Für den "naiven Realismus", d. h. für die Vorstellung, daß sich Worte 1:1 mit Dingen identifizieren lassen, gibt es viele Namen. Im Grunde leiden alle Theorien und Philosophien an diesem Wahn, deren Ausgangspunkt irgendwelche "Gegebenheiten" sind, die ansich, absolut und objektiv existieren. Es handelt sich dabei um den unkritischen Gebrauch von Allgemeinbegriffen, so daß man sich des Abstraktionsprozesses, der Notwendigkeit einer Verdinglichung, Vergegenständlichung nicht bewußt ist. Man hat dann "Einheiten, deren Entstehungsprozeß nicht rekonstruiert" wird, wie es bei Berger/Luckmann heißt. Auf dieser Unfähigkeit, die Rolle der Sprache für die Logik zu begreifen, beruth nicht nur das ganze Alltagsdenken, sondern auch der gesamte Konservatismus, denn was bei dieser naiven Vorgehensweise unter die Räder kommt, das ist das Denken. Diesem ist durch die "Gegebenheit" eine unüberwindbare Grenze gesetzt und damit auch die Lösung der kniffligsten Probleme auf dieser Welt. Die Statik des bloßen Seins obsiegt über die Dynamik des Denkens. Legitimationen beruhen dann auf nichts weiter als auf Machtsprüchen, die sich aus diesem ursprünglichen Dogma einer objektiv erkennbaren Welt ableiten und müssen fallen, sobald dieser Schwindel einmal auffliegt. Berger und Luckmann machen den Alltag [und damit die breiten Bevölkerungsschichten] in typisch linker Manier zur Seele und zum Träger der Gesellschaft, erheben dabei aber nur die Ignoranz und Kleinkariertheit zum alles entscheidenden Maßstab.
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