ra-2G. SimmelBöhm-BawerkProudhonC. H. Weisse    
 
ROBERT LIEFMANN
Theorie des Sparens
und der Kapitalbildung

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"Es ist das eine beliebte Behauptung, die ebenfalls bis in die neueste Zeit in der Volkswirtschaftslehre eine sehr große Rolle spielt und zum Teil besonders gern verwendet wird, um den Bau von Kriegsschiffen und Kanonen zu rechtfertigen: Es sei gleichgültig, was produziert wird, da ja doch alles wieder als Lohn den Arbeitern zufließt. Wir sehen, daß auch hier alles auf den Ertrag ankommt, also in unserem Beispiel auf das Mehr an Sicherheit, das jene Kriegsmittel gewährleisten. Immer dürfen nur solche Gebrauchsgüter hergestellt werden, daß die Wirtschaftssubjekte, die sie konsumieren, noch den volkswirtschaftlichen Grenzertrag erzielen. Was darüber hinaus produziert und konsumiert wird, ist Luxus und entgegen dem Prinzip größter Wohlstandsförderung."


V. Kapitalvernichtung und Kapitalersetzung
im besonderen volkswirtschaftliches
Problem


1. Ist die Anwendung billigerer Produktionsmittel unter allen
Umständen volkswirtschaftlich wohlstandsfördernd?

Wir haben bisher immer  den  Fall der Kapitalbildung im Auge gehabt, daß das ersparte Einkommen zur  Erweiterung  der Produktion, zur Vergrößerung der Fabriken, zur Anlage neuer Bergwerke, neuer Eisenbahnen und dgl. dient. Jetzt kommen wir also zu der anderen, früher erwähnten Möglichkeit, daß Einkommen dazu verwendet werden, älteres Kapital zu  ersetzen,  z. B. anstelle alter Maschinen neue, die mehr leisten oder billiger arbeiten, zu benutzen oder sonstwie neue billigere Produktionsmethoden einzuführen. Es ist kein Zweifel, daß in der heutigen Volkswirtschaft ein großer Teil des ersparten Kapitals in dieser Weise verwendet wird. Eine neue Produktionsmethode kommt auf, neue Fabriken werden errichtet, machen den nach dem alten Verfahren arbeitenden Konkurrenz und verdrängen sie schließlich. Die darin angelegten Kapitalien werden mehr oder weniger wertlos gemacht. Der Großbetrieb hat so den Kleinbetrieb vernichtet, die  Arkwrightschen Spinnmaschinen verdrängten die Handspindeln, der erste mechanische Webstuhl die Handstühle. Jede erhebliche Verbesserung an ihnen machte dann wieder alle älteren Modelle wertlos. In der Gegenwart geht dieser Prozeß der Kapitalvernichtung und -ersetzung durch neue billigere und leistungsfähigere Produktionsmethoden mit immer größerer Schnelligkeit und auf immer neuen Gebieten vor sich. Man denke nur an die Entwicklung der lokalen Verkehrsmittel. Den Omnibus, der vor einem Menschenalter noch eine Errungenschaft war, verdrängte die Pferdebahn, in einem Jahrzehnt verschwand diese fast vollständig gegenüber der elektrischen, und heute ist in den Zentren der großen Städte auch diese schon unmöglich und das einzig denkbare derartige Verkehrsmittel die Untergrundbahn. Nicht viel anders im interlokalen Verkehr. Vor zwei Menschenaltern fing die Eisenbahn an, die Postkutsche zu verdrängen, Milliarden wurden in das neue Verkehrsmittel hineingesteckt und jetzt stehen wir wieder vor einer Revolution auf diesem Gebiet durch die Einführung der elektrischen Schnellbahnen. Man denke ferner an die fortgesetzten Erfindungen neuer, verbesserter Arbeitsprozesse in der chemischen, der Eisenindustrie usw. In allen solchen Fällen gehen mit der Investierung neuen Kapitals große Kapitalvernichtungen Hand in Hand. Dasselbe ist der Fall bim Abbruch älterer Häuser und ganzer Wohnquartiere, die zwar größtenteils Konsumgüter sind, aber als Mietwohnungen auch Erwerbsmittel, Kapital darstellen.

Man erkennt leicht, daß diese Frage der Kapitalvernichtung und Kapitalersetzung wiederum nur eine Seite des  Produktivitätsproblems  ist. Man hat ihr bisher nur sehr geringe Aufmerksamkeit geschenkt. Sofern man sie überhaupt beachtet hat, scheint man es aber stets als selbstverstädnlich angenommen zu haben, daß eine Verbilligung der Produktionsmittel und das Sparen von Einkommen dafür unter allen Umständen volkswirtschaft vorteilhaft ist (37). Einen prägnanten Ausdruck für diese Ansicht finde ich in EDWIN SELIGMANs "Principles of Economics":
    "Die konkreten Dingen sind beim aufmerksamen Unternehmer nur solange in Gebrauch wie sie den maximalen Gewinn abwerfen; wann immer etwas Neues bessere Resultate verspricht, wird es unverzüglich ersetzt. Die vielleicht beeindruckendste Tatsache dafür in der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den beiden Eisenkönigen  Carnegie  und  Frick,  die vor ein paar Jahren begann, war die gezeigte Bereitschaft, mit der der Erstere in seine veraltete Maschinerie Unsummen investierte, sobald sich der erste Erfolg dabei bemerkbar machte. Die scheinbare Zerstörung von Kapital von ungeheurer Menge war tatsächlich ein anwachsender Vorteil sowohl für den Produzenten wie auch für die Öffentlichkeit. Alle Sachinvestitionen des Kapitals sind eine neue Verwendung von Rohstoffen, die die alte ersetzen.  Die alten müssen nicht einmal ganz und gar zu Schrott werden; es genügt, daß sie ihre relative Produktivität verloren haben." (38)
Ist das wirklich richtig? Ist jede Ersetzung alten Kapitals durch neues, an und für sich billiger arbeitendes, im volkswirtschaftlichen Sinn wohlstandsfördern? Es ist klar, daß das eine der wichtigsten, theoretisch und praktisch gleich bedeutsamen Fragen der Volkswirtschaftslehre ist, die nicht so ohne weiteres wie bei SELIGMAN bejaht, erst recht natürlich nicht, wie bisher fast überall mit Stillschweigen übergangen werden darf. Den einzigen mir bekannten Versuch einer Begründung dieses Versuchs hat von MANTEUFFEL gemacht, der, wie schon gesagt, diese Anschauung bis zu ihren äußersten Konsequenzen vertritt. Nach ihm (39) verwendet
    "ein  Robinson,  der seinen Konsum nie erweitert, jede Zeit, die er durch die Erfindung eines neuen Werkzeuges spart, nur dazu, weitere Vervollkommnungen in seiner Produktionsweise anzubringen. Wenn er durch einen erfundenen Schießapparat in derselben Zeit statt eines Lamas zwei erlegt (gemeint ist: erlegen kann!), genießt er nun nicht mehr Fleisch als bisher, sondern erlegt nur ein Lama und benutzt die ihm so frei bleibende Zeit dazu, weitere Verbesserungen in anderen Zweigen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit anzubringen; wir können uns sehr wohl vorstellen, daß er in dieser Weise  ad infinitum  fortfährt, ohne jemals eine Überkapitalisation zu veranlassen."
Solange  Robinson  also Produktionsmittel herstellt, die ihm die zur Beschaffung der Genußmittel erforderliche Arbeit verringern, nennt von MANTEUFFEL diese Arbeit und das Sparen für diesen Zweck produktiv. Er führt das noch an einem Beispiel einer Wirtschaft mit Arbeitsteilung aus: In einer Wirtschaft sind elf Sklaven tätig, um die Bedürfnisse für sich, ihren Herrn und einen zwölften Sklaven zu befriedigen, der mit der Verbesserung der Produktionsmittel beschäftigt ist. Durch die Erfolge desselben gelingt es, die gleichbleibenden Bedürfnisse durch zehn Sklaven zu befriedigen, worauf zwei zur Verbesserung der Produktion verwendet werden, bis schließlich ein Sklave den ganzen Konsum versorgt, während alle übrigen an einer noch weiteren Verbesserung der Produktionsmittel arbeiten.

Ist hier wirklich keine Überkapitalisation vorhanden? Ist hier nicht vielmehr überhaupt von allen  wirtschaftlichen  Erwägungen abstrahiert,  technische  und  wirtschaftliche  Produktivität wieder einmal verwechselt? Offenbar! Das läßt sich leicht unter Benutzung derselben Beispiele zeigen. Nehmen wir an,  Robinson  sei in seinem Bestreben der Ersetzung der eigenen Arbeitskraft durch immer vollkommenere Produktionsmittel so weit gekommen, daß er sich eine Maschine konstruiert hat, die ihm - sagen wir - das Streichen seines Butterbrotes abnimmt, oder der Herr hat mit seinen Sklaven eine Seilbahn gebaut, die die Erzeugnisse eines Ackers in der denkbar vollkommensten Weise ohne eigene Arbeit in die Scheune zu bringen gestattet. Beide aber haben, der eine allein, der andere mit seinen elf Sklaven ein ganzes Jahr lang gearbeitet, um die Maschinen zu konstruieren, die ihnen eine Arbeit von täglich wenigen Minuten bzw. eines einzigen Tages im Jahr abnehmen. Ist das nun produktiv? In einem wirtschaftlichen Sinn gewiß nicht. Denn wirtschaftliche Produktivität ist, wie wir wissen, die Erzielung eines möglichst hohen Ertrages mit möglichst geringen Kosten. Hier sind aber die Kosten, d. h. die aufgewendete Arbeit, ganz unverhältnismäßig gegenüber dem Ertrag, der ersparten Arbeit. Der große Irrtum von MANTEUFFELs ist, daß er meint,  die Beschaffung vollkommenerer, arbeitsparender Produktionsmittel sei ohne Rücksicht auf ihre Kosten unter allen Umständen produktiv.  Das ist offenbar falsch. Es genügt nicht festzustellen, daß ein Produktionsmittel Arbeit spart, um seine Verwendung ohne weiteres produktiv zu machen, sondern man muß auch feststellen, wieviel Arbeit und eventuell Rohstoffe usw. es kostet, um jenes Produktionsmittel herzustellen. Auf den  Ertrag  kommt es also auch hier an, im letzten Grund natürlich auf den Ertrag der Arbeit. Und wenn auch eine Verminderung der Arbeit, wie überhaupt der Kosten, bekanntlich ebensowohl produktiv sein kann wie eine Vermehrung der Produkte, so ist sie es doch ebensowenig wie diese in jedem Fall. Auch hhier muß natürlich immer gefragt werden: mit welchen Kosten kann die Arbeit verringert werden? Und wenn sich die Kosten so leicht wie in unserem Beispiel ebenfalls wieder auf Arbeit zurückführen lassen, ist der Ertrag nicht schwer festzustellen.

Wenn wir also auch der Meinung sind, eine Überkapitalisation in dem Sinne, daß dauernd mehr Einkommen zur Ausdehnung des Kapitalvorrats verwendet werde als der möglichen Ausdehnung des Konsums entspricht, sei bei freier Konkurrenz unmöglich, so ist doch von MANTEUFFELs Begründung dieser Ansicht sicherlich falsch. Die Unmöglichkeit der Überkapitalisation bei freier Konkurrenz ist ausschließlich durch die Tendenz des Ausgleichs der Grenzerträge zu erklären. Dagegen ist gerade in der Weise, wie von Manteuffel die Unmöglichkeit einer Überproduktion und Überkapitalisation begründen will, infolge der Verwendung ersparten Einkommens zum Ersatz schon vorhandenen Kapitals, eine solche sehr wohl möglich und auch im Wirtschaftsleben häufig. Es kann sehr wohl, selbst wenn man eine gewisse Ausdehnung des Konsums annimmt, mehr vorhandenes altes Kapital durch neues, wenn auch produktiveres, ersetzt werden, als dem Interesse größter Wirtschaftlichkeit entspricht. Daß auch dies allerdings im allgemeinen nicht auf längere Zeit eintreten wird, wird auch hier  nur durch die Tendenz des Ausgleichs der Grenzerträge  bewirkt, nicht aber dadurch, daß das ersparte Einkommen älteres, teurer arbeitendes Kapital verdrängt.


