ra-2M. MarquardC. PrantlL. SteinH. Höffding    
 
HEINRICH LANDESMANN
[Hieronymus Lorm]
Der grundlose Optimismus

"Eine Erkenntnis ist eine ewige Gewißheit und läßt keine widersprechenden Urteile mehr zu, so daß eine Erkenntnis den Gegensatz längst hätte beseitigen müssen: der Optimismus wäre in Pessimismus oder dieser in jenem längst untergegangen, wenn es der Wissenschaft bis heute gelungen wäre, ihre Erkenntnis durchzusetzen. In Ermangelung einer solchen bleiben die Urteile eine Meinung in Gegensätzen, und Meinungen sind ein beständiger Kampf, ohne endlichen Sieg."

"Die Erfahrung liefert Geschehnisse, aber  kein Prinzip,  und um die schlechte Beschaffenheit der Welt zu einem Wissen, zu einer Gewißheit, zu einer feststehenden und allgemeinen Erkenntnis zu bringen, müßte das reale Prinzip des Zusammenhangs aller Dinge gefunden werden. Die Erfahrung liefert immer bloß die Daten des Geschehenen, niemals aber die inneren Gesetze, nach welchen es geschehen mußte." 

Vorwort

Lange hegte ich die Absicht, aus dem Gesichtspunkt der nachfolgenden Betrachtungen eine streng wissenschaftlich geformte Geschichte der deutschen Metaphysik im 19. Jahrhundert, sowie ihrer Schicksale bei Nation und Kritik zu schreiben. Die Arbeit wäre mir leichter geworden als was ich hier vorlege, weil sie mir eine den Fachmännern vertraute Terminologie gestattet hätte, welche Abkürzungen ermöglicht und Erklärungen erspart. Auch würde ich mich in diesem Falle auf zahlreiche, dem Verständnis des Laien unzugängliche Zitate gestützt haben.

Allein je mehr ich meine Absicht erwog, umso deutlicher erkannte ich, daß gerade in einer Zeit, die sich von Philosophie fast feindselig abwendet, eine allgemein erkennbare Beleuchtung des Lebensproblems nötig ist. Die Zeit ist schlecht beraten, die bei der Lösung ihrer Kulturaufgaben Philosophie entbehrlich glaubt, und in der Tat war kaum eine frühere Epoche so reich an Unzufriedenen mit den öffentlichen Verhältnissen, an Unglücklichen und Trostlosen in den engeren Lebensbeziehungen. Zwar kann Philosophie unter keinen Umständen die letzten erlösenden Aufschlüsse erteilen; allein in dem sie die Sehnsucht nach solchen Offenbarungen erweckt, erhöht sie schon das Niveau des Lebens und die Erhöhung ist eine Erhebung über irdische Bedrängnisse.

Eine derartige Sehnsucht fehlt dem ausschließlichen Trachten nach Besitz und Gewinn. Darum läßt das rein utilitarische Streben in denjenigen, die das Ziel verfehlen, pure Verzweiflung, in denjenigen, die es erreichen, eine unsägliche Verödung des Gemüts zurück. Beide Wirkungen spiegeln sich in der herrschenden Zeitrichtung oder "Strömung" mit ihrem nie früher vorgekommenen Herabdrücken der Kunst zur Niedrigkeit, mit der verblüffenden Sinn- und Geistlosigkeit der künstlich veranstalteten Volksbewegungen.

Strömungen werden aber nur dadurch allgemein, daß ihnen, um in Fluß zu bleiben, Blindgläubigkeit und Nachbeterei genügen. Deshalb darf niemand hoffen, die Massen der Menschen oder auch nur weite Kreise für einen Standpunkt zu gewinnen, der, um sich zu behaupten, einer individuellen Selbstprüfung bedarf. Die nachfolgenden Betrachtungen sind daher nur denjenigen gewidmet, welchen die herben Rätsel des Daseins im Leid des eigenen Herzens fühlbar oder im Denken des eigenen Geistes gegenständlich geworden sind, ohne daß die gesuchte Zuflucht bei Glaubensartikeln oder philosophischen Systemen eine ausreichende Befriedigung gewährt hätte.

Eine leise Reminiszens an eine meiner früheren Schriften will ich, so unbemerkbar sie sein dürfte, nicht unerklärt lassen. Vor 17 Jahren erschien in Berlin meine "Philosophie der Jahreszeiten" und konnte nach einem Absatz von viertausend Exemplaren, bloß äußerer Verlagsverhältnisse wegen, nicht von neuem herausgegeben werden. Somit ist das Werk der Öffentlichkeit in seiner Ganzheit entzogen. Ein Auszug daraus, den ich in zwei gesonderten Schriften ("Naturgenuß" und "Natur und Geist") veröffentlichte, durfte wegen seiner besonderen Bestimmung wesentliche Teile des ursprünglichen Werkes nicht mit einschließen. Erst in die vorliegenden Betrachtungen vermochte ich aus dem verloren gegangenen Teil meiner "Jahreszeiten" einige Stellen mit einzuflechten, freilich nur in so geringer Zahl, wie es die gänzliche Verschiedenheit des Gegenstandes und der Aufgabe gestatten wollte.

Trotz der Abneigung gegen Philosophie hat die moderne Gesellschaft zwei philosophische Schlagwörter in Umlauf gebracht: Optimismus und Pessimismus. Die Richtigstellung der falschen Begriffe, welche die Gesellschaft diesen Urteilen über die Beschaffenheit des Daseins zugrunde legt, hat mich zu einer neuen Konsequenz geführt und diese erlaubt mir, wie FRIEDRICH von SALLET, wenn auch aus einem ganz anderen Gesichtspunkt, hinsichtlich des unleugbar in den Vordergrund der Erscheinungen getretenen Pessimismus oder Lebensschmerzes dem Leser zu sagen:
    "Hast Du von seinem Wesen klare Kunde,
    Aus ihm taucht auch empor, was dir gebricht."


Erste Abteilung
Entdeckung des wissenschaftlichen
Pessimismus durch Kant


Wissen und Meinen

Wissenschaft schließt Gewißheit in sich. Von einem Gegenstand, ob wahrgenommen oder gedacht, Wissenschaft haben, heißt so viel wie von seiner Existenz Gewißheit haben. Solange ein Gegenstand völlig verschiedene oder sogar entgegengesetzte Urteile zuläßt, ist er noch nicht wissenschaftlich erkannt worden. In diesem Fall suchen Naturforschung und Geistesforschung, indem sie sich der ihnen bisher gewordenden Gewißheit als Schlüsse bedienen, die Wesenheit und die Eigenschaften eines Gegenstandes bis zur Gewißheit zu erschließen, so daß kein anderes Urteil mehr darüber möglich ist als ein einmütiges, ein feststehendes, ein Urteil, welches mit Notwendigkeit von jedem menschlichen Verstand eingesehen werden muß. Nur ein solches Urteil ist ein wissenschaftliches, geht aus einer wissenschaftlichen Erkenntnis hervor und ist deshalb eine apodiktische [keinen Widerspruch duldende - wp] Gewißheit.

Sind über einen Gegenstand solche Urteile noch nicht gewonnen worden, so tritt an die Stelle des Wissens oder der Gewißheit die Meinung. Ihre Quelle kann die Einbildung, das Gefühl, das Temperament, die zufällige und persönliche Erfahrung sein. Eine Erfahrung mag eine vereinzelte sein und mag sich auch als vorübergehende Erscheinung niemals mehr wiederholen; eine Erkenntnis ist ausnahmslos allgemein und, insofern man der Natur ein ewiges Bestehen zuschreiben darf, auch ausnahmslos ewig.

In unserer Zeit werden die geistigen Kämpfe und selbst die Lebensanschauungen der Geselligkeit auf Urteile über die Beschaffenheit der Welt gestützt und der Gegensatz dieser Urteile wird mit "Optimismus" und "Pessimismus" bezeichnet. Daß in diesem weitläufigen Sinn beide Urteile keine wissenschaftliche Erkenntnis zu sein vermögen, ergibt sich zunächst schon daraus, daß sie beide nebeneinander bestehen. Eine Erkenntnis ist, wie gesagt, eine ewige Gewißheit und läßt keine widersprechenden Urteile mehr zu, so daß eine Erkenntnis den Gegensatz längst hätte beseitigen müssen: der Optimismus wäre in Pessimismus oder dieser in jenem längst untergegangen, wenn es der Wissenschaft bis heute gelungen wäre, ihre Erkenntnis durchzusetzen. In Ermangelung einer solchen bleiben die erwähnten Urteile eine Meinung in Gegensätzen, und Meinungen sind ein beständiger Kampf, ohne endlichen Sieg. Beide Urteile sind, wie schon oben bemerkt, Ergebnisse von individuellen Gefühlen, von vereinzelten Dispositionen des Gemüts, von zufälligen und persönlichen Erfahrungen. Um aber eine wissenschaftliche Entscheidung, eine Erkenntnis herbeizuführen, ist es unerläßlich, vorerst den ganzen Inhalt des  unwissenschaftlichen  Pessimismus und Optimismus kennenzulernen.


Der Pessimismus als unwissenschaftliches Urteil

Der unwissenschaftliche Pessimismus betrachtet sich als die Lehre vom Elend des Daseins. Er stellt somit die apodiktische Behauptung auf, daß Elend mit Dasein notwendig und allgemein verbunden sei, daß sie eigentlich nur zwei verschiedene Bezeichnungen für ein und dieselbe Bedeutung sind.

