F. BitzerH. SchüsslerTh. ZieglerF. A. LangeG. Adler     
 
FRANZ STAUDINGER
Die sittliche Frage eine soziale Frage
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"Nach einer heute noch weit verbreiteten Überzeugung ist die Ursache der sozialistischen Bewegung nur in der Aufhetzung gewissenloser Agitatoren zu suchen, die den Neid und die Begehrlichkeit unverständiger Massen aufstacheln, die Schäden der Gegenwart ins Ungeheuerliche verzerren, goldene Zukunftsbilder vorgaukeln und dabei auf Kosten der Betörten ein bequemes Leben führen. Ist dem in Wirklichkeit so, dann wird und muß das sittliche Urteil ganz anders ausfallen, als wenn ihre Ursache darin liegt, daß die feudalen Besitzverhältnisse unter dem Einfluß der modernen technischen und kommerziellen Entwicklung ein System erzeugt haben, welches  notwendig  darauf hinausläuft, die Besitzenden auf Kosten der Arbeit anderer immer mehr zu bereichern, sich gegenseitig zu zerfleischen, allgemeine Unsicherheit und tiefgreifende Korruption hervorzurufen. In jenem Fall wird das sittliche Urteil die Verurteilung der Agitation, in diesem eine Verurteilung des heutigen Systems auszusprechen haben."

II.

Wenn wir ELLISSENs warme Lebensbeschreibung eines der besten unter unseren neueren Philosophen besprechen, so kann es nicht in unserer Absicht liegen, über das biographische Material ein Urteil zu fällen. Das müssen wir Kundigeren überlassen. Wohl aber dürfen wir uns über die Darstellung und den Geist, der sie durchweht, äußern.

LANGE hat in ADOLF ELLISSEN einen Biographen gefunden, der von ähnlichen Idealen durchglüht ist, wie er es selber war, der ihm deshalb mit der Wärme und dem Verständnis folgen konnte, welche unerläßlich sind, wenn eine Lebensbeschreibung auch Leben vermitteln soll.

Der Verfasser gibt sich viele Mühe, die Einflüsse nachzuweisen, welche den frommen, gläubigen Pfarrersohn allmählich dahin führten, auf theoretischem Gebiete einen durch Kritik geläuterten, in Idealismus verklärten Materialismus, auf praktischem Gebiet einen entschiedenen Sozialismus zu seiner Weltanschauung zu erheben. Hier und da geht der Verfasser hier vielleicht zu weit. So stellt er die vage Vermutung auf, ein Gespräch, welches der nach Bonn fahrende Student mit einem sozialistischen Arbeiter führte, möge die Keime höherer und freierer Auffassung menschlicher Verhältnisse in die Seele des Philosophen gesenkt haben. Im Großen und Ganzen wird man sein Bestreben, nicht bloß einen Lebens- sondern auch einen Entwicklungsgang zu zeichnen, als gelungen anerkennen müssen.

Am besten dürfte ihm dies mit der sozialen Entwicklung LANGEs geglückt sein. Hier sehen wir ein stufenweises Wachsen und Werden des Mannes von seinen studentischen Anschauungen zu seinen Kämpfen für die Verfassungsrechte zu Beginn der 60er Jahre und der Sympathie für die sozialen Bestrebungen SCHULZE-DELITZSCHs, ferner zu der Erkenntnis, daß diese ungenügend seien und endlich zu seiner prinzipiell sozialistischen Anschauung unter dem Einfluß von KARL MARX und seiner Schule. Diesem gesteht er, wenngleich MARX nach ELLISSEN gemeint hat, es stecke noch zu viel vom Pfarrerssohn in ihm, grundsätzlich, wie wir sehen werden, nicht sehr fern. In der Form ist er ja weit gemäßigter; weil er sich an andere Kreise wendet als jener, so entsteht zuweilen der Schein, als gehe er von anderen Gesichtspunkten aus.

Neben der sozialen Entwicklung läßt ELLISSEN die pädagogische Entwicklung hervortreten und zeichnet uns den eifrigen, von weiter und hoher Auffassung seines Berufes erfüllten Lehrer. Was LANGE über das Übel allzusehr reglementierender Schulordnungen sagt, hat heute noch Geltung, ja vielleicht noch mehr als damals. Ob er freilich später, wenn er Gelegenheit gehabt hätte seine Anschauungen weiter auszubilden, noch so weit gegangen wäre, wie in jüngeren Jahren? Ob er vor allem Freiheit für Schulen aller Art befürwortet hätte?

In Bezug auf die Entwicklung der Philosophie LANGEs wird eine Fülle von Einzelheiten mitgeteilt. Doch bekenne ich, daß ich dieselbe nicht so lebendig und innerlich aus der Darstellung hervorleuchten sah, wie bei der sozialen Entwicklung; trotzdem wohl mehr Materiale, besonders in Briefen an KAMBLI, diese Entwicklung äußerlich klar machen soll.

Seiner biographischen Arbeit hat ELLISSEN drei Abhandlungen über LANGE als Turnschriftsteller, als Sozialpolitiker und als Philosoph hinzugefügt. Die beiden letzten wollen wir hier besprechen und mit der dritten beginnen.

In derselben will der Verfasser keinen Bericht über LANGEs Hauptwerk geben. Es ist dies ein Mangel; indessen es scheint, als habe er sich nicht die Kraft hierzu zugetraut und so hat er allerdings besser daran getan, es zu unterlassen. Er teilt demnach nur einige der gegen dessen Lehre gemachten Einwände sowie einige Briefe mit, die einen Einblick in LANGEs Geistesleben gewähren können. Der Verfasser teilt hier die Ansicht COHENs, daß die Geschichte des Materialismus mit Unrecht PLATO vernachlässigt hat. COHEN faßt PLATO wesentlich als Erkenntniskritiker, nicht als Ontologen der Begriffe; insoweit ist er allerdings im Recht.

ELLISSEN teilt ferner die Anschauung, die auch wir bereits im ersten Artikel besprachen, wonach Materialismus und kritische Philosophie nicht ausschließende Begriffe sind. Im Gegenteil, die letztere, die vom spiritualistischen Idealismus sehr zu unterscheiden ist, nimmt den Materialismus in ihren Gedankenkreisen auf.

In Bezug auf die Frage, ob die Stammbegriffe des Verstandes nur der Anlage nach vor der Erfahrung vorhanden sind, sowie in der Frage über das Ding ansich enthält sich ELLISSEN des Urteils. Ich glaube hier allerdings, daß LANGE hinsichtlich der Stammbegriffe KANTs Lehre nicht hinlänglich erfaßt hat. Er scheint, wie auch die meisten Gegner KANTs, in denselben objektiv formulierte Begriffe zu sehen, die in die Erfahrung hineingelegt werden sollen, statt daß sie bei KANT Formen des Begreifens sind, vermöge deren wir das, was uns sinnlich zuströmt, erst als Erfahrung, d. h. einen Zusammenhang von Erscheinungen auffassen können. Das selbständige Bewußtseins  von  diesen Formen, vermöge dessen sie erst Begriff im gemeinen Sinne werden, erfolgt viel später und auf demselben Weg wie bei jedem empirischen Begriff. In jener Hinsicht, als Funktionen des Denkens - nicht als begriffliche Objekte - sind sie jedenfalls für die Erfahrung, die sich durch sie erst gestalten kann, apriori. Allerdings kann ich in Bezug auf die Ableitung dieses Apriori weder mit KANT, noch mit dessen Auslegung durch LANGE und COHEN übereinstimmen und daraus würde sich auch eine andere Auffassung des Dinges ansich ergeben. Doch das zu erörtern, würde hier zu weit führen.

