ra-2A. CartellieriCarlyleA. LiebertE. BurkeKropotkinTocqueville    
 
FRITZ ANNEKE
Der amerikanische Bürgerkrieg
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"Das niederträchtige Komplott, welches vor vierzig Jahren geschmiedet wurde, um die Zügel dieser Regierung zur Ausplünderung des Südens und zur Ausrottung seiner Institutionen zu ergreifen, ist Tag für Tag herangereift, bis die Stunde seiner Ausführung gekommen ist. Eine Woge des Angriffs nach der andern ist über diese Union geflutet, hat die Verfassung in tausend Trümmer zerschmettert und wird uns bald unter ihren Fluten begraben, wenn wir nicht unsere Brust dem Unwetter entgegenstemmen und tapfer Widerstand leisten. Ja, ja, meine Freunde, die flammenden Blicke und die strahlenden Gesichter, die ich um mich sehe, sagen mir, daß ihr Widerstand leisten werdet. Ja, ja, denkt an die berühmte Maxime, daß Widerstand gegen die Tyrannen Gehorsam gegen Gott ist. Welchen Wert hat diese Union jetzt für uns? Ja, meine Freunde, diese Union, von der so manche in Ausdrücken des Lobes sprechen, ihre Tugenden, ihr Geist, ihr Glanz sind für immer dahin. Sie ist jetzt ein totes Aas, dessen Gestank die Nasen des Südens beleidigt."

Schon von dem Tag an, an welchem die republikanische Konvention in Chicago ihre Platform aufgestellt und ihre Kandidaten ernannt hatte, erhob sich in den Sklavenstaaten das seit 40 Jahren so oft schon gehörte Geschrei: "Die Fanatiker des Nordens wollen unser gutes Recht mit Füßen treten. Das dulden wir nicht; lieber sagen wir uns von der Union los." Mit dieser Drohung und der nötigen Zugabe von Gewalttaten und Bestechungen hatte der Süden bisher alles durchgesetzt, was er wollte. Im Wahlkampf von 1860 erreichte er damit zumindest das, daß die republikanischen Kandidaten eine weit geringere Stimmenzahl erhielten, als sie ohne das drohende Geschrei erhalten haben würden. "Seht nur", sagten die ängstlichen, friedfertigen Teiggesichter des Nordens, denen die Ruhe über alles ging, "seht, in welch furchtbarer Aufregung sich die Sklavenstaaten befinden; im ganzen Süden herrscht Schrecken und Trauer. Laßt es also nicht aufs Äußerste ankommen; stimmt nicht für die Kandidaten der republikanischen Fanatiker, sondern stimmt für konservative Kandidaten, für  Bell  oder  Douglas."  Durch diesen nördlichen Widerhall des südlichen Geschreis wurden LINCOLN viele Stimmen entzogen und seinen Gegnern zugewandt.

In dem Maße, wie die Siegesaussichten der republikanischen Partei wuchsen, nahmen auch die Drohungen der Feuerfresser des Südens zu. Zur Charakterisierung dieser Drohungen führe ich einige Äußerungen der südlichen Presse aus dem Monat Oktober hier an.
    "Die rauschenden Wogen des schwarzen Republikanismus", sagte der  Nashville American,  "schlagen an unsere Füße; ihr Schaum spritzt uns bereits ins Gesicht. Was haben wir zu tun, um nicht ersäuft zu werden von ihrem weiteren Vordringen? Möge der Süden einen soliden Damm bilden, und die tollen Wogen des Fanatismus werden vergebens dagegen anstürmen. Laßt uns Parteivorurteile beiseite setzen; laßt uns unsere inneren Zwistigkeiten heilen und der Gefahr als Patrioten ins Auge blicken. Parteitriumphe sind nutzlos, wenn Tollheit die Stunde beherrscht, wenn unsere Rechte durch den eisernen Huf der Gewalt in den Staub getreten und unsere verfassungsmäßigen Garantien von zügelloser Frechheit mißachtet werden.  Breckinridge  ist unsere erste Wahl. Wir nehmen auch  Douglas  an, auch  Bell;  aber  Lincoln niemals!" 
Das "Sketch Book", welches in Auburn, im Staat Alabama, erscheint, schrieb:
    "Mag es nun zur Trennung, zur Revolution, oder wozu sonst kommen - Eins ist gewiß:  Lincoln  kann  niemals  Präsident der südlichen Staaten sein! Im Fall seiner Wahl werden wir keinen Präsidenten haben, bis entweder die schwarz-republikanische Partei von ihrer Stellung zurücktritt und uns die Erwählung eines nationalen Mannes möglich macht, oder bis wir durch ihre Weigerung gezwungen werden, einen Präsidenten für uns selbst zu wählen. Dafür müssen wir kämpfen."
Diese Bewegung in den südlichen Staaten war übrigens damals keineswegs eine allgemeine. Viele der einflußreichsten Blätter erklärten sich sehr entschieden dagegen. So sagte der "New Orleans Picayune" in einem längeren Artikel, der sich ausführlich über die segensreichen Folgen des Staatenbundes für das ganze Land und besonders für den Süden verbreitete, Folgendes:
    "Wer will die Segnungen, welche die Union uns gebracht hat, gegen die ungewissen Resultate einer Revolution eintauschen? Wer will alles das, was uns teuer ist, aufs Spiel setzen um einer ungewissen Furcht willen, die man wegen der Zukunft hegt? Wer wird nicht seiner Nationalität nur umso treuer sein, wenn die Wolken am dunkelsten sind, und das Licht nur schwach durch ihre zusammengeballten Massen dringt!"
Wie stark die Opposition war, kann man am besten aus folgenden Äußerungen des "Clayton Banner" entnehmen:
    "Wir zweifeln nicht daran, daß Süd-Carolina bereit ist, sich im Fall von  Lincolns  Wahl loszusagen und falls kein anderer Staat sich an die Spitze stellen will, so sagen wir jetzt, obgleich wir seither für ein gemeinschaftliches Handeln waren: Laßt Süd-Carolina zuerst gehen, wenn nicht binnen drei Wochen nach der Wahl  Lincolns  Georgia, Texas, Mississippi, Florida oder Alabama den Anfang macht. Aber wie soll es geschehen? Das ist die Frage. Wir meinen, daß es mittels eines  Staatsstreichs  geschehen muß, wenn nicht die Geschichte durchfallen und fehlschlagen soll."
Diese Staatsstreichpolitik wurde dann auch wirklich eingeschlagen und bei der ganzen Sezessionsbewegung als Regel befolgt.