2. Die Tendenz des Ausgleichs der Grenzerträge
und die Kapitalersetzung

Ich behaupte also:  Es kann sehr wohl zu dem Zweck, um vorhandenes, ansich weniger günstig arbeitendes Kapital zu ersetzen, mehr Einkommen dem Konsum entzogen und zu Kapital gemacht werden, als dem Prinzip größter Wohlstandsförderung entspricht.  Ich behaupte, daß das sogar  bei völliger Einsicht aller Wirtschaftssubjekte in die wirtschaftlichen Verhältnisse und bei vollkommen freier Konkurrenz  möglich ist, und daß es im praktischen Wirtschaftsleben sehr häufig vorkommt. Wir haben es hier also wieder mit einem Produktivitätsproblem zu tun, und die Frage, die wir versuchen wollen zu lösen, ist die:  Wieviel erspartes Einkommen kann speziell zur Vernichtung alter Kapitalmengen und zur Ersetzung durch neue, billiger arbeitende verwendet werden unter Berücksichtigung des Prinzips größter Wirtschaftlichkeit? 

Wir machen uns die Lösung dieses Problems am besten an einem Beispiel klar, das durchaus den Verhältnissen des praktischen Lebens entsprechen kann.

Eine Unternehmung oder ein ganzer Unternehmenszweig - wir wollen gleich von den Verhältnissen in der ganzen Volkswirtschaft ausgehen - produziert und verkauft für 200 Millionen Mark Produkte. Sie werden hergestellt mit 160 Millionen Mark Kosten, von denen 120 Millionen Mark die Kosten der Arbeitslöhne, Roh- und Hilfsstoffe, also umlaufendes Kapital, 40 Millionen Mark die Kosten der Amortisation des stehenden Kapitals, der Maschinen usw. sind. Wir wollen die letzteren so hoch annehmen, daß sie gerade genügen, die verbrauchten Produktionsmittel immer wieder zu ergänzen. Da die Maschinen durchschnittlich 10 Jahre halten, waren also ursprünglich 400 Millionen Mark zur Errichtung der Industrie bzw. zur Beschaffung ihres stehenden Kapitals erforderlich. Dazu kommen die 120 Millionen Mark umlaufendes Kapital, die - nehmen wir der Einfachheit halber an - gerade einmal im Jahr umgesetzt werden. Die Industrie arbeitet also mit einem gesamten Kapital von 520 Millionen Mark. Auf diese 520 Millionen Mark Kapital - man kann sie sich ja als das Grundvermögen einer oder mehrerer Aktiengesellschaften vorstellen - macht der Reinertrag von 200 - 160 Millionen Mark = 40 Millionen Mark = 7,7 % aus. - Jetzt wird eine neue Maschine erfunden, deren Einführung in die Industrie 100 Millionen Mark kostet. Sie ersetzt, wollen wir zunächst einmal annehmen, auch 100 Millionen Mark der vorhandenen Maschinen. Sie erspart aber an Rohstoffen und Arbeitslöhnen 10 Millionen Mark jährlich. Wie ist jetzt der Reingewinn? Man kann ihn auf verschiedene Weise berechnen; ich glaube, daß die korrekteste die folgende ist. Zum Anlagekapital kommen 100 Millionen Mark hinzu, das umlaufende Kapital kann von 120 auf 110 Millionen Mark vermindert werden. Die Industrie hat also im Augenblick ein Gesamtkapital von 610 Millionen Mark zu verzinsen. An Amortisationskosten treten zu den bisherigen 40 Millionen Mark noch diejenigen des neuen Kapitals von 100 Millionen Mark im Betrag von 10 Millionen Mark hinzu. Es sind dann also 50 Millionen Mark. Einer Verkaufseinnahme von 200 Millionen Mark, gleiches Produktionsquantum und gleiche Preise vorausgesetzt, stehen also 110 + 50 Millionen Mark Kosten gegenüber. Der Reinertrag ist also wieder 40 Millionen Mark. Deswegen aber behaupten zu wollen, daß sich an der Produktivität der Industrie nichts geändert hat, ist natürlich falsch. Denn dieser Reinertrag berechnet sich auf ein um 100 - 10 Millionen Mark größeres Kapital. Er beträgt ca. 6,56 % des aufgewendeten Kapitals von 610 Millionen Mark. Der Ertrag hat sich also gegenüber dem früheren um mehr als 1% vermindert. Zu behaupten, wie es oft geschieht, das neuzugeführte Kapital habe sich mit 10% rentiert, weil die Produktionskosten um 10 Millionen Mark gefallen sind, geht natürlich nicht an. Denn auch wenn man rechnet, daß die alten noch weiter benutzten Anlagekapitalien von 300 Millionen Mark und das umlaufende Kapital von 110 Millionen Mark zusammen wieder 7,7% Ertrag abwerfen, wenn man weiter auf die neuen 100 Millionen Mark 10% und auf die 100 Millionen Mark ausrangierter Maschinen 0% Ertrag setzt, kommt man doch nicht auf die tatsächlich erzielten 40 Millionen Mark und auf insgesamt 6,56%.

Daß die 100 Millionen Mark alte Maschinen, obgleich sie nicht mehr mitproduzieren, noch in der Bilanz auf dem Kapitalkonto erscheinen und für die Berechnung des Ertrages in Prozenten des Anlagekapitals in Betracht kommen, ist für den Kaufmann selbstverständlich. Aber unsere obige Amortisations- und darauf beruhende Unkostenberechnung gilt auch  nur für das erste Jahr.  Nur in diesem sind noch für die ganzen 100 Millionen Mark alten Maschinen Amortisationskosten zu berechnen. Nach den ersten Jahren aber sind  die  Maschinen vollständig amortisiert, die vor 10 Jahren gekauft worden waren. Es sind also nur noch für 90 Millionen Mark zu amortisieren, die Amortisationsquote dieses Jahres für sie beträgt also nicht mehr 10, sondern nur noch 9 Millionen Mark, im dritten Jahr nur noch 8 usw., bis im 10. Jahr die letzten 10 Millionen Mark der alten Maschinen amortisiert werden, die gerade kurz vor Einführung der neuen noch gekauft worden waren. Die Unkosten belaufen sich also im 2. Jahr nur noch auf 100 + 30 + 9 + 10 = 159 Millionen Mark. Der Reingewinn ist also bei gleichbleibendem Absatz und Preis um 1 Million Mark auf 41 Millionen gestiegen. Gleichzeitig verschwinden aber auf dem Kapitalkonto die 10 Millionen Mark amortisierten alten Maschinen. Das zu verzinsende Gesamtkapital beträgt also nur noch 300 + 90 + 100 + 110 = 600 Millionen Mark und vermindert sich mit weiterer Amortisation jährlich um 10 Millionen Mark (die 100 Millionen Mark neuen Maschinen werden natürlich mit einem Zehntel ergänzt). Kapital und Erträge stellen sich also im 2. Jahr: Kapital 600 Millionen Mark, Reingewinn 41 Millionen Mark = 6,83%. Der Gewinn hat sich also um ⅓% des Kapitals gehoben, ist aber noch immer unter dem Satz vor Einführung der Maschine. Die Sätze der folgenden Jahre sind:
    3. Kapital 590 Mill. Mk., Reingewinn 42 Mill. Mk. = 7,1%,
    4. Kapital 580 Mill. Mk., Reingewinn 43 Mill. Mk. = 7,4%
    5. Kapital 570 Mill. Mk., Reingewinn 44 Mill. Mk. = 7,7%
Erst im 5. Jahr erreicht also der Gewinn in Prozenten des Kapitals ungefähr die alte Höhe, erst jetzt also rentiert sich die Verbilligung der Produktionskosten. Diese Rentabilität erreicht dann ihren Höhe- und Ruhepunkt im 11. Jahr, wo die alten Maschinen ganz abgeschrieben sind, das Kapital also nur noch 510 Millionen Mark beträgt, worauf 200 - (110 + 40) also 50 Millionen Mark Reingewinn erzielt würden. Mit anderen Worten: jetzt hat sich auch der Reingewinn entsprechend der Verbilligung der Produktionskosten um 10 Millionen Mark gehoben. Der Ertrag beträgt in Prozenten 9,8%, also natürlich wiederum nicht gleich der Verbilligung der Produktionskosten im Verhältnis zum neuinvestierten Kapital.

Würde mit der neuen Maschine eine Ersparnis von 20 Millionen Mark an den Produktionskosten erzielt, so würde der Ertrag schon im ersten Jahr 8,3% betragen, also den vorher erzielten übersteigen und er würde nach 10 Jahren 60 Millionen Mark = 11,6% erreichen.

Aus diesen Berechnungen und anderen, deren Mitteilung hier zu weit führen würde, lassen sich zunächst etwa folgende Ergebnisse ableiten.
    1.  Wenn zwecks Einführung billigerer Produktionsmethoden altes Kapital durch neues ersetzt wird,  so ist der Ertrag, den das  neue  Kapital liefert,  allein nicht festzustellen. Man kann immer nur den Gesamtbetrag des aufgewendeten Kapitals feststellen. 

    2.  Das durch das neue billiger arbeitende Kapital verdrängte alte Kapital muß naturgemäß amortisiert werden. 

    Man könnte vielleicht meinen, daß eine solche Amortisation von Maschinen, die gar nicht mehr zur Produktion verwendet werden, vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus nicht nötig ist. Man denke sich aber nur in unserem Beispiel, wo wir offengelassen haben, auf wieviel Unternehmungen sich unsere Ziffern beziehen, daß z. B. 100 Unternehmungen mit je 4 Millionen Mark stehendem Kapital betroffen würden, also jede 1 Million Mark für die Anschaffung der neuen Maschinen zu rechnen hätte. Natürlich kann jetzt keine Unternehmung den Buchwert der alten Maschinen einfach streichen, und daher kann er auch in der Volkswirtschaft nicht einfach verschwinden. Soweit das nicht schon geschehen ist, müssen die alten Maschinen amortisiert werden.

    3. Das sich aber die  Amortisationskosten von Jahr zu Jahr verringern, so steigt  bei sonst gleichen Verhältnissen  der jährliche Ertrag  solange,  bis das alte Kapital amortisiert ist.  Erst dann erreicht er seine der Verbilligung der Produktionskosten entsprechende größte Höhe, der Ertrag steigt bis dahin umso mehr, als sich  mit der zunehmenden Amortisation auch das Gesamtkapital entsprechend vermindert. 