Was uns hier wesentlich berührt, ist das "Ideal" LANGEs. Hinsichtlich dessen vertritt dieser einen im guten Sinne "Idealismus" zu nennenden Standpunkt. Er beugt sich vor der Tatsache, daß wir in uns ein Idealbild von Welt und Leben tragen, dem die Wirklichkeit stets nur unvollkommen genügt, das aber, wenn es uns lebendig erfüllt, der mächtigste Antrieb ist, die unvollkommene Welt vollkommener zu gestalten. Ob wir mit ihm die Hingabe an dieses Ideal Religion nennen wollen oder nicht, wird gleichgültig sein. Verstehen wir unter Religion die Regelung unserer Beziehungen zu übersinnlichen  Wesen,  so haben wir, da wir von solchen nichts wissen, keine Religion; verstehen wir aber darunter die Hingabe an das Ideal, welche die Menschen heute noch ebenso für das höchste halten müssen, wie voreinst, als sie jenes personifizierten und in jenseitigen Wesen verkörpert dachten, so ist kein Grund, den Namen "Religion" zu verwerfen.

Indessen, wenn wir dies tun, müssen wir uns auf das schärfste gegen eine Auffassung verwahren, die bei LANGE den echten Begriff des Ideals, den Begriff einer widerspruchslosen Harmonie in der sittlichen Ordnung, zu verdunkeln und zu verwirren geeignet ist. LANGE glaubt, zur Religion gehöre der Mythos auch dann, wenn man sich von der Nichtexistenz, bzw. Grundlosigkeit der Annahme metaphysischer Wesen überzeugt habe. Dieser Gedanke tritt schon in einem Brief an KAMBLI vom 27. September 1858 hervor, wo LANGE HEGEL deshalb rühmt, weil er eine Art Übersetzungskunst von Mythos in Idee und von Idee in Mythos biete. Er will diesen Mythos, "weil er am lebendigsten wirkt, er will ihn mit all seinem ergreifenden Detail, aber er will wissen, daß Mythos und nicht Geschichte ist, woran er sich erbaut" (ELLISSEN, Seite 107). Das ist dieselbe Anschauung, die er noch angesichts des Todes in der zweiten Auflage der Geschichte des Idealismus begeistert vertrat; Beweis, wie sehr sie ihm Wahrheit schien; Beweis aber auch, wie das "tückische Herz" selbst den Wahrhaftigsten zu täuschen vermag.

Denn ein Sophisma des Herzens ist es und bleibt es, wenn wir die ästhetische Erhebung, die wir in erhabenen Mythen wie in ergreifenden Kunstwerken empfinden, mit der Hingabe an das Ideal verwechseln, welche nur bei lauterster  Überzeugung von der Wahrheit  desselben bestehen kann. Wenn Pastor LANG dies bereits LANGE entgegenhielt, so hatte er völlig recht. LANGE triumphierte nur scheinbar über ihn, als er ihm zeigte, er verleugne das dichtende Prinzip in der Religion selber nicht, da er den Vaternamen Gottes für seinen "allem Wechsel des Weltprozesses entrückten Grund alles Seienden" brauche. (1) Er triumphierte nur insofern über ihn, als er ihm nachwies, daß er selber tue, was er am andern tadle, aber er hat damit keineswegs widerlegt, daß der Tadel begründet war.

Wir wollen die mächtige Erhebung der Seele, die uns bei Versenkung ins erhaben Schöne, bei Mythenerzählung und Orgelklang durchziehen kann, nicht schelten. Es muß schon ein ziemlich stumpfes Gemüt sein, das den Anfang des Johannesevangeliums ohne einige Ergriffenheit zu vernehmen vermag. Aber diese Ergriffenheit wird für den, der den Inhalt nicht für wahr hält, von keiner anderen Art sein als die, welche er auch beim Druidengesang in GOETHEs Walpurgisnacht empfindet. Diese Ergriffenheit der Seele ist nicht Religion. Wenn wir diesen Namen für die Hingabe an ein als wahr erkanntes Ideal behalten wollen, dürfen wir nicht eine ästhetische Erhebung, auch wenn sie von warmen Jugenderinnerungen und Pietätsgefühlen gegen geliebte Menschen durchtränkt ist, mit diesem Namen benennen. Verwischen wir die strengen Grenzen zwischen dem Gefühl, das wir einem erhabenen Mythos entgegenbringen und dem Gefühl, das aus dem tiefsten Durchdrungensein von der Wahrheit einer idealen Bestrebung erwächst, so stehen wir in Gefahr beides zu verderben. Und gar zu leicht gelingt es den duftig blühenden Lianen der Liebe, der Erinnerung, der Phantasie, den fruchtbaren Baum der Wahrheit mit zauberhaften Schlingen umrankend zu ersticken.

Denn das auf Wahrheit gegründete Ideal berauscht das Gemüt nicht; es begeistert nicht immer; aber es kann, wenn wir es pflegen, in uns leben als stille treibende Kraft, in guten Stunden als Leiter, in bösen als Mahner und uns weisen, wohin wir streben und was wir sein sollen. Es ist, was wir sein möchten - unser besseres Selbst. Und wenn der Christ sagt: "Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!" so sagt er, wenn er es im festen Glauben sagt, nichts anderes als das. Er hat das Beste seines Ich dargestellt in Gott, den er ins Jenseits legt als seinen Schöpfer und Erlöser. Aus diesem Gott quillt ihm zwar das Gefühl seiner Nichtigkeit und Sünde, wenn er sieht, was er sein sollte und was er ist, aber aus ihm quillt auch wieder das selige Gefühl seiner Menschenwürde, welchem LUTHER mit der Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben einen klassischen Ausdruck verlieh. Denn dann fühlen wir uns frei vom Druck der Sünde, wenn wir nur die Stimme des Ideales hören und keine schlaue Berechnung und kein träges Gehenlassen den ihm nachstrebenden Willen durchquert. "Meister hier bin ich! Tue mit mir, wie du willst"! das ist das Kindesgefühl, das jeden Menschen einem ihn beherrschenden Ideal gegenüber erfüllt.

So ist all das, was das Christentum lehrt, gewiß Wahrheit, tiefe Seelenwahrheit - aber nur dann Wahrheit für uns, wenn es von der Schale befreit ist, darin es das Christentum kleidet.

Das hat LANGE verkannt, obwohl er wußte, welches das Ideal sein mußte, das der Meister der kommenden Zeit zu werden bestimmt ist. Er hat es gekannt und merkte es nicht und schaut sehnend nach ihm aus, als bringe es erst ein künftiger Heiland. "Wenn ein Neues werden und ein Altes vergehen soll, so müssen sich zwei große Dinge vereinigen, eine weltentflammende ethische Idee und eine soziale Leistung, welche mächtig genug ist, die niedergedrückten Massen um eine große Stufe emporzuheben. Den Sieg über den zersplitternden Egoismus und die ertötende Kälte der Herzen wird nur ein großes Ideal erringen, welches wie ein Fremdling aus der anderen Welt unter die staunenden Völker tritt und mit der Forderung des Unmöglichen die Wirklichkeit aus den Angeln reißt."

