Eine Soziologie ist immer nur so redlich, wie die Methoden, die sie anwendet. Und die Methoden sind nur so redlich, wie es die Voraussetzungen sind, von denen ausgegangen wird. Eine Soziologie, in der Behauptungen wie die einer "Objektivität" oder "Empirie" nicht kritisch hinterfragt werden und die an vielen Stellen von einem unkritischen Begriffsrealismus durchsetzt ist, trifft dasselbe Fallbeil, das auch jede andere Wissenschaft trifft, die von einer 1:1-Übersetzung von sinnlichen "Daten" in Sprache ausgeht und den produktiven Anteil menschlicher "Kreativität" und subjektiver Interessenbezogenheit in der Begriffsbildung nicht berücksichtigt. Selbst wenn eine solche "Produktivität" und Intentionalität im Abstraktionsprozeß zugestanden wird, ist es keine Lösung des Problems, mit einer dialektischen Finte der gegenseitigung Durchdringung von Allgemeinem und Besonderen dann doch wieder bei "objektiven" Bestimmungen zu landen, ohne die anscheinend nicht auszukommen ist. Der Widerspruch zwischen Einzelnem und Allgemeinem ist "logisch" nicht lösbar ohne der einen oder der anderen Seite Gewalt anzutun. "Allgemeinheit" läßt sich nur über das [möglichst gebildete und freie] Wollen der Menschen herstellen. Interessenskonflikte sind eine Machtfrage. Der Wille hat dabei den Vorrang und damit die Freiheit. Freilich ist ein solcher Wille nichts wert, wenn er nicht "gebildet" ist. Um eine triftige Erkenntnistheorie kommt man nicht herum, aber das Entscheidende ist das Subjekt, das anerkennt und verwirft und über das nicht hinwegdekretiert werden kann und darf. Die Bildung eines solchen Willens beinhaltet auch vielmehr Kenntnisse über Manipulationsmethoden und ist machtbezogen und nicht "neutral" wie das alte objektive Wissen.
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