reinertrag bemißt, ohne die der Willkür Tür und Tor geöffnet ist. (48) Im Grunde genommen, ist dies eine viel wirksamere Schranke gegen die Allmacht des Herrschers, als jene, die auf der phantastischen Abstimmung eines Parlaments beruth.

Wie man weiß, ist das System der Physiokraten und im besonderen ihr fiskalisches System von einem ihrer Schüler in die Tat umgesetzt worden, der den Vorzug hatte, als Fürst Experimente an seinen Untertanen anstellen zu können und zwar vom Markgrafen KARL FRIEDRICH von BADEN in drei Gemeinden seines Landes. Wie alle Experimente mit sozialen Systemen schlug auch dieses fehl. In 2 Gemeinden mußte man es nach Ablauf von 4 Jahren (1772 - 1776) aufgeben: in einer dritten hielt es sich, mit Müh und Not, bis zum Jahre 1802. Die Steigerung der Grundsteuer verursachte einen wahren Krach im Wert der Güter, während zu gleicher Zeit die Abschaffung der Verbrauchssteuer Kneipen wie Pilze aus dem Boden schießen ließ. (49) Selbstverständlich wurde der Glaube des Markgrafen, wie der seiner Meister, der Physiokraten, von diesem Mißerfolg nicht erschüttert; sie erklärten, daß sie einen Versuch in so kleinem Maßstab nicht als entscheidend anerkennen könnten. Das sagen alle Erfinder von Systemen, wenn die angestellten Versuche fehlschlagen und man kann nicht umhin, zuzugeben, daß sie nicht ganz Unrecht haben.

Aber nicht in diesem kleinen fürstlichen Zeitvertreib muß man die Anwendungen des fiskalischen Systems der Physiokraten suchen: es hatte eine viel größere Tragweite.

Die französische Revolution geht zunächst in ihrem fiskalischen System unmittelbar von den physiokratischen Ideen aus, da die Assemblée Constituante von einem Budget, das nicht 500 Millionen überschritt, fast die Hälfte, 240 Millionen, von der Grundsteuer verlangte, was in unserem heutigen Budget fast 2 4000 000 000 Francs vorstellen würde (!), ohne Einschluß der Zusatzsteuer (!) und dabei wurde noch der größere Teil des Restes durch direkte Steuern erhoben.

Der Mißkredit, in den die indirekten Steuern, die Verbrauchssteuern, heute geraten sind und der in den demokratischen Gemeinwesen immer weiter um sich greift, ist auch eine Folge des physiokratischen Systems. Die meisten der Gründe, die man gegen diese Art Steuern anführt, finden sich schon bei den Physiokraten. Der Einwurf aber, den man heute als den hauptsächlichsten ins Treffen führt, daß nämlich die indirekten Steuern nicht proportional zum Einkommen wirken oder wie man sagt, sogar eine nach unten progressive Wirkung haben, findet sich fast nirgends in ihren Schrifen. Diese Sorge um die steuerliche Gerechtigkeit, die nur ein Ausdruck für Gleichheit ist, lag ihnen fern. (50)

Später werden wir das System einer einzigen Steuer mit großem Nachdruck im Werk eines amerikanischen Nationalökonomen wieder aufgenommen finden, der übrigesn von den Physiokraten mit der größten Begeisterung gesprochen hat, - wenn er auch in bezug auf die Grundbesitzer gerade den entgegengesetzten Gefühlen huldigte. (51) Heute noch hat dieses System in den Vereinigten Staaten unter dem alten Namen der "einzigen Steuer"  (single tax system)  eine begeisterte Anhängerschaft.


§ 4. Zusammenfassung der physiokratischen Doktrin.
- Die Kritiker und die Abtrünnigen -

Wenn wir jetzt die Beiträge der Physiokraten zur ökonomischen Wissenschaft zusammenfassen, so sehen wir, daß sie von nicht geringer Bedeutung sind.

Vom theoretischen Gesichtspunkt aus:
    1. Der Gedanke, daß alle Sozialphänomene  gesetzmäßig  sind und folglich Beziehungen untereinander haben, die es zu entdecken gilt;

    2. der Gedanke, daß das sich selbst überlassene persönliche Interesse das ihm Nützliche finden wird und damit auch das, was der Gesamtheit am nützlichsten ist, - eine liberale Lehre, die übrigens verschiedene Vorläufer noch vor den Physiokraten gehabt hat;

    3. der Gedanke, daß die freie Konkurrenz den richtigen Preis (bon prix) herstellt, nämlich den für beide Teile vorteilhaftesten Preis, den den Wucherprofit ausschließt;

    4. Eine zwar ungenaue, aber sehr durchdachte Analyse der Produktion und der verschiedenen Kapitalkategorien; eine erstmalige Klassifizierung der Einkünfte und des Gesetzes ihrer Verteilung;

    5. die klassisch gewordenen Gründe zugunsten des Grundeigentums

    Vom praktischen Standpunkt aus:
      1. Arbeitsfreiheit
      2. Die Freiheit des Binnenhandels und die klassisch gewordenen Gründe in bezug auf die Freiheit des Außenhandels
      3. die Begrenzung der Funktionen des Staates
      4. der erste Nachweis des Vorzugs der direkten Steuern gegenüber den indirekten Steuern.
Es würde daher nicht gerecht sein, ihnen, wie es verschiedentlich geschehen ist, vorzuwerfen, weiter nichts, als soziale Metaphysik getrieben zu haben. In den ersten Anfängen einer Wissenschaft ist übrigens auch eine übertriebene Systematisierung nie von Schaden; denn auch Irrtümer haben da ihren Nutzen. Das einzige, was man sagen kann, ist, - wenn ihre Auffassung der natürlichen Ordnung der ganzen politischen Ökonomie als Grundlage oder wenigstens als Gerüst gedient hat, - daß sie an einem Optimismus krankte, der die liberale Schule, besonders in Frankreich, hypnotisieren und zur Unfruchtbarkeit verurteilen sollte. (52)

