Eine Aufteilung des Wissens ändert nichts an den Machtverhältnissen, weil Wissen im Grunde genommen gar nichts mit Macht zu tun, zumindest nicht offiziell. Was man weiß, hat nichts mit persönlichen Interessen zu tun, ist "objektiv" und nicht "subjektiv". Und so finden auch Widersprüche nur innerhalb eines abgezirkelten Bereichs statt und berühren nicht die Grundvoraussetzungen des Wissens. Jeder kann am Ende überhaupt nur das in Frage stellen, was er in Frage stellen soll, so wie beim jährlichen TV-Schaulaufen das Putin mit für das russische Volk aufführt. Da werden Fragen nur zu dem Zweck gestellt, dem großen Vorsitzenden Gelegenheit zu geben, über seine Lieblingsprojekte zu faseln und zur Belohnung kriegt irgendein Kaff in Sibirien neue Schaukeln für den Spielplatz. Dissidenten kommen ganz selten vor, genauso selten wie wirklich kritische Journalisten. Sie haben alle Rechnungen zu bezahlen und wenn alles teurer wird, gibt es bald mehr Werbung in den Zeitungen, dem Fernsehen und im Internet, als tatsächliches Programm. Was stellenweise stattfindet, aber auch nicht konsequent, ist allenfalls "moralische" Kritik, die sich gegen irgendeinen Machtmißbrauch wendet. Was aber nottut ist eine grundsätzliche "logische" Kritik, die eine ganz andere Art von Machtmißbrauch zum Gegenstand hat: den Betrug auf geistigem Gebiet, der auf sehr leisen Sohlen daherkommt, sich äußerst subtil durch den fahrlässigen Gebrauch bestimmter Begriffe einschleicht und noch viel verheerendere Folgen hat, als der materiale. Der geistige Machtmißbrauch, die Verlogenheit, Unaufrichtigkeit und fehlende Gewissenhaftigkeit in intellektuellen Angelegenheiten macht nämlich jede ernstzunehmende Hoffnung auf eine bessere Zukunft zunichte.
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