Süd-Carolina, welches von je her allen übrigen Sklavenstaaten in Drohungen und frechen Anmaßungen gegen den Norden voraus gewesen war und sich schon mehrmals in rebellischen Bewegungen gegen die Bundesbehörden versuchte hatte, machte den Anfang. Schon vor der Präsidentenwahl hatte der Gouverneur des Staates die Legislatur zu einer außerordentlichen Sitzung berufen, damit sie im Fall von LINCOLNs Wahl sofort Maßnahmen "zum Schutz der Rechtes des Staates" beschließen kann. Kaum hatte der Telegraph die Berichte über die Präsidentenwahl vom 6. November gebracht, welche LINCOLNs Wahl außer Zweifel stellten, so beschloß die Legislatur, auf den 17. Dezember eine Staatskonvention, das heißt eine Versammlung von Abgeordneten mit konstituierender Gewalt, zu berufen, welche über die Lossagung des Staates von der Union beschließen sollte. Gleich darauf legten die meisten Bundesbeamten in und für Süd-Carolina, Richter, Bundesanwälte, Marschälle usw., ihre Funktionen nieder, so daß die Bundesregierung innerhalb der Grenzen des Staates tatsächlich außer Kraft gesetzt war.

Um dieselbe Zeit fanden in allen "Baumwoll-" und "Zucker"-Staaten, zu denen außer Süd-Carolina noch Georgia, Florida, Alabama, Mississippe, Louisiana und Texas gehören, Versammlungen statt, welche sich für die Losreißung von der Union erklärten. Die Feuerfresser bemächtigten sich überall der Gewalt und terrorisierten das Volk. Sie entwickelten die größte Tätigkeit und Energie, während die konservativen Elemente, die Anhänger der Union, von Tag zu Tag mutloser wurden und sich am Ende ganz vom Kampfplatz der Öffentlichkeit zurückzogen, um den Dingen freien Lauf zu lassen. Als eine Probe von dem Ton, welchen die Feuerfresser anschlugen, möge ein Auszug aus einer der Reden dienen, welche am 15. November bei einer Volksversammlung in Charleston gehalten wurden. Derselbe lautet:
    "Das niederträchtige Komplott, welches vor vierzig Jahren geschmiedet wurde, um die Zügel dieser Regierung zur Ausplünderung des Südens und zur Ausrottung seiner Institutionen zu ergreifen, ist Tag für Tag herangereift, bis die Stunde seiner Ausführung gekommen ist. Eine Woge des Angriffs nach der andern ist über diese Union geflutet, hat die Verfassung in tausend Trümmer zerschmettert und wird uns bald unter ihren Fluten begraben, wenn wir nicht unsere Brust dem Unwetter entgegenstemmen und tapfer Widerstand leisten. Ja, ja, meine Freunde, die flammenden Blicke und die strahlenden Gesichter, die ich um mich sehe, sagen mir, daß ihr Widerstand leisten werdet. Ja, ja, denkt an die berühmte Maxime, daß Widerstand gegen die Tyrannen Gehorsam gegen Gott ist. Süd-Carolina hat den ersten Schritt getan, um seine Stellung unter den Nationen der Erde einzunehmen, und Süd-Carolina wird feststehen. Die Totenglocke dieser Union hat geläutet, und er muß untergehen dieser Bund, sollte er auch in Strömen Blutes und in unendlichem menschlichen Elend untergehen. Welchen Wert hat diese Union jetzt für uns ? Dreitausend Millionen Eigentum kommen hierbei in Frage, und wenn ihr an der Wahlurne sagt, daß Süd-Carolina sich nicht losreißen soll, so legt ihr das Opfert von dreitausend Millionen eures Eigentums hinein. Ja, meine Freunde, diese Union, von der so manche in Ausdrücken des Lobes sprechen, ihre Tugenden, ihr Geist, ihr Glanz sind für immer dahin. Sie ist jetzt ein totes Aas, dessen Gestank die Nasen des Südens beleidigt. O, meine Freunde, eine breite und tiefe Scheidelinie ist zwischen dem Norden und Süden gezogen, und diese Scheidelinie wird für immer bleiben. Ein unüberschreitbarer Strom rollt zwischen dem Süden und Norden und wird die beiden feindseligen Länder ewig getrennt halten. Die zukünftige Politik Süd-Carolinas, hoffe ich zu Gott, wird keinen Schritt rückwärts gehen. Ich sage heute: Süd-Carolina muß sich lostrennen und wird sich lostrennen!"
Eine solche, bloß auf die Leidenschaft der unwissenden Masse berechnete Sprache - und die Masse in den Sklavenstaaten ist unendlich unwissend, da ihr systematisch jede Belehrung vorenthalten wird - konnte ihre Wirkung nicht verfehlen.

Dem Beispiel von Süd-Carolina folgte zunächst Georgia. In der Legislatur dieses Staates, welche seit Anfang November in Sitzung war, wurden gleich nach der Präsidentenwahl eine Menge Anträge gestellt, die sich auf die Lossagung des Staates bezogen. Einige Mitglieder verlangten, daß die Lossagung augenblicklich dekretiert wird. Die konservativen und besonneneren Mitglieder ließen sich jedoch nicht fortreißen, und da sie durch konservative Volksversammlungen in einem großen Teil des Staates, welche sich für das Verbleiben bei der Union aussprachen, unterstützt wurden, kam erst nach langen Debatten am 21. November ein Beschluß zustande, welcher die Wahl von Abgeordneten zu einer Staatskonventon auf den 3. und den Zusammentritt auf den 16. Januar anordnete.

