cr-3Max Krieg - Mauthners Skepsis und MystikLandauer - Skepsis zur Mystik 
 
UWE SPÖRL
Gustav Landauers Wege
von der Skepsis zur Mystik


"Denn in der Poesie sind Worte und Begriffe das Instrument, das uns zur Musik führt, -zum Rhythmus, zum Unsagbaren, das in uns einschwingt und uns mitschwingen läßt."

In dem Abschnitt über FRITZ MAUTHNERs sprachkritische "Beiträge" habe ich bereits auf GUSTAV LANDAUERs (1) Mitarbeit an diesem Mammutprojekt hingewiesen, insbesondere darauf, daß LANDAUER zumindest mitverantwortlich ist für die Entdeckung MEISTER ECKHARTs und damit der mittelalterlichen Mystik und ihrer Sprachverwendung für MAUTHNER.

LANDAUERs Begeisterung für den mittelalterlichen Mystiker war um 1900/1901 offensichtlich sehr groß, wie deutlich an einer Flugschrift, die LANDAUER für die  Neue Gemeinschaft  1901 schrieb und die den Titel "Durch Absonderung zur Gemeinschaft" trägt, zu sehen ist. LANDAUER kann zusammen mit ALBERT WEIDNER und ERICH MÜHSAM als der individual-anarchistische Flügel der von den Brüdern HART 1900 initiierten "Netten Gemeinschaft" angesehen werden. Er zog sich deutlich vor dem Ende der "Gemeinschaft" 1904 aus dieser zurück, um sich eigenen, anderen Aufgaben zu widmen, u.a. der Zeitschrift "Der arme Teufel".

Klar ist, daß auch die direkte Verbindung MAUTHNERs zu der  Gemeinschaft,  die ja zum Teil aus dem Friedrichshagener "Dichterkreis" um die HART-Brüder, BRUNO WILLE und WILHELM BÖLSCHE mit dem MAUTHNER in den 90er Jahren in Kontakt stand, hervorgegangen war, nicht zu unterschätzen ist: Sowohl die  Neue Gemeinschaft  als auch der von WILLE, BÖLSCHE u.a. im Jahr 1900 gegründete "Giordano-Bruno-Bund" konnten MAUTHNER und LANDAUER auf die Aktualität monistischer und einheitsorientierter Weltanschauungen hinweisen, die sich als Ausweg aus MAUTHNERs  skeptischer Sackgasse  anboten. (2) Beide entschieden sich jedoch jeweils für eine stark an MEISTER ECKHART angelehnte Weltanschauung, die man durchaus als "mystisch" - oder eben "neomystisch"bezeichnen kann, auch wenn - bzw. weil - der Gottesbegriff keine Rolle mehr in ihr spielt.

In der Flugschrift "Durch Absonderung zur Gemeinschaft" entwickelt LANDAUER eine neue Konzeption des Individuums, indem er von seinen Säulenheiligen ECKHART den er eifrig zitiert, und STIRNER, dem Modephilosophen der Individualität um 1900, dessen Lehren LANDAUER zu erweitern sucht, ausgeht: Das Individuum, das von dem "Gefühl, daß das Ich eine isolierte Einheit sei" (3), absieht und weiß, daß die Welt eine individuelle und "eine selbstgeschaffene Welt" (4) ist, kann aufgrund dieser idealistischen Erkenntnis, daß die Welt letztlich nur im Ich erlebt wird, also nur als subjektive Empfindung vorhanden ist", zur Gemeinschaft mit der Welt (5) kommen. Bisher verwandelte, so LANDAUER das Ich die Welt der Empfindungen in starre Begriffe, jetzt soll es sich selbst in "Weltgeist" (6) verwandeln, indem es sich asketisch in sich selbst, also in die Welt, versenkt. Diese (idealistisch aufgefaßte) Welt muß nun aber doch nach außen projiziert werden: Sie ist die  natura naturans  SPINOZAs, sie ist ein ewiger, begrifflich nicht faßbarer Fluß, und auch die Individuen in ihr sind nur Erscheinungsformen und Durchgangspunkte, elektrische Funken eines Großen und Ganzen". (7)

