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EMILE MEYERSON
(1859-1933)
Identität und Wirklichkeit
[2/6]

"Die Natur ist nicht vollkommen rational, d. h. den Gesetzen unseres Geistes konform beschaffen. Die jahrtausendealten verzweifelten Bemühungen, sie restlos zu durchdringen, den tatsächlichen Verlauf der Naturerscheinungen als  denknotwendig  zu erkennen, sind zum Scheitern verurteilt."

Zur Einführung in die Philosophie
von Emile Meyerson

Wir beginnen mit einigen kurzen Angaben über die äußeren Lebensschicksale unseres Autors - sie werden uns das Verständnis seiner Philosophie erleichtern. (1)

EMILE MEYERSON, geboren 1859 in Lublin, damals in Russisch-Polen, wurde frühzeitig ins Ausland geschickt, zunächst nach Dresden, dann nach Leipzig und Berlin, wo er den höheren Schulunterricht genoß. Nach bestandener Abiturientenprüfung studierte MEYERSON von 1878 bis 1882 Chemie in Göttingen, Heidelberg, - dort wirkte zu jener Zeit noch BUNSEN -, und Berlin und siedelte 1882 nach Frankreich über, wo er zunächst einige Jahre lang als praktischer Chemiker beschäftigt war. Nach einer weiteren, etwa zehn Jahre währenden Tätigkeit als Mitarbeiter der Havas-Agentur in Paris nahm MEYERSON 1898 einen Verwaltungsposten an, den er erst 1923 aufgab. Nach einer fast zwanzigjährigen Vorbereitungszeit erschien 1908 das erste Werk von MEYERSON, "Identité et réalite" (eine zweite Auflage 1912, eine dritte 1926), 1921 wurde "De l'explication dans les sciences" in zwei Bänden veröffentlicht (Neuauflage 1927). Ein drittes Werk, "La déduction relativiste", erschien 1925, ein weiteres, gleichfalls zweibändiges Werk, "Du cheminement de la pensée", wird demnächst in den Druck gegeben werden.

EMILE MEYERSON ist auswärtiges Mitglied der Académie des sciences morales et politiques und auswärtiges Mitglied der dänischen Akademie der Wissenschaften.

Der Ausgangspunkt der MEYERSONschen Philosophie war die Geschichte der Chemie. Es war das ausgezeichnete Werk von HERMANN KOPP, Geschichte der Chemie, Braunschweig 1845, das MEYERSONs Interesse für die Geschichte der Naturwissenschaften besonders angeregt hatte. Beim eingehenden Studium der Entwicklung der Chemie stieß MEYERSON wiederholt auf Tatsachen, die ihn glauben ließen, daß der menschliche Geist im Laufe seiner jahrtausendelangen Bemühungen um die Erkenntnis der Natur trotz aller Verschiedenheit dessen was jeweils als Wissenschaft gilt, immer wieder denselben Weg geht. In diesem allen Zeiten und allen exakten Naturwissenschaften Gemeinsamen erkannte MEYERSON etwas dem menschlichen Geist innewohnendes, ein  a priori.  Das Studium der Entwicklungsgeschichte der Wissenschaften, eine Betrachtung  a posteriori,  erschien ihm als der gegebene Weg, dieses  a priori  mit Sicherheit festzustellen.

Da der Denkprozeß unmittelbar zu verfolgen ist, so können seine Grundgesetze am besten an den Früchten der Denkarbeit erkannt werden. Bei der Introspektion sind wir zu sehr Partei, als daß wir auf sichere Ergebnisse rechnen dürften. Aus gleichem Grund genügt es nicht, sich mit der zeitgenössischen Wissenschaft zu beschäftigen. Es erscheint als durchaus notwendig, die gesamte jahrtausendealte Geschichte der Wissenschaften durchzugehen - ja längst überwundene Entwicklungsstadien, denen wir bereits völlig objektiv und leidenschaftslos gegenüberstehen, erweisen sich als besonders geeignet, gemeinsame Züge jeglichen wissenschaftlichen Denkens dem Blick des Forschers zu offenbaren. Es gilt den gesamten Wissensinhalt verschiedener Epochen zu durchforschen, es gilt den Wissenschaftler bei der Arbeit zu beobachten. Es darf nicht nach Belieben zwischen "wahrer" und "falscher" Wissenschaft unterschieden werden - aus allen Dokumenten muß mit gleicher Gewissenhaftigkeit geschöpft werden. Als Zeuge für die Wahrheit ist der Naturforscher nicht erst dann wertvoll, wenn er selbst Philosophie treibt. Nein, fast sollte man sagen, - im Gegenteil. Die Art und Weise, wie der Naturforscher bei seiner Arbeit denkt, die Art und Weise, die ihm selbst zumeist unbewußt bleibt, die ist es in erster Linie, die es zu erkennen gilt.

Das war das Programm, das sich MEYERSON gleich zum Beginn seiner philosophischen Laufbahn enthüllte. Um es zu verwirklichen, waren umfangreiche systematische Studien auf dem Gebiet der Mathematik, Physik sowie der Geschichte dieser Wissenschaften unumgänglich. Sie dauerten zwanzig Jahre. Ihre Frucht sind die vier eingangs genannten großen Werke.

Doch zurück zur ersten fundamentalen Entdeckung von MEYERSON, seiner Forschungsmethode. Sie bedingt Längen, da sie umfangreiche Dokumente heranzieht. Dies kann als ein Nachteil erscheinen. Vielleicht, stellenweise, bei der ersten Lektüre. Bei einer wiederholten Beschäftigung mit den Büchern findet man, daß da nirgends ein Wort zu viel steht. Und zum Schluß denkt man mit Freude daran, das Stadium dieser wundervoll geschriebenen Werke bald wieder einmal von vorn beginnen zu können.

Doch da tritt uns ein ernsterer Einwand entgegen. Soll eine Analyse der Entwicklungsgeschichte exakter Naturwissenschaften uns in den gemeinsamen Zügen des Wissens verschiedener Epochen wirklich Grundeigenschaften unseres eigenen Geistes enthüllen, so muß erst einmal feststehen, daß diese Grundeigenschaften sich nicht verändert haben, daß die menschliche "Denkmaschine" heute genauso wie vor zwei Jahrtausenden "arbeitet", daß die gewaltigen Unterschiede des Wissens verschiedener Epochen gewiß den Denkinhalt, nicht aber die tiefsten Grundlagen des Denkens selbst, die Denkform, betreffen. Dem Nachweis, daß dem wirklich so ist, sind mehrere Kapitel von "De l'explication" gewidmet. Dieser Beweis wird auf höchst ingeniöse Weise durch eine auch ansich wertvolle Analyse der hegelschen Naturphilosophie und einen Vergleich mit der aristotelischen erbracht. Die beiden, durch einen Zeitraum von mehr als 2000 Jahren getrennten philosophischen Systeme zeigen, wie a. a. O. des näheren ausgeführt wird, in ihren Grundtendenzen eine auffallende Analogie. Diese Tatsache genügt, um eine Änderung des Wesens unseres "Denkapparates" auszuschließen, wenigstens soweit es sich um nichtmathematisches Denken handelt. Im Bereich des mathematischen Denkens hingegen kann man allerdings, wie MEYERSON in seinem späteren Buch über die Relativität hervorhebt (La déduction relativiste, Kapitel XXIII), eine gewisse Variation der Denkform infolge des Eindringens der nichteuklidischen Geometrie annehmen. Doch setzt auch diese wohl nur Möglichkeiten ans Licht, welche unser Denkapparat von jeher in sich barg (Du cheminement de la pensée, III. Abschnitt).

