Ohne eine sorgfältige Analyse von Herrschaftsverhältnissen ist alle Soziologie, ja alle Wissenschaft nichts wert. Diese Analyse wird es auch solange nicht geben, wie Wissen und Werten immer noch als zwei Paar Stiefel behandelt werden, die nichts miteinander zu tun haben. Solange wird alles "objektive" Wissen immer im Dienst der Macht stehen, weil die Machtlosen noch soviel Wissen und Wahrheit für sich haben können, fehlt ihnen aber die Macht, so werden sie früher oder später klein beigeben und die "Notwendigkeit des Faktischen" wird sie einholen. Einige dieser Kämpfer für eine bessere Welt schaffen es vielleicht, sich mit ihren Überzeugungen über die Zeit zu retten, aber dann wird eben die nächste Generation wieder in die alten Muster zurückfallen, so, wie sich "der Mensch" nunmal nicht von seinem animalischen Erbe befreien kann. Gewalt wird solange herrschen, wie Macht nicht "sauber" gerechtfertigt wird und der erste Schritt dazu, diesen Mißstand zu beheben, ist es, die Objektivität der "wissenschaftlichen Fakten" zu entzaubern, die einem Bann gleicht, der über die Menschheit gelegt ist und der mehr Schaden anrichtet, als noch so viele irrationale Spinnereien aus dem Lager der Mondanbeter oder Verschwörungstheoretiker. Solange im Journalismus oder in der Rechtsprechung immer noch versucht wird, mit empirischen Tatsachen zu punkten, wird zwar gegen einen noch größeren Blözinn eine Schranke eingezogen, diese Pseudo-Vernunft ist aber nicht in der Lage, die längst fälligen grundsätzlichen Reformen "zu stemmen". Daran, daß alle Fakten bereits theoretisch sind [um es mit Goethe zu sagen] führt kein Weg vorbei.
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