    Für das  Produktivitätsproblem  läßt sich nun folgender Satz ableiten:

    4.  Das Prinzip größter Wohlstandsförderung ist also nur dann gewahrt, wenn die Ersetzung des alten Kapitals durch neues im Verhältnis der Abnützung des ersteren erfolgt. Ob sie zu schnell geschieht, wird durch ein Sinken des Ertrags in den ersten Jahren angezeigt.  Erfolgt sie zu langsam, so steigt auch der Ertrag langsamer, als wenn eine Abnützung des alten und die Zufuhr neuen Kapitals im richtigen Verhältnis stehen. Da aber die Amortisationsquote in jedem Jahr geringer wird, und auch die Erfordernis umlaufenden Kapitals sich bis zur vollständigen Beschaffung der neuen Produktionsmittel noch fortgesetzt vermindert, so kann, bei gleich bleibendem Gesamtkapital, die Beschaffung der neuen Produktionsmittel  progressiv  vermehrt werden.  Der völlige Ersatz alter Produktionsmittel durch neue und damit die Erzielung des höchsten Ertrags vollzieht sich also umso schneller, je größer die Amortisationsquote + Ersparnis an umlaufendem Kapital ist (40). Jede schnellere oder langsamere Ersetzung alter Produktionsmittel durch neue widerspricht also dem Prinzip größter Wirtschaftlichkeit.  Das gilt,  einerlei, ob es sich um eine Kapitalersetzung innerhalb einer Unternehmung oder - was im Wirtschaftsleben meist der Fall sein wird - um eine  Verdrängung alter Unternehmungen durch neue, mit geringeren Produktionskosten arbeitende handelt. 
Dieses letzte und wichtigste Ergebnis bedarf vielleicht noch einer besonderen Betrachtung. Man kann sich aufgrund der bisherigen Auffassung von Produktivität, die ja immer nur nach der  Menge  der Produkte fragt, nicht leicht vorstellen, daß das, was innerhalb der einzelnen Unternehmung ja zweifellos gilt, auch für die ganze Volkswirtschaft zutreffen soll. Faktisch aber bleibt es sich ganz gleich- und wir haben dies daher auch an unserem Beispiel von vornherein offen gelassen -, ob wir  eine  Unternehmung mit 400 Millionen Mark stehendem Kapital oder 100 Unternehmungen mit je 4 Millionen Mark annehmen. Daß es aber volkswirtschaftlich auf den  Gesamtertrag des ganzen Unternehmenszweiges  ankommt, ist ein selbstverständliches Ergebnis unserer früheren Erörterungen. Wenn auch mittels eines neuen Verfahrens billiger produziert werden kann, so ist es doch vom Standpunkt größter Wirtschaftlichkeit nicht zweckmäßig, es so schnell einzuführen, daß der Ertrag des ganzen Unternehmenszweiges unter den durchschnittlichen der Volkswirtschaft sinkt, weil das alte Kapital an der Mitwirkung bei der Produktion  in zu großem Umfang  ausgeschaltet wird. Es ist einfach deswegen nicht im volkswirtschaftlichen Interesse, soviel neues Kapital einem Produktionszweig zuzuführe, daß dadurch der Gesamtertrag herabgedrückt wird,  weil das Sinken des Ertrages unter dem sonst in der Volkswirtschaft erzielten ein Zeichen dafür ist, daß mindestens ein Teil diese neuen Kapitals in anderen Unternehmenszweigen mit einem größeren Ertrag hätte verwendet werden können,  oder wenn das nicht, daß dann eben zuviel gespart wurde und es besser, d. h. mit einem größeren Ertrag  zum Konsum  verwendet worden wäre. Je größer die Verbilligung der Produktionskosten ist, umso leichter kompensieren die daraus resultierenden höheren Gewinne die Mindererträge des alten Kapitals, umso schneller kann also die Einführung der neuen Produktionsmethoden und die Amortisierung des alten Kapitals erfolgen.

Weder in der Privatwirtschaft noch in der Volkswirtschaft aber kann das nicht mehr benutzte alte Kapital einfach verschwinden, wenn es nicht mehr gebraucht wird. Es belastet das Unkostenkonto der Privatwirtschaft wie der Volkswirtschaft so lange, wie seine Kosten den Unternehmern nicht im Preis der Produkte, der Volkswirtschaft nicht im Wert der mit seiner Hilfe hergestellten Genußgüter ersetzt sind.

In der tauschlosen Wirtschaft, wo alle Kosten auf Arbeit zurückzuführen sind, ist dies ganz selbstverständlich.  Robinson  schnitzt sich Bogen und Pfeile zur Jagd. Er muß auf den Bruttoertrag die ganze auf die Herstellung derselben verwendete Arbeitszeit in Anrechnung bringen und seine Kosten so aufgrund der voraussichtlichen Haltbarkeit amortisieren. Er kann seine Arbeitszeit nicht ungeschehen machen, wenn er bald darauf ein vollkommeneres Instrument herstellt, sondern muß zu den Kosten des letzteren noch denjenigen Betrag an Arbeitszeit für Bogen und Pfeile hinzuziehen, der nach Abzug einer Quote für die Abnützung als noch zu amortisieren übrig bleibt.  Robinson  wird daher auch erst dann das neue Instrument herstellen, wenn das Mehr an Ertrag, das er damit zu erzielen erwartet, nicht mehr überwogen wird durch die Summe von Arbeit, die bei der Herstellung von Bogen und Pfeilen ertraglos bleiben wird. Derartige Erwägungen kommen im Wirtschaftsleben natürlich sehr häufig vor und zwar nicht nur bei Kapitalgütern, z. B. ob es sich rentiert, eine alte Maschine durch eine neue zu ersetzen, sondern auch bei Genußgütern von längerer Dauer. Eine Dame sieht einen Mantel, der ihr sehr gefällt und den sie für billig hält. Sie würde ihn sofort kaufen, "wenn ich nicht erst voriges Jahr einen gekauft hätte. Aber der alte ist doch eigentlich noch ganz gut." Diese Worte drücken die Erwägungen aus, die bei solchen Fällen in Betracht kommen und zeigen, daß auf das schon vorhandene Gut und seine noch nicht beendete Gebrauchsfähigkeit Rücksicht genommen wird.

Mit dem Gesagten haben wir eigentlich auch schon den Fall erledigt, daß nicht alle Unternehmungen ein neues Verfahren einführen, sondern eine einzige, die dann mit den übrigen in Konkurrenz tritt. Tatsächlich ändert sich dann nichts an den Ergebnissen. Wir wollen aber den Fall noch einmal ziffernmäßig untersuchen und das Beispiel insofern variieren, als wir annehmen, eine einzige  neue  Unternehmung würde in Konkurrenz mit den alten ein neues Verfahren einführen, z. B. den  Solvay-Prozeß  anstelle des  Leblanc-Verfahrens  in der Sodafabrikation. Nehmen wir also wieder die alten Ziffern. Eine neue Fabrik mit 100 Millionen Mark stehendem Kapital wird errichtet. Sie stellt für 50 Millionen Mark Produkte her, indem wir zuerst annehmen, die Preise bleiben die alten. Die Erfordernis umlaufenden Kapitals ist entsprechend der Verbilligung des Produktionsprozesses 27,5 Millionen Mark (anstatt früher 30 Millionen Mark9. Die Unkosten betragen also 10 Millionen Mark für Amortisationskosten des stehenden Kapitals, 27,5 Millionen Mark für Arbeitslöhne, Rohstoffe usw., zusammen 37,5 Millionen Mark. Ergibt einen Reingewinn von 12,5 Millionen Mark = 9,8% des Kapitals, naturgemäß genau entsprechend unserer früherer Berechnungen.

Nun ist es aber nicht anzunehmen, daß die neue Fabrik zu denselben Preisen wir früher Absatz finden und die alten Produzenten verdrängen wird. Denken wir uns, der Verkaufswert der ganzen Produktioin der Industrie von 200 Millionen Mark verteilt sich auf 20 Millionen Exemplare á 10 Mark, so wird die neue Fabrik vielleicht den Preis auf 9 Mark herabsetzen, um "ins Geschäft zu kommen". Sie verkauft ihre 5 Millionen Stück also für 45 Millionen Mark und ihr Reingewinn stellt sich demnach nur auf 7,5 Millionen Mark, das ist ein Ertrag von noch nicht ganz 6% des Gesamtkapitals von 127,5 Millionen Mark. Nehmen wir an, daß der früher in der Industrie erzielte Ertrag von 7,7% unter Berücksichtigung ihres besonderen Risikos mit dem durchschnittlichen der Volkswirtschaft übereinstimmt, so ergibt sich, daß so billig, zu 9 Mark pro Exemplar, also keinesfalls allgemein verkauft werden darf. Bei einem Preis von 9,5 Mark würde sich nach dem neuen Verfahren der Reingewinn auf 10 Millionen Mark, die Rentabilität auf 7,84%, also etwas über dem früheren Ertrag bei einem Preis von 10 Mark einstellen.

Sehen wir nun zu, wie es den alten Unternehmungen unter diesen Verhältnissen ergeht. Gelingt es der neuen Fabrik, den ihrem Kapital entsprechenden Absatz von 5 Millionen Stück an sich zu reißen, so bleibt für jene noch eine Produktion von 15 Millionen Stück, die sie - wollen wir zunächst annehmen - zum alten Preis von 10 Mark pro Stück verkaufen können. Sie haben also neben dem alten stehenden Kapital von 400 Millionen Mark jetzt ¼ weniger umlaufendes Kapital aufzuwenden, 90 Millionen Mark, also ein Gesamtkapital von 490 Millionen Mark zu verzinsen. Die Unkosten betragen demnach im ersten Jahr 90 + 40 Millionen Mark = 130 Millionen Mark. Der Bruttogewinn beträgt 150 Millionen Mark, bleibt ein Reingewinn von 20 Millionen Mark, das sind nur 4%. Dieser Betrag erhöht sich dann allerdings schnell, wenn bei der Amortisation das neue Verfahren allmählich eingeführt wird, und erreicht nach 10 Jahren die größte Höhe von 9,8%. Ist das aber, wie wir annehmen wollen, nicht möglich, weil die Anwendung des Verfahrens eine ganz neue Fabrik erfordert, so kann nur das jetzt überflüssige Viertel des stehenden Kapitals zur Abschreibung gebracht werden. Die ältesten Anlagen, ein Viertel des ganzen Bestandes, sind in 2½ Jahren amortisiert. Das Kapital beträgt dann 390 Millionen Mark, die Unkosten sind 90 + 30 Millionen Mark = 120 Millionen Mark, der Reingewinn 30 Millionen Mark. die Dividende würde also immerhin 7,4% erreichen.

Wenn also die alten Fabriken zu 10 Mark pro Stück verkaufen, die neue aber zu 9½ Mark, so würde sich doch erst nach 2½ Jahren der Gesamtertrag der Industrie (30 + 10 Millionen Mark) denjenigen vor Einführung des neuen Verfahrens erreichen.

Sehr viel ungünstiger würde sich naturgemäß die Lage der alten Fabriken und die Rentabilität des ganzen Gewerbes gestalten, wenn sie durch die Konkurrenz der neuen Fabrik gezwungen wären, den Preis ihrer Produkte auch auf 9½ oder gar 9 Mark herabzusetzen. Im ersten Jahr würde der Reingewinn nur 12½ Millionen Mark bzw. gar nur 5 Millionen Mark betragen, der Ertrag wäre in Prozent nur 2,3 bzw. unter 1%, und selbst nach 2½ Jahren wären die höchst erreichbaren Erträge 22½ bzw. 15 Millionen Mark, in Prozent = 5,77 bzw, 3,8 Prozent.

Unsere bisherigen Untersuchungen galten unter der Voraussetzung gleichbleibenden Konsums, weil das die zahlenmäßige Darstellung sehr vereinfacht. Jetzt wollen wir aber noch kurz den Fall einer  Ausdehnung des Konsums  besprechen. Bei einer Herabsetzung des Preises auf 9½ Mark, die, wie wir wissen, für die  neue  Fabrik noch in Betracht kommt, soll eine Absatzsteigerung um ¼ eingetreten sein. Die neue Fabrik kann also entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit 5 Millionen Produkte absetzen, die alten bleiben ebenfalls entsprechend ihrer früheren Leistungsfähigkeit beschäftigt. Der Ertrag der neuen Fabrik beträgt also 10 Millionen Mark = 7,84% auf ihr Gesamtkapital von 127,5 Millionen Mark. Die alten Fabriken aber erzielen naturgemäß die Rentabilität  gleich,  die wir vorher als Endergebnis feststellten, nachdem sie durch eine Amortisation in 2½ Jahren ihr Kapital der verminderten Absatzmöglichkeit angepaßt hatten, nämlich sie verdienen 30 Millionen Mark = 5,77%. Und dabei bleibt es, solange sie nicht auch das neue Verfahren einführen. Geschieht das im Verhältnis der Amortisation ihres Kapitals, so erreichen sie naturgemäß im 11. Jahr auch die bei diesem Preis größte Ertragshöhe von 7,84%.

