ra-2F. EulenburgBöhm-BawerkA. Bilimovic.R. Stammler    
 
FRIEDRICH JULIUS NEUMANN
(1835-1910)
Naturgesetz und Wirtschaftsgesetz
[2/3]

"Regeln mögen für die Statistik von Interesse sein, obwohl auch dort ihre Bedeutung nicht selten überschätzt worden ist. Viel zu sehr, so mahnte schon Rümelin, ist man in der Statistik geneigt gewesen, da, wo sich nur Zahlen konstant um einen Schwerpunkt gruppieren, gleich auch ein  soziales Gesetz  anzunehmen."


I. N a t u r g e s e t z e

3. Exakte und nicht exakte kausale Gesetze

Neben diesen einfachsten oder "wahren" Gesetzen sind nun aber wie bemerkt auch solche zu beachten, die weniger einfach sind, da sie teils aus Elementargesetzen, teils aus anderen Dingen hervorgehen. Und dieser Gesetze gibt es sogar recht viele.

Es gehören zu ihnen erstens manche den  exakten  Wissenschaften angehörige. (1) So ist bekannt, daß die Physik neben den erwähnten "idealen" Gesetzen des  mathematischen  Pendels auch die des  physischen  Pendels behandelt, um die sich namentlich BESSEL Verdienste erwarb. In ähnlicher Weise wird zwischen idealen und wirklichen Gesetzen der Schwere, der Planetenbewegung usw. unterschieden.

Aber ganz besonders in den sogenannten  angewandten  oder beschreibenden Naturwissenschaften stehen viele Gesetze  dieser  Art zur Erörterung: geologische, mineralogische, meteorologische, Gesetze von Ebbe und Flut usw. Denn jene beschreibenden Naturwissenschaften haben es ja selbstverständlich nicht mit besonderen, nur ihnen eigentümlichen Gesetzen oder Kräften, sondern eben mit der Anwendung entweder physikalischer oder chemischer Gesetze auf bestimmte einzelne Gebiete zu tun und müssen deshalb auch dem Einfluß anderer Momente als jener "elementaren" Rechnung tragen. Erst das gibt ihnen ihr eigentümliches Gepräge. Mag das Material, so sagt mit Bezug auf geologische Gesetze z. B. VOGELSANG mit Recht, anderswo Physik, Chemie, Botanik, Zoologie oder auch Astronomie heißen, zu  geologischen Zwecken verwendet, wird es zur Geologie,  wie jeder Stein zum Baustein wird, der dazu zu gebrauchen ist, mag man ihn sonst nennen, wie man will. (2) Und eben aus dieser Verfolgung komplexer Ursachen und ihrer Wirkungen müssen Erscheinungen hervorgehen, die sich von jenen "idealen" wesentlich unterscheiden.

Auch auf alle diese  nicht  einfachen Gesetze trifft noch zu, was nach HELMHOLTZ als  allgemeine  Definition von Gesetz hier festgehalten wird, (3) daß sie nämlich der Ausdruck für eine im Wandel von Vorgängen zutage tretende Einheit sind. Desgleichen trifft zu, daß es sich bei ihnen um  ursächlich verknüpfte  Erscheinungen, also um  kausale  Gesetze handelt. Indessen von  Exaktheit  im bisher festgehaltenen Sinne, wonach exakt ist, was sich genau in Zahlen bestimmen läßt, kann dort nicht die Rede sein. Vielmehr ist bei diesen komplexen oder "wirklichen" Gesetzen entweder überhaupt kein Zahlenausdruck möglich oder doch nur ein aufgrund fortgesetzter Beobachtung approximativer.

In die  letztere  Kategorie gehören z. B. jene Gesetze des  physischen Pendels,  bei denen neben den "Kräften" der Anziehung und Trägheit, aus denen sich die Gesetze des mathematishen Pendels ergeben, auch der Einfluß der Reibung und des Luftwiderstande zu numerischem Ausdruck gelangen soll. Eben dahin gehört aber auch das gleichfalls berührte Gesetz der  wirklichen Schwere,  das schon infolge der unregelmäßigen Beschaffenheit der Erde nach Gestalt und Massenverteilung von so komplizierter Natur sein muß, daß man seinen mathematischen Ausdruck niemals mit voller Genauigkeit, sondern aufgrund fortgesetzter Beobachtungen immer nur annähernd anzugeben imstande sein wird. Und es gehören eben dahin namentlich auch z. B. die Gesetze wirklicher  Wellen-  und wirklicher  Flut bewegung. Ist es leicht, einen genauen Zahlenausdruck für jene hypothetischen Flutgesetze zu finden, die sich allein aus den Gesetzen der Trägheit und der Anziehung der Himmelskörper ergeben, so sind überaus schwierig und besten Falls nur approximativ [ungefähr - wp] richtig numerische Ausdrücke für jene wirkliche Flutbewegung, die sich außer aus diesen Elementargesetzen auch z. B. aus dem Einfluß wechselnder Windesstärke, Meerestiefe, Küstenbildung usw. ergeben.

Damit aber nehmen diese "komplexen" oder "wirklichen" Gesetze - gerade das mach sie den  wirtschaftlichen  besonders ähnlich, zwischen idealen und nicht idealen Gesetzen eine eigentümliche Mittelstellung ein: sie sind nicht in dem Sinne exakt, daß man einen genauen Zahlenausdruck für sie hätte. Und doch sind es auch nicht wirkliche Dinge, was sie zur Darstellung bringen. Denn unter Absehen von allen nicht numerisch zu charakterisierenden Momenten geben sie eben nur das wieder, was dem in Zahlen zu erfassenden Zusammenwirken gewisser einzelner Ursachen entsprechen möchte.

Und endlich gibt es daneben, wie bemerkt, auch solche Gesetze, die obwohl sicherlich kausaler Natur und anscheinde auch streng, nicht einmal einen  annähernden Zahlenausdruck  gestatten. Und da gerade zu diesen zu rechnenden, insbesondere  physiologischen  Gesetze mit den sogleich zu erörternden wirtschaftlichen aus mancherlei Gründen in besonders enger Beziehung zu stehen scheinen, sei bei ihnen hier noch mit einigen Worten verweilt.

Ihr eigentümliche  Elementar gesetze hat auch die Physiologie bekanntlich nicht. Jene "einfachsten" Mechanismen, auf deren Wirkung sie das Gebiet des Unerklärlichen "zurückzudämmen" bestrebt ist, sind ebenso wie die der Mineralogie, Geologie usw. nur der Physik und Chemie entnommene. Aber auch an eigenen  abgeleiteten  Gesetzen ist in der Physiologie kein Überfluß. Ganz vorzugsweise befindet man sich dort noch auf dem Boden jener  nicht kausalen  Gesetze, die oben als empirische oder  Regeln  bezeichnet sind. Und es liegen die Zeiten gar nicht weit zurück, da sogar an der Möglichkeit gezweifelt wurde  "Lebens vorgängen" gegenüber dieses Stadium je zu überwinden, weil sowohl die Verbindung jener Vorgänge mit Seelentätigkeiten als auch das Walten einer "auf höheren Willen deutenden Zweckmäßigkeit" den Nachweis fester Gesetzmäßigkeit in diesen Dingen auszuschließen schien. (4) Heute steht es hiermit nun freilich anders. Die Annahme einer auf "direkten Einfluß eines höheren Willens" zurückzuführenden "Zweckmäßigkeit organischer Bildungen" war, wie HELMHOLTZ ausführt, bereits durch DARWINs Theorie erschüttert. Und da auch das wichtigste aller Gesetze, das von der Erhaltung der Kraft  allgemeine  Geltung für sich in Anspruch nehmen darf, schien auch die "Lebensseele" kein Hindernis mehr, das feste Kausalzusammenhänge ausschlösse. (5) Auch die Physiologie begann deshalb "mit unbedingter Gesetzlichkeit der Naturkräfte" zu rechnen. Auch sich machte, wie HELMHOLTZ sagt, Ernst mit der Verfolgung physikalischer und chemischer Prozesse, die innerhalb der Organismen vor sich gehen. Indessen soweit sie auf diesem Gebiet Erfolge zu verzeichnen hat, soweit es ihr gelang, speziell auf Organismen bezügliche  kausale Zusammenhänge  zu ermitteln, schien doch die Möglichkeit selbst approximativer numerischer Formulierung bisher fast ausnahmslos ausgeschlossen.

