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Laurent Verycken
F o r m e n   d e r  
W i r k l i c h k e i t


Religion
- I I -

1. Raum-Zeit
2. Bewußtsein
3. Logik
4. Sprache
5. Tatsachen
  6. Moral
  7. Ordnung
  8. Recht
  9. Ökonomie
10. Anarchie
"Die Erneuerung der Persönlichkeit ist der Beginn des religiösen Lebens. Mystisches Wissen zu erwerben heißt, sich einer Verwandlung zu unterziehen.

Was wir als  Ich  bezeichnen ist nur abstrakte Identität.  Sein  bedeutet im Grunde die Identität mit sich selbst. Wer nicht mit sich selbst identisch ist,  ist  auch nicht. Am Ich hängt die ganze Logik. Ich und Identität sind der Halt im Denken eines Menschen und die Macht, die das gewöhnliche Seelenleben zusammenhält. Die  Persona  ist das Anpassungssystem, durch das wir mit der Welt verkehren. Identität bedeutet innere Stabilität. Der Eindruck aber, daß es ein dauerhaftes, sich selbst gleichbleibendes Ich gibt, ist ein Irrtum! Das Unbewußte, d.h. die Seele ist kein beständiger Untergrund, sondern bildet sich gleichsam unablässig, ohne festen Bestand zu erreichen.

Das  Ich  besteht nur aus Wechselwirkung. Seele und Bewußtsein vergehen und entstehen in jedem Augenblick neu. Es gibt kein ein für alle mal fertiges Selbst hinter den Tätigkeiten. "Jede Minute, jeden Augenblick sagt oder denkt man  Ich,  und jedesmal ist dieses Ich verschieden. Gerade jetzt war es ein Gedanke, nun ist es eine Begierde, dann eine Empfindung, dann wieder ein Gedanke, und so weiter ohne Ende. Der Mensch ist Vielheit. Sein Name ist Legion." 17) Identität ist nur ein künstliches Gleichbleiben im Wechsel der Zustände. "Wir sagen:  Ich  und könnten genausogut sagen:  Wir."  18)

Im Ich haben wir keine statische, permanente Einheit, sondern etwas, das wir wieder und wieder herstellen müssen. Die Ansicht etwas Festes, in sich Ruhendes an ihm zu haben, ist purer Schein. Unsere Zustände ändern sich ohne Unterlass; wir sind niemals gleich. Zu den Tiefen der Psyche vordringen, heißt einen wahren Kriegsschauplatz zu betreten, an dem sich die Fronten laufend verschieben und in Einklang gebracht werden müssen. Das übermäßig Einströmen unbewußter Inhalte in den Bewußtseinsbereich würde die  Persona  gefährden und könnte zu ihrer Auflösung führen. Wir befinden uns daher in einem dauernden Zustand der Identifizierung. Identität bedarf der ständigen Absicherung. Die Neurose ist die Entzweiung mit dem objektiven Selbst.

Das Uneins mit sich selbst ist zwar ein krankmachender Konflikt, aber überhaupt ein Kennzeichen des Kulturlebens. Die Auflösung der Einheit des Ich ist eine der tiefgreifendsten Erfahrungen für Menschen, die in unserer westlichen Zivilisation aufgewachsen sind. Im östlichen Denken gibt es so etwas wie eine Geisteskrankheit nicht. Was wir als Ich kennen ist die Kontinuität des Bewußtseins. Diese Kontinuität ist aber nur scheinbar und eine anfechtbare Illusion. Der Buddhismus leugnet deshalb ein konstantes Ich und kennt nur das unablässige Fluktuieren der Vorstellungen. Im unaufhörlichen Fluß der Erscheinungen gibt es überhaupt keine beharrenden Substanzen, weder Dinge, noch Personen, noch Ideen. Wie Raum und Zeit nur Illusionen sind, ist das Ich auch nur Einbildung.

Was wir als  seelische Krankheiten  kennen beruth meistens auf irgendeiner einer Ich-Verstrickung. Angst ist letztlich immer Angst vor der Auflösung des Ich. Alles Leiden hat seine Ursache in unserem Wollen und der Begierde. Jede Verletzung unseres Willens ist schmerzhaft. Das Ich will genießen, nicht leiden. Vom Ich ist deshalb kein Friede zu erhoffen. "Man muß wissen, daß das Ich die alleinige Leidquelle ist." 19) Unser individuelles Ich, unser Ego ist es, welches die Schmerzen empfindet und Angst hat. Das Ich ist die wahre Angststätte. Wir fürchten uns letztlich immer um uns selber. Jeder Egoismus enthält deshalb den Samen des Wahnsinns. "Die Ziegel in der Mauer unseres Egos werden vom Mörtel des Wahnsinns zusammengehalten." 20) Die Befreiung vom  Ich  dagegen ist eine Befreiung von der Angst, die uns den Frieden des Geistes bringt. Laß den Eigenwillen weg und du bist die Furcht los! "Warum bist du unglücklich? Weil 99,9 Prozent dessen, was du denkst und was du tust, für dein  Ich  ist - aber es gibt keines." 21)