Was ergibt sich nun aus diesen Berechnungen? Das ist nicht ganz so leicht in Worte zu fassen. Zunächst einmal, daß sich an den früheren Sätzen durch die Ausdehung des Konsums nichts geändert hat. Es ist immer noch  nicht im Sinne größter Wirtschaftlichkeit,  für die Einführung neuer billigerer Produktionsmethoden so viel Kapital zu verwenden,  daß der Gesamtertrag des Unternehmenszweiges den volkswirtschaftlichen Durchschnitt unterschreitet.  Statt gleich eine große Unternehmung mit 100 Millionen Mark stehendem Kapital ins Leben zu rufen, die ¼ der ganzen Produktion der alten Fabriken an sich reißt, wäre es im volkswirtschaftlichen Interesse gewesen, vielleicht 10 von den kleineren Fabriken mit je 4 Millionen Mark stehendem Kapital im ersten Jahr still zu legen und eine neue mit 40 Millionen Mark stehendem Kapital nach dem neuen Verfahren zu bauen. Die jährliche Amortisationsrate der Industrie würde dann diese 10 Fabriken amortisieren. Das freiwerdende Kapital könnte zur Errichtung weiterer Fabriken nach dem neuen Verfahren dienen und so würde progressive die Ersetzung des alten Kapitals durch das neue vor sich gehen.

In Wahrheit vollzieht sich ja der Umwandlungsprozeß in der Regel nicht in dieser Weise, weil die Amortisationen, die eine einzelne Fabrik vornimmt, nicht auf eine andere übertragen zu werden pflegen, um diese stillzulegen. Doch kommt heute im Zeitalter der Kartelle auch derartiges vor, indem die kartellierten Unternehmungen Fonds ansammeln, um die am ungünstigsten arbeitenden Fabriken stillzulegen. Nichts anderes als eine Apassung an diese theoretischen Grundsätze ist auch die bekannte Vereinbarung des Internationalen Kartells der  Fleischfabrikanten,  die einen Fonds von 12 Millionen Mark zum Ankauf der  Owenschen Patente einer Flaschenblasmaschine  aufbrachten, in der Absicht, die allmähliche Ersetzung der alten Einrichtungen durch die neuen (hier namentlich auch mit Rücksicht auf die Arbeiter)  sich nicht zu schnell,  vielmehr  nach einem einheitlichen Plan  vollziehen zu lassen. Da die Arbeiter dieser Industrie, die durch die neuen Maschinen entbehrlich werden, nicht ohne weiteres in andere Berufe übergehen können, müssen sie auch gewissermaßen amortisiert werden. Denn es liegt auch hier - und aus ganz den gleichen Gründen - nicht im Interesse der Volkswirtschaft, daß infolge der Ersetzung des alten Kapitals durch neues große Arbeitermassen ihr Einkommen verlieren und kaufunfähig werden. Bei der Einführung der neuen Maschinen werden die Fabriken im allgemeinen nach den hier erörterten theoretischen Grundsätzen verfahren haben.

Bei freier Konkurrenz vollzieht sich allerdings der Vorgang der Kapitalersetzung durch neue billiger arbeitende Produktionsmittel insofern etwas anders als in unserem Beispiel, da ja  nicht alle Unternehmen die gleiche Rentabilität  aufweisen werden, wie wir es zwecks Vereinfachung unserer Rechnung bisher angenommen haben. Einige werden sich stets über dem Durchschnitt, andere unter dem Durchschnitt oder zeitweise selbst gar nicht rentieren. Diese können natürlich mit einer geringeren Einbuße am Gesamtertrag stillgelegt werden, da sie schon vorher den Gesamtertrag herabdrückten. Auch pflegt das Kapital dieser Unternehmen, wenn es auch bei ihnen selbst wegen ungenügender Abschreibungen oft zu hoch zu Buche steht, doch volkswirtschaftlich entsprechend ihrem Ertrag nur niedrig bewertet werden. Infolgedessen vollzieht sich in der Praxis die Ersetzung weniger rentabler oder unrentabler Unternehmungen durch neue, mit billigeren Produktionsmitteln ausgerüstete oft sehr viel leichter und schneller, als es nach unseren Rechnungen erscheint. Das ist aber in der Praxis im einzelnen Fall verschieden und von den Verhältnissen der betreffenden Industrie abhängig. In solchen Industriezweigen, in denen sich Erfindungen und Verbesserungen heute ganz besonders schnell folgen, wie z. B. in der chemischen Industrie, spielt der fortwährende Ersatz alten Kapitals durch neues eine sehr große Rolle. Interessante Anhaltspunkte dafür, welche Verschiedenheiten in dieser Hinsicht vorkommen, gewähren die Abschreibungen, die bei Aktiengesellschaften in den verschiedenen Industriezweigen für notwendig gehalten werden. Man vergleiche z. B. die Jahresberichte von elektrochemischen Fabriken mit solchen von Zement- und Schamottefabriken.

Ob also  alle  Unternehmungen einen Teil ihres Kapitals durch neues ersetzen oder ob ganz neue Unternehmungen gegründet und andere ausgeschaltet werden, das bleibt für die Frage der volkswirtschaftlichen Produktivität gleichgültig. Die größter Förderung des Volkswohlstandes ist immer gewahrt, solange die Gesamterträge eines Unternehmenszweiges nicht unter die durchschnittlichen gehen, und die Zuführung neuen Kapitals ist solange produktiv, wie diese Wirkung nicht eintritt. Wird dabei altes Kapital durch neues ersetzt, so muß die Vernichtung des ersteren, soweit das nicht durch die der regulären Abnutzung entsprechende Amortisation erfolgt, durch die höheren Gewinne des neuen insofern ausgeglichen werden, daß die Ertragshöhe, auf das gesamte Kapital berechnet, die gleiche bleibt. Geschieht das nicht, so ist über diesen Punkt hinaus die neue Kapitalvermehrung zumindest zunächst nicht im Sinne höchster Wirtschaftlichkeit verwendet. Das kann dann nur durch eine fortschreitende Amortisation des alten Kapitals allmählich ausgeglichen werden. Auch die Ausdehnung des Absatzes ist vom volkswirtschaftlichen Standpunkt natürlich nur solange produktiv, als der Gesamtertrag dadurch nicht unter den durchschnittlichen fällt. Bleibt sie innerhalb dieser Grenze, so kann sie die Einführung neuer Produktionsmethoden und die Ersetzung des alten Kapitals ebenso beschleunigen und erleichtern wie eine Erhöhung der Gewinne. Die Möglichkeit der Ersetzung alten Kapitals durch neues, billiger arbeitendes, ist also von drei Faktoren abhängig:  Größe der Amortisation des alten Kapitals; Größe der Gewinne des neuen; Ausdehnungsmöglichkeit des Absatzes.  Je größer diese Faktoren sind, umso schneller kommt die Volkswirtschaft auf dem wirtschaftlichen Weg in den Genuß der Vorteile neuer Kapitalaufwendungen.


Aus unseren Erörterungen ergibt sich für die Frage der Überproduktion oder Überkapitalisierung folgendes:
    1. Eine Überkapitalisierung ist immer dann vorhanden, wenn der Ertrag neu der Volkswirtschaft zugeführten Kapitals geringer wird als der vorher durchschnittlich in der Volkswirtschaft erzielte. Hierbei ist also von der Annahme ausgegangen, daß sich vorher ine Kapitalbildung und Konsum im richtigen Verhältnis befunden haben. Dieses bestimmt sich aufgrund unserer früheren Erörterungen, wonach die ungefähre Gleichheit der Grenzkapitalerträge aller Wirtschaftszweige dafür in Betracht kommt.

    2. Ein Spezialfall des allgemeinen Satzes: Wird neues Kapital zum  Ersatz  von altem benutzt, so ist seine Verwendung produktiv, wenn der erzielte Gesamtertrag des gesamten Gewerbes über den bisher erzielten hinausgeht. Überkapitalisierung dagegen ist vorhanden, wenn und solange der Gesamtertrag hinter dem früher erzielten oder dem durchschnittlich in der Volkswirtschaft erzielten zurückbleibt.
Daraus ergibt sich, daß  eine Überkapitalisierung gerade dann am leichtesten möglich ist, wo sie von Manteuffel für ausgeschlossen erachtet: bei der Ersetzung alten Kapitals durch neues.  Denn es ist klar, daß in diesem Fall die Tendenz des Ausgleichs der Grenzerträge immer dann versagen wird, wenn es sich nicht um Vorhänge  innerhalb  der einzelnen Unternehmung: die Ersetzung eines Teils der Maschinen durch andere, billiger arbeitende, sondern um eine Verdrängung  ganzer Unternehmungen durch andere handelt. Da auch hier der einzelne Unternehmer nur seinen privaten Vorteil sucht, kann die Verdrängung bestehender Unternehmungen durch neue, obwohl diese ansich produktiver sind, doch schneller erfolgen, als wenigstens dem momentanen Interesse des Volkswohlstandes entspricht.  Auf eine längere Reihe von Jahren müssen natürlich die momentan erlittenen Kapitalverluste durch die erzielten größeren Kapitalgewinne ausgeglichen und übertroffen werden.  Im ganzen aber hat die Volkswirtschaft kein Interesse daran, daß die Verdrängung von altem durch neues ansich produktiveres Kapital schneller erfolgt, als der fortschreitenden Amortisation durch die größeren Gewinne des letzteren entspricht. 

Es ist übrigens zu betonen, daß, auch wenn es sich nicht um die Anwendung neuer billigerer Produktionsmethoden handelt, das privatwirtschaftliche Rentabilitätsinteresse doch volkswirtschaftlich zu einer Überkapitalisierung führen kann. Das zeigt sich z. B. im Kohlenbergbau, wo die Felderbesitzer ihre Kohlenfelder möglichst schnell zu erschließen trachten und auch schon bestehende Unternehmungen immer wieder neue Schächte niederbringen. Allerdings ist das hauptsächlich durch die heutigen Monopolorganisationen verursacht worden. Früher, als noch freie Konkurrenz herrschte und die Erträge im Kohlenbergbau im allgemeinen sehr gering waren, dachte niemand daran, in der heutigen Weise fortgesetzt die Produktion zu vergrößern. In der Tat ist es natürlich heute hauptsächlich die durch die Kartelle gewährleistete höhere Rentabilität, welche die stete Ausdehnung der Produktionsmöglichkeit und die fortgesetzte Anlage neuer Zechen herbeiführt. Dabei spielen aber spekulative Gesichtspunkte eine große Rolle. Jeder hofft, auf seinen Feldern günstige Aufschlüsse zu machen und mit besonders geringen Kosten fördern zu können. Da jeder so denkt, entstehen immer neue Unternehmungen, und so kommt es volkswirtschaftlich zu einer Überkapitalisierung, wie wir sie am stärksten in der  Kali-Industrie  beobachten können. Hier brauchte noch weniger als sonst auf die tatsächliche Marktlage und die Absatzmöglichkeit Rücksicht genommen zu werden, weil das staatliche Zwangssyndikat und die staatlich festgelegten Preise viel mehr als private Monopole die Ertragserwartungen sicherstellen.

In der Eisenindustrie wirken bei den gewaltigen Vergrößerungen ebenfalls die erwähnten Momente monopolistischer Natur mit. Dazu kommen aber die technischen Fortschritte, mittels deren jedes neu angelegte Werk den älteren überlegen zu sein hofft. Hier ist also die Vernichtung alten Kapitals durch neues, billiger produzierendes besonders deutlich zu beobachten.