Vielleicht würde die Wissenschaft zu einem verwandten Ergebnis gelangen, was die vorliegenden Betrachtungen erst an späterer Stelle zu untersuchen haben. Jedenfalls aber müßte die Wissenschaft von anderen Voraussetzungen ausgehen und aus anderen Quellen schöpfen als der unwissenschaftliche Pessimismus, der seine Behauptung aus den zufälligen und wechselnden Erfahrungen im Weltlauf ableitet. Da muß dann zuerst nach der Berechtigung gefragt werden, dem Elend des Daseins die allgemein Gültigkeit zu verleihen. Die Erfahrung liefert Geschehnisse, aber kein Prinzip, und um die schlechte Beschaffenheit der Welt zu einem Wissen, zu einer Gewißheit, zu einer feststehenden und allgemeinen Erkenntnis zu bringen, müßte das reale Prinzip des Zusammenhangs aller Dinge gefunden werden.

Die Lehre vom "Elend des Daseins" erscheint, wenn ihr eine wissenschaftliche Begründung fehlt, als ein kompliziertes Gewebe von Irrtümern, Widersprüchen, logischen und anthropologischen Unmöglichkeiten. Bei mangelnder Begründung ergibt sich zunächst die Frage, was dazu berechtigt, der ungeheuer weiten Sphäre des Daseins eine Eigenschaft, wie es das Elend ist, entnehmen zu wollen, die nicht darin enthalten ist. Dasein ist Dasein; weiter kann der Begriff nichts aussagen. Der Stein ist da, der Mensch ist da, weiter gibt es zwischen dem Dasein beider keine Verwandtschaft. Beide haben Dasein, eine andere Gemeinschaft ist zwischen ihnen nicht aufzufinden. Wie kommt das Elend als notwendiger Bestandteil zum Dasein hinzu? Der unwissenschaftliche Pessimismus vermag hierauf eine Antwort nicht zu erteilen.

Nicht stichhaltiger erscheint die Behauptung vom Elend des Daseins, wenn man das Letztere nur als Menschendasein faßt. Es mag sich dabei immerhin die Erfahrung aufdrängen, daß Leiden und Übel das Vorherrschende in der Mehrzahl der menschlichen Existenzen sind - die Masse, die Summe der Unglücksfälle, wie groß auch sich anhäufend, liefert noch immer nicht den logischen Nachweis, daß Elend und Dasein untrennbar, notwendig und allgemein miteinander verbunden sind. Wenn mitten unter den Greueln des Krieges, unter den Schrecken verheerender Seuchen, unter der Vernichtung durch Feuersbrünste und Überschwemmungen, unter dem Zusammenbruch der festest scheinenden Besitztümer durch Erdbeben, wenn mitten unter all diesen Jammerzuständen, die sich in ziemlich regelmäßiger Reihenfolge auf Erden ablösen, ein einziger Mensch existiert, den sein Schicksal oder Temperament berechtigt, sich glücklich zu preisen, so hat schon der Satz vom Elend des Daseins überhaupt, insofern seine Begründung aus der äußeren und zufälligen Erfahrung geschöpft werden soll, so hat, mit anderen Worten, der unwissenschaftliche Pessimismus jede Grundlage der Wahrheit verloren. Denn es zeigt sich an diesem einzigen Glücklichen, daß das Elend nicht notwendig und allgemeine mit dem Dasein verknüpft ist.

Hier, wo die Lehre geradezu eine Ausnahmslosigkeit proklamiert, nämlich die untrennbare Verbindung von Dasein und Elend, kann die Ausnahme die Regel nicht bestätigen, sondern sie hebt sie auf.

Behaglich auf seinen Geldsäcken thronend, in den verschiedenen sinnlichen Genüssen schwelgend, die damit erkauft werden, oder auch nur durch die niedrige Empfindung des  Habens  beglückt, lacht der Eine der pessimistischen "Weltanschauung" aus angeblich allgemeiner Erfahrung ins Gesicht, während ein Anderer, selbst ohne Mittel zu reichlichem Lebensgenuß, in weiser oder zynischer Sorglosigkeit gar nicht begreifen kann, wie man im Dasein noch etwas anderes suchen mag, als das Vergnügen, da zu sein. Ist somit der unwissenschaftliche Pessimismus nichts weniger als an die Gesetze der menschlichen Natur gebunden, so ist er auch geschichtlich keineswegs das Dauernde im Wechsel, obgleich jeder Schritt der Weltgeschichte durch Blut und Tränen watet. Die verschiedenen Schichten und Kreise der Gesellschaft und selbst die verschiedenen Völker haben gute und schlimme Tage. Gegenwärtig scheint allerdings dem Erfahrungspessimismus die allgemeine Weltlage in dem Punkt Recht zu geben, welcher seit der biblischen Genesis die Hauptaufgabe des Menschentums war, in dem Gebot nämlich vom "Schweiße des Angesichts", in der Arbeit.