Die große Unterlassungssünde der Physiokraten ist ihr völliger Mangel an Einsicht in bezug auf den Wert, der auf ihrer grobmateriellen und rein bäuerlichen Auffassung der Produktion beruht. Sie sprechen nur selten und flüchtig davon und was sie darüber sagen, ist mittelmäßig und verworren. Hierauf beruth der große Irrtum, in dem sie in bezug auf die Unproduktivität des Güteraustausches und der Industrie befangen waren. Das ist um so unverständlicher, da diese Frage des Wertes von verschiedenen ihrer Zeitgenossen in sehr beachtenswerter Weise untersucht worden ist. Wir verweisen hierbei besonders auf RICHARD CANTILLON, den sie in gewisser Hinsicht als einen der Ihren betrachteten und auf sein  Essai sur le commerce,  der 1755 erschien, (53) auf den Abbé GALIANI in seinem Buch über das Geld (Della Moneta) 1750 und auf den Abbé MORRELET,  Prospectus d'un nouveau Dictionaire de commerce,  1769. Hauptsächlich kommt aber CONDILLAC in Betracht, dessen Buch  Du commerce et du Gouvernement  allerdings erst 1776 veröffentlicht wurde, zu einer Zeit also, als ihr System schon bekannt war und sich seinen Platz erobert hatte.

TURGOT jedoch, der nur zur Hälfte Physiokrat war, hatte über den Wert weit wissenschaftlichere Gedanken geäußert. (54) Er definiert den Wert als: "den Ausdruck des Schätzungsgrades, den der Mensch den verschiedenen Gegenständen seiner Wünsche entgegenbringt." Diese Definition drückt die Subjektivität des Wertes ganz richtig aus und enthält zwei Worte: "Schätzungsgrad" und "Wunsch", die ihn noch schärfer begrenzen. (55) Allerdings sagt er an einer anderen Stelle: daß trotz seiner Relativität, der Wert doch stets eine wirkliche innere Qualität des Objekts "zur Voraussetzung hat". Er will aber mit diesen, ihm oft vorgeworfenen Worten nach unserer Ansicht nur sagen, daß unser Wunsch eine bestimmte Eigenschaft des Objekts voraussetzt, was unbestreitbar ist, - jedoch in der Annahme, daß diese Eigenschaft in der Einbildung bestehen kann, woran TURGOT nicht gedacht zu haben scheint.

Möglich, daß TURGOT CONDILLAC inspiriert hat, möglich aber auch, daß er selbst von GALIANI inspiriert worden ist, dessen 20 Jahre früher erschienenes Buch, das er übrigens zitiert, schon eine sehr feine psychologische Analyse des Wertes enthält, die ihm Nützlichkeit und Seltenheit als Grundlage gibt. Diese Ansichten über den Wert sind nicht die einzigen, die TURGOT von den Physiokraten trennen: es gibt noch viele andere, so daß es gerechter und genauer wäre, TURGOT ein besonderes Kapitel zu widmen. (56) Allgemein gesprochen, sind sie moderner und nähern sich denen, die ADAM SMITH aufgestellt hat. Aus Raummangel müssen wir uns damit begnügen, die hauptsächlichsten Lehren, in denen TURGOT sich von den Physiokraten unterscheidet, anzuführen:
    1. der grundlegende Gegensatz zwischen der Produktivität der Landwirtschaft und der Sterilität der Industrie wird, wenn nicht ganz aufgegeben, so doch wenigstens in seiner Bedeutung sehr verringert

    2. das Großgrundeigentum verliert seinen Rang als eine Einrichtung göttlichen Rechts. Er verzichtet sogar darauf, sich auf die sogenannten Grundvorschüsse zu berufen: es stützt sich nur noch auf eine Tatsache, die Besitzergreifung - Okkupation - und auf die öffentliche Nützlichkeit

    3. dagegen nimmt das bewegliche Eigentum, wie alle Erzeugnisse der Arbeit, einen hervorragenden Platz ein. Die Rolle des Kapitals ist sorgfältiger analysiert und die Rechtfertigung der Zinsen endgültig durchgeführt.
Die Ergänzung der Lücken und die Verbesserung der Irrtümer der Physiokraten findet sich aber hauptsächlich in dem Buch, das der Abbé CONDILLAC, über 60 Jahre alt und als Philosoph schon berühmt, 1776 veröffentlichte. Das Werk:  Le Commerce et le Gouvernement considéres relativement l'un á l'autre  (Handel und Regierung in ihrem gegenseitigen Verhältnis zueinander) ist ein wundervolles Buch, das im Keim schon die modernsten Ideen enthält und das vielleicht teilweise die unverdiente Vergessenheit, in die es gefallen war, dem ungeschickten Titel verdankt, der in keiner Weise dem Inhalt gerecht wird.

Es ist eine wirklich national-ökonomische Abhandlung und nicht mehr, wie das Buch der Physiokraten, ein Werk über soziale Wissenschaft, in dem volkswirtschaftliche Betrachtungen wahllos mit politischen, juristischen und moralischen Ausführungen zusammengeworfen sind. Von Anfang an stellt der Verfasser den Wert als die Grundlage der Nationalökonie hin und überragt dadurch sofort bei weitem die Physiokraten. (57) Er bezieht den Wert auf den "Nutzen", um dieses Wort aber sofort wieder von seiner landläufigen Bedeutung zu trennen und ihm jenen wissenschaftlichen Inhalt zu geben, den es nicht mehr verlieren sollte: der Nutzen ist nicht mehr der Ausdruck einer phyisischen, den Sachen innewohnenden Eigenschaft, sondern der einer bestimmten Beziehung zwischen einer Sache und einem Bedürfnis des Menschen: "Der Wert liegt weniger in der Sache selbst, als in der Schätzung, die wir ihr entgegenbringen und diese Schätzung hängt von unserem Bedürfnis ab; er steigt und fällt, wie unser Bedürfnis größer oder geringer wird." - Hiermit ist die Grundlage der psychologischen Theorie des Wertes gefunden. (58)

Schon das ist viel und doch noch nicht alles. CONDILLAC erkennt sofort, daß der Nutzen nicht der einzige Bestandteil ist, der den Wert bestimmt, und daß die Quantität, d. h. der Überfluß oder die Seltenheit, ebenfals einen entscheidenden Einfluß ausübt. In ausgezeichneter Weise weist er dann die Verbindung nach, die zwischen diesen beiden Bestandteilen besteht und zeigt, wie sie in Wahrheit eins sind, da die Qualität nur deshalb den Wert beeinflußt, weil sie den Nutzen beeinflußt, d. h. weil sie den Stachel des Bedürfnisses stärker oder geringer fühlbar macht. "Da der Wert der Sachen sich auf das Bedürfnis gründet, so ergibt sich, daß ein stärker gefühltes Bedürfnis den Sachen einen größeren und ein geringer gefühltes Bedürfnis ihnen einen geringeren Wert gibt. Der Wert der Dinge wächst daher mit ihrer Seltenheit und fällt mit ihrem Überfluß. Im Überfluß kann er sogar vollständig schwinden. Ein überreichlich vorhandenes Gut z. B. wird stets wertlos sein, wenn man keinen Gebrauch davon machen kann, da es dann völlig nutzlos geworden sein wird." (59) Besseres kann man auch heute nicht sagen. Die ganze Werttheorie JEVONS', wie die der österreichischen Schule war hier im Keim gegeben, entfaltete sich aber erst viel später.