VI. Ergebnisse meiner Theorie

1. Das Krisenproblem

Ich glaube, damit weit über das soviel erörterte Problem der Überproduktion und Überkapitalisierung Klarheit geschaffen zu haben. Wenn wir versuchen, die Fälle, in denen eine Überkapitalisierung in der Volkswirtschaft möglich ist, systematisch zusammenzustellen, so ergibt sich folgendes:

1. Überkapitalisierung kann entstehen, ohne daß überhaupt neues Kapital einem Unternehmenszweig zugeführt wurde, wegen Bedarfsveränderungen und dadurch herbeigeführten Sinkens der Nachfrage. Es fällt dann in dem betreffenden Unternehmenszweig der Ertrag einer größeren Zahl von Unternehmungen unter den "volkswirtschaftlichen Grenzertrag", d. h. weniger scharf theoretisch formuliert, auf eine Grenze, die im allgemeinen nicht mehr als ein genügendes Entgelt für die tauschwirtschaftliche Tätigkeit angesehen wird. Wenn sich nicht, wie es bei Mode-Industrien häufig ist, die Nachfrage nach einiger Zeit wieder den betreffenden Produkten zuwendet, ist ein Ausgleich zwischen Kapitalerfordernis und Kapitalvorrat nur möglich durch ein allmähliches Eingehen der schwächsten Unternehmungen. In der Regel ist auch eine teilweise Verwendung des vorhandenen Kapitals für andere Produktionszweige möglich.

2.Überkapitalisierung entsteht infolge des Irrtums der Kapitalisten und Unternehmer über das Kapitalerfordernis in einem Unternehmenszweig, d. h. also über die  Zunahme  des Bedarfs nach Genußgütern, die durch jenes hergestellt werden sollen. Das Zeichen dafür ist wiederum eine ungünstige Rentabilität des größeren Teils der Unternehmen. Die Überkapitalisierung kann vorhanden sein selbst dann, wenn die zuletzt investierten Kapitalmengen sich besser rentieren.

Nur ein Spezialfall hiervon ist es, was von manchen neuerdings als ein Hauptgrund der Krisen bezeichnet wird, der Fall des sogenannten  "reproduktiven Konsums".  Eine vermehrte Nachfrage nach Genußgütern führt zu einer solchen nach gewissen Kapitalgütern, z. B. Maschinen. Infolgedessen dehnen sich die Produktionsmittelindustrien, z. B. Maschinenfabriken, aus. Diese können nun  dauernd  mehr Maschinen erzeugen, während die gestiegene Nachfrage nach Genußgütern für längere Zeit durch die einmalige Anschaffung solcher Maschinen befriedigt werden kann. So entsteht also leicht eine Überkapitalisierung in den Produktionsmittelindustrien, weil sie die tatsächlich nur einmalige, jedenfalls nicht dauernde Nachfrage nach ihren Produkten als eine dauernde ansehen. Aber es ist hier doch schon nicht mehr ganz allein der Irrtum der Unternehmer über die Intensität und den Umfang der Nachfrage, der zur Überkapitalisierung führt, sondern es spielen hier schon technische Umstände mit hinein, daß eben, auch um eine einmalige größere Nachfrage nach Maschinen zu befriedigen, die Maschinenfabriken technisch so ausgedehnt werden mußten, daß sie  dauernd  mehr Maschinen liefern könnten. Die Nachfrage ist oft sprunghaft, sie will nicht warten, bis allmählich die neuen Produktionsmittel zur Beschaffung weiterer Genußgüter hergestellt werden. Sie bietet heute den Produktionsmittelindustrien einen höheren Ertrag. Immerhin bleibt es ein Irrtum und eine Kurzsichtigkeit der Unternehmer z. B. der Maschinenindustrie, daß sie die Einmaligkeit der Nachfrage nicht erkennen oder nicht genügend beachten, sondern ihre Anlagen gleich so vergrößern, daß sie dauernd mehr Maschinen liefern können. Dazu trägt aber auch viel die Konkurrenz untereinander bei, die sie verhindert, die Nachfrage langsamer zu befriedigen, und dadurch, daß die Konkurrenz hier ebenfalls als Regulator wirkt, hängt dieser Fall eng mit dem folgenden Fundamentalgrund der Überkapitalisation zusammen.

3.  Der Hauptgrund der Überkapitalisation ist der oben näher ausgeführte.  Er beruth auf dem Zusammentreffen besonderer technischer Verhältnisse mit den eigenartigen Organisationsprinzipien des Tauschverkehrs, nämlich darauf,  daß der technische Fortschritt, die Anwendung einer billigeren Produktionsmethode für den Unternehmer, der damit zuerst in einem Wirtschaftszweig beginnt, immer lohnend ist und ihm ein Übergewicht im Konkurrenzkampf mit den übrigen gewährt.  Das gilt vor allem, eine entsprechende geschäftliche Verwertung vorausgesetzt, für diejenigen, die unter Anwendung des technischen Fortschritts  neu in den Erwerbszweig eintreten.  Aber auch diejenigen der bisherigen Unternehmer, die solche Verbesserungen  zuerst  anwenden, werden, wenn sie natürlich neben den neu investierten Kapitalien auch noch das alte zu verzinsen haben, regelmäßig davon einen Vorteil haben. Daher das allgemeine Streben nach technischen Verbesserungen bei allen Unternehmern in der auf dem Ertragsprinzip und der freien Konkurrenz beruhenden Organisation der Bedarfsversorgung. Dieses Streben macht sich aber sowohl in der Einzelwirtschaft wie in der gesamten Volkswirtschaft umso ungünstiger geltend, je mehr dadurch alte Produktionsmittel, ohne schon entsprechend der regulären Benutzung amortisiert zu sein, durch die neueren außer Gebrauch gesetzt und ausgeschaltet werden. Da diese Kapitalien, zumindest volkswirtschaftlich, noch nicht amortisiert sind, muß der Gesamtertrag auf sie mit berechnet werden und kann dadurch unter den früheren und unter den volkswirtschaftlichen Grenzertrag fallen. Die Volkswirtschaft hat also kein Interesse daran, daß die Ersetzung alten Kapitals durch neues, ansich billiger arbeitendes, so schnell erfolgt, daß dadurch der Ertrag des größten Teils oder gar der Gesamtertrag der Industrie, wenn auch nur vorübergehend, unter den volkswirtschaftlichen Grenzertrag hinabgedrückt wird.

Es ergibt sich daraus folgendes: Wenn auch das billigere Produktionsverfahren, längere Zeiträume in Betracht gezogen, natürlich schließlich den größten Gesamtertrag liefern muß, so kommt es doch für die Volkswirtschaft ganz besonders darauf an,  momentan eine zu starke Vernichtung vorhandener Kapitalien durch investierte neue zu verhindern.  Abgesehen davon, daß solche Kapitalumwälzungen oft tiefgreifende soziale Veränderungen, z. B. in den Arbeiterverhältnissen oder auch in den Standorten des Gewerbes, zur Folge haben, ist aber der Hauptpunkt, in dem sich dieser dritte Fall der Überkapitalisierung von den beiden anderen unterscheidet, der,  daß hier das Interesse privatwirtschaftlicher Rentabilität und das volkswirtschaftliche Interesse größter Wohlstandsförderung auseinandergehen. 

Hier liegt die große Wichtigkeit der Unterscheidung, ob das ersparte Einkommen zur Erweiterung des vorhandenen Kapitals, zur Ausdehnung der Produktion entsprechend der Steigerung des Bedarfs dient oder ob es nur vorhandenes Kapital  ersetzt  und damit von einer  Kapitalvernichtung  begleitet ist.  Im ersten Fall wird das privatwirtschaftliche Interesse größter Rentabilität,  freie Konkurrenz vorausgesetzt und, sofern sich die Unternehmer nicht in der Beurteilung der volkswirtschaftlichen Verhältnisse irren, aufgrund der Tendenz zum Ausgleich der Erträge auch zur größten volkswirtschaftlichen Wohlstandsförderung führen. Im zweiten Fall kann das Interesse der Kapitalisten an möglichst hohem Ertrag dahin führen, neue billigere Produktionsmethoden schneller zur Anwendung zu bringen, als der natürlichen Amortisation des vorhandenen Kapitals entspricht. Daß dies wenigstens zeitweise dem Prinzip größter volkswirtschaftlicher Wohlstandsförderung widerspricht, haben wir gesehen und ebenso, daß die Verletzung dieses Prinzips vermieden werden könnte, wenn die Ersetzung des alten Kapitals durch neues dem Verbrauch und der Amortisation des ersteren angepaßt würde.

Wir kommen also zu dem sowohl für das Verständnis des volkswirtschaftlichen Lebens als auch für die Theorie bemerkenswerten Ergebnis, daß selbst bei vollkommener Kenntnis der volkswirtschaftlichen Verhältnisse und wenn alle Einzelwirtschaften für sich vollkommen dem Streben nach dem höchsten Ertrag folgen, eine Überkapitalisierung doch möglich ist. Sie ist möglich, weil bei der Ersetzung alter Produktionsmittel durch neue, billiger produzierende die Interessen der neuen, diese verwendenden Unternehmer mit denen der alten und der im Gleichgewichtszustand befindlichen Volkswirtschaft in Konflikt geraten. Es ist der einzige Fall, wo, selbst bei einem Vorhandensein aller Voraussetzungen, die die Theorie anzunehmen hat, also  selbst bei vollkommen freier Konkurrenz und völliger Einsicht in die wirtschaftlichen Verhältnisse, das Streben der Einzelwirtschaft nach größtem Gewinn und das volkswirtschaftliche Interesse größter Wohlstandsförderung auseinandergehen können.  Es ist also tatsächlich eine Art Konstruktionsfehler der Tauschwirtschaft, den wir hier aufgedeckt haben. Während sonst bei völlig freier Konkurrenz ein vollkommener Ausgleich der Grenzerträge stattfinden muß, und wenn eine volle Einsicht in die wirtschaftlichen Verhältnisse besteht, auch Grenzkonsum- und Grenzkapitalerträge ungefähr gleich hoch sein müssen, kann das Aufkommen billigerer Produktionsmethoden bewirken, daß gerade aus dem Streben aller Wirtschafter nach größtem Vorteil dieser theoretische Ausgleich gestört wird. Allerdings liegt auch dabei wieder, wie wir schon sahen, eine automatische Selbstregulierung vor, insofern als, je höher die mit dem neuen Verfahrn zu erzielenden Gewinne sind, ums schneller auch der Ausgleich erfolgt.

Das Endergebnis solcher Produktionsverbilligungen muß natürlich immer sein, daß der volkswirtschaftliche Grenzertrag, sowohl der durchschnittliche Grenzkonsumertrag als auch der Grenzkapitalertrag, herabgedrückt wird, was nur ein anderer Ausdruck für eine vollkommenere volkswirtschaftliche Bedarfsbefriedigung ist. Daß in diesem Fall trotz voller Einsicht in die Lage von Angebot und Nachfrage eine Erschütterung des Gleichgewichts zwischen Konsum und tauschwirtschaftlicher Bedarfsversorgung eintreten kann, ist gewissermaßen der Preis, um den die Menschheit den technischen Fortschritt und damit vollkommener Bedarfsbefriedigung erkaufen muß.

Das ist meines Erachtens der einzige Fall, wo auch theoretisch eine Überkapitalisierung möglich ist, und in dieser Weise glaube ich die alte Streitfrage nach der Möglichkeit einer Überproduktion und Überkapitalisierung entscheiden zu können.

