ra-2A. CartellieriF. AnnekeL. J. CampbellCarlyleKropotkinTocqueville    
 
EDMUND BURKE
(1729 - 1797)
Bemerkungen über die
französische Revolution


"Alle Umstände zusammengenommen ist die französische Revolution die erstaunenswerteste, die sich noch bisher in der Welt zugetragen hat. Auf allen Seiten werden die wundersamsten Dinge hervorgebracht durch die abgeschmacktesten und lächerlichsten Mittel, unter den allerlächerlichsten Formen, und, dem Anschein nach, mit den verächtlichsten Werkzeugen. In diesem seltsamen Chaos von Leichtsinn und Verruchtheit, von Schandtaten aller Art im gewaltsamsten Gemisch mit Narrheiten aller Art, scheint alles aus dem Gleis der Natur gewichen zu sein. Wenn man seine Blicke auf diese abenteuerliche tragikomische Szene richtet, so müssen notwendig die widersprechendsten Empfindungen im schnellen Wechsel, oft in ein und demselben Augenblick das Gemüt ergreifen: bald Verachtung und bald Erbitterung, bald Lachen und bald diese Traurigkeit, bald Spott und bald Abscheu."

Sie haben mich von neuem und dringend aufgefordert, teurer Freund, Ihnen meine Gedanken über die neuesten Begebenheiten in Frankreich zu eröffnen. Ich will nicht in den Verdacht kommen, daß ich meinen Meinungen in großes Gewicht beilege, daß ich eitel genug wäre, sie nur auf wiederholtes Bitten anderen mitzuteilen: sie sind von so geringer Bedeutung, daß ich sie ohne weitläufige Überlegung vortragen oder verschweigen konnte. Bloß auf Sie nahm ich Rücksicht, wenn ich Ihnen mein Urteil nicht sogleich, als Sie es verlangten, zukommen ließ. Im ersten Brief, den Sie von mir erhalten haben, schrieb ich weder für irgendeine Partei, noch nach irgendeiner. In diesem werde ich ein Gleiches tun. Die Irrtümer, die er enthalten mag, sind meine eigenen. Mein eigener Ruf bleibt allein verantwortlich dafür.

Daß ich herzlich wünsche, Frankreich vom Geist einer vernünftigen Freiheitsliebe beseelt zu sehen; daß ich Ihre Landsleute nach allen Vorschriften einer redlichen Staatsklugheit verpflichtet glaube, für eine bleibende Kongregation [Zusammenschluß - wp] zu sorgen, die diesen Geist aufbewahrt und für ein kraftvolles Organ, das ihn in Bewegung setzt; - daß ich aber zugleich so unglücklich bin über verschiedene Hauptpunkte in den neuerlichen Verhandlungen wesentliche Skrupel zu hegen: all das hat Ihnen mein erster Brief schon gesagt.

Das Siegel der öffentlichen Sanktion, welches zwei unserer hiesigen Clubs, genannt die Konstitutions- und die Revolutionsgesellschaft auf gewisse Unternehmungen in Frankreich gedrückt haben, hat Sie vielleicht verleitet, auch mich unter die Lobredner dieser Unternehmungen zu rechnen. Ich habe freilich die Ehre, zu mehr denn einem Club zu gehören, in welchem die Konstitution dieses Königreichs, und die Grundsätze unserer Revolution in hohen Ehren gehalten werden, und ich glaube selbst einer von denen zu sein, die mit dem wärmsten Eifer jene Konstitution und diese Grundsätze in höchster Reinheit und größtem Ansehen zu erhalten suchen. Aber gerade, weil ich das tue, bin ich äußerst besorgt, allen Mißverständnissen und Irrungen vorzubeugen. Die, denen das Gedächtnis unserer Revolution teuer ist, und die Konstituton dieses Reichs am Herzen liegt, können nie mmit genugsamer Vorsicht alle Verbindung mit einer Klassen von Leuten fliehen, welche unter dem Vorwand eines besonderen Eifers für Revolution und Konstitution, nur allzu häufig den Grundsätzen beider untreu werden, und bei jeder Gelegenheit bereit sind, von dem festen, aber behutsamen und überlegenden Geist abzuweichen, der die eine hervorbrachte, und der über der andern waltet. Ehe ich zur Beantwortung der wichtigeren Punkte in Ihrem Brief übergehe, bitte ich mir die Erlaubnis aus, Ihnen, soviel als ich von den beiden Clubs, die für gut befunden haben, sich als Korporationen in die französischen Angelegenheiten zu mischen, erfahren konnte, mitzuteilen: denn ich selbst bin nie Mitglieder einer dieser Geselschaften gewesen.

Der erste, welcher sich die  Konstitutionsgesellschaft  nennt, ist seit sieben oder acht Jahren vorhanden. Die Entstehung dieser Gesellschaft gründet sich auf eine wohltätige, und insofern löbliche Absicht. Man hatte den Zweck, auf Kosten der Mitglieder eine Menge von Büchern in Umlauf zu bringen, die ohne diese Vermittlung nur wenig gekauft worden wären und den Buchhändlern zum großen Nachteil ihres nutzbaren Gewerbers zur Last geblieben wären. Ob diese Bücher mit eben der Menschenfreundlichkeit gelesen worden sind, mit der man sie einkaufte, ist mir nicht bekannt. Es ist möglich, daß verschiedene davon nach Frankreich verführt worden sind, und wie Ware, nach welcher hier keine Nachfrage war, dort ihre Käufer gefunden haben. Ich habe öfters von einem gewissen neuen Licht gehört, was aus diesen von hier hinüber gesandten Büchern geschöpft sein sollte. Ob sie etwa bei der Versendung gewonnen haben (so wie man von gewissen Getränken behauptet, daß sie sich verbessern, wenn sie über See gehen) kann ich nicht beurteilen. Soviel weiß ich wohl, daß ich mich nicht erinnere irgendeinen unterrichteten, oder nur irgendeinen Mann von gewöhnlichem gesunden Verstand ein Wort zum Lob des größten Teils der von dieser Gesellschaft beförderten Schriften aussprechen gehört zu haben; auch hat man nie, es müßte schon einer aus ihrer Mitte getan haben, irgendeiner ihrer Schriften im Ernst die geringste Wichtigkeit beigelegt.

Von diesem guten, ehrlichen und menschenliebenden Club scheint die Nationalversammlung ebenso zu denken, wie ich. Der ganze Vorrat rednerischer Dankbezeugungen, die die französische Nation auszuspenden hatte, war für die  Revolutionsgesellschaft  aufgehoben. Dies wird mich rechtfertigen, wenn ich das Betragen dieser Gesellschaft vorzüglich zum Gegenstand meiner Bemerkungen mache. Die französische Nationalversammlung hat den Personen, die zu dieser Gesellschaft gehören, ein Ansehen von Wichtigkeit beigelegt, indem sie dieselben feierlich auf- und annahm, und sie belohnen diese Gunst, indem sie sich, wie eine Art von Unterkomitee betragen, das bestimmt ist, in England die Prinzipien der Nationalversammlung auszubreiten. Von nun an müssen wir sie also als eine privilegierte Klasse, als einen beträchtlichen Bestandteil des diplomatischen Korps ansehen. Hier ist eine von den Revolutionen vorgegangen, durch welche das Verborgene ans Licht gebracht, das unerkannte Verdienst zu Glanz und Ruhm emporgehoben wird. Ich habe nur ganz neuerlich die Existenz dieses Clubs erfahren; er hat bis jetzt keinen Augenblick meine Gedanken, oder die Gedanken irgendeines andern, es sei denn seiner eigenen Anhänger, beschäftigt. Bei näherer Erkundigung habe ich wohl vernommen, daß eine Gesellschaft von Abweichlern (von welcher Sekte ist mir unbekannt) seit langer Zeit die Gewohnheit hatte, am Jahrestag der Revolution von 1688 in einer ihrer Kirchen eine Predigt anzuhören, und nachher, wie es andere Clubs tun, den Tag im Speisehaus zuzubringen. Aber nie habe ich gehört, daß irgendeine öffentliche Angelegenheit, irgendein politisches System, noch weniger aber, daß die Vorzüge fremder Staatsverfassungen der Gegenstand einer förmlichen Verhandlung bei ihren Zusammenkünften gewesen wären, bis ich sie plötzlich zu meiner unaussprechlichen Verwunderung in einer Art von öffentlicher Qualität erscheinen sehe, indem sie durch eine Glückwunschadresse die Beschlüsse der französischen Nationalversammlung mit ihrer förmlichen und feierlichen Genehmhaltung beehren. (1)

In den alten Grundsätzen des Clubs und in seinem bisherigen Betragen fand sich, zumindest so weit man davon Kenntnis hatte, nichts, wogegen ich, oder irgendein Mann von nüchterner Überlegung etwas zu erinnern haben konnte. Es ist mir wahrscheinlich genug, daß in der ein oder anderen Absicht verschiedene neue Mitglieder in diesen Club getreten sind, und daß Politiker von wahrhaft christlichem Sinn, welche gern Wohltaten ausstreuen, aber die Hand nicht zeigen wollen, aus der die Gabe fließt, sie zu Instrumenten ihrer frommen Pläne gemacht haben. Wieviel Grund auch vorhanden sein mag, über die geheimen Operationen dieser Gesellschaft Verdacht zu hegen, so will ich doch von nichts mit Zuverlässigkeit reden, als von dem, was öffentlich geschehen ist.

Es sollte mir allerdings herzlich leid tun, wenn man mich jemals mit den Schritten dieser Leute in der geringsten mittelbaren oder unmittelbaren Verbindung glaubte. Für mich, in meiner individuellen Station behaupte ich trotz irgendeinem anderen Weltbürger meinen guten Teil an den Spekulationen über das, was auf dem öffentlichen Schauplatz geschehen ist, oder geschieht, sei es in der alten, oder in der neueren Welt, sei es in der Republik von Rom oder in der Republik von Paris: aber, da mir keine allgemeine apostolische Sendung geworden ist, da ich ein Bürger eines besonderen Staates, und durch den öffentlichen Willen dieses Staates wesentlich gebunden bind, so würde ich es, aufs gelindeste, für unschicklich und unregelmäßig halten, mit der Regierung eiens fremden Landes, ohne dazu von der, unter welcher ich lebe, ausdrücklich ermächtigt zu sein, in eine förmliche und öffentliche Korrespondenz zu treten.

Noch weit weniger aber würde ich mich in eine solche Korrespondenz einlassen, wenn man sie unter einem vieldeutigen unbestimmten Titel führen würde, welcher manchen, der mit unseren Gebräuchen nicht bekannt ist, auf den Gedanken bringen könnte, als wäre die Adresse, in die ich einstimmte, die Akte einer von den Gesetzen des Königreichs anerkannten, und von einem Teil seiner Bürger zur Wortträgerin seiner Gesinnungen ernannten Korporation. Nicht bloß das Kleben an der Form, sondern die Unsicherheit, die bei solchen willkürlichen allgemeinen Benennungen unvermeidlich ist und die Gefahr des Betrugs, der sich darunter verstecken kann, würde das Englische Unterhaus vermögen, die demütigste Vorstellung über den geringfügigsten Gegenstand zu verwerfen, wenn sie sich der Art von Unterschrift bedienen würde, der die französische Nationalversammlung die großen Flügeltüren ihres Audienzzimmers eröffnet, und die sie mit einem Zeremoniell eingeführt und mit brausendem Beifall empfangen hat, als wenn die ganze repräsentative Majestät des englischen Volkes ihr einen Besuch abgestattet hätte. Wäre das, was diese Gesellschaft überreichte, nichts als philosophisches Räsonnement gewesen, so war es unbedeutend, wessen Räsonnement es gewesen war. Es würde nicht mehr und nicht weniger überzeugend gewesen sein, ob es von dieser oder jener Partei gekommen wäre. Aber hier ist von einer Adresse, von einem Beschluß die Rede. Hier kommt es also auf Mandat und Befugnis an, und doch tritt Nieand hervor, der bevollmächtigt hätte. Die Unterschriften sämtlicher Mitglieder der Gesellschaft hätten doch zumindest, meiner Meinung nach, ihrem Dokument angehängt werden müssen. Die Welt wäre dann imstande gewesen, zu beurteilen, wie viel ihrer sind und von welchem Wert im Hinblick auf ihre persönlichen Talente, ihre Kenntnisse, ihre Erfahrung oder ihren Rang und Einfluß im Staat, ihre Meinungen sein mögen. Einem schlichten Mann, wie ich bin, scheint das Verfahren der Gesellschaft etwas zu schlau und ausstudiert: es sieht zu sehr nach einem politischen Kunstgriff aus, dessen man sich bedient, um unter einem hochtönenden Namen für die öffentlichen Erklärungen dieses Clubs das Ansehen einer Wichtigkeit zu erschleichen, die sie bei näherer Prüfung nicht so ganz verdienen möchten. Es ist ein Kunstgriff, der einem Betrug gar nahe verwandt ist.

Ich darf behaupten, daß ich eine männliche, sittliche und geordnete Freiheit nicht weniger als irgendein Anhänger dieser Gesellschaft, wer immer es auch ist, liebe und vielleicht habe ich von meinem Eifer für die Sache  dieser  Freiheit in meinem öffentlichen Leben so gute Beweise, wie irgendeiner unter ihnen abgelegt hat. Auch beneide ich, so wenig wie sie, andere Nationen um ihre Freiheit. Aber ich kann nicht hervortreten, und in irgendeiner Angelegenheit, wo menschliche Handlung und menschliches Interesse im Spiel ist, Lob und Tadel austeilen, wenn man mir nichts, als den isolierten Gegenstand zeigt, so wie er, von jedem äußeren Verhältnis entkleidet, in aller Blöße und Einsamkeit einer metaphysischen Abstraktion dasteht. Umstände (welche freilich bei den meisten dieser Herrn für nichts mehr geachtet werden) geben im Reich der Wirklichkeit jedem politischen Prinzip seine eigentümliche Farbe, und seinen unterscheidenden Charakter. Umstände sind es, was jeden bürgerlichen und politischen Plan wohltätig oder verderblich für die Menschheit macht. Im allgemeinen ist Regierung wohl als Freiheit etwas Gutes. Konnte ich aber, ohne mich am Menschenverstand zu versündigen, Frankreich von zehn Jahren über den Besitz einer  Regierung  (denn damals hatte es noch eine) glücklich preisen, ohne mich darum zu bekümmern, von welcher Beschaffenheit diese Regierung war, und wie sie verwaltet wurde? - Kann ich denn nun der französischen Nation zu ihrer  Freiheit  Glück wünschen? Soll ich darum, weil Freiheit an und für sich eins von den Gütern der Menschheit ist, einem Rasenden, der sich den heilsamen Banden und der wohltätigen Dunkelheit seiner Zelle entriß, meine Freude bezeugen, daß er Licht und Freiheit wieder genießt? Soll ich einem Straßenräuber, einem Mörder, der seinen Kerker durchbrochen hat, zur Wiedererlangung seiner natürlichen Rechte Glück wünschen? Ich würde ja das lächerliche Schauspiel von jenen Gefangenen, die zu den Galeeren verdammt waren, und ihrem heldenmütigen Befreier, dem metaphysischen Ritter von der traurigen Gestalt erneuern.

Wenn ich den Geist der Freiheit aufgeregt sehe, so sehe ich eine furchtbare Kraft in Bewegung; und dies ist für eine geraume Zeit schlechterdings alles, was ich davon sagen kann. Der wilde Dampf der eingeschlossenen fixen Luft ist nun herausgelassen: aber unser Urteil müssen wir aufschieben, bis das erste Aufbrausen sich gelegt hat, bis die Mischung klar geworden ist, bis wir etwas tieferes als die Wallungen einer unruhigen und schäumenden Oberfläche erblicken können. Bevor ich es wage, Menschen Glück zu wünschen, muß ich hinlänglich versichert sein, daß ihnen wirklich Glück widerfahren ist. Schmeichelei verdirbt den, der sie ausgibt, so wie den der sie empfängt und Schmeichelei ist wahrlich Völkern nicht dienlicher wie Königen. Ich muß also meine Freudensbezeugungen über die neue Freiheit von Frankreich aussetzen, bis ich unterrichtet sein werde, wie diese Freiheit mit der Regierung vereinigt worden ist, wie mit der öffentlichen Gewalt, mit der Erhebung eines sicheren und wohlverteilten Staatseinkommens, mit Sittlichkeit und Religion, mit der Festigkeit des Eigentums, mit Ruhe und Ordnung, mit bürgerlichen und gesellschaftlichen Gebräuchen. Alle diese Dinge sind ja an ihrem Teil auch wünschenswert; ohne sie wird Freiheit von keiner Dauer, und so lange sie dauert, keine Wohltat sein. Die Wirkung der Freiheit auf die einzelnen Menschen ist, daß sie sie in den Stand setzt, zu tun was ihnen beliebt. Wir müssen doch erst sehen, was ihnen belieben wird, ehe wir Glückwünsche wagen, die vielleicht bald Trauerliedern Platz machen werden. Dies würde die Klugheit gebieten, wenn nur von einem Privatmann die Rede wäre. Aber, wenn Menschen in Massen wirken, wird Freiheit  eine  Macht. Leute, die zu überlegen gewöhnt sind, werden, ehe sie sich erklären, erst genau Acht haben, auf was für einen Gebrauch diese Macht gerichtet wird, zumal wenn sie ein solcher Stein des Anstoßes ist, als  neue Macht in neuen Menschen,  deren Grundsätze, Neigungen und Dispositionen man nicht kennt, allemal, vorzüglich aber in solchen kritischen Lagen sein muß, wo die, welche sich am meisten auf dem Schauplatz tummeln, vielleicht nicht die wahren Urheber der Bewegungen sind.

Alle diese Betrachtungen müssen unter der transzendenten Würde der Revolutionsgesellschaft gewesen sein. Solange ich mich auf dem Land aufhielt, von da aus ich zuerst an Sie schrieb, hatte ich nur eine unvollständige Vorstellung von dem, was diese Gesellschaft eigentlich begann. Als ich in die Stadt zurückkam, ließ ich mir die auf ihre Veranlassung bekannt gemachte Nachricht von ihren Verhandlungen holen, die eine Predigt des Doktor PRICE, die Briefe des Herzugs von ROCHEFOUCAULT und des Erzibischafts von Aix (2), und verschiedene andere Dokumente enthielt. Der ganze Anstrich dieser Schrift, und die unverkennbare Absicht, die französischen Angelegenheiten mit den englischen in Verbindung zu bringen, indem man uns das Verfahren der Nationalversammlung zur Nachahmung vorhielt, machte einen sehr unangenehmen Eindruck auf mich. Die Wirkungen jenes Verfahrens auf die Macht, den Kredit, die Wohlfahrt und die Ruhe von Frankreich wurden von Tag zu Tag sichtbarer. Was man dem Staat für eine Verfassung geben wollte, wurde immer klarer. Jetzt können wir bereits mit hinlänglicher Sicherheit die eigentliche Beschaffenheit des Gegenstandes beurteilen, der uns zum Muster aufgestellt ist. Wenn in gewissen Lagen die Klugheit, die als Lehrerin der Bescheidenheit und des Wohlstandes auftritt, Stillschweigen gebietet: so gibt es andere, wo eine Klugheit von höherer Ordnung uns bevollmächtigt, vorzutragen was wir denken. Schon hat die Verwirrung ihre ersten Schritte bei uns gemacht, freilich noch ohnmächtig und kaum sichtbar: aber wir haben in Frankreich gesehen, wie sie aus einer viel ohnmächtigeren Kindheit von Moment zu Moment zu einer Stärke heranwuchs, mit der sie Berge auf Berge türmen und den Himmel selbst zum Streit herausfordern durfte. Wenn unseres Nachbarn Haus in Flammen steht, wird es nicht überflüssig sein, die Feuerspritzen gegen das unsrige zu versuchen. Besser für zu ängstliche Vorsicht verlacht, als durch zu trotzige Sorglosigkeit zugrunde gerichtet zu werden.

Vorzüglich bekümmert um die Ruhe in meinem Vaterland, aber keineswegs gleichgültig gegen das, was das Ihrige angeht, will ich daher ausführlicher vortragen, was anfänglich nur der Gegenstand eines Privatschreibens sein sollte. Ich will Ihre Angelegenheiten nicht aus den Augen verlieren, ich will fortfahren, meine Worte an Sie zu richten. Da ich mich der Regellosigkeit des Briefstils überlasse, so hoffe ich auf Verzeihung, wenn ich, ohne mich an eine wissenschaftliche Methode zu binden, meine Gedanken in der Ordnung hinwerfe, meine Empfindungen in der Folge ausdrücke, wie sie sich soeben in meiner Seele entwickeln. Ich bin von den Prozeduren der Revolutionsgesellschaft ausgegangen, aber ich werde mich nicht auf sie einschränken. Könnte ich es auch wohl? Mir ist, als winkte uns eine fürchterliche Krise, nicht für die Angelegenheiten von Frankreich allein, sondern für die Angelegenheiten von Europa, und vielleicht von mehr als Europa. Alle Umstände zusammengenommen ist die französische Revolution die erstaunenswerteste, die sich noch bisher in der Welt zugetragen hat. Auf allen Seiten werden die wundersamsten Dinge hervorgebracht durch die abgeschmacktesten und lächerlichsten Mittel, unter den allerlächerlichsten Formen, und, dem Anschein nach, mit den verächtlichsten Werkzeugen. In diesem seltsamen Chaos von Leichtsinn und Verruchtheit, von Schandtaten aller Art im gewaltsamsten Gemisch mit Narrheiten aller Art, scheint alles aus dem Gleis der Natur gewichen zu sein. Wenn man seine Blicke auf diese abenteuerliche tragikomische Szene richtet, so müssen notwendig die widersprechendsten Empfindungen im schnellen Wechsel, oft in ein und demselben Augenblick das Gemüt ergreifen: bald Verachtung und bald Erbitterung, bald Lachen und bald diese Traurigkeit, bald Spott und bald Abscheu.

Indessen ist nicht zu leugnen, daß dieses beispiellose Schauspiel gewissen Zuschauern in einem ganz anderen Licht erschienen ist. Bei ihnen brachte es nichts als Empfindungen des Jubels und des Triumphs hervor. Sie sehen in allem, was in Frankreich geschehen ist, nichts als den Ausbruch eines mutigen und wohlgeleiteten Freiheitsgefühls, und finden diesen Ausbruch, im Ganzen genommen mit Sittlichkeit und Religion so übereinstimmend, daß sie ihn nicht allein des weltlichen Beifalls unruhiger,  macchiavellistischer  Staatsmänner wert achten, sondern ihn selbst zum Thema der frommen Ergießungen einer gottgeheiligten Beredtsamkeit machen.