Soviel über die MEYERSONsche Forschungsmethode. Wie übrigens MEYERSON selbst hervorhebt, hatte bereits COMTE, dessen Einfluß auf die "Arbeitsphilosophie" der Naturforscher ungemein stark war und bis heute überall zu spüren ist, - auch in Deutschland durch Vermittlung des ihm wesensverwandten MACH -, ein ähnliches Programm entworfen. Zu einer Ausführung ist es nie gekommen. Übrigens stehen die Ergebnisse MEYERSONscher Forschung im schärfsten Gegensatz zu den Grundtendenzen der COMTE-MACHschen Doktrin.

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Nun diese Ergebnisse selbst. Sie sind in den vier eingangs genannten Werken, die durchaus ein Ganzes bilden, niedergelegt. Es ist gänzlich unmöglich, in kurzen Worten auch nur einen schwachen Abglanz von all der Unsumme von Wissen und Schönheit zu geben, die auf diesen mehr als 2000 Seiten gebannt sind. Man weiß nicht, was man im Verfasser mehr zu bewundern hat, den tiefsinnigen Denker, der den Ideen, die in der ersten Morgenröte der Philosophie entstanden, im Lichte seiner Gedanken ein neues unerwartetes Leben einflößt, den Kenner der Kulturgeschichte, der Geschichte der Naturwissenschaften und der Philosophie, den glänzenden Schriftsteller. Das Kapitel II von "Identité et realité", über die Mechanistik, ist ein Kleinod der historischen und physikalisch-logischen Analyse, die langen Kapitel über HEGEL und SCHELLING in "De l'explication" zeigen MEYERSON als einen der besten Kenner der deutschen Philosophie der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts. In der "Déduction relativiste" verdient das Kapitel über den Relativismus und Mechanistik unsere uneingeschränkte Bewunderung.

MEYERSON spricht zwar ausdrücklich immer nur von der Epistemologie, der Philosophie der Naturwissenschaften, von den uverrückbaren Gesetzen unseres Geistes. Wie es aber keinen absoluten Gegensatz zwischen Mensch und Natur gibt, - auch der Mensch ist ein Stück Natur -, so gibt es auch keinen zwischen gemeinem und wissenschaftlichem Erkennen. Die MEYERSONsche Philosophie der Wissenschaften erweist sich, indem sie Gesetze unseres Geistes enthüllt, als eine Erkenntnistheorie schlechthin.

Wie MEYERSON durch zahllose Zitate belegt, sind die Grundgedanken seiner Philosophie schon früher vielfach ausgesprochen worden. Doch handelte es sich dabei immer nur um gelegentliche, gleichsam unbewußte Äußerungen, um Bemerkungen, die nicht selten im Widerspruch mit den philosophischen Grundtendenzen ihrer Autoren stehen. Im Sinne seines vorhin charakterisierten Verfahrens zieht MEYERSON aus dem ständigen Wiederauftauchen derselben Gedanken im Laufe der Jahrhundert die stärksten Waffen zugunsten seiner Arbeitsmethode und seiner Philosophie.

Nun zum Kernpunkt der MEYERSONschen Philosophie.  Die Natur ist nicht vollkommen rational, d. h. den Gesetzen unseres Geistes konform beschaffen.  Die jahrtausendealten verzweifelten Bemühungen, sie restlos zu durchdringen, den tatsächlichen Verlauf der Naturerscheinungen als "denknotwendig" zu erkennen, sind zum Scheitern verurteilt. Dies müßte als nicht weiter erstaunlich erscheinen, da der Mensch nicht über der Natur steht, vielmehr selbst ein Stück Natur darstellt. Wie die Geschichte der Wissenschaften lehrt, begegnen wir dennoch immer wieder den Versuchen, der Naturforschung bestimmte Forderungen als "denknotwendig" aufzuzwingen. So wird beispielsweise nicht selten ein streng gesetzmäßiger Ablauf jeglichen Naturgeschehens gefordert und diese Forderung damit begründet, daß die Herrschaft des "Zufalls" und sei es auch nur "im kleinen", im "mikroskopischen", unvorstellbar sei. Die Naturgesetze müßten notwendigerweise eine anschauliche Interpretation zulassen. Der exakten Naturbetrachtung müßte die euklidische Geometrie als die unserer inneren Anschauung allein angemessene zugrunde gelegt werden und dgl. In Wirklichkeit fügt sich die Natur nur teilweise und sehr bedingt apriorischen Forderungen dieser und ähnlicher Art.
Mehr als dies, bei konsequenter Betrachtung der Natur gelangt unser Geist unvermeidlich zu Antinomien, die unlösbar sind. Sie sind der Ausdruck für eine Divergenz zwischen dem, was allein für unseren Geist faßbar ist und dem tatsächlichen Naturgeschehen. So ist, um nur ein Beispiel anzuführen, eine Wirkung eines Stückes träger Materie auf ein anderes Stück Materie, von welcher Art auch immer, unvorstellbar, unbegreiflich und doch begegnen wir einer solchen Wirkung auf Schritt und Tritt.

Was ist aber für unseren Geist faßbar, demnach als  restlos rational  zu bezeichnen?  Nur das Identische in Zeit und Raum.  Dann und nur dann gibt es kein "Was", das sich auf die einer Naturerscheinung etwa unterzulegenden Objekte bezieht, kein "Wie" ihres Ablaufs, kein "Warum" ihres Zustandekommens. Jegliche Diversität in Raum und Zeit enthält, einen Zug der Irrationalität in sich. Das Nebeneinander verschiedenen Seins ebenso wie jegliches Werden sind ihrem Wesen nach für uns begreiflich.  Restlos  faßbar wäre demnach nur ein unveränderliches Sein, das undifferenzierte Sein der alten Eleaten. Die berühmte Sphäre des PARMENIDES ist ein Symbol eines solchen Seins, das von einem Nichtsein nicht zu unterscheiden ist und darum zur "Erklärung" (explication), zum rational, d. h. faßbar werden lassen der Naturerscheinungen nicht herangezogen werden kann.

Ist demnach eine restlose Rationalität nicht möglich, so besteht doch die Alternative einer  teilweisen  Rationalität. Wir erkennen diese beispielsweise als vorliegend beim Betrachten einer räumlichen Konfiguration, die aus einzelnen unveränderlichen Elementen besteht, deren gegenseitige Lage sich indessen im Laufe der Zeit ändern kann. Hier erscheint die Frage nach dem "Wie" des zeitlichen Ablaufs in befriedigender Weise beantwortet, da sich der  anschaulichen Vorstellung  eines solchen Ablaufs keinerlei Schwierigkeiten entgegenstemmen. (2) Diese fundamentale Tatsache haben die antiken Atomistiker erkannt, sie liegt auch allen mechanistischen Theorien der Atomistik der letzten 400 Jahre zugrunde.