Natürlich kann diese Überproduktion und Überkapitalisierung keine "allgemeine" sein in dem Sinne, daß nun von allen Waren oder von allen Kapitalgütern zuviel hergestellt würde. Die bisherige Krisentheorie fragte immer nach der Möglichkeit einer "allgemeinen" Überproduktion. Wir haben aber gesehen, daß eine Überkapitalisierung immer dann vorhanden ist, wenn überhaupt mehr Einkommen statt zum Konsum zur Kapitalbildung verwendet wird, als dem Prinzip des Ausgleichs der Erträge, das mit dem größter Wirtschaftlichkeit identisch ist, entspricht. In welche und wieviele Unternehmenszweige sich dann dieses zuviel gesparte Kapital wendet, ist für die Theorie gleichgültig. Die Beweglichkeit des heutigen Anlagekapitals ermöglicht die Verwendung für die verschiedensten Zwecke. Es wird natürlich vor allem dahin strömen, wo neue Produktionsmethoden dem neuen Unternehmen einen größeren Gewinn in Aussicht stellen und kann dann  dort  zu einer übermäßigen Kapitalanlage führen, die aber das Gleichgewicht der  ganzen  Volkswirtschaft stören können. Je schneller und allgemeiner der technische Fortschritt ist, umso leichter kann eine Überkapitalisierung in sehr zahlreichen Unternehmenszweigen eintreten. Die größeren Wirtschaftskrisen können meines Erachtens hauptsächlich auf diesen Punkt zurückgeführt werden, sie fallen daher auch mit einer übermäßigen Ausdehnung der Eisenbahnen, der Montan- und der elektrischen Industrie zusammen.

In diesem Konstruktionsfehler des tauschwirtschaftlichen Mechanismus, den wir hier aufgedeckt haben, der Inkongruenz von privatwirtschaftlicher Rentabilität und dem volkswirtschaftlich zweckmäßigen Grad der Kapitalbildung unter dem Einfluß technischer Fortschritte, wie wir kurz den Vorgang bezeichnen können, liegt meines Erachtens die tiefste Grundlage für die Erklärung des Krisenproblems. Man hat sich seit langem und in neuerer Zeit wieder besonders lebhaft mit der Lehre von den Konjunkturschwankungen beschäftigt und versucht sie zu vervollkommnen. Man hat auch zweifellos Fortschritte gemacht. Die Ausführungen von LEXIS in seiner "Allgemeinen Volkswirtschaftslehre" und SPIETHOFFs Bemerkungen, namentlich hinsichtlich der Bedeutung des mobilen Kapitals, enthalten in der Hauptsache durchaus zutreffende Darstellungen, wie der tauschwirtschaftliche Mechanismus bei Konjunkturschwankungen funktioniert. Aber eine eigentliche  Theorie  der Krisen liefert sie nicht, keine wirkliche Analyse, keine Zerlegung und Zergliederung des Krisenproblems in seinem letzten und wesentlichsten Ursachen. Namentlich SPIETHOFF sucht seine Aufgabe, getreu dem Charakter der historischen Schule, in einer Aufzählung und Nebeneinanderstellung aller möglichen, auch weniger wichtigen und wesentlichen Momente. Es ist selbstverständlich, daß sich die volkswirtschaftliche Erscheinung der Krisen nicht auf eine einzige Ursache zurückführen läßt. Die Unterscheidung und Beschreibung der tatsächlichen zahlreichen Krisengründe bleibt daher immer eine wichtige Aufgabe, und ich erkenne durchaus an, was in neuerer Zeit in dieser Hinsicht geleistet wurde. Aber die theoretische Nationalökonomie muß versuchen, auch die Krisen, zweifellos eine der komplexesten Erscheinungen des Wirtschaftslebens, in eine scharfe systematische Darstellung des tauschwirtschaftlichen Mechanismus hineinzuziehen, die ihre letzte Aufgabe ist. Von diesem Standpunkt aus gibt es unter all den zahlreichen Krisengründen nur einen einzigen, der bis ins innerste Wesen der ganzen tauschwirtschaftlichen Organisation zurückführt, nur einen, der auch beim denkbar vollkommensten Gang dieses Mechanismus möglich bleibt und den man daher als einen Konstruktionsfehler des tauschwirtschaftlichen Mechanismus bezeichnen kann: das ist die Inkongruenz zwischen dem technischen Fortschritt bzw. der von ihm bewirkten Verbilligung der Produktionskosten und der Kapitalamortisation in der Volkswirtschaft. Der volkswirtscahftliche Nutzen neuer billigerer Produktionsmethoden findet seine Grenze in der Kapitalvernichtung, die dadurch herbeigeführt wird.


2. Das Problem des
wirtschaftlichen Fortschritts

Über die scharfe theoretische Fundamentierung des Krisenproblems hinaus, auf das ich im Rahmen dieses Aufsatzes nicht näher eingehen möchte, schafft unsere theoretische Untersuchung Klarheit über eine andere, vielerörterte Frage der Volkswirtschaftslehre, die nach der wirtschaftlichen Bedeutung technischer Fortschritte überhaupt. Auch hier ist mit unseren Erörterungen ein neues Gebiet für die sogenannte "exakte" Theorie gewonnen, das eng mit dem Produktivitätsproblem zusammenhängt. Man pflegte bisher jeden technischen Fortschritt als wohlstandsfördernd anzusehen, und namentlich wenn er eine Verbilligung der Produktionskosten ermöglichte, hat man nie daran gezweifelt, daß er im allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse nicht schnell genug eingeführt werden könnte. Jetzt haben wir scharf theoretisch nachgewiesen, daß gerade die möglichst schnelle Einführung zweifellos nicht im Interesse der zweckmäßigsten Bedarfsversorgung ist, daß allerdings die Schnelligkeit, mit der eine billigere Produktionsmethode eingeführt  werden kann,  proportional zu einer Verbilligung der Produktionskosten ist, die sie herbeiführt, daß aber privatwirtschaftlich und volkswirtschaftlich die Amortisation der bisher verwendeten Produktionsmittel zu berücksichtigen ist. Auch hier läßt sich aufgrund unseres auf dem Ertragsbegriff beruhenden theoretischen Systems und mit dem Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge als Hilfsmittel der Erkenntnis des tauschwirtschaftlichen Organismus eine viel klarere Einsicht in gewisse ökonomische Erscheinungen gewinnen, als man sie sich bisher verschaffen konnte.

Man hat in neuester Zeit mehrfach versucht, eine "Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung" aufzustellen und den "wirtschaftlichen Fortschritt" theoretisch zu erfassen. Von den beiden Schriften, die ich im Auge habe (41), bezeichnet sich die eine ausdrücklich als eine  "Theorie  der wirtschaftlichen Entwicklung", die andere will auch den "wirtschaftlichen Fortschritt" theoretisch und systematisch erfassen. Die letztere Schrift ist trotz der "methodologischen Grundlegung", die der Verfasser vorausschickt, ganz überwiegend beschreibend mit sehr schwachen Versuchen einer Systematik. Diese beruth aber nicht im Geringsten auf einer Analyse des wirtschaftlichen Organismus, knüpft also nicht an die Grundlagen der ökonomischen Theorie an, sondern übernimmt einfach die von der beschreibenden Nationalökonomie und Wirtschaftsgeschichte verwendeten, ihrerseits wieder aus dem wirtschaftlichen Leben entnommenen Begriffe. Die technischen Errungenschaften werden nur ganz gelegentlich in drei Zeilen als "außerwirtschaftliche Ursachen des wirtschaftlichen Fortschritts" (Seite 178) erwähnt, das große Problem, das wir hier zum ersten Mal theoretisch zu erfassen versucht haben: die Frage, wie solche technische Verbesserungen als  kostenvermindernd  ökonomisch wirken, wird in diesem Buch über "Das Wesen des wirtschaftlichen Fortschritts" auch nicht einmal andeutungsweise berührt! Ich glaube, das ist auch ein Beweis dafür, wie ungeheuer weit bisher die nationalökonomische Wissenschaft überhaupt vom Gedanken an die Möglichkeit entfernt war, diese Dinge mit nationalökonomischen Theorie zu verknüpfen.

Die erste Schrift ist zwar theoretisch gehalten, in ihren Resultaten aber durchaus unbefriedigend. Man vergleiche den Abschnitt über "Das Wesen der Wirtschaftskrisen" (Seite 414-462) "Die Krisen sind Wendepunkte der wirtschaftlichen Entwicklung." (Seite 425)
    "Die wirtschaftliche Entwicklung erfolgt nicht nach  einem  Gesetz, sondern sie zerfällt in Teile, welche allein ihr einheitliches Gesetz haben. Sie erfolgt gleichsam ruckweise und trägt verschiedene Merkmale in diesen verschiedenen Aufschwungperioden."
Und sein "wesentliches theoretisches Ergebnis", zu dem er schließlich gelangt (Seite 447), ist (gesperrt gedruckt): "Zwischen je zwei Teilentwicklungen liegt ein statischer Zustand der ganzen Volkswirtschaft, in den jede Teilentwicklung ausläuft und aus dem sich alsbald eine neue erhebt." Und weiter, noch zehn Seiten später (Seite 457): "Erstens sehen wir, daß diese Krisen nichts Wesentliches sind in dem Sinne, daß sie sich mit Notwendigkeit aus den Grundlagen der Wirtschaft ergeben würden." (Also ein rein negatives Ergebnis und in einem direkten Gegensatz zu unserem, die wir die Krisen "aus den Grundlagen der Wirtschaft abgeleitet haben!" Da alle Theorie ja nur ein Hilfsmittel ist zur Erkenntnis der Wirklichkeit, kann der Unterschied dessen, was unsere Theorie leistet gegenüber der SCHUMPETERs und der ganzen bisherigen materialistisch-quantitativen Auffassung, auf der diese beruth, wohl kaum besser dokumentiert werden!) SCHUMPETER fährt fort:
    "Zweitens - wenn Krisen tatsächlich eintreten - so ist ihre konkrete Wirkung zwar groß, aber von Fall zu Fall doch sehr verschieden. Und wie groß sie ist, hängt von Umständen ab, die von unserem Standpunkt nur als zufällig betrachtet werden müssen."
Das ist das Resultat, das nennt SCHUMPETER "das Wesen der Wirtschaftskrisen"! Ich glaube, ich kann dieses Resultat für sich selbst sprechen lassen. Das ganze Buch ist nur ein Versuch, die Unterscheidung von Statik und Dynamik auf den Kredit, den Kapitalzins, den Unternehmergewinn, die Krisen usw. anzuwenden. Das Mittel - das ist der eigentliche Gedanken des Buches - ist der bekannte mathematische Kunstgriff, eine Bewegung zu ihrer Erfassung in ihre kleinsten Teile zu zerlegen.

Es ist ganz ausgeschlossen, daß SCHUMPETER, selbst noch irgendein mit allen seinen Erörterungen auch nur im Geringsten eine bessere Einsicht in den Mechanismus der heutigen Tauschwirtschaft gewinnen könnte, und ich möchte wirklich wissen, weshalb der Verfasser die mehrfachen Hinweise darauf, daß diese materialistisch-quantitative Auffassung, die er von den älteren mathematischen Nationalökonomen übernommen hat und die eine fundamentale Verkennung des eigentlichen Wesens wirtschaftlicher Erscheinungen darstellt, geflissentlich ignoriert. Es ist höchst bedauerlich, daß der zweifellos scharfsinnige und vor allem mit einer nicht geringen Darstellungskunst begabte Verfasser nicht merken will, daß er in ein Danaidenfaß schöpft. Es fehlt seinem Lehrgebäude der Boden, die richtige Erkenntnis des Wesens des Wirtschaftlichen, das sich eben  nicht  in einem "Gleichgewicht der Güterquantitäten" erfassen läßt. Es ist vielmehr immer an der Erkenntnis festzuhalten, daß wirtschaftliches Handeln  nicht,  wie SCHUMPETER auf der zweiten Seite seines neuen Buches definiert, das ist, "welches auf Gütererwerb durch Tausch oder durch Produktion gerichtet ist", sondern daß es im  Vergleichen von Nutzen und Kosten  besteht. Die ökonomische Theorie hat es nicht mit  Güterproduktion,  wie die ganze bisherige Auffassung lehrt, sondern mit Nutzen und Kosten zu tun. So kommt man von selbst dazu, den Ertragsbegriff zur Grundlage der Wirtschaftstheorie zu machen und alles Sträuben der bisherigen Theoretiker und alle Versuche, bei ihrer materialistischen Auffassung, ihrem Wertbegriff, ihrer Verteilung- und Zurechnungslehre zu beharren, werden die Ausbreitung dieses Gedankens nicht verhindern können. Wenn man einmal das Wesen des Wirtschaftlichen richtig erkannt hat, ist die weitere Ausgestaltung des theoretischen Systems eine bloße Zweckmäßigkeitsfrage. Ich neige einstweilen zu möglichst scharfen theoretischen Formulierungen, weil ich gefunden habe, daß man damit nicht nur den Mechanismus der Tauschwirtschaft am klarsten erkennt, sondern auch durch eine Kombinierung der Grundgedanken mit anderen Erscheinungen des Wirtschaftslebens die meisten neuen Ideenverbindungen gewinnt. Ich glaube, daß bisher schon unsere Ergebnisse unser Verfahren rechtfertigen.