So hofft er und doch hat er selber das Ideal formuliert, diese ethische Idee, welche die Welt bereits entflammt, der bereits heute eine soziale Leistung entspringt, welche Millionen besser als es das Szepter der Gewalt vermöchte in die Einheit eines Gedankens zusammenschmiedet: "Menschliche Vollkommenheit in menschlicher Gemeinschaft". Er war dessen eifriger Priester und wandte sich doch halb unmutig von denen ab, die es, wirkungsvoller als er es vermochte, der arbeitenden Menschheit verkündigten. Denn ihm, dem feinfühlenden Menschen, konnten die Torheiten und Tollheiten, das Gären, das die Hefe emportrieb, das Schelten und Keifen, das unsinnige Übereinanderherfallen, die Roheit des Ausdrucks und manch anderes nicht gefallen, das der neuen Bewegung anklebte. Ihn stieß die brodelnde Masse ab, in der Wein und Schmutz noch wild durcheinandertobten. Heute, wo die Gärung zwar immer noch nicht ungetrübt, aber immerhin ruhiger und stetiger geworden ist, würde er, wenn er lebte, mit Erstaunen wahrnehmen, wie vieles von dem, was er einst gebilligt hat, sich bereits reiner und klarer gestaltet, wie manches von dem, das er verworfen hat, bereits abgetan ist.

LANGE sagt z. B. (Arbeiterfrage, 3. Auflage, Seite 61) gegenüber den Versuchen, durch Putsche und gewaltsame Erhebungen der naturgemäßen Entwicklung vorauseilen zu wollen: "Wir sehen bereits, daß die Anfänge einer neuen Zeit ... ihren wahren Boden in denjenigen Zuständen haben, welche die kapitalistische Produktionsweise erzeugt hat. Ihr gegenüber sammeln sich alle Bestrebungen zur Abhilfe in die einzige große Tendenz, die letzte große Schranke der menschlichen Gleichheit" (die auch nach LANGE im Kapitalbesitze und dem daraus notwendig entstehenden Rechte, einen Nebenmenschen dienstpflichtig zu machen, besteht) "zu durchbrechen". Ganz dem entsprechend sagt die sozialistische "Neue Zeit" (2) in einer Arbeit über das sozialistische Programm: "Wie der staatssozialistischen und vulgärdemokratischen, so hat der wissenschaftliche Sozialismus auch der revolutionären Phrase ein gründliches Ende bereitet" (a. a. O. Seite 753). "Die Menschen sind nie ... solche Herdentiere gewesen, wie unsere Revolutionsmacher voraussetzten", die "den Sozialismus nicht als notwendiges Produkt der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern als ein bloßes Produkt der Ideenwelt, als einen gesellschaftlichen Mechanismus" ansehen (Seite 729). Wer dagegen "zur Erkenntnis der Entwicklungsgesetze der heutigen Gesellschaft gelangt, sieht, daß sie nicht bloß sozialistische Tendenzen", sondern auch "die Elemente einer neuen, diesen Tendenzen enstprechenden Gesellschaft" erzeugt (Seite 759).

Dem prinzipiellen Standpunkte entsprechen auch die meisten anderen Einzelausführungen. Bereits LANGE hegte den Gedanken, das Hauptmittel zum Sieg der sozialistischen Tendenzen sei das Erwachen des Gemeingeistes, des Bewußtseins über ihre Lage bei den Arbeitern selbst, nationale wie internationale Verbindungen zum Widerstand gegen das Kapital, sowie politischer Kampf. Er hatte die Einsicht, eine Revolution müsse nicht notwendig eine gewaltsame sein, nicht am Morgen nach einer Revolution könne der Zukunftsstaat aufgerichtet werden, er müsse sich organisch entwickeln, man könne deshalb auch keine Utopien aufstellen usw. Diese und ähnliche Gedanken LANGEs finden sich allesamt auch in genannten Aufsatz des Sozialdemokraten wieder, wie man sie zerstreuter auch in anderen neueren sozialistischen Schriften finden kann.

Freilich in einem wesentlichen Punkt scheint noch heute eine bedeutende Kluft zwischem dem Sozialismus LANGEs und dem sozialdemokratischen Sozialismus zu bestehen. Letzterer, ausschließlich damit beschäftigt, das Proletariat zum Kampf mit dem Kapitalismus zu kräftigen, denkt nicht daran, Einzelvorschläge zu machen, welche den Übergang in die neue Zeit vermitteln könnten. Er will die politische Macht erst erobern. Vorher sind ihm auch die Vorschläge zu Übergangsmaßregeln gegenstandslos.

Anders der sozialistische Philosoph. Sein Beruf ist es nicht, Arbeitermassen zu organisieren; es gilt ihm vielmehr den anderen Volksklassen zu zeigen, daß und wie "in der rauhen Schule der Kapitalherrschaft die Kräfte erzogen werden, deren Streben schließlich übermächtig werden muß" (Arbeiterfrage Seite 305). Er will denselben Verständnis dafür beibringen, daß man in der Bewegung der unteren Volksklassen nicht "eine Gefahr, sondern den Anfang der Rettung aus einer großen Gefahr" erblicke; daß gewaltsame Ausbrüche umso häufiger, roher und planloser sind, je weniger die Arbeitermassen organisiert sind (Seite 197). Er muß betonen, daß nichts die Gefahr einer gewaltsamen Explosion näher bringt, als wenn eine gedrückte Volksklasse zum Bewußtsein höherer Ansprüche erwacht, während die herrschenden Klassen ihr nicht mehr mit dem starren Trotz natürlichen Übermuts entgegentreten, sondern mit einem raffinierten System feiger Quertreiberei, pfäffischer Dogmatik und bittersüßer Bevormundung (Seite 15). Er hat deshalb vor allen den "arbeiterfreundlichen" Unternehmungen zu warnen, welche offen oder versteckt darauf ausgehen, den Arbeiter mit dem bisherigen Zustand der Unwissenheit und Unterwürfigkeit auszusöhnen. Er muß dartun, daß nicht mit Moralpredigten an die Einzelnen heute etwas gebessert wird, sondern nur durch Änderung von Zuständen, aus denen das Schlechte notwendig herauswächst. Nicht, daß er glaubt, Mahnungen zur geistigen und sittlichen Besserung seien überflüssig: er will von der materiellen Hebung nicht die intellektuelle und moralische trennen (Seite 381); aber diese letztere soll aus der Selbständigkeit der Menschen, nicht aus klösterlicher Bevormundung hervorgehen. Deshalb ruft er den herrschenden Klassen zu, sie sollten Wahrheit und Offenheit walten lassen, den starren Egoismus in sich besiegen, ein unselig Recht zum Opfer bringen und zur gerechten Verteilung von Genuß und Anstrengung mit Bewußtsein die Hand bieten. Denn wenn auch Jahrhunderte vergehen, bevor der Kampf ums Dasein einem friedlichen Zusammenleben der Völker Platz gemacht hat, der Wendepunkt der Zeiten kann nicht in allzu großer Ferne liegen (Seite 388f).

Mit diesem Gedanken aber steht LANGE völlig auf dem Boden der Sozialethik, ob er sich vielleicht auch ihres einschneidenden und prinzipiellen Gegensatzes zur Individualethik nicht bewußt sein mag. Er zeigt sich durchdrungen vom klaren Bewußtsein dessen, was in der Ordnung der Gesellschaft geschehen muß, wenn des Volkes Seele gesunden soll; und wenn er auch wenig Hoffnung auf allgemeinere Anerkennung seiner Grundsätze unter den Besitzenden hat, vielmehr der Überzeugung ist, daß die Arbeiterklasse die Macht ist, welche den neuen Zustand herbeiführen wird: er handelt im Bewußtsein der Pflicht, daß der einsehende, gebildete Mann alles tun muß, was die Einsicht unter Seinesgleichen mehren, die unvermeidlichen Schmerzen des Übergangs mildern kann. (Vgl. Arbeiterfrage, Seite 387).

Wir sind unvermerkt von ELLISSENs Darstellung LANGEs zu LANGE selber hinübergeglitten. Dem Geist, der ELLISSENs Darstellung durchweht, sind wir damit nicht entgegengetreten. Denn ELLISSEN spricht sich in derselben Weise aus, wie LANGE selbst. Wenn wir oben auf LANGEs Glauben hinwiesen, daß jede soziale Fürsorge für den Arbeiter, die nicht darauf ausgehe ihne selbstständig zu machen, sondern zu bevormunden, verwerflich sei, so betont auch ELLISSEN die Mängel einer Sozialgesetzgebung, die weiter nichts ist als eine "Defensivmaßregel, welche ermöglichen soll, in der Hauptsache alles beim Alten zu lassen". "Das wird aber", sagt er, "nicht möglich sein und sie selber wird dazu beitragen, daß es nicht möglich bleibt. Dem, was in den Sternen geschrieben steht, kann man nicht durch ausgeklügelte Erdenmittelchen entgehen. Diese dienen nur der Schicksalserfüllung" (Seite 235).

Mit diesem in LANGEs Geist gehaltenen Worte scheiden wir vom trefflichen Buch, mit dem Gefühl des Dankes gegen den Verfasser und dem Wunsch, dasselbe möge manchen dazu veranlassen, die Gedanken LANGEs in sich aufzunehmen und sich an ihnen zu erwärmen.


III.

THEOBALD ZIEGLERs Buch: "Die soziale Frage eine sittliche Frage" ist ohne Zweifel von LANGEs Buch beeinflußt, wenn auch leider nicht so sehr in Bezug auf die prinzipielle Durchführung als hinsichtlich verschiedener Einzelvorschläge. Von LANGE unterscheidet es sich namentlich dadurch, daß es nicht wie dieser von den allgemeinen Triebfedern der menschlichen Handlungen, vom Kampf ums Dasein ausgeht und die ökonomischen Ursachen aufzeigt, aus denen bestimmte Bestrebungen hervorgehen. Es geht vielmehr von der Ethik aus, die es für eine Nachbarprovinz der Sozialwissenschaft erklärt; ja es geht weiter und behauptet (Einleitung, Seite 6), die letztere sei eine "sich mehr und mehr emanzipierende Tochter" der Ethik, die soziale Frage sei "vielleicht in erster Linie eine ethische Frage". Aus diesem Grund will es diese Frage vom Standpunkt der Ethik aus betrachten. Aus diesem Gesichtspunkt ergibt sich der Titel, aus ihm auch die Darstellung.

Das Ziel des Buches ist: "kritisch zu prüfen, was ist, und zuzusehen, was daraus werden kann, ohne daß uns die höchsten Güter verloren gehen." "Die Erkenntnis des Seienden nach Herkunft und Inhalt" gilt auch ZIEGLER "als Vorstufe des Verständnisses" auch für "eine ethische Betrachtung". Lösen will er die soziale Frage nicht. Das kann nur die Weltgeschichte. Der Einzelne kann nur nach Entwicklungsmöglichkeiten und dem mutmaßlichen Wert derselben fragen.

Mit dieser Tendenz könnten wir uns im wesentlichen einverstanden erklären und wir würden es mit Freuden begrüßt haben, wenn ihr ZIEGLER allenthalben treu geblieben wäre. Allein, wenn wir auch recht viel Einzelnes anzuerkennen haben, so müssen wir bestreiten, daß das Buch wirklich genügend von Herkunft und Inhalt des Seienden Notiz nimmt und die Entwicklungsmöglichkeiten daraus ableitet. Infolgedessen hebt dann die Beurteilung häufig zu eklektisch dasjenige heraus, was dem Autor zusagt, ohne zu erwägen, ob gewisse Vorzüge und Mängel des Seienden wie des Werdenden so einfach zu trennen sind. Ja, die eigenen ethischen Prinzipien des Verfassers scheinen zu wenig folgerichtig in Anwendung gebracht zu sein.

In seiner Schrift "Sittliches Sein und sittliches Werden" (Seite 51) stellt er folgenden Grundsatz auf: "Wer wertet denn unsere Handlungen und stellt das Urteil über sie fest? Doch nicht ich als Individuum, sondern die Gesellschaft. Was ihr für gut gilt, ist das Gute. Was wird sie nun anders für gut erklären, als was ihr, der Gesellschaft, diesem Kollektivum nützt? ... im engeren Kreis zunächst und dann immer weiter bis schließlich zur Gesamtheit der Menschen. Damit ist das objektive Prinzip gefunden, das den Inhalt der Ethik bestimmt".

Lassen wir die Frage beiseite, ob die Motive und Interessen, welche im einzelnen Fall treiben und nicht vielmehr die Ordnung, in welche die aus den verschiedensten Motiven hervorgehenden Handlungen eingefügt werden müssen, das die Sittlichkeit Bestimmende sind. Stellen wir uns einmal ganz auf den eudämonistischen Standpunkt und geben wir zu, gut sei, was der Gesellschaft nütze. In diesem Fall fragt es sich: wer ist denn diese "Gesellschaft", welche die Machtbefugnis hat, etwas als gut zu bestimmen? Ist das ein "Kollektivum" gleichberechtigter Menschen? Ist es eine Gesellschaft, deren einer Teil aus Herrschenden, deren anderer aus Unterdrückten besteht? In ersterem Fall wäre ZIEGLERs Ideal verwirklicht. In letzterem Fall würde die Gesellschaft der Herrschenden diktieren, was gut sein soll. Die Unterdrückten aber, einmal zur Klarheit darüber gelangt, würden dies schwerlich als sittlich anerkennen.

ZIEGLER weiß, "wie parteiisch sich Gesetz und Sittenbildung gestaltet, wenn sie in den Händen eines bevorrechteten Teils, statt in den Händen des Ganzen liegen" (Seite 133). Danach mußte er unseres Erachtens folgerichtigerweise nicht mit allgemeinen Bemerkungen kommen, gleich der, "daß wir über die Schadhaftigkeit des Wunderbaus der heutigen Kultur einig sein", daß nur "Maß und Quantum" in Frage stehe (Seite 14). Er mußte vielmehr die seinem Prinzip gemäße Grundfrage stellen, ob heute Gesetz und Sittenbildung in den Händen eines bevorrechteten Teils oder in den Händen des Ganzen liegen.