Für die Massen, für Millionen und Abermillionen ist die Arbeit immer ein Fluch gewesen, der schon im ersten Buch MOSIS verkündet wurde. Wir wollen leben, wir müssen leben - und wir haben nicht, um zu leben. "Gib uns unser tägliches Brot", flehen wir im Vaterunser den Himmel an und wenn er uns nicht erhört, so verwandeln wir die Bitte an den Himmel in die Forderung an den Staat: "Gib uns unser tägliches Brot." Das ist der ganze Inhalt des Kommunismus, aber was der Himmel des Glaubens nicht vermag, das wird auch der reale Staat niemals zustande bringen. Er kann nicht wie der Minister seinem hilfsbedürftigen Kammerdiener, auf die Versicherung: "Il faut vivre" [Wir müssen leben! - wp] die philosophische Antwort geben: "Je n'en vois pas la nécessité" [Dafür besteht keine Notwendigkeit - wp]. - Man muß leben! Das Mittel dazu ist die Arbeit und arbeiten können die Massen, die zum Denken weder berufen noch befähigt sind, nur mit ihrer körperlichen Kraft. Hätte nun auch der Staat Macht genug, um in einem Maße, das zur Lebenserhaltung allgemein ausreicht, Arbeit zu geben - was ist sie selbst? Das Werk des Ackergauls, mit Menschenkraft vollzogen. Das Leben wird erhalten um den Preis, daß die Intelligenz getötet wird. Vorerst also der Mangel an Arbeit und dann die Arbeit selbst bilden den Gegenstand der Klage für den alle Übel der Welt zusammenrechnenden Erfahrungspessimismus.

Es dürfte sich in diesem Punkt sogar als das Dauernde im Wechsel betrachten. Denn die sozialdemokratische Bewegung, die man speziell unseren Tagen zuschreibt, hat von den ältesten Zeiten an nicht aufgehört, unter verschiedenen Formen und Namen durch die Geschichte der Kulturvölker zu schreiten. Die Demagogen Griechenlands und Roms, die Hörigen des Mittelalters, die Wiedertäufer, die Bauernkriege, die Umwälzungen des vorigen Jahrhunderts spiegeln im Grund nur diese Bewegung ab. Der soziale Krieg wurde immer bloß durch den politischen Krieg unterbrochen, wie ja auch die Revolution von 1789 nur deshalb nicht zu ihren sozialen Konsequenzen gelangte, weil an ihre Stelle die Kriegsführung NAPOLEONs mit dem ganzen Weltball trat.

Der soziale Krieg ist von der Natur vorgezeichnet; die ungeheuren schmerzvollen Konflikte zwischen dem gierigen heißen Lebenswillen und der Dürftigkeit der Mittel zu seiner Befriedigung ist die Beschaffenheit unseres Planeten. Die tierische Natur hat den Kampf ums Dasein ausschließlich den körperlichen Kräften zugewiesen und er ist darum in der Tierwelt noch furchtbarer und entsetzlicher als in der Menschenwelt. Erst als in dieser die Intelligenz zum Überwinder der Faust wurde, sollte das Recht des Stärkeren, das Naturgesetz, den Gesetzen der Vernunft weichen. Diese Gesetze sind bis zum heutigen Tag noch nicht endgültig gegeben worden und ihre theoretische Feststellung ist das Ringen unseres Zeitalters. Wenn nun der unwissenschaftliche Pessimismus glaubt, sich ohne eine weitere Beweisführung einfach auf den Gang der Natur und der Geschichte berufen zu können, und wenn er aus dieser Berufung eine bestimmte und unwidersprechliche Hoffnungslosigkeit schöpft - so scheitert er dennoch am Mangel einer Erkenntnis, eines Wissens von der intellektuellen Notwendigkeit im Gang des menschlichen wie des menschheitlichen Daseins. Die Erfahrung liefert immer bloß die Daten des Geschehenen, niemals aber die inneren Gesetze, nach welchen es geschehen mußte.

Dieser geistig inhaltslose, empirische Pessimismus ist dadurch nicht wissenschaftlich geworden, daß einige Philosophen ihn zur Grundlage für metaphysische Systeme gewählt haben. Weil sie jedoch die Übel der Welt in gar so schreienden Farben malten, daß die Lektüre eine "pikante" wurde, ist der bloße Erfahrungspessimismus einigermaßen in Mode gekommen. In den Kreisen der sogenannten Gebildeten, die sich so nennen, weil sie neben den faktischen Tagesereignissen auch geistige Erscheinungen in ihre Gespräche ziehen, geht zwar der Ernst des Denkens nicht so weit, daß sie sich um die Prinzipien kümmerten, welche jene Philosophen aus den Übeln der Welt abgeleitet haben, allein von diesen selbst als von unbestreitbaren Tatsachen zu sprechen, gewährt der eigenen Unbedeutendheit die Maske eines philosophischen Anstrichs. Manche lächerliche Verkehrtheit in der Gesellschaft und in der Geselligkeit hat ihren Grund in der Fälschung des Begriffs: Pessimismus, und das Ergötzen, welches die Aufzählung der bezüglichen Beispiele gewähren müßte, fände seine Grenze nur an dem traurigen Bewußtsein, daß die gefälschte Auffassung die geistige Sehkraft im Allgemeinen beeinträchtigt und die entsetzliche Verdüsterung der irdischen Zustände durch den Blödsinn des Materialismus immer lichtloser werden läßt.

