p-3Brauchen wir Sprachkritik?Mensch und Sprache  
 
WERNER BETZ
Sprachkritik und Werbesprache
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"Wenn ein Patient zum Arzt geht und der ihm dreimal täglich Händewaschen verschreibt, so wird er vermutlich wenig zur Heilung des Patienten beitragen. Verschreibt der Arzt ihm aber täglich  Manulavanz,  so wird wahrscheinlich eine Wirkung erreicht werden."

Die Wahl des freundlicheren Ausdruckes für einen unfreundlicheren Tatbestand, eine Erscheinung, die wir allgemein in der Sprache als Euphemismus bezeichnen:  entschlafen  für sterben,  riechen  für stinken,  lieb  für dumm,  Frontbegradigung  für Rückzug usw., diese Wahl also eines freundlicheren Ausdrucks für eine weniger freundliche Sache kann auch in der Werbesprache durchaus die erwünschte Wirkung erzielen, auch wenn sich im Grunde die Hörer klar sind, daß der weniger erfreuliche Tatbestand gemeint ist.

Das ist etwa der Fall mit einem Ausdruck, der wohl in den zwanziger Jahren von der Textilwerbung geprägt wurde, wenn Kleider, Kostüme für  Vollschlanke  angepriesen wurden. Sicher haben die meisten Dicken einen Anzug für einen Dicken - wenn sie wußten, daß mit dem Anzug für den Vollschlanken eben der Anzug für den Dicken gemeint war.

Solcher sprachlichen Mittel zur Sprachlenkung gibt es sehr viele und vielfältige. Trotzdem haben wir erst in jüngster Zeit eine zusammenfassende Übersicht, den Versuch einer zusammenfassenden Übersicht über diese sprachlichen Mittel zur Sprachlenkung, zur Lenkung des Menschen durch die Sprache bekommen, und zwar ist es das Buch des Wiener Philosophen und Psychologen FRIEDRICH KAINZ, das 1972 in Berlin erschien mit dem Titel "Über die Sprachverführung des Denkens". Hier wird eine Übersicht über alle diese verschiedenen, in der Sprache angelegten, durch die Sprache möglichen Mittel der Einwirkungen auf das Denken und Handeln des Menschen geboten.

Die Sprache der Politik wird selbstverständlich berücksichtigt; sehr stiefmütterlich allerdings wird die Sprache der Werbung hier behandelt, sie kommt im Sachregister unter dem Stichwort  Reklame  (kaufmännische Werbung) im ganzen vier- oder fünfmal vor und wird nur beiläufig im Zusammenhang einmal mit der Sprache der Politik, einmal mit dem besonders ausgeweiteten Gebrauch des Superlativs erwähnt.

Was die Sprachkritik hier noch für die Werbesprache zu leisten hat, das wird in erster Linie darin zu bestehen haben, die bei KAINZ herausgearbeiteten Kategorien der Sprachlenkung, wie ich sagen möchte - er spricht von Sprachverführung, was von vornherein nur die negative Wirkung bezeichnet -, also die Kategorien der Sprachlenkung, wie sie bei KAINZ zusammengetragen sind, nun auf die Werbeslogans, und zwar zunächst eben auf die besonders erfolgreichen Werbeslogans anzuwenden, um so die einzelnen sprachlichen Mittel in ihrer Besonderheit herauszuarbeiten.

Im ersten Aufsatz dieses Bandes habe ich versucht, Möglichkeiten und Grenzen der Sprachkritik zu zeigen, und dabei zwei Maßstäbe für die Effizienz von Sprache und Texten im allgemeinen herauszuarbeiten versucht, nämlich  Informationsmenge  und  Funktionabilität:  die Menge der Information jeweils zu messen, die eine sprachliche Mitteilung gibt und die Leichtigkeit oder Schwierigkeit, mit der diese Information übermittelt wird, Funktionabilität.

Für die Frage der Bewertung und Herausarbeitung der Eigenart der Werbesprache müßte hier ganz entscheidend noch der Wirkungsfaktor hinzukommen, es müßte die erstrebte und erreichte Wirkung vor allem gemessen werden. Man muß sich dabei stets bewußt bleiben der Grenzen der sprachkritischen Analyse, der sprachkritischen Beurteilung und Bewertung, besonders eben in Abgrenzung gegen die Analyse der Motive, der psychologischen Faktoren, die zwar oft sehr eng mit der Wahl der sprachlichen Mittel verflochten sind, die aber im weiteren Bereich oft sehr viel entscheidender als die sprachlichen Mittel sind.