Gesetze z. B. wie das der Assimilation oder jene des Geo- oder Heliotropismus [Erd- oder Sonnenanziehungskraft - wp] sind zweifellos nicht bloß empirische, sondern in der Tat  kausale  und anscheinend auch strengen Charakters, indem sie zum Ausdruck bringen, welche Wirkung das Licht und die Schwerkraft unter allen Umständen auf Vorgänge der Ernährung, bzw. des Wachstums von Pflanzen ausüben. Aber in welchem  Maß  ein solcher Einfluß ausgeübt wird, in welchem  Grad  sich z. B. mit Graden der Lichtintensität die Ernährung der Pflanze steigert oder ihre Neigung Zweige und Blätter der Sonne zu- oder abzuwenden ab- oder zunimmt, hat sich bisher einer numerischen Erfassung fast vollständig entzogen. Und nicht viel anders steht es mit jenen physiologischen Gesetzen, die sich auf die Tierwelt beziehen, z. B. jenem der spezifischen Sinnesenergie, wonach z. B. der Sehnerv bei Reizungen jeder Art nur mit  Licht empfindungen reagiert usw. Auch das ist mehr als empirisches, ist  kausales  Gesetz, aber ebenso wie jene auf Pflanzen bezüglichen, nur ein qualitatives, einen genauen Zahlenausdruck nicht gestattendes, während als ein  quantitatives  in diesem letzteren Sinne ausnahmsweise z. B. jenes  psychophysische  oder WEBER-FECHNERsche anzusehen sein möchte, wonach die Stärke der Empfindung mit dem Logarithmus des Reizes wächst.

Jedenfalls stehen wir hier noch vor vielen Erscheinungen, die  mehr  als Regeln, die in der Tat kausale Gesetze sind, aber nicht in jenem Sinne, die die Möglichkeit exakter Formulierung zu seiner Voraussetzung hat.


4. Rückblick

Rekapitulieren wir nun, so ergibt sich für den Vergleich naturwissenschaftlicher und wirtschaftlicher Gesetze folgendes:
    1. Ein Naturgesetz im weitesten Sinne ist der Ausdruck für  einheitliche  Erscheinungen, die sich innerhalb wechselnder Gestaltungen erkennen lassen und speziell ein Gesetz der  Sukzession:  der Ausdruck für eine in der Aufeinanderfolge von Dingen erkannte Einheit, mit anderen Worten für eine  gleichmäßige Wiederkehr von Vorgängen. 

    2. Gesetze letzterer Art beziehen sich zum Teil auf erkannte Zusammenhänge von  Ursache und Wirkung  und werden in diesem Falle  kausale,  andernfalls aber  Regeln  oder bloß empirische Gesetze genannt (obwohl letzterer Ausdruck hie und da auch auf anderes, nämlich auf empirisch  ermittelte  Gesetze bezogen wird).

    3. Für alle  empirischen  Gesetze im hier festgehaltenen Sinn ist charakteristisch, daß sie der Ausdruck für eine  nur tatsächlich  sich vollziehende gleichmäßige Wiederkehr von Vorgängen sind, derart, daß weder ihre Ursachen noch aus ihnen sich ergebende Gesetze bekannt sind.

    4. Jene  kausalen  Gesetze dagegen sind zweifacher Art: entweder wie z. B. die Gesetze der Anziehung oder der Trägheit  elementare,  d. h. der Ausdruck für solche gleichmäßige Wiederkehr von Vorgängen, deren  Folgen  zwar erkennbar sind, deren Ursache aber bisher  nicht  erfaßt werden konnte; oder aber wie z. B. die Gesetze des Fall und des Pendels  abgeleitete,  d. h. der Ausdruck für eine solche gleichmäßige Wiederkehr von Erscheinungen, deren Ursachen sich in mehr oder weniger bestimmter Weise angeben lassen. 5. Die  Elementargesetze  sind sämtlich nicht nur ideale oder "hypothetische", in dem Sinn, daß sie nur  Tendenzen,  mit anderen Worten  Folgen  zum Ausdruck bringen, die sich aus einzelnen Ursachen als solchen ergeben würden, wenn diese allein wirksam wären, sondern auch sämtlich  exakt  in dem Sinn, daß sie einen  genauen  numerischen Ausdruck gestatten und unterscheiden sich hierdurch wie durch ihre Bedeutung als Ursache anderer Gesetze von jenen Regeln (siehe 3.), mit denen sie gemeinsam haben, daß ihre eigenen Ursachen nicht erkannt sind. 6. Die  abgeleiteten  Gesetze aber sind verschiedener Natur. Einige, die sogenannten  einfachen  Gesetze, wie z. B. die des mathematischen Pendels gehen ausschließlich aus Elementargesetzen hervor, bringen deshalb gleich diesen als ideale Gesetze nur  Tendenzen  (aus gewissen Ursachen als solchen sich ergebende Folgen) zum Ausdruck und gleichen jenen auch darin, daß sie  einem genauen Zahlenausdruck  zugänglich sind. Andere, die sogenannten  komplexen  oder "wirklichen" Gesetze (im naturwissenschaftlichen Sinn), gehen wie z. B. die des  physischen  Pendels oder der Wellenbewegung, aus Elementargesetzen  und anderen Ursachen  hervor, haben zwar auch nur Tendenzen in jenem Sinn zum Objekt, erscheinen in dieser Beziehung also auch als ideal, sind indessen um jener mitwirkenden  anderen  Ursachen willen als exakt entweder gar nicht oder doch nur in dem Sinne zu bezeichnen, daß sie einen  annähernden  Zahlenausdruck aufgrund fortgesetzter Beobachtungen gestatten.
Und endlich beziehen sich zwarmanche abgeleitete Gesetze, insbesondere  physiologische,  auch auf kausale Zusammenhänge mit anderen Naturgesetzen, sind aber nach dem jetzigen Stand der Erkenntnis nicht einmal annähernd numerisch zum Ausdruck zu bringen, also zweifellos  nicht  zu den exakten zu zählen.


II.
W i r t s c h a f t l i c h e
G e s e t z e

Legen wir das bisher Gewonnene zugrunde, so erscheint ein Vergleich von Natur- und wirtschaftlichen Gesetzen insofern wenigstens erleichtert, als das Vergleichungsfeld beschränkt ist. Denn zwei Arten von Gesetzen sind jetzt von vornherein auszuscheiden: jene empirischen oder Regeln und diejenigen kausalen, welche diesen insofern nahe stehen, als auch ihre Ursachen nicht erkennbar sind.