Schmerz und Freude sind Höhepunkte unseres Empfindens, die es zu allen Zeiten und überall gegeben hat. Es sind die beiden Pole, um die unser Seelenleben kreist. Schmerz und Seligkeit sind aber trotz aller Gegensätze aneinander gebunden, weil wir uns das eine nicht ohne das andere vorstellen können. Vielfach macht uns erst das tiefe Erleben, wie es uns im Leiden begegnet, fähig, echtes Glück zu empfinden. "Wie der Schmerz eine notwendige Empfindung zur Erhaltung unseres Körpers ist, so ist das Leid notwendig zur Erhaltung unserer Seele." 22)  Glück  und  Leid  bedingen sich gegenseitig. Leiden hat aber eher als Freude die Macht, die Seele bis in ihre wesentlichen Tiefen zu bewegen.

Jedes tiefe Denken und Fühlen beinhaltet ein Leidensmoment. Das Leid treibt uns zum Handeln und das Leid ist es auch, das uns unsere Existenz bewußt macht. Der Weg des Bewußtseins führt durch Leid zur Erkenntnis. Einsamkeit und Leiden öffnen die Seele. Leiden ist Lernen und der Schmerz besitzt reinigende Kraft. So haben die geheimen Lehren aller Zeiten erkannt, daß für eine echte "Veränderung" ein entsprechender Leidensdruck notwendig ist. Leidenskraft verwandelt den Konflikt in aktive Energie. "Die Vernunft muß durch Leiden gestärkt werden, und Leiden öffnet die Augen zum Verstehen." 23)

Methodische Identitätsstörungen gehören darum wohl zu den traditionellen Initiationstechniken der Schamanen. Psychosen und mystisches Erleben sind, gezielt hervorgebracht, Methoden der Desorganisation und Reorganisation einer Persönlichkeit. Die Bedeutung der Initiation liegt darin, daß nur der mit Bewußtsein leben kann, dessen Leben zum Grund gegangen ist, d.h. der seinem eigenen Tod begegnet ist. Ohne Bewußtsein vom Tod ist alles gewöhnlich, banal. Verfügten wir über eine unendlich lange Zeit, so wäre nichts dringlich, nichts wichtig, nichts  wirklich.  "Bewußtseinserweiterung ist der umgekehrte Prozess der Geburt, da Geburt Anfang, und die Erfahrung des Ichverlusts das Ende des Spiellebens ist." 24) Leben und Sterben ist der gleiche Vorgang, wer das eine lernt, versteht auch das andere. Wahnsinn ist der im Leben vorweggenommene Tod. Der Abgrund des Geistes erscheint, wenn die Kräfte der Seele am Ende sind.

Eine Methode, jemanden in den Wahnsinn zu treiben ist es, sein Vertrauen in seine eigenen emotionalen Reaktionen und in seine Wahrnehmung der Realität zu unterminieren. Die Anerkennung unserer zwischenmenschlichen Wahrnehmungen, als die Annahme und Bestätigung unserer Beziehungsdefinitionen durch unsere Partner, ist ein grundlegender Bestandteil unserer geistigen Gesundheit. Kein Mensch kann ohne ein gewisses Mindestmaß an Vertrauen in seine Mitmenschen leben. Würden wir die Handlungen der Menschen in jeder Hinsicht in Frage stellen und bezweifeln, wäre das Ergebnis eine tiefe Verängstigung und Verunsicherung, die uns am Ende verrückt machen würde.

In der Mystifikation wird bewußt und absichtlich Unverständlichkeit und Verwirrung produziert. In ihrer abstraktesten Form besagt eine Mystifikation: Was du siehst, denkst, hörst oder fühlst, ist falsch. Die Bewußtseinsspaltung entsteht aus einer tiefen, d.h. existenziellen Verwirrung über  richtig und falsch,  bzw. gut und böse.

Das religiöse Leiden ist in erster Linie ein Leiden des Geistes. Einweihung in die Geheimlehren war deshalb von jeher eine Einweihung in die Geheimnisse des Skeptizismus. Der in die eleusischen Mysterien Eingeweihte gelangt nicht nur zum Zweifel am Sein der Dinge, sondern auch zur Verzweiflung. Der totale Zweifel ist die gänzliche Voraussetzungslosigkeit und damit bodenlos. Auf dem radikalen und totalen Zweifel wachsen keine Gründe mehr.

Im tiefen Zweifel ist alles möglich. Der Riss in der Beziehung zu sich selbst und zu anderen ist der Bruch des naiven Vertrauens. Die Mystifikation ist die  Mystik des Bösen,  die unreine und gespaltene Passion. Der unreine Geist ist der der alten Schlange. Mißtrauen ist das Gift des Teufels.  Mysterion tes anomias  nannten die Griechen den Geist der Bosheit. Die tatsächliche Motivation bleibt im Dunkeln. Der egoistische Wille zur Macht bleibt ein geheim gehaltener Vorgang und ist deshalb meist unbeweisbar.

Zweiteilung durch Zweifel ist eine  teuflische  Sache. Im Zweifel begegnen wir den Kräften, die uns als Person spalten. In der Bodenlosigkeit des immerwährenden Zweifels zersetzt sich die äußere und innere Wirklichkeit und wird zur Depression, dem Vorhof des Wahnsinns. Unsere zweifelnde Seele findet nichts, worin sie sich ausruhen kann. 25) Das religiöse Böse entspricht einem Geisteszustand, der keinerlei Gründen mehr zugänglich ist, auch keinen unvernünftigen. Das moralisch Böse ist im Gegensatz zum religiös Bösen  rational,  da es auf Übereinkunft basiert. Das Numinose dagegen, als Gefühl des  Ganz anderen,  kann sowohl göttlich, als auch dämonisch sein. Der Himmel ist, wie die Hölle, eine geistige Verfassung.

Das Ich ist vom Machtwillen beherrscht. Alle Macht bedeutet Durchsetzungskraft des eigenen Willens. Unser Wille ist immer auf Macht ausgerichtet. Bloß rationales Wissen bleibt ein Wissen zur Machtausübung. Sogar jedes planvolle Bemühen, das Ich zu vergessen oder loszuwerden, kann nichts anderes sein, als eine Aktivität des Ich. Die Menschen haben Angst ohne ihren Willen.  Willenlosigkeit  würde den Großteil der Menschen in eine traumatische Leere stürzen. NIETZSCHE sagt: "Die meisten Menschen wollen lieber das Nichts wollen, als nichts wollen."

Solange unser egoistisches Ichbewußtsein in vollem Maße besteht, sind wir kaum in der Lage etwas wirklich zu erleben. Der Ort des Kontaktes ist das wahre Selbst, aber wenn der Egoismus auf dem Thron sitzt, finden nur die Einlaß, die sich auf ihren Knien nähern. "Der Machttrieb will nämlich, daß das Ich unter allen Umständen obenauf sei, auf geraden oder krummen Wegen. Die Integrität der Persönlichkeit muß auf alle Fälle gewahrt sein." 26) In der Verzweiflung dagegen erfahren wir die eigene Ohnmacht. Der neurotische Prozess ist der allmähliche Zusammenbruch des Machtwillens.

"Der Mensch muß gleichsam in seine latente Wahnsinnigkeit hineindringen - selbst auf die Gefahr des Ausbruchs hin - und durch sie hindurch, um hinter sie zu gelangen: bis zu jenem Punkt, wo er ihrer wirklich Herr wird. Und da tritt er ein in ein Verhältnis zu Gott als einer eigenen geistigen Realität. Es gibt keine andere Rettung aus dem Verflochtensein ins Irreale, das jeden in Bann hält, als das innere Durchdringen bis zu diesem Punkt. Das aber vergesse man nicht: der Mensch steckt immer mitten drinnen in seinem geheimen Wahnsinn, solange sein Gottesverhältnis geistig auf dem Eigensinn  seiner  Idee und  seiner  Vorstellung vom Göttlichen beruth. Vor Gott ist nicht nur kein Mensch ein Genie, vor ihm kann auch keiner  neurotisch  oder wahnsinnig sein. Das wird man immer nur dann, wenn man geistig nicht vor Gott lebt, sondern vor dem Menschen..." 27)
In jeder echten Religion muß durch das Dunkel des Kampfes im Geiste gegangen werden. Entwicklung in religiöser Hinsicht ist die schrittweise oder plötzliche Auflösung des abstrakten Ichs, d.h. des alten Selbstverständnisses, zugunsten des wahren Selbst. Der mystische Tod ist der Tod des Egos, seine Schmerzen sind die Geburtswehen für einen neuen Menschen.

