cr-4p-4ra-3G. PichtP. ReeR. HamerlingH. BernheimG. Heymans    
 
ERNST BERGMANN
Die Philosophie Guyaus
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"Die Strafe ist eine notwendige Schutzwaffe der Gesellschaft gegen alle antisozialen Elemente, die ihren Organismus bedrohnen. Mehr ist die Strafe nicht. Die Gesellschaft straft nicht um der in der Vergangenheit begangenen Taten, sondern um der Taten willen, die der Verbrecher oder andere, die seinem Beispiel folgen, in der Zukunft vollbringen könnten. Eine  moralische Rechtfertigung von Lohn und Strafe aber vermag  Guyau neben der allein zu Recht bestehenden sozialen in keiner Weise anzuerkennen."

"Die Strafe ist von moralischen Gesichtspunkten aus betrachtet, d. h. als Sühne für das begangene Verbrechen, als Wiederherstellung gleichsam der gestörten Ordnung unberechtigt. Sprächen nicht Gründe sozialer Notwehr  für die Strafe, so wäre sie nach  Guyau ebenso tadelnswert, wie das Verbrechen selbst, ja die Gesetzgeber und Richter würden sich dadurch, daß sie den Verbrecher vorsätzlich bestrafen, zu seinesgleichen erniedrigen."

"Der Glaube an die Macht der Vererbung war so weit verbreitet, daß sich fast sämtlicher Vertreter der Erziehungswissenschaft eine wachsende Skepsis hinsichtlich der Möglichkeit einer erzieherischen Einwirkung auf das Individuum bemächtigt hat. Namentlich die moderne französische und italienische Literatur ist getragen von der Überzeugung, daß die Erziehung außerstande ist, der vererbten Anlage im Charakter des Kindes wirksam entgegenzuarbeiten. Es gilt, ein neues Mittel ausfindig zu machen, um im Kampf zwischen Vererbung und Erziehung der letzteren zum Sieg zu verhelfen, und dieses Mittel ist nach  Guyau  die Suggestion."


III. Guyaus Ethik und Pädagogik

A. Die Kritik der englischen Ethik

Über GUYAUs Ethik ist in Frankreich und Deutschland so viel gesagt und geschrieben worden (1), daß wir uns an dieser Stelle auf das hauptsächlich Wissenswerte beschränken können, um Raum für die übrigen, weniger bekannten Teile seiner Philosophie zu gewinnen.

GUYAU hatte in seiner umfangreichen, von der Akademie preisgekrönten Arbeit drei Perioden der utilitaristischen Morallehren angenommen. In der ersten Periode, die von EPIKUR bis zu HOBBES und den Franzosen des 18. Jahrhunderts reicht, wird die Sittlichkeit auf das persönliche Glück gegründet. In einer zweiten, die den englischen Utilitarismus bis mit BENTHAM umfaßt, erscheint die Sittlichkeit als Produkt der Harmonie zwischen dem Glück des Einzelnen und dem der Allgemeinheit. Schließlich erstrebt die utilitaristische Sittlichkeitslehre nur noch das Allgemeinwohl. In diese dritte Periode gehören die System der MILL, BAIN, BAILEY, DARWIN und SPENCER. GUYAU ist mit Erfolg bemüht, den wirklichen Fortschritt der utilitaristischen Moral kenntlich zu machen. CARO, der in seinem Referat dieses Bemühen voll anerkennt, hat nur eins an GUYAUs großzügiger Darstellung auszusetzen, die überreiche Fülle. "Es sollte vielleicht manches wegfallen, um das Werk noch harmonischer und überzeugender zu gestalten, nur wird es schwer sein, Stellen zu finden, die man geopfert sehen möchte." (2) GUYAU ist dieser Anstrengung gefolgt. Vier Jahre später teilte er das umfangreiche Werk in zwei Bände und ließ es in wesentlich erweiterter Form erscheinen unter den Titeln "La Morale d'Èpicure" (1878) und "La Morale anglaise contemporaine" (1879).

Die Methode, die GUYAU in der "Morale anglaise" (wie auch sonst) verfolgt, hat ihren besonderen Reiz. Das Werk zerfällt in zwei Hälften, einen historischen und einen kritischen Teil, die beide streng voneinander geschieden sind. Der Grundcharakter des Werkes ist kritisch. Aber GUYAU ist von der Macht der Wahrheit und seiner eigenen Kraft so völlig überzeugt, daß er die Systeme, die er im kritischen Teil entthronen wird, im historischen in der bestrickendsten Weise darstellt, derart, daß ihn CARO bei der ersten Lektüre für einen überzeugten Anhänger des jeweiligen Philosophien hielt (3). GUYAU beleuchtet absichtlich die Lichtseiten der gegnerischen Meinung auf das grellste. Sein Triumph, sie dann doch widerlegt zu haben, wird umso größer sein. "Wir haben uns zeitweilig zu Schülern BENTHAMs, JOHN STUART MILLs und SPENCERs gemacht." (4) Erst in der Kritik gelangt GUYAU wieder zu völliger Unabhängigkeit. Die Vorzüge einer derartig scharfen Trennung von Darstellung und Kritik liegen auf der Hand. Nach POLLOCK existiert nirgends, auch in England nicht eine so erschöpfende und genaue Geschichte des englischen Utilitarismus (5). Und SPENCER schrieb an GUYAU: "Sie haben mein System besser dargestellt, als ich es selbst vermocht hätte." Der Nachteil dieser Dialektik besteht, wie schon CARO an sich erfahren hat, darin, daß der irregeleitete Leser die Gefahr zu spät erkennt und schließlich die Wahrheit nicht mehr hören will.

Kommt hinzu, daß die englischen Morallehren nach GUYAUs Meinung "in vielen Punkten überhaupt unwiderleglich" sind. (6) Jede Doktrin enthält als Frucht ernsten Denkens einen Teil der Wahrheit. Sie kritisieren, heißt nur: Zeigen, daß es eben nicht die ganze Wahrheit ist. Die englischen Ethiker gründen ihre Moral auf drei große physische und psychologische Gesetze, die heute jeder ernst zu nehmende Denker anerkennen muß, nämlich auf die Gesetze der Assoziation, Evolution und der natürlichen Auslese. Diese Prinzipien sind durchaus unbestreitbar. Es ist nur die Frage, ob sich auf sie  allein  eine wirklich vollkommene Pflichtmoral gründen läßt. Das ist der springende Punkt. Die Engländer glauben: Ja, GUYAU aber ist anderer Meinung. Die Moral gliedert sich nach GUYAU in zwei Teile. Ein erster physiologischer und psychologischer Teil erforscht die Triebfedern des menschlichen Lebens, ein zweiter, der die eigentliche Moral enthält, gibt dem einzelnen die Richtschnur seines Handelns. Der erste Teil ist explikativ, er erklärt, analysiert das Tatsachenmaterial, der zweite ist normativ, er befiehlt, schreibt vor, greift also über das Tatsächliche hinaus in die Zukunft. Kann der erste Teil streng wissenschaftlich behandelt werden, so entzieht sich der zweite der positiven Wissenschaft. Der erste analytische Teil der Moral ist nun den Engländern erstaunlich gut gelungen. Die Schwierigkeit in der Bewertung ihrer Leistungen beginnt erst da, wo sie von der wissenschaftlichen Theorie zur praktischen Moral fortschreiten und allgemeine Lebensregeln aufstellen. BENTHAM, MILL und SPENCER wie alle Utilitarier glauben, die normative Ethik einfach wie die Psychologie und Biologie behandeln zu können, d. h. frei von allen metaphysischen Ideen. Ihre Ethik ist lediglich eine "Physik der Sitten", wie die der französischen Moralisten des 18. Jahrhunderts. Eine solche Morallehre, die ganz auf dem Gegebenen beruth, läßt aber metaphysische Begriffe wie "Pflicht" und "Sanktion" nicht zu. Die Engländer hätten bei ihrer psychogenetischen Methode viel entschiedener auf alle Imperative verzichten müssen. Daß sie dies nicht getan haben, ist der methodische Grundirrtum ihrer Moral, dessen sie sich aber augenscheinlich nicht bewußt gewesen sind.

In Wirklichkeit ist nach GUYAU der Ursprung der Pflichtmoral wie der der Metaphysik ein  Unerkennbares Das metaphysische Problem ist mit dem sittlichen innig verbunden. Eine Moral, die imstande wäre, das Leben nach streng wissenschaftlichen Deduktionen zu regeln, d. h. ohne Zuhilfenahme der Metaphysik, ist nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft unmöglich. Das sittliche Problem ist dunkel und voller Verwicklungen. Zwischen dem individuellen und dem sozialen Interesse bleibt stets ein unlösbarer Widerspruch bestehen. In einer zweiten "Kritik der praktischen Vernunft" müßte sich zeigen lassen, daß irgendein unserem Geist Unerkennbares an unseren Entschlüssen mitarbeitet. Die Untersuchung wäre zu führen, ob die Selbstlosigkeit sich in der von der Wissenschaft erforschten sichtbaren Welt der positiven Tatsachen rechtfertigen läßt oder ob wir zu einem "Außerhalb", einer unbekannten Größe unsere Zuflucht nehmen müßten. Dies ist die "angsterfüllte Frage, in die die Moral hinausläuft und deren Gegenstand außerhalb der Wissenschaft liegt" (7). Aber das sind Hypothesen, "Wagnisse" des metaphysischen Denkens. Der Fehler der englischen Sittenlehre ist, daß sie sich ungerechtfertigterweise als vollständige und positive Wissenschaft ausgibt.

Im Einzelnen dreht sich die Diskussion namentlich um das Verhältnis zwischen  Instinkt  und  Reflexion Nach SPENCER beruth das sittliche Handeln auf allmählich erworbenen Instinkten. GUYAU hingegen bemüht sich, zu zeigen, wie die Reflexion dem Instinkt feindlich gegenübersteht, ihn zersetzen, aber auch ihn steigern kann. (8) Es wird nach einem tieferen, dem Instinkt und der Reflexion gemeinsamen Prinzip gesucht werden müssen, um das sittliche Handeln zu rechtfertigen. Und dieses Prinzip ist nach GUYAU das  Leben  selbst, das sich bewußt sittlich gestaltet. Nur so kommt einiges Licht in das verwickelte Verhältnis von Egoismus und Altruismus. Die utilitaristische Moral der Engländer stellt einen rein äußerlichen mechanischen Zusammenhang her zwischen der egoistischen und der altruistischen Handlung. Erstere gilt ihr als die ursprüngliche und dem Menschen natürliche Handlung. Da nun aber jede Sittlichkeit im Altruismus besteht, so suchen die Engländer auf Umwegen den Altruismus in den Egoismus, die Uninteressiertheit in das Interesse hineinzuinterpretieren (9), indem sie die Uneigennützigkeit entweder als einen blinden Instinkt wie den Wandertrieb der Vögel, als ein Produkt des Zusammenlebens erklären, oder sie für eine berechnende Sucht ausgeben. In Wirklichkeit entwickelt, wie GUYAU immer wieder hervorhebt, das Leben einen natürlichen  Altruismus  und keinen natürlichen Egoismus. Im Grunde des Lebens selbst finden sich schon uninteressierte Instinkte.

So gelangt GUYAU schon hier in seinem Jugendwerk im Anschluß an die Kritik der englischen Moral zu den Grundgedanken seiner Ethik, wie er sie später in der "Esquisse d'une Morale" in wenig veränderter Form im Zusammenhang vorgetragen hat. Es ist der Kardinalirrtum der utilitaristischen Moral, daß sie nur  die  Lustart im menschlichen Tun berücksichtigt, die aus der einzelnen, vorübergehenden Handlung resultiert, neben dieser rein sinnlichen und äußerlichen Lust aber jene zweite bedeutsamere Art von Lust gar nicht zu kennen scheint, die mit dem Wesen der Aktivität zusammenhängt, die Lust am Leben, Wollen, Denken und Handeln (10). Überall, wo Leben ist, da ist auch Lust am Leben. Im Leben liegt ein natürliches Bedürfnis nach Expansion und Fruchtbarkeit. Daher kann sich das Individuum selbst nicht genügen. Es empfindet den unwiderstehlichen Trieb, sich mitzuteilen, sich auszuströmen, ja aufzuopfern, und dies umso mehr, je reicher es sich entfaltet, je mehr unverbrauchte Energie in ihm aufgespeichert ist. Daher wird der vollkommenste Organismus stets auch der soziabelste sein. So wird das Leben selbst die Quelle aller Sympathie und Soziabilitätsinstinkte, die nach den Engländern nichts als künstliche, im Verlauf der Evolution erst spät entwickelte Produkte sein sollen. Die Evolution der uninteressierten Instinkte im Innern des individuellen Lebens ist die Ursache der äußeren Evolution im sozialen Leben, nicht umgekehrt. (11) -

Welch ein Glück, meint LESLIE STEPHEN, der jüngste Vertreter der utilitaristischen Moral, daß die Menschheit nicht auf vollständige Moraltheorien zu warten braucht, um soziale Tugenden zu üben! Denn selbst die evolutionistische Ethik, diese allerjüngste Errungenschaft, ist, wie er selbst zugibt, voller Mängel und Lücken. Dennoch vermag GUYAU, bei aller Schärfe seiner Kritik, den Wert und die Bedeutung der englischen Theorien für die Geschichte der Moral nicht hoch genug zu veranschlagen. Wenn GUYAU schreibt, besteht in Frankreich noch ein lebhaftes Vorurteil gegen die gefährlichen englischen Doktrinen. GUYAU schmeichelt sich im Vorwort zur zweiten Auflage, dieses Vorurteil zerstört zu haben (12). Gibt es überhaupt gefährlichere Doktrinen für den Wahrheitssucher? Dann müßte ja die Vernunft gefährlich sein, aus der jene Doktrinen fließen. Gefährlich ist allein der blinde Glaube, das Dogma. Aber die Engländer haben den Aberglauben nicht von vorn angegriffen, sondern langsam unterwühlt. Dabei gehen sie völlig naiv zu Werke, ohne alles Geräusch, ohne alle mysteriösen Phrasen. Welch ein Genuß, ihnen auf der Forschungsreise nach der Wahrheit zu folgen! Welch peinliche Genauigkeit und Vorsicht bei einem DARWIN und MILL, welch unbedingte Aufrichtigkeit des Denkens bei SPENCER! Die Schlichtheit ihrer Sprache, der Verzicht auf alle Hilfsmittel der Rhetorik geht so weit, daß ihnen der Dichter GUYAU  das  absprechen möchte, was der Franzose "Stil" nennt. Das ist nach GUYAU kein Vorzug. Und dennoch, dieser Umstand erhöht den Wert ihrer Erfolge. "Sie überzeugen, ohne hingerissen zu haben."

GUYAU gelangt in der Polemik gegen die Engländer dazu, anstelle des ursprünglichen Egoismus einen ursprünglichen Altruismus zu setzen. Es wird die Aufgabe der GUYAUschen Ethik sein, diesen ursprünglichen Altruismus aus der Beschaffenheit der menschlichen Natur näher zu begründen.


B. Guyaus Ethik

Bevor GUYAU an die Grundlegung seiner eigenen Ethik herantritt, muß es ihm darum zu tun sein, zwei für ihn unbrauchbar gewordene Hauptstücke der bisherigen Moral aus dem Weg zu räumen, den Begriff der (absoluten)  Pflicht  und die  Sanktionsidee.  Dieser Aufgabe vorwiegend polemischer Natur ist die umfangreiche Einleitung und das ganze dritte Buch, also der weitaus größere Teil seines ethischen Hauptwerkes gewidmet, dem GUYAU daher mit gutem Grund den Titel "Entwurf einer Moral ohne Pflicht und Sanktion" gab (13). Das Buch ist künstlerisch verworren aufgebaut, dabei überreich an Abschweifungen aller Art. Wir wollen versuchen, GUYAUs Grundgedanken herauszuschälen.

1. - Wir betrachten zunächst GUYAUs Einwände gegen die  Sanktionsidee.  Zwischen Tugend und Lohn soll ebenso wie zwischen Sünde und Strafe ein Zusammenhang bestehen. Wird aber durch die Erwartung des Lohns und durch die Furcht vor Vergeltung nicht das sittliche Handeln in der Reinheit seiner Motive beeinträchtigt? GUYAU mustert die verschiedenen Sanktionstheorien und verwirft sie fast ausnahmslos. Seine Argumente gegen die  religiöse  Sanktion kennen wir schon aus dem Abschnitt "Die Auflösung der religiösen Moral" in der "Irreligion" (14). In der "Esquisse" widmet GUYAU der Kritik der religiösen Sanktion ein besonderes Kapitel (15), in dem er die Unvereinbarkeit der Annahme eines göttlichen Strafgerichts mit der Allmacht, Vollkommenheit und Güte Gottes darlegt. Neben dem Glauben an Hölle und Teufel, den GUYAU mit unnachsichtlicher Schärfe kritisiert, ist es namentlich die ungeheuerliche Vorstellung von der Strafe der ewigen Verdammnis, gegen die sich sein ganzes sittliche Innere empört. Sollten nicht gerade die Verworfenen die Lieblinge der unendlichen Güte sein? (16) Ähnlich verhält es sich auch mit dem, was GUYAU die  "natürliche  Sanktion" nennt (17). Sie beginnt, was die religiöse und moralische Sanktion nur fortsetzt. Wer die Naturgesetze verletzt, wird in einer Weise bestraft, welche die sich aus sittlichen Gesetzen ergebende Strafe vorbereitet. Es fällt GUYAU nicht schwer, diese törichte Auffassung zu widerlegen. Das Naturgesetz kann überhaupt nicht verletzt, sondern nur bestätigt werden. Folglich gibt es der Natur gegenüber keinen Schuldigen, und die Natur kann dann auch nicht bestrafen. Der Magenverstimmung des Feinschmeckers haftet kein Merkmal sittlicher oder strafrechtlicher Art an. (18) Ein Tropfen Medizin wendet die "Vergeltung" ab. Die Naturgesetze sind als solche unmoralisch, besser amoralisch, und sie entbehren umso mehr jeglicher Sanktion, je weniger sie verletzt werden können. Mit der natürlichen Sanktion fällt zugleich eine Abart derselben, die  ästhetische  Sanktion, deren Anhänger sich auf das künstlich konstituierte Gesetz einer Harmonie zwischen Natur und Sittlichkeit berufen (19). Sittlich wertvolle Eigenschaften werden stets auch in körperlicher Schönheit, sittliche Mängel in körperlicher Häßlichkeit ihren Ausdruck finden. Besteht wirklich ein solches Gesetz, wendet GUYAU ein, so würde es weit eher für die Art, als für das Einzelleben gelten. Es bedarf einer Folge von Generationen, um sich zu betätigen. Aber es besteht nicht. Immoralität wird hier mit Bestialität verwechselt. Die Instinkte des Zornes, der List, der Rache, haben z. B. die Schönheit der süditalienischen Rasse nicht vermindert.