So hat dann das bloße Schlagwort  Pessimismus  eine Richtung erzeugt, die sich wie ein Strom, gegen den sich nicht mehr schwimmen läßt, durch die Gesellschaft zieht. Selbstverständlich kann der Strom, dessen Urquelle ein Schlagwort ist, keine sonderliche Tiefe, keinen umfassenden Spiegel und keine mächtige Tragweite haben. Richtig angesehen, stellt sich diese sogenannte "Weltanschauung" bloß als eine Veränderung der Bezeichnung für Temperamente dar. Noch genauer betrachtet schrumpft dieser entgeistigte modische Pessimismus, statt eine Weltfrage vorstellen zu können, auf die triviale Frage des täglichen Verkehrs zusammen: "Wie geht's?"


Der Optimismus als unwissenschaftliche Urteil

Der unwissenschaftliche Optimismus betrachtet sich als die Lehre vom hohen Wert des Daseins. Wenn nun auch der Erfahrungspessimismus einigermaßen Mode geworden ist, weil er die Leute "von Welt" interessant zu machen scheint - über alle Mode hinaus als das wahre Bedürfnis der menschlichen Natur wird sich immer der  Meinungs -Optimismus behaupten. Hoffen ist gewissermaßen das Atemholen des Gemüts und das künstliche Verschließen der Sinne und des Verstandes vor den Übeln der Welt, wenn sie allzu heftig auf sie eindringen wollen, eine Lebensbedingung derjenigen, die eben um jeden Preis leben wollen, denen das Leben an und für sich schon das höchste Lebensgut ist. Also ob sie diese Auffassung der Erfahrung gegenüber, daß so viel und zuviel gelitten wird, wie eine geheime Schuld empfänden, werden sie nicht müde, wie zu ihrer Rechtfertigung die zahlreichen Beispiele menschlichen Glücks aufzuzählen. Nichts ist ihnen verhaßter als der belletristische Pessimismus und sie fliehen die bezügliche Literatur in dem Grad, daß sie den Pessimismus wie einen Schimpfbetrachten und bemüht sind, aus ihrem unwissenschaftlichen Optimismus eine ebenso unwissenschaftliche Moral abzuleiten.

Sie sind insofern in ihrem Recht, als ihnen die modische Lehre vom Elend des Daseins überhaupt mit keiner Moral aufwarten kann, solange die wissenschaftliche Begründung jener Lehre, obgleich schon über hundert Jahre alt, noch nicht zu allgemeiner Kenntnis gekommen ist. Eine Pseudo-Moral ist dem Meinungsoptimismus umso weniger zu verdenken, als er dadurch dem Bedürfnis des Menschenherzens nach Glück eine wohltuende Befriedigung zu verschaffen glaubt. Er stützt seine Moral auf zahlreiche Beispiele aus dem wirklichen Leben und beweist damit wenigstens, ohne es selbst zu wissen, daß eine wirklich richtige Auffassung der Weltbeschaffenheit, eine wissenschaftliche Erkenntnis vom Wert oder Unwert des Lebens unabhänig wäre von individuellen Stimmungen und von den Schicksalen der Einzelnen.

Dem verbreiteten Gemeinplatz, daß es kein Glück auf Erden gebe, begegnet der Meinungsoptimismus mit der Anführung zahlreicher Tatsachen, aus denen sich wenigstens ein temporäres Wohlsein in dieser Welt ergibt. Dabei hütet er sich sogar, aus moralischen Bedenken, die äußeren Besitztümer, die im Geschmack der Massen für Glück gelten, in Wahrheit als ein solches anzunehmen. Außerhalb der unzutreffenden Voraussetzung, die Glück und Reichtum identifiziert, gibt es in der Tat im allergewöhnlichsten Lebensgang glückliche Existenzen, wenn sie sich auch nicht immer selbst als solche bekennen. Ganz haltlos ist dabei die Annahme berühmter Erfahrungspessimisten von der bloß negativen Beschaffenheit des Glücks, wonach es ausschließlich die Abwesenheit des Unglücks wäre. Nach dieser Ansicht soll selbst Gesundheit ansich kein Glück, sondern als solches erst in der Krankheit, als Abwesenheit der letzteren, erkennbar sein. Allein niemand wird leugnen, daß die Befriedigung eines gesunden Appetites, und daß ein infolge des Wohlseins eingetretener guter Schlaf positive Güter sind, die als solche unmittelbar empfunden werden. Man müßte, wenn das Glück immer etwas Unbewußtes wäre, das behaglich auf der Weide ruhende wiederkäuende Rind für eine Repräsentation des Glücks halten. Das Tier befindet sich im Zustand völliger Sättigung, einer jedes Unbehagen ausschließenden Ruhe, also in vollkommener Abwesenheit der Qual des Unglücks. Dazu, daß dieser Zustand ein Glück genannt werden könte, fehlt aber noch etwas: die Einsicht in den eigenen Zustand oder die Intelligenz.

Es gibt jedoch in der Tat glückliche Menschen in größerer Anzahl, als man gemeinhin annimmt. Das sind Menschen, bei denen sich äußere Umstände und die innere Anschauung fortwährend die Waage halten, folglich in einem Gleichgewicht bleiben, wodurch sich der äußere Gegenstand der Gemütsfreude an Wert nicht verringert, weil sich das Denken niemals bis zur Einsicht in die Wertlosigkeit des Gegenstandes steigert.

Ein leidloser Zustand nimmt immer in dem Grad ab, wie die Intelligenz zunimmt, wie das behaglich wiederkäuende Rind seine Leidlosigkeit verlöre, wenn es dächte. Wenn die Intelligenz überhaupt wächst, dann wächst sie bald über den persönlichen Zustand hinaus, indem sie seine Veranlassung und seine Bedingung erforscht und die Erkenntnis, worauf die Empfindung der Leidlosigkeit eigentlich beruth, verkleinert sie immer mehr, je mehr sich der Intelligenz die bloße Zufälligkeit und die unvermeidliche Vergänglichkeit aufdrängen.

Wo aber ein Gegenstand der Befriedigung und die Intelligenz des Befriedigten sich einigermaßen die Waage halten, feiert die unwissenschaftliche optimistische Lebensauffassung über eine ebenso unwissenschaftliche pessimistische glänzende Triumphe. Sie führt Menschen vor, deren Naturanlage, Temperament oder sonstige subjektive Beschaffenheit ihnen gestattet, dem im Grunde inhaltslosen Begriff des Glücks durch eine Liebhaberei, eine "Passion" für irgendein Ding oder irgendeine Tätigkeit einen leicht erreichbaren Inhalt zu geben. Da gibt es Leute, die Antiquitäten, Handschriften, Briefmarken und alte Bücher sammeln, die sie weder lesen könnten noch verstehen würden. Die Sammelwut macht ihnen das Leben lebenswert. Andere ergeben sich dem Schachspiel, der Vogelpflege, ja sogar auf das Essen oder Trinken können sie ihre hauptsächlichsten Wünsche, den Reiz ihres ganzen Erdenlebens konzentrieren.

Wollte man das wirklich vorhandene Glück genau analysieren, so möchte man auch derjenigen Menschen gedenken, die erst am Abend ihres Lebens in früher verschmähten oder verachteten Verhältnissen einen letzten Abschluß ihrer Erdenwünsche finden. Sie haben die Stürme der großen Welt hinter sich und hängen jetzt an einem höchst unbedeutenden weiblichen Wesen oder an einem angenommenen Kind. Bis zur höheren Sphäre der Schönheit und der Sittlichkeit reicht zuweilen diese intellektuelle Beschränktheit empor und bleibt eine Empfindung des Glücks, stets aber nur solange wie sich die intellektuelle Grenze nicht erweitert, der kleine Geist dem kleinen Gegenstand der Befriedigung völlig die Waage hält. das ästhetische Behagen an der Natur, jedoch ohne wissenschaftliches Eindringen in ihre Beschaffenheit, das ethische Behagen im Familienkreis, jedoch ohne geistige Vergegenwärtigung der zuletzt notwendig auseinanderstrebenden Naturen, die den Kreis bilden, immer also die genaue Angemessenheit zwischen Besitz und Intellekt, gehören zum erfahrungsmäßigen Glück, selbst wo es an die erwähnten höheren Sphären streift. Völlig unterwirft sich bis zur Selbstvernichtung der Intellekt, wo die religiösen Vorstellungen, Voraussetzungen und Hoffnungen ein Lebensglück bilden.

Auch derjenigen muß gedacht werden, deren Intelligenz gerade nur so weit reicht als erforderlich ist, um die Neigung zu körperlicher und geistiger Untätigkeit mit den Lebensverhältnissen in Einklang zu bringen. Der Müßiggang hat viele Anhänger, die ihn als den höchsten, wenn auch nur negativen Lebensgenuß betrachten, weil sie dem Kampf ums Dasein für das schlimmste positive Übel halten. Sie sehen mit diesem Kampf Ängsten, Sorgen, Abhängigkeit von beschränkten oder boshaften Menschen und den Ärger darüber, vor allem aber Arbeit und Mühseligkeit verbunden, und preisen sich glücklich, wenn sie durch welche Opfer auch immer zu einer auskömmlichen Existenz gelangen, die ihnen den Kampf erspart und die Freiheit des Nichtstuns gewährt. Die Opfer, die sie dafür bringen, bestehen in der Unterdrückung größerer Wünsche, in der Einschränkung der Bedürfnisse und in der Auferlegung von Entbehrungen, soweit sie erträglich sind. Da sich daraus für sie Zufriedenheit ergibt, so gewinnt dieses Verhalten den Anschein der Lebensklugheit, obgleich ihm bei allem egoistischen Nutzen eben wegen der Einschränkung der Intelligenz auf die Interessen der eigenen Person nicht die geringste Lebensweisheit innewohnt.

Neben diesem Glück des Müßiggangs ist sein Gegensatz, das Glück der Arbeit, in Betracht zu ziehen. Unter den praktischen Beispielen, welche die Theorie vom Elend des Daseins zu widerlegen und fast in eine Absurdität zu verwandeln geeignet sind, ist keines mächtiger und überzeugender, als der unter gewissen Umständen unzweifelhaft sich geltend machende Segen der Arbeit. Dieser optimistische Segen wird allerdings durch die beiden Extreme der menschlichen Gesellschaft widerlegt, die davon ausgeschlossen sind; einerseits durch die schon erwähnten Millionen und Abermillionen, denen die Arbeit der biblische "Fluch" geblieben ist, andererseits durch die Genialität der Einzelnen. Diese widersetzt sich der Lehrmeinung vom Segen der Arbeit aus der mehr oder minder deutlichen Einsicht in die Wertlosigkeit eines durch Mühsal erkauften Lebens, aus der Einsicht in die Unnötigkeit, sinn- und zwecklos an das martervolle Rad der Existenz geflochten zu sein. Der "Segen der Arbeit" löst sich für diese Klasse in die Frage auf, ob denn der Mensch nichts anderes sei als ein Lasttier, das ja auch nach harter Plage sein Futter bekommt und nach höherem Zweck der getanen Arbeit zu fragen nicht die geringste Lust verspürt.

Allein zwischen diesen beiden extremen Schichten der Gesellschaft bewegt sich der Durchschnitt menschlicher Existenz, welcher der Lehre vom Elend des Daseins durch seine persönliche Auffassung der Arbeit kräftigen und, wie er glaubt, unbesiegbaren Widerstand leistet. Der Lehrer, der Arzt, der Staatsmann, der Verwalter oder Organisator großer Besitztümer, besonders wen sein Gemüt durch Liebe zum Besitzer oder zum Staat, zum Arbeitgeber überhaupt am Gedeihen des Werkes beteiligt ist - alle diese und noch andere Berufsarten erkennen in der Arbeit ein unerschütterliches Fundament, auf welchem sich das Glück des Daseins aufbaut. Das Bekenntnis eines solchen Glücklichen würde in allgemeine Sätze gefaßt, etwa folgendermaßen lauten:

Wir sollen unsere Jugend lehren, statt Schmerzen nachzuhängen, das Leben dankbar als eine Quelle von tausend Freuden und Genüssen anzusehen, jedes Wohlwollen, jeden noch so kleinen Erfolg als unverhofftes Gelingen in das Buch unserer Freuden einzutragen und das Übel, den Mißerfolg, wenn er nicht durch eigene Faulheit entsteht, als das Allgemeine, Natürliche anzusehen, das jeder zu tragen hat. Die letzten GEnerationen und namentlich die Frauen, sind dazu erzogen worden, zu glauben, sie wären mit einer Anweisung auf Glück im Allgemeinen auf die Welt gekommen und waren alle bitter enttäuscht und zum "Weltschmerz" geneigt, wenn ihnen diese Prämie nicht ganz wie erwartet ausgezahlt wurde. Nein, wir sind alle auf der Welt, um zu  arbeiten,  zu kämpfen, unseren Platz zu behaupten oder erst zu erringen - glücklich ist jeder, der vollauf zu arbeiten hat. Was wir niemals schwer entbehrt haben, können wir nicht schätzen, aus unseren Entbehrungen entspringen unsere Freuden. Das ererbte Vermögen ist beinahe niemals zu erhalten, wenn es nicht vom Fideikommiss [Treuhänder - wp] geschützt ist, dieser größten gesetzlichen Ungerechtigkeit - jeder soll neu anfangen, das macht ihn frisch und froh. Die Arbeit ist die Weihe und die Würze des Lebens, das Gnadengeschenk der Natur, die der großen Menge die Lebensmöglichkeit nur um diesen Zauberpreis gibt. Wer das Glück der Arbeit kennt, der dringenden Arbeit, die keinen Aufschub zuläßt, die uns früh Morgens weckt und Abends müde zu Bett legt, der weiß erst, wie wunderschön das Leben ist.

Wer hätte den Mut und das Recht, einem subjektiven Gefühl, das sich, gestützt auf eine persönliche Tätigkeit und eigene Lebenserfahrung, in dieser Weise ausspricht und als Optimismus verkündet, Unrecht zu geben? Das Unrecht beginnt erst, wo die Person aufhört. Der Optimist solcher Art ist völlig blind dafür, daß er das subjektive Gefühl, die persönliche Tätigkeit, die zufällige Lebenserfahrung mit der Allgemeinheit verwechselt und resolut an ihre Stelle setzt. Aus dem individuellen Charakter und Schicksal ein Prinzip der Welterkenntnis ableiten zu wollen, ist ganz derselbe Irrtum, wie ihn der unwissenschaftliche Pessimismus begeht. Nur wird dem ebenso beschaffenen Optimismus leichter geglaubt, seine Argumente sind bestechender für die menschliche Natur, besonders weil sich ohne Schwierigkeit eine ebenso haltlose Lebensklugheit und scheinbare Moral damit verbinden lassen.

Lebensklugheit ist schon ansich die Anerkennung, daß das Sein besser ist als das Nichtsein, weil jenes sich entweder vom Verstand nach Belieben gestalten ließe oder als wertvolle Beschaffenheit von ihm zu durchschauen und zu erkennen wäre. Darum sagt diese Lebensklugheit: Natürlich ist die Tatsache, daß viel Elend und Schmerz in der Welt existiert, nicht wegzuleugnen, aber eine absolute Herrschaft des Pessimismus ist Vielen undenkbar, weil sie der Ansicht sind, daß die richtige Anschauung in der Mitte liegt, daß Optimismus und Pessimismus extrem und willkürlich gebildete Begriffe seien. Glück und Unglück lägen neben- und gingen durcheinander als relative Begriffe.

Das wäre also der Weg, den die Lebensklugheit mit Geschicklichkeit zu wandeln hätte. Sagt ihr die philosophische Weisheit, daß es des Wandels und seiner Leiden überhaupt nicht bedürfe, weil die Begehrenslosigkeit ein inneres Glück schafft, dann erwidert der optimistische Lebenswille, der sich um jeden Preis durchsetzen will: auch im Sturm, im Kampf könne man glücklich sein, das noch erstrebte, also begehrte Glück sich ließe in derselben Weise im Voraus genießen, wie die Erinnerung die Seele mit Glück erfüllen könne; das Glück braucht kein Beharrungszustand zu sein, sondern kann sich aus einer Kette stets neuer Glücksmomente zusammensetzen, mit denen Begehrungslosigkeit nicht notwendig verknüpft zu sein braucht.

Ein solches Räsonnement ist gewiß liebenswürdig und in den Schranken einer bloß psychologischen Auffassung auf unbezweifelbar richtig, weil unzähligen menschen, wie man sagt, aus der Seele gesprochen. So wäre denn nichts an diesem unwissenschaftlichen Optimismus auszusetzen als die Prätention, für ein Prinzip der Weltbetrachtung gelten zu wollen. Von allgemeiner Bedeutung kann nicht das Glauben, das Meinen oder das Ergebnis persönlicher Erfahrung und individueller Gemütslage, sondern nur das Wissen sein. Das Wissen aber ist eine Erkenntnis, deren Richtigkeit sich jedem menschlichen Verstand mit Notwendigkeit aufdrängt wie die Richtigkeit eines Satzes der Geometrie. Im Hinblick nun darauf, daß es individuelle Naturen gibt, denen nichts auf Erden eines Sturmes oder Kampfes wert erscheint und denen die Begehrenslosigkeit aus der Betrachtung erwächst, daß zahllose Martern und Qualen des Erdenlebens nicht durch das erfüllte Begehren des Einzelnen zu beseitigen sind, kann im unwissenschaftlichen Optimismus nur so viel Wahrheit und zugleich Unwahrheit liegen wie etwa in den Sätzen: ich habe Ursache, mich zu freuen - und folglich ist die Welt schön; ich komme vollkommen gesättigt vom Tisch - und folglich begreife ich nicht, wie die Leute Hunger haben können. Es ist wie gesagt die pure Verwechslung des  Ich  mit einem Weltprinzip.

Daß sich der unwissenschaftliche Optimismus auch eine ebenso beschaffene Moral zu seinem Dienst herangebildet hat, davon gibt die Ethik Zeugnis, wie sie im vorigen Jahrhundert in Deutschland gelehrt wurde und noch heute zur Unterstützung der Schönfärberei des Lebens gebraucht wird. Ein MENDELSSOHN, ein GARVE haben die Moral als die Anweisung des Menschen auf irdische Glückseligkeit begriffen, die Tugend als die unerläßliche Grundlage des Glücks, ohne zu bedenken, daß die Sittlichkeit von ihrem also gestalteten Motiv völlig aufgehoben wird, da ihr Wesen die Selbstverleugnung bedingt und folglich keineswegs die Selbstbefriedigung im Auge haben kann.
LITERATUR -Heinrich Landesmann, Der grundlose Optimismus, Dresden und Leipzig 1897