Der Gouverneur von Mississippi berief die Legislatur auf den 26. November zu einer außerordentlichen Sitzung;
    "weil", wie er sich in der betreffenden Proklamation ausdrückt, "das Volk der nicht-sklavenhaltenden Staaten in verschiedenen Formen Absichten ausgesprochen hat, welche den Institutionen der sklavenhaltenden Staaten feindlich sind, und die Staatsregierungen fast aller nördlichen Staaten den bestimmten Vorsatz kundgegeben haben, ihren konstitutionellen Verpflichtungen aus dem Weg zu gehen und unter Mißachtung ihrer Eidschwüre Krieg gegen die Rechte und Institutionen der südlichen Staaten zu führen; und weil ferner die Wahl der Herren  Lincoln  und  Hamlin  beweist, daß die, welche weder die Konstitution achten, noch den Gesetzen gehorchen, noch sich an ihre Eide binden, jetzt die Macht haben, zu den höchsten Bundesämtern Leute zu wählen, welche mit ihnen in all ihrem tollen Eifer, den Frieden, das Eigentum und das Glück des Südens zu vernichten, sympathisieren, und welche die Macht der Bundesregierung dazu benutzen werden, all die Zwecke, um derentwillen sie gegründet wurde, zu vereiteln."
Als die Legislatur sich am 26. November versammelte, legte der Gouverneur ihre eine Botschaft vor, worin er alle das Unrecht, das der Norden dem Süden zugefügt hat, mit diesen Worten schildert:
    "Sie haben eine niedrige Selbstsucht an den Tag gelegt, indem sie sich aller Territorien bemächtigt haben, welche das gemeinsame Eigentum aller Staaten sind. Sie haben sich mit Vorbedacht bemüht und haben es fertig gebracht, eine Generation zum Haß gegen den Süden zu erziehen. Sie haben geschworen, die Bundesverfassung aufrechtzuerhalten und haben Gesetze in der offenbaren Absicht erlassen, eine der deutlichsten Bestimmungen jenes Vertrages zu verletzen. Sie haben große Geldsummen in den Kongreß geschickt, um die Mitglieder jenes Körpers zu bestechen, damit sie Gesetze zur Förderung ihrer Privatinteressen erlassen. Sie haben versucht, uns in der Achtung anderer Nationen herabzusetzen, indem sie uns als Barbaren, Piraten und Räuber denunzierten, die nicht in die Gesellschaft von Christen oder zivilisierten Menschen passen. Sie haben unsere Sklaven zur Insurrektion aufgereizt, haben ihnen geraten, unser Eigentum zu verbrennen, unser Volk zu ermorden, und haben ihnen Waffen und Munition geliefert, um sie in ihrem blutigen Werk zu unterstützen. Sie haben Männer des Südens, die sich in der gesetzmäßigen Verfolgung ihrer flüchtigen Sklaven befanden, ermordet und haben es unterlassen, ihre Bürger für diese flagranten Verletzungen der Gesetze Gottes und der Menschen zu bestrafen."
Im Mund dieses Gouverneurs waren diese Behauptungen, die teils völlig aus der Luft gegriffen sind, teils auf groben Entstellungen beruhen, mehr als kühn; aber sie taten ihre Wirkung, auf die sie berechnet waren. Die Legislatur des Staates beschloß, daß am 20. Dezember eine Wahl von Delegaten zu einer Staatskonvention stattfinden und die Konvention am 7. Januar zusammentreten soll. Sie ernannten außerdem Bevollmächtigte, welche im Namen Mississippis mit den Legislaturen oder Konventionen aller übrigen Sklavenstaaten Unterhandlungen über ein gemeinsames Vorgehen anknüpfen sollten.

Die Legislatur des Staates Louisiana wurde zu einer außerordentlichen Sitzung auf den 10. Dezember berufen. Was sie beschließen würde, konnte nicht mehr zweifelhaft sein, seitdem verschiedene Volksversammlungen in New Orleans sich für eine Lostrennung von der Union und die Bildung eines südlichen Staatenbundes erklärt hatten. Die Legislaturen von Alabama und Florida beschlossen die Einberufung von Staatskonventionen auf den 7., bzw. den 3. Januar 1861. In Texas wurde Gouverneur HOUSTON, ein entschiedener Gegner der Union, hart gedrängt, um eine außerordentliche Sitzung der Legislatur zu berufen, weigerte sich aber diesen Schritt zu tun, solange nicht eine Mehrheit des Volkes darauf besteht. Die Sezessionspartei arbeitete unterdessen mit großem Eifer auf ihr Ziel hin und war entschlossen, dasselbe um jeden Preis, mit oder ohne Gouverneur, zu erreichen. Durch brutale Gewalttaten an ihren Gegnern, namentlich an Personen aus dem Norden, welche damals in allen vom Sezessionsfieber ergriffenen Gegenden an der Tagesordnung waren, zeichnete sie sich mehr, als in irgendeinem der anderen Baumwollstaaten aus.

In den übrigen acht Sklavenstaaten blieb es verhältnismäßig ruhig. Delaware, das nach dem Zensus von 1860 auf 110 548 Freie nur 1805 Sklaven zählte, hatte gar keine Sympathie für den Süden. Von Maryland, Arkansas und Missouri hörte man wenig oder gar nichts. Kentucky sprach sich durch seine Presse und durch die Stimme seines Gouverneurs MAGOFFIN für die Union aus. In einem Brief zur Beantwortung der Frage: "Was wird Kentucky tun?" sagte derselbe: "Die Wahl  Lincolns  ist kein Grund zur Losreißung oder Rebellion und wird auch vom Volk dieses Staates nicht so angesehen." Erst dann, sagt er im weiteren Verlauf des Briefes, würde der Süden Ursache zur Loslösung haben, wenn die republikanische Partei tatsächlich seine Rechte verletzen würde. In Tennessee, Virginia und Nord-Carolina war eine starke und lärmende Sezessionspartei; aber die Unionsmänner hielten ihr die Stange. Virginia, "die Mutter Staatsmänner", zählte unter seinen Politikern einige der hervorragendsten und ehrgeizigsten Führer der Sezessionsbewegung, wie z. B. den Ex-Gouverneur WISE, einen Mann, der auf jede Weise bemüht ist, sich hervorzutun, und der danach strebt, wenigstens Präsident eines Sklavenstaatenbundes zu werden, nachdem es ihm nicht gelungen ist, sich in den Präsidentensessel der Vereinigten Staaten zu drängen. Diese Leute bramarbasierten [prahlten - wp] und lärmten; aber es gelang ihnen nicht, den Staat Virginia im Sturm mit fortzureißen. Der Gouverneur berief zwar schon im November eine außerordentliche Sitzung der Legislatur ein, aber erst auf den 7. Januar und keineswegs ausschließlich, sondern nur nebenbei wegen der Sezessionsfrage. Der Gouverneur von Tennessee gab dem Verlangen der Sezessionisten, eine Extrasitzung der Legislatur anzuordnen, ebenfalls so weit nach, daß er dieselbe auf den 7. Januar ansetzte. Die Gesetzgebung von Nord-Carolina eröffnete Ende November ihre regelmäßige Sitzung. Der Gouverneur empfahl ihr, eine Staatskonvention einzuberufen, ein Gesetz zur Organisation der Miliz, welches die Einreihung aller waffenfähigen Männer vom 18. bis zum 45. Jahr vorschreibt, und ein anderes zur Bildung einer Freiwilligenarmee von 10 000 Mann zu erlassen. Es ließ sich jedoch voraussehen, daß sich die Legislatur zumindest mit den Schritten der Lostrennung des Staates nicht sehr beeilen würde.