Diese Auffassung des Wertes mußte CONDILLAC auch zu einer viel höheren Auffassung des Tausches führen als die Physiokraten sie hatten. Da der Wert nur in der Befriedigung eines Bedürfnisses liegt, so schafft der Austausch, der gleichzeitig zwei Bedürfnisse befriedigt, zwei Werte. Das bezeichnende des Austausches besteht ja gerade darin, daß jede der beiden Parteien das, woran sie Überfluß hat, gegen das, was ihr fehlt, eintauscht; das aber, was sie im Überfluß hat, ist für sie ohne Nutzen und daher ohne Wert, während das, was ihr fehlt, für sie einen großen Nutzen und folglich einen großen Wert vorstellt. Jeder erscheint daher am Markt mit einer ihm nutzlosen Sache und verläßt ihn mit einer nützlichen. (60) Folglich ist die Behauptung der Physiokraten, daß der Tausch niemandem Nutzen bringt oder zumindest, daß der Gewinn des einen den Verlust des anderen bedeutet, vollkommen falsch. Wohl versuchen die Physiokraten und besonders LE TROSNE eine Erwiderung, aber infolge der Gründe, die wir oben gegeben haben, konnten sie nicht zu einem Verständnis dieses subjektiven Charakters des Wertes gelangen.

Diese Theorie sollte noch einen anderen Grundirrtum der Physiokraten berichtigen und die Wissenschaft einen weiteren großen Schritt vorwärts bringen, indem sie eine Erklärung der Produktion gab. Wenn der Wert nur im Nutzen und der Nutzen selbst nur in einer bestimmten Beziehung zwischen den Dingen und unseren Bedürfnissen besteht: was heißt erzeugen dann anderes, als diese Beziehung zwischen den Dingen und unseren Bedürfnissen schaffen? Stellt nun aber die Natur, der Boden diese Beziehung her? - Sehr selten. "Sie bringt hauptsächlich Dinge hervor, die für uns nutzlos sind und von denen wir keinen Gebrauch machen können. (Eine gedankenvolle Bemerkung, die den Enthusiasmus der Physiokraten für die  Alma parens  [nährenden Eltern - wp] stark hätte abkühlen müssen!) Durch die menschliche Arbeit erhalten die Dinge erst Formen, die sie nützlich machen. - Erzeugen bedeutet: Stoff umformen." (61) Welcher Unterschied besteht dann aber zwischen der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion? Keiner. Die eine wie die andere formt nur das, was besteht, um. (62)

Weiterhin führt CONDILLAC sehr gut aus, daß, gerade so wie die Industriearbeiter und die Grundeigentümer von den Landwirten abhängig erscheinen und es auch wirklich sind, auch diese nicht weniger auf die Industriellen angewiesen sind. "Die Frage, ob die Landwirtschaft der Industrie oder die Industrie der Landwirtschaft vorzuziehen sei, ist daher ohne jede Bedeutung. Man darf keine bevorzugen, sondern muß sich mit beiden befassen." (63)

Was den Lohn anlangt, so ist seine Definition, so kurz sie auch ist, von einer unglaublichen Tragweite: "Der Lohn entsprichte dem Teil, den sie (die Arbeiter) am Erzeugnis als Mitbesitzer haben." (64) Der Ausdruck "entspricht" will sagen, daß der Arbeiter, der sein Naturrecht auf sein Arbeitserzeugnis nicht ausüben kann oder will, es zu einem Geldpreis veräußert; und dieser Preis ist es, der seinen Lohn darstellt, der wie alle Verkaufspreise "durch die *Konkurrenz der Käufer und Verkäufer bestimmt wird." CONDILLAC stellt es daher nicht als ein Naturgesetz hin, daß dieser Lohn stets auf das Existenzminimum beschränkt ist. Er wird von Angebot und Nachfrage abhängen. Im Gegenteil wird die Klasse der Lohnempfänger hier als eine Art latente Assoziation zwischen Kapital und Arbeit hingestellt. (65)