Schwieriger gestaltet sich das Sanktionsproblem schon, wenn anstelle der himmlischen die  irdische  Sanktion tritt. Es kann sich hier entweder um die soziale oder um die moralische Rechtfertigung von Lohn und Strafe handeln. Die  soziale  Bedeutung der strafenden und abwehrenden Gerechtigkeit wird GUYAU nicht verkennen. Sie hat ihren Sinn und ihre Berechtigung, aber nur als soziale Notwehr. Die Strafe ist eine notwendige Schutzwaffe der Gesellschaft gegen alle antisozialen Elemente, die ihren Organismus bedrohen. (20) Mehr ist die Strafe nicht. Die Gesellschaft straft nicht um der in der Vergangenheit begangenen Taten, sondern um der Taten willen, die der Verbrecher oder andere, die seinem Beispiel folgen, in der Zukunft vollbringen könnten. Eine  moralische  Rechtfertigung von Lohn und Strafe aber vermag GUYAU neben der allein zu Recht bestehenden sozialen in keiner Weise anzuerkennen. (21) Die Strafe ist von moralischen Gesichtspunkten aus betrachtet, d. h. als Sühne für das begangene Verbrechen, als Wiederherstellung gleichsam der gestörten Ordnung unberechtigt. Sprächen nicht Gründe sozialer Notwehr  für  die Strafe, so wäre sie nach GUYAU ebenso tadelnswert, wie das Verbrechen selbst, ja die Gesetzgeber und Richter würden sich dadurch, daß sie den Verbrecher vorsätzlich bestrafen, zu seinesgleichen erniedrigen. (22) Es gibt für GUYAU keinen sittlichen Grund dafür, "daß ein sittlich schlechter Mensch fühlbar leiden soll und ein sittlich guter ein Plus an Freude erlebt" (23), nicht einmal dann, wenn man am Dogma der menschlichen Willensfreiheit festhält. Denn die Strafe trifft nicht den freien Willen als den Schuldigen Teil, sondern das Lust- und Unlustgefühl. Der Strafende gleicht dem Arzt bei MOLIÉRE, der den kranken Arm heilen soll und dem Patienten den gesunden abschneidet. "Wenn der freie Wille existiert, so ist er für uns gänzlich unfaßbar; er ist ein Absolutes, und das Absolute steht außerhalb unseres Einflusses; seine Entschlüsse sind also ansich unverbesserlich und unsühnbar" (24). Ist der Wille dagegen nicht frei, so hat die Bestrafung keinen moralischen Sinn. GUYAU macht keinen Versuch, die Schwierigkeiten, in die er sich hier verwickelt, zu beseitigen.

Verwirft GUYAU alle äußerliche Sanktion durch Strafe und Lohn, so bleibt schließlich allein noch die  innere Sanktion durch das Gewissen  übrig. Aber auch diese letzte und höchste Art der Sanktion läßt GUYAU nicht gelten, so teuer sie den meisten Moralphilosophen ist (25). Freilich, den  praktischen  Wert der sogenannten moralischen Freuden und Leiden will GUYAU nicht in Abrede stellen. Erscheint die Gewissenspein als Vergeltung aufgefaßt ungerechtfertigt, so ist sie doch wertvoll, sobald sie uns zu etwas dienen kann. Sie ist dann ein Ansporn, der uns vorwärtstreibt, "ein nützliches Ätzmittel", und erlangt als solches einen gewissen moralischen Wert. (26) Aber die sittliche Befriedigung über eine Tat als Belohnung aufzufassen und andererseits aus der Unzufriedenheit mit sich selbst, aus der Gewissensqual eine geheimnisvolle Sühne zu machen, wie es die gewöhnliche Moral tut, das erscheint GUYAU völlig ungerechtfertigt. Er versucht, zu zeigen, daß die sittliche Befriedigung oder Nichtbefriedigung der besondere Fall eines ganz natürlichen Gesetzes ist, nach welchem mit jeder Kraftbetätigung ein Gefühl von Lust verknüpft ist, das gänzlich verschwinden und der Unlust Platz machen kann, je nachdem der Tätigkeitsdrang inneren oder äußeren Widerständen begegnet (27). Der künstlerisch veranlagte Mensch, den die Ungunst der Verhältnisse seinen Beruf verfehlen ließ, wird sicherlich so etwas wie Gewissensbisse empfinden, ebenso wie der Dieb, der eine günstige Gelegenheit zum Stehlen versäumt hat, innerlich darunter leiden wird.
    "Das Glücksgefühl nach einer guten Tat und das peinigende Gefühl nach einer schlechten entsprechen niemals dem Triumph des sittlich Guten oder Bösen in uns, sondern der Schwere des Kampfes, den wir gegen die natürlichen Triebe unseres physischen und psychischen Wesens zu bestehen hatten." (28)
Die sogenannte innere Sanktion durch das Gewissen ist nach GUYAU nichts als ein pathologisches Phänomen.

Die Menschheit hat das Sittengesetz und seine Sanktion stets als untrennbar betrachtet. Verletze das Sittengesetz und die Strafe wird nicht ausbleiben. Straft dich dein Inneres nicht, die Gesellschaft wird dein Verbrechen sühnen. Entziehst du dich der irdischen Gerechtigkeit, dem himmlischen Richter vermagst du nicht zu entrinnen. GUYAU versäumt nicht, darzulegen, wie die Idee der Sanktion aus der seelischen Unfähigkeit des Menschen, bei der Vorstellung des nicht bestraften Bösen zu verweilen, hervorgegangen ist. (29) Und so ist dann die Sanktion stets eine der wesentlichsten Ideen jeder Sittenlehre gewesen. Auch den Kantianern galt sie wenn nicht als Grundlage des Sittengesetzes, so doch als notwendige Ergänzung desselben, und selbst die Utilitarier wie z. B. SIDGWICK wollen auf ein geheimnisvolles Band zwischen dem Verhalten des Einzelnen und dem Grad seines sinnlichen Wohlbefindens nicht verzichten. GUYAU aber leugnet jeden "natürlichen oder rationalen Zusammenhang zwischen der Sittlichkeit des Wollens und sinnlich fühlbaren Belohnen und Strafen". Tue das Gute allein um des Guten willen. Das sittliche Verdienst hat keinen Anspruch darauf, Lust zu erwarten, ebensowenig wie die Schuld Schmerz zu fürchten braucht. (30) So kommt GUYAU dann dazu, die Sanktionsidee zu verwerfen. Vernunftgemäß ist allein die soziale Sanktion, d. h. die Verteidigung des Gesetzes durch die Gesellschaft.

2. GUYAUs Ziel ist, wie er selbst sagt (31), "herauszufinden, was eine Sittenlehre ohne absolut gültige Verbindlichkeit und ohne jede absolute Sanktion wäre." Er will systematisch "jedes den Tatsachen vorangehende oder übergeordnete, folglich a priori vorhandene kategorische Gesetz ausschließen", um zu sehen, wie weit die positive Wissenschaft auf diesem Weg vorwärts zu kommen vermag und wo das Reich der metaphysischen Spekulation beginnt.

Die  Pflicht  ist ein solcher Begriff, der in das Reich der metaphysischen Spekulation hinüberragt. Selbstverständlich ist es nicht die sittliche Pflicht schlechthin, die GUYAU ablehnt, sondern nur der absolute Charakter der Pflicht. Die metaphysisch-apriorische Deutung der Pflicht im Sinne des kategorischen Imperativs will er nicht gelten lassen, ebensowenig wie ja andererseits die nur empirische Ausdeutung des absoluten Pflichtbegriffs, wie er sie bei den Engländern fand. GUYAU bezeichnet die Ethik KANTs als die Moral "der praktischen Gewißheit" (32). Sie ruht auf der Voraussetzung, daß wir im Besitz eines "sicheren, absoluten, apodiktischen und imperativischen Sittengesetzes" sind (33). Dieses Sittengesetz ist nach KANT rein formal. GUYAU aber erklärt es zunächst für unmöglich, anzunehmen, daß im menschlichen Bewußtsein die Achtung für eine reine  Form  existiert.
    "Das Bewußtsein einer Pflicht entsteht in uns nur, wenn eine bestimmte  Materie sie uns aufdrängt. Es gibt kein Sollen, ohne einen Gegenstandd es Sollens, ohne die Vorstellung einer Handlung." (34)
Kein Mensch wird sich bei der Verfolgung eines Zieles damit zufrieden geben, sich zu sagen, daß das Ziel im Grunde gleichgültig ist, wenn nur der gute Wille vorhanden war. Dieser Wille würde sehr bald an Kraft verlieren und die Gleichgültigkeit würde sich vom Gegenstand auf ihn übertragen. Wir müssen überzeugt sein, daß nicht nur die Absicht, sondern auch die zu vollbringende Tat gut ist. Für GUYAU liegt etwas Demoralisierendes im Begriff einer rein formalen, von allem Realen losgelösten Sittlichkeit. "Eine solche Sittlichkeit läßt sich mit der ziellosen Arbeit der Gefangenen in den englischen Gefängnissen vergleichen, die eine Kurbel drehen müssen, nur um sie zu drehen." (35) Gewiß liegt im sittlichen Wollen ein Schatz lebendiger Kraft, der seinen Wert behält, auch wenn es sich um geringfügige Gegenstände handelt. Aber warum schätzen wir das sittliche Wollen auch dann? Um der Möglichkeit seiner Anwendung willen auch in schwerwiegenden Fällen. Jedenfalls ist es immer die Anwendung, auf die es ankommt, nicht die Kraft um der Kraft, nicht der Wille um des Willens willen. (36) Die gute Absicht nun gar mit einem übersinnlichen Pflichtgefühl zu verquicken, wie KANT es tut, erscheint GUYAU völlig unbegreiflich. Das sittliche Gefühl ist ein pathologisches Gefühl wie jedes andere, was ja auch KANT zugibt. Ein Mysterium aber vermag GUYAU nur darin zu erblicken, wie die Übertragung des Sittlichen aus dem Gebiet des Übersinnlichen in das Gebiet des Sinnlichen in Form des sittlichen Gefühls möglich wäre. Seiner Meinung nach ist kein Grund einzusehen, wie man sinnlich fühlbare Lust mit einem übersinnlichen Gesetz in Verbindung bringen kann. Das sittliche Gefühl läßt sich a priori nicht erklären (37).