Süd-Carolina hatte mittlerweile ebenfalls, wie Mississippi, Bevollmächtigte an alle anderen Sklavenstaaten geschickt, um dieselben zu einem Bündnis aufzufordern. Bis zur Wiederversammlung der Legislatur, deren regelmäßige Jahressitzung am 27. November eröffnet wurde, waren nur von Alabama und Mississippi zustimmende Antworten eingelaufen, während mehrere nördliche Sklavenstaaten den guten Rat erteilten, Süd-Carolina möge sich mäßigen und nicht kopflos in eine Bewegung hineinstürzen, in der es untergehen könnte. Mit Beziehung hierauf sagte der Gouverneur des Staates in seiner Jahresbotschaft, alle Hoffnung auf ein gemeinschaftliches Handeln von Seiten des Südens sei verloren, und es bleibe Süd-Carolina nichts anderes übrig, als im Einklang mit seiner Ehre, seinen Interessen und seiner Sicherheit zu handeln und gerade auf sein Ziel loszugehen, ohne nach rechts oder nach links zu blicken. Die Botschaft empfiehlt dann eine Reihe von Gesetzen und Maßregeln, die darauf berechnet sind, den Staat auf eine selbständige Basis zu stellen, eine starke Streitmacht zu organisieren und jeden Angriff auf die Institution der Sklaverei, durch Rede oder Schrift, auf das Strengste zu bestrafen. Zum Schluß bricht der Gouverneur in die pathetischen Worte aus:
    "Ich kann mir nicht erlauben, die gegenwärtige oder zukünftige Bundesregierung für so toll oder so leidenschaftlich zu halten, daß sie versuchen sollte, Süd-Carolina nach seiner Lossagung dadurch zu zwingen, daß sie die Übergabe der Hafenverteidigungen verweigerte, oder dem Einfuhr- oder Ausfuhrhandel hindernd in den Weg tritt. Sollte ich mich aber hierin täuschen, so müssen wir den Kampf annehmen, wie es freien Männern geziemt, welche den Untergang tausendmal der Schmach vorziehen."
Die Legislatur machte sich sofort eifrig ans Werk, Gesetze und Maßregeln, wie sie der Gouverneur empfohlen hatte, zu entwerfen und zu beraten.

Dies war der Stand der Dinge in den Sklavenstaaten, als die Sitzung des Kongresses am 3. Dezember 1860 eröffnet wurde. Süd-Carolina hatte sich, wenn auch noch nicht durch einen förmlichen Beschluß, doch bereits tatsächlich von der Union losgesagt. Georgia, Alabama, Florida, Mississippi, Louisiana und Texas standen im Begriff, zu folgen. Ein großer Teil der Bundesbeamten in diesen Staaten hatte resigniert und täglich liefen neue Resignationen ein. Die übrigen Sklavenstaaten hielten teils noch fest zur Union, teils hatten sie eine abwartende und beobachtende Haltung eingenommen.

Sehen wir jetzt zu, wie sich der exekutive und legislative Zweig der Bundesregierung gegen die Bewegung verhielten.

Präsident BUCHANAN hatte bis zur Eröffnung der Kongreßsitzung gar nichts gegen die Bewegung getan. Seine Ansichten über den Gegenstand legte er in seiner Jahresbotschaft dar, aus der ich einige der wichtigsten Punkte in größerer Ausführlichkeit hervorhebe, weil sie wesentlich dazu dienen, denjenigen europäischen Lesern, welche mit den amerikanischen Verhältnissen nicht näher vertraut sind, die ganze Sachlage besser klar zu machen.

Zunächst beschäftigt sich der Präsident mit den Klagen und Beschwerden des Südens. In diesem Punkt nimmt er, wie sich nicht anders von einem Mann, der von der Sklavenhalterpartei gewählt worden war und sich während seiner ganzen Amtsdauer eifrig bemüht hatte, ihr Interesse wahrzunehmen, erwarten läßt, ganz und gar Partei für den Süden. Er schlägt ganz denselben Ton an, wie der Gouverneur eines Sklavenstaates, oder ein Redner in Charleston in Süd-Carolina.
    "Die lange fortgesetzte und maßlose Einmischung des Volkes des Nordens in die Frage der Sklaverei in den südlichen Staaten," sagt er, "hat endlich ihre natürlichen Folgen hervorgebracht. Die verschiedenen Sektionen der Union sind jetzt gegeneinander in einer Schlachtordnung aufgestellt, und die vom Vater dieses Landes so sehr gefürchtete Zeit ist gekommen, wo geographische Parteien gebildet worden sind. Ich habe die jetzt schwebende Gefahr lange vorausgesehen und meine Landsleute oft davor gewarnt. Dies kommt nicht allein von den Ansprüchen von Seiten des Kongresses oder der Territoriallegislaturen, die Sklaverei von den Territorien auszuschließen, noch von den Bemühungen verschiedener Staaten, die Vollziehung des Sklavenfanggesetzes zu vereiteln. Alle diese Übel könnte der Süden ohne Gefahr für die Union erdulden, in der Hoffnung, daß Zeit und Nachdenken sie heilen werden. Die unmittelbare Gefahr entspringt nicht so sehr aus diesen Ursachen, als aus der Tatsache, daß die unaufhörliche und heftige Agitation der Sklavereifrage im ganzen Norden während des letzten Vierteljahrhunderts endlich ihren verderblichen Einfluß auf die Sklaven ausgeübt und denselben vage Begriffe von Freiheit beigebracht hat. Deshalb besteht nicht länger mehr ein Gefühl der Sicherheit am Familienaltar. Dieses Gefühl des heimischen Friedens hat Befürchtungen vor einer Sklavenerhebung Platz gemacht. Manche Hausfrau im Süden begibt sich Abends zur Ruhe in Furcht und Schrecken vor dem, was sie und ihre Kinder noch vor Morgen überfallen kann. Sollte diese Befürchtung vor häuslicher Gefahr, sei sie unbegründet oder eingebildet, sich ausbreiten und tiefer eindringen, bis sie in den Massen des südlichen Volkes lebt, dann ist die Trennung der Union unvermeidlich. Selbsterhaltung ist das erste Gesetz der Natur, und keine politische Union, welchen Segen und welche Wohltaten sie auch in anderen Beziehungen mit sich führen mag, kann langen Bestand haben, wenn es eine notwendige Folge derselben ist, daß sie die Heimstätten und den Herd fast der Hälfte der beteiligten Parteien beständig und hoffnungslos unsicher macht."
Es dürfte am Platz sein, bevor ich weiter gehe in der Anführung der wichtigsten Stellen der Präsidentenbotschaft, hier einzuschalten, was zwei der bedeutendsten Journale der Sklavenstaaten kurz vor dem Erscheinen der Botschaft über denselben Gegenstand, den der Präsident im Vorstehenden berührt hat, über die Klagen, Beschwerden und Drohungen der Feuerfresser, zu deren Mundstück der Präsident sich macht, schrieben. Der "Missouri-Demokrat" sagte:
    "Wir stellen die wohlüberlegte Behauptung auf, daß die südlichen Angreifer der republikanischen Partei die Urheber dieses gefährlichen Wahnes der Sklavenbevölkerung und all derjenigen Akte sind, welche demselben folgten oder noch folgen mögen. Der Sklave hat ein seltsames Geräusch in der Luft vernommen, wo immer er über die republikanische Partei von ihren Gegnern sprechen hörte. Er hat den weißen Mann, seinen Eigentümer, in öffentlichen Versammlungen erklären hören, daß der einzige Zweck jener Partei die Abschaffung der Sklaverei ist. Dies ist ihm so oft in die Ohren geklungen, die Presse und die Volksredner haben es so häufig wiederholt, daß er es schließlich glaubt. Er hat es ja aus dem Mund derjenigen, auf die er nach Belehrung blickt, gehört. Ist er fromm, so singt er seine Hymnen mit größerer Emphase, indem er sich einbildet, er sei bereits in das glückliche Land Kanaan versetzt; ist er aber anders disponiert, so schmiedet er wahrscheinlich Pläne, um das große Ereignis zu beschleunigen. Daß Friedensstörungen aus der bitteren Enttäuschung, die er erleiden muß, folgen, liegt in der Natur der Dinge."
Das andere Blatt, die "Commonwealth", welches in Frankfort, im Staat Kentucky, erscheint, sprach sich noch viel deutlicher und energischer aus.
    "Wenn das Volk von Süd-Carolina, Alabama, Georgia oder Mississippi" - so lauten seine Worte - "sich von der Union oder der Konstitution loszusagen wünscht, möge es das tun. Möge es sich mit einer chinesischen Mauer umgeben, wenn das sein Wunsch ist; wir wollen gern unser Scherflein zu den nötigen Bausteinen beitragen. Möge es tun, was ihm gefällt, aber unter der Bedingung, der Bedingung nämlich, daß die Lostrennung eine endgültige sein soll. Die Abwesenheit dieser Leute würde eine unberechenbare und unschätzbare Erleichterung für das Volk der Vereinigten Staaten sein. Es würde uns alle vier Jahre eine große Menge Wind und Konfusion und Unsinn erspart werden. Bei jeder Präsidentenwahr erinnern uns diese politischen Freibeuter an jenen armen Franzosen, der sich mit einem reichen Mann in ein Zimmer einschloß und demselben drohte, er würde sich eine Kugel durch den Kopf jagen und ihn dann des Mordes beschuldigen, wenn er ihm nicht auf der Stelle 500 Dollar zahlt. Alle vier Jahre blähen sich diese südlichen Doch Quichottes mit schlechtem Schnaps und noch schlechterer Logik auf und erzählen dem Volk, wenn es nicht das und das tue, so würden sie, die Don Quichottes, sich von der Union lossagen. Mögen sie sich lossagen und ver... -, nein, gesegnet sein. Wir haben ihre Gasconaden [Prahlereien - wp], ihre fürchterlichen Drohungen, ihre blutigen Prophezeiungen herzlich satt. Sie waren nie auf mehr berechnet, als alte Weiber und kleine Kinder zu schrecken."
Ich kehre zur Botschaft des Präsidenten BUCHANAN zurück. Trotz des schreienden Unrechts, welches seiner Meinung nach den Sklavenstaaten schon seit einem Vierteljahrhundert zugefügt worden ist, und trotz der ferneren Gefahren, welche ihnen von der republikanischen Partei drohen sollen, erblickt der Präsident in der bloßen Tatsache einer Wahl LINCOLNs keinen Grund für sie zur Trennung von der Union. Ebensowenig findet er einen solchen Grund in der Behauptung, daß ihnen die Gleichberechtigung mit den übrigen Staaten in den gemeinsamen Territorien verweigert würde, da diese Gleichberechtigung ausdrücklich vom Kongreß anerkannt und in der Dred-Scott-Entscheidung durch das Oberbundesgericht feierlich sanktioniert worden ist.

Eine schreiende Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Pflichten sieht der Präsident in den Gesetzen mehrerer Staaten - den sogenannten "Personal-Liberty-Bills" -, welche dazu bestimmt sind, die Vollziehung des Sklavenfanggesetzes zu vereiteln. Obgleich daraus noch kein praktischer Nachteil erwachsen ist, indem alle Gerichtshöfe das Sklavenfanggesetz als gültig anerkannt und die gegenwärtigen Bundesbehörden dasselbe in jedem vorgekommenen Fall vollstreckt haben, während die zukünftigen voraussichtlich ebenso handeln werden, meint doch der Präsident, daß
    "die südlichen Staaten das Recht haben, die Aufhebung jener widerstrebenden Gesetze als eine Akt der Gerechtigkeit zu verlangen." "Sollte das verweigert werden", fährt er fort, "dann würde die Verfassung, bei welcher alle Staaten Parteien sind, absichtlich von einem Teil derselben verletzt worden sein, verletzt in einer Vorschrift, welche für den häuslichen Frieden und das Glück des Restes wesentlich ist. In diesem Fall würden die beeinträchtigten Staaten, nachdem sie zuerst alle feindlichen und verfassungsmäßigen Mittel, um Abhilfe zu erlangen, in Anwendung gebracht, zum revolutionären Widerstand gegen die Regierung der Union berechtigt sein."
Was den Charakter der Gesetze, auf die der Präsident hier so großes Gewicht legt, betrifft, so sind dieselben nur darauf berechnet, die farbigen Bürger der betreffenden Staaten vor der Gefahr zu schützen, daß sie aufgrund des leichtfertigen Verfahrens, welches das Sklavenfanggesetzes vorschreibt, in die Sklaverei geschleppt werden können und die Ausführung des verhaßten Gesetzes lediglich den Bundesbeamten zur Last zu legen. Keins derselben aber verhindert diese Ausführung, keins tritt der Auslieferung eines flüchtigen Sklaven, dessen Identität gehörig erwiesen ist, hemmend in den Weg. Tatsächlich ist auch kein einziger entflohener Sklave durch diese Gesetze vor der Auslieferung geschützt worden.

Mit großer Ausführlichkeit und Gründlichkeit untersucht der Präsident die Frage, ob ein Staat verfassungsmäßig das Recht habe, sich von der Union loszusagen. Da diese Frage von besonderer Wichtigkeit ist, indem die Sklavenstaaten fast ohne Ausnahme ein solches Recht behaupteten, lasse ich den betreffenden Teil der Botschaft unverkürzt hier folgen.
    "Ich habe meine Bemerkungen absichtlich auf revolutionären Widerstand beschränkt, weil in den letzten Jahren die Behauptung aufgestellt worden ist, jeder Staat könne nach seinem souveränen Willen und Belieben, im Einklang mit der Konstitutioin und ohne irgendeine Verletzung der Konstitutionellen Rechte der übrigen Mitglieder des Bundes, aus der Union austreten; wie jeder durch die Abstimmung seines eigenen, in einer Konvention versammelten Volkes Teilhaber an der Union geworden ist, so kann auch jeder in ähnlicher Weise durch die Abstimmung einer solchen Konvention sich wieder von der Union zurückziehen. Eine solche Auffassung ist sowohl mit der Geschichte, wie auch mit dem Charakter der Bundesverfassung ganz und gar unvereinbar. Nachdem sie mit der größten Überlegung und Sorgfalt gebildet worden war, wurde sie Volkskonventionen der verschiedenen Staaten zur Ratifizierung unterbreitet. Ihre Bestimmungen wurden in diesen Körpern, die aus den ersten Männern des Landes bestanden, ausführlich erörtert. Ihre Gegner behaupteten, daß sie der Bundesregierung Befugnisse beilegt, welche den Rechten der Staaten gefährlich sind; worauf ihre Anhänger entgegneten, daß bei einer ehrlichen Auslegung des Instrumentes kein Grund zu solchen Befürchtungen vorhanden sind. Bei diesem großartigen Kampf zwischen den ersten Köpfen irgendeines Landes fiel es nie jemandem ein, weder unter ihren Gegnern, noch unter ihren Anhängern, zu behaupten, oder auch nur anzudeuten, daß alle ihre Bemühungen vergebliche Arbeit sind, weil irgendein Staat in dem Augenblick, wo er sich verletzt fühlt, aus der Union ausscheiden kann. Was für ein niederschmetterndes Argument würde dies gegen diejenigen gewesen sein, welche befürchteten, daß die Rechte der Staaten durch die Verfassung gefährdet werden könnten!"