Ich will an einigen Beispielen von Werbeslogans zu zeigen versuchen, wie dieses künftige Untersuchungsprogramm etwa im einzelnen angelegt sein könnte. Ich möchte dabei drei bzw. fünf Gruppen unterscheiden, und zwar

1. die Assoziationsgruppe, bei der es auf die inhaltlichen Assoziationen in erster Linie ankommt,

2. die Exotikgruppe, die durch den Reiz des Fremden, also auch hier etwas Inhaltliches in erster Linie, ihre Wirkung zu erzielen versucht, und

3. die eigentliche Sprachgruppe, die ihrerseits noch in drei Untergruppen sich teilen läßt,
die erste, in der die Werbesprache sich der grammatischen Form, der grammatischen Struktur, der syntaktischen Struktur der Sprache zu ihrer Wirkung bedient

die zweite Gruppe, die eine besonders eingängige Formulierung dadurch findet, daß sie sich an vorhandene Sprichwörter, an Redensarten, an feste Prägungen der Sprache anlehnt, sie nachahmt, variiert, nachbildet, und

die dritte Gruppe, die von sich aus eine so geglückte eigenständige Formulierung findet, daß ihre Prägung nun selber zum festen Bestand der Sprache, zu einer festen Redensart, unter Umständen gar zu einer sprichwörtlichen Redensart wird.
Zur Assoziationsgruppe gehört "Der Duft der großen weiten Welt", von dem wir einleitend schon gesprochen hatten, von seiner Verwendung der vorhandenen Formel der  weiten Welt  - insofern würde dieser Slogan auch zur dritten Gruppe gehören -, von der Erweiterung dieser weiten Welt durch die große weite Welt und dann nach der Darstellung, Signalisierung, verlockenden Signalisierung dieser weiten Welt, die Brücke, die mehr oder weniger konkrete Brücke zur Ware, zum  Duft  mit eben gleichzeitig jener stilistisch gehobenen Note dieses Wortes.

Zur gleichen Gruppe gehört  Erst mal entspannen,  das die Hoffnung auf Ruhe, Abspannung, Entspannung aus einer Streßsituation durch eben die Ware, die gekauft werden soll, verspricht. Auch hier ist ein Element enthalten, das zur dritten Gruppe gehört, nämlich semantisch mit " Erst mal  entspannen", das ja ein  dann  provoziert und daran gewisse Hoffnungen wohl auch knüpfen läßt. Weiter gehört zu dieser ersten Gruppe die Reklame mit dem Gewissen, die bei der Verwendung eines gewissen Waschmittels, Spülmittels ein gutes Gewissen verspricht.

Hier liegt ganz eindeutig das Schwergewicht auf der Assoziation, auf dem Inhaltlichen, auf dem Versprechen eines guten Gewissens. Zu dieser ersten Assoziationsgruppe gehört auch noch "Wer wird denn gleich in die Luft gehen", aber stark schon in Verbindung mit der dritten Gruppe, der sprachlich betonten, denn die Form ist ja ein fragender Ausruf oder eine ausrufende Frage: "Wer wird denn gleich in die Luft gehen", die entsprechend auch eine Antwort erwartet, die durch die entsprechende Warenempfehlung gegeben wird.

Die nächste Gruppe, Exotikgruppe, verwendet den Reiz des Ungewohnten, Fremden und des Fremdwortes. Ihre Wirkung ist am besten wohl von CHRISTIAN MORGENSTERN in einer Geschichte geschildert worden, in der es heißt:

Wenn ein Patient zum Arzt geht und der ihm dreimal täglich Händewaschen verschreibt, so wird er vermutlich wenig zur Heilung des Patienten beitragen. Verschreibt der Arzt ihm aber täglich  Manulavanz,  so wird wahrscheinlich eine Wirkung erreicht werden. Es ist eine psychotherapeutische Wirkung, die hier durch das fremde, halb verstandene, vielleicht auch mißverstandene Wort, durch das Fremdartige jedenfalls gegenüber dem üblichen Händewaschen, das Neuartig auch dieses fremden Ausdrucks, erreicht wird.

Wenden wir es auf den Bereich der Werbesprache an, so wäre hier etwa eine Werbung wie die Leasing-VW zu nennen, die sicher nicht die gleiche Wirkung erreichen würde, wenn sie sich Leih-VW nennte oder wenn Striptease als  Ausziehnecken  angepriesen würde. Oder aber es wäre zu erinnern an jene Schöpfung der deutschen Textilwerbung gegen Ende der fünfziger Jahre, als man nach der von Amerika übernommenen Teenagermode eine neue Käufergruppe suchte und sie dann in den Zwanzigjährigen fand, für die man im Deutschen als Werbewort  Twen  prägte. Aus dem politischen Bereich wäre vielleicht so etwas zu nennen wie die Grenadiere, zu denen in den letzten Jahren des letzten Krieges die Infanteristen befördert wurden.

Wir kommen zur dritten Gruppe, der eigentlichen sprachlichen Gruppe mit ihren drei Unterabteilungen. Zunächst die Gruppe, die sich der grammatischen, der syntaktischen Struktur der Sprache bedient. Da haben wir z.B. in Anlehnung an das Steigerungssystem der Grammatik unserer Sprache  gut, besser, Paulaner,  und das gleiche Schema wird für die Wirkung herangezogen bei dem Werbespruch  Weiß, weißer, Suwa-Weiß. 

Der syntaktischen Struktur des Bedingungssatzes, der dann als Aussage den Hauptsatz, der eben unter der Erfüllung dieser Bedingung verwirklicht wird, verlangt und damit zugleich als logische Konsequenz, als  bewiesen  suggeriert - dieser syntaktischen Struktur des Bedingungssatzes bedient sich etwa der Slogan "Wenn's um Geld geht, Sparkasse", mit der charakteristischen Verknappung des Hauptsatzes, also nicht: "dann geh zur Sparkasse" etwa, sondern einfach: "Sparkasse", hier durch die Verknappung wie zu einem Merkwort und Merkmal erhoben dessen, wofür geworben werden soll.

Das gleiche Schema, aber nun mit einem ausgeführten Nachsatz, begegnet in einem alten Slogan: "Sind's die Augen, geh zu Ruhnke!" Hier also der Befehl, die Aufforderung, auch wohl aus rhythmischen Gründen "Sind's die Augen, geh zu Ruhnke", eine Werbung für eine Berliner Optikfirma aus den zwanziger Jahren. Wie wirkungsvoll dieser Werbespruch war, kann man daran sehen, daß der Berliner Volkswitz ihn auf die Likörfirma Mampe übertrug und weiter ausbaute, nämlich so: "Sind's die Augen, geh zu Mampe, und gieß dir einen auf die Lampe, dann kannste alles doppelt sehn und brauchst nicht mehr zu Ruhnken gehn."

Es gab, wohl auch in den zwanziger Jahren, einen ähnlich gebauten Werbespruch in Freiburg im Breisgau, und zwar für die dortige Strumpffirma Pfänder: "Sind's die Strümpfe, geh zu Pfänder!" Gleichzeitig gab es aber in Freiburg einen Rechtsanwalt Bender, der für sein Geschick bei Ehescheidungen bekannt war, und so wurde auch hier der Spruch im Volksmund weiterentwickelt zu: "Sind's die Strümpfe, geh zu Pfänder, ist's die Ehe, geh zu Bender!"

Die nächste Gruppe ist diejenige, die entweder nach dem Vorbild eines Sprichworts, einer sprichwörtlichen Redensart umgeformt ist, oder in Anlehnung an eine solche Prägungsart diese durch einen Zusatz weiter ausbaut. Das ist also z.B. einmal: "Berlin ist eine Reise wert", ein wohl übertragener Werbeslogan, der ja letzten Endes auf die Redensart, auf die historischen Wendung "Paris ist eine Messe wert" zurückgeht. Oder die Werbung einer Glasfirma "Glück durch Glas" - hier in Anlehnung an jene sprichwörtliche Redensart "Glück und Glas, wie leicht bricht das".

Die Frage ist hier, ob durch die Gegenformulierung "Glück durch Glas" statt der Zerbrechlichkeit, die gerade in dem gängigen Wort betont wird, ob durch die Gegenformulierung wirklich ein besonderer Kaufanreiz erzielt wird ob hier nicht doch die Assoziation an jene Skepsis gegen das Glas und Glück vielleicht stärker wirkt. Das ist eine Frage, die in erster Linie wohl die Psychologen und Demoskopen beantworten müßten.

