001 "... ein solcher Wille einer Gesamtheit existiert nur in den Hirnen von Theoretikern, die nicht von der liebgewordenen Gewohnheit lassen können, sozialen Gebilden eine quasi-personenhafte Existenz zuzuschreiben." - Hans Albert, Ökonomische Ideologie und politische Theorie; Göttingen 1954, Seite 121
002 Jede Partei versucht die Mehrheit zu gewinnen, um mit ihr zu herrschen.
003 Das Vorrecht der Meisten basiert auf der "Seelen-Gleichheits-Lüge". - Friedrich Nietzsche, ohne weitere Quelle
011 "Wir dürfen uns niemals abfinden mit einer Gesellschaft, in der eine wachsende Minderheit von Alten, Frührentnern, Arbeitslosen, Behinderten, Gebrechlichen, Kranken, psychisch und physisch Überforderten, Drogen und Alkoholsüchtigen, Straffälligen oder Ausgeflippten nicht ohne mißfälliges Knurren ausgehalten wird von einer schrumpfenden Mehrheit derer, die japsend und keuchend im Rennen um den Erfolg gerade noch mithalten können, so lange, bis auch sie, früher als nötig, zur wachsenden Minderheit abgedrängt werden." - Erhard Eppler, Ende oder Wende - Von der Machbarkeit des Notwendigen, München 1976, Seite 66
015 "Stimmenmehrheit ist kein Beweis angesichts von schwer zu entdeckender Wahrheiten, denn es ist weit wahrscheinlicher, daß ein Mensch allein sie findet, als ein ganzes Volk." - Rène Descartes, Abhandlung über die Methode des richtigen Vernunftgebrauchs, Stuttgart 1977, Seite 17
016 Die breite Masse wird über wesentliche politische Prozesse in Unwissenheit gehalten, daß sie nicht einmal ein Interesse daran hat, sich ein begründetes Urteil zu bilden. Wenn auch nur leidliches Interesse an der Politik läßt sich nur mit einem großen Aufwand an Propaganda aufrechterhalten. Von Zeit zu Zeit wird das Stimmvieh dann zu den Wahlurnen getrieben. Die Absurdität der vielgepriesenen Mehrheitsherrschaft wird nur allzu deutlich.
018 Für die Begründung des Mehrheitsprinzips gilt die Erwägung, wenn Mehrheit und Minderheit miteinander kämpfen würden, so würde die Mehrheit ihrer Zahl wegen siegen, und deswegen ist es sinnvoll, so daß sich die Minderheit von vornherein unterwirft.
019 Im Parlament wird meist über Sachen abgestimmt, die zum Zeitpunkt der Wahl noch gar nicht zur Debatte standen.
021 "Da die Unterdrückerminderheit eine Mehrheit unterwirft und beherrscht, muß sie sie zerteilen und zerteilt zu halten, um an der Macht zu bleiben. Die Minderheit kann sich den Luxus nicht leisten, die Einigung des Volkes zu dulden, weil sie zweifellos eine ernste Bedrohung der eigenen Vorherrschaft bedeuten würde." - Paulo Freire, Pädagogik der Unterdrückten - Bildung als Praxis und Freiheit, Reinbek 1979, Seite 119
022 Ursprünglich war die Herrschaft der Mehrheit ein stillschweigendes Übereinkommen, keinen bewaffneten Kampf zu führen, den die Mehrheit ohnehin gewinnen würde.
025 "Der Anblick von 300 Millionen Menschen, die sich durch die Drohung von 300 Menschen einschüchtern lassen, ist für die Despoten und ihre Opfer in gleicher Weise demoralisierend." - Mahatma Gandhi, Satyagraha in 'Young India' 1930, Seite 238 in Theodor Ebert, Gewaltfreier Aufstand - Alternative zum Bürgerkrieg, Waldkirch 1980, Seite 211
026 "Sogenannte Objektiva, richtiger Kollektiva..." - Martin Buber, Das dialogische Prinzip, Heidelberg 1979, Seite 249
027 Mit dem Aufkommen der Demokratie wurde anstelle des Gewaltprinzips das der Mehrheitsbeschlüsse gesetzt, um einen dauerhaften Frieden zu ermöglichen.