    Erst viele Jahre nach Bildung der Bundesregierung wurde zum erstenmal eine solche Behauptung vorgebracht. General  Jackson  wies sie mit folgenden bündigen Worten zurück, als er am 16. Januar dem Kongreß die Nullifikations-Ordonnanz von Süd-Carolina vorlegte: "Das Recht des Volkes eines einzelnen Staates, sich beliebig und ohne Zustimmung der übrigen Staaten von seinen feierlichsten Verpflichtungen loszusagen und Freiheit und Glück der Millionen aufs Spiel zu setzen, welche die Union bilden, kann nicht anerkannt werden. Eine solche Befugnis verstößt aufs Entschiedenste sowohl gegen die Prinzipien, auf welche die Bundesregierung gegründet wurde, als auch gegen die Zwecke, die zu erreichen sie ausdrücklich bestimmt war."

    Es wird nicht behauptet, daß irgendeine Klausel in der Konstitution einer solchen Theorie Halt verleiht; sie wird lediglich aus dem souveränen Charakter der verschiedenen Staaten, welche die Verfassung ratifizierten, hergeleitet. Aber liegt es nicht in der Befugnis eines Staates, wie in der eines Individuums, einen Teil seiner souveränen Rechte abzugeben, um den Rest zu sichern? Um mit  Madison,  dem Vater der Konstitution zu reden, "wurde sie vom Volk in jedem der Staaten, welches in seiner höchsten souveränen Eigenschaft handelte, und folglich von derselben Autorität gebildet, welche die Staatsverfassung schuf. Auch ist die Regierung der Vereinigten Staaten" - sagt  Madison  weiter - "innerhalb der Sphäre ihrer Befugnisse nicht weniger eine Regierung im strengen Sinne des Wortes, als die von den Konstitutionen der Staaten geschaffenen Regierungen innerhalb ihrer verschiedenen Sphären. Sie ist, gleich diesen, in einem gesetzgebenden, vollziehenden und richterlichen Departement organisiert. Wie bei diesen, erstreckt sich ihre Wirksamkeit direkt auf Personen und Sachen, und wie diese, hat sie eine physische Macht zur Ausübung der ihr angewiesenen Befugnisse zur Verfügung."

    Es war die Absicht der Gründer der Verfassung, daß sie ewig sein und nicht nach dem Belieben irgendeiner der kontrahierenden Parteien annulliert werden sollte. Die alten Konföderationsartikel führten den Namen:  Artikel der Konföderation und ewigen Union zwischen den Staaten,  und der 13. Artikel erklärt ausdrücklich, "daß die Artikel dieser Konföderation von jedem Staat genau beobachtet werden, und daß die Union ewig sein soll." Die Einleitung zur Konstitution, indem sie sich ausdrücklich auf die Konföderationsartikel bezieht, wiederholt, daß dieselbe gebildet wurde, "um eine vollkommenere Union zu errichten." Daß die Union bestimmt war, ewigen Bestand zu haben, ergibt sich aber auch mit Folgerichtigkeit aus der Natur und Ausdehnung der Befugnisse, welche die Verfassung der Bundesregierung übertragen hat. Diese Befugnisse schließen die höchsten Attribute nationaler Souveränität in sich. Sie stellen das Schwert und den Geldbeutel unter ihre Kontrolle. Der Kongreß hat die Befugnis, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Armeen und Flotten aufzubringen und zu unterhalten und Verträge mit fremden Regierungen abzuschließen. Er ist mit der Befugnis bekleidet, Geld zu prägen, den Wert desselben zu regeln und den Handel mit fremden Nationen, sowie zwischen den verschiedenen Staaten, zu regulieren. Es ist unnötig, die übrigen hohen Befugnisse aufzuzählen, welche der Bundesregierung übertragen sind.

    Aber die Verfassung hat nicht bloß diese hohen Befugnisse dem Kongreß übertragen; sie hat auch wirksame Mittel angenommen, um die Staaten an der Einmischung in die Ausübung derselben zu verhindern. Zu diesem Zweck hat sie ausdrücklich verboten, daß "kein Staat irgendeinen Vertrag oder ein Bündnis eingehen, Kaperbriefe bewilligen, Geld schlagen, Papiergeld emittieren [in Umlauf bringen - wp], irgendetwas anderes als Gold oder Silber zu einem gesetzlichen Zahlungsmittel machen, irgendein Gesetz mit rückwirkender Kraft oder ein Gesetz, das die Verbindlichkeit von Kontrakten beeinträchtigt, erlassen soll." Außerdem darf kein Staat, "ohne Einwilligung des Kongresses, Zölle oder Abgaben auf Einfuhr oder Ausfuhr legen, Truppen oder Kriegsschiffe in Friedenszeiten halten, irgendein Übereinkommen mit einem anderen Staat oder einer fremden Macht abschließen, oder sich in einen Krieg einlassen, es sei denn, daß er angegriffen wird, oder sich in einer so drohenden Gefahr befindet, daß kein Aufschub statthaft ist." Um die Ausübung der hohen Befugnisse noch weiter gegen jede Einmischung von Seiten der Staaten zu schützen, ist vorgesehen, "daß die Konstitution und die aufgrund derselben zu erlassenden Gesetze der Vereinigten Staaten, sowie alle unter der Autorität der Vereinigten Staaten abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Verträge das höchste Gesetz des Landes und daß die Richter jedes Staates daran gebunden sein sollen, wenn auch die Verfassung und die Gesetze irgendeines Staates etwas Entgegenstehendes enthalten."

    Alle Senatoren und Repräsentanten der Vereinigten Staaten, alle Mitglieder der Staatslegislaturen und alle Exekutiv- und Justizbeamten der Vereinigten Staaten, wie auch der einzelnen Staaten, werden durch Eid oder Versicherung verpflichtet, die Bundesverfassung aufrechtzuerhalten. In der ganzen Ausdehnung der an die Bundesregierung übertragenen Gewalten ist die Verfassung der Vereinigten Staaten so gut wie ein Teil der Verfassung jedes einzelnen Staates und ist ebenso bindend für das Volk desselben, als wenn sie wörtlich darin aufgenommen wäre.