Sofern sich eine Naturerscheinung als eine bloße Änderung der Konfiguration an sich unveränderlicher Elemente deuten läßt und in dem Umfang, wie dies möglich ist, kann sie im Sinne der vorstehenden Ausführungen (3) als rational, als erklärt angesehen werden. Solche Deutungen sind nicht die einzigen, die zur Erklärung, - als synonym mit dem Wort "Erklärung" gebraucht übrigens MEYERSON gern Wendungen wie "Ermittlung der Ursachen" und dgl. -, herangezogen werden können. (4) Im Laufe der Entwicklung der Wissenschaft sind manche andere Theorien ausgebildet worden. Man denke etwa an die Atome als Kraftzentren nach BOSCOVICH oder an die deformierbaren Elektronen nach LORENTZ und FITZGERALD. Sie haben alle eine wesentliche Eigenschaft gemeinsam, - sie sind, sofern es sich nicht um ganz oder teilweise qualitative Theorien handelt, samt und sonders spatial [räumlich - wp]. Je mehr sich eine Erklärung dem Ideal aller Erklärungen nähert, umso stärker ist die Befriedigung, die unser Geist hierbei empfindet, umso stärker ist, um mit MEYERSON zu sprechen, ihre explikative Kraft (force explicative). In der Relativitätstheorie ist die Maßbestimmung nicht mehr euklidisch; der "Raum" ist gekrümmt. Bekanntlich handelt es sich hierbei nicht um den Raum im üblichen Sinne, sondern um eine vierdimensionale RIEMANNsche Raum-Zeit-Mannigfaltigkeit. Das Vorstellungsvermögen des einzelnen wir einem Zwang ausgesetzt und es hängt von der, ich möchte sagen, individuellen Fügsamkeit eines bestimmten "Denkapparates" ab, wie weit die Lehren der allgemeinen Relativitätstheorie als Erklärung der Gravitation anerkannt, in welchem Umfang dort rationale Elemente gefunden werden, wie weit hingegen der große Bau der Theorie lediglich einen Ausdruck für gewisse Gesetzmäßigkeiten, die irrationale Elemente verbinden, darstellt. (5)

Dies veranlaßt uns, auf die für die MEYERSONsche Philosophie fundamentalen Beziehungen zwischen einer Gesetzmäßigkeit und einer Erklärung etwas näher einzugehen. Einige Beispiele werden uns am schnellsten zum Ziel führen. In der Hydromechanik bedient man sich der Bilder, die wir zur Abkürzung "mathematische ideelle Flüssigkeiten" nennen wollen. Eine mathematische ideelle Flüssigkeit ist ein dreidimensionales Gebiet, auf dem stetige Zeit- und Ortsfunktionen, Dichte, Druck und Temperatur genannt, erklärt sind. Das Raumintegral der Dichte ist die Masse. Eine von einem Parameter, der Zeit, abhängige stetige Schar topologischer, Masse erhaltender Abbildungen dieses Gebietes ist eine "Bewegung". Die als Lösungen der EULER-LANGRANGEschen Gleichungen unter Zugrundlegung geeigneter Anfangs- und Grenzbedingungen erscheinenden Bewegungen können, wie die Erfahrung lehrt, zur angenäherten Beschreibung gewisser Klassen von Erscheinungen der Natur herangezogen werden. Zu diesen gehört u. a. der Vorgang der Fortpflanzung des Schalls in gasförmigen Medien. Gewisse Teilergebnisse lassen sich auch ohne Benutzung des Apparates der Hydromechanik zum Ausdruck bringen, so z. B. die Gleichförmigkeit der Fortpflanzung des Schalls in allen Richtungen in ruhender Luft. Wir sprechen im vorliegenden Fall von Regeln oder Gesetzen, von einer reinen Gesetzmäßigkeit. Sie befriedigt unseren Geist, der nach einer Erklärung, einer Rationalisierung sucht, in keiner Weise, da sie die sich aufdrängende Frage nach dem Zustandekommen der Schallwirkung, nach einer Verbindung zwischen dem, was im Schallerreger und in dem von ihm räumlich entfernten Schallempfänger vor sich geht, die Frage nach dem "Wie" und "Warum" der Schallfortpflanzung völlig offen läßt. Auch die vorhin auseinandergesetzten Bilder der Hydromechanik, die bereits eine räumliche Verbindung zwischen dem Schallerreger und dem Schallempfänger herstellen, erfüllen unsere Forderungen nur in einem sehr beschränkten Maß. Denn keine mit einer  Formänderung  verbundene topologische Abbildung läßt sich von unserem Geist restlos erfassen, - in einer jeden steckt ein Zug von Irrationalität. Sowohl das "Wie" des Ablaufs als auch das "Warum" des Zustandekommens der räumlich sich ausbreitenden Wirkungen lassen für weitere Fragen Raum. Gleichwohl wird man hier, gegenüber einer reinen Gesetzmäßigkeit, von einer partiellen Erklärung sprechen können.

Ein anderes Beispiel bietet die Elastizitätstheorie. Eine bestimmte, etwa empirisch festgestellte Abhängigkeit der Dehnung und der Querkontraktion eines zylindrischen Stabes von der aufgewandten Zugkraft ist eine Regel, eine Gesetzmäßigkeit. die phänomenologische Kontinuumstheorie der Elastizität nach NAVIER, CAUCHY, SAINT-VENANT liefert für diese Gesetzmäßigkeit eine (partielle) Erklärung. Sie kann nur partiell sein, weil schon die Kinematik eines deformierbaren Raumkontinuums, wie vorhin auseinandergesetzt, für unseren Geist nicht restlos faßbar ist. Eine weitaus stärkere explikative Kraft hat, um auf ein benachbartes Gebiet der Physik hinüberzugreifen, die von BORN und von KARMAN begründete, von BORN weit ausgebildete Dynamik der Kristallgitter, soweit sie ihren Betrachtungen starre, diskrete, punktartige Elemente zugrunde legt. Die Kinematik der Deformation, das "Wie" der räumlichen Verteilung elastischer Wirkungen, erscheint jetzt als vollkommen durchsichtig. Anders steht es freilich mit der eigentlichen Dynamik, dem "Warum" eben dieser Wirkungen. Jede in so einem Gitter wirkende Kraft ist auch jetzt noch ein völlig undurchsichtiges Wesen, eine wahre  qualitas occulta.  Das gleiche ist bezüglich ihres Angriffspunktes, des eigentlichen "Was", woran diese Kraft hängt, zu sagen.