Die Antwort auf diese Frage kann ZIEGLER nicht zweifelhaft sein. Er weiß, daß die Grundlagen für eine Ethik, wie er sie fordert, heute nicht vorhanden sind. Darum wird auch ihm als erste sittliche Forderung gelten müssen, eine sittliche Ordnung zu schaffen, die seiner Grundforderung entspricht.

Erst von hier aus könnte er prüfend fragen, ob und wieweit "innerhalb des Alten und auf dem eigenen Boden dieses Alten" die Kräfte vorhanden sind oder erweckt werden können, "welche imstande sind, die neue Welt zu bauen" (Seite 51). Es ist hierzu, um mit GUSTAV BUHR zu reden, "nicht notwendig, daß jeder Einzelne ein tadelloser Mensch ist". Eine Menge von Fehlern und Mängeln wird der Mensch stets haben; eine Menge derselben wächst aber naturnotwendig aus den Lebensbedingungen heraus, in denen er sich heute befindet. Um die letzteren zu beseitigen, müßte man die Lebensbedingungen selber geändert haben. Heute dagegen würde es sich wesentlich nur darum handeln, ob die zur Änderung nötige Einsicht, guter Wille zu bessern, ruhige Tatkraft, Besonnenheit und Opferwilligkeit in genügendem Maße zu erwecken wären.

Dieses wäre unseres Erachtens der nach den aufgestellten Grundforderungen maßgebende Gang der Untersuchung gewesen. Statt dessen hat ZIEGLER sich von vornherein selbst einen Riegel vorgeschoben. Trotzdem daß er Seite 7 die Frage nach Herkunft und Inhalt des Seienden für die Vorstufe des Verständnisses erklärt, will er die Frage nach den Ursachen der gegenwärtigen Schäden der zünftigen Ökonomie überlassen (Seite 4). Indessen, wenn er das wollte, so mußte er wenigstens mitteilen, welche Ökonomie für ihn die zünftige ist. Denn ohne eine prinzipielle Überzeugung in dieser Hinsicht kann man unmöglich ein sittliches Urteil fällen. Ein Beispiel soll das verdeutlichen. Nach einer heute noch weit verbreiteten Überzeugung ist die Ursache der sozialistischen Bewegung nur in der Aufhetzung gewissenloser Agitatoren zu suchen, die den Neid und die Begehrlichkeit unverständiger Massen aufstacheln, die Schäden der Gegenwart ins Ungeheuerliche verzerren, goldene Zukunftsbilder vorgaukeln und dabei auf Kosten der Betörten ein bequemes Leben führen. Ist dem in Wirklichkeit so, dann wird und muß das sittliche Urteil ganz anders ausfallen, als wenn ihre Ursache darin liegt, daß die feudalen Besitzverhältnisse unter dem Einfluß der modernen technischen und kommerziellen Entwicklung ein System erzeugt haben, welches  notwendig  darauf hinausläuft, die Besitzenden auf Kosten der Arbeit anderer immer mehr zu bereichern, sich gegenseitig zu zerfleischen, allgemeine Unsicherheit und tiefgreifende Korruption hervorzurufen. In jenem Fall wird das sittliche Urteil die Verurteilung der Agitation, in diesem eine Verurteilung des heutigen Systems auszusprechen haben.

Bei solcher Unterlassung ist es dann auch natürlich, daß die prinzipielle Seite der sozialen Frage kaum berührt wird. Das erste Kapitel stellt den Liberalismus und den Sozialismus gleichermaßen als zwei vor Gericht streitende Parteien hin, über die der Ethiker als Richter ein Urteil fällt. Von der Art, wie der Sozialismus aus dem Liberalismus hervorgehen mußte, oder vielmehr, wie dieselben wirtschaftlichen Faktoren, die den Liberalismus erzeugt und ihm zum Sieg verholfen haben, in ihrer Weiterentwicklung auch die Erzeuger des Sozialismus sind, davon erfahren wir nichts. So gelangt auch das gefällte Urteil zu keinem anderen als dem allgemein gehaltenen Ergebnis, daß der "egoistische Individualismus durch den sittlichen Sozialismus" zu überwinden sei (§ 25). Mit diesem Ergebnis, das auf den folgenden Seiten in ebenso allgemeiner Weise ausgeführt wird, ist gar nichts gesagt. Jedes System kann sich, wenn es nur die Worte "egoistisch" und "sittlich" recht betont, damit in Einklang setzen.

Statt nun im folgenden Kapitel wenigstens nachträglich eine genaue Bestimmung dessen, was ZIEGLER für sittlich recht und unrecht erkennt, zu erhalten, werden wir - zur Utopie geführt. Sollte eine Kritik derselben überhaupt stattfinden, so konnte sie doch erst dann geübt werden, wenn der Werdegang der gegenwärtigen Entwicklung genau verfolgt war. Daß sie unvermittelt erscheint, zeigt schon rein äußerlich ZIEGLERs Verkennung des Verhältnisses von Ursache und Wirkung. Der Sozialismus behauptet, seine Ziele seien "nicht das Produkt willkürlicher Wünsche", sondern würden "mit Notwendigkeit durch die Entwicklung der modernen Produktionsverhältnisse gegeben". (Neue Zeit 1890, Bd. I, Heft 1, Seite 725. Wollte also ZIEGLER nicht sowohl das was sein soll als das was ist untersuchen, so mußte er fragen, ob und wieweit auch die sozialistischen Zukunftsbilder ihre Ursache in der Entwicklung der heutigen Verhältnisse haben. Andernfalls haben die Bedenken, die er gegen die Möglichkeit verschiedener einzelner Zukunftsgedanken erhebt, nicht viel Gewicht, zumal immer eingewandt werden darf, ein Zukunftsbild wolle gar nicht darstellen, was werden solle und müsse, sondern auch nur eine "Entwicklungsmöglichkeit" zeigen. Diese Entwicklungsmöglichkeit aber ergebe sich aus gegenwärtigen ganz bestimmten wirtschaftlichen, geistigen und sittlichen Tendenzen. Wolle man also jene Zukunftsgedanken widerlegen, so müsse man zuvor beweisen, daß diese Tendenzen nicht vorhanden sind.

Daraus, daß ZIEGLER die im Wesen der heutigen kapitalistischen Entwicklung liegenden Tendenzen verkennt, ergeben sich einige seltsame zum Teil sich widersprechende Behauptungen.

So gibt er auf der einen Seite zu, daß das Privateigentum, - wie aus gewissen Versuchen in das Erbrecht, den Privatbodenbesitz etc. einzugreifen hervorgehe - heute nicht mehr als absolutes Recht gefaßt werde; auf der anderen Seite kann er den Ausspruch tun, das Privateigentum "sei nur gewährleistet, wenn es in Verbindung bleibe mit sittlicher Kraft und Leistung". Woraus aber stammen jene Versuche, wenn nicht aus der Erkenntnis oder doch dem dunklen Gefühl, daß das Privateigentum sich immer mehr zum Kapital umwandelt, das dem Besitzer die Frucht  fremder  Arbeit zuführt? Die sittliche Kraft und Leistung der einzelnen Besitzer kann doch unmöglich diesen Entwicklungsprozeß hemmen.