Weiter gehört zu dieser Gruppe im Anschluß an die Wendung "Sicher ist sicher" der Werbeslogan "Sicherer ist Allianz versichert". Hier wird auch das Schema der vorigen Gruppe mitverwendet, und zwar dadurch, daß zu "Sicher ist sicher" das Steigerungsschema hinzugenommen wird. Ebenfalls wäre innerhalb dieser Gruppe noch zu nennen "Des Menschen Wille ist sein Himmelreich, ein Saunaschwamm wirkt einer Pille gleich", wobei allerdings die Frage ist, aus welcher Zeit dieser Werbespruch stammt und welche Pille er meint.

Die nächste sprachliche Gruppe ist diejenige, die durch eine besonders eingängige Formulierung ihres Werbeslogans es erreicht hat, geradezu sprichwörtlich zu werden. Dazu gehört z.B. "Keine Feier ohne Meier" mit dem einprägsamen Mittel des Reims und dazu eben den Namen des Produktes dessen, wofür geworben werden soll im Reim und gleichzeitig in der herausgehobenen Endstellung "Keine Feier ohne Meier". Sicher ein besonders glücklich formulierter Werbeslogan, der auch entsprechend sprichwörtlich wurde.

Weiter gehört hierhin sicher "Neckermann macht's möglich" mit jener Dreigliedrigkeit, die uns auch schon verschiedentlich als Kennzeichen erfolgreicher Slogans begegnet ist, mit jenem  es,  das hier verbunden mit dem Verbum zu einem einzigen Konsonanten s abgeschwächt und dadurch noch assoziationsoffener geworden ist, das durch seine Vieldeutigkeit auch noch besondere Wirkungen innerhalb des durch Stabreim verbundenen Dreisatzes "Neckermann macht's möglich" erzielt.

Ebenfalls sprichwörtlich geworden ist die Werbung "Mach mal Pause, Coca-Cola". Hier wirkt nicht allein der Reim, er ist es nur im ersten Teil als Stabreim: "Mach mal Pause", und dann weiter die rhythmische Aufnahme: "Coca-Cola", die Viersilbigkeit, die wir auch im ersten Teil dieses Werbespruchs haben, mit der Endstellung des Produktes. Ebenfalls des Reimes und des zweigliedrigen Satzes bedient sich "Im Falle eines Falles, klebt Uhu wirklich alles".

Sprichwörtlich geworden, mindestens redensartlich, ist ja wohl auch die Werbung einer Zigarettenfirma "Immer mit der Ruhe und einer guten Zigarre" oder jene eingangs schon erwähnte Werbung aus drei Worten "Darauf einen Dujardin" mit der Endstellung des Produktes und jenem weit umfassenden, viele Assoziationen ermöglichenden  Darauf. 

Versuchen wir nun abschließend aus der Analyse dieser verschiedenen Werbeslogans die sprachlich wirkungsvollen Faktoren zusammenzufassen, so ergibt sich folgendes Bild:

Für die erste Gruppe, die Assoziationsgruppe: daß der Inhalt die Hauptrolle spielt, daß es darauf ankommt, ein möglichst verlockendes attraktives Bild zur Beeinflußung, zum Warenkauf zu finden.

Für die zweite Gruppe, die Exotikgruppe: daß es vor allem auf den geheimen Reiz des fremden Wortes ankommt und auf seine gewisse inhaltliche Vagheit, die dadurch den Reiz des Halbunbekannten und der möglichen angenehmen Vermutung erregt.

Für die dritte Gruppe, die eigentlich sprachliche Gruppe, die sich an die grammatischen Strukturen anlehnt: daß erstens auf dem Wege einer mehr indirekten, unbewußten Wirkung, eben über das grammatische System, das ja im Unbewußten jedes Sprechers auch vorhanden ist, die Wirkung vor sich geht, daß zweitens der Beeinflußte die letzte Folgerung  Gut, besser, Paulaner",  nämlich:  gleich dem Besten  selber ziehen muß und so eben die Aktivität des Hörers mit angeregt wird. Sicher wird die Wirkung dieses Typs auch psychologisch, je nach Hörer, verschieden sein. Das sind Dinge, die von der Psychologie zu klären wären.