 Regeln  mögen für die Statistik von Interesse sein, obwohl auch dort ihre Bedeutung nicht selten überschätzt worden ist. Viel zu sehr, so mahnte schon RÜMELIN, ist man in der Statistik geneigt gewesen, "Da, wo sich nur Zahlen konstant um einen Schwerpunkt gruppieren, gleich auch eine  loi sociale  [Sozialgesetz - wp]anzunehmen." So habe man es z. B. als Gesetz bezeichnet, daß im mittleren Europ der Mann durchschnittlich 168 Zentimeter groß wird oder auf 16 Mädchengeburten 17 Knabengeburten fallen usw. Aber im Grunde handelt es sich bei solchen Regelmäßigkeiten nur um Tatsachen, zu welchen der Schlüssel des Verständnisses zu  suchen  sei. Gerade was dabei noch  fehlt,  ist das Gesetz. (6)

Sind nun Auffassungen dieser Art auf statistischem Gebiet angebracht, so in noch viel höherem Maße auf volkswirtschaftlichem. Denn gerade da sind es vorzugsweise kausale Zusammenhänge, die zu erörtern sind und auf sie ist deshalb auch herkömmlich der Ausdruck  Gesetz  dort ganz besonders bezogen worden.

Wie demnach aber die Regeln ausscheiden, so auch jene  elementaren  Gesetze, die wie z. B. die der Anziehung und der Trägheit den andern zur Basis dienen. Denn im Grunde bringen ja auch sie, wie wir sahen, nicht Wirkungen erkannter Ursachen, sondern nur eine Wiederkehr von Erscheinungen zum Ausdruck, deren Ursache bisher  nicht  festzustellen war und daran wird dadurch natürlich nichts geändert, daß man jene Gesetze wohl als Kräfte bezeichnet hat, deren Ursache und Wesen nicht minder unbekannte Dinge sind.

In Vergleich zu ziehen sind also lediglich die oben als  abgeleitet  bezeichneten Gesetze, d. h. jene, die der Ausdruck für eine solche Wiederkehr der Erscheinungen sind, die sich auf bestimmte Ursachen zurückführen läßt. Und in der Tat mit  diesen,  insbesondere den durch  sie  zum Ausdruck gebrachten  Tendenzen  zeigen wirtschaftliche Gesetze in mancher Beziehung eine Verwandtschaft.

Ehe hierauf jedoch eingegangen wird, erscheint es angezeigt, mit einigen Worten darauf zu verweisen, um  welcherlei  als wirtschaftliche Gesetze bezeichnete Erscheinungen es sich hier nun vorzugsweise handelt. Und dabei soll, um das Ganze zu überblicken, zweifach gegliedert werden. Erstens nämlich erscheint es mit Rücksicht auf die besondere Bedeutung aller jener Gesetze, die sich auf den  Preis  im weitesten Sinne, mit Einschluß von Zinssätzen, Kursen, Löhnen, Miet- und Pachtschillingen, Fahr- und Frachtpreisen, Gebühren usw. beziehen - geboten, Preis- und andere Gesetze zu scheiden. (7) Sodann aber empfiehlt es sich, innerhalb dieser Gruppen die einzelnen Gesetze oder Tendenzen nach den  Motiven  zu trennen, auf die sie sich zurückführen lassen. Und hierbei sind einerseits der Eigennutz, andererseits aber jene Gefühle der Gerechtigkeit und Billigkeit zu beachten, die man mit ARISTOTELES noch heute als Empfindungen distributiver oder  austeilender  und kommutativer oder  entgeltender  Gerechtigkeit auseinander hält. (8)


1. Preisgesetze

Die zuletzt berührten Empfindungen spielen eine große Rolle z. b. bei jenen Preisgestaltungen, die sich innerhalb geschlossener Personenkreise vollziehen und haben es dort zur Folge, daß sich für sogenannte  Beiträge  jene vielfach auch in gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck kommende Tendenz geltend macht, den Preis nach  Wert  und  Kosten  zu gestalten (9). Selbstverständlich ist auch das aber  nur  Tendenz, d. h. nur die Folge gewisser Empfindungen als solcher. Denn tatsächlich gestalten sich die hier in Rede stehenden Beiträge regelmäßig anders, indem sie z. B. auch durch  jene  Neigungen bestimmt werden, welche sich aus dem Gefühl der Pflicht in Fällen der Bedrängnis  Hilfe zu gewähren  ergeben und darauf abzielen, daß bei dringlichem Anlaß (10) den Grundsätzen  distributiver  Gerechtigkeit entsprechend die Pflichtigen  ohne  Rücksicht auf den Wert des Gebotenen (ähnlich wie im Steuerwesen) nach Maßgabe ihrer  Leistungsfähigkeit  zu zahlen haben. Und der Realisierung beider Tendenzen stehen dann im einzelnen wieder in Schwierigkeiten der Durchführung, Rücksichten auf das Hergebrachte, Folgen selbstsüchtiger Motive usw. so viele Hindernisse entgegen, daß es in der Tat sehr nahe liegt, diese Vorgänge z. B. mit jenen Gesetzen des Pendels zu vergleichen, die als "ideale" aus der Anziehung und der Trägheit hervorgehen, aber in den oben berührten Dingen: Reibung, Luftwiderstand usw. so vielerlei Hindernissen begegnen, daß vielfach ganz und gar andere Resultate entstehen, als jene Gesetze vermuten lassen.

Ähnlich auch bei den  außerhalb  geschlossener Personenkreise sich vollziehenden Preisgesetzen. Beschließt z. B. in Verhältnissen wie den soeben geschilderten ein Deichverband, Teile der aufzubringenden Kosten durch Zahlungen zu decken, die  nicht  allein von den Deichgenossen, sondern von jedem erhoben werden, der diese oder jene Strecken des Deichs als Weg oder Straße benutzt, so unterliegen auch  diese  Preise wieder einerseits der aus jenen Billigkeitsgefühlen (Empfindungen "kommutativer Gerechtigkeit") sich ergebenden Tendenz, die Höhe der Zahlung nach Wert und Kosten zu gestalten. (11) Und dieser Tendenz entsprechend hat der Einzelne z. B. an Dammgeld desto mehr zu zahlen, nicht nur je länger die von ihm benützte Strecke ist, sondern auch je mehr sie von schwererem Fuhrwerk abgenützt wird. Daneben aber gelangt in Fällen dieser Art, um jener "Nichtgeschlossenheit" des beteiligten Personenkreises willen, regelmäßig auch jene andere Tendenz zum Durchbruch, die sich aus dem wichtigsten Faktor wirtschaftlicher Berechnung, dem  Eigennutz  ergibt und der zufolge dem Selbstinteresse des Deichverbandes und seiner Mitglieder entsprechend jene Preise "Nachfrage erweckend", d. h. so zu gestalten sind, daß z. B. für die Benützung weiterer Strecken Ermäßigungen Platz greifen oder auf derselben Strecke (wie mit Bezug auf ähnliche Dinge schon ADAM SMITH beobachtete) die die Straße  weniger  schädigende Kutsche des Wohlhabenden  mehr  zu zahlen hat, als der den Damm stärker abnützende Lastwagen minder Bemittelter, weil letztere durch höhere Gebühr zu  geringerer Benützung,  also geringeren Zahlungen bestimmt werden möchten, welche Gefahr der Kutsche gegenüber ausgeschlossen ist. (12) Auch kann sich daneben drittens wieder jene andere Tendenz geltend machen, die aus Empfindungen "austeilender Gerechtigkeit" hervorgeht und insofern zu abweichenden Resultaten führt, als sie höhere Belastung des Wohlhabenderen  als solchen,  d. h. auch dann verlangt, wenn hierdurch  nicht  wie im berührten Fall eine größere Inanspruchnahme und ein größerer Reinertrag zu erzielen wäre. Und endlich influieren [beeinflussen - wp] auf die "wirklichen" Preise neben all dem noch vielerlei Umstände, die, wie z. B. Herkommen, Ausführungsschwierigkeiten usw. so zufälliger und wechselnder Natur sind, daß gesetzmäßige oder gesetzesähnliche Gestaltungen aus ihnen überhaupt nicht herzuleiten sind.

