Was mit Nietzsche immer mehr Gegenstand intellektueller Diskussionen wird, das ist die Beteiligung von Nutzen, Zweck, Bedürfnis und praktischem Interessen am sogenannten Erkenntnisstreben. In dieser Art von Irrationalismus läßt sich die Falschheit als Form der Täuschung, der Jllusion begreifen, einem Wunschdenken, das eher der Phantasie, dem Wahn entspringt, als der nüchternen Überlegung. Der Mensch will seine Bedürfnisse nicht nur befriedigt haben, sondern er will auch glauben, daß alles in Ordnung, daß alles gut und schön und harmonisch ist, um sein Glück vollkommen zu machen. Dieser Trick macht es möglich, intellektuelle Zweifel auf dem Weg zu räumen, besonders wenn damit anstrengende geistige Tätigkeit verbunden ist. Gäbe es diese Möglichkeit nicht, müßten vielmehr Menschen, die unglücklicherweise mit der Fähigkeit zu denken belastet sind, einen Ausweg im Selbstmord und in verwandten Arten des schleichenden Todes in Form aller möglichen Süchte suchen, als das bis jetzt schon der Fall ist. Die mediale Verbreitung von Friede-Freude-Eierkuchen und anderen positiven Stimmungen, hat hauptsächlich den Zweck, die breite Masse vor sich selbst zu schützen, vor ihren eigenen Gedanken, die unkontrolliert ins Chaos führen müssen. Die "Kunst des Mißtrauens" zu beherrschen würde heißen, weder Mißtrauen und Zweifel noch Vertrauen und Idealismus über Gebühr zu strapazieren, wobei es sich aber eben schon um höhere geistige Fähigkeiten handelt, die dem einfachen Volk fremd sind, das sofort in Verwirrung gerät, sobald die ausgetretenen Pfade seiner Denkwege einmal verlassen werden.
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