Vorhin war von der Kontinuumstheorie der Hydrodynamik die Rede. In einem weit stärkeren Maße als diese Theorie erfüllen die Forderungen unseres Geistes die Bilder der kinetischen Gastheorie. In derjenigen Fassung der Theorie, bei der direkte Zusammenstöße einzelner Moleküle nicht zugelassen werden, erscheint die Kinematik, das "Wie" der Erscheinungen, als völlig durchsichtig. Diesen Bildern wohnt darum eine weit stärkere explikative Kraft inne. Auch sie sind freilich von irrationalen Elementen durchsetzt. Etwas Irrationales stellen die Atome dar, irrational ist eine jegliche Substanz, die als das Objekt, als dasjenige "Was", worauf sich Gesetzmäßigkeiten beziehen, von unserem Geist jedem Naturgeschehen unvermeidlich zugrunde gelegt wird. Es sei noch einmal erwähnt, daß jede Diversität [Vielfalt - wp], ein jegliches Werden ihrem Wesen nach irrational, für unseren Geist vollkommen undurchsichtig sind. Unfaßbar ist z. B. der Vorgang der Übertragung der Bewegung von einem Körper auf einen anderen, der Vorgang des Stoßes, der lange Zeit geradezu als das Muster des Rationalen angesehen wurde, als dasjenige Element, das einer jeden vollkommenen Erklärung zugrunde gelegt werden müßte. In der FRESNELschen Theorie des Lichts äußert sich das Irrationale u. a. wohl auch in den "widerspruchsvollen" Eigenschaften, die dem Äther-Stoff zugeschrieben werden müssen. In der MAXWELLschen Lichttheorie ist von einem das Licht übertragenden Medium nur noch der Name geblieben - hier stellt das elektromagnetische Feld etwas Irrationales dar (6), desgleichen die als eine Art Substanz auftretende Feldenergie. In der klassischen Elektronentheorie ist zunächst die Existenz des Elektrons als etwas von seiner Umgebung Verschiedenes irrational. Unserem Geist fehlt eben durchaus das Vermögen, eine solche Diversität zu erfassen, sie als mit seinen Denkgesetzen verträglich anzuerkennen. Daß ein Elektron nicht "explodiert", ist eine "Inkonsequenz" des Elektronenbegriffs selbst, zugleich wohl ein Ausdruck für die Irrationalität dieses Begriffs. In einem noch weit stärkeren Maß sind bekanntlich manche Grundbegriffe der Quantentheorie in sich "widerspruchsvoll", "unlogisch". Man denke nur an die Schwierigkeiten, die beiden Aspekte der Materie und der Strahlung, den korpuskularen und den wellentheoretischen, unter einen Hut zu bringen.

Beim Fortschreiten des Naturerkennens werden immer wieder irrationale, für unseren Geist undurchsichtige Elemente aufgenommen und durch einen Willensakt für rational erklärt. (7) Solche "quasirationale" Elemente bilden alsdann die Grundlage für neue, weitergehende Erklärungen. Beim Fortschreiten auf diesem Weg entfernt man sich immer mehr von dem, was unser Geist als das alleinige ihm völlig angemessene Operationsfeld empfindet und empfinden muß, - von der konkreten Anschauung. Indem wir immer weiter in das Gebiet des Irrationalen vordringen, fordern wir von unserem Geist naturgemäß einen immer weitergehenden Verzicht auf Anschaulichkeit. Die entscheidenden Fortschritte der Atomphysik seit Anfang des Jahrhunderts sind durch die Einführung des Wirkungsquantums, der Lichtquanten und der BOHRschen Sprunggesetze als der maßgebenden neuen Irrationalitäten bedingt. In der neuesten so hoffnungsreichen Entwicklung der Quantentheorie ist man von allem, was sich unmittelbar vorstellen läßt, vielfach meilenweit entfernt. Erst durch einen Übergang zur wahrscheinlichkeitstheoretischen Auffassung gelangt man hier nicht selten zu raumzeitlichen Bildern. Doch fordert die Zulassung wahrscheinlichkeitstheoretischer Begriffe als quasirationaler Elemente zumal in der neuen, an BOSE, EINSTEIN, PAULI, DIRAC, FERMI anknüpfenden Form von unserem Geist eine erhebliche Selbstüberwindung, da sie einen weitgehenden Verzicht auf die Erfassung des "Wie" bedingen. Diese Bemerkungen sind nicht dazu bestimmt, an den neuesten Ergebnissen und Methoden der Quantentheorie Kritik zu üben. Sie wollen im Gegenteil das Notwendige, das Naturgemäße dieser Entwicklung unterstreichen. Je umfassender eine physikalische Theorie erscheint, je größer der Umfang der Erscheinungen ist, die sie zu erklären unternimmt, umso blasser, umso unsichtbarer fällt ihr der Anschauung sich darbietender Inhalt aus. Wie wir wiederholt gesehen haben, führt eine restlos rationale Betrachtung der Wirklichkeit auf eine Sphäre des PARMENIDES und ist darum unmöglich. Ebenso führt jede Erklärung durch Ineinanderschachtelung von quasirationalen Elementen letzten Endes zu einer völligen Auflösung des zu Erklärenden in ein undifferenziertes Nichts. In der EINSTEINschen Relativitätstheorie, welche die Gravitation aus den geometrischen Ureigenschaften des Raums selbst ableitet, ist diese Tatsachen augenscheinlich. Das gleiche gilt natürlich für die späteren Weiterführungen der Theorie.

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Wie vorhin auseinandergesetzt, ist als restlos rational nur das Unveränderliche, sich selbst in Raum und Zeit Gleichbleibende aufzufassen. Als eine tief verankerte Eigenschaft des menschlichen Geistes hat im Einklang hiermit MEYERSON die Tendenz, überall das Konstante, sich selbst Gleichbleibende zu postulieren, erkannt. Diese Tendenz hat bei der Entdeckung der großen Erhaltungsgesetze der Masse, des Impulses, der Energie aufs stärkste mitgewirkt, sie ist der Ursprung der Begriffe der potentiellen Energie, des elastischen Spannungszustandes, der latenten Wärme und dgl. Unserem Geist widerstrebt es, im Wiedererscheinen ein jedesmaliges Neuerschaffen zu erblicken; er sucht die Lücken durch eine Art latentes, potentielles Dasein zu überbrücken. Wo, wie bei radioaktiven Umwandlungen, thermische Energie in scheinbar unbegrenzter Weise frei wird, dort wird ein ungeheurer Vorrat an gebundener, intra-atomarer Energie postuliert. Natürlich wären diese und ähnliche Deutungen nicht möglich, wenn sie zu Widersprüchen mit der Erfahrung führen würden. Daß dies nicht der Fall ist, ist als ein Ausdruck für eine teilweise Rationalität des Naturgeschehens zu bewerten. Daß aber diese Rationalität nur eine teilweise sein kann, folgt, wie bereits mehrfach betont, allein schon aus der völligen Unvorstellbarkeit des Diversen, des sich anders als durch relative Verschiebung starrer Grundelemente Wandelnden.

Die Natur weicht aber noch in einer anderen Hinsicht von den rationalen Bildern ab, die wir allein fähig sind zu entwerfen. Sie kennt in Strenge keine umkehrbaren Prozesse. Das Naturgeschehen hat durchaus einen historischen Charakter. MEYERSON unterstreicht mit besonderem Nachdruck diese Nichtumkehrbarkeit und erblickt hierin gerade diejenige Eigentümlichkeit, die uns den völlig undurchsichtigen Charakter jeglichen Werdens besonders eindringlich vor Augen führt. MEYERSON verwirft die bekannten Versuche, der überall beobachteten Degradation [schrittweise Verminderung - wp] der Energie einen Wiederaufbau höherer Energiestufen entgegenzustellen. Übrigens und das ist meine persönliche Ansicht, auch wenn es sich trotzdem einmal erweisen sollte, daß ein solcher Wiederaufbau tatsächlich irgendwo und irgendwann stattfindet, so würde dann die immer noch bestehende Nichtumkehrbarkeit in räumlich und zeitlich begrenzten Gebieten gewiß im Sinne von MEYERSON eine der stärksten Äußerungen der uns auf Schritt und Tritt begegnenden Irrationalität des Naturgeschehens bedeuten. Auch unter Heranziehung wahrscheinlichkeitstheoretischer Begriffe als quasirationaler Elemente gelingt es nur teilweise, die unvermeidlichen Schwierigkeiten zu überwinden.

