Sinn und Zweck der Objektivität als Herrschaftsform ist es letztlich, dem Individuum Anteile an seinem Selbstbewußtsein abspenstig zu machen. Ein Sprichwort aus Römerzeiten lautet: "Divide et impera" [Teile und herrsche!] Ein geteiltes Selbst ist ein beherrschbares Selbst und deshalb muß das Individuum, das Unteilbare, geteilt werden. Das Selbst wird nicht so verstanden, daß es im Grunde unteilbar ist und jemand immer derselbe Mensch bleibt und dieses Selbstverständnis einer übergeordneteten Identität, die ungeachtet aller anderen Überlegungen immer dieselbe bleibt [weil man selbst für diese Einheit geradesteht], sondern als prinzipiell zerrissen in alle möglichen Identifikationsmöglichkeiten. Man "ist" dann Vater, Golfspieler, Immobilienmakler und kein Hemdenbügler und was sonst noch alles in einer Person. Es ist nicht so, daß ein und dieselbe Person, diese oder jene Tätigkeiten ausführt, Bestrebungen oder Interessen hat, sondern man "ist" gleich immer das dazu passende Hauptwort. Das Phänomen besteht allein in der "Seinhaftigkeit", in der Vergegenständlichung, der Objektivation eines nichtgegenständlichen Wollens und einer einmaligen Tätigkeit zu einem dauerhaften Wissen, das über die Objektivation hinaus irrtümlicherweise als Objektivität, d. h. Allgemeingültigkeit verstanden wird.
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