An einer späteren Stelle (Seite 91) spricht er aus, daß der Ausgangspunkt der ganzen Frage in der Verdrängung der kleinen Betriebe durch die großen "wenigstens mit" zu suchen ist. Dem gegenüber möchte er zwar nicht die Großindustrie einschränken und ihr die Lebensader unterbinden, aber doch die bestehenden Kleinbetrieb schützen und erhalten und namentlich den kleinen Handwerksmeistern aufhelfen. In diesen gehe sonst ein großer sittlicher Fond verloren. Wie wäre es aber, falls die Lebensader der Großindustrie im Drang immer weiterer Ausdehnung und allmählicher Vernichtung oder Verkrüppelung des Kleingewerbes bestände? Diese Frage müßte mindestens in Erwägung gezogen und gefragt werden, ob ein wirklich selbständiger Kleinbetrieb noch möglich ist. Mit einem frommen Wunsch ist da nichts getan. Die einzige theoretische Möglichkeit, den Kapitalismus auf dem Boden des Privateigentums an den Produktionsmitteln zu vernichten, wäre die, daß man jedem Menschen seine Produktionsmittel in die Hand gäbe. Praktisch wäre das aber die utopischste aller Utopien, ganz abgesehen davon, daß wir, auch wenn eine solche Verteilung möglich wäre, doch in allerkürzester Frist wieder beim heutigen Zustand angelangt wären.

Dagegen beruth die im Anschluß an E. RICHTER geäußerte Befürchtung, es möchte auch nach Sozialisierung der Produktionsmittel möglich sein, Werte aufzuhäufen, sich damit von der Arbeitspflicht loszukaufen und so den Teufel der kapitalistischen Weltordnung wieder einzuführen, auf einer Verkennung des Wesens des heutigen Kapitalismus. Dieser liegt doch darin begründet, daß einige im Besitz der Produktionsmittel sind, andere nicht, daß letztere verhungern müssen, wenn ihnen durch die Eigentümer der Produktionsmittel der Zugang zu diesen verschlossen wird, daß sie sich diesen Zugang aber nur durch eine Abgabe (Mehrarbeit, Zins, Miete und dgl.) erkaufen können. Wie ein Kapitalismus möglich sein sollte, wenn gemeinsame Produktionsmittel allen Menschen in gleicher Weise zugänglich wären, ist unerfindlich. Selbst wenn jemand den Wert einer heutigen Million besäße, könnte er sie nie zum Kapital machen; denn er könnte sie nie durch fremde Arbeit, die er in seinen Dienst zwänge, vermehren.

Mit dem Wort "Kapital" wird freilich, dies sei beiläufig bemerkt, heute oft ein großer, den Sachverhalt verdunkelnder Unfug getrieben. Der Bogen des Wilden ist schon "Kapital" genannt worden, der Besitz des Kleinbauern oder Kleinhandwerkers, der mit eigener Hand ein Arbeitsinstrument handhabt, wird häufig ebenso genannt. Der Besitz dieser Leute wird allerdings oft, zwar nicht selbst Kapital für ihre Besitzer, aber doch dadurch in den Strudel des Kapitalismus gezogen, daß sie Schulden machen und infolgedessen einen Teil ihres Arbeitsertrages an Kapitalbesitzer abliefern müssen. Ansich aber ist ihr Besitz keineswegs Kapital und wenn man sie so nennt, so verschleiert man damit eine bestimmte ökonomische Form des Besitzes. Kapital ist eben nur derjenige Besitz, welcher sich dadurch vermehrt, daß er auf rein wirtschaftlichem Weg den Nichtbesitzenden in seinen Dienst zwingt. Es kommt im übrigen freilich nicht auf das Wort an. Will man aber die Produktionsmittel oder gar allen Besitz ohne Unterschied Kapital nennen, so muß man für jene Form des Besitzes, welche unserer Zeit ihr charakteristisches Gepräge gibt, einen besonderen Namen erfinden.

Den Gedanken ferner, daß mit dem Wegfall des Privateigentums an den Produktionsmitteln "ein Stück Glück, eine der mächtigsten Triebfedern menschlichen Handelns und ein Hauptfaktor allen Kulturfortschritts verloren ginge", wird ZIEGLER selber bei einiger Umschau unter die ihn umgebenden Menschen schwerlich haltbar finden. Wie außerordentlich viele, vielleicht er selbst, entbehren dieses Hebels und arbeiten doch eifrig am Kulturfortschritt, eifriger als die meisten Besitzenden, die ihr Kapital für sich arbeiten lassen. Es wäre schlimm um die Menschen bestellt, wenn in der Aneignung der Erzeugnisse fremder Arbeit der Hauptfaktor des Kulturfortschrittes läge. Mit demselben Grund hätten der Stegreifritter und der Sklavenbaron das Stück Glück verteidigen können, das ihre Tätigkeit der Menschheit einbringt.

Noch eine Einzelheit sei berührt. ZIEGLER wirft seinerseits dem Sozialismus sowie BELLAMY eine Verkehrung des Verhältnisses von Ursache und Wirkung vor. Letzterer sage mit Unrecht: Macht die Welt anders, so werden auch die Menschen anders werden. Ersterer stelle alles auf den Kopf, wenn er glaube, mit der Änderung der Lebensbedingungen änderten sich auch die Motive der Menschen. Darin dürfte ZIEGLER selber Unrecht haben, es sei denn, daß man dem Sozialismus den phantastischen Glauben an eine gänzliche Änderung der menschlichen Natur zutraute. Gegen eine solche Unterstellung wird dieser sich mit Recht ausdrücklich verwahren. Allein wenn es unzweifelhaft ist, daß heute viele Verbrechen aus Not oder aus Angst vor der Not entstehen, so ist doch ebenfalls zweifellos, daß diese Motive wegfallen, wenn die Lebensbedingungen für alle gesichert sind. Eine Pflanz wird auch ihrer Natur nach nicht verändert und doch weiß man, welche tiefgreifende Veränderungen in ihrem Wachstum oft durch eine scheinbar geringfügige Änderung ihrer Lebensbedingungen verursacht wird. Anders darf man die Ansicht der Sozialisten auch nicht auffassen. Welch einschneidenden Einfluß aber die wirtschaftliche Lage auf die intellektuellen und sittlichen Anschauungen verschiedener Klassen ausübt, haben wir im ersten Abschnitt gezeigt.

Mit den beiden ersten Kapiteln schließen die prinzipiellen Erörterungen ab. Es ist dies etwas wenig für eine so wichtige Frage, zumal der Titel eigentlich auf eine genauere Erörterung der eigentlichen sozialen Grundfrage unter sittlichen Gesichtspunkten gefaßt macht. Was folgt, sind Einzelbetrachtungen über verschiedene Themata, die nicht die große soziale Frage, sondern einzelne bereits auf dem Boden der heutigen Gesellschaftsordnung erwachsene Fragen betreffen. Hier hört aber auch unser Widerspruch gegen ZIEGLERs Aufstellungen in den meisten Punkten auf. Wir finden uns auf einem Boden, wo wir mit ihm zusammengehen können. Denn was er hier sagt, atmet eine so freie und reine Gesinnung, eine so rückhaltlose Anerkennung all derjenigen Bestrebungen, welche in der Tat die erziehlichen Vorbedingungen zu einer erfolgreichen Umbildung der heutigen Gesellschaftsordnung sind, daß wir nur wenig zu widersprechen haben.