Im Vorstehenden war ausschließlich vom physikalischen Geschehen die Rede. Der eigentliche Ausgangspunkt MEYERSONscher Betrachtungen ist indessen, wie wir schon wissen, die Gschichte der Chemie gewesen. Der geschichtlichen Entwicklung dieser Wissenschaft im Lichte seiner Philosophie widmet demgemäß MEYERSON zahlreiche Seiten seiner Werke. Die dem menschlichen Geist innewohnende Tendenz, über das sich Gleichbleibende auzuspüren, die Tendenz, von der vorhin die Rede war, macht es verständlich, warum das Gesetz der Erhaltung der Energie so schnell allgemeine Anerkennung fand. Die Tendenz nach Vereinheitlichung, - alles, was mit einer Diversität verknüpft ist, ist irrational -, erklärt den hartnäckigen Glauben an die tatsächliche Einheit alles Stofflichen, einen Glauben, dem bis in die neuesten Zeiten im Grunde genommen jede experimentelle Unterlage fehlte.

Das Prinzip, demzufolge jede Erklärung notwendigerweise einen spatialen [räumlichen - wp] Charakter haben muß, bewährt sich auch in der Chemie, - man denke nur an die so erfolgreichen stereochemischen Betrachtungen. Auch in der Physiologie, physiologischen Chemie und der Biologie findet MEYERSON Bestätigungen seiner Theorien, so in der Vererbungslehre, wo die alten präformistischen Ideen ganz auf dem Prinzip der Identität beruhen, usw.

Im schärfsten Gegensatz zur COMTE-MACHschen Doktrin findet MEYERSON, daß das wissenschaftliche Denken wie das Denken des gemeinen Menschenverstandes durchaus auf der Vorstellung eines Dings ansich aufgebaut ist. Es gibt keine Relation, keine Gesetzmäßigkeit ohne "etwas" als Objekt dieser Relation. "Pas de rapport sans suppurt" [Kein Bericht ohne Träger - wp] heißt es bei MEYERSON. Die Behauptung, der man oft begegnet, die Physik suche und finde Gesetzmäßigkeiten, stehe indessen jeder Metaphysik fern, beruth auf einem Mißverständnis. Der Mensch macht eine Metaphysik, schafft sich eine Ontologie gleichsam unbewußt. "L'homme fait de la métaphysique comme il respire." [Der Mensch macht Metaphysik, so wie er atmet. - wp] Das wissenschaftliche Denken ist durch einen allmählichen Ausbau des Denkens des gemeinen Menschenverstandes entstanden. Das Denken des gemeinen Menschenverstandes ist nichts andere als ein wissenschaftliches Denken in einem rudimentären [nicht ausgebildet - wp] Stadium. Hier wie dort ist eine Ontologie [Seinslehre - wp] unvermeidlich. Wir sehen deshalb auch, daß keine Theorie, d. h. keine Ontologie aufgegeben wird, auch wenn sie sich noch so schlecht mit der Erfahrung verträgt, bis eine andere Theorie, eine andere Ontologie zur Stelle ist. MEYERSON konstatiert also, daß die wissenschaftliche Art zu denken wie diejenige des gemeinen Menschenverstandes notwendigerweise realistisch ist. (8) Er erklärt sich indessen, indem er diese Feststellung macht, keineswegs für eine bestimmte realistische Philosophie. MEYERSON lehnt es ab, sich auf ein bestimmtes philosophisches System festzulegen; seine Ergebnisse sollen lediglich Prolegomena für eine jede künftige Metaphysik bilden.

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Für MEYERSON ist das Verhalten des wissenschaftlichen Denkens der Wirklichkeit gegenüber nicht einfach statisch, sondern durch und durch dynamisch. Trotzdem wir von der Undurchsichtigkeit des Gegebenen völlig überzeugt sind, werden wir nie aufhören, gegen den uns allerseits umgebenden Wall Sturm zu laufen und zu versuchen, das Irrationale zurückzudrängen. Wo ein restloses Verstehen nicht zu gewinnen ist, werden wir uns mit einem noch so schwachen Schein einer Erklärung begnügen. Es ist eine Jllusion, anzunehmen, daß die Feldtheorien, d. h. die Nahewirkungsgesetze, ein völliges Verständnis des Naturgeschehens vermitteln, indem sie das "Warum" beantworten, die man das früher von einer Zurückführung auf die Wirkungen einander berührenden starrer Grundelemente erwartete. (9) Noch HEINRICH HERTZ sucht auf diesem Weg eine Begründung der Mechanik. Unser Geist findet aber den in Betracht kommenden Begriffs- und Vorstellungskomplex den alten Fernwirkungstheorien gegenüber seiner ganzen Struktur nach verständlicher, plausibler und empfindet darum den Übergang zu den Nahewirkungstheorien als einen Fortschritt auf dem Weg zur Rationalisierung des Naturgeschehens. Einen eben solchen Fortschritt bedeutet die Zurückführung der Gravitation auf die inhärenten Eigenschaften der Raumzeitmannigfaltigkeit. daß wir auf diesem Weg zu einer vollständigen Erklärung des Rätsels der Gravitation, des "Warum" der Gravitationswirkungen, kommen werden, ist gewiß eine Jllusion, doch eine beglückende, den wissenschaftlichen Fortschritt fördernde Jllusion. Und so begreifen wir die Begeisterung, die er allgemeinen Relativitätstheorie vielfach entgegengebracht wurde. Es ist eben nicht so sehr die tiefsinnige logische Analyse, die dieser Theorie ihre unvergleichliche Anziehungskraft verleiht, als vielmehr das Zurückgehen auf die Ureigenschaften des Raumes, dieser Grundkategorie alles menschlichen Vorstellungsvermögens. (10)

