Legitimationen sind vor allem da nötig, wo Zweifel an der Berechtigung eines Interesses laut werden könnten, da, wo die Machtausübung möglicherweise Ungerechtigkeit mit sich bringt. Es bedarf eines funktionierenden Verstandes, um die Frage nach der Berechtigung stellen zu können oder um Widersprüche in einer Begründung zu entdecken. Diese Fähigkeit kann bereits ein kleines Kind haben, wenn es in der Lage ist zu vergleichen und etwa Vorteile, die andere Kinder haben, auch für sich haben will. In vielen praktischen Fällen, wo es um die Verrichtungen des täglichen Lebens geht, stellt sich die Legitimationsfrage nicht, weil sich Dinge allein dadurch, daß sie ihren Zweck erfüllen, von selbst rechtfertigen, vorausgesetzt man ist selbst derjenige, der etwas so oder so haben will. Etwas anderes ist es, wenn der Machtbereich von anderen den eigenen tangiert und dabei Vor- und Nachteil ungleichmäßig verteilt sind. In solchen Fällen werden dann ausgeklügelte Theorien ins Feld geführt, um den eigenen Vorteil "gut begründet" zu sichern, was aber nicht immer gelingt, so daß ein Streit entsteht. Die Interessenkonflikte ziehen weite Bahnen bis in die Politik, aber immer geht es dabei um Macht und den eigenen Nutzen oder den der Gruppe, der man angehört. In den meisten Fällen wird dabei die Unwissenheit der breiten Masse ausgenützt, die darauf angewiesen ist, in komplexeren Angelegenheiten sogenannten "Interessenvertretern" zu vertrauen. Und diese Glaubwürdigkeit wird im Kern dadurch aufrechterhalten, daß ein Wissen und eine Rationalität allgemeingültiger Art vorgetäuscht wird, die nicht nur in der Mathematik oder Physik ihre Berechtigung hat, sondern deren Logik sich auch 1:1 auf menschliche Bereiche übertragen läßt, so daß eine Objektivität des Geschehens entsteht, gegen die "der kleine Mann" machtlos ist.
|