Zum dritten Kapitel "Zum sozialen Frieden" möchten wir nur eine Anmerkung machen. Es wäre utopisch zu hoffen, Arbeitgeber und Arbeiter könnten auf die Dauer und durchgängig in ein friedliches Einvernehmen gebracht werden. Dazu sind die Interessengegensätze zu stark und wenn man auch sittlich fordern muß, daß die sachlich oft unvermeidlichen Konflikte nicht persönlich werden, so weiß man doch zur Genüge, wie schwer das ist und wie leicht Interessenkonflikt sogar bei höherstehenden und gebildeten Leuten, wie sogar Erörterungen unter Gelehrten über rein wissenschaftliche Fragen in persönliche Zwistigkeiten ausarten.

Auf der anderen Seite muß davor gewarnt werden, daß die Erziehung der "Arbeiter und Arbeitgeber" zu "einem sittlichen Verhältnis der Gerechtigkeit und Zufriedenheit" nicht darauf hinausziehe, einige Zugeständnisse zu machen, in der Hauptsache aber alles beim Alten belassen zu wollen.

Das will ZIEGLER offenbar nicht. Denn er glaubt, wie aus manchen einzelnen Äußerungen hervorgeht, ebenfalls an eine nahende "Umgestaltung unserer Gesellschaft", wenn er diese auch nicht prinzipiell begründet und nicht überall die Folgerungen zieht. Er will "die Massen organisieren", er verteidigt das Recht der Arbeiterkoalitionen, der Strikes und dgl.; er verlangt bessere geistige Ausbildung der Arbeiter, allmähliche Verkürzung der Arbeitszeit, Gewährung voller Gleichberechtigung mit dem Arbeitgeber, Teilnahme an der Verwaltung der zugunsten der Arbeiter getroffenen staatlichen und privaten Einrichtungen. - Mehr Zeit, mehr Lohn, mehr Selbständigkeit! darin gipfeln die beredten Ausführungen nicht viel auszusetzen finden. Er wird allerdings sagen, daß die Arbeiter heute bereits eifrig daran arbeiten, sich in der genannten Weise vorzubereiten und sicherlich jede ohne Hintergedanken dargebrachte Hilfe gerne entgegennehmen. Vielleicht wird er hinzusetzen, daß gerade die niederen Volksschichten heute ein so lebhaftes Bildungsstreben haben, wie kaum die höheren und daß deshalb durchaus nicht zu befürchten sei, die Arbeiter wüßten auch bei sofortiger Einführung des Achtstundentags nichts Vernünftiges mit ihrer Zeit anfzufangen. (Vgl. auch GÖHRE, Drei Monate Fabrikarbeite, Seite 151, der geradezu sagt, nach seiner Beobachtung sei das Streben nach dem Achtstundentag vielfach aus dem Streben nach mehr Licht hervorgegangen.)

Das vierte Kapitel in ZIEGLERs Buch behandelt sodann Staat und Kirche, Vaterland und Internationalität. Die hier aufgeworfenen Fragen kann ich zum Teil nicht beantworten, da gerade deren Beantwortung ganz wesentlich von der Stellung abhängen wird, welche die heute in Staat und Kirche maßgeblichen Faktoren in Zukunft zur sozialistischen Bewegung einnehmen werden. Erfreulich ist in diesem Kapitel vor allem die scharfe Betonung, daß der Kampf  gegen  den Sozialismus für die Kirche verhängnisvoll werden muß (Seite 108) und daß mit einer Religion der Jenseitigkeit bei der Masse unserer Fabrikbevölkerung nichts mehr auszurichten sein wird. Das scharfe Wort, welches zum Schluß über den Antisemitismus gefällt wird, ist im allgemeinen sicherlich treffend. Doch wir haben das möchte ich aus persönlicher Erfahrung bemerken, nicht wenige trefflichere Antisemiten, die eine Ahnung davon haben, daß die soziale Frage mit dem Kapitalismus zusammenhängt, aber denen die Einsicht in das Wesen dieses Zusammenhangs fehlt. Sie sehen das Kapital in überaus großem Maß in jüdischen Händen, aber in Ermangelung volkswirtschaftlicher Einsicht machen sie "den jüdischen Geist" für einen Landschaden verantwortlich, der viel tiefere und allgemeinere Wurzeln hat. Sobald bei dieser Art von Antisemiten ein besseres Verständnis kommt, hört auch der Antisemitismus auf und sie werden Bodenreformer oder Sozialisten. Ihnen kann man nur mit Belehrung, nicht mit Zurückweisung kommen. Dem landläufigen Liberalismus fühlen sich diese Leute mit Recht bereits "über". Das verdammende Gesamturteil über die Bewegung, als Ganzes betrachtet, wird von diesem Umstand natürlich nicht berührt.

"Familie und Frau" bilden den Inhalt des folgenden Kapitels. Hier wird ZIEGLER freilich sehr vielen vor den Kopf stoßen, mehr als durch seine dem Sozialismus zugeneigten Erörterungen. Er will, wenn auch nicht ohne Übergang, die Frau mit dem Mann rechtlich gleichgestellt, moralisch gleich beurteilt, sowie gleich erzogen wissen. Weibliche Gymnasien, gemischte Hochschulen (warum nicht auch erstere gemischt?), Frauen als Prediger, Professoren, Richter, Advokaten, Abgeordnete, Beamte, Apotheker, Techniker - entsetzlich! - Wir unsererseits können dem trefflichen Kapitel nur unsere vollste Sympathie entgegenbringen und möchten nicht daran kritisieren; denn hier kommt es, wie bei Sozialismus als Ganzem, nicht darauf an, an Einzelheiten zu mäkeln, sondern die Einsicht in die Gesamtschau zu erwecken. Freilich ist die völlige Erfüllung dieser Forderungen erst in einer sozialisierten Gesellschaft zu erwarten. Nur in Bezug auf eine Anmerkung ZIEGLERs, worin er BEBELs Behauptung, die Befriedigung des Geschlechtstriebes sei jedermanns persönliche Angelegenheit, als sozialdemokratische Hemdsärmelmoral bezeichnet, möchte ich, ohne damit BEBELs Standpunkt zu vertreten, auf eine Kehrseite der Medaille hinweisen. Nach GÖHREs Buch bleiben die Arbeiter den Mädchen, mit denen sie in der Jugend verkehren,  meist  für's Leben treu. Die Mädchen, mit denen ein sehr großer Teil der Jugend der höheren Stände vor der Ehe verkehrt, sind fast ausnahmslos der Schande preisgegeben. Was da relativ sittlicher ist, kann nicht zweifelhaft sein.