Am 4. November des vorigen Jahres hielt Doktor PRICE, ein ausgezeichneter non-konformistischer Geistlicher, in einem Versammlungshaus der Dissenters in der  Old-Jewry  vor seinem Club oder seiner Gemeinde eine höchstmerkwürdige buntscheckige Rede, worin einige gute, und nicht übel ausgedrückte moralische und religiöse Gesinnungen unter einem seltsamen Gemengsel und religiöse Gesinnungen unter einem seltsamen Gemengsel politischer Meinungen und Reflexionen, bei deren Mischung und Zubereitung die französische Revolution der Hauptbestandteil war, aufgetischt wurden. Ich sehe die Adresse, welche die Revolutionsgesellschaft der Nationalversammlung durch Graf STANHOPE übersandt hat, als ein Produkt der Prinzipien dieser Predigt und als eine Folge derselben an. Der Prediger, der diese gehalten hatte, brachte jene in Vorschlag. Sie wurde von denen die ganz warm aus der Atmosphäre dieser Predigt zurückkehrten, blindlings, ohne irgendeine ausdrückliche oder stillschweigende Zensur, ohne irgendeine Einschränkung angenommen. Sollte jemand der dabei interessiert ist, die Predigt von der Adresse abzusondern wünschen, so mag er zusehen, wie er die eine anerkennen und sich von der andern losmachen will. Er mag die Trennung vornehmen: ich kann es nicht.

Was mich betrifft, so habe ich die Predigt als eine öffentliche Erklärung eines Mannes betrachtet, der mit gelehrten Kabalenmachern und intrigierenden Philosophen, mit politischen Theologen und theologischen Politikern, sowohl im Land als auch auswärts in sehr genauer Verbindung steht. Ich weiß, daß sie ihn wie eine Art von Orakel verehren, weil er mit den besten Absichten von der Welt ein geborener Schmähredner ist und seine prophetischen Gesänge im genauesten Einklang mit ihren Plänen anstimmt.

Seine Rede hat einen Ton, den man in diesem Land von keiner Kanzel, die man da duldet oder hegt, seit HUGH PETERs ehrwürdigen Andenkens Zeiten hörte, der als treuer Vorfahr des Dr. PRICE das Gewölbe der königlichen Kapelle zu  Saint James  mit dem Lob und den Vorrechten der Gläubigen erfüllte.
    "Die Erhöhungen Gottes sollen in ihren Kehlen sein, und ein zweischneidiges Schwert in ihrer Hand Rache zu üben an den Heiden und Strafe an den Nationen, ihre Könige zu binden mit Ketten, und die Gelehrten unter ihnen mit eisernen Fesseln." (3)
Seit den Tagen der  Ligue  in Frankreich, seit der feierlichen Ligue des Kovenants in England, hat keine Kanzelrede den Geist der Mäßigung weniger geatmet, als diese evangelische Vermahnung des Redners zu  Old-Jewry.  Und gesetzt auch, etwas wie Mäßigung läge in dieser politischen Rede; bleiben nicht Politik und Kanzel zwei ewig unvereinbare Dinge für eine Kirche, wo nur die tröstende Stimme der christlichen Liebe zu Hause sein sollte.

Die Sache der bürgerlichen Freiheit und der Staatsverfassung gewinnt sowenig wie die Religion bei dieser Verwechslung von Verhältnissen. Beinahe jeder, der seinen eigentümlichen Charakter verläßt, um in einem fremden mit fremden Dingen sich zu befassen, zieht den Verdacht auf sich, daß die Stelle, die er verläßt, ihm so unbekannt ist, wie die, in welche er sich zu werfen wagt.

Neulinge in der Welt, in der sie so gern eine Rolle spielen möchten, und unerfahren im Lauf der Vorfälle, über die sie mit so vielem Selbstvertrauen entscheiden, erschöpft ihres Staatskunst sich mit dem Taumel, den sie erregen. Nach einer so langen Unterbrechung wieder auflebend hatte dieser Kanzelton für mich einen Anstrich von Neuheit; aber einer Neuheit, die Hand in Hand mit bedenklichen Aussichten ging. Ich will damit nicht sagen, daß man aus allen Teilen der Rede gleich gefährliche Folgen ziehen kann.

Der Wink für einen edlen und ehrwürdigen weltlichen Lehrer der Kirche, der in einer unserer Universitäten eine hohe Stelle bekleiden soll, und für andere ähnliche Männer von Rang und Gelehrsamkeit (4), mag passend und ein Wort zu seiner Zeit, obwohl etwas unvorbereitet, gesagt sein.
    "Wenn der alte Stapel der Nationalkirche für die edlen Sucher des Angesichts Gottes zu arm sein sollte, um ihre fromme Phantasie zu befriedigen, wenn in all der Fülle von Mannigfaltigkeit, die die buntscheckige Menge dissentierender Gemeinden darbietet, nichts für sie zu entdecken sein sollte, so ist Dr. PRICEs Rat, den Weg der Trennung zu erweitern, und nach beruhigenderen Grundsätzen sich selbst eine Gemeinde für neue Gebräuche zu schaffen."
Es ist sonderbar, daß dieser ehrwürdige Prediger so besorgt, neuen Kirchen Raum zu schaffen und doch so gleichgültig über die Lehren ist, die in ihnen vorgetragen werden sollen. Ein Eifer von eigener Art, dem nicht die Ausbreitung der seinigen, nein, sondern jeder Meinung, nicht die Erweiterung der Wahrheit überhaupt, sondern das ungehemmte Aufkeimen jedes Widerspruchs am Herzen liegt. Wie, von wem sie sich trennen, gleich viel! nur trennen sollen die Lehrer der Kirche sich. Dies ist der  wichtige  Punkt. Diesen festgesetzt, und es bleibt im kein Bedenken, daß nicht jeder mit Vernunft und Männlichkeit Dinge sagen sollte, aus denen freilich, wie ich vermute, die Religion nicht all den Vorteil ziehen würde, den der scharfsichtige Theologe aus dieser großen Kette großer Prediger weissagt, die aber doch einen sehr schätzbaren Zuwachs unbeschriebener Pflanzen zur Nomenklatur bekannter Klassen, Gattungen und Arten geben würde, die bis jetzt im  hortus ficcus  [Feigenhain - wp] der Kirchen- und Ketzergeschichte blühten. Die Predigt eines durchlauchtigen Herzogs, eines erlauchten Marquis, eines hochgeborenen Grafen oder seiner Hochwohlgeboren des Barons würde sehr vermutlich die Unterhaltungen dieser Stadt, die allgemach im Zirkel rauschender Belustigungen sich müde zu laufen beginnt, merklich vervielfachen. Was man verlangen könnte, wäre höchstens, daß diese neuen  Melchisedeks  in Wappenröcken und Ahnenschilden jenen Grad von Zurückhaltung in ihren demokratischen und menschengleichenden Lehren beobachten möchten, der sich von einer geadelten Kanzel erwarten läßt. Ob diese neuen Evangelisten aber all die Hoffnungen, die man sich macht, erfüllen werden, möchte ich fast mit  Nein!  beantworten. Sie werden weder im buchstäblichen noch figürlichen Sinne streitgeübte Theologen werden; noch sich brauchen lassen, den Geist mitzuteilen, der in vormals gesegneten Tagen Gemeinden in Dragonerregimenter umschuf, und die Schar frommer Zuhörer aus tätiger Andacht in Infanterie- und Artillerie-Batallions verwandelte.

