Was hier großartig als "Erfahrung" verkauft wird, ist nichts weiter als eine Idealvorstellung, die über grundsätzliche logische Schwierigkeiten hinwegtäuschen soll. Es ist auch nicht so, daß sich der Begriff weitestgehend mit der Wirklichkeit und nur ein kleiner irrationaler Rest bleibt, sondern es handelt sich um den logisch prinzipiellen und unüberwindbaren Unterschied von Wort und Sache. Eine Identifizierung ist logisch unmöglich. Das Gleichheitszeichen hat keine Berechtigung. Eine Objektivität findet nicht statt. Wenn irgendjemand Unterscheidungen trifft oder verallgemeinert, dann hat das immer persönliche Gründe. Die können theoretisch, moralisch, pragmatisch fundiert sein, sind aber niemals objektiv, bzw. wertfrei und können auch per se keine Allgemeingültigkeit erzwingen. Das ist der entscheidende Punkt. Es können daraus keine Rechte und Pflichten, kein Zwang und keine Gewalt abgeleitet werden. Was im abstraktiven Prozeß unternommen wird, ist eine statistische Veranstaltung, d. h. es handelt sich um die "Methode der großen Zahl", also um "Gesetze", die zwar im Großen funktionieren, aber nicht im Kleinen. Mit anderen Worten: man kann damit ein ganzes Land regieren, aber keinen einzelnen Menschen. Wo es wirklich um das Einzelne geht, hat die Allgemeinheit nichs zu melden. Dieses Einzelne [Irrationale] ist in den Augen des Mächtigen ein zu vernachlässigendes Detail [weil man sich nicht um jedes Einzelschicksal kümmern kann]. Und so zählt im politischen Geist nur die Summe der Selbstmörder pro Jahr. Dem einzelnen Menschen gegenüber, ob er nun Selbstmord begeht oder nicht, ist diese Methode völlig indifferent. Man kann zwar sagen, wieviele Leute sich auch im nächsten Jahr wieder umbringen werden, aber wer das ist, weiß niemand. Dieses Irrationalität wird nicht im Bewußtsein erzeugt, ist keine Art des Bewußtseins. Sie ist für ein sogenanntes Bewußtsein überhaupt nicht erfaßbar, weil alles was dort landet, schon irgendwie rationalisiert [verglichen und verallgemeinert] ist. Das gilt auch für die Empfindungen. Es müssen also ganz eindeutige Grenzen des Erkennens festgestellt werden und die heißen: Individualität. Individuum non est scientia. Das Einzelne ist keine Sache der Wissenschaft. Aber das Leben geht weiter und es soll doch eine Ordnung geben. Kann es! Kann es! Nur eben nicht im Namen einer objektiven, empirischen oder Erfahrungswahrheit, sondern einzig und allein auf ethischer Grundlage. Eine Ordnung ist ein Wertesystem und die bloße Logik ist darin nicht der höchste Wert.
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