An die Kritik der philosophisch-apriorischen Pflichtenlehre KANTs schließt GUYAU eine Kritik der Moral der  französischen Neukantianer  (RENOUVIER und SECRÉTAN), die aus der Pflicht nicht mehr ein Objekt der Gewißheit, sondern ein Objekt des Glaubens machen. GUYAU weist darauf hin, daß der verschwindende religiöse Glaube sich heutzutage bei einer großen Anzahl von Menschen in einen  ethischen  Glauben verwandelt. "Das Absolute hat seinen Ort gewechselt. Es ist aus dem Gebiet der Religion in das Gebiet der Ethik übergegangen." (38) Aus dem Satz: Es ist Pflicht, an Gott zu glauben, ist der Satz geworden: Es ist Pflicht, an die Pflicht zu glauben. So entsteht eine Art neue Religion. Gott ist tot. An seine Stelle tritt die Pflicht, "diese innerliche und ideale Gottheit." (39)

Die Anhänger dieses Glaubens an die Pflicht berufen sich teils auf eine Art innere Gewißheit, teils auf die moralische Pflicht, teils auf die soziale Notwendigkeit. GUYAU zerlegt diese drei Argumente und weist ihre Unhaltbarkeit nach. Wenn wir die Pflicht als eine Art inneres Orakel in uns zu hören vermeinen, so beweist dies doch nur, daß ein subjektiver Zustand inneren Überzeugtseins in uns vorhanden ist, dessen Gründe sich erklären lassen, der aber nicht das leiseste logische Kriterium für die Wahrheit enthält. Ferner zu sagen, es ist die moralische Pflicht, an die Pflicht zu glauben, ist eine Tautologie, ein Sichbewegen im Zirkel. Mit dem gleichen Recht könnte man sagen: es ist religiös, an die Religion zu glauben. Zunächst wäre festzustellen, was man unter "Pflicht" versteht. Die Wissenschaft zerstört unerbittlich jeden Glauben, der sich selbst für unbedingt gültig hält, und so auch den Glauben an eine sittliche Verpflichtung. Sie zeigt, daß es nicht mein autonomer und souveräner Wille ist, der mich so oder so handeln läßt, sondern ein "vererbter Instinkt, Gewohnheit, Erziehung". Es gibt keine Religion, keine Sittenlehre von unbedingter Wahrheit.
    "Der Glaube ist eine erworbene Gewohnheit und eine Art geistigen Instinkts, der auf uns lastet, einen Zwang auf uns ausübt und in gewisser Weise das Gefühl einer Verbindlichkeit in uns hervorruft." (40)
Wenn man schließlich drittens den Glauben an die Pflicht mit dem Argument der  sozialen Notwendigkeit  stützt, so ist dies eine sehr äußerliche Begründung. "Desselben Argumentes bedienen sich die Menschen, die zur Messe gehen, weil nach ihrer Meinung die Religion notwendig für die Menschen ist." Ein so verstandener Glaube an die Pflicht ruht auf einem halben Skeptizismus, den zu einem konsequenten und logischen zu machen nicht schwer sein dürfte. Den eigenartigen Versuch FOUILLÉEs jedoch, diesen Zweifel unverhohlen zur Grundlage des Sittengesetzes zu erheben, indem er auf die (aus einer Zusammenfassung der Resultate der evolutionistischen und kritizistischen Philosophie sich ergebende)  Relativität  der menschlichen Erkenntnisse ein erstes Äquivalent der Pflicht gründet, (41) will GUYAU seines negativen Charakters halber nicht gelten lassen. (42) Vielmehr bekennt er sich zu dem oben angedeuteten  konsequenten Skeptizismus  der absoluten Pflicht gegenüber. "Gott ist unnötig geworden und wird es von Tag zu Tag mehr. Wer will sagen, ob es dem kategorischen Imperativ nicht ebenso ergehen wird." Heute wird die Pflicht von den besten Geistern noch als oberste Gottheit verehrt. Morgen wird auch dieser letzte Aberglauben verschwinden, morgen wird auch der Götze  Pflicht  gestürzt werden. (43)

3. Es ist GUYAU keineswegs darum zu tun, die metaphysische Spekulation vollständig aus der Sittenlehre auszuschalten. Er verlangt nur, daß sie sich als das gibt, was sie ist, nämlich als bloße Spekulation.
    "Wenn wir einen hohen Berg besteigen, so kommt es wohl vor, daß wir plötzlich von einer Wolkenschicht eingehüllt werden, die den Gipfel unseren Augen verbirgt. Wir sind in Dunkelheiten verloren. Das Gleiche erleben wir auch auf den Höhen des Denkens. Der Teil der Sittenlehre, der in die Metaphysik übergeht, ist vielleicht auf ewig in Wolken verborgen. Aber auch er braucht eine sichere Basis. Und der kühne Denker mache sich genau klar, von welchem Punkt an er darauf gefaßt sein muß, von Wolken umhüllt zu werden." (44)
GUYAU will also eine positive, ausschließlich wissenschaftlich-empirische Moral aufbauen, die nur mit ihrem höchsten Gipfel in das Reich der metaphysischen Hypothese hineinragt. Positive Ethik und metaphysische Spekulation sollen scharf auseinandergehalten werden. Innerhalb einer streng wissenschaftlichen Sittenlehre gibt es keine imperativischen Vorschriften im Namen eines Pflichtgesetzes, gibt es keine unbedingte Verbindlichkeit, keine Sanktion. Ein jeder befrage "seine tiefsten Instinkte, seine wärmsten, natürlichsten, menschlichsten Zu- und Abneigungen." Hier ist ein jeder seinem "self-government" überlassen (45). Die wissenschaftliche Sittenlehre läßt dem Einzelnen volle Freiheit. Sie enthält sich jeder Vorschrift, wo eine solche sich nicht mit genügender Beweiskraft wissenschaftlich rechtfertigen läßt. Und gerade durch diese enge Begrenzung ihres Gebietes glaubt GUYAU der Sittenlehre den größten Dienst zu erweisen, ihr den Charakter völliger Sicherheit zu verleihen. Jenseits dieser Grenze liegt die metaphysische Spekulation, die die positive Wissenschaft weder zu beseitigen noch zu ersetzen imstande ist. Aber das Hauptaugenmerk GUYAUs ist auf die Grundlegung der positiven Ethik gerichtet. Und das ist das Neue. Seine auf Tatsachen gegründete positive Ethik wird sich ausschließlich mit dem tatsächlich  Gewünschten (desiré en fait) befassen, während das  Wünschenswerte (désirable) der metaphysischen Moral überlassen bleibt (46). Sie wird auf rein induktivem Weg versuchen, ein oberstes Prinzip aufzufinden. GUYAUs positive Ethik ist ferner zunächst durchaus  individualistischer  Natur. Eine sich lediglich auf Tatsachen stützende Sittenlehre kann dem Individuum nicht von vornherein das Allgemeinwohl der Gesellschaft als erste Triebfeder seines Handelns hinstellen. Reine Uneigennützigkeit ist als Tatsache nicht nachweisbar, zudem stets bestritten worden. Der Ausgangspunkt einer positiven Ethik wird also das Individuum sein, wenn sie, wie dies bei GUYAU der Fall ist, schließlich auch zur höchsten Soziabilität des Individuums als ihrem Kerngedanken gelangt. Vor allem aber muß GUYAUs positive Ethik als eine biologisch-evolutionistische bezeichnet werden, weil das Leben und seine Entwicklung im Mittelpunkt seiner Ethik stehen. Das Leben ist das Prinzip der Moral GUYAUs.

Welcher Art ist das natürliche Ziel der menschlichen Handlungen, ja welches ist überhaupt der von allen lebenden Individuen tatsächlich verfolgte Endzweck, so lautet die entscheidende Frage einer empirischen Moral in GUYAUs Sinn. Das  Gute  kann dieser Endzweck nicht sein, denn das Gute ist nichts als eine unbestimmte Idee, die sich bei näherem Zusehen in metaphyische Ideen verflüchtigt. Die  Pflicht  kann es aber aus demselben Grund ebenfalls nicht sein. Auch das  Glück  in des Wortes vollster Bedeutung genommen, kann der von allen Lebewesen tatsächlich verfolgte Endzweck nicht sein, weil eine ziemlich weit fortgeschrittene Entwicklung der denkenden Wesen zu dessen vollständiger Erfassung nötig ist (47). GUYAU dehnt also nunmehr seine Fragestellung auf das ganze lebendige All aus. Es gilt, das Prinzip nicht allein der menschlichen Handlungen, sondern auch der  sämtlicher  Lebewesen ausnahmslos ausfindig zu machen, und die nächste Folge einer derartig umfassenden Problemstellung wird naturgemäß die sein, daß der bisherigen Vormachtstellung des Bewußten, Vernunftgemäßen im menschlichen Handeln kein sonderliches Gewicht mehr beigelegt wird. Das bewußte Leben folgt freilich immer der Richtung der geringsten Unlust. Aber das Bewußtsein umfaßt ja nur einen ziemlich beschränkten Teil des Lebens und Handelns, ist nur ein Epiphänomen, von dem abgesehen alles in gleicher Weise geschehen würde.
    "Das Bewußtsein ist nur ein leuchtender Punkt in der großen Dunkelheit des Lebens; es ist eine kleine Linse, die einige Sonnenstrahlen im Bündel zusammenfaßt und vermeint, ihr Brennpunkt sei das Urfeuer selbst, von dem die Strahlen ausgehen." (48)
Die natürliche Triebfeder des Handelns muß schon im  Unterbewußtsein,  in der dunklen Region der Instinkte und Reflexbewegungen wirken, bevor sie in das klare Bewußtsein eintreten kann. GUYAU geht so weit, zu erklären: daß  jedes  bewußte Wollen anfänglich ein instinktives gewesen ist, daß  jede  gewollte Bewegung als triebhafte Bewegung begonnen hat, und so gelangt er dann dazu, den  "instinktiven Drang (effort)  nach Erhaltung und Steigerung (accroître)  des Lebens"  als die Grundursache unseres Handelns und zugleich als den von allen Lebewesen tatsächlich verfolgten Endzweck zu bezeichnen (49). Denn im Grunde sind  Zwecke  nach GUYAU nur die uns zum Bewußtsein gekommenen habituell gewordenen, treibenden  Ursachen.  Das Leben also, und zwar "das gleichzeitig möglichst intensive und in seinen Formen möglichst mannigfaltige Leben" ist das Ziel aller bewußten und unbewußten Handlungen.
    "Vom ersten Erzittern des Embryo im mütterlichen Schoß bis zur letzten Zuckung des Greises ist das Leben in seiner Entwicklung die Ursache jeder Regung des Lebewesens, und diese universelle Ursache unseres Handelns ist, von einem anderen Gesichtspunkt aus betrachtet, seine beständige Wirkung und sein Endzweck." (50)
So ergibt sich also das  Prinzip  der empirischen Ethik: das möglichst intensive und mannigfaltige Leben, und der Teil der Sittenlehre, der sich ausschließlich und systematisch auf positive Tatsachen aufbaut, kann als die  Wissenschaft  der  Mittel  bezeichnet werden, "das materielle und intellektuelle Leben zu bewahren und zu steigern." (51) Was heißt aber zuguterletzt: Die Intensität des Lebens steigern wollen? Es heißt soviel wie: das Gebiet der Aktivität in jeder Form erweitern. Dem niederen Wesen sind nur beschränkte Betätigungsmöglichkeiten gegeben. Der Jagdhund schläft bis zum Augenblick der Jagd. Die höheren Wesen dagegen erholen sich durch die Abwechslung von der Anstrenung einer Arbeit. Das Ziel, das bei der Regelung der menschlichen Aktivität zu verfolgen ist, wird also in der Beschränkung der Ruheperioden auf ein Mindestmaß bestehen. "Handeln heißt Leben, mehr Handeln heit, das innere Leben steigern. Von diesem Gesichtspunkt aus sind Untätigkeit und Trägheit die schlimmsten Laster. Das sittliche Ideal muß sein: Aktivität in all der Mannigfaltigkeit ihrer Erscheinungen." GUYAU bezeichnet als die Hauptformen der menschlichen Aktivität das  Denken  und die  Liebe und vollendet damit die allgemeine Grundlegung seiner empirischen Ethik.

Der  weitere Ausbau  dieser empirischen Ethik vollzieht sich dann in der Weise, daß GUYAU den Nachweis erbringt, die höchste Intensität des Lebens habe zum notwendigen Korrelat die größte  Extensität (la plus large expansion) (52). Es ist dies der Punkt, wo NIETZSCHE bereits sein: "Hier steckt der Fehler!" an den Rand schreibt. Das Individuum sammelt durch überreiche Ernährung einen Kraftüberschuß an, der sich in der Zeugung verausgabe. Mit der geschlechtlichen Zeugung beginnt eine neue sittliche Ära in der Entwicklung der Welt. Das Individuum tritt aus seiner Isolierung heraus, es gibt sich hin, strömt über, opfert sich dem Wohl anderer. So wird das überströmende Leben zur Grundlage der Moral. GUYAU nennt dieses Überströmen des Lebens  moralische Fruchtbarkeit (fécondité morale). Sie äußert sich auf allen Gebieten des menschlichen Lebens, als intellektuelle Fruchtbarkeit so gut wie als Fruchtbarkeit des Gefühls und des Wollens. "Wir haben mehr Tränen, als wir für unsere Leiden brauchen". So zeigt dann das Leben eine doppelte Seite: hier Ernährung und Aufnahme, dort Arbeitsleistung und Fruchtbarkeit. "Je mehr das Leben aufnimmt, desto mehr muß es ausgeben. Das ist sein Gesetz." Leben ist Fruchtbarkeit, und Fruchtbarkeit ist Lebensüberfülle. "Vom Dasein ist eine gewisse Freigebigkeit unabtrennbar, ohne welche wir sterben und innerlich vertrocknen. Wir müssen blühen, und Sittlichkeit, Uneigennützigkeit, das ist die Blüte des menschlichen Daseins." Nächstenliebe ist nichts als überströmende Fruchtbarkeit des Lebens.
    "Sie ist gleichsam eine umfassende Mütterlichkeit, die zu weit ist, um sich auf die eigene Familie beschränken zu können. Der mütterliche Busen braucht hungrige Münder, ihn zu leeren; das Herz des wahren Menschen braucht Mitmenschen, denen es sich sanft und hilfreich zuneigen kann. Eine innere Stimme treibt den Hilfsbereiten zu den Darbenden." (53)
Wir stoßen hier auf den Grundgedanken der GUYAUschen Moral:  das Leben ist von Natur aus altruistisch.  "Der Ursprung aller jener Regungen von Teilnahme und sozialem Empfinden ist auf dem Grund des Lebens zu suchen." Nach der Moral der englischen Schule sind die altruistischen Regungen erst im Verlauf der Entwicklung künstlich erworben, sie sind ein Produkt des sozialen Lebens. Umgekehrt, erwidert GUYAU. Auf dem Grund des individuellen Lebens findet bereits die Entwicklung altruistischer Gefühle statt und die soziale Entwicklung ist nicht ihre Ursache, sondern ihr Ergebnis.

4. - Gegen diese auf das Prinzip des Lebens gegründete empirische Ethik haben nun fast sämtliche Kritiker GUYAUs grundlegende Bedenken gelten gemacht. Insbesondere ist es CHARLES CHRISTOPHE gewesen, der in seiner Abhandlung "Le principe de la vie comme mobile moral selon Jean-Marie Guyau" den wahren Charakter dieses angeblich streng wissenschaftlichen, empirischen Prinzips aufgedeckt hat. (54) CHRISTOPHE will untersuchen, ob die Wolke in GUYAUs Gleichnis nicht vielleicht gar bis zur Basis des Berges herabreicht, und findet in der Tat, daß das Prinzip des Lebens in Wirklichkeit ein metaphysisches Prinzip ist. Auch SCHWARZ hat darauf hingewiesen, daß dieses Prinzip ebensoweit davon entfernt ist, empirisch zu sein wie etwa der Begriff "Materie" oder "Atom" (55). Im übrigen ist es vor allem die Dehnbarkeit und Vieldeutigkeit des GUYAUschen Prinzips, die seine Kritiker mit Recht bemängeln. DWELSHAUVERS hat gezeigt, wie der Begriff des Lebens, der ja nicht nur im Mittelpunkt von GUYAUs Moral, sondern seiner gesamten Philosophie steht, in seinen verschiedenen Schriften dreimal verschieden definiert wird, einmal als das Unbewußte, dann als das Unterbewußte oder latent Bewußte, schließlich als das wahre bewußte Leben. (56) Es fragt sich, ob ein so schwer definierbarer Begriff sich zur Grundlage einer wissenschaftlichen Ethik eignet. Und es fragt sich vor allem, ob das Prinzip des intensiv-extensiven Lebens in dieser Allgemeinheit vorgetragen überhaupt schon ein moralisches Prinzip genannt zu werden verdient. Niemand wird dem Leben z. B. eines CESARE BORGIA hohe Intensität und Extensität im GUYAUschen Sinne absprechen wollen. Wer aber vermöchte hierin das Ideal eines sittlichen Lebens zu erblicken? Und andererseits ließe sich ein Leben von hohem sittlichen Wert denken, das in entsagungsvoller Stille verläuft und auf das das Prinzip des möglichst intensiven und extensiven Lebens kaum eine Anwendung finden kann. GUYAUs Prinzip ist viel zu allgemein und in dieser Allgemeinheit ungenügend. Es müßte zunächst eine ganz bestimmte Einschränkung mit ihm vorgenommen werden, wenn es ein moralisches Prinzip werden soll. GUYAU scheint diesen grundlegenden Mangel auch selbst empfunden zu haben. Denn er wendet ein, daß es eben das sittliche Leben ist, das die höchste Form des intensiv-extensiven Lebens darstellt. Das reichste Leben ist eben ein sittliches Leben. Er vermag uns aber damit nicht eines Besseren zu belehren.

5. - Die empirische Grundlegung der Ethik ist vollendet. Es bleibt uns zum Schluß noch übrig, mit GUYAU zu untersuchen, wie weit der Mensch mit den Maßstäben, die ihm eine so verstandene wissenschaftliche Ethik an die Hand gibt, im praktischen Handeln auszukommen vermag. An welchem Punkt wird uns die metaphysische Wolke umhüllen, wenn wir in GUYAUs Gleichnis den Berg besteigen!

GUYAU sucht die Tatsache unseres Pflichtbewußtseins psychologisch zu erklären. Er will zeigen, daß dieser Tatsache nichts Wunderbares, nichts Mystisches und Unerklärliches anhaftet, daß die scheinbar aus dem Übersinnlichen fließende Kraft, als die uns unser Pflichtgefühl erscheint, ganz natürliche, wissenschaftlich erfaßbare Ursachen hat. Die Hauptfrage lautet also: wie weit kann der Mensch sich einem ganz natürlichen, nicht mystischen und nicht metaphysischen inneren Drang oder Antrieb verbunden fühlen? Das Pflichtgefühl erscheint mithin in Guyaus empirischer Ethik als ein Ausfluß des intensiv-extensiven Lebens, gleichsam als ein Überströmen des Lebens, das sich hingeben will, gebraucht werden will. Jeden kategorischen Charakter hat dieses Pflichtgefühl abgestreift. Es bleiben allein "hypothetische Imperative" der Pflicht übrig, für die GUYAU den Ausdruck  "Äquivalente der Pflicht"  wählt. (57) Er führt deren zunächst drei an, die eine Gruppe bilden. Aus drei Elementen setzt sich unser Pflichtbewußtsein zusammen, einem Willensimpuls, einer Vorstellung und einem Gefühl. Ein gewisses unpersönliches Pflichtgefühl (certaion devoir impersonnel) erwächst uns einmal aus dem Vermögen zu handeln, sodann aus der Vorstellung der Handlung, schließlich drittens aus der immer zunehmenden Verschmelzung (fusion) der empfindenden Individuen (sensibilités) und dem sich immer soziabler gestaltenden Charakter der höheren Freuden. (58) Der Sinn dieser Äquivalente der Pflicht besagt nichts weiter als: "Entwickle dein Leben nach allen Richtungen, sei eine Persönlichkeit, deren nach innen und außen gerichtete Lebensenergie so reich wie möglich ist. Sei zu diesem Zweck ein Mensch, der im höchsten Maß sozial denkt und lebt." (59) Es sind nichts als allgemeine Vorschriften, "hypothetische Ratschläge" gleichsam, die die positive Sittenlehre hier dem Individuum als einen wissenschaftlichen Ersatz für den kategorischen Imperativ bietet. Und es sind auch nur die Pflichten des Alltagslebens, abgemessene, mäßige Opfer, die hier vom Individuum verlangt werden. Diese erste Gruppe von Äquivalenten der Pflicht umschreibt "eine für das gewöhnliche Leben gut verwendbare Sittenlehre", eine "Ethik der mittleren Linie" (60).

Anders gestaltet sich nun der Sachverhalt, wenn vom Individuum ein höheres Opfer verlangt wird, ja vielleicht gar ein definitives Opfer, das Opfer des Lebens selbst zu sittlichen Zwecken. Jene Durchschnittsmoral reicht da nicht mehr aus. Eine höhere Moral wird an ihre Stelle treten müssen. Aber GUYAU greift auch jetzt noch nicht zu metaphysischen Hilfsmitteln. Er bleibt seiner empirischen Methode treu, solange es nur irgendwie angeht, solange noch eine Lösung im Bereich der Tatsachen möglich ist. Nur selten tritt ja der Fall ein, daß bei der Selbstaufopferung dem Individuum der sichere Tod bevorsteht. In den meisten Fällen ist der Tod nur möglich, keineswegs aber gewiß. Für diese Klasse von Fällen formuliert GUYAU ein  viertes Äquivalent der Pflicht,  die Freude an Wagnis und Kampf. (61) Die Gefahr ist ein Ansporn des Lebens, sie hat einen unwiderstehlichen Reiz. Die Gefahr hat etwas Berauschendes. Die Freude am Wagnis, die die Naturvölker in den Kampf treibt und sie ihr Leben aufs Spiel setzen läßt, äußert sich ja noch heute im Beruf, im Krieg, bei der Jagd, beim Sport und Spiel, in der Lotterei und in der Börsenspekulation. Die Gefahr ist nicht Verneinung, sondern höchste Bejahung des Lebens. Ein Augenblick höchsten Rausches ist mitunter wertvoller als ein langes, reizloses Leben. Unter solchen Umständen vermag also die positive Moral die Aufopferung des Lebens noch zu empfehlen. Kritisch wird die Sachlage erst, wenn der wirkliche Tod, die definitive Selbstaufopferung vom Individuum verlangt wird (62). Dann muß etwas Wertvolleres uns vor Augen schweben, als das Leben, das geopfert wird, und empirisch läßt sich ein wertvolleres Gut als das Leben nicht wohl finden. Hier ist der Punkt,  wo  uns die Wolke umfängt. Hier versagt die empirische Moral völlig, wie GUYAU offen eingesteht. Das Leben ist das kostbarste Gut, weil es die Vorbedingung aller übrigen Güter ist. Möglich, daß sein Wert bis zum Nullpunkt herabsinken kann, wenn die Güter, deren Voraussetzung es ist, ihren Wert verloren haben. Aber dieser Fall kommt hier nicht in Betracht. Es handelt sich hier um die definitive Aufopferung eines wertvollen Lebens zu sittlichen Zwecken. Es handelt sich hier um den Nachweis, daß unter Umständen das uns Deutschen geläufige Dichterwort zur Wahrheit werden kann: "Das Leben ist der Güter höchstes nicht." Und dieser Nachweis ist auf empirischem Weg nicht zu erbringen.

Das  metaphysische Wagnis,  die  Hypothese,  erscheint als fünftes und letztes Äquivalent der Pflicht (63). Die Freude am metaphysischen Wagnis bildet also für GUYAUs Empfinden eine Art Pflicht. Vom Standpunkt der metaphysischen Hypothese wird die definitive Aufopferung zu sittlichen Zwecken möglich. Damit sind die Grenzen der empirischen Moral überschritten und die metaphysische Spekulation nimmt ihren freien Lauf. GUYAU unterscheidet ein metaphysisches Wagnis in der Spekulation, den  kalos kindynos [schönes Wagnis - wp] des PLATO, und ein solches im Handeln. Ein Punkt aber ist es, den er immer wieder hervorhebt: allgemeingültige Hypothesen gibt es nicht, ein jeder bildet sich also seine Hypothese  selbst,  macht sich  selbst  ein Bild vom Unerkennbaren, nach dem er seine Handlungen praktisch einrichtet, mag dieses Bild auch noch so kindlich-bescheiden ausfallen. Bestimmte Gesetze, die für alle gelten, lassen sich hier nicht aufstellen. Hier herrscht völlige  Anomie [Zusammenbruch der Ordnung - wp] (64). GUYAU knüpft dort an, wo KANT seiner Meinung nach auf halbem Weg stehengeblieben war. KANT erklärte den menschlichen Willen für autonom. Er soll sich nicht unter äußere Gesetze beugen. (65) Der Inhalt dieses autonomen Willens ist aber für alle der gleiche. Die moralische Revoution, die KANT begonnen hat, ist also eine unvollständige geblieben. GUYAU wird sie zu Ende führen. Anstelle der universellen Gleichförmigkeit tritt bei ihm die individuelle Spontaneität. Wahre Autonomie ist Anomie. Jeder gebe sich sein eigenes Gesetz. Der Individualismus ist auf allen Gebieten des menschlichen Denkens und Handelns im Wachsen begriffen. Die intellektuelle Selbständigkeit hat überall zugenommen. Anstelle der Orthodoxie tritt immer mehr die Heterodoxie, die wachsende Verschiedenheit der Meinungen (66). Wie schon die Religion, so endet auch GUYAUs Moral im Individualismus.

Schon MEISNER hat in einer trefflichen Studie über GUYAUs Philosophie der Moral (67) gezeigt, worin die Schwächen der GUYAUschen Ethik als Ganzes betrachtet, bestehen. Es ist der Dualismus der Methoden, an dem GUYAUs doppelte Ethik krankt. Beide, die empirische und spekulative Methode, können nicht wohl nebeneinander bestehen, ohne miteinander in Konflikt zu geraten. Im allgemeinen kommt GUYAU ja mit der empirischen Ethik aus. Nur für den Fall der definitiven Selbstaufopferung greift er zur metaphysischen Hypothese. Dies erscheint jedoch ziemlich gekünstelt. Der Anhänger der empirischen Ethik wird sich beizeiten um eine metaphysische Hypothese bemühen müssen, will er im Moment, wo das Außerordentliche an ihn herantritt, nicht versagen. Aber davon ganz abgesehen, gibt es denn überhaupt ein absolut hypothesenloses empirisches Wissen, auf dem die Moral ruhen könnte? GUYAU hält alles empirisch Erworbene für sicher und gewiß. Aber die erkenntnistheoretische Frage, worauf sich diese Gewißheit gründet, wird nirgends aufgeworfen. Das Fehlen jeglicher erkenntnistheoretischer Fundierung seiner Ethik ist vielleicht der Hauptmangel des GUYAUschen Systems, ein Mangel, der ihm vor allem auch bei seiner Kritik der wichtigsten metaphysischen Hypothesen in der "Irreligion" verhängnisvoll geworden ist. (68) GUYAU ist Dogmatiker, so sehr er den Dogmatismus in jeder Form von sich abwehrt. Sein erkenntnistheoretischer Standpunkt, wenn er überhaupt einen solchen hat, ist der des naiven unkritischen Realismus.

Auf theoretischem Gebiet huldigt GUYAU einem ethischen Skeptizismus. Praktisch ist er eine Persönlichkeit von höchstem sittlichem Wert. Nur seine empirische Grundlegung der Moral ist zu beanstanden. Die lebendige sittliche Überzeugung, die in seiner Theorie überall zutage tritt, der sittliche Geist, den seine ganze Ethik atmet, ist von allen seinen Kritikern ausnahmslos in gebührender Weise gewürdigt worden. Vielleicht aber ist es der Grundirrtum GUYAUs gewesen, daß er diese edle, ganz vom Geist des Altruismus getragene Persönlichkeit zum Urbild des menschlichen Wesens überhaupt erhoben hat. Wir sehen ihn tief hinuntersteigen in das Reich der dunklen Lebensgefühle. Er sucht nach der letzten, verborgensten Triebfeder des menschlichen Wollens und Handelns. Aber er findet dort unten nur sein eigenes reines Inneres.


C. Guyaus Pädagogik
    "Erst wenn er Vater ist, aber vollbewußt, d. h. erst in der Erziehung des Kindes entdeckt der Mensch sein ganzes Herz. O, der leise Klang von Kinderfüßchen, welch zartes, liebliches Geräusch von kommenden Geschlechtern, so ängstlich, so unbestimmt wie die Zukunft!" (69)
FOUILLÉE berichtet, daß die pädagogischen Probleme unseren Denker unaufhörlich beschäftigt haben, besonders seitdem er selbst Vater war. (70) Seine Erziehungslehre findet sich im Zusammenhang vorgetragen in dem bedeutenden, von FOUILLÉE aus GUYAUs Nachlaß herausgegebenen Werk "Hérédité et éducation, étude sociologique", (1888), das in Frankreich zu den klassischen Werken der modernen pädagogischen Literatur gehört - es ist bisher in nicht weniger als zehn Auflagen erschienen - und dessen Übertragung auch ins Deutsche geplant ist. Auch in der "Esquisse" finden sich zahlreiche zerstreute Bemerkungen über Erziehung, und in der "Irreligion" ist dem vielumstrittenen Thema "Religion und Irreligion beim Kind" ein besonderes Kapitel gewidmet (71). GUYAU hat auch mehrere in Frankreich viel gelesene Schulbücher verfaßt wie z. B. "Cours de lecture", 1. Band: La premiére année de lecture courante usw.

GUYAU gibt wie allen seinen Werken aus späterer Zeit so auch seinem Werk übr die Erziehung den Untertitel:  Soziologische Studie.  Was er damit zum Ausdruck bringen will, ist, dem Gedankengang seiner Ethik entsprechend, die Forderung, daß das Ziel der Erziehungswissenschaft die Erforschung von Mitteln sein soll, "um das intensivste individuelle Leben mit dem extensivsten sozialen Leben zu versöhnen." (72) Auf die Erhaltung und Fortentwicklung der Gattung soll das Hauptaugenmerk des Erziehers gerichtet sein. Bisher war dies nicht der Fall. Bisher hat sich die Erziehung allzusehr mit dem Individuum beschäftigt, von dem sie in möglichst kurzer Zeit einen möglichst hohen Ertrag an Fähigkeit, diesen oder jenen Beruf auszuüben, zu erlangen suchte. Die immer weiter um sich greifende Spezialisierung und Differenzierung der Arbeitszweige, die die moderne Kultur mit sich bringt, führt in ihren Endergebnissen naturgemäß zum Untergang der Rasse. Sache einer vorsichtigen und verständigen Erziehung wird es sein, durch die Heranbildung einer möglichst großen Anzahl von allseeitig, physisch und moralisch gesund entwickelten Individuen den mörderischen Einflüssen der modernen Kultur, wie sie sich namentlich in Industriebezirken bemerkbar machen, entgegenzuarbeiten.

Das Wesentliche in Guyaus Erziehungslehre ist, daß er dem Erzieher eine ganz neue, durchaus zeitgemäße Waffe in die Hand zu geben sucht, um sein Ziel, die Hebung und Fortentwicklung der Gattung zu erreichen, nämlich die planmäßige  Suggestion.  Nachdem das 18. Jahrhundert, so führt GUYAU aus, in dem Glauben an die Macht der Erziehung viel zu weit gegangen war, hat sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts seit DARWIN und SPENCER vielmehr der Glaube an die Macht der  Vererbung  so weit ausgebreitet, daß sich fast sämtlicher Vertreter der Erziehungswissenschaft eine wachsende Skepsis hinsichtlich der Möglichkeit einer erzieherischen Einwirkung auf das Individuum bemächtigt hat. Namentlich die moderne französische und italienische Literatur, die GUYAU vorliegt (73), ist getragen von der Überzeugung, daß die Erziehung außerstande ist, der vererbten Anlage im Charakter des Kindes wirksam entgegenzuarbeiten. Es gilt, ein neues Mittel ausfindig zu machen, um im Kampf zwischen Vererbung und Erziehung der letzteren zum Sieg zu verhelfen, und dieses Mittel ist nach GUYAU die Suggestion.

Schon 1880 hatte GUYAU in einer Besprechung von RICHETs Artikel: "La personnalité dans le Somnambulisme" (74) auf die Möglichkeit hingewiesen, durch Suggestion nicht nur diesen oder jenen abnormen Instinkt zu korrigieren oder zu beseitigen, sondern auch schwache normale Instinkte durch Suggestion künstlich zu beleben, ja völlig neue Instinkte auf suggestivem Weg künstlich zu erzeugen. Jede Suggestion ist nach GUYAU ein "instinct á l'état naissant" [Instinkt im entstehenden Zustand - wp], den der Hypnotiseur künstlich geschaffen hat (75), ein elementarer Wille, der sich im Kern der Persönlichkeit einnistet. Gelänge es, den künstlich für Augenblicke hervorgerufenen Instinkt zu einem dauernden zu machen, so hätte man in der Suggestion ein durchaus normales Mittel an der Hand, das, vom Erzieher verständig angewendet, den Kampf gegen die vererbte Anlage mit Erfolg aufzunehmen imstande wäre. Gerade die kindliche Psychie ist in hohem Grad suggestibel (76). Warum diese fruchtbare Disposition nicht ausnutzen? Eine unerschöpfliche Quelle von Möglichkeiten der erzieherischen Einwirkung tut sich hier auf. Freilich darf der vom Hypnotiseur geschaffene Zustand nichts Pathologisches an sich haben, da sonst die bedenklichsten Störungen im ungefestigten Organismus des Kindes hervorgerufen werden könnten. Die vom Erzieher dem Kind gegenüber anzuwendende Suggestion soll nicht mehr sein als eine in der Stille vor sich gehende Beeinflußung der noch bildsamen Individualität durch eine autoritative Persönlichkeit, wie sie im Leben überall vorkommt, nur ins Bewußte und Planmäßige übertragen. Auf diese Art muß es möglich sein, einmal eine entartete Gewohnheit durch eine künstlich geschaffene Gewohnheit aufzuwiegen und so die Vererbung zu korrigieren, dann aber vor allem auch in positivem Sinne aufbauend zu wirken, indem man dem Kind die Überzeugung suggeriert, daß es das Gute vollbringen kann, wenn es nur will. Man lasse das Kind nie spüren, daß man eine schlechte Meinung von ihm hat. Das wäre eine höchst verkehrte und verderbliche Art von Suggestion. Man erweise ihm Liebe und Achtung, zeigt, daß man Vertrauen zu ihm hat, bringe ihm seine guten Anlagen zum Bewußtsein, nicht seine schlechten, kurzum man suggeriere, aber man tadle nicht. (77) "Erziehung ist nichts anderes als eine Summe koordinierter und rationaler Suggestionen." Damit ist das Vertrauen in die Möglichkeit der Erziehung für GUYAU wiederhergestellt. Wie weit diese Hoffnung berechtigt ist, dies zu untersuchen muß den Pädagogen von Fach überlassen bleiben. In Frankreich mat man GUYAUs Grundgedanken, auf künstlichem Weg Instinkte zu suggerieren und so die vererbte Anlage zu beseitigen, mit großem Beifall aufgenommen. (78)

Es ist selbstverständlich, daß GUYAU der  moralischen  Erziehung des Kindes einen ganz besonderen Wert beimißt. Sie besteht für ihn darin, im Kind die Vorstellung eines idealen Ich so lebhaft zu erwecken, daß sie geradezu zur "idée-force" [Hauptstoßrichtung - wp] seines Verhaltens wird. Die Vorstellung des idealen Ich erweitert man dann allmählich zu der des sozialen Ich, erwecke im Kind vor allem den Instinkt des Mitleids, der Sympathie mit allem Lebendigen und suche damit das Ideal des intensivsten und expansivsten Lebens zu verwirklichen (79). Nächst der moralischen Erziehung hat die Ausbildung der körperlichen Fähigkeiten, die  physische  Erziehung, den ersten Platz in GUYAUs Pädagogik,' weil nur durch sie die Hebung und Fortentwicklung der Rasse, das Ideal jeder erzieherischen Tätigkeit, gewährleistet wird. (80) Selbst was die  intellektuelle  Erziehung anlangt, so gilt der Grundsatz, daß der Zögling in erster Linie als Glied der Gesamtheit zu betrachten ist. Man verzichte auf jede luxuriöse Ausstattung des jugendlichen Geistes mit unfruchtbarem Wissensstoff. "Übermittlung der größtmöglichen Summe an fruchtbarem Wissen und Können unter der Verausgabung der geringsten Menge an geistiger Kraft", das soll die Aufgabe der intellektuellen Erziehung sein (81). Schließlich fügt sich auch die  ästhetische  Erziehung dem Rahmen dieser soziologischen Pädagogik ein. Der Hauptwert der Kunst besteht für GUYAU, wie wir bald sehen werden, in ihrem sozialen Charakter. Durch die Harmonie des Fühlens vollendet sie die sympathische Gemeinschaft zwischen den Individuen. Die Erziehung versäume nicht, diese Eigenschaft der Kunst für ihre Zwecke fruchtbar zu machen. Besonders auf die Musik, diese soziale Kunst par excellence richte sie ihr Augenmerk. Aber auch sonst ist der ästhetischen Ausbildung der Jugend, die bisher arg vernachlässigt worden ist, mehr Gewicht beizulegen, schon deshalb, weil sie zur Unterstützung der moralischen Erziehung herangezogen werden kann. Die ästhetischen Qualitäten werden vererbt so gut wie alle anderen. Eine weitsichtige ästhetische Erziehung könnte, so meint GUYAU, mit der Zeit ein neues Griechentum heranbilden. (82)

Um schließlich noch auf die  religiöse  Erziehung einzugehen, so hat sich GUYAU in der "Irreligion" im Zusammenhang über dieses vielerörterte Thema geäußert (83). In den 80er Jahren war in Frankreich eine Bewegung im Gange, die den Religionsunterricht in den Schulen gänzlich zu beseitigen bemüht war. GUYAU hat sich dieser Bewegung nicht rückhaltlos angeschlossen. Er glaubt vielmehr, daß der Unterricht in der Religionswissenschaft in den höheren Klassen nicht zu entbehren ist. Nur der konfessionelle Religionsunterricht soll wegbleiben und durch den unparteiischen ersetzt werden, ebenso wie die theologischen Fakultäten an den Universitäten durch Lehrstühle für vergleichende Religionswissenschaft innerhalb der philosophischen Fakultät zu ersetzen sind (wie an den holländischen Universitäten, Genf usw.). Vor allem aber soll anstelle der geistlichen Erziehung die Laienschule treten, ein Wunsch GUYAUs, der ja inzwischen mit dem Trennungsgesetz in Frankreich in Erfüllung gegangen ist. Im übrigen aber ist jede religiöse Erziehung von Übel, weil sie die Spontaneität des moralischen Bewußtseins durch die Unterwerfung unter Dogmen beeinträchtigt. Schule wie Familie sollen auf das Freidenkertum hinarbeiten. Jede Verquickung von Moral und Religion ist gefährlich. Wie leicht zerbröckelt mit dem Kirchenglauben auch die Moral! Pflicht der Eltern wird es sein, ihre Kinder vor dergleichen schmerzhaften Krisen beizeiten zu bewahren. Ebenso schuldet man dem Kind über Tod und Unsterblichkeit die volle Wahrheit, sobald es imstande ist, schwierigeren Gedankengängen zu folgen (10. - 12. Jahr). Wir muten der kindlichen Fassungskraft subtile theologische Spitzfindigkeiten zu, wie z. B. das Trinitätsdogma, und scheuen uns, ihm ein Wort über Philosophie zu sagen. Welch ein Widerspruch! Vor allem aber soll man das Kind zur Duldsamkeit erziehen und es jeden Glauben kennen und  achten  lernen lassen. (84)
LITERATUR - Ernst Bergmann (Hg), Jean-Marie Guyaus Philosophische Werke, Bd. 1, Einleitung, Leipzig 1912.
    Anmerkungen
    1) Ich verweise auf die erschöpfende Darstellung von GUYAUs Ethik, wie sie MEJER MEISNER in seiner Schrift "Jean-Marie Guyaus Philosophie der Moral", Heidelberg 1910, gegeben hat.
    2) Comptes rendus de l'Académie, t. CII, Seite 535
    3) Ebd.
    4) Vorwort, Seite V
    5) Mind, April 1880, Seite 281
    6) Morale anglaise, Seite 195
    7) Morale anglaise, Seite 197
    8) Morale anglaise, Seite 325f
    9) Morale anglaise, Seite 395f
    10) Morale anglaise, Seite 424
    11) Morale anglaise, Seite 425
    12) Morale anglaise, Seite VI
    13) Der für die deutsche Übersetzung gewählte unvollständige Titel "Sittlichkeit ohne Pflicht" ist zumindest unklar, wenn nicht irreführend. Vgl. hierzu WALTHER REGLERs Rezension in  Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie,  Bd. 35, 1911, Seite 251-252.
    14) Irreligion, Seite 181f
    15) Esquisse, Seite 252f
    16) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 255.
    17) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 206f
    18) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 207
    19) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 208f
    20) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 222f besonders Seite 236f
    21) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 210f. Schon BENTHAM, MILL, FOUILLÉE, LOMBROSO u. a. haben an der Strafe den Charakter einer Sühne nehmen und sie nur als soziales Abschreckungsmittel gelten lassen wollen.
    22) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 212
    23) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 211
    24) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 214f
    25) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 243f
    26) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 250
    27) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 246f
    28) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 248
    29) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 223f
    30) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 205
    31) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 269
    32) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 68f.
    33) Die deutsche Übersetzung der "Esquisse" ist in vielen Punkten mit Vorsicht zu gebrauchen. Die Übersetzerin hat die internationalen Termini der Philosophensprache hier wie auch sonst bisweilen in ziemlich freier Weise mitübersetzt.
    34) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 73
    35) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 75
    36) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 76
    37) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 72f
    38) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 78
    39) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 79
    40) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 84
    41) Vgl. FOUILLÉE, Critique des systémes de morale contemporains.
    42) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 91f
    43) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 87
    44) Sittlichkeit ohne Pflicht, Vorwort, Seite 17
    45) Sittlichkeit ohne Pflicht, Vorwort, Seite 17
    46) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 100
    47) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 101
    48) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 102f
    49) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 103
    50) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 103
    51) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 104
    52) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 112f und Irreligion, Seite 461.
    53) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 119
    54) CHARLES CHRISTOPHE, Revue de Métaphysique et de Moral, 1901, Seite 343f und Seite 487f
    55) EMIL SCHWARZ, Jean-Marie Guyaus Moral, Straßburg 1909, Seite 81
    56) GEORGES DWELSHAUVERS, Bulletin de la Société francaise de Philosophie, Februar 1906, Seite 48
    57) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 123f
    58) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 127
    59) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 161
    60) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 162
    61) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 164f
    62) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 172
    63) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 183f
    64) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 187
    65) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 188
    66) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 191
    67) Sittlichkeit ohne Pflicht, Seite 125f
    68) Vgl. Irreligion das letzte Kapitel
    69) Hérédité et éducation, Einleitung
    70) FOUILLÉE, La Morale, l'art et la Religion d'aprés Guyau, Seite 122
    71) Irreligion Seite 249-269
    72) Education, Seite 9
    73) THEODULE RIBOT, L'hérédité psychologique (1873) - FÉRÉ, Sensation et mouvement (1887). - FERRI, Teoria del' imputabilta (1878). - LOMBROSO, L'uomo delinquente (1883) u. a.
    74) Revue philos. vom 8. Oktober, 1880
    75) Education, Seite 4
    76) Education, Seite 15f
    77) Education, Seite 20
    78) Vgl. FOUILLÉE, Seite 126f
    79) Education, Seite 133
    80) Education, Seite 81f
    81) Education, Seite 118
    82) Education, Seite 155
    83) Education, Seite 249f
    84) Irreligion, Seite 268.