Sogar vom Gesichtspunkt der praktischen Anwendung und besonders der Arbeitsfreiheit und der Verurteilung der Zünfte ist CONDILLAC viel kategorischer, als die Physiokraten gewesen. "Ihre *Vorrechte sind schreiendes Unrecht, das uns nur deshalb als ordnungsgemäß erscheint, weil wir es als bestehend vorfinden." (66) Die Freiheit des Darlehensgeschäftes und des Zinsfußes verlangt er ebenso kategorisch, wie TURGOT, indem er gleich ihm eine formvollendete Beweisführung der Gleichheit zwischen Zinsen und Wechslergebühren führt; denn, sagt er, Wechslergebühren sind der Ausgleich der Entfernung und "räumliche Entfernung" und "zeitliche Entfernung" laufen auf dasselbe hinaus. (67) Mit anderen Worten: das eine ist in der Zeit das, was das andere im Raum ist und dies stimmt mit der modernen Theorie über den Zins durchaus überein.
LITERATUR, Charles Gide / Charles Rist - Die Geschichte der volkswirtschaftlichen Lehrmeinungen, Jena 1913
    Anmerkungen
    1) Man mag wohl erstaunt sein, in dieser Aufzählung nichts über die Freiheit der Arbeit, nämlich die Abschaffung der Zünfte, zu finden, eine Tat, die man den Physiokraten zur Ehre angerechnet hat. Es ist aber zu bemerken, daß sie sich selten in ihren Schriften damit beschäftigt haben, zweifellos, weil bei ihrer Auffassung der industriellen Arbeit als unproduktiv Reformen in der Organisation dieser Arbeit sie nur wenig berührten. Sie haben jedoch gegen die Vorschrift, die die Ausübung eines Gewerbes an eine königliche Genehmigung knüpfte, protestiert: "Für aufrichtige Menschen der elendeste Grundsatz, den der Geist der Herrschsucht und des Raubes jemals erfunden hat", schreibt BAUDEAU in den  Ephemeriden  (1768, IV). Mit Recht spricht man daher der physiokratischen Lehre das Verdienst jenes berühmten Edikts TURGOTs vom Januar 1776 zu, durch das die Meisterschaften (Zünfte) aufgehoben und die Freiheit der Arbeit für alle proklamiert wurde.
    2) "Der *Tausch ist ein Gleichheitsvertrag, der zwischen gleichen Werten stattfindet. Er ist daher kein Bereicherungsmittel, da man ebensoviel gibt, wie man erhält, sondern ein Mittel, die nötigen Bedarfsgegenstände zu erwerben und in die Annehmlichkeiten Abwechslung zu bringen (Le TROSNE, Seite 903f). Was bedeutet aber "*Bedarfsgegenstände zu erwerben und in die Annehmlichkeiten Abwechslung zu bringen", wenn nicht seinen *Reichtum vergrößern?
    3) MERCIER de la RIVIERE, Seite 545
    4) MERCIER de la RIVIERE, Seite 548
    5) "Geldbilanz ist im Außenhandel nur ein Notbehelf für die Völker, die für den gleichen Zweck keine Produkte zurückerhalten können ... Auch ist der Außenhandel selbst nur ein Notbehelf für die Völker, deren Innenhandel nicht genügt, um die Erzeugnisse ihres Landes vorteilhaft abzusetzen ... Es ist höchstens sonderbar, daß man dieser Geldbilanz so große Bedeutung beimißt, die doch nur ein Notbehelf für den Handel ist" (QUESNAY,  Dialogues,  Seite 175).
    6) "Die Kaufleute, wie man sie nennt, sind nur Händler. Denn derjenige, der Handel treibt, ist nur eine Art Angestellter, dem es durch seine fleißige Tüchtigkeit gelingt, sich einen Teil der Güter der anderen anzueignen" (MERCIER de la RIVIERE, Seite 551). "Der Verdienst der Kaufleute ist kein Gewinn für den Herrn" (QUESNAY, Seite 151).
    7) MERCIER de la RIVIERE,  Ordre naturel,  Seite 538
    8) Verpflichtung, nur auf dem Markt und nur beschränkte Mengen zu verkaufen, das Getreide nicht länger als zwei Jahre zurückzuhalten - und auf dem Markt selbst zuerst an die Verbraucher, dann an die Bäcker und dann erst an die Händler u verkaufen! usw.
    9) "Man muß die vollständige Handelsfreiheit aurechterhalten, denn die für das Volk und den Staat sicherste, genaueste und vorteilhafteste Regelung des Innen- und Außenhandels besteht in absolut freier Konkurrenz" (QUESNAY,  Maximes  XXV). "Man muß ihnen entgegnen: Die Freiheit des Handels ist in Übereinstimmung mit der Ordnung und der Gerechtigkeit - und alles, was mit der Ordnung übereinstimmt, trägt seinen Lohn in sich. (Le TROSNE, Seite 586)
    10) QUESNAY,  Dialogues,  Seite 153. "Hohe Preise erzeugen Überfluß, sagte man, d. h. regen zur Produktion an", und umgekehrt hatte BOISGUILLEBERT gesagt: "Niedrige Preise gehen der Not voraus." An einer anderen Stelle wiederum (Maximes Seite 98) begnügt sich QUESNAY damit, zu sagen, daß die Freiheit des Getreidehandels "die Preise gleichmäßiger" gestalten würde; und daß "es erwiesen ist: ganz unabhängig vom Absatz im Ausland und von einem höheren Preis, vermehrt schon die beständige Gleichmäßigkeit der Preise den Bodenertrag um mehr als ein Zehntel, da sie die Mittel für die Vorschüsse steigert und sichert und die Teuerungspreise, die einen Bevölkerungsrückgang bewirken, verhindert."

    Ebenso schreibt MERCIER de la RIVIERE: "Ein üblicher und beständiger, richtiger Preis (bon prix) bringt mit Sicherheit Überfluß - und ohne Freiheit gibt es keinen richtigen Preis, keinen Überfluß" (Seite 570).

    Auch TURGOT (in seinen  Briefen über den Getreidehandel)  führt diesen Beweis des längeren aus und versucht sogar, ihm eine arithmetische Gestalt zu geben. Das ist unnötig, es ist eine, allerdings mehr psychologische Wahrheit, daß ein regelmäßiger Preis von 20 Francs besser ist, als ein zwischen 35 und 5 Francs hin und her schwankender Preis, obgleich der arithmetische Durchschnitt der gleiche ist.
    11) ONCKEN, Seite 376. - Es ist der Mühe wert, darauf hinzuweisen, daß die amerikanische Konkurrenz ausdrücklich von QUESNAY vorausgesehen wurde, was sicherlich eins der bemerkenswertesten Beispiele wissenschaftlicher Vorhersage ist, das angeführt werden kann. "Man könnte," sagt er in seinem Aufsatz über die Körnerfrüchte in der Enzyklopädie, "die Fruchtbarkeit der amerikanischen Kolonien fürchten und das Anwachsen der Landwirtschaft in der Neuen Welt", aber er geht, wenigstens provisorisch, über diese Befürchtung mit dem Hinweis hinweg, daß "das amerikanische Getreide weniger gut, als das französische sei und auf der Reise verderbe."

