Die "Rolle, die Wissen für die Gesellschaft spielt", besteht hauptsächlich darin, daß es sich dabei nicht um das Wissen handelt, als das es ausgegeben wird, nämlich um kein objektives neutrales , sondern um ein zweckbezogenes, interessenbedingtes. Und in diesem Sinne ist ein Wissen "nützlich", aber nicht allgemein und ansich nützlich, sondern für ganz bestimmte Personen und für andere nicht. Es handelt sich um ein Herrschaftswissen, daß dazu dient und dazu berechtigt, anderen Menschen Anweisungen oder Befehle zu erteilen, ihnen Vorschriften zu machen, sie zu unterdrücken und zu versklaven. Eine Wissenssoziologie ist nur in dem Maß von Bedeutung, wie in ihr die Machtfrage behandelt wird. Es gibt keine Entschuldigung dafür, daß dieses Thema schon seit ewigen Zeiten dermaßen sträflich vernachlässigt wird und nach wie vor ganz frech von einem "objektiven" wertfreien Wissen die Rede sein kann, das nur den Mächtigen dient. "Sozialreformer", die auf logisch-allgemeingültige Wahrheiten setzen, sind von vornherein auf verlorenem Posten und stehen im Grunde auf derselben Seite wie ihre Gegner. Der Konflikt zwischen objektiven "Erneuerern" und objektiven "Bewahrern" ist das reinste Affentheater in dem völlig irrelevante Rechthabereien veranstaltet werden.
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