029 "Oktroyiert ist 'jede' nicht durch persönliche freie Vereinbarung aller Beteiligten zustandegekommene Ordnung. Also auch der 'Mehrheitsbeschluß', dem sich die Mehrheit fügt." - Max Weber, Soziologische Grundbegriffe, Tübingen 1976, Seite 74
030 Die ursprüngliche demokratische Idee wird aufgegeben, wenn die Macht der Mehrheit der Bevölkerung zugesprochen wird, ohne einen Lernprozess vorauszusetzen.
031 "Der Konsensus des Kundigen als Kriterium der Wahrheit wird dann im operationalen Behaviorismus auf den Konsensus aller ausgedehnt. Damit kommt zum Tierexperiment die Befragungsmethode, zur objektiven die subjektive Erfahrung von Jedermann. Man kann ihn über schlechtweg alles fragen: über Politik und Gesellschaft, Religion und Moral; kann ihn fragen, was Wissenschaft sei und was man unter Aggression verstehe, aus welchen Gründen man sich scheiden lassen dürfe, ob man nicht schon Sechzehnjährige zu allen Filmen zulassen solle usw. Herr und Frau Jedermann wissen alles. Man muß sie nur nach den Spielregeln der Statistik befragen. Und muß viele von ihnen fragen, mindestens so viele, daß man Signifikanzen errechnen kann. Da Jedermann seine Meinung nicht immer in wünschenswerter Klarheit kundtun kann, formuliert man die Fragen so, daß er nur mit ja oder nein oder unentschieden zu antworten braucht. Oder man liegt ihm Sentenzen, deren Behauptung er anerkennen oder ablehnen kann, oder ein Polaritätsprofil vor auf dem er nur anzugeben braucht, ob der erfragte Gegenstand mehr den einen oder dem anderen Pol zuzuordnen sei. - - - Die Befragungsmethode zusammen mit der Statistik hat heutzutage in der Psychologie ihren festen Platz. Mit ihr setzt sich in der Wissenschaft das demokratische Prinzip oder das Gesetz der großen Zahl durch. Die Frage ist, ob man die so ermittelten Ergebnisse als reine Istwerte über Urteilsverteilungen und Textbestände anzusehen habe oder ob sie auch Sollenswert e sind, das heißt, ob die statistisch häufigste Meinung auch die gültige sein kann." - Ludwig J. Pongratz, Problemgeschichte der Psychologie, Bern/München 1984, Seite 320f
036 Durch die Realisierung des Allgemeinen wird das Partikulare zum Verschwinden gebracht.
037 "Die Entfaltung und volle Reifung der Vernunft hängt ab von der Erlangung völliger Freiheit und Unabhängigkeit. Bis er beides erworben hat, wird der Mensch dazu neigen, das für wahr zu halten, was die Mehrheit seiner Gruppe als Wahrheit wahrhaben will." - Erich Fromm, Psychoanalyse und Erziehung, Ffm/Berlin/Wien 1978, Seite 65
038 "Man beginnt zu begreifen, daß die Herrschaft der Majoritäten bedeutet, alle Geschäfte eines Landes denen zu überlassen, die die Mehrheit für sich zu gewinnen wissen, d.h. den Kröten des Sumpfes im Parlament und in den Wahlversammlungen, mit einem Wort denen, die keine eigene Meinung haben." - Peter Kropotkin in Erwin Oberländer (Hrsg), Anarchismus, Freiburg/Br. 1972, Seite 245
039Meinungsverschiedenheiten mögen wichtig oder unwichtig sein, sie werden immer nach dem Willen der Mehrheit entschieden.
040 Die Ideen mehrerer Minderheiten können auch gleichzeitig verwirklicht werden, ohne sich gegenseitig zu beeinträchtigen. Der Einzelne müßte nicht unbedingt nach den Vorstellungen der Mehrheit entsprechend handeln, wenn die Kooperation dem Konflikt vorgezogen würde.
052 "Demokratie ist Mehrheit, Mehrheit ist Herrschaft. Die Mehrheit ist das Gewand, unter dem der Nichtmensch den Dolch verborgen hält. Mehrheit ist die Hirnzelle derer, die nicht zu denken vermögen. Mehrheit ist das Szepter der Betrüger und Halunken." - B. Traven in Der Ziegelbrenner, Berlin 1976, Seite 95
066 "Wer den Zweck will, muß auch die Mittel wollen: der Zweck ist der Schutz seines Eigentums, das Mittel ist die Anerkennung des Mehrheitswillens als seines eigenen Willens." - C. B. MacPherson, Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Ffm 1980, Seite 286
073 Das menschliche Zusammenleben wird erst ermöglicht, wenn sich eine Mehrheit zusammenfindet, die stärker ist, als jeder Einzelne und gegen jeden Einzelnen zusammenhält.
076 Mehrheiten und Konsens sind ein Problem der Ordnung.
077 Durch ein System der Erziehung und ein Gefüge von Sanktionen wird ein einheitlicher Konsens hergestellt.
078 Eigentlich wird die Mehrheit beherrscht durch eine herrschende Minderheit.
079 Der Verlust der Freiheit von einigen, wird durch ein größeres Wohl für andere wettgemacht. Wahrheit und Gerechtigkeit dulden keine "vernünftigen" Kompromisse.
082 "Die wirkliche Stärke liegt in den Untertanen, aber die öffentliche Meinung begründet die Stärke der Herren." - Denis Diderot, Enzyklopädie, München 1969, Seite 221
083 "Wenn die Seele im Urteil fehlt, flüchtet man sich in das Rechnen." - Viktor von Weizsäcker, Natur und Geist, München 1977, Seite 107
084 Diskussionsprozesse und Mehrheitsvoten sind ein Mittel zur Konfliktbewältigung.
085 "Sie geben doch zu, daß die meisten Menschen dumm sind?" - Sigmund Freud in Viktor von Weizsäcker, Natur und Geist, München 1977, Seite 120
091 "Man kann von einer einzigen Person wissen, ob sie Masse ist, oder nicht. Masse ist jeder, der sich nicht selbst aus besonderen Gründen - im Guten oder im Bösen - einen besonderen Wert beimißt, sondern sich schlichtweg für Durchschnitt hält, und dem doch nicht schaudert, der sich in seiner Haut wohlfühlt, wenn er merkt, daß er ist wie alle." - Josè Ortega y Gasset, Der Aufstand der Massen, Reinbek 1956, Seite 9
093 "Die Menge ist hilflos ohne Haupt." - Niccolo Macchiavelli, ohne weitere Quelle
094 "Der durchschnittliche Mensch entdeckt 'Gedanken' in sich, aber er kann nicht denken. Darum sind seine Gedanken in Wahrheit nur Triebe in logischer Verkleidung." - Josè Ortega y Gasset, Der Aufstand der Massen, Reinbek 1956, Seite 53
095 "Herrschen bedeutet Vorherrschaft einer Meinung, also einer Geisteshaltung. Herrschaft bedeutet letzten Endes nichts anderes, als geistige Macht." - Josè Ortega y Gasset, Der Aufstand der Massen, Reinbek 1956, Seite 95
096 "Was wir die objektive Bedeutung der Dinge nennen, das ist in praktischer Hinsicht ihre Gültigkeit für einen größeren Kreis von Subjekten." - Georg Simmel, Philosophie des Geldes, 1907, Seite 379
098 Die Frage nach der Mehrheit geht auf die Kategorie der Quantität zurück, die Richtigkeit ist eine Erwägung der Qualität.
099 "Das bloße Zusammenzählensubjektiver Meinungen ist ohne grundsätzliche Bedeutung, sowohl für das Einsetzen des Begriffs, wie der Idee des Rechts." - Rudolf Stammler, Lehrbuch der Rechtsphilosophie, Berlin 1970, Seite 348
101 "Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn; Verstand ist stets bei Wenigen nur gewesen. Der Staat muß untergehen, früh oder später, wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet." - Sapieha in Friedrich Schiller, Demetrius I
107 "Er regiert nicht mehr zum Wohl des Staates, sondern zum Vorteil seiner Wiederwahl; er neigt sich vor der Mehrheit, und statt ihren Leidenschaften zu widerstehen, wie es seine Pflicht wäre, kommt er ihren Launen entgegen." - Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, München 1976, Seite 152
108 "In der Regel faßt das Denken des Volkes nur einfache Begriffe." - Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, München 1976, Seite 186
109 "Es gehört zum Wesen der demokratischen Regierungen, daß die Macht der Mehrheit unbedingt gilt, denn außerhalb der Mehrheit hält in den Demokratien nichts stand." - Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, München 1976, Seite 284
112 "Nun befasst sich die Mehrheit mehr mit Geschäften, als mit Studien." - Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, München 1976, Seite 550
119 In den empirischen Wissenschaften kann niemals Wahrheit, sondern immer nur Wahrscheinlichkeit erzielt werden. Wahrscheinlichkeit gründet sich auf Häufigkeit, Mehrheit und Quantität.
120 Mehrheit und Konsens sind ansich noch nicht wertvoll.
122 "Nicht weil die Majorität immer recht hat, sind wir Demokraten, sondern weil demokratische Institutionen, wenn sie in demokratischen Traditionen wurzeln, bei weitem die unschädlichsten sind, die wir kennen." - Karl Popper, Auf der Suche nach einer besseren Welt, München 1989, Seite 170
124 "Ebensowenig wie den Zwang zur Kulturarbeit, kann man die Beherrschung der Masse durch die Minderzahl entbehren, denn die Massen sind träge und einsichtslos, sie lieben den Triebverzicht nicht, sind durch Argumente nicht von dessen Unvermeidlichkeit zu überzeugen, und ihre Individuen bestärken einander im Gewährenlassen ihrer Zügellosigkeit." - Sigmund Freud, Gesammelte Werke XIV, Seite 328
127 "Das allgemeine Stimmrecht darf nicht nur der Ausdruck eines Majoritäten-Willens sein: das ganze Land muß es wollen. Deshalb genügt schon der Widerspruch einer sehr kleinen Minorität, dasselbe als untunlich wieder beiseite zu stellen: und die 'Nichtbeteiligung' an einer Abstimmung ist eben ein solcher Widerspruch, der das ganze Stimmsystem zum Falle bringt." - Friedrich Nietzsche, Menschliches Allzumenschliches - Ein Buch für freie Geister, Frankfurt 1982, Seite 559
129 Die legale Vorstellung ist die: daß die Beherrschten über das geltensollende Recht durch Willenskundgebung frei bestimmen und daß die Zählung der Stimmen das dafür legitime Mittel sei (Majoritätsproblem).
130 "Die Natur ist nur Rohstoff, dasselbe gilt von dem Teil der Menschheit, der nicht an der Regierung beteiligt ist." - Bertrand Russell, Philosophie des Abendlandes, Wien/Zürich 1988, Seite 738
132 Wo nicht mehr in Versammlungen unmittelbar die betreffenden Angelegenheiten beurteilt werden können, wird nur noch über Programme und Kandidaten abgestimmt.
Hinweis: Bei den nicht näher gekennzeichneten Textstellen handelt es sich um Passagen, die in verschiedenen Quellen mehr oder weniger sinngleich auftauchen, so daß nicht klar ist, wer von wem abgeschrieben hat.