Die vierte Gruppe, die sich also nach Redensarten und Sprichwörtern richtet, an sie anlehnt, sie umformt, sie wird in ihrer Wirkung vor allem bestimmt sein von der Bekanntheit dieser sprachlichen Wendungen und von ihrem positiven Reiz: d.h., daß eine Werbung wie "Glück durch Glas" wegen des keineswegs eindeutigen positiven Reizes, an den sich diese Werbung anlehnt, des Sprichworts nämlich "Glück und Glas, wie leicht bricht das" weniger erfolgreich sein wird als eine Werbung, die sich an "Sicher ist sicher" anlehnt und fortfährt: "Sicherer ist Allianzversichert".

Schließlich die fünfte Gruppe, die selber zu einer sprichwörtlichen Wendung wird: Hier sind es die sprachlichen Mittel selbst, die geschickte Wahl dieser sprachlichen Mittel, die der Hauptgrund des Erfolges sind. Diese Mittel sind der Reim: "Keine Feier ohne Meier", sind der Stabreim: "Neckermann macht's möglich", sind die rhythmische Form "Mach mal Pause, Coca-Cola", die knappe Eingängigkeit der Formulierung, "Erst mal entspannen", die besondere Hervorhebung des Namens, sei es durch Endstellungsreim "Keine Feier ohne Meier" usw. und auch durch die gewisse Allgemeinheit des Inhaltes, der Anwendungsfähigkeit, wie sie eben in jenem allgemeinen  Darauf,  das sich auf alles beziehen kann, beim Spruch "Darauf einen Dujardin" vorliegt.
Die Aufgabe, die die Sprachwissenschaft, die Sprachkritik für die Werbesprache noch zu leisten haben wird, muß sich auf eine genaue Wirkungsgeschichte des Werbeslogans gründen. Dies wäre also das erste: Einmal eine möglichst genaue Bestandsaufnahme der Entstehung, Anwendung und Wirkung von Werbeslogans. Wichtig ist hierbei die Zusammenarbeit mit den Psychologen, mit den Werbeleuten, mit den Demoskopen. Am ergiebigsten werden für eine Untersuchung unter Umständen die Fälle sein, in denen der Erfolg möglichst genau festgestellt werden konnte.

Wahrscheinlich wird man eigene Untersuchungsanordnungen noch entwickeln müssen, etwa in der Art, daß man von zwei Varianten einer Werbung, die eine in einem Bereich, die andere in einem anderen Bereich, abgegrenzt, soweit das möglich ist, einsetzt und dann, mit einer Analyse auch der Rezipienten, der Leser, der Hörer, die Wirkung vergleicht. Aus diesen Analysen, in der Art, wie wir es an unseren Beispielen angedeutet haben, wird man dann vermutlich noch Näheres, Genaueres über die Wirkungsweise der einzelnen Mittel feststellen können.

Man könnte nun, damit möchte ich schließen, für die Zusammenarbeit von Sprachkritik und Werbesprache, Werbepraxis, etwa jenes Bild verwenden, das man im Mittelalter für das Verhältnis von Philosophie und Theologie gebraucht hat: Wenn zunächst die Theologen sagen, daß die Philosophie die Magd der Theologie sei, und dann ihrerseits die Philosophen konterten, es stehe ja noch keineswegs fest, ob diese Magd  Philosophie  der Herrin  Theologie  die Schleppe nachtrage oder etwa das Licht vorantrage.

Wer auch immer heute im Verhältnis von Sprachkritik, Sprachwissenschaft einerseits und Werbesprache, Werbepraxis andererseits Herrin oder Magd, Schleppennachträgerin oder Lichtvoranträgerin sein mag, sicher ist, daß sie beide aus ihrer Zusammenarbeit auch für ihren eigenen Bereich jeweils Gewinn und Hilfe nehmen und geben können.

Und um nun am Schluß zum Anfang zurückzukehren, zum Laufenlassen des Lachses: Den Lachs werden die Werbetexter immer selber erfinden müssen - Germanisten, die Sprachwissenschaftler, die Sprachkritiker werden ihnen nur sagen können, wie der Lachs und unter welchen Umständen sprachlich leichter und vielleicht wirkungsvoller in Lauf gesetzt werden kann.
LITERATUR - Werner Betz, Das Wort zwischen Kommunikation und Manipulation, Zürich 1975