    Wir weisen auch noch auf das, was wir schon im vorhergenden über die Physiokraten als Schutzzöllner unter heutigen Verhältnissen gesagt haben.
    12) Man muß glauben, daß das damalige Schutzzollsystem eine Entwicklung der Industrie auf Kosten der Landwirtschaft begünstigte, indem es die Ausfuhr von gewerblichen Produkten und Rohstoffen einschränkte, um den Fabrikanten billige und ausreichende Arbeitskräfte und Rohstoffe zu sichern. Man kümmerte sich durchaus nicht um die Getreide-Einfuhr; im Gegenteil, der Merkantilismus und der Colbertismus gaben den Landwirt doppelt preis, indem man die Getreideausfuhr erschwerte und die Getreide-Einfuhr gestattete, während man gerade das Gegenteil für die gewerblichen Erzeugnisse tat.
    13) MERCIER de la RIVIERE, Seite 576. "Wenn man der Sache auf den Grund geht, was haben Sie denn gewonnen, stets ins Ausland verkaufen zu wollen, ohne dessen Waren aufzunehmen? ... Geld, das Sie nicht zu halten vermögen und das Ihren Händen entgleitet, ohne daß es Ihnen von Nutzen gewesen wäre! ... Je mehr sich das Geld vermehrt, um so mehr verliert es an Kaufkraft, während die anderen Waren, mit ihm verglichen, an Wert zunehmen." [Seite 580, 583]
    14) TURGOT,  Oevres  I, Seite 189. - "Wenn ihr die fremden Kaufleute durch eure Steuern vertreibt, so werden sie euch die nötigen Waren nur bringen, indem sie euch selbst die Abgaben auferlegen, mit denen ihr sie belasten wolltet" (QUESNAY,  Dialogues) 
    15) QUESNAY, Dialogues, Seite 254 und 274
    16) QUESNAY, Dialogues, Seite 237
    17) QUESNAY, Dialogues, Seite 22. Übrigens schlug er selbst ein ziemlich kompliziertes System vor, das sehr mäßige Getreide-Ausfuhr und Einfuhrzölle vorsah und zwar etwa 10% im ersten und 5% im zweiten Fall.
    18) TURGOT ist der Verfasser einer berühmten Schrift über diesen Gegenstand:  Mémoire sur les prêts d'argent"  (Ausführungen über Gelddarlehen) 1769
    19) TURGOT,  Réflexions sur la formation des richesses  (Betrachtungen über die Bildung des Reichtums) §§ LIX, LXI, LXXIV.
    20) "Schafft die unnützen, ungerechten, widerspruchsvollen und absurden Gesetze ab und ihr werdet sehen, ob viel davon übrig bleibt" (BAUDEAU, Seite 817). BOISGUILLEBERT hatte 60 Jahre vorher geschrieben: "Zur Schaffung eines recht großen Wohlstandes handelt es sich nicht darum, etwas zu tun, sondern  mit dem Tun aufzuhören,  was nur einen Augenblick beansprucht."
    21) QUESNAY,  Maximes  I, Seite 390. Auch MERCIER de la RIVIERE schreibt im gleichen Sinn: "Die positiven Gesetze sind alle gegeben; sie können nichts anderes, als Feststellungen zur Erklärung der natürlichen Rechte zu sein" (II, Seite 61). Das liest sich wie ein Vorwort zur "Déclaration des Droits de l'homme".
    22) "Der politischen Freiheit brachten die Physiokraten die größte Verachtung entgegen." - ESMEIN,  La science politique des Physiocrates  (die Wissenschaft von der Politik der Physiokraten: Eröffnungsrede des Kongresses der gelehrten Gesellschaften, Paris 1906).

    "Die griechischen Republiken haben niemals die Gesetze der Ordnung gekannt ... Diese unruhigen, zur Vergewaltigung geneigten, tyrannischen Stämme hörten nicht auf, den fruchtbarsten (1) und bestgelegenen Boden der bekannten Welt mit menschlichem Blut zu röten und in eine Einöde zu verwandeln" (BAUDEAU, Seite 800).

    Selbstverständlich kann ein demokratischer Herrscher (das Volk) seine Autorität nicht selbst ausüben und kann nichts anderes tun, als Vertreter zu bestellen. Die Vertreter sind Einzelpersonen, deren Ämter notwendig nur vorübergehende Dauer haben. Diese  Vorübergehenden  können daher nie in beständiger Interessengemeinschaft mit der Nation sein. Deshalb ist eine solche Verwaltungform nicht im Einklang mit der natürlichen Ordnung. - Das gleiche gilt von einem, sich auf die Aristokratie stützenden Herrscher und ebenso von einem Wahlkönig. Nur die erblichen Monarchen, deren persönliche und Sonderinteressen jetzt und in Zukunft eng mit denen ihres Volkes durch den Anteil, den sie an allen Reinerträgen ihres Reiches haben, verknüpft sind, können in Frage kommen. (DUPONT I, Seite 359, 360).

    Man könnte beinahe glauben, WILHELM II. über die Hohenzollern sprechen zu hören!

    Die Kritiken der parlamentarischen Regierungsreform von DUPONT de NEMOURS über "die allgemeine Korruption als notwendige Folge" und "sein fressendes Gift, das die Vereinigten Staaten noch nicht ergriffen hat" (Brief an JEAN-BAPTISTE SAY, Seite 414)
    23) Nur in dieser einfachen und natürlichen Regierungsform sind die Herrscher wirkliche Despoten und können ales, was sie für ihr Wohl beabsichtigen, ausführen" (DUPONT, Seite 364).
    24) Die Physiokraten verlangten aber eine zu wählende Nationalversammlung, ohne ihr jedoch irgendwelche gesetzgeberischen Befugnisse einzuräumen; es sollte das einfach ein Staatsrat sein, der sich hauptsächlich mit den öffentlichen Arbeiten und der Steuerverteilung zu befassen hätte. Vgl. die Betrachtungen ESMEINs über  die von den Physiokraten vorgeschlagene Nationalversammlung  (Berichte der "Académie des Sciences Morales et Politiques", 1904)
    25) "Der persönliche Despotismus ist nur der gesetzliche Despotismus gemäß den Tatsachen einer natürlichen Ordnung. - Im gesetzlichen Despotismus schreiben die Befehle der *Tatsachen die Anordnungen des Herrschers vor. EUKLID ist ein wirklicher Despot und die geometrischen Wahrheiten, die er uns überliefert hat, sind wahrhaft despotische Gesetze; ihr gesetzlicher Despotismus und der persönliche Despotismus dieses Gesetzgebers ist eins, ein Despotismus der unwiderstehlichen Kraft der Tatsachen" (MERCIER de la RIVIERE, Seite 460, 471).
    26) QUESNAY schreibt in einem Brief an MIRABEAU: Dieser Despotismus ist im Gegenteil der "Anker des Heils" gegenüber dem Mißbrauch der Gewalt.
    27) "Es ist nichtswürdiger Unsinn", sagt BAUDEAU, "denn damit kann ein Majoritätsbeschluß den Vatermord gesetzlich rechtfertigen."