Solche Vorfälle, so günstig sie auch für die Sache bürgerlicher und religiöser Freiheit sein mögen, wären doch nicht gleich gut für die Ruhe der Nation. Und hierin eine kleine Einschränkung machen, würde hoffentlich für keinen allzugroßen Eingriff der Intoleranz, für keinen Gewaltstreich des Despotismus genommen zu werden verdienen. Wohl könnte ich über unseren Prediger ausrufen:  Utinam nugis tota illa dedisset tempora saevitiae.  [Ich wünschte, er hätte seine ganze Zeit mit irgendeinem Unsinn verbracht, dann wäre uns all die Grausamkeiten erspart geblieben. - wp] - denn nicht alle Teile seiner wetterstrahlenden Bulle sind von gleich unschädlichem Gehalt. Ihre Lehren greifen unsere Verfassung in ihren edleren Teilen an. Wenn er seinen Zuhörern als politischer Prediger sagt:
    "daß unser König der einzige rechtmäßige König dieser Erden ist, weil  Er  allein seine Krone der Wahl des Volks verdankt."
Wenn dieser Hohepriester der Menschenrechte über die Könige der Erde (bis auf einen) mit all dem Ernst und der Kühnheit eines Papstes des 12. Jahrhunderts in der Mittagshöhe seiner thronerschütternden Allmacht  Anathema  [Kirchenbann - wp] und in  einem  gemeinschaftlichen Fluch sie alle, nach allen Längen und Breiten der Erde, für rechtlose Besitzer erklärt, - so mögen sie wohl zusehen, wie sie sich gegen den Eintritt dieser apostolischen Missionare zu verwahren haben, die ihren Völkern das Heil verkünden, daß ihre Könige unrechtmäßig sind. Doch das ist ihre Sorge. Die unsrige, eine innerliche Angelegenheit von größtem Belang ist, die Natur der Grundlagen zu untersuchen, nach welchen und nur nach welchen allein diese Herren die Rechte unseres Königs auf die Untertanenpflicht noch zuzulassen für gut finden.

Ihre Lehre, im Hinblick auf unseren Regenten, ist entweder Unsinn, und so weder wahr noch falsch, oder die Wiederholung eines Satzes, der ungegründet, gefährlich, widergesetzlich und verfassungszerstörend ist. Ein rechtloser König würde der unsrige sein, wenn er seine Krone nicht aus der Wahl des Volkes trüge, spricht dieser geistliche Redner der Staatskunst: und was ist erwiesener, als daß er seine Krone wirklich  nicht  auf diesem Weg empfing? es folgt also, kraft aufgestellter Regel, daß der König von Großbritannien, der seine hohe Stelle durch keine Art von öffentlicher Wahl erhielt, nicht um ein Haar besser ist, als die übrige Rotte von Usurpatoren, die ohne Recht und Anspruch auf die Pflicht ihrer Völker, über den weiten Umkreis dieser bedrängten Erde ihr Zepter oder besser gesagt das Schwert ihres Raubes schwingen. Die Folgen eines  so  allgemein gegebenen und  so  erläuterten Satzes sind klar. Wir kennen die Apostel dieses politischen Evangeliums. Sie schmeicheln sich, daß der abgezogene Grundbegriff:
    "Volkswohl als den wesentlichen Teil zum Dasein einer höchsten Majestät für unentbehrlich zu erklären"
unbemerkt, so lang er den König von England nicht unmittelbar trifft, in den Ohren ihrer Zuhörer schlafen wird, bis sie ihn durch eine lange Wiederholung als unbestrittenes Prinzipium anzunehmen sich nach und nach gewöhnten. Jetzt soll er nur wirken als Theorie, durch Kanzelsprache, wie Fleisch und Pökel, für künftigen Gebrauch aufgespart.  Pono & compono, quae mox depromere possim.  [Ich bringe alles in Form, damit ich es später wieder hervorkramen kann. - wp] Um so durch diesen Kniff, durch eine Ausnahme zu ihren Gunsten, auf die sie im Grund keinen wirklichen Anspruch hat, eingeschläfert, unsere Verfassung um die Sicherheit, die sie mit jedem Staat (insofern Sicherheit auf Meinungen beruth) gemein hat, im Stillen zu bekriegen.

Dies sind die geheimen Pfade dieser Politiker, auf denen man, unachtsam auf ihre Lehren, dahindämmert. Entsteht dabei die Frage, was ihre Worte sagen wollen, und was der Zweck der Sätze sein soll, so entschlüpfen sie hinter einem Doppelsinn auf Schleichwegen von Distinktionen [Bestimmungen - wp]. Wenn sie sagen, unser König verdankt seine Krone der Wahl des Volkes, er ist also der einzig rechtmäßige Monarch dieser Erde, so werden sie uns vielleicht überreden wollen, sie meinten damit nichts, als daß, da einige seiner Vorgänger durch Wahl zum Thron gelangten, er durch sie seine Rechte von der Stimme des Volkes ableitet. Aber was sie wahrhaft suchen, ist durch eine schale Ausflucht hinter einem Zirkel von Plattheit der Prüfung ihrer Sätze zu entkommen, und in ihrem eigenen Unsinn den würdigen Freiort ihrer bösen Absichten zu finden. Gibt ihre Auslegung zu, was bleibt nach ihren Begriffen von Wahl den unseren von Erbrecht zum Vorzug? Und wie kann die Festsetzung der Thronfolge auf das braunschweiger Haus, die von JAKOB I. entspringt, unseren Monarchen rechtmäßiger machen, als jeden anderen König benachbarter Staaten? Wenn auch zu der ein oder anderen Zeit alle Stifter von Dynastien Gewählte des Volkes, durch seine Stimme zur Herrschaft berufen waren: wenn früher oder später alle Reiche Europas einst Wahlreiche mit mehr oder weniger Einschränkung in der Erwählbarkeit ihrer künftigen Oberhäupter waren, was tut das, was Könige hier oder anderwärts von 1000 Jahren gewesen sind: was tut die Art, auf welche die herrschende Familie in England oder Frankreich den Thron bestiegen haben mag. - Der König von England, der heutzutage die Krone nach einer durch Gesetze selbstbestimmten Folge des Erbes trägt, wird solange er den Inbegriff der Souveränität nach legalen Bedingungen erfüllt, (wie er sie dann auch wirklich erfüllt, trotz aller Grundsätze der Revolutionsgesellschaft, diese Krone, zu der ihr weder in ihren einzelnen Gliedern, noch im Ganzen auch nur eine einzige Wahlstimme zukommt, tragen: Obgleich ich nicht in Abrede stelle, daß sie sich bald zu einem Kur-Kapitel zu erheben wissen würde, wenn die Zeit der Reife für ihre Absichten vorhanden wäre. Aber bis dahin werden seiner Majestät Erben und Thronfolger, jeder nach seiner Reihe und Zeit, mit ebensoviel Verachtung gegen ihre Wahl, als der jetzige König zum Thron gelangen, den er wirklich besitzt.

Mag es ihnen aber auch in der Ausflucht glücken, den groben Irrtum  de facto  weg zu distinguieren, der das Thronrecht Seiner Majestät (das mit den Wünschen des Volkes so glücklich übereinstimmt,) auch der Wahl desselben zuschreibt; so läßt sich doch gegen den vollen, unbedingten Satz, eines dem Volke zugehörigen Wahlrechts, den sie so eifrig behaupten, dem sie so streng anhängen, keine Ausflucht finden. Absicht und Beziehung auf ihn ist überall in der so geflissentlich wiederholten Regemachung, unseres durch Wahl unter allen Königen einzig und anschließend rechtmäßigen Thronbesitzers bemerkbar. Durch diesen Beweis, nicht in den Schein eines grundlosen Schmeichlers zu verfallen, eilt der politische Gottesgelehrte umso mehr (5) auf seinem dogmatischen Weg der Bestätigung entgegen, daß dem Volk von England nach den Begriffen der Revolution drei Fundamentalrechte gelten, welche, seiner Sage nach, zu einem System in der kleinen Formel zu fassen sind: Daß wir das Recht haben
    1) unsere Herrscher zu wählen,
    2) Sie wegen üblen Betragens abzusetzen und
    3) uns selbst eine Verfassung zu machen.
Welche neue nie erhörte  Bill of rights?  Dem ganzen Volk zugeeignet, aber doch nur im Schoß einer Partei entstanden. Das Volk von England nimmt keinen Anteil daran; erkennt sie nicht, widerspricht ihrer praktischen Bestätigung mit Gut und Leben. Und ist  so  verbunden, gerade  so  nach den Gesetzen des Landes zu handeln, die bei dieser Revolution gemacht wurden, auf welche die Gesellschaft, die ihren Namen mißbraucht, sich zugunsten eines erdichteten Rechts beruft. Die Versammelten von  Old Jewry  scheinen in allen ihren Räsonnement über die Revolution von 1688 jene 40 Jahre früher in England vorgegangene und diese jetzt vorgehende französische Revolution, so sehr vor Augen und im Herzen zu haben, daß sie alle drei in eines mischen. Es ist also nötig, zu scheiden, was sie vermengen, nötig, ihre irrende Phantasie auf die Akten der Revolution, die  wir  zum Vorbild nehmen, zurückzuführen, um ihre echten Grundsätze, die sich nirgends so deutlich wie aus dem Statut (Declaration of Rights): Festsetzung der Rechte genannt erhellen, vor jedem Mißverstand zu retten. In dieser höchst weisen, höchst durchdachten, wohlerwogenen, von großen Staatsmännern, von den größten Gesetzkundigen erörterten, nicht von warmen unerfahrenen Enthusiasten gemachten Festsetzungen ist kein Wort gesagt, ist keine Silbe gedacht von einem allgemeinen Recht Regenten zu wählen, bei üblem Betragen abzusetzen und nach Willkür eine Regierungsform zu schaffen.

Diese Festsetzung unserer Rechte wurde der Eckstein unserer Verfassung, die durch sie befestigt, erläutert, verbessert und in ihren Grundbegriffen auf ewig bestimmt wurde. Sie wird genannt: "Eine Akte, Rechte und Freiheiten der Untertanen festzusetzen und die Kronerbfolge zu bestimmen." Bemerken sie, wie diese Rechte und diese Erbfolge als Teil einer unauflöslichen Verbindung, als ein untrennbares Ganzes behandelt werden? Ein Wahlrecht über die Krone zu behaupten, bot sich wenige Jahre später eine neue Gelegenheit dar. Die Hoffnung verschwand, von WILLIAM oder ANNE, nachmaliger Königin, Kinder zu sehen. Die Frage der Erbfolge wird erneuert; die Sicherstellung der Freiheiten des Volks kommt aufs Neue vor der gesetzgebenden Macht in Betracht. Aber was ist die entfernteste Wendung, die Rechtmäßigkeit der Thronfolge nach dem Grundsatz der Revolutionsgesellschaft festzustellen? - Nirgends! Man folgt den Begriffen der Rechtsfestsetzung (Declaration of Rights) und bestimmt mit entscheidender Klarheit die Erbnehmer der protestantischen Linie. So vereinigte man in der nämlichen Akte, nach der nämlichen Politik, unsere Freiheit mit der Erbfolge. Statt eines Wahlrechts erklärte man die Erbfolge der protestantischen von JAKOB I. abstammenden Linie als unabänderlich notwendig für Ordnung, Frieden und Sicherheit des Reichs: und eine mit Zuverlässigkeit bestimmte Erbfolge, auf die sich der Untertan zum Trost seine Beruhigung stützen kann, für höchst dringend. Beide Urkunden, dienen als unwandelbare unzweideutige Orakel der Revolutionsstaatskunst, (entfernt von dem betrüglichen Irrlicht, das uns ein Recht unseren Regenten zu wählen verspricht,) zum Beweis, wie abgeneigt die Weisheit der Nation war, einen Notfall in eine Rechtsregel zu verwandeln.

So sehr auch in der Aufnahme WILLIAM III. etwas von einer vorübergehenden Abweichung von der pünktlichen Strenge der Erbfolge liegt, würde es nicht gegen alle echten Grundsätze der Jurisprudenz sein, ein Gesetz, das für einen besonderen Fall und eine einzelne Person gemacht wurde, zum Grundsatz zu machen?  Privilegium non transit in exemplum.  [Aus einem Privileg kann kein Präzendenzfall werden. - wp] Kein Zeitpunkt begünstigte den Grundsatz, daß ein König nur durch die Wahl des Volkes rechtmäßig wird, mehr als die Revolution. Daß es nicht geschah, ist ein Beweis, daß es niemals geschehen sollte. (6) Der unbekannteste mit unserer Geschichte wird wissen, daß die Stimmenmehrheit von beiden Parteien im Parlament auch dem geringsten Schein dieses Prinzips so abgeneigt war, daß sie beinahe entschlossen waren, die Krone nicht auf den Prinzipien von Oranien, sondern auf seine Frau MARIA, als erstgeborene und anerkannte Tochter King JACOBs zu übertragen. Eine schale Wiederholung würde es sein, wenn ich alle Umstände anführen wollte, welche beweisen, daß die Annahme WILLIAMs III. keine eigentliche Wahl, sondern eine Handlung der Notwendigkeit (7) im strengsten moralischen Sinn für alle war, welche mit der Zurückberufung JACOBs II. ihr Vaterland von Blut überschwemmt und Religion, Gesetze und Freiheit in die Gefahr zurückgesetzt sahen, der sie eben entgangen waren. In der nämlichen Akte, in welcher das Parlament für einen Augenblick, und in einem einzelnen Fall von der Strenge der Erbfolge zugunsten eines Prinzipen abwich, der, obgleich nicht der nächste, doch nahe dem Erbrecht war, bemerkt man mit Bewunderung, das Betragen von Lord SUMMERS, der die Bill der Rechtserklärung entwarf.

Es ist ein sonderbares Schauspiel, zu sehen, mit welcher Geschicklichkeit diese momentane Unterbrechung der Erbfolge dem Auge entzogen, wie alles, was sich in diesem notgedrungenen Fall für den Schein ihrer Aufrechterhaltung tun ließ, aufgesucht, benützt, und soviel wie möglich von diesem großen Mann, und der gesetzgebenden Macht, die er lenkte, ins Licht gestellt wird. Er verläßt den trockenen Befehlston einer Parlamentsakte und läßt Lords und Gemeine in einem frommen Ausruf sich erklären:
    "Gottes wundervolle Vorsicht und erbarmende Güte gegen die Nation erhellt nie deutlicher als in der Erhaltung besagter königlicher Personen, die auf dem Thron ihrer Vorfahren zu unserem Glück zu regieren berufen waren. Aus dem Grund ihres Herzens fanden sie zu Lob und Dank sich verpflichtet ... usw."
Die Gesetzgeber hatten augenscheinlich die Anerkennungsakte (Act of regcognition), aus welcher sich die erbliche Natur des Throns so unleugbar erhellt, dabei vor Augen, und behalten oft mit einer fast buchstäblichen Genauigkeit Wort und Form der Danksagung jener beiden Statuten bei.

Sie danken Gott in der Akte WILLIAMs, aber nicht für eine glücklich gefundene Gelegenheit, ihr Wahlrecht zu beweisen, noch weniger erheben sie die Wahl zum einzigen rechtmäßigen Anspruch auf die Krone: sondern, daß sie imstand gewesen wären, selbst dem Schein eines solchen Rechts soviel wie möglich sich zu entziehen, wurde von ihnen als eine Rettung der Vorsehung betrachtet. Sie warfen einen dichten politischen Schleier über jeden Umstand, der die Ordnung ihrer verbesserten Erbfolge hätte schwächen, der als ein Beweis für künftige Abweichung von dem, was sie damals bestätigten, hätte angewendet werden können.