Im Kampf um die Zurückdrängung des Irrationalen, in dessen Verlauf wir immer wieder neue quasirationale Elemente ins Gefecht führen, offenbart sich die Unergründlichkeit der uns umgebenden Natur, aber auch die Größe des menschlichen Geistes. Die Philosophie von MEYERSON gibt bei völliger Anerkennung der Souveränität der Wissenschaft, der keinerlei wie auch immer beschaffene Vorschriften mit auf den Weg gegeben werden dürfen, Raum für bewunderndes Schauen der Natur. Es nützt nichts, dort, wo unser Geist gebieterisch nach einem "Warum" fragt, die Existenz des Irrationalen zu leugnen, indem man von einem falsch gestellten Problem spricht. Das  Ignorabimus  [wir werden es nicht wissen - wp] kann man nicht wegphilosophieren. Die Natur läßt sich ihres höchsten Zaubers, der Unergründlichkeit, nicht berauben. Die Wissenschaft wird sich nie mit einer nüchternen Proklamierung von Gesetzen begnügen, nie auf jede Metaphysik, jegliche Ontologie verzichten können. Wie schon vorhin erwähnt, werden den Gesetzen tatsächlich allemal gewisse außerhalb von uns liegende Wesenheiten als Objekte untergelegt. Niemand, der produktive Wissenschaft treibt, hat jemals im Ernst daran gedacht, mit MACH Naturgesetze als Beziehungen, die gewisse Gruppen von Empfindungskomplexen miteinander verknüpfen, einzuführen und die hypothetischen Glieder theoretischer Schlußketten lediglich als Hilfsparameter, die zuletzt eliminiert werden sollen, aufzufassen. Mehr als das, - die Wissenschaft wird nie darauf verzichten können, von Elementen Gebrauch zu machen, die jenseits der Ontologie des gemeinen Menschenverstandes liegen. Auch die neueste Entwicklung der Atomphysik macht hierin keine Ausnahme. Es möchte scheinen, als hätte HEISENBERG in seinen bahnbrechenden Arbeiten, die einen neuen Aufschwung der Quantentheorie eröffneten, auf alles, was außerhalb der Ontologie des täglichen Lebens liegt, Verzicht geleistet. In der Matrizenmechanik ist tatsächlich von Elektronen, Elektrionensprüngen, den Energieniveaus direkt nicht mehr die Rede. Gewisse der Rechnung entspringende Größen werden dort unter wesentlicher Verwendung des Wirkungsquantums  h  mit den Intensitäten bestimmter Spektrallinien und damit mit der unmittelbaren Erfahrung in Verbindung gebracht. Das Wirkungsquantum ist eine universelle Konstante, wenn man will, weiter nichts als eine Zahl, und mit einer solchen Auffassung könnte man sich, wie unbefriedigend sie auch wäre, zur Not begnügen. Wie steht es aber mit der Intensität einer bestimmten Spektrallinie? Spektrallinien sind als Individuen durch ihre Frequenz charakterisiert. Die experimentelle Bestimmung der Frequenz, die von den Erscheinungen der Interferenz ausgeht, beruth auf den Ergebnissen einer der bekannten klassischen Lichttheorien und hier treten Elemente, die über die Ontologie des täglichen Lebens hinausgehen, wie z. B. das elektromagnetische Feld, auf. Die elektrische Feldintensität, die im Makroskopischen in bekannter Weise mit Hilfe eines Probekörperchens definiert zu werden pflegt, läßt sich in gleicher Weise im Feld eines Licht- oder Röntgenstrahles nicht erklären, es sei denn, daß man als Probekörperchen diesmal einzelne Elektronen, gewiß Objekte einer sozusagen "höheren", wissenschaftlichen Ontologie, zuläßt. So wenig eine eindeutige Benennung und damit ein Wiedererkennen einer Spektrallinie ohne Verwendung solcher ontologisch höheren Elemente möglich ist, so wenig kann man ohne dergleichen an die Definition und die Bestimmung ihrer Intensität, etwa mit Hilfe eines Bolometers [Strahlungssensor - wp], denken, da einern solchen Bestimmung eine Theorie dieses Instrumentes und damit jedenfalls eine Theorie der elektrischen Strömung in Metallen usw. zugrunde liegt. man denke in diesem Zusammenhang an das Elektron in einem elektromagnetischen Feld, an das Feld im Innern eines Elektrons, an die Energie, die auch in den intra-atomaren Verbänden angenommen wird und strengen Erhaltungsgesetzen genügt.

Während die HEISENBERGsche Matrizenmechanik durchweg mit reinen Rechnungsgrößen arbeitet, operiert die SCHRÖDINGERsche, auf den Vorstellungen von de BROGLIE und EINSTEIN fußende Theorie, die übrigens, wie man weiß, zu denselben, nur anders eingekleideten Gesetzmäßigkeiten führt wie jene, bereits mit Bildern, die einer gewissen räumlichen Interpretation fähig erscheinen. Trotzdem es sich hier um Räume von einer schier unübersehbaren Anzahl von Dimensionen handelt, so empfinden wir doch beim Übergang zur de BROGLIE-SCHRÖDINGERschen Wellenmechanik das Gefühl einer gewissen Erleichterung. So sehr strebt unser Geist, der die Natur verstehen, rationalisieren will, nach Operieren mit räumlichen Kategorien. Nicht Algebra, Geometrie ist es, die er ersehnt. Daß es in der neuesten Entwicklungssphase der Quantentheorie nur in einem sehr bedingten Maß gelingt, diesem Streben entgegenzukommen, ist ein Anzeichen dafür, daß wir uns weit im Gebiet des Irrationalen befinden, daß die Wege der Natur von denjenigen unseres Geistes abweichen. Daß aber auch hier spatiale Bilder, Modelle zu neuen Erkenntnissen führen, daß beispielsweise die de BROGLIEschen Vorstellungen von der Wellennatur der Materie zu der glänzenden Entdeckung der Beugung und Interferenz von Materiewellen führten, ist demgegenüber wiederum ein Ausdruck für eine teilweise Rationalität der Natur. Die Arbeitshypothesen, die anschaulichen Modelle stellen keinesfalls lediglich ein Gerüst dar, das wir abzubrechen haben, sobald eine neue Erkenntnis gewonnen ist. Daß neue Erkenntnisse überhaupt durch Betrachtung von Modellen sich gewinnen lassen, ist ein Ausdruck für eine besondere Struktur des Tatsächlichen. Ein jedes erfolgreiche Modell gibt einen Zug der Wirklichkeit wieder.

Die Wissenschaft hat in ihrer Jahrtausende alten Entwicklung stets nach einer lückenlosen Erklärung der Naturerscheinungen gesucht. Wie mehrmals betont, ist eine solche nirgends möglich. Sie würde je, um die Fragen nach dem "Was" und "Warum" auszuschalten, eine völlige Uniformisierung der Objekte alles Seins, das Verschwinden jeglicher Änderung, jeglichen Werdens bedingen. Ohne es vielfach zu wissen, erstrebt trotzdem der Wissenschaftler auch heute eine vollkommene Erklärung und führt auf dem Weg nach diesem Ideal immer wieder neue Gesetzmäßigkeiten ein, welche Elemente miteinander verknüpfen, die außerhalb der Ontologie des gemeinen Menschenverstandes liegen. Bedeutet die MEYERSONsche Philosophie, indem sie dies festzustellen glaubt, etwa einen Rückfall in die scheinbar längst überwundenen mit "Metaphysik" belasteten Gedankengänge der alten Physik?

Darauf ist zu erwidern, daß es eine Naturwissenschaft, die keinerlei ontologische Wesenheiten einführt, tatsächlich gar nicht gibt und auch niemals gegeben hat. (11) Es möchte scheinen, daß diejenige mehr phänomenologische Art der Behandlung, wie sie oben an dem Beispiel der Hydromechanik angedeutet wurde, frei von jenem Übel sei, da sie mit Ortsfunktionen und nichts anderem als diesen, mithin mit rein mathematischen Symbolen operiert. Es ist übrigens klar, daß sich eine solche Behandlungsart in analoger Weise in verschiedenen anderen Gebieten der Physik, so z. B. in manchen Kapiteln der kinetischen Gastheorie, der Elektrodynamik und Optik, durchführen läßt. Sie ist die einzige, die unserem Bedürfnis nach einer logisch und mathematisch scharfen Darstellung entgegenkommt. Geht man freilich zur physikalischen Interpretation der einzelnen in unseren Rechnungen auftretenden Größen (Ortsfunktionen) über, so sieht man alsbald das außerhalb der Ontologie des gemeinen Menschenverstandes Liegende in den Molekülen, den Elektronen, im elektromagnetischen Felde, der Energie usw. erstehen. Das Gegebene ist eben mehr als eine reine Zahl oder eine Ortsfunktion. Rechnen mit Ortsfunktionen unter völliger Vernachlässigung der Tatsache, daß diese Ortsfunktionen an irrationale Elemente gebunden sind, ist Mathematik und keine Physik, - allerdings eine Mathematik, an der nicht einmal Mathematiker ihre reine Freude haben würden.

