Eine besondere "faktische" Freiheit [im Gegensatz zu einer bloß gedachten] gibt es nicht. So etwas wie "Freiheit" ist immer Sache eines Bewußtseins und das Problem des Bewußtseins ist das Problem der Täuschung, bzw. des Irrtums. Um so etwas wie "Irrtum" [oder Falschheit des Bewußtseins] feststellen zu können, braucht es Kriterien, die von einem Subjekt als solche verstanden werden müssen, wenn das Ganze einen Sinn haben soll. Und die Entscheidung darüber, ob etwas verstanden wurde oder nicht [was letztlich immer ein Anerkennen ist], liegt letztlich wieder beim Individuum [also jedem selber].
Herr Marcuse geht davon aus, daß es eine räumlich-zeitlich gegebene Wirklichkeit gibt. Das bezweifle ich. Zeit und Raum sind auch nur als subjektive Ideen relevant und teilen als absolute Ansichgrößen [Wesen] das Schicksal anderer Ansichitäten. Ohne Willen geht gar nichts, soll heißen: in diesem Geschäft [der Wahrheit oder Wirklichkeit] muß so etwas wie Intentionalität mit eingerechnet werden und zwar von Anfang an, an der Basis, dort wo die Empfindung noch keinen Namen hat und in letzter Zeit von "Phänomenen" gesprochen wird. Und dann bekommt die Frage nach der Berechtigung dieser sogenannten faktischen, empirischen, positiven - und wie sie alle heißen - "Tatsachen" ein ganz anderes Gewicht. Dann verliert die Moral ihren Hobbystatus [ihr Sonntagskleid] und wird als blinder Passagier in aller sogenannten Wissenschaftlichkeit entdeckt, eben weil sich das subjektive Wollen, die auswählende Aufmerksamkeit, eine bewertete Wichtigkeit nicht ausschalten läßt und immer mit von der Partie ist.
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