Für eine dauerhafte Organisation ihrer Monarchie und für die Gebräuche ihrer Vorfahren nach den Statuten der Königin MARIA und ELIZABETH besorgt, übergaben sie in der nächsten Klausel alle legalen Prärogative [Vorrechte - wp] der Krone an ihre Majestäten, mit der Erklärung:
    "daß sie ihnen vollkommen, rechtmäßig und ganz zugehörten, ihnen einverleibt, mit ihnen vereint und verknüpft wären."
In der folgenden Klausel erklären sie, um jedem Zweifel vorgeblicher Rechte auf die Krone vorzubeugen (nach herkömmlicher Sprache und herkömmlicher Ordnung und mit ausdrücklicher Anführung der vorgegangenen Akte ELIZABETH und JACOBs) daß von der Aufrechterhaltung einer gewissen Erbfolge die Ruhe und Einigkeit dieser Nation von Gott ganz alleinn abhängt.

Sie wußten, daß schon ein zweifelhafter Erbfolgetitel einer Wahl nur zu sehr gleicht, und daß jede freie Wahl für die Einigkeit, Ruhe und Frieden der Nation (Dinge, die sie für sehr wichtig hielten) höchst gefährlich sein muß. Um allen Schein eines Wahlrechts so ganz zu meiden, fügen sie noch mit einer Klausel aus ELIZABETHs Akte, die höchst feierliche Versicherung auf ewig bestätigter Erbfolge und die vollkommenste Entsagung aller Grundsätze bei, die ihnen die Gesellschaft von  Old Jewry  zuschreibt:
    "die geistlich und weltlichen Lords und Gemeinen unterwerfen sich im Namen des gedachten Volkes, für sich, ihre Erben, und Erbnehmer demütigst und auf immer getreulich versprechend, daß sie zur Verteidigung, Aufrechterhaltung und Beistand ihrer Majestäten und der bestimmten Kronfolge, so wie solche hierin angezeigt und enthalten, ihre äußersten Kräfte aufbieten werden. target="_blank"
So weit ist es von der Wahrheit entfernt, daß wir durch die Revolution ein Recht, unsere Könige zu wählen, erlangten; so weit, daß selbst, wenn wir es auch einst besessen hätten, gerade damals die englische Nation demselben aufs Feierlichste für sich und ihre Nachkommen entsagt hätte. Mögen nun diese Herren mit ihren Whig-Grundsätzen sich brüsten. Ich verlange nie für einen besseren Whig gehalten zu werden als Lord SUMMERS oder klüger in den Grundsätzen der Revolution zu sein, als die Teilnehmer und Beförderer derselben; oder in der Rechtsetzungsbill Geheimnisse zu finden, von denen Männer, deren durchdringende Sprache in unseren Verordnungen und Herzen Wort und Geist jenes Gesetzes verewigt, sich nichts träumen ließen.

Es ist wahr, Macht und Verhältnis gaben damals der Nation in gewissem Verstand freies Spiel, den Thron ungehindert, an wen sie wollte, zu vergeben. Aber auch freies Spiel nur insofern es in ihren Händen lag, sich los von der Monarchie und jedem anderen Teil ihrer Konstitution zu reißen. Eine Veränderung so kühn, daß sie ihnen den Inhalt ihrer Vollmacht zu übersteigen schien. Es ist schwer, vielleicht unmöglich, der höchsten Gewalt, wie damals das Parlament sie übte, Grenzen, wo ihre Rechte enden, theoretisch zu stecken. Aber moralische Schranken, die jeder ungerechten Ausdehnung sich entgegensetzen, und selbst bei noch unumschränkter Gewalt, uns Launen des Augenblicks dauernden Gründen, den unveränderlichen Regeln der Treue, der Gerechtigkeit und einer festbestimmten Staatskunst aufopfern lehren, sind ewig klar, laut und deutlich, verpflichtend für alle die auf einer Stufe der Staatsverwaltung, unter was Namen und Titel stehen. Das Oberhaus, zum Beispiel, ist moralische nie fähig, das Unterhaus aufzuheben, nie fähig dem Anteil der Gesetzgebung, der ihm selbst gebührt, zu entsagen. Und obgleich ein König für seine Person abdanken kann, so bleibt darum nicht minder die Monarchie. Aus eben diesen und noch stärkeren Gründen, kann das Unterhaus nie der Fülle seiner Macht entsagen. Die Pflichten und Verträge der Gesellschaft, die unter dem Namen  Konstitution  enthalten liegen, verbieten jeden Eingriff und jede Entsagung. Die Teile eines Staates sind verbunden, Treu und Glauben sich untereinander so gut, wie jedem einzelnen, dessen ungekränktes Dasein von ihrem Wort abhängt, zu halten: so wie der ganze Staat verbunden ist, gegen einzelne Teile sich wortverlässig zu zeigen. Sonst würden Gewalt und Recht bald ihre Grenzen verwechseln und herrschende Willkür an die Stelle des Gesetzes treten. Aus diesem Grund war die Thronfolge immer was sie noch ist, Erbfolge nach dem Wort des Gesetzes. Bei der alten Linie; Erbfolge nach dem Recht der Natur, auf bürgerliches Recht gegründet, in der Wesenheit nichts verändert, nur über Form und Personen zur Vorschrift entworfen. Beide Rechte sind von gleicher Gealt, als gleicher Quelle, der allgemeinen Übereinstimmung und dem anfänglichen Vertrag des Staates, entsprungen (8).  Communi sponsione reipublicae  [Allgemeine Übereinkunft der Republik - wp]. Für den König verbindlich wie für die Nation, solang ihr Inhalt befolgt, solange König und Volk derselbe Körper bleiben.

Es wird jedem, der nicht geflissentlich in Irrungen metaphysischer Sophisterei sich zu verfechten liebt, leicht sein, die Fortdauer einer festgesetzten Regel, mit einer durch Umstände verursachten Abweichung, die unverletzbaren Grundsätze erblicher Thronfolge mit einer Ausnahme für den höchsten Notfall in unserer Verfassung zu vereinbaren. Doch muß selbst in diesem Notfall, wenn wir die Fakta der Revolution zum Maßstab unserer Rechte gelten lassen, die Veränderung sich einzig auf den fehlerhaften Teil, auf den Teil der es unausweichlich fordert, mit der genauen Rücksicht beschränken, daß jede Zersetzung der politischen Masse, um eine neue Ordnung der bürgerlichen Gesellschaft aus ihren ersten Bestandteilen wieder herzustellen, vermieden wird.

Die Mittel der Veränderung, sind die Mittel der Erhaltung. Ein Staat, dem die ersten mangeln, setzt gerade  die  Teile seiner Verfassung aufs Spiel, für deren Erhaltung er am sorgsamsten wacht. Diese beiden Urkräfte der Erhaltung und der Verbesserung zeigten sich nie wirksamer, als bei den zwei wichtigen entscheidenden Zeitpunkten der Restauration und Revolution, da England ohne König war. In beiden Zeiten hatte die Nation die Vereinigungskräfte ihres alten Gebäudes verloren, aber sie zerstörte nicht das Ganze, sondern stellt die verlorenen Teile der alten Verfassung aus ihren unbeschädigten her. Sie erhielt das Alte in unveränderter Form, um das Neue in seine Verhältnisse zu fügen und erweckte aus gebildeten Gliedern, nicht aus den bildbaren Stäubchen eines in Atome aufgelösten Volkes, den erneuerten Körper seiner bestimmten Organisation. Vielleicht erzeigte die gesetzgebende Gewalt dem Grundgesetz britischer Verfassung, der erblichen Thronfolge, zu keiner Zeit eine höhere Achtung, als gerade bei der Revolution, da sie sich von ihrer Strenge entfernte.