Noch deutlicher aber sind Tendenzen jener Art bei den in neuerer Zeit viel erörterten Preisen unserer großen Verkehrsanstalten zu verfolgen. Ja, dort haben gerade sie zum Entstehen besonderer  Preissysteme  geführt, die man nacheinander wohl als die ausschließlich berechtigten angesehen hat.

Allein dem Eigennutz schien das  natürliche  oder  Wagenraumsystem  zu entsprechen, das die Preise tunlichst nur nach Gewicht und Entfernung bemaß, d. h. sie tunlichst den entstehenden  Kosten  anzupassen suchte, ohne dem Wert Rechnung zu tragen. (13) Denn bei freier Konkurrenz,  muß  sich - das sehen wir sogleich - aus dem Eigennutz allerdings die Tendenz ergeben, Preis und Kosten in eine Harmonie zu bringen. Und was der Freiheit entsprach, schien auch das Natürliche und das Gerechte zu sein. (14) Andererseits ergab sich aus der vereinten Rücksichtnahme auf Eigennutz und auf Empfindungen kommutativer Gerechtigkeit das Wert und Kosten zugleich berücksichtigende  Wertklassifikationssystem,  demzufolge z. B. der Zentner Seidenwaren bei gleichen Transportkosten  nicht  das Gleiche zahlen sollte, wie der Zentner Steine oder Kohlen, sondern erheblich mehr, wil sich an jene Sendung umfassendere Vorteile, größere Interessen, ein höherer Leistungswert knüpfen und jene Empfindungen eben Rücksicht auf  Wert  und Kosten zu gleich berücksichtigen. Schließlich aber erstand das dritte: das  rationelle  oder individualisierende Tarifsystem (15) aus dem gemeinsamen Einfluß dieser Billigkeitsgefühle und jenes wahren Selbstinteresses, das wie wir sahen darauf abzielt durch  geschickte Preisgestaltung  (z. B. Ermäßigung der Fahrpreise für größere Entfernungen oder bei festlichen Gelegenheiten, Ermäßigungen der Frachtpreise zugunsten aufblühender aber noch nicht erstarkter Industrie, Ermäßigung der Portosätze für leicht zu vervielfältigende Drucksachen etc.)  Nachfrage  nach den Transportleistungen zu erwecken und hierdurch Nutzung und Ertrag zu steigern.

Auch in diesen Fällen sind es zunächst  nur gewisse  Tendenzen, die zum Ausdruck gelangen. Neben ihnen sind andere Momente von Einfluß, so z. B. da wo Staatseisenbahnen überwiegen, die aus Empfindungen  distributiver  Gerechtigkeit sich ergebende Tendenz, die Wohlhabenden als solche höher zu belasten und überall mancher zufällige Umstand, was dann zur Folge hat, daß schließlich Preise entstehen, die von der durch die  einzelne Tendenz  vorgezeichneten Bahn kaum weniger abweichen als z. B. die geworfene Feder von der Parabel! Trotzdem bleibt die einzelne Tendenz und was sich aus ihr ergibt, von Bedeutung.

Um hier nur der wichtigesten dieser Gesetze zu gedenken, so wird der Preis aller Industrieprodukte, wie man häufig sagt, durch das Verhältnis von  Angebot und Nachfrage  bestimmt, (16) derart, daß, wenn das erstere zu- oder die letztere abnimmt, die Preise steigen, dagegen mit der Verringerung der Nachfrage und der Vergrößerung des Angebots fallen. Der Wirklichkeit entspricht auch  das  selbstverständlich nicht. Ja, nicht einmal als Regel scheint es zugegeben werden zu können. Weiß doch jeder, daß z. B. am Anfang jeden Schul- oder Universitätssemesters die Nachfrage nach Büchern, Federn, Tinte und Papier regelmäßig ganz erheblich zunimmt und weiß zugleich, daß ebenso regelmäßig die Preise aller solcher Dinge zu dieser Zeit  nicht  in die Höhe gehen. Nicht minder ist jedem bekannt, daß an schönen Sonn- und Festtagen die Nachfrage nach Speisen und Getränken, Wirtschaftsgeräten, Wagen, Pferden usw. regelmäßig steigt und daß auch diese Dinge dann regelmäßig  nicht  teurer zu werden pflegen usw. Die Wirklichkeit folgt eben auch hier anderen Bahnen als jenen, die das Gesetz vermuten läßt, gleichwie der Bumerang und die Kugel nicht der vom Anziehungs- und Trägheitsgesetz vorgeschriebenen Parabel folgen, die Flut sich anders gestaltet, als Mond und Sonne gebieten usw. Aber wie die wirkliche Meeresbewegung und die wirkliche Geschoßlinie trotzdem besser zu erkennen und besser vorauszusehen vermag, wer jenen "idealen" Flut- und Wurfgesetzen Beachtung schenkt als der, welcher sie vernachlässigt, ebenso vermag auch der jetzigen und künftigen wirklichen Preise in vielen Fällen besser Herr zu werden, wer jene aus dem Eigennutz als solchem sich ergebende Preistendenzen erfaßt, als wer aus Unkenntnis oder Torheit vor ihnen die Augen verschließt. Denn tatsächlich ist heute, wie bemerkt, gerade in Preiskämpfen der in Rede stehenden Art der Eigennutz nun einmal vorzugsweise von Bedeutung. Und  ansich  muß sich aus diesem jene Tendenz, daß sich mit der Steigerung der Nachfrage oder dem Sinken des Angebotes die Preise erhöhen, dagegen mit dem Sinken der Nachfrage und der Steigerungs des Angebots die Preise fallen,  deshalb  ergeben, weil z. B. aus der Steigerung der Nachfrage die Neigung entsteht, eher einen höheren Preis zu zahlen, als leer auszugehen, dagegen auf der anderen Seite die Hoffnung einen höheren Preis zu erzielen sich verfestigt usw. Und wird alles das durch andere Momente auch vielfach durchkreuzt - ansich trägt die Erkenntnis jener Tendenz immerhin dazu bei, die Gestaltung der wirklichen Preisvorgänge im Voraus besser zu erfassen und zu beherrschen. Und wer (um hierfür ein Beispiel zu geben, auf das noch zurückzukommen ist) es auf dem Gebiet des Bankwesens z. B. unternehmen möchte,  ohne  Beachtung jener Tendenz nachzuweisen, wie es großen Zentralbanken gelingen kann, durch eine Erhöhung des Diskontsatzes bei  ihren  Geschäften den Preis der Waren überhaupt zu drücken und den allgemeinen Warenimport und Geldexport zu mindern, dagegen Warenausfuhr und Geldzufuhr zu steigern - würde sich bald überzeugen, daß er  Unmögliches  versucht.

Dinge von so allgemeiner und großer Bedeutung sind gar nicht anders als durch Bezugnahmen auf Tendenzen jener Art darzulegen. Und diese behalten auch ihren Wert, obwohl der wirkliche Lauf der Dinge eine vielfache Abweichung zeigt.

Eben jenes Gesetz vom Einfluß von Angebot und Nachfrage auf den Preis ist daneben aber auch insofern von Bedeutung, als sich aus diesem "einfachen" Gesetz manche andere Gesetze ergeben, die man fast versucht ist, mit den oben berührten  komplexen  in eine Linie zu stellen.