Doch nicht nur die Welt, auch das Wesen der Menschheit, das "Menschtum" (8) - nach LANDAUERs Einschätzung ist dies übrigens die Gottheit des MEISTER ECKHART ist im individuellen Einzelmenschen bereits vorhanden. Deshalb ist durch "mystische Abgeschiedenheit" (9) die Vereinigung nicht nur mit der Welt, sondern auch mit der Menschheit möglich. Dieses neue Individuum, das in seinem Menschtum eins ist mit der Welt und das das alte STIRNERsche  einzige  Individuum ablösen soll, fordert LANDAUER als Lebensideal der  Neuen Gemeinschaft,  die dieses neue Ideal im Kleinen verwirklichen und somit der restlichen Menschheit als Vorbild dienen soll. Nur das ganzheitliche Individuum, nur "das unendliche All, die naturende Natur, der Gott der Mystiker" (10) (ist nach LeANDAUER ein wahres Ich im idealistischen Sinne, und v.a. die Liebe, die Vereinigung zweier Menschen, kann uns diese "tiefste und glühendste Welterkenntnis" (11) vermitteln.

Sowohl MAUTHNERs als auch LANDAUERs Ausgangspunkt ist die radikale Skepsis bezüglich der Erkennbarkeit der Außenwelt (12) und so kommt LANDAUER gleich zu Beginn seines in Buchform 1903 veröffentlichten Essays "Skepsis und Mystik. Versuche im Anschluß an MAUTHNERs Sprachkritik" zu folgender Behauptung:
"Denn wo nichts mehr feststeht und kein Grund mehr ist, da gerade werden wir unsere Pfähle einrammen." (13)
Dabei sieht sich LANDAUER von einem Gesetz der Philosophiegeschichte bestätigt, daß auf große Zerstörer (SOKRATES, die scholastische Skepsis, KANT) immer große "Schöpfer" (14) (PLATON, die mittelalterliche Mystik, Idealismus und SCHOPENHAUER) folgen. NIETZSCHE ist übrigens für LANDAUER beides in einer Person (15) Auch MAUTHNER gilt ihm als ein solcher Zerstörer und dieser Essay soll dementsprechend der erste Schritt zu einer neuen Weltanschauung sein, die aus dieser Zerstörung durch die Sprachskepsis hervorgeht.

I.f. rekapituliert LANDAUER MAUTHNERs sprachkritische Position aus dem ersten Band der "Beiträge", was in einer Aussage gipfelt, die nicht nur die thesenhafte Zusammenfassung der MAUTHNERschen "Beiträge" ist, sondern auch als Resümee der NIETZSCHE-Schrift  Über Wahrheit und Lüge  angesehen werden könnte. (16)
So also steht fest: unsere Welt ist ein Bild, das mit sehr armseligen Mitteln, mit unseren paar Sinnen, hergestellt ist. Diese Welt aber, die Natur, in ihrer Sprachlosigkeit und Unaussprechbarkeit, ist unermeßlich reich gegen unsere sogenannte Weltanschauung, gegen das, was wir als Erkenntnis oder Sprache von der Natur schwatzen. Denn die Sprache ist nur ein Bild dieses Bildes, da alle Sprache durch Metapher entstanden und durch Metaphern sich weiterentwickelt hat. (17)
Und schon ist LANDAUER beim ersten Punkt, der Sprachskepsis und Mystik - denn diese ist sein Pfahl, den er einrammen will, wie schon die Mottos des Buches von PLOTIN und MEISTER ECKHART zeigen - miteinander verbindet: Die Sprachlosigkeit des Skeptikers gegenüber der eigentlichen Welt, die Sprachlosigkeit dieser Welt selbst und die Sprachlosigkeit, das Schweigen des Mystikers angesichts des Unsagbaren (Gottes bzw. der Welt als ganzer) gehören zusammen.

Aber so sicher auf KANT die Romantik folgte, so wird MAUTHNERs wuchtiