Damit eine Wahrheit zur Lüge verdreht werden kann, muß man erst einmal eine Wahrheit haben und da geht die Verlogenheit schon los. Das Entscheidende an einer Wahrheit [also einer nicht widersprüchlichen Aussage, zu der jemand "steht", die für einen ganz bestimmten Menschen unbedingt verbindlich ist, weil es trotz strengster Logik immer nur ein Für-Wahr-Halten gibt] ist der Wille und das Interesse, das jemand an einer Sache hat, so daß in jeder Lüge um eine ganz konkrete Sache betrogen wird. Das ist in Sachen Erkenntnis nicht viel anders. Wer es da mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, hat auch ein Interesse, das man im weitesten Sinne als Ordnungsstreben bezeichnen könnte. Ein solches hat aber als Mittel erstmal die bloße Macht als Zweck und nicht die Wahrheit. Man sollte also immer sehr vorsichtig sein, wenn irgendwo von Wahrheit die Rede ist, ohne daß dabei der Zusammenhang deutlich gemacht wird, in dem jemand den Wahrheitsbegriff gebraucht. Logischer Zwang ist auch nur ein Zwang, der entweder berechtigt ist oder nicht und um darüber zu entscheiden, muß erst einmal geklärt werden, welchem Zweck eine Ordnung dienen soll, und das heißt letztlich klären, was als gut und was als böse gelten soll. Da braucht es einen Bezugsrahmen, ein System und Wertvorstellungen, nach denen sich urteilende Menschen orientieren können. Auf solche muß man sich einigen und dann werden Regeln aufgestellt, von denen man überzeugt ist, daß es besser ist, solche Regeln zu haben, als sie nicht zu haben. Es gibt keine Wahrheiten aus dem luftleeren Raum, die man nur "erkennen" muß. Bloße Wirklichkeit kann keine Orientierung geben. Dazu braucht es menschliche Wesen mit Verstand, die eine Ordnung schaffen, weil es eine solche in der Natur nicht gibt, auch wenn sich das noch so viele Leute einbilden. Natur ist Natur und Ordnung ist Mensch und nicht Macht.