    Es ist kaum nötig darauf hinzuweisen, wie sehr diese Auffassung vom Staat sich von der unterscheidet und sogar widerspricht, die späterhin die Interventionisten und Sozialisten aufstellten, nach des es die Pflicht des *Staates ist,  die Ungerechtigkeit der Naturgesetze nach Kräften zu beseitigen. 
    28) "Dieser höchste Alleinwille, der die letzte Instanz ist, ist im Grunde genommen kein menschlicher Wille mehr: er ist die verkörperte Stimme der Natur, die Ordnung des Himmels. Die Chinesen sind das einzige bekannte Volk, deren Philosophen diese Urweisheit erkannt zu haben scheinen. In diesem Sinn nennen sie ihren Herrscher auch "Sohn des Himmels" (BAUDEAU, Seite 798).
    29) Man hat jedoch gesagt, (PANTALEONI in seiner Einführung zu ARTHUR LABRIOLAs Buch  Le dottrine economiche di Quesnay  - Quesnays wirtschaftliche Doktrin -), daß die Physiokraten dem Feudalismus gegenüber die gleiche Rolle gespielt hätten, wie die Sozialisten späterhin gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft. - Vom  politischen  Gesichtspunkt aus ist das richtig, da sie eine alleinstehende Monarchie ohne Gegengewicht erstrebten, vom  ökonomischen  Gesichtspunkt aus aber nicht, da ihre Auffassung der Souveränität und der Abgaben ganz mit dem feudalen Gedanken getränkt ist.
    30) DUPONT, Vorrede zu den Werken QUESNAYs I, Seite 35
    31) DUPONT I, Seite 22
    32) "TURGOT jedoch, der viel weniger landwirtschaftlich gesinnt war, als die Physiokraten, billigt ebenfalls gewisse königliche Privilegien, um die Errichtung von Fabriken zu begünstigen" (Oevres I, Seite 360).
    33) "Man hat die Völker als in einem beständigen Kriegszustand untereinander hingestellt; dieses unglückliche Vorurteil hat man sozusagen geheiligt und daraus eine Tugend gemacht, die Patriotismus genannt wird" (BAUDEAU, Seite 808).

    Er bezeichnet als die drei Kardinalfehler der Staaten besonders die, die den Fall der griechischen Städte verschuldet haben: Willkür in der Gesetzgebung, Steuerdruck, gehässiger Patriotismus (Seite 800).
    34) "Es genügt nicht, wenn man Ernten erzielen will, daß die Landwirte, sei es primäre, sei es jährliche Vorschüsse für die Bewirtschaftung leisten und daß die Grundbesitzer die grundlegenden Vorschüsse hergeben; es gehören noch die aus der Regierungsautorität fließenden  Vorschüsse des Herrschers  dazu" (BAUDEAU, Seite 758)
    35) "Daß die Regierung weniger mit Sparen beschäftigt sei, als mit den für das Wohlergehen des Landes nötigen Operationen, denn auch sehr große Ausgaben können durch die Vermehrung der Güter, die sie hervorrufen, sich rechtfertigen" (QUESNAY, Maximes XXVII).

    "Es ist eine kleinliche gehässige Idee der Engländer, jedes Jahr die Summen, die man der Regierung freundlichst zur Verfügung stellen will, festzulegen und sich das Recht der Steuerverweigerung vorzubehalten. Es ist das eine augenscheinliche Demokratie (DUPONT, Briefe an J.-B. SAY, Seite 413)
    36) "Das Verhältnis der Steuern zum Reinertrag muß so sein, daß die Lage der Grundbesitzer die bestmögliche ist und daß ihr Stand jedem anderen in der Gesellschaft vorgezogen wird. DUPONT, Seite 356)
    37) Wenn man diese Zahl mit dem damaligen Gesamteinkommen Frankreichs, das auf 5 Milliarden geschätzt wurde, vergleicht, so ergibt sich, daß sie 12% davon beträgt, was für einen Staat, der nach der physiokratischen Lehre sich nur auf der natürlichen Ordnung aufbaut, immerhin eine ganz nette Summe ist. Das Verhältnis unseres jetzigen enormen Nationalbudgets, das fast 5 Milliarden ausmacht, wird kaum 16 % des Gesamteinkommens Frankreichs vorstellen.