Die Krone wurde der Linie entzogen, die sie trug, aber sie wurde der Linie zuteil, die einem gleichen Stamm entsprang; blieb Erbrechtsfolge der verwandten Familie, deren Recht nur durch den Zuwachs von Protestantismus überwog. Die Bahn wurde verändert, das Ziel bleibt dasselbe, und der Glaube an seine Unwandelbarkeit zeigt sich in jedem Schritt der Gesetzgebung.

Nach demselben Grundbegriff hatten lange vor der Revolution, und bald nach der Eroberung das Erbrecht über die große Frage seiner Art und Form, Verbesserungen erleiden müssen. Es waren Zweifel entstanden, als ob es  per Capita  [pro Kopf - wp] oder  per Stirpes  [der Linie entsprechend - wp] gelten sollte. Aber ob das erste oder das letzte, der Katholik oder der Protestand, den Vorzug behauptete, der Grundsatz eines Erbfolgerechts blieb unter allen Wechseln unerschüttert in anerkannter Dauer. -  Multosque per annos stat fortuna domus et avi numerantur avorum  [und über viele Jahre blieb das Glück des Hauses standhaft und zählte viele Väter und Großväter - wp], blieb der Geist unserer Verfassung nur in ihrem ruhigen Stand, sondern auch in all ihren gewaltsamen Stürzen. Kein Besitzer des Throns, keine Art, wie er ihn erreichte, weder Gewalt noch Recht, nichts hinderte den Lauf, die Krone vererbte sich durch ihn in fortgesetzter oder neu angehender Folge.

In den Augen der Revolutionsgesellschaft sind die Ereignisse von 1688 eine bloße Abweichung von der Verfassung, eine Abweichung von der Regel - zur Regel selbst erhoben, ohne Rücksicht auf die so deutlichen Folgen einer Lehre, die den meisten positiven Anordnungen dieses Landes ihre positive Kraft entziehen würde. Sollte dieser unerweisbare Grundsatz herrschend werden, der jeden, nur den Wahlthron nicht für unrechtmäßig erklärt, wehe dann den Fürsten, die vor der erdichteten eingebildeten Wahlepoche regieren, die Gültigkeit ihrer Handlungen ist dahin! - Was können diese Theoristen zur Absicht haben? Wollen sie das Bild von Vorgängern erneuern, die die Leichname unserer alten Regenten aus ihren Gräbern rissen? Wollen sie alle Könige, rückwärts vor der Revolution, in ihrem Besitz zu Räubern erklären und den Thron von England durch Vorwürfe einer anhaltenden Usurpation entehren? Oder wollen sie mit der Rechtmäßigkeit unserer vorigen Könige auch die ganze Masse unserer unter ihrer Usurpation gemachten Gesetze entkräften, bezweifeln, vernichten? - Gesetze vernichten, die unserer Freiheit das Teuerste - zumindest ebenso teuer sind, als viele bei und nach der Revolution entstandene? Wenn Königen, die ihre Krone nicht aus der Wahl des Volkes trugen, kein Recht der Gesetzgebung zukam, was wird aus dem Statut  de Tallagio non concedendo  [Verbot der Steuer - wp]? Was aus der Akte  Habea corpus  werden? Maßen sich diese neuen Lehrer der Menschenrechte an, JAKOB II. der die Krone nach dem Recht des Blutes, nach den Regeln der damals anerkannten Folge erbte- den Namen eines gültigen Königs zu entziehen, ehe er noch durch sein eigenes Betragen einer weiteren Regierung zu entsagen genötigt wurde? War er ungültig, warum ersparte sich das Parlament der damaligen Zeit nicht so manches unruhige Bedenken? Aber JAKOB, ein schlimmer König mit einem guten Recht zum Thron, war kein Usurpateur. Die Prinzen, die ihm folgten, als das Parlament die Krone auf die Kurfürstin SOPHIA und ihre Kinder als Protestantenn übertrug, gelangten ebenso wie JAKOB II. durch Familienfolge zur Regierung. Er erbte nach dem Gesetz, wie es bei seinem Antritt vorhanden war, und die Prinzen aus dem Hause Braunschweig, nach dem nachgemachten Gesetz der protestantischen Erbfolge, wie ich hinlänglich gesagt habe, und nicht durch Wahl.
LITERATUR Edmund Burke, Bemerkungen über die französische Revolution, Berlin 1794
    Anmerkungen
    1) Die Revolutionsgesellschaft versammelte sich am 4. November 1789 im Bethaus der  Old-Jewry,  um die Gedächtnisfeier der Revolution von 1688 zu begehen. Hier hilet der nunmehr verstorbene Doktor RICHARD PRICE von der Kanzel die Rede  Über die Liebe zum Vaterland,  welche die erster Veranlassung zu BURKEs Schrift gegeben hat. Hierauf begab sich die Gesellschaft in die  London-Tavern,  machte unter dem Vorsitz des Grafen STANHOPE verschiedene Beschlüsse, welche die Verbreitung der Freiheits- und Revolutionsprinzipien in Großbritannien zum Zweck hatten, und endete ihre Sitzung mit einer Glückwunschadresse an die Nationalversammlung, welche, bloß mit der Unterschrift des Grafen STANHOPE versehen, dem Herzog von ROCHEFOUCAULT zugesandt und von der Nationalversammlung förmlich beantwortet wurde. In dieser Adresse äußert die Gesellschaft ihre Freude über die nahe Hoffnung einer allgemeinen Reform in allen europäischen Staatsverfassungen und über das glänzende Beispiel, welches Frankreich aufgestellt hat! - Dies sind die Verhandlungen, auf welche der ganze erste Teil dieses Buchs gerichtet ist. (Anmerkung des Übersetzers Friedrich Gentz)
    2) Der Erzbischof von Aix war damals Präsident der Nationalversammlung und folglich ihr Organ bei der Beantwortung der Glückwünschadresse: ein Mann von weiland großem Ansehen, von edler und redlicher aber aufgeklärter und gemäßigter Freiheitsliebe, der anfänglich eine bedeutende Stelle unter den Repräsentanten einnahm, nachher als die Ausschweifungen sich häuften, den Schauplatz verließ, und zuletzt wie alle seinesgleichen verfolgt und verbannt wurde. (Anmerkung F. G.)
    3) Psalm 149, Vers 7 und 8 (Lutherbibel 1912)
    4) Rede über die Vaterlandsliebe, 4. November 1789 von Dr. RICHARD PRICE, dritte Ausgabe, Seite 17 und 18.
    5) PRICE, Vaterlandsliebe, a. a. O., Seite 34
    6) Der sonderbarste Schluß, den ein Mensch machen kann, aus dem, was man zu tun versäumte, oder nicht tun wollte, eine Folge auf das, was man nicht tun könnte, zu ziehen. Heißt das nicht auch einzelne Fälle zur Rechtsregel machen? (Anm. des Übersetzers)
    7) Sonderbar die  Notwendigkeit,  die  Rechtmäßigkeit  einer Handlung erkennen, und das Recht, das Prinzip, aus dem allein sie geschehen und bestehen kann, nicht erkennen. (Anm. d. Ü.)
    8) Verwirrung und Widersprüche wird hier kaum ein Leser fühlen. Das Gesetz gab die Erbfolge - und wer gab dann das Gesetz? In wessen Hand legte die Natur die Quelle der Gesetzgebung?