    Man könnte nun fragen: Hat das Volk der Staaten kein Mittel der Abhilfe gegen Tyrannei und Unterdrückung von Seiten der Bundesregierung? Ganz gewiß. Das Recht des Widerstandes auf Seiten der Regierten gegen Unterdrückung von ihren Regierungen kann nicht abgeleugnet werden. Es besteht unabhängig von allen Verfassungen und ist in allen Perioden der Weltgeschichte ausgeübt worden. Vermöge desselben wurden alte Regierungen vernichtet, und neue traten an ihre Stelle. Es ist in kräftigen und ausdrücklichen Worten unserer eigenen Unabhängigkeitserklärung einverleibt. Aber der Unterschied muß streng festgehalten werden, daß dies eine Revolution gegen eine bestehende Regierung ist und keine freiwillige Lossagung von derselben kraft eines innewohnenden verfassungsmäßigen Rechts. Kurzum, lassen Sie uns der Gefahr gerade ins Auge sehen: Sezession ist nichts anderes als  Revolution.  Es mag oder es mag nicht eine zu rechtfertigende Revolution sein; aber Revolution ist und bleibt es." -
Nachdem der Präsident mit seiner ausführlichen Beweisführung bis zu diesem Punkt gekommen ist, wendet er seinen ganzen Scharfsinn auf, um auseinanderzusetzen, daß er weder die Befugnis, noch die Macht hat, gegen die Revolution einzuschreiten, sondern ruhig dem Verlauf der Dinge zusehen muß.

Zum Schluß empfiehlt der Präsident Versöhnung und Frieden und schlägt als das geeignetste Mittel dazu vor, die gekränkten Sklavenstaaten durch folgende drei Amendments zur Konstitution zu befriedigen:
    1. Ausdrückliche Anerkennung des Eigentumsrechts auf Sklaven in den Staaten, wo dasselbe jetzt besteht oder späterhin bestehen mag.

    2. Verpflichtung, dieses Recht in allen gemeinschaftlichen Territorien zu beschützen, solange sie Territorien bleiben, und bis sie als Staaten, mit oder ohne Sklaverei, je nachdem ihre Verfassung es bestimmen möge, in die Union aufgenommen werden.

    3. Gleiche Anerkennung des Rechts der Sklaveneigentümer auf Auslieferung ihrer in einen anderen Staat entflohenen Sklaven und der Gültigkeit des zu diesem Zweck erlassenen Sklavenfanggesetz, nebst einer Erklärung, daß alle dieses Recht beeinträchtigenden Strafgesetze der Konstitution zuwider und folglich null und nichtig sind.
Die Botschaft befriedigte niemanden; den Süden nicht, weil der Präsident nicht warm genug seine Partei genommen und ihm das Recht der Lostrennung von der Union abgesprochen hatte; den Norden noch viel weniger, weil der Präsident ihm leichtsinnigerweise Sachen zuschrieb, die wie aus der Luft gegriffen waren, ihm die Schuld der Rebellion des Südens beimaß und nichts gegen diese Rebellion zu wollen erklärte.

Das Repräsentantenhaus des Kongresses beschloß am 5. Dezember, den auf den Zustand der Union bezüglichen Teil der Botschaft an einen Spezialausschuß von je einem Mitglied aus jedem Staat zur Prüfung zu verweisen und von den Repräsentanten der einzelnen Staaten Vorschläge über das, was zur Lösung der obwaltenden Schwierigkeiten zu tun sei, entgegenzunehmen. Mehrere Mitglieder dieses Ausschusses aus denjenigen Staaten, deren Lossagung von der Union nahe bevorstand, verlangten von der Teilnahme an demselben dispensiert [ausgeschlossen - wp] zu werden; allein ihr Verlangen wurde nicht bewilligt. Die Zahl der Vorschläge, welche von den Repräsentanten der verschiedenen Staaten eingereicht wurden, war so groß, und dieselben differierten so weit voneinander, daß der "Dreiunddreißiger"- oder "Unions"-Ausschuß, dem dieselben als Material für seine Beratungen zugewiesen wurden, ein tüchtiges Stück Arbeit vor sich hatte. Während die Anträge einiger republikanischer Mitglieder dahin gerichtet waren, die erforderlichen Gesetze zu erlassen, um den Bürgern der freien Staaten, welche in Sklavenstaaten reisen oder sich aufhalten, ihre verfassungsmäßigen Rechte zu sichern, ihre Personen gegen gesetzwidrige Gewalttaten und ihr Eigentum gegen gesetzwidrige Beschlagnahme zu schützen, und die nötigen Maßregeln anzuordnen, um eine bewaffnete Rebellion gegen die Gesetze und die Autorität der Vereinigten Staaten zu unterdrücken - verstiegen sich die südlichen Ultras in ihren Forderungen so weit, Gesetze zum Schutz der Sklaverei in den Territorien zu verlangen, für die Sklavenhalter das Recht beanspruchen, mit ihren Sklaven nicht allein durch die freien Staaten zu reisen, sondern sich auch dort aufzuhalten, die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen Sklaven- und freien Staaten im Senat zu begehren, entweder dadurch, daß durch die Teilung einiger Sklavenstaaten die Zahl derselben und folglich die Zahl ihrer Senatoren vermehrt oder dadurch, daß der Senat in eine nördliche und eine südliche Hälfte gespalten und die Gültigkeit aller Bundesgesetze an die Zustimmung jeder dieser Hälften geknüpft wird, endlich statt eines Präsidenten der Vereinigten Staaten die Einsetzung zweier oder dreier, von den verschiedenen Sektionen des Landes zu wählenden Präsidenten zu verlangen, von denen jeder das Vetorecht haben sollte. Der Ausschuß hielt Tag für Tag lange Sitzungen; allein, obgleich er so ziemlich aus den gemäßigtsten Elementen der verschiedenen in seinem Schoß repräsentierten Staaten zusammengesetzt war, stellte sich doch bald heraus, daß er zu keinem befriedigenden Resultat gelangen würde.

Am 17. Dezember nahm das Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit zwei Beschlüsse an, welche die vorherrschende Stimmung dieses Körpers bezeichneten und zugleich andeuteten, daß an irgendwelche entschiedene Maßregeln nach der einen oder anderen Richtung hin nicht zu denken ist. Die Beschlüsse lauteten:
    "Wir mißbilligen den Geist des Ungehorsams gegen die Verfassung, wo immer sich derselbe kundgeben möge, und empfehlen ernsthaft den Widerruf aller Gesetze, welche mit dieser heiligen Urkunde und den aufgrund derselben vom Kongreß erlassenen Gesetzen in Widerspruch stehen.