Dazu gehört z. B. jenes, wonach bei freier Konkurrenz der Preis der Waren teils nach den geringsten Kosten  billigster,  teils aber auch nach den geringsten Kosten  derjenigen teuersten  Produktionsart gravitiert, die zur Deckung des Bedarfs noch in Anspruch zu nehmen ist (17) und zwar  ersteres,  wenn jene billigste Produktionsart dem Bedarf entsprechend auszudehnen ist,  letzteres  im anderen Fall.

Zu sagen, wie es oft geschieht: der mit den Kosten billigster Produktionsart übereinstimmende Preis sei der  regelmäßige,  ist allerdings gerade so verkehrt, als mit den Physiokraten oder SMITHianern zu behaupten, er sei der natürlich oder gerechte. Daß man ihn in letzterer Weise charakterisierte, hatte wie schon bemerkt nur darin seinen Grund, daß man freieste Konkurrenz unter noch so ungleichen Kampfesbedingungen als das ansich Natürliche und Gerechte ansah und einer der Art freien Konkurrenz allerdings die  Tendenz  entspricht, die Preise beliebig vermehrbarer Ware auf jene Kosten herabzumindern, da überall wo noch eine Differenz zwischen Preis und Kosten bleibt, bei ideal "freier", in jedem Augenblick sich geltend machender Konkurrenz und ungefesseltem Eigennutz allerdings das Bestreben Platz greifen muß, jenen Spielraum durch ein eigenes Angebot so lange auszunutzen, bis das verstärkte Angebot (aus den berührten Gründen) den Preis gedrückt und ihn den Kosten der Art nahe gebracht hat, daß die Möglichkeit eines weiteren Gewinnes aus jener Differenz beseitigt ist.

Daß auch das eben nur Tendenz ist, liegt auf der Hand. Der  Hindernisse,  die sich der Wirksamkeit derselben entgegenstellen, (18) sind unendlich viele, so daß man fast versucht ist, es als  Ausnahme  zu bezeichnen, daß sich Preis und Kosten decken. Aber die  Bedeutung  jener Tendenz für das Erfassen wirklicher Preisgestaltung ist deshalb ebensowenig eine geringere, als die Gesetze der Anziehung deshalb unwichtig sind für die Erkenntnis der Pendelbewegung, weil auf diese letztere auch z. B. das Gesetz der Trägheit und daneben manche Umstände von Einfluß sind, die es zur Unmöglichkeit machen, die wirkliche Pendelbewegung genau zu bestimmen. Und wer z. B. die Wirkung einer  Steuererhöhung oder Ermäßigung  auf die Preise der belasteten Waren oder die Folgen der Erfindung billig arbeitender  Maschinen  für die Entwicklung der Preise der diesbezüglichen Textilware erfassen wollte,  ohne  sich jener Gravitationstendenz bewußt zu sein, wird unter übrigens gleichen Umständen sicherlich weniger Erfolg haben, als derjenige, der  mit  Bezugnahme auf jene behauptet, daß z. B. die Hausweberei immer mehr dem Verfall entgegensteht, weil die Hand nicht so billig arbeiten kann, als die Maschine und die durch  letztere  bestimmten Preise als die Preise billigster Produktionsart das Feld behaupten werden.

Nicht anders steht es dann auch mit dem zweiten der vorhin berührten beiden Gesetze.

Ist  nicht  beliebig vermehrbar, was durch billigste Produktionsart erzeugt wird und müssen zur Befriedigung des Bedarf demnach auch teurere Produktionsweies in Anspruch genommen werden, so kann, wie oft gesagt, nicht davon die Rede sein, daß die Preise sich mit den Kosten  billigster  Produktion zu decken tendieren. Denn Preise dieser Art würden das Inanspruchnehem anderer Produktionsarten als jener billigsten ausschließen. Gesteigerte Nachfrage aber bei zu kleinem Angebot würde die Preise steigen lassen und zwar steigen bis zu  jener  Höhe, die es den teurer arbeitenden Produktionen eben noch möglich macht, den Bedarf zu decken. Ginge der Preis nämlich über diese Grenze hinaus, so würde ein den Bedarf überschreitendes Angebot den Preis zum Sinken bringen, bis jener wieder erreicht ist usw.

Auch alles das ist selbstverständlich nur Tendenz, nicht Wirklichkeit. Denn es bringt ja nur zum Ausdruck, was zutreffen  würde bei freiestem Mitwerben,  stets klarer Einsicht, ausnahmslos regem und rücksichtslos waltendem Eigennutz, steter Möglichkeit, die bezüglichen Produktionen zu beginnen und ohne Verlust wieder einzustellen usw. Und da diese Voraussetzungen in ihrer Gesamtheit niemals zutreffen, ist eine Verwirklichung jenes Gesetzes direkt bisher ebensowenig beobachtet als z. B. die Verwirklichung des Parallelogramms der Kräfte oder der Parabel, die der geworfene Stein durchlaufen soll. Indessen bedeutungslos ist auch jene Tendenz trotz alledem nicht. Und töricht wäre wieder, wer sie unbeachtet ließe, wo er von zu erwartenden zukünftigen Gestaltungen Einsicht gewinnen oder auf sie Einfluß üben will.

Hierfür nur wenige Beispiele.

Nicht ganz mit Unrecht ist mit Bezugnahme auf das zuletzt berührte Gesetz noch kürzlich behauptet worden, daß, wenn  österreichisch-ungarischer  Weizen die deutsche Grenze fortan zu einem herabgesetzten Zoll von 3 Mark 50, russischer dagegen sie zum Satz von 5 Mark passieren würde, die Konsumenten im allgemeinen wenig gewinnen möchten, vielmehr der Weizenpreis wie bisher  vorzugsweise  der durch den Betrag von 5 Mark gegebenen Kostensteigerung entsprechen würde, da das österreichisch-ungarische Getreide ansich nicht ausreicht, den deutschen Einfuhrbedarf zu decken und der Preis des Weizens daher dem Betrag der in Anspruch nehmenden  teureren  Gestehungskosten zuneiden wird, wie sie eben durch den vom  russischen  Getreide zu zahlenden Zoll bestimmt würden.

Eine eigentümliche  Stütze  ist dieses selbe Gesetz sodann z. B. bei der Regelung der deutschen Branntweinsteuer im Jahre 1887 gewesen. Denn in der Tat um  dieses  Gesetz,  dieser Tendenz  willen hat man damals die vom Branntwein zu tragende Steuer nicht einheitlich, sondern in  zwei  Sätzen: auf 25 und auf 35 Pfennig pro Liter (50%) bestimmt, indem man annahm, daß der  Preis  des Branntweins, da das zu niedrigerem Satz besteuerte Quantum von 9 bzw. im Süden 6 Liter pro Kopf  nicht ausreichen  würde, den Bedarf zu decken, sich demjenigen  höheren  Kostenbetrag zuneigen werde, welcher sich aus der Abgabe von 35 Pfennig ergibt und diese Preissteigerung dann beitragen werde, die belasteten Produzenten wesentlich zu erleichtern.

