Wenn das Umschiffen heikler Fragen als "Nichtüberschreiten eines Rahmens der Betrachtungen" bezeichnet wird oder was sonstwie nicht ins Konzept paßt auf ein anderes Gebiet verlagert wird, mit dem man sich hier nicht ausführlich auseinandersetzen kann und will [Erkenntnistheorie], dann fehlt auch anderweitig die Motivation, die Dinge beim Namen zu nennen, der da "Macht" heißt und spricht stattdessen von "sozio-kulturellen Verklammerungen" oder einer vom Himmel gefallenen "Arbeitsteiligkeit" und sonstigen Verteilungen, die alle auf einer Machtposition beruhen, die in keinster Weise gerechtfertigt ist und eine solche Rechtfertigung auch gar nicht nötig hat, weil es sich dabei ja lediglich um eine neutrale Wirklichkeit handelt, die nichts dafür kann. In der Tat schreit es an allen Ecken und Enden nach einer Analyse des Wirklichkeits- und Identitätswahnsinns und die hat es auch an der einen oder anderen Stelle immer wieder sehr triftig gegeben. Derartige "Erkenntnisse" haben aber nie das große Publikum gesehen, weil dabei das Übel nicht wirklich an den Hörnern gepackt wurde. Trotz bisweilen blendender Analyse fehlte es am Ende dann doch an der erforderlichen Konsequenz, um den fälligen Machtkampf aufzunehmen und dann auch gewinnen zu können. Am Ende hat sich dann doch immer wieder "das Establishment" behauptet, nicht zuletzt, weil der Bildungsstand der breiten Bevölkerung einfach zu weit davon entfernt war und ist, zu begreifen, daß "die Sonne nicht aufgeht" und daß man auch nicht "in der Sonne sitzen" kann, um nur ein paar der vielen Augenscheinlichkeiten zu nennen, die allgemein als selbstverständlich gelten. Es handelt sich dabei nicht nur um einen irreführenden Gebrauch der Sprache. Das Übel liegt tiefer. Es ist ein naiver Realismus, der eigentlich ein Idealismus ist, bei dem man zu wissen behauptet, was im Grunde nur so gewollt wird. Das Bedürfnis nach Ordnung und Sicherheit, nach Logik, Rationalität und Kausalität gebiert ein objektives Wissen, aber diese objektive Ansich-Realität kann überhaupt nur deshalb als allgemeingültig auftreten, weil die "Bezugspunkte" und damit die Relativität, die Zweckbedingtheit, unterschlagen wird. Alle Objektivität ist in diesem Sinn erschlichen.
|