Religiösität kann auch als Bewußtsein vom Tod interpretiert werden. Daß wir sterblich sind, ist die Wahrheit, der alle Selbsterkenntnis zugrunde liegt. Aus der Begegnung mit dem eigenen Tod als der absoluten Grenze entspringt die eigentliche Bedeutsamkeit unseres Daseins. Eine religiöse Erfahrung spiegelt eine Wirklichkeit, die das Ich übersteigt. Wenn wir uns von unseren Ego-Funktionen trennen, erleben wir nicht nur die sonnenklarste Realität, die wir besitzen - er beschert uns auch ein neues Wesen. Die Auflösung der  normalen Person  ist der initiatorische Tod. Die Seele macht im Augenblick des geistigen Todes die gleichen Erfahrungen, wie jene, die in die großen Mysterien eingeweiht werden.

"Es ist, als ob die großartigste Erkenntnis gerade dadurch erwächst, daß der Mensch die Grenze sucht, an der das Erkennen strandet, nicht falsch und vorläufig, sondern eigentlich und endgültig strandet, nicht in Verlust und Verzweiflung, sondern im eigentlichen Innewerden." 28)
Die  mystische Passion  ist im Hinblick auf ein göttliches Leben die Verpflichtung  in sich zu sterben.  "Töte dein Ich ab" ist ein ganz alter Lehrsatz. "Absterben mußt du, bevor der lebendig machende Geist kommt." 29) Die Erfahrung des Todes ist eine Erfahrung unseres Egos. Vervollkommnung bedeutet seelische Tiefe zu entwickeln und gleichzeitig Befreiung von der Macht des Egos. Nur wer sich auf Tod und Wahnsinn einläßt, ist vor der gefährlichen Wiederkehr des Verdrängten sicher.

Der letzte Sinn der radikalen Skepsis liegt in der Unbeirrbarkeit. Der große Zweifel und die große Erleuchtung sind die zwei Seiten der gleichen Münze. Unter dem großen Zweifel ist die große Erleuchtung. Nicht aus überlegener Klugheit entsteht Erkenntnis, sondern aus fraglos gewordener Unerschütterlichkeit.

"Ich schlief mit dem Vertrauen und sah am Morgen, daß es ein Leichnam war. Ich trank und tanzte die ganze Nacht mit dem Zweifel und sah am Morgen, daß er jungfräulich war." 30)
Das Tao des Nichtzweifels entsteht, wenn wir das unterscheidende Bewußtsein aufheben. "Es wird keine Welt, kein Selbst, nur einen großen Zweifel geben. Dies ist Mu." 31)
"Der wahre Friede des Geistes kann nur erlangt werden, wenn man persönlich zu der nackten Tatsache erwacht ist, daß schließlich und endlich jede Mühe wirklich vergeblich ist. Suche, kämpfe, verzweifle! Wer nicht die ganze Nacht in Kampf und Verzweiflung geweint hat, wird nicht das Glück des Satori erfahren." 32)
Sinn bedeutet Enthebung aus der Fraglichkeit. Es gibt weder  gut  noch  böse,  sondern nur mehr Glaube und Zweifel. Geistiger Friede ist jener Zustand, bei dem alles, auch das Schlimmste, innerlich hingenommen wird. Glauben hat die etymologische Grundbedeutung von  gut heißen.  Religion ist ein Weg auf der Suche nach dem Seelenheil, entstanden aus dem Bedürfnis, den innerlich zerrissenen Menschen zu heilen,  heil  =  ganz,  nicht in Stücke zersplittert.

Die Erneuerung der Persönlichkeit ist der Beginn des  religiösen  Lebens. Mystisches Wissen zu erwerben heißt, sich einer Verwandlung zu unterziehen. Die Veränderung eines Menschen ist erst dann vollzogen, wenn sie auch die Psyche miteinschließt. In der wirklichen Verwandlung ist auch das Unbewußte umstrukturiert. Ideen können erst dann wirklich werden, wenn sie nicht nur rational bejaht werden, sondern integrierte Teile der Persönlichkeit geworden sind.

Eine Wahrheit hat keinen Sinn, wenn sie nicht die Existenz der Menschen berührt und verwandelt.  Esoterik  heißt  Entwicklung  und das radikale Ziel ist eine vollkommene Wandlung der Persönlichkeit. "Das mystische Werk ist die verwandelte Existenz selbst." 33) "Die Erleuchtung schließt eine Einsicht in die Natur des Ego in sich. Sie ist eine Befreiung des Geistes (mind) von der Täuschung über das Ego." 34) Der Erleuchtete ist unbefangen und wird einfältig, wie ein Kind.