Von  allgemeiner  Bedeutung aber ist jenes Gesetz endlich, wie an anderem Ort zu zeigen versucht wird, in sozialen Dingen. Es lehrt, daß die Gravitation der Arbeitslöhne im Grunde eine zweifache Gestalt zeigen muß: Im allgemeinen (abgesehen namentlich von den der Armenpflege auferlegten Lasten) neigen diese Löhne nämlich dazu, sich jenen Beträgen zu nähern, die nach den hergebrachten Ansprüchen der bezüglichen Klasse ausreichen, den Bedarf des Arbeiters als  solchen  zu decken. Wo es indessen überkommene und - wie es in diesen Dingen regelmäßig zutrifft - um solchen Herkommens willen auch festgehaltene Sitte ist, daß in den bezüglichen Arbeitsstellungen allein oder vorzugsweise  verheiratete  Arbeiter beschäftigt werden, da muß sich, (mit derselben Modifikation) der Lohn diesen  höheren  Kosten des Familienunterhalts zuneigen. (19) Auch da siegen die Kosten der teureren Produktion." Und was bei den einen kaum den Bedarf zu decken vermag, kann sich auskömmlich für die andern, die Unverheirateten gestalten. Kurzsichtig aber wäre, wer auch diesen Dingen gegenüber den Einwand erhöbe, daß sich in Wirklichkeit die Dinge anders verhalten. Eben mit der  Disharmonie  von Gesetz und Wirklichkeit hat man hier zu rechnen wie in den Naturwissenschaften. Und dennoch bleibt das Gesetz von Bedeutung.

Nicht anders aber steht es endlich mit jenen Gesetzen, die sich nicht auf Preise beziehen.


2. Andere Gesetze

Auch unter diesen sind mit Recht von jeher weniger betont die sich  nicht  aus dem Eigennutz ergebenden. Und doch sind auch sie von Bedeutung, insbesondere im Abgabewesen.

Aus den in Bezug genommenen Empfindungen  distributiver Gerechtigkeit,  die mit Gefühlen der Pflicht den Hilfsbedürftigen und der Gesamtheit gegenüber in Beziehung stehen, ergibt sich z. B., daß zu gemeinnützigen Zwecken, örtlichen, nationalen, humanen usw. alle, die sich überhaupt zu Beiträgen entschließen, regelmäßig nach Maßgabe ihres Vermögens oder, besser gesagt, nach Maßgabe jener  Beitrags fähigkeit zu zahlen neigen, die sich einerseits aus ihren Vermögens- und Einkommensverhältnisen, andererseit aber auch aus dem Umfang und der Bedeutung ihrer Ausgabeverpflichtungen ergeben. Und in Zeiten revolutionärer Bewegung kann sich hieraus sogar, wie z. B. für Polen an anderem Ort gezeigt wurde, ein den progressiven Einkommens- und Vermögenssteuern durchaus ähnliches Zahlungssystem entwickeln, das nicht auf Gesetz beruth, aber jener Tendenz nicht minder Rechnung trägt. Im Staats- und Gemeindesteuerwesen aber sehen wir aus derselben Ursache sich regelmäßig folgende Wandlung vollziehen. Wo es überhaupt geboten erscheint, von den Einkommens- oder Vermögenssteuern Gebrauch zu machen, behauptet bei  geringer  Steuerlast die proportionale Steuer den Vorrang, da jene Schwierigkeiten, die sich an die Durchführung progressiver Steuern knüpfen, so bedeutend sind, daß man nur in dringlichen Fällen sich zu so einer Abgabenverfassung entschließt. Ist die überhaupt zu tragende Last aber eine große, so sehen wir regelmäßig jene Neigung sich Bahn brechen, die darauf hinausläuft, trotz jener Schwierigkeiten, der Progression Eingang zu schaffen, nicht nur weil es auf diesem Weg am ehesten gelingen kann, von der gesamten wirtschaftlichen Macht der Bevölkerung entsprechenden Gebrauch zu machen, sondern namentlich, weil eine solche Progression am besten der aus den Gefühlen der  austeilender Gerechtigkeit  sich ergebenden Tendenz entspricht, den Einzelnen tunlichst gleiche Opfer dadurch aufzuerlegen, daß man die von ihnen zu tragende Last mit ihrer Steuerfähigkeit in Harmonie setzt. Aus denselben Empfindungen ergibt sich die Tendenz, die fundierten Bezüge höher zu belasten, als die nur aus Arbeit hervorgehenden "unfundierten", desgleichen die andere, neben den Einkommen gewährenden Vermögensobjekten auch jene zu belasten, die solches gewähren  könnten,  ebenso die nicht selten  contra legem  sich geltend machende Tendenz, bei zahlreicher Familie Steuerermäßigungen eintreten zu lassen. usw. (20).

Auch all das sind nur Tendenzen. Wie weit sie sich verwirklichen, ist von mancherlei Umständen abhängig.

Und eben dasselbe gilt endlich und namentlich auch von jenen Gesetzen, die sich aus dem  Eigennutz  ergeben, und an die man wieder vorzugsweise zu denken pflegt, wo von wirtschaftlichen Gesetzen außer jenen des Preises die Rede ist.

Den zuletzt berührten  Preis gesetzen besonders nahe steht z. B. jenes oft in Bezug genommene, wonach ebenso wie die Arbeitslöhne auch die Unternehmereinkünft oder Gewerbsverdienste nach gewissen Minimalbeträgen gravitieren. In dieselbe Kategorie gehört das nicht minder oft genannte Gesetz, daß bei fortschreitendem Wohlstand die Grundrente steigen, die Höhe der Kapitalzinsen aber zu fallen tendiert, sodann jenes, wonach wegen gewisser Vorzüge ausgedehnten Betriebs die große Industrie raschere Fortschritte zu machen neigt, als die kleine, aus ähnlichen Gründen die Zahl der großen Vermögen stärker wächst, als die der mittleren und kleinen, im Münzverkehr das schlechte Geld das gute verdrängt, im Notenverkehr große Noten rascher zur Bank zurückkehren als kleine, bei den Ab- und Zugängen der Bevölkerung wegen gewisser Lohndifferenzen zwischen West und Ost ein "Zug nach dem Westen" Platz greift usw. usw.

Auch alle diese Erscheinungen hat man seit Alters her Gesetze genannt. Und auch sie bringen nicht allgemein sich vollziehende Erscheinungen, sondern nur Tendenzen im erwähnten Sinn zum Ausdruck, d. h. sie haben als "ideale" Gebilde es mit der Gegnerschaft vieler anderer Dinge zu tun, deren Macht sich in nicht seltenen Fällen stärker erweist als ihre eigene; so jenes Grundrentengesetz z. B. mit dem Umstand, daß wesentliche Verbesserungen der Verkehrsmittel örtliche Differenzen auszugleichen tendieren, jenes Gesetz besonders starken Wachstums großer Vermögen mit der Tatsache, daß in Kreisen mit großem ererbten Besitz auch manche Ursachen der Zersplitterung und Vergeudung ererbten Vermögens besonders wirksam werden usw., so daß die "wirklichen" Vorgänge der Grundrentensteigerung wie der Vermögensverteilung sich im Einzelnen verschieden gestalten.