Der Forderung nach einer Beantwortung des "Was" kommt die Wissenschaft entgegen, indem sie eine möglichst weitgehende Reduktion der Anzahl der wesentlich verschiedenen Entitäten, geradezu eine Zurückführung aller Objekte auf den undifferenzierten Raum anstrebt. Das "Wie" einer Naturerscheinungen wird von unserem Geist umso vollkommener erfaßt, ja besser sich ihr Verlauf als eine einfache zeitliche Umdisposition der räumlichen Anordnung eines Systems starrer Grundelemente denken läßt. Dem tiefsten aller Mysterien, dem Mysterium des "Warum" aller Gesetzmäßigkeiten, des "Warum" allen Werdens vermag der menschliche Geist nur bewunderndes Staunen entgegenzubringen. Indem wir von den Fernwirkungstheorien zu den Nahewirkungstheorien übergehen, indem wir inhärente Eigenschaften der Raumzeitmannigfaltigkeit heranzuziehen, bemühen wir uns, das Schwergewicht dieses  Ignorabimus  zu mindern.

MEYERSON steht fest und ohne jede  resevatio mentalis  [geheimer Vorbehalt - wp] auf dem Boden der tatsächlichen Erkenntnisse der Wissenschaft. Sie ist ihm in ihrem jetzigen Besitz wie in ihrer historischen Entwicklung sowohl das Objekt der epistemologischen Studien als auch das zugkräftige Mittel, das tief versteckte Eigentümlichkeiten unseres "Denkapparates" selbst zu ergründen gestattet. Im Gegensatz zu manchem Vertreter der Spezialwissenschaften ist MEYERSON, der ebenfalls von den exakten Wissenschaften ausgeht, voll Bewunderung und tiefster Verehrung für die großen philosophischen Denker der Vergangenheit. Auch wo sie sich in Einzelfällen geirrt hatten, haben sie anregend und befruchtend gewirkt. MEYERSON weist nachdrücklich auf die Gefahren hin, die aus dem mangelhaften Zusammenarbeiten der exakten Wissenschaften und der Philosophie entspringen. Manche Verirrung auf der einen wie auf der anderen Seite hätte vermieden werden können, hätten die Philosophen den bewunderungswürdigen Ergebnissen der exakten Wissenschaft, auch soweit sie die Fragen der allgemeinen Weltanschauung betreffen, hätten die Vertreter der Naturwissenschaft den verehrungswürdigen Ergebnissen der Geistesarbeit großer philosophischer Denker aller Zeiten mehr Verständnis und Achtung entgegengebracht.

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Soviel über die leitenden Gedanken der MEYERSONschen Epistemologie. Sie gehört, trotz starker Einflüsse deutschen Geistes, ihrer grundsätzlichen Einstellung nach durchaus der französischen Philosophie an. In Frankreich hat sich, im Gegensatz zu Deutschland, der Zusammenhang zwischen der Philosophie und der Naturwissenschaft von DESCARTES über d'ALEMBERT, LOUIS CARNOT, AMPÉRE, AUGUSTE COMTE, COURNOT, RENOUVIER, G. MILHAUD und andere bis DUHEM und H. POINCARÉ lebendig erhalten. Die Philosophie von MEYERSON ist ein neues, hochbedeutendes Glied dieser Entwicklung.

In unserer mehr systematischen Darstellung fand sie kein Platz für die Belege, die MEYERSON, wie eingangs betont, der Entwicklungsgeschichte der Naturwissenschaften in Hülle und Fülle entnimmt. Die historischen Schilderungen nehmen, gemäß dem Wesen der zugrundeliegenden Forschungsmethode, in der "Identite et réalité", dem Eingangstor in die Theorie und noch mehr im Hauptwerk "De l'explication dans les sciences" einen breiten Raum ein. Sie sind dem Inhalt und der Form nach gleich vollendet. Besonders hervorzuheben ist die meisterhafte Analyse der alten Qualitätstheorien mit Einschluß der Theorie des Phlogistons sowie des großen kartesianischen Systems. Für DESCARTES, LEIBNIZ, LAVOISIER und SADI CARNOT hat MEYERSON eine besondere Verehrung. Sie sind die vier großen Helden seines Gesamtwerkes. Doch auch über die Alten, die Scholastiker, NEWTON, die Männer des Zeitalters der Aufklärung, die deutschen Naturphilosophen weiß er unendlich viel Bedeutsames und Interessantes zu sagen.

Nun noch einige Zeilen über den Inhalt der "Identité et réalité" im einzelnen.

Das Werk beginnt mit einem ausführlichen Kapitel über das Gesetz und die Ursache. Wie wir bereits früher gesehen haben, benutzt MEYERSON als synonym mit dem Wort "Erklärung" Wendungen wie "Ermittlung der Ursachen" und dgl. Da eine vollkommene Erklärung, die eine Interpretion der Wirklichkeit als eines unwandelbaren, undifferenzierten Seins bedeuten würde, unmöglich ist, so kann nur von einem dahingehenden Streben die Rede sein, und in diesem Sinne spricht MEYERSON vom "Prinzip der Kausalität" als einer dem menschlichen Geist innewohnenden Tendenz, überall das Identische, sich selbst Gleichbleibende aufzuspüren. Demgegenüber nennt er das, was gewöhnlich als "Kausalitätsprinzp" bezeichnet wird, Prinzip der Gesetzmäßigkeit. MEYERSONs Behauptung geht eben dahin, daß der in theoretischen Auseinandersetzungen stillschweigend gebrauchte Begriff der Ursache demjenigen nicht entspricht, den unser Verstand (und zwar sowohl der des Alltagslebens, der "gesunde Menschenverstand", als auch ganz besonders derjenige, der die Naturwissenschaft erzeugt) bei seinem Wirken in Bewegung setzt.  Dieser  Begriff der Ursache fällt vielmehr im wesentlichen mit demjenigen von LEIBNIZ zusammen und hat in erster Linie als Ausdruck für die Unveränderlichkeit in der Zeit zu dienen. Die Auffindung der Ursache (12) einer Erscheinungen, die, es versteht sich von selbst, nur eine teilweise sein kann, ist mit der Feststellung identisch, daß bei einer passenden Zergliederung, einer geeigneten "Durchleuchtung" sich letzten Endes herausgestellt, nichts habe sich in "Wahrheit" ereignet, außer daß höchstens die räumliche Disposition einzelner "Bestandteil", gewisser "Grundelemente" anders geworden sei. Die ganze Bedeutung dieses für die Philosophie MEYERSONs fundamentalen Begriffes der Ursache lernen wir in den ersten fünf Kapiteln allmählich kennen, worauf in dem großen Kapitel über das CARNOTsche Prinzip der "Identität", als Ausdruck der unserem Geist immanenten Tendenz überall nach dem Unveränderlichen, Konstanten zu forschen, die "Wirklichkeit", die nur ein Werden, kein Beharren kennt, gegenübergestellt wird.

Doch zurück zum Anfang des Werkes! Im zweiten Kapitel lernen wir als ein klassisches Modell einer "ursächlichen" Erklärung (MEYERSON spricht seiner Grundauffassung gemäß meist von einer "Erklärung" schlechthin) die mechanistischen Theorien der Atomistik in ihrer geschichtlichen Entwicklung kennen, - zugleich auch die ihnen innewohnenden Antinomien. Es folgen (Kapitel III bis V) Ausführungen über das historische Werden und den Charakter der großen Erhaltungsprinzip: des Prinzips der Trägheit, der Erhaltung der Materie und Energie. Es handelt sich dabei geradesosehr um die Feststellung, daß beim Zustandekommen jener großen Erhaltungsgesetze der "kausale Trieb", der unbezähmbare Wunsch unseres Intellekts, in allem, was uns als im Fluß befindlich erscheint, etwas Beharrendes zu entdecken, eine große Rolle spielte, als auch um die Vorführung der MEYERSONschen Forschungsmethode in ihrer Wirksamkeit. Daher die breite, behagliche, fast episch zu nennende äußere Form der Erzählung.