Kehren wir also zu ihnen zurück. Es ist uns mit unserem theoretischen System gelungen, das Problem des wirtschaftlichen Fortschritts mit den Grundlagen der ökonomischen Theorie zu verknüpfen, zu zeigen, daß selbst in einem theoretisch vollkommenen Zustand der tauschwirtschaftlichen Bedarfsversorgung, d. h. bei freier Konkurrenz und bei völliger Einsicht Aller in die wirtschaftlichen Verhältnisse, der technische Fortschritt, der die Produktionskosten verbilligt und deshalb bisher allgemein und unter allen Umständen auch als ein wirtschaftlicher angesehen wurde, doch, zumindest zeitweise, vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus unproduktiv erscheinen, dem Prinzip einer möglichst vollkommenen Bedarfsversorgung widersprechen kann. Wir haben aber weiter gesehen - und das ist vielleicht noch wichtiger und war nur aufgrund unserer Theorie möglich, - wann und warum  das der Fall ist, wir haben  allgemeine Grenzen  für die volkswirtschaftlich zweckmäßigste Anwendung des technischen Fortschritts festlegen können und sind damit in den Mechanismus der Tauschwirtschaft viel tiefer eingedrungen, als das vorher möglich war.

Es ist klar, daß sich aus unseren Erörterungen noch mancherlei Konsequenzen ableiten lassen, die unter Umständen auch für das praktische Leben von Bedeutung sein können. Man könnte z. B. versuchen, in einem einzelnen Erwerbszweig die Einführung neuer Maschinen oder eines neuen Produktionsverfahrens und ihrer Wirkungen von diesem Standpunkt aus schärfer zu erfassen, sogar vielleicht einmal den Versuch machen, wie wir es hier an einem Beispiel getan haben, mit Zahlen aus dem praktischen Leben die Wirkung der Einführung einer neuen Maschine rechnungsmäßig festzustellen. Am besten würde sich dazu wohl die Einführung der Setzmaschine im Buchdruckgewerbe eignen. Man könnte auch versuchen, die Ausdehnung einer Produktionsmittelindustrie bei einmaliger verstärkter Nachfrage nach Maschinen in einem bestimmten Fall, z. B. Stickereimaschinen, auf dieser Grundlage genauer festzustellen. Auch möchte ich erwähnen, daß unser theoretisches System die Möglichkeit gewährt, noch viel tiefer in das Krisenproblem einzudringen, daß wir z. B. auf seiner Grundlage die heute mehrfach aufgeworfene Frage entscheiden können, ob eine Überkapitalisierung in einer im Fortschreiten (Bevölkerungsvermehrung) befindlichen Volkswirtschaft oder in einer mehr stabilen leichter möglich ist.

Hier soll nur eines der allgemeinsten und wichtigsten Probleme der Nationalökonomie, das sich auf der Grundlage unserer Erörterungen mit den Grunderscheinungen des Wirtschaftslebens verknüpfen läßt, noch kurz besprochen werden,  die Frage der zweckmäßigsten Einkommensverteilung. 


3. Das Problem der besten Einkommensverteilung (42)

Das Problem der besten Einkommensverteilung ist wohl eines derjenigen, die in der bisherigen ökonmischen Wissenschaft am weitesten von einer theoretischen Erfassung entfernt schienen, weil hier Werturteile der verschiedensten Art eine ganz besondere Roll spielen und es daher ebensowenig möglich erschien, dieses Problem mit den Grundlagen der ökonomischen Theorie in eine Beziehung zu setzen wie bei dem des wirtschaftlichen Fortschritts. Wir haben daher hier an einem extremen Beispiel die erwünschte Gelegenheit, wieder einmal zu prüfen, wie weit das Anwendungsgebit unseres theoretischen Systems reicht, dann aber auch, zu zeigen, wie man bei einer Frage, die anscheinend voll von Werturteilen steckt, doch ökonomische Theorie treiben kann, bzw. wie man es anfängt, alle diese Werturteile auszuschalten. Das war ja unsere Methode der Lösung des Produktivitätsproblems, daß wir die nach der bisherigen Auffassung unlöslich damit verbundenen Werturteile ausschalteten, indem wir aus dem bisherigen komparativen Problem - man wollte verschiedene wirtschaftliche Zustände  vergleichen - ein superlatives machten, nach dem Maximum des Volkswohlstandes, bzw. nach der  Organisation der Volkswirtschaft, die es herbeiführt,  fragten.

Bei der Frage der Einkommensverteilung spielen nun Werturteile eine noch viel größere Rolle, infolgedessen ist es schwieriger, sie hier ganz auszuschalten bzw. wenn wir es tun, bleibt ein kleineres Anwendungsgebiet für die theoretische Betrachtung übrig. Daher können unsere Resultate hier nur geringer sein. Immerhin sind sie, wie ich glaube, nicht ganz wertlos, vermitteln auch hier wieder eine klarere Erkenntnis ökonomischer Erscheinungen, als man sie ohne theoretische Behandlung gewinnen könnte. Um die Werturteile bei der theoretischen Beantwortung der Frage nach der zweckmäßigsten Einkommensverteilung auszuscheiden, müssen wir sie als eine  Voraussetzung  vorwegnehmen, genau wie für uns die Wertvorstellungen und Bedarfsempfindungen des einzelnen Wirtschaftsobjektes Voraussetzungen sind, die die ökonomische Theorie als gegeben hinnimmt. Ob diese Voraussetzung zutrifft, ist Ansichtssache; ich will sie hier auch ganz dahingestellt sein lassen. Diese Voraussetzung ist, daß die verschiedenen Berufsklassen innerhalb einer Volkswirtschaft auf einer so verschiedenen kulturellen Stufe stehen, daß die Befriedigung gleich stark empfundener Bedürfnisse erheblich verschiedene Einkommensgrößen erfordert. Mit anderen Worten: wir wollen annehmen, daß die  durchschnittlichen  Einkommen der verschiedenen Berufsklassen nicht erheblich verschiedener sind als die Intensität ihrer Bedürfnisse. Es läßt sich natürlich nicht beweisen, daß ein Fabrikant oder ein hoher Beamter mit 20 000 Mark Einkommen das Bedürfnis nach seiner Villa oder einer eleganten Dienstwohnung, die er bewohnt, ebenso intensiv empfindet wie ein Arbeiter mit 900 Mark Einkommen das Bedürfnis nach den zwei Zimmern, in denen er mit seiner Familie hausen muß. Ebensowenig läßt sich unser Satz in der Form beweisen, daß ein akademisch gebildeter Beamter mit 5000 Mark Gehalt sich ebenso einschränken, ebensoviel Lebensgenuß entbehren muß wie ein Arbeiter mit 1000 Mark Einkommen bei gleicher Familie. Immerhin wird man aber die Voraussetzung machen können, daß eine gewisse Verschiedenheit der Einkommen durch die verschiedenen Kulturstufen der einzelnen Wirtschafter begründet ist, obgleich auch dagegen der Sozialismus, der die Gleichheit der Einkommen verlangt, mit einem gewissen Recht einwenden könnte, daß diese verschiedene Kulturstufe wieder die Folge einer verschiedenen Erziehung ist, die in der Hauptsache auf eine Verschiedenheit des Besitzes der Eltern zurückgeht. Scheidet man nun alle diese Gesichtspunkte aus, so kommt man hinsichtlich des Problems der Einkommensverteilung und Kapitalbildung zu folgendem theoretischen Resultat: Wenn es nicht volkswirtschaftlich und technisch nötig wäre, daß immer neues Kapital gebildet, also dafür gespart würde, wenn vielmehr alles Einkommen zum Konsum verwendet werden könnte, so dürften die Einkommensverschiedenheiten keinesfalls größer sein, als dem Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge entspricht, d. h. die Grenzkonsumerträge aller Wirtschafter müßten gleich hoch sein. Nur dann wäre die vollkommenste Bedarfsversorgung vorhanden. Der Einzelne dürfte also nur entsprechend seinen mannigfaltigeren Bedürfnissen ein höheres Einkommen haben als andere.

Da aber nun im größten Umfang eine Kapitalbildung nötig ist, ergibt sich, daß theoretisch  sehr große Einkommensverschiedenheiten vorhanden sein können, ohne das Prinzip vollkommenster Bedarfsversorgung zu beeinträchtigen.  Wenn nur das Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge bei allen Wirtschaften gewahrt ist, also alle gleich hohe Grenzkomsumerträge erzielen, kann immer weiter Kapital gebildet, die Bedarfsversorgung mit seiner Hilfe immer weiter ausgestaltet werden. Die größten Einkommensverschiedenheiten machen dabei nichts aus, wenn der Ausgleich der Grenzkonsumerträge gewahrt bleibt.

Machen wir uns das noch an einem theoretisch-extremen Beispiel klar: In einer Volkswirtschaft von 1 Million Menschen hat jeder mit Ausnahme eines einzigen ein Einkommen von 1000 Mark jährlich. Es kann in dieser Volkswirtschaft 100 Millionen Mark neues Kapital jährlich gebildet werden, und ein einziger hat 100 Millionen Mark Einkommen. Ihm gehören also offenbar alle Produktionsmittel. Theoretisch ist die Bedarfsbefriedigung nicht vollkommener möglich, ob ein einzelner diese 100 Millionen Mark jählich "spart" oder jeder 100 Mark. Praktisch ist das freilich nicht gleichgültig, aber aus einem Grund, der mit dem Problem einer gleichmäßigen Einkommensverteilung gar nichts zu tun hat, sondern nur auf der Art des Einkommens beruth. Denn jene 100 Millionen Mark sind Kapitaleinkommen, d. h. es beruth auf einem Sachgüter-, einem Produktionsmittelbesitz, und wenn die 1 Million Einwohner von ihrem Einkommen von 1000 Mark einen Teil davon sparen könnten, würden  sie  anstelle jenes einzigen Kapitalbesitzers schließlich die Produktionsmittel in die Hand bekommen.