übrigens sind alle diese Dinge in ähnlicher Weise schon geraume Zeit angesehen. Und auf den leichtfertig noch heute erhobenen Einwand, daß die Wirklichkeit sich anders zeige als jenen Gesetzen entsprechend, und daß es namentlich  unzulässig  sei, bei einer Annahme solcher Art von der Voraussetzung auszugehen, daß die Menschen in wirtschaftlichen Dingen vorzugsweise durch Eigennutz bestimmt würden, hat treffend schon vor 50 Jahren JOHN STUART MILL geantwortet: "No mathematician ever thougt that his definition of a line corresponded to an actual line. As littel any political economist ever imagined that real men had no object of desiere but wealth or none which would git way to the slightest motive of pecuniary kind. But they were justified in assuming this, for the purpose of their argument; because they had to do only with those parts of human conduct, which have pecuniary advantage for their direct und principal object; and because, as no individual cases are exactly alike, no  general  maxims could ever be laid down, unless  some  of the circumstances of the particular case wer left out of consideration." - [Kein Mathematiker hat jemals geglaubt, daß seine definierte Linie einer wirklichen Linie entspricht. Genausowenig hat sich ein politischer Ökonomist jemals eingebildet, daß sich wirklichen Menschen nichts anderes als Reichtum wünschen oder keiner von ihnen jemals auch nur das geringste finanzielle Interesse hat. Aber eine solche Annahme ist innerhalb ihrer Argumentation gerechtfertigt, weil sie es es ja nur mit dem Teil des menschlichen Verhaltens zu tun haben, der den finanziellen Vorteil zum direkten oder grundsätzlichen Gegenstand hat; weil, da individuelle Dinge einander niemals genau gleichen, keine  allgemeinen  Maximen jemals auf dieselben angewendet werden können, wenn nicht  einige  der Umstände des einzelnen Falls aus der Betrachtung herausfallen würden." - wp]

Indessen sind Einwendungen  anderer  Art berechtigter.

Denn, wenn zum Wesen eines kausalen Gesetzes eine aus gewissen Ursachen ableitbare  "gleich mäßige Wiederkehr" von Vorgängen gehört, ist nicht gerade diese Voraussetzung in allen wirtschaftlichen Dingen zu  vermissen?  Kann letzteren gegenüber nicht höchstens etwa von Regeln oder regelmäßigen Erscheinungen die Rede sein? und sind nicht selbst gegen diese Charakteristik oben schon manche Einwendungen erhoben? (21)

Lassen wir diese Erfordernis "gleichmäßiger" oder regelmäßiger Wiederkehr aber fallen, indem wir kausales Gesetz nennen, was sich als  Folge  bestimmer  einzelner Ursachen  ergibt, muß sich da der Begriff des Gesetzes nicht vollständig verflüchtigen? Müßte es da nicht so viele Gesetze geben, als es  Ursachen  gibt? Kann es richtig sein, die Folgen so  verschiedener  Ursachen wie der vom Willen beeinflußten und nicht beeinflußten mit einem Wort zusammenzufassen? Und widerspricht ein so umfassender Gebrauch des Ausdrucks  Gesetz  nicht auch allem Herkommen? - Wer hätte z. B. in der Politik jemals von "Gesetzen" gehört, die sich aus Ehrgeiz oder Vaterlandsliebe ergeben! Oder im Familienleben von "Gesetzen", die aus Eltern- oder Geschwisterliebe hervorgehen! Oder mit Bezug auf freundschaftlichen oder nachbarlichen Verkehr von "Gesetzen", die der Zuneigung oder der Feindschaft ihren Ursprung verdanken usw.!

Und wenn man da überall eine solche Ausdrucksweise meidet, sie als nichtssagend oder irreführend ansieht - weshalb soll es auf wirtschaftlichem Gebiet anders sein?!