    Das französische Budget, das NECKER 1781 präsentierte, war fast das gleiche, wie das der physiokratischen Hypothese: 610 Millionen. Allerdings kamen dazu die kirchlichen Zehnten, die Abgaben an die Grundherren und die Dienstleistungen aller Art, die unter dem physiokratischen System verschwinden sollten.
    38) "Die Steuern bilden einen unveräußerlichen Gemeinbesitz ... Wenn die Grundbesitzer Grund und Boden kaufen oder verkaufen, so kaufen und verkaufen sie die Steuern nicht mit; sie verfügen bloß über den Teil des Bodens, der ihnen gehört, nachdem der Steuerertrag abgezogen ist. Das Bestehen dieser Steuer ist daher ebensowenig eine Belastung irgendeines Grundbesitzers, als es die Rechte eines anderen Grundbesitzers sind, dessen Ländereien sein Besitztum begrenzen. - Auf diese Weise ist das Staatseinkommen niemandem lästig, kostet niemandem etwas, wird von niemandem bezahlt und beschränkt in keiner Weise irgendwelches Eigentum (DUPONT I, Seite 357f).
    39) Um den Grundbesitzern größtmögliche Sicherheit zu geben, wollten die Physiokraten, daß das Verhältnis, einmal festgelegt, so unveränderlich wie möglich sei. BAUDEAU jedoch gibt die Möglichkeit periodischer Schätzungen zu, "damit die Krone am Gewinn und Verlust der produktiven landwirtschaftlichen Klasse in stetiger und wirklicher Weise beteiligt sei". Und er richtet folgende, weittragende Mahnung an die Grundbesitzer: "Redet euch nicht ein, daß ihr allein die Ursache des Steigens eurer Einkünfte seid, denn das würde eine höchst ungerechtfertigte Undankbarkeit der Autorität gegenüber sein, die in stetigem Fortschritt ihre Hoheitsfunktionen erfüllt." (Seite 708)
    40) "Ich bemerke nebenbei, daß ich nur mit Bedauern dem öffentlichen Einkommen den Namen Steuern beilege. Dieses Wort wird stets von der schlechten Seite aufgefaßt. Es bedeutet so eine schwere Last, von der jeder befreit sein möchte. - Das öffentliche Einkommen ist aber im Gegenteil für den Herrscher nur der Ertrag aus Grundbesitz, der nichts mit allem anderen Grundeigentum seiner Unterlagen zu tun hat" (MERCIER de la RIVIERE, Seite 451).
    41) "Wenn der Herrscher ..., der ständig als jährliches Einkommen einen bestimmten Prozentsatz des Reinertrages bezieht, der mit dem Reinertrag steigt und mit ihm sinkt, so liegt hierin eine augenscheinliche und notwendige Übereinstimmung der Ziele und Interessen" (BAUDEAU, Seite 769).
    42) Dieser Einwurf wird in der geistreichen Satire VOLTAIREs: "Der Mann mit vierzig Talern" behandelt. Sie stellt einen reichen, steuerfreien Finanzherrn einem armen Landwirt, der nur 40 Taler Einkommen hat, gegenüber, aus der er die Steuern für sich selbst und den Finanzherrn, der sich über ihn lustig macht, zahlen muß.
    43) "Eine derartige Beschneidung der produktiven Ausgaben würde unweigerlich zu einer Produktionsminderung führen, denn die für die Bestellung nötigen Ausgaben sind eine  conditio sine qua non  [Grundvoraussetzung - wp] der Ernte. Man kann diese Ausgaben nicht aufgeben, ohne gleichzeitig die Ernten aufzugeben: auch kann man sie nicht vermindern, ohne die Ernten ebenfalls im gleichen Verhältnis zu verringern. Diese für die Bevölkerung so gefährliche Verschlechterung, würde letzten Endes notwendigerweise auf die Grundbesitzer und den Herrscher zurückfallen" (DUPONT, Seite 353). "Die Verminderung der Vorschüsse wird in gleicher Weise auf den Ertrag zurückwirken und das wir wieder von neuem den gleichen Einfluß auf die Vorschüsse ausüben. Diese Schraube ohne Ende ist wohl geeignet, jeden, der hierauf auch nur die geringste Aufmerksamkeit verwenden will, mit Schrecken zu erfüllen" (MERCIER de la RIVIERE, Seite 499).
    44) "Es ist dies ein Vorschuß, den der Grundbesitzer wohl oder übel ihnen in Lohn oder Almosen zurückerstatten muß; doch ist es ein Vorschuß, den der Arme dem Reichen macht und dessen verzögerte Zurückzahlung den ersteren allen Schrecken des Elends aussetzt. Der Staat fordert von dem, der nichts hat und sofort werden gegen den, der nicht hat, alle Mittel der Rechtsordnung in Anwendung gebracht." (TURGOT, Oevres I, Seite 413)

    "Es liegt auf der Hand, daß es in diesem Fall den Grundbesitzern viel teurer zu stehen kommt, als wenn sie direkt ohne Erhebungskosten dem Fiskus den betreffenden Teil ihres Einkommens überweisen" (DUPONT, Seite 352).
    45) "Bei jeder Arbeit muß es zutreffen und trifft es auch tatsächlich zu, daß der Lohn des Arbeiters sich auf das beschränkt, was zum Erwerb seiner Unterhaltsmittel ausreicht" (TURGOT, Réflexions sur la formation des richesses, § VI) Es ist aber immerhin möglich, daß ebenso, wie Christus, als er sagte: "Denn Arme habt ihr allezeit bei euch", auch TURGOT nicht ein allgemeingültiges Gesetz, sondern nur den gerade bestehenden Zustand im Auge hatte.
    46) QUESNAY,  Zweites wirtschaftliches Problem,  Seite 134. QUESNAY fährt in seinem Gedankengang in merkwürdiger Weise fort. Er nimmt nicht an, daß die Lohnverminderung unter das Existenzminimum den Tod einer großen Anzahl von Menschen herbeiführen werde, sondern nur "ihre Auswanderung zu anderen Völkern" - eine zu seiner Zeit, sollte man denken, recht optimistische Auffassung - und daß diese Auswanderung durch Verminderung der verfügbaren Arbeitskräfte, als Folge eine Lohnerhöhung herbeiführen würde.
    47) BAUDEAU, Seite 770. "Dieser Einwurf beruth auf dem Irrtum, das Netto-Jahreseinkommen mit einem fiktiven Reinertrag, der durch andere Abgaben und dadurch bedingte Lasten verringer wird, zu verwechseln. (Seite 774)
    48) "Sollte es unglücklicherweise wahr sein, daß drei Zehntel des Gesamtbodenertrages nicht genügen würden, um die laufenden Ausgaben zu decken, so bliebe nur eine gerechte und vernünftige Lösung, die sich aus dieser Tatsache ergeben kann übrig, nämlich die Notwendigkeit, die Ausgaben verursachenden Posten zu verringern." (DUPONT, Seite 775)

    "Es kommt den Menschen nicht zu, die Steuern nach ihrem Gutdünken zu verteilen; es besteht hierfür eine genau von der natürlichen Ordnung vorgeschriebene Form" (DUPONT,  Sur l'origine d'une science nouvelle).  Sie bestreiten ebenfalls, daß der Staat die natürliche Grenzen durch Anleihen überschreiten darf, da das doch nur eine Erhöhung aufgeschobener Steuern darstellt.
    49) Vgl. die lehrreiche Broschüre von GARCON:  Un prince allemand physiocrate,  die nach zwei Bänden von Briefen zusammengestellt ist.
    50) Man findet sie aber in einem der Briefe von DUPONT de NEMOURS an JEAN-BAPTISTE SAY (Seite 412), also ziemlich viel später.
    51) HENRY GEORGE hat ihnen eins seiner Bücher: "Protection or Free Trade" gewidmet, da er in ihnen Vorläufer zu sehen glaubte; er gesteht aber selbst, daß er sie nicht gelesen habe und so verliert dieses Lob etwas von seinem Wert.
    52) Man höre MERCIER de la RIVIERE: "Bewundert wie ein jeder Mensch das Mittel zum Glück der anderen Menschen ist und das Glück des einzelnen scheint wie die Bewegung fortzuwirken. Nehmt dies in seiner wörtlichen Bedeutung! Ich weiß nicht, ob wir dann Unglückliche haben werden; wenn es aber solche geben sollte, werden es nur wenige sein und die Glücklichen werden so zahlreich sein, daß wir uns nicht wegen des Beistandes zu sorgen brauchen, dessen die Armen bedürfen werden. Alle unsere Interessen, all unser Streben wird sich im Interesse und Streben des Herrschers vereinigen und so zu unserem gemeinsamen Glück eine Harmonie schaffen, die man als das Werk einer wohltätigen Gottheit betrachten kann, die da will, daß die Erde mit glücklichen Geschöpfen bevölkert sei (II, Seite 638)