In dem VI. Kapitel, das von der Elimination der Zeit handelt, wird die kausale Tendenz auf die Spitze getrieben. Eine Erscheinung erklären heißt in "Wahrheit" vor allem eine Änderung in der Zeit negieren, die Zeit eliminieren. Doch ist auch jede Diversität im Raum unfaßbar, also fordert unser Geist Einheit aller Materie (Kapitel VII). Eine vollkommen intelligible Welt würde sich in ein Nichts auflösen, da sie weder ein Geschehen noch eine Diversität im Raum zuläßt. Sie ist also unmöglich. In einem imposanten Bild zeigt MEYERSON, wie der LAPLACEsche Urnebel sich einem solchen undifferenzierten Sein näher und diesem Umstand seine erklärende Kraft verdankt.

Es folgt ein grundlegegender Abschnitt über das Prinzip von CARNOT (VIII. Kapitel), - die Spannung steigert sich. Es gibt kein unwandelbares Sein, es gibt auch keinen reversiblen Vorgang und damit lernen wir einen neuen Zug der Irrationalität in der Natur kennen. Wir sind am Höhepunkt des Werkes, dem großen Kapitel IX über das Irrationale angelangt.

Daß die Natur nicht restlos rational, nicht vollkommen faßbar ist, gibt man willig zu, ohne darüber weiter nachzudenken. Es sei denn, daß man sich entschließt, in einer jeden naturwissenschaftlichen Frage, die zu einer Antinomie führt, grundsätzlich ein falsch gestelltes Problem zu sehen. Die kraftvoellen, tiefdurchdachten Ausführungen MEYERSONs lassen uns die fundamentale Tatsache, daß es in der Natur Irrationales in vielerlei Gestalten gibt, wahrhaft  erleben.  Was für unseren Geist faßbar ist, ist letzten Endes durch das Prinzip der Identität bestimmt. Der Darstellung verschiedener Äußerungen dieses Prinzips auf dem Gebiet nicht-mechanischer Theorien, - in den qualitativen Theorien der Alchimisten und der OSTWALDschen Naturphilosophie -, ist das nächstfolgende X. Kapitel gewidmet. Aber auch in der Ontologie des gemeinen Menschenverstandes (Kapitel XI) begegnen wir ihm auf Schritt und Tritt wieder. Im umfangreichen XII. Kapitel werden aus der vorangehenden Analyse erkenntnistheoretische Schlüsse gezogen, so namentlich über die möglichen Beziehungen zwischen dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit und demjenigen der Identität. Eine Anzal Anhänge von selbständigem historischen Interesse beschließen das Werk.

"Identité et réalité" ist erstmalig 1908, in einer zweiten Auflage 1912, also noch vor dem entscheidenden Ausbau der allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantentheorie erschienen. Diesen neueren Ergebnissen wir in "De l'explication dans les sciences" und namentlich in "La déduction relativiste" Rechnung getragen. Es erschien dem Verfasser nicht als angemessen, den Text des vorliegenden Werkes bei späteren Neuauflagen und den Übersetzungen in fremde Sprachen zu ändern. Dies umso mehr, als seine Resultate, die sich vor allem auf die historische Analyse der Vergangenheit gründen, von der neueren Entwicklung der Wissenschaft in keiner Weise berührt werden. Durch gelegentliche Hinweise auf spätere Ergebnisse hat der Verfasser bei der dritten, 1926 erschienenen Auflage dem Leser den Anschluß an den jetzigen Stand positiven Wissens erleichtert. Dieselbe Aufgabe haben einige von mir abgefaßten, mit  Ltn  gezeichneten Fußnoten zu erfüllen.

Der Verfasser hat es mit großem Geschick verstanden, seine Darlegungen, die eine vertiefte Kenntnis der Lehren der exakten Naturwissenschaften, vor allem der Physik voraussetzen, von mathematischen Formeln freizuhalten. Er hat damit den Zugang zu seinen Werken auch denjenigen Lesern ermöglicht, die der Mathematik gewohnheitsmäßig Gefühle von Respekt und Abneigung entgegenbringen. Manche Einzelausführung hätte demgegenüber an Kürze und Prägnanz gewonnen, wenn sich der Verfasser eine solche Beschränkung nicht auferlegt hätte. Und so sei mir zum Schluß die Hoffnung gestattet, es möchte recht bald ein Kommentar zu den Werken von MEYERSON erscheinen, in dem unter freier Verwendung des mathematischen Apparats und darum umso plastischer der ganze Reichtum seiner Ideen zur Darstellung gelangen würde. So mancher wertvolle Fund würde dabei aus der Tiefe ans Tageslicht kommen.

Leipzig, im November 1929
LEON LICHTENSTEIN
LITERATUR - Emile Meyerson, Identität und Wirklichkeit, Leipzig 1930
    Anmerkungen
    1) Die folgenden Ausführungen bilden eine umgearbeitete und wesentlich erweiterte Wiedergabe des in den Berichten der Mathematisch-Physischen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Bd. 80, 1928, Seite 275 - 285 erschienen Aufsatzes: Die Philosophie von Emile Meyerson.
    2) Für die hier vertretenen Ideen ist es durchaus wesentlich, daß jedesmal, wenn nach dem "Wie" eines Naturvorgangs gefragt wird, anschauliche Bilder angestrebt werden. Man vergleich hierzu die Ausführungen weiter unten, wo auch über das "Was" und "Warum diskutiert wird.
    3) Das heißt vor allem soweit es sich um das "Wie" dieser Erscheinung handelt.
    4) Über den Begriff der Ursache vergleiche die näheren Ausführungen weiter unten.
    5) Man vergleiche die weiteren Ausführungen weiter unten.
    6) Man vergleiche hierzu die Bemerkungen weiter unten
    7) Man denke an die Energie, das elektromagnetische Feld, Elektronen und Protonen, Valenz usw.
    8) Man vergleiche hierzu die überzeugenden Ausführungen von E. STUDY, Die realistische Weltansicht und die Lehre vom Raum, Braunschweig 1923, Seite 33 - 52. Wir werden auf diesen Gegenstand noch einmal ausführlicher zu sprechen kommen.
    9) Man vergleiche hierzu die Ausführungen weiter oben.
    10) Ebenso verstehen wir freilich, ohne sie persönlich teilen zu können, die ablehnende Haltung derjenigen, die, angesichts der ungenügenden Anschaulichkeit der Bilder dieser Theorie, ihr jede explikative Kraft absprechen (vgl. die Bemerkungen oben.
    11) MACH, der sich von jeder "Metaphysik" frei halten, genauer, sich mit der Ontologie des gemeinen Menschenverstandes begnügen wollte, hatte konsequenterweise die Atomistik abgelehnt. Bekanntlich wollte COMTE jede zu weit ins einzelne gehende Erforschung der Natur geradezu verboten wissen.
    12) MEYERSON spricht in diesem Zusammenhang von "causalité scientifique".