Mit diesen Einwendungen hat es das Folgende zu tun.
LITERATUR Friedrich Julius Neumann, Naturgesetz und Wirtschaftsgesetz, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Bd. 3, Tübingen 1892
    Anmerkungen
    1) In diesem Sinne will ja auch BRAUN in der Physik zwei Arten von Gesetzen scheiden: Integral- und Differentialgesetze, von welchen er letztere auch Elementargesetze nennt, während die Integralgesetze nach BRAUN Beziehungen zwischen endlichen Größen, endlichen Wegen, meßbaren Zeiträumen etc. zum Ausdruck bringen. In philosophischen Schriften ist eine Auffassung dieser Art seit Alters befestigt. Man vergleiche JOHN STUART MILL, Logik I, Seite 460: Es können in Betreff der Flut etc. unter Berücksichtigung von Meeresgrund, Küste etc. "allgemeine Gesetze aufgestellt werden, auf diese Gesetze können Voraussagen begründet werden etc." Auch CARL MENGER, Die Methode in den Sozialwissenschaften, Seite 39.
    2) VOGELSANG, Philosophie der Geologie, 1867, Seite 17f
    3) Nur darf man  diese  "wirklichen Gesetze" (besser: Gesetze der wirklichen Schwere, wirklichen Wellenbewegungen etc.) nicht mit  jenen  "wirklichen Gesetzen" vergleichen, die direkt durch Beobachtung zu erfassen sind (nach KARL MENGER: "Durch Beobachtung konstatierte tatsächliche Regelmäßigkeiten"). Die ersteren bringen Tendenzen, die letzteren Wirkliches zum Ausdruck, jene beziehen sich auf Einheiten, Gleichmäßigkeiten, diese nur auf  regelmäßig  Geschehendes.
    4) Vgl. HÜFNER, Über die Entwicklung des Begriffs Lebenskraft, Tübingen 1873, auch HELMHOLTZ a. a. O (Ziel und Fortschritt der Naturwissenschaften, Seite 351): "Der größeren Verwicklung der Lebensvorgänge, ihrer Verbindung mit den Seelentätigkeiten und der unverkennbaren Zweckmäßigkeit der organischen Bildungen gegenüber konnte indes selbst die Existenz einer festen Gesetzmäßigkeit zweifelhaft erscheinen, und in der Tat hat die Physiologie von jeher mit der Prinzipienfrage gekämpft: Sind alle Lebensvorgänge absolut gesetzmäßig?"
    5) Vgl. HELMHOLTZ, Über das Ziel und die Fortschritte der Naturwissenschaften, in Vorträgen und Reden, Bd. I, Seite 333f, auch HÜFNER, a. a. O., Seite 21f: "In der Tat, sagt der erstere, finden wir keine Spur davon, daß die lebenden Organismen irgend welches Quantum Arbeit ohne entsprechenden Verbrauch erzeugen können ... Ist aber das Gesetz von der Erhaltung der Kraft auch für die lebenden Wesen gültig, so folgt daraus, daß die physikalischen und chemischen Kräfte der zum Aufbau ihres Körpers verwendeten Stoffe ohne Unterbrechung und ohne Willkür fortdauernd tätig sind und daß ihre  strenge Gesetzlichkeit  in keinem Augenblick durchbrochen wird." Bis das erkannt war, hat sich freilich mancher Wandel vollzogen. In ALEXANDER von HUMBOLDTs zuerst in SCHILLERs  Horen  gedruckten und später in HUMBOLDTs "Ansichten der Natur" übergegangenen Jugendarbeit: "Die Lebenskraft oder der rhodische Genius" erschien die Lebenskraft noch als "eine gewalttätige Macht, die nicht gebunden an die in Physik und Chemie herrschenden Gesetze, die natürlichen Kräfte nach Willkür überwindet und aufhebt" (HÜFNER, Über die Entwicklung des Begriffs Lebenskraft, Seite 17) Später stellte z. B. LIEBIG diese Kraft gewissermaßen als gleichberechtigt neben die elementaren ("Licht, Wärme,  Lebenskraft,  Schwerkraft üben einen ganz entscheidenden Einfluß auf die Anzahl der einfachen Atome, die sich ... vereinigen und auf diese Weise ihrer Lagerung", Einleitung zum 16. Chemischen Brief. Vgl. HÜFNER, a. a. O., Seite 33) Aber die Weise, wie solche Lebenskraft nun "die einzelnen physischen Kräfte in geschickter Weise kombiniere und für ihre Zwecke benutze", sollte - so meinten noch im zweiten Viertel dieses Jahrhunderts "unsere besten Forscher" - für uns immer unbegreiflich bleiben. (HÜFNER, a. a. O., Seite 18)
    6) GUSTAV von RÜMELIN, Begriff des sozialen Gesetzes, Seite 12
    7) Über die Preisgesetze als Ausdruck  "vorauszusetzender  Wirksamkeit von Kräften" und ihre nahen Beziehungen zu Naturgesetzen, die auch nur  Tendenzen  zum Ausdruck bringen, hat sich der Verfaser im Aufsatz "Über die Gestaltung des Preises unter dem Einfluß des Eigennutzes (Zeitschrift für Staatswissenschaft, Bd. 36, Jhg. 1880, Seite 275f) geäußert und wird auf diese Ausführungen im Folgenden mi den Worten  "Gestaltung des Preises"  Bezug nehmen.
    8) Über jene Scheidung selbst gehen die Meinungen auseinander. Zu beachten sind die Ansichten von ZELLER, Philosophie der Griechen II, 1879 und HILDENBRAND, Geschichte und System der Rechts- und Staatsphilosophie I, 1860, Seite 70f. Desgleichen TRENDELENBURG, Naturrecht, 2. Auflage 1868, § 51 und Historische Beiträge zur Philosophie III, 1867, Seite 40f); FECHNER, Über den Gerechtigkeitsbegriff bei Aristoteles, 1855 und PRANTL, Staatswörterbuch (Aristoteles). Der Verfasser hat seine zum Teil abweichenden Ansichten insbesondere über die Bedeutung der aristotelischen Anschauungen für die Grundsätze angemessener  Preis bestimmung und gerechter  Steuer umlage im Aufsatz "Die Steuer nach der Steuerfähigeit" in HILDEBRANDs Jahrbuch, Neue Folge I, Seite 511f dargelegt.
    9) Weiteres in des Verfassers "Lehre vom Preis" (in dem von SCHÖNBERG herausgegebenen Handbuch der Politischen Ökonomie, 3. Auflage, Tübingen, Bd. I, 1890) und im hier zitierten Aufsatz, Anmerkung 1.
    10) So in Fällen drohenden Deichbruchs: vgl. z. B. § 16f der Bestimmungen über Deichverbände im Preußischen Gesetz vom 28. Januar 1848: "Als Verteilungsmaßstab ist  in der Regel  das Verhältnis des abzuwendenden Schadens und herbeizuführenden Vorteils anzusehen ... bei drohender Gefahr müssen  alle  Bewohner der bedrohten ... Gegend unentgeltlich  Hilfe leisten"  usw. Weiteres auch in der  Lehre vom Preis,  Seite 252
    11) Weiteres in der Lehre vom Preis (1890), Seite 250f und Preisgestaltung (188), Seite 539f
    12) NEUMANN, Preislehre, 1890, Seite 276f
    13) NEUMANN, Preisgestaltung unter dem Einfluß des Eigennutzes, 1880, Seite 307f
    14) Der Gedanke, daß jene allgemeinen wirtschaftlichen Zusammenhänge, aus denen hervorgeht, was wir wirtschaftliche Gesetze nennen (vgl. den Schluß dieses Aufsatzes) zu ansich  unbilligen,  der Gerechtigkeit Hohn sprechenden Resultaten führen, lag vo 10 - 20 Jahren so weit zurück, daß vom äußersten Flügel der Manchesterleute bis zu den "Staatssozialisten" fast  jedermann  annahm, natürlich oder gerecht sei jener mit den  Kosten  harmonierende Betrag, auf den freie Konkurrenz den Preis herabzudrücken tendiert. Darauf zielte der Beschluß des Volkswirtschaftlichen Kongresses von 1873, darauf die Ausführungen JOHN STUART MILLs und A. WAGNERs, darauf aber auch die Auslassung des Reichseisenbahnamts vom Juni 1874: "Wenn die volkswirtschaftlichen Gesetze über den Wert der Güter ..., wie solche im freien wirtschaftlichen Leben  naturgemäß zur Geltung kämen -  auf die Eisenbahntransporte in Anwendung gebracht würden, so  könne  bei der Festsetzung der Bahnfrachtsätze jedenfalls nicht der Verkaufswert der zu transportierenden Güter ..., sondern lediglich die von der Bahnverwaltung im Transport gewährte Dienstleistung, d. h. die mit dem Transport verbundene Mühe und Arbeit, die durch denselben bedingten  Kosten  den Ausschlag geben usw." (weiteres im Aufsatz von der Preisgestaltung, 1880, Seite 310f). In England ist diese den üblichen Vorstellungen vom angemessenen Preis durchaus entsprechende Ausrucksweise bis auf PETTY zurückzuverfolgen (A treatise on taxes and contributions, London 1667, Seite 31): Wenn zwei Dinge gleiche Kosten verursacht haben, so sei, heißt es dort, eines der natürliche Preis des anderen.
    15) Diesseits wird letzterer Ausdruck vertreten (Preislehre 1890, Seite 276) der andere z. B. von CARL von NEUMANN (Eisenbahntarifwesen im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. III, 1891)
    16) Gegen manche Übertreibung, die sich an diese Worte knüpft, ist ebenso wie gegen die Ableitung  aller  Gesetze aus dem  Eigennutz  meinerseits Einspruch erhoben worden in "Gestaltung der Preise", Seite 228f und "Preislehre", Seite 257f
    17) Desgleichen jenes, wonach die Preise notwendiger Dinge besonders stark schwanken etc.
    18) "Von Hindernissen, die dem Inslebentreten jener Tendenz entgegenstehen und  nicht  von  Ausnahmen  der Regel, daß der Preis durch die Kosten bestimmt wird, hat man zu sprechen. Denn eine solche  Regel existiert nicht,  also auch keine Ausnahme von ihr. In Frage kommt nur jene Tendenz. Und diese cessiert [wird aufgegeben - wp] im Grunde niemals, da sie auf zum Wesen des Menschen gehörigen Dingen beruth. Aber sie wird in den Hintergrund gedrängt, durchkreuzt und mehr oder minder unwirksam gemacht durch Umstände und Kräfte, die daneben wirksam sind." (Die Gestaltung des Preises, 1880, Seite 285)
    19) Die übliche, früher auch vom Verfasser vertretene Annahme geht von einer allgemeinen Tendenz der Löhne aus, sich diesem  Familien kostenbeitrag zu näher, derart, daß auch der künftige  Bedarf an Arbeitern  gedeckt bleibt. Doch unterliegt gerade diese Annahme manchem Einwand.
    20) In welchem Umfang insbesondere preußische Gemeindeverwaltungen  trotz  entgegenstehender Bestimmungen sich durch jene Billigkeitsgefühle bestimmen ließen, derartige Erleichterungen eintreten zu lassen, habe ich in meiner Progress-Einkommenssteuer (Leipzig 1874, Seite 87f) zu zeigen versucht. "Es ist da" - so heißt es dort am Schluß - "trotzdem nach dem bezüglichen Steuerregulativ eine "reine Einkommenssteuer" erhoben werden soll, gewissermaßen durch die Natur der Dinge,  durch die Schwerkraft der gesunden Vernunft,  die über schlechte Bestimmungen "in Gerichtsgebrauch" und auf andere Weise den Sieg davonträgt, ...  contra legem  der Gedanke zum Durchbruch gekommen, daß in den unteren Stufen wenigstens jene Steuer nicht allein nach dem Einkommen erhoben werden  dar,  sondern andere die  Leistungsfähigkeit  bedingende Umstände dabei zu berücksichtigen sind."
    21) Freilich nicht gegen regelmäßige Wiederkehr von Tendenzen.