Das sechste Kapitel tritt der falschen Wohltätigkeit gegenüber, geißelt scharf die widerlichen Erscheinungen der Armenbälle und Wohltätigkeitsbazars, betont, die wahre Hilfe müsse Hilfe zur Selbsthilfe sein, die Arbeitsunfähigen seien dagegen mit Ausschluß aller Privatwohltätigkeit von der Gesellschaft ausreichend zu unterhalten. Die Tugend des Wohltuns sei nicht im Schenken, sondern in persönlicher Teilnahme an den Unglücklichen zu üben. Fein sind die Betrachtungen über Luxus und Glück, die Schilderungen des heutigen protzenhaften, verkünstelten Luxus nur zu richtig. Man vergleiche hiermit auch Seite 71, wo der Verfasser sagt, das echte Verständnis für das Schöne sei noch niemals dem Nullpunkt so nahe gewesen als heute. Ich möchte hinzufügen: auch die feinere und tiefere ästhetische Versenkung ins wahrhaft Schöne und Große, die sich heute bei nicht wenigen besseren Naturen findet, ist  dann  aufs schärfste zu verwerfen, wenn sie zu einer aristokratisch-exklusiven ästhetisch-mystischen Scheinseligkeit ausartet und sich über die realen Grundlagen des Volkslebens nichtachtend hinwegsetzt. Daß diese Menschenart heute nicht selten ist, kann man hier und da persönlich erfahren und wo das nicht wäre, könnte man es aus dem Beifall entnehmen, den ein Buch wie "Rembrandt als Erzieher" zu finden vermochte. Diese Leute sind trotzt ihrer melodisch gestimmten, schönen Seele ausgebeinte Egoisten und ermangeln des sittlichen Ideals, welches nicht im Individuum aufgeht, sondern zur Mitarbeit an den Aufgaben der Kultur spornen muß.

Das siebente und letzte Kapitel handelt von der Überbevölkerungsfrage. Auch hier können wir in dem wesentlichen Punkt dem Verfasser zustimmen, daß die heutige Überbevölkerung nicht im Mangel an Unterhaltsmitteln, sondern in den sozialen Verhältnissen (industrielle Reservearmee) wurzelt. BEBEL wird hier recht haben, wenn er ausführt, daß ein sozialistisches Gemeinwesen ein Vielfaches der heutigen Menschenzahl bedürfte, um den dann auftretenden Kulturaufgaben gerecht zu werden und daß die Erde dieses Vielfache schon bei der heutigen technischen Entwicklung bequem ernähren könnte, wenn die kapitalistischen Fußeisen nicht hinderten. (3) Ist dem aber so, dann brauchen wir uns über die Frage einer vielleicht dermaleinst drohenden absoluten Überbevölkerung die Köpfe unserer Urenkel nicht zu zerbrechen. Denn heute steht sie nicht in Frage und ob sie dereinst zur brennenden sozialen "Frage" wird, darüber haben wir noch so gut wie keine Anhaltspunkte. ZIEGLER hätte die dahin zielenden Erörterungen ruhig weglassen können, hätte er sicherlich auch getan, wenn er zwischen den ethischen Aufgaben, die auf dem gegenwärtigen Boden wirklich erwachsen und denen, die etwa auf dem zukünftigen Boden erwachsen mögen, prinzipieller geschieden hätte.

Kommt der Schluß: dem sozialen Geist gehört die Zukunft, aber daß der sozialdemokratischen Partei die Zukunft gehöre, das hofft und glaubt er nicht,  vorausgesetzt, daß  wir anderen ihm die Fahne dieses Geistes nicht überlassen, sondern uns um dieselbe scharen und uns von ihm erfüllen lassen.  Vorausgesetzt, daß!  Es wäre freilich das erste Mal in der Weltgeschichte, daß herrschende Klassen, als Ganzes genommen, ihre als Unrecht erkannten Vorrechte ohne Not und Angst auf dem Altar des Vaterlandes zum Opfer brächten. Allein wenn der Zersetzungsprozeß in unserem Wirtschaftsleben in derselben Beschleunigung weiter schreitet, wie in den letzten Jahrzehnten, wenn auf Seiten der Gebildeten infolge dessen die Einsicht in die Notwendigkeit gründlicher Umwandlung in höherem Maße als bisher allgemein wird und wenn weiterhin die sozialistische Partei in fortschreitendem Maße die "revolutionäre Phrase", die Rohheit und Blutrünstigkeit der Sprache von sich abtut, wenn also durch wachsende Einsicht und guten Willen auf beiden Seiten die  Gegensätze  gemildert werden: so kann es vielleicht möglich werden, daß die immer mehr anschwellende Knospe des neuen Rechtsbewußtseins ihre Hülle in ruhiger naturgemäßer Weise, ohne allzu schmerzliches Ringen sprengt.

Zu diesem Ziel liefert ZIEGLERs Buch einen hocherfreulichen Beitrag. Konnten wir gleich seinen prinzipiellen Standpunkt nicht als überall folgerichtig durchgeführt erkennen: das soll uns nicht hindern, den Geist, der das Ganze erfüllt, aufs wärmste zu begrüßen. Der "soziale Geist", der es durchweht, wird doch an seinem Teil und jedenfalls künstlich erweiterten Kluft" beitragen. Denn es gilt ja leider noch heute in manchen Kreisen der als Brandstifter, welcher Feuer! ruft, der für einen Umstürzler und Vaterlandsverräter, welcher der Wahrheit die Ehre zu geben wagt und auch nur einigen wesentlichen Forderungen des Sozialismus beipflichtet. Umso erquickender ist es, wenn hier ein Mann, an dessen warmer Vaterlandsliebe und redlicher Absicht niemand zu zweifeln vermag, ins Land hinausruft, daß hier vor allem Einsicht und guter Wille Not tut. Wären unsere Gebildeten erst einmal von diesem Geist erfüllt, ja hätten sie nur allgemein den ehrlichen Willen, unbefangen zu prüfen, so würde derjenige "soziale Friede" bald hergestellt sein, der zur Überleitung in die neuen Zustände wünschenswert ist.

Wir schließen mit dem Wunsch, das Büchlein ZIEGLERs möge in recht weitem Maße dieser Aufgabe dienen, recht lauten und freudigen Wiederhall finden. Was uns noch prinzipiell mangelhaft scheint, vielleicht darf man hoffen, daß es dem Verfasser bei einer weiteren Durcharbeitung der maßgebenden Fragen dermaleinst auch so erscheinen wird und daß dann sein Buch in strenger Folgerichtigkeit seiner philosophischen Gedanken den Titel tragen wird: Die sittliche Frage eine soziale Frage.

LITERATUR - Franz Staudinger, Die sittliche Frage eine soziale Frage, Philosophische Monatshefte, Bd. 29, Berlin 1893
    Anmerkungen
    1) F. A. LANGE, Geschichte des Materialismus, 2. Auflage, Buch II, Seite 500f
    2) "Die Neue Zeit" (Stuttgart, Dietz) 1890/91, Nr. 49-52
    3) ZIEGLER spricht Seite 171 davon, BEBEL habe dem Staat Eingriffsrechte eingeräumt, die an das Widerlichste in Platons Republik erinnerten. Sollte sich ZIEGLER hier nicht irren? Ich habe vergebens danach gesucht. BEBEL hofft im Gegenteil, die Überbevölkerungsfrage werde sich ohne gesundheitsschädigende Enthaltsamkeit und ohne widerliche Präventivmaßnahmen in der einfachsten Weise lösen. (Die Frau, 10. Ausgabe, Seite 371f)