    Wir wissen den unermeßlichen Wert unserer nationalen Union für unser gemeinsames und individuelles Glück gehörig zu schätzen; wir hegen eine aufrichtige und unveränderliche Anhänglichkeit an sie; wir wollen von ihr als dem Palladium unserer politischen Sicherheit und unseres Gedeihens sprechen; wir wollen über ihre Erhaltung mit eifersüchtiger Besorgnis wachen; wir wollen alles vermeiden, was auch nur den Verdacht erregen könnte, daß sie unter irgendwelchen Umständen aufgegeben werden dürfte, und mit Unwillen den ersten Anschein irgendeines Versuchs, einen Teil unseres Landes dem Rest zu entfremden, oder die heiligen Bande zu schwächen, welche jetzt die verschiedenen Teile vereinigen, zurückweisen; wir sehen sie als den Hauptpfeiler im Gebäude unserer Unabhängigkeit an, als die Stütze der Ruhe im Inneren, unseres Wohlergehens und der Freiheit, die wir so hoch schätzen; wir haben nichts in der Vergangenheit gesehen, noch sehen wir etwas in der Gegenwart, weder in der Wahl von  Abraham Lincoln  zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, noch in irgendeinem anderen Umstand, was ihre Auflösung rechtfertigt; wir halten ihren ewigen Bestand für wertvoller, als der zeitweilige Triumph irgendeiner Partei oder irgendeines Mannes; alle Übelstände oder Mißbräuche, die unter ihr bestehen, sollten innerhalb der Union, auf friedlichem und verfassungsmäßigem Weg, Abhilfe finden; wir glauben, daß sie Macht genug hat, um jedes Unrecht gut zu machen und jedes Recht, das aus ihrer Organisation erwächst, oder zu ihren eigentlichen Funktionen gehört, in Kraft zu setzen, und daß es die Pflicht der Patrioten ist, an ihr als unserer Hoffnung im Frieden und unserer Schutzwehr im Krieg festzuhalten."
Im Senat wurde, wie im Repräsentantenhaus, der Antrag gestellt, den von der politischen Lage des Landes handelnden Teil der Präsidentenbotschaft an einen Spezialausschuß von 13 Mitgliedern zu verweisen. An diesen Antrag knüpfte sich eine so heftige und langwierige Debatte, bei welcher sich alle Parteien und alle Meinungsschattierungen hören ließen, daß derselbe erst am 18. Dezember angenommen wurde. Bemerkenswert ist darin nur das, daß einige Senatoren des Südens, darunter namentlich JOHNSON aus Tennessee und CRITTENDEN aus Kentucky sich mit großer Entschiedenheit gegen die Sezessionsbewegung aussprachen, und daß die Behauptung, das Sklavenfanggesetz sei nie ordentlich ausgeführt worden, von sehr kompetenten Leuten, wie z. B. Senator DOUGLAS, einem Urheber desselben, gründlich widerlegt wurde. Unter den mancherlei, im Hinblick auf die bestehenden Schwierigkeiten, gestellten Anträgen hebe ich den von Senator CRITTENDEN hervor, weil derselbe bei denen, welchen es um eine Vermittlung um jeden Preis zu tun war, den meisten Anklang fand und später häufig Bezug darauf genommen wurde. Herr CRITTENDEN schlug folgende Amendments [Ergänzungen - wp] zur Bundesverfassung vor:
    1. In allen jetzigen und künftigen Territorien nördlich von 36°30' nördlicher Breite ist die Sklaverei oder unfreiwillige Dienstbarkeit, außer als Strafe für Verbrecher, verboten; in allen Territorien südlich jenes Breitengrades wird die Sklaverei hierdurch als bestehend anerkannt, und der Kongreß soll sich nicht in dieselbe einmischen, sondern sie soll von allen Departements der Territorialregierung geschützt werden. Jedes Territorium, liege es nördlich oder südlich besagter Linie, sobald es eine Bevölkerungszahl enthält, welche zu einem Mitglied im Repräsentantenhaus berechtigt, soll mit oder ohne Sklaverei, wie es seine Verfassung vorschreiben mag, als Staat in die Union aufgenommen werden. 2. Der Kongreß soll keine Befugnis haben, die Sklaverei in den Staaten, welche dieselbe gestatten, aufzuheben.

    3. Der Kongreß soll keine Befugnis haben, die Sklaverei im Distrikt Columbia, solange dieselbe in den Staaten Virginia und Maryland, oder in einem derselben besteht, aufzuheben; noch soll der Kongreß jemals den Beamten der Regierung oder den Mitgliedern des Kongresses, deren Pflichten sie nötigen im Distrikt Columbia zu leben, verbieten, Sklaven dorthin zu bringen und als solche zu halten.

    4. Der Kongreß soll keine Befugnis haben, den Transport von Sklaven aus einem Staat in den anderen, sei es zu Lande oder zur See oder auf schiffbaren Flüssen, zu verhindern.

    5. Der Kongreß soll die Befugnis haben, mittels eines Gesetzes einem Eigentümer, welcher darum nachsucht, den vollen Wert für einen entflohenen Sklaven in allen Fällen zu bezahlen, wo der Marschall durch Gewalt verhindert wird, seine Pflicht zu erfüllen. In allen solchen Fällen soll der Eigentümer die Befugnis haben, das County, in welchem die Gewalt verübt wurde, gerichtlich zu belangen und das County soll das Recht haben, die Individuen, welche das Unrecht begingen, in derselben Weise zu belangen, wie es der Eigentümer konnte.

    6. Kein ferneres Amendment soll die vorhergehenden Artikel beeinträchtigen und der Kongreß soll niemals die Befugnis haben, sich in die Sklaverei in denjenigen Staaten, wo sie jetzt gestattet ist, einzumischen.
Diesen Amendments zur Konstitution fügte der Antrag des Herr CRITTENDEN noch Folgendes als Beschluß bei:
    "Die südlichen Staaten haben ein Recht auf die pflichtmäßige Ausführung des Gesetzes zur Wiedererlangung flüchtiger Sklaven, und dieses Gesetze soll nicht widerrufen oder so abgeändert werden, daß seine Wirksamkeit beeinträchtigt wird. Der Kongreß soll befugt sein, den Widerruf aller Gesetze, welche mit dem Sklavenfanggesetz im Widerspruch stehen, zu verlangen. Die Gesetze zur Unterdrückung des afrikanischen Sklavenhandels sollen streng gehandhabt werden."
Der Dreizehner-Ausschuß des Senats kam schon am 28. Dezember zu der Überzeugung, daß er sich über Nichts einigen kann und beschloß deshalb, anstatt noch ferner leeres Stroh zu dreschen, dem Senat zu berichten, daß er "außerstande ist, sich zu einigen."
LITERATUR Fritz Anneke, Der zweite Freiheitskampf der Vereinigten Staaten von Amerika, Bd. 1, Frankfurt/Main 1861