Ich würde nicht davon sprechen, daß die Gegebenheit des Gegenstandes von der Sinnlichkeit bedingt wird. Innerhalb der Sinnlichkeit [also der Art von Bewußtsein, in der nicht gedacht wird] ist weiter nur irrationales Material möglich. Gegeben ist überhaupt nichts und es wird auch nie etwas gegeben sein, das nicht als etwas genommen wird. So eine falsche Gegebenheit begründet auch kein Gedachtwerden. Dazu braucht es einen Willen, eine Handlung, d. h. ein Zweckbewußtsein und damit letzten Endes eine Moral. "Reine" Gedanken sind unmöglich, weil Gedanken nur in einem System von Gedanken möglich sind und das heißt, daß man es immer mit Zusammenhängen zu tun hat, die [willentlich] "hergestellt" werden müssen und nicht vom Himmel fallen. Wie dabei eine Reinheit zustande kommen soll, also absolute, unabhängige Zusammenhänge, halte ich für ein Wunschkonzert, bzw. eine Idealvorstellung von der sich nur träumen läßt, man also seinen Verstand an der Garderobe abgeben muß und Widersprüche verblödet weggelächelt werden. Ein reiner Gedanke ist nichts weiter als Unfug. Sinn entsteht durch Zusammenhänge und zwar durch widerspruchslose logische Verbindungen und auch nur dann, wenn das Ganze eines Systems einigermaßen hinhaut, denn ohne eine umfassende [philosophische] Betrachtung ist jedes Resultat nur eine Etappe auf dem Weg zum nächsten Irrtum. Ein System, in dem ideal-reine Begriffe den höchsten Stellenwert einnehmen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil ich dabei auch ohne die Meinung der einzelnen Leute auskommen kann, bzw. die Menschen in so einem System keine andere Funktion haben, als die offizielle Lesart des Regimes nachzubeten. Eine eigene Meinung und das eigene Urteil ist dabei nicht gefragt, sondern immer nur das, was die Regierenden zur Mehrheitsbildung brauchen [also nichtssagende Allgemeinplätze, die Parade der gemeinen Vorurteile in einem Klima der Angst]. Für so eine Politik liefern dann intellektuelle Meinungskünstler den theoretischen Unterbau, damit die "Art der Funktion der Vereinigung des gegebenen Materials" [= der Bevölkerung] zum politischen [Macht-]Erfolg beiträgt. So eine Regierung ist dann ein Organ analog zur Beschaffenheit eines menschlichen Bewußtseins: mit dem Ziel unterschiedliche Meinungen auf einen Nenner zu bringen durch Manipulationen aller Art [wobei man dann bisweilen auch nicht gerade zimperlich mit unbelehrbaren Gegnern umspringt]. Diese vereinheitlichte Mehrheit macht dann die Minderheiten und Außenseiter zu einer "getrennten, zerstreuten - und was das wichtigste ist - sinnlosen Veranstaltung.
Wer Gegebenheiten und andere Objektivitäten im Schilde führt, braucht nicht zu fürchten, seine Macht rechtfertigen zu müssen.
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