    Es ist aber zu bemerken, daß diese bezaubernde Beschreibung sich nicht auf die bestehende Gesellschaft bezieht, sondern auf die zukünftige Gesellschaftsordnung, in der die natürliche Ordnung herrschen wird. Dieser Optimismus gleicht dem der Anarchisten.
    53) Dieser RICHARD CANTILLON, von dem seit mehr als einem Jahrhundert kein Mensch gesprochen hat, ist seit einigen Jahren wieder stark Mode geworden, wie alle Vorläufer, die von neuem entdeckt werden. Man schreibt ihm einen, wohl übertriebenen Einfluß auf die Physiokraten zu. Auf jeden Fall ist es sicher, daß das erste Buch MIRABEAUs,  l'Ami des hommes,  das ein Jahr nach dem Tod CANTILLONs, 1756, erschien, direkt von ihm beeinflußt ist. Wir erwähnen ihn nicht weiter, weil das die Grenzen, die wir uns gesteckt haben, überschreiten würde. In allen Zeitschriften finden sich aber Aufsätze über ihn. Der erst war der von STANLEY JEVONS in der  Contemporary Review,  1881
    54)  Valeurs et Monnaies  (Wert und Geld), wahrscheinlich um 1769 erschienen; weiter noch in seinen  Réflexions.  Die Grundgedanken QUESNAYs über den Wert finden sich in einem lange unveröffentlicht gebliebenen Aufsatz, betitelt  Hommes,  der erst kürzlich in der  Revue d'histoire des doctrines économiques et sociales,  erster Jahrgang, Nr. 1 erschienen ist.
    55) Er unterscheidet ziemlich ausführlich zwischen dem  Schätzungwert, Valeur  estimative  (den wir individuellen Wert nennen würden, valeur individuelle) und dem angenommenen Wert (Valeur  appréciative,  den wir sozialen Wert, valeur sociale, nennen können). Der erstere wir von der Zeit oder Mühe, die wir dafür aufzuwenden bereit sind, bestimmt, so daß hier der Begriff des Arbeitswertes (Valeur-travail) erscheint. Was den angenommenen Wert anlangt, so unterscheidet er sich von dem anderen nur dadurch, daß er ein durchschnittlicher Schätzungswert - valeur estimative moyenne - ist".
    56) Obschon sich TURGOT einen Schüler QUESNAYs nannte, hat er sich doch stets abseits der physiokratischen Schule gehalten, die er etwas wegwerfend als Sekte bezeichnete.
    57) CONDILLAC,  Le Commerce ...  usw., "Ich habe dies nur deshalb so eingehende behandelt, weil es als Grundlage dieses ganzen Werkes dienen soll." (Kap. I)
    58) CONDILLAC,  Le Commerce ...  usw., Seite 15
    59) CONDILLAC,  Le Commerce ...  usw., I. Teil, Kap. 1
    60) "Die Annahme, daß man stets Wert gegen Wert tauscht, ist falsch. Im Gegenteil, jeder der Tauschenden gibt stets etwas geringeres für etwas mehrwertiges. - Der Vorteil ist gegenseitig, woher es wohl kommt, daß man von einem Tausch "Wert gegen Wert" spricht. Man ist aber wenig folgerichtig vorgegangen, denn gerade deshalb, weil der Vorteil gegenseitig ist, hätte man schließen müssen, daß  jeder weniger für mehr gibt  (CONDILLAC, Le Commerce etc., Seite 55f) Man vergleiche dieses Zitat mit dem von LE TROSNE (Seite 30, Anmerk. 2) und man wir die psychologische Überlegenheit CONDILLACs bemerken.
    61) CONDILLAC, Le Commerce etc., I. Teil, Kap. IX
    62) CONDILLAC, Le Commerce etc., ebenda: "Wenn die Erde mit Erzeugnissen bedeckt sein wird, so wird es doch nicht mehr Substanz als vorher geben; sie hat nur neue Formen und  in diesen Formen  besteht eben der ganze Reichtum der Natur."
    63) CONDILLAC, Le Commerce etc., I. Teil, Kap. XXIX
    64) CONDILLAC, Le Commerce etc., I. Teil, Kap. XII
    65) CONDILLAC, Le Commerce etc., Seite 69. In ganz neuen Untersuchungen über den Lohnkontrakt führt CHATELAIN - ohne anscheinend CONDILLAC zu kennen - genau die gleiche These aus.
    66) CONDILLAC, Le Commerce etc., I. Teil, Kap. VIII
    67) Vgl. TURGOT:  Mémoire sur les prêts d'argent,  Seite 122. "In den Geschäften mit verzinslichen Darlehen gibt man zu einer Zeit weniger Geld, um zu einer anderen mehr zu erhalten, weil der Zeit-, wie der Ortsunterschied einen wirklichen Unterschied im Wert des Geldes hervorrufen." Und etwas weiter auf Seite 127: "Man vergleiche den Unterschied des Nutzens, der zur Zeit des Darlehensempfangs zwischen einer im wirklichen Besitz befindlichen Summe und einer gleichen Summe, die man aber erst später erhalten wird, besteht! Ist dieser Unterschied nicht offenbar, und was ist das triviale Wort: "ein Sperling in der Hand ist besser, als zwei Tauben auf dem Dach", anderes als der naive Ausdruck dieser Wahrheit?