Jedenfalls sehen wir:  daß  der Besitz der Produktionsmittel in wenigen Händen ist, beeinflußt unter der Voraussetzung, daß auch so jeder Wirtschafter ebensogut nach seinen Fähigkeiten beschäftigt werden kann, als wenn er selbst im Besitz von Produktionsmitteln wäre - und diese Voraussetzung wird heute zutreffen - die zweckmäßigste Einkommensverteilung und Bedarfsversorgung nicht.  Es kann nicht mehr Bedarf befriedigt werden, ob ein einzelner spart oder die Gesamtheit. Wenn nurdas Verhältnis von Kapitalbildung und Konsum das Richtige ist, bleibt es sich für die Bedarfsversorgung gleich, ob ein einzelner spart oder viele. Dieses "richtige" Verhältnis von Kapitalbildung und Konsum dokumentiert sich aber im Ausgleich der Grenzerträge. Solange die Grenzkonsumerträge von Sparenden und Nichtsparenden gleich hoch sind, solange - das ist die theoretische scharfe Formulierung des idealen Gleichgewichtszustandes einer Volkswirtschaft unter Berücksichtung des Moments der Kapitalbildung - ist die vollkommenste Bedarfsversorgung gewährleistet. Allerdings - das sei nochmals betont - läßt sich praktisch nicht feststellen, wie weit eine Volkswirtschaft, und sei sie noch so klein, diesem Idealzustand nachkommt. Denn der Grenzkonsumertrag jedes Wirtschafters ist nicht meßbar. Er ist etwas ganz Individuelles. Die Grenzkonsumerträge verschiedener Wirtschafter sind daher nicht vergleichbar. Nur bei den Wirtschaftern, die Kapital bilden, kann man - ich hoffe, die Leser haben sich das allmählich klargemacht - behaupten, daß ihre Grenzkonsumerträge dem volkswirtschaftlichen Grenzkapitalertrag ungefähr gleichkommen werden. Nur in diesem Fall treten bei einem Wirtschaftssubjekt seine innerlich vorgenommenen Nutzen- und Ertragsschätzungen nach außen in Erscheinung. Nur bei den Leuten, welche sparen, können wir daher behaupten, daß, soweit sie in Betracht kommen, der Ausgleich der Grenzerträge in der ganzen Volkswirtschaft gewahrt ist. Je mehr Leute daher kein Kapital bilden, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß bei einem Teil von ihnen die Grenzkonsumerträge erheblich höher liegen als der Grenzkonsumertrag der Sparenden, der mit dem volkswirtschaftlichen Grenzertrag identisch ist. Da nun heute ein sehr großer Teil der Bevölkerung kein Kapital bildet - bei denjenigen Leuten, die zwecks Vermögensbildung sparen, kommt ja der volkswirtschaftliche Grenzertrag nicht in Betracht -, so ist es sicher, daß die Einkommensverteilung doch erheblich größere Unterschiede aufweist, als dem Prinzip vollkommenster Bedarfsversorgung, das durch den Ausgleich der Grenzerträge dokumentiert wird, entspricht. So läßt die Tatsache, daß weite Bevölkerungskreise nicht daran denken, Kapital zu bilden, den Schluß zu, daß die Verschiedenheit der Einkommen, obgleich sie ansich, der Notwendigkeit der Kapitalbildung wegen, der vollkommensten Bedarfsbefriedigung Aller nicht im Wege steht, doch größer ist als diesem Ziel entspricht.

Damit dürfte, soviel sich auch darüber noch sagen ließe, auch für dieses Problem theoretisch Klarheit geschaffen sein, und es sei ganz kurz noch auf ein weiteres eingegangen, das damit in einem engen Zusammenhang steht. Es ist die Frage nach der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Luxus, die auch seit Jahrhunderten unendlich oft erörtert wurde, über die aber heute noch, wie die neueste Literatur zeigt, die allergrößten Unklarheiten bestehen. Es ergibt sich aus unseren Erörterungen zunächst, daß der privatwirtschaftliche Begriff der Verschwendung vom volkswirtschaftlichen des Luxus zu unterscheiden ist. In beiden Fällen sind natürlich wiederum alle Werturteile auszuschalten.  Privatwirtschaftlich liegt Verschwendung immer dann vor, wenn jemand ein Bedürfnis bis zu einem solchen Grad der Sättigung befriedigt, daß der mit der letzten Teilquantität erzielte Ertrag unter seinen allgemeinen Grenzkonsumertrag fällt.  Der Ausgleich der Grenzerträge, die die vollkommenste Bedarfsbefriedigung bedeutet, ist dann nicht gewahrt. Das ist vom Standpunkt der ökonomischen Theorie, des  homo oeconomicus,  Verschwendung. Dieser privatwirtschaftliche Begriff der Verschwendung geht nun in den volkswirtschaftlichen des  Luxus  über,  wenn ein Wirtschafter die Befriedigung eines Bedürfnisses bis weit unter den volkswirtschaftlichen Grenzertrag fortsetzt.  Das läßt sich aber, wie wir wissen, nicht feststellen, weil sein Grenzkonsumertrag in jedem Fall etwas ganz Individuelles ist und nie mit Bestimmtheit gesagt werden kann, ob jemand nicht doch das Prinzip des Ausgleichs der Grenzerträge gewahrt hat. Ob ein Konsum in einzelnen Fall Luxus oder Verschwendung ist, läßt sich daher ebensowenig feststellen, wie die Produktivität eines einzelnen Unternehmenszweiges. Im praktischen Leben wird man die Frage freilich manchmal mit Wahrscheinlichkeit entscheiden können aufgrund von Vergleichen mit dem Konsum anderer Wirtschaftssubjekte, wobei es aber ohne Werturteile natürlich nicht abgeht. Wenn, um das klassische Beispiel zu gebrauchen, ein reicher Mann mit Getreide seine Papageien füttert, während eine allgemeine Teuerung herrscht, so ist anzunehmen, daß sein Grenzkonsumertrag, den er mit dieser Verwendung von Getreide, also dem Halten von Papageien erzielt, sehr viel niedriger ist als der allgemeine volkswirtschaftliche Grenzertrag, der Ausgleich der Grenzerträge also nicht gewahrt ist. Er hätte viel weniger Getreide kaufen und das dafür verwendete Einkommen Kapital werden lassen müssen, das dann vermutlich durch eine Vermehrung der Getreideproduktion jenen Bedürfnissen zugute gekommen wäre. Wo jemand Einkommensteile zum Konsum verwendet, die ihm offenbar ein so geringes Bedürfnis befriedigen, daß der Ertrag unter dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Grenzertrag liegt, da kann man von Verschwendung und Luxus sprechen, und es ergibt sich, daß sie dem Prinzip vollkommenster Bedarfsversorgung entgegen sind.

Wir erkennen daraus, daß es keinen Unterschied ausmacht, ob ein solcher Konsum sich auf Genußgüter erstreckt, die von anderen mit einem größeren Ertrag hätten konsumiert werden können oder ob er sich auf Güter anderer Art bezieht. Maßgebend ist immer, daß der Ausgleich der Grenzerträge verletzt ist, daß auf Güter Kosten verwendet werden, die einen unterdurchschnittlichen Ertrag lieferten. Und wir erkennen weiter, daß es keineswegs gleichgültig ist, auf was in einer Volkswirtschaft Kapitalien und Arbeitskräfte verwendet werden, und daß die Theorie, auch ohne sich auf Werturteile einzulassen, das nachweisen kann. Es ist das eine beliebte Behauptung, die ebenfalls bis in die neueste Zeit in der Volkswirtschaftslehre eine sehr große Rolle spielt und zum Teil besonders gern verwendet wird, um den Bau von Kriegsschiffen und Kanonen zu rechtfertigen: Es sei gleichgültig, was produziert wird, da ja doch alles wieder als Lohn den Arbeitern zufließt. Wir sehen, daß auch hier alles auf den Ertrag ankommt, also in unserem Beispiel auf das Mehr an Sicherheit, das jene Kriegsmittel gewährleisten. Immer dürfen nur solche Gebrauchsgüter hergestellt werden, daß die Wirtschaftssubjekte, die sie konsumieren, noch den volkswirtschaftlichen Grenzertrag erzielen. Was darüber hinaus produziert und konsumiert wird, ist Luxus und entgegen dem Prinzip größter Wohlstandsförderung.

Natürlich kommt man auch auf diesem Weg nicht dazu, die Grenze angeben zu können, wo nach einem berühmt gewordenen Wort unsere Kriegsschiffe "Luxus" sind. Es ist aber klar, daß in jeder Volkswirtschaft außerordentlich viele Luxusgüter in diesem Sinn hergestellt werden, obgleich es sich vom einzelnen nicht feststellen läßt, und es ist selbstverständlich, daß das Gesetz des Ausgleichs der Grenzerträge, die schärfste theoretische Formulierung eines idealen Zustandes der Bedarfsversorgung, nur sehr unvollkommen wirklich gewahrt ist.

Wenn wir daher auch natürlich keinen Maßstab zur Entscheidung all dieser Produktivitätsfragen zu liefern vermochten, so scheint mir doch, daß unsere Erörertungen wesentlich zur Klarheit darüber beigetragen haben. Mit dieser Anwendung auf Probleme, die bisher fernab vom Gebiet wirtschaftstheoretischer Betrachtung zu liegen schienen, hat unser theoretisches System, das uns schon die Erkenntnis des tauschwirtschaftlichen Mechanismus überhaupt erleichterte, wiederum seine Berechtigung dargelegt. Ich hoffe, daß auch andere Nationalökonomen allmählich erkennen werden, was sich auf dieser Grundlage alles erreichen läßt, und daß ich in Zukunft mehr als bisher bei der weiteren Ausarbeitung desselben untersützt werde.
LITERATUR Robert Liefmann, Theorie des Sparens und der Kapitalbildung, Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jhg. 36, München und Leipzig 1912
    Anmerkungen
    37) Abgesehen vom  rein privatwirtschaftlichen  Standpunkt, den HERKNER vertritt, wenn er (a. a. O., Seite 420) sagt: "Das Mißverhältnis kann auch durch mancherlei Einwirkungen verdunkelt werden. Die neuen Unternehmungen sind vielleicht wirtschaftlich und technisch besser ausgerüstet als die bereits bestehenden. So gelingt es ihnen, sich einen besonderen Absatz zu verschaffen auf Kosten der älteren Betriebe. Es beruth dann die Blüte neuer Gründungen nicht auf einer erweiterten Aufnahmefähigkeit des Marktes (das ist noch die Frage! - R. L.), sondern auf dem Ruin weniger tüchtiger Konkurrenten. Die Nachteile der Überproduktion treffen nicht die neuen, sondern die alten Anlagen." Wie dieser Vorgang aber nun  volkswirtschaftlich  wirkt, darüber schweigt HERKNER wohlweislich. Er wagt natürlich nicht zu sagen, der technische Fortschritt wirke ungünstig, denn allgemein läßt sich das selbstverständlich nicht behaupten. Aber wo ist die Grenze? Das ist unser Problem.
    38) EDWIN SELIGMAN, Principles of Economics, London 1905, Seite 319. Bei genauerem Suchen in der ökonomischen und technischen Literatur würde man zweifellos noch zahlreiche Belege für diese Anschauungen finden.
    39) SELIGMAN, a. a. O., Seite 74 und 76f.
    40) Die komplizierten Berechnungen darüber können den Mathematikern überlassen bleiben, die vielleicht eine Formel dafür aufzustellen vermögen, wie schnell bei den und den Verbilligungen der Produktionskosten und bestimmten Amortisationsquoten der Ersatz des alten Kapitals durch ein neues bei gleichem Ertrag vonstatten geht: die Tatsache, daß die Möglichkeit der Beschaffung neuer Produktionsmittel, bei einer Wahrung des Prinzips größter Wirtschaftlichkeit, progressiv zunimmt, dürfte klar sein.
    41) JOSEPH SCHUMPETER, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Leipzig 1912 und WLDEMAR MITSCHERLICH, Der wirtschaftliche Fortschritt, Leipzig 1910
    42) Das Wort "Einkommens verteilung"  ist hier selbstverständlich nicht im Sinne der herrschenden Theorie genommen, die aufgrund der Zurechnungslehre meint, daß das "Gesamteinkommen" einer Volkswirtschaft unter "die bei der Produktion Mitwirkenden", die "Produktionsfaktoren" "verteilt" wird. Sondern es bedeutet nichts weiter, als daß die einzelnen Wirtschafter verschiedene Einkommen beziehen, die natürlich, wie alle Einkommen, nichts weiter sind als die Ergebnisse von Preisen und sich daher nach den von uns entwickelten Regeln der Preisbildung bestimmen.