"Denn das Große ist nicht dieser, oder jener zu sein, sondern man selbst zu sein; und das kann jeder Mensch sein, wenn er will. Wachsen im geistlichen Sinn bedeutet nicht, grösser werden, sondern kleiner werden. Das Unglück der meisten Menschen besteht nicht darin, daß sie zu schwach sind, sondern darin, daß sie zu stark sind, - nämlich zu stark, um Gott zu merken." 35)
Seligkeit ist der innere Sinn der Seele. Die religiöse Armut ist eine Armut des Wollens. Ohne Sorge, d.h. selig. Solange wir nach materiellen und anderen Äußerlichkeiten streben, bleiben uns die  höheren Weihen  der geistigen Entwicklung versagt. Die Entwicklung des seelisch Wertvollen geschieht nicht als Anhäufung von Quantitäten, sondern als Sinnfindung. Als Hauptweisheit lehrt der Taoismus daher den Vorrang des Seins über das Handeln. "Die Gottheit wirket nicht, in ihr ist kein Werk." 36) Die Taoweisheit der schöpferischen Ruhe heißt: alles fühlen, nichts tun. "Keine Arbeit, kein Essen; das Leben ist die Lehre; Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen sind die heilige Lehre." 37) In der Bhagavadgita heißt es: Das Werk tun, aber nicht nach seinen Früchten streben.
"Für den geistig Ergriffenen und Inspirierten wird Entsagung und Weltverzicht und dergleichen zur natürlichen Lebensform, denn er verlangt nicht mehr nach den Spielzeugen der Welt, deren Reichtümer ihm als Armut, deren Vergnügungen ihm als banal und leer erscheinen."38)

LITERATUR - Laurent Verycken, Formen der Wirklichkeit - Auf den Spuren der Abstraktion, Penzberg, 1994
    Anmerkungen
    17) P.D. OUSPENSKY, Auf der Suche nach dem Wunderbaren, Berlin/Mchn/Wien 1980, Seite 85
    18) JEAN-MARIE GUYAU in ROBERT PFEIL, Jean-Marie Guyau und die Philosophie des Lebens, Augsburg/Köln/Wien 1928, Seite 110
    19) FELIX RIEMKASTEN, Einkehr in die heilende Stille, Freiburg 1978, Seite 104
    20) KEN WILBER, Das Spektrum des Bewußtseins, Bern/Mchn/Wien 1987, Seite 244
    21) WEI WU WEI, Frage des Erwachenden, London 1963, Seite 1
    22) LEO TOLSTOI in TATJANA TOLSTOI, Ein Leben mit meinem Vater, München 1980, Seite 176
    23) GANDHI ohne Quelle
    24) TIMOTHY LEARY, Psychedelische Erfahrungen, Amsterdam/Katmandu 1975, Seite 35
    25) Vgl. SÖREN KIERKEGAARD, Entweder-Oder, Gütersloh 1985, Seite 221
    26) C.G. JUNG, Über die Psychologie des Unbewußten, Frankfurt 1980, Seite 39
    27) FERDINAND EBNER, Das Wort und die geistigen Realitäten, Innsbruck 1921, Seite 103
    28) KARL JASPERS, Was ist Philosophie, München 1980, Seite 191
    29) SÖREN KIERKEGAARD, Die Leidenschaft des Religiösen Stuttgart 1981, Seite 147
    30) ALEISTER CROWLEY ohne Quelle
    31) MEISTER MUMON in ZENKEI SHIBAYAMA, Zu den Quellen des Zen, Berlin/Mchn/Wien 1976, Seite 41
    32) ZENKEI SHIBAYAMA, Zu den Quellen des Zen, Bern/Mchn/Wien: 1976, Seite 350
    33) JOSEF ZAPF in ANDREAS RESCH (Hrsg), Mystik, Innsbruck 1975, Seite 267
    34) D.T.SUZUKI, Die große Befreiung 1972, Seite 15
    35) SÖREN KIERKEGAARD, Die Leidenschaft des Religiösen, Stuttgart 1981, Seite 9 und 101
    36) MEISTER ECKHART ohne Quelle
    37) JUNJIRO TAKAKUSU, Buddhism, o.J. Seite 107
    38) ANAGARIKA GOVINDA, Grundlagen tibetischer Mystik, Bern/Mchn/Wien 1975, Seite 187