Ich stelle mir also vor, wie das ist, sich etwas "überhaupt" zu denken, also nur mit "haupt". Da kommt es dann auf einiges nicht an, nicht nur auf die Sinne. Da ist dann auch kein Mensch mehr dazu nötig, sondern nur noch der reine Gedanke. Sozusagen die absolut, reine Objektivität in einem Reich des Geistes und sonst nichts. Das ist dann so ein Lummerland der Art "2 + 2 = 4", die reine Wahrheit. Jeder, der das bezweifelt, ist verrückt. Diese Rechnung gilt "ansich", egal wo man hinkommt. Die Leute werden die Zahlen möglicherweise anders aussprechen, aber das ändert nichts am Ergebnis. 2 + 2 ist nicht 3 oder 5, sondern 4. Weil es nicht weniger und nicht mehr Bananen sind, wenn da nur 2 und nochmal 2 vor mir auf dem Tisch liegen. Sowas wurde früher naiver Realismus genannt. Und das nicht, weil 2 + 2 nicht 4 ist, sondern weil es darauf gar nicht ankommt, jedenfalls nicht "ansich", was jetzt Erkenntnis und Wahrheit angeht. Das eigentliche Problem besteht nämlich in der Zuordnung, also im Urteil darüber, ob das tatsächlich Bananen sind. Die Naivität besteht darin, von der Offensichtlichkeit einer Banane auf eine Offensichtlichkeit "überhaupt" zu schließen, etwa auch der Offensichtlichkeit komplexerer "Gegenstände" wie etwa "der Politik". Da kommt man dann mit seinen Urteilen, bzw. Definitionen schon einigermaßen ins Rudern. Da bringt eine Zurechnung wie "das ist Politik" oder "dieser Markt" oder "das Leben" etc. schon einige Fragezeichen mehr. Logizisten [oder soll ich sagen Logokraten] und Objektivisten geben sich der Hoffnung hin, "die Dinge" überhaupt und ansich regeln zu können, was im Grunde ein Wahnsinn ist. Auf einem rein logisch-abstrakten Überhauptweg wird das niemals gelingen, weil man eben um die Sinnlichkeit und andere besondere [individuelle] Umstände, die nicht wirklich in ein behauptetes Überhaupt passen, nicht herumkommt. Irgendwann trifft Denken auf Wollen und es kommt zum Showdown, wenn nicht Gefühl [z. B. in Form weiblicher Konturen] den Streit schlichtet. Am Reißbrett der objektiv-reinen Ansichplaner kann alles mögliche ausgeheckt werden. Diese Konzepte werden sich aber immer nur durch Macht und nichts anderes "durchsetzen" lassen, wenn es nicht darauf ankommt, was jemand anderer [im demokratischen Fall die lebendigen Bürger] will, denkt oder fühlt. Was "ansich" gilt, muß unabhängig von meiner eigenen Persönlichkeit akzeptiert werden, ist eine Norm, gegen die ich nicht einmal mit meinem Gewissen ankomme, weil das in diesem Fall keine Rolle spielt. In diesem Sinne müssen alle überindividuellen Gesetze als Machtsprüche gesehen werden, die eine Wertfreiheit vortäuschen, die nicht stattfindet. Man hat es also mit einem Betrug zu tun. Gut getarnt und etwas intelligenter eingefädelt, als der alte kirchliche Gottesglaube, aber nicht weniger betrügerisch - ein Aberglaube, um die Leute bei Laune zu halten, d. h. bei einer Laune, die den Mächtigen nicht allzu gefährlich wird. Da kann das Volk dann räsonnieren, wie es mag. Nur an den "Wesen" und an der "Natur der Wesen" darf nicht gezweifelt werden, weil sonst der große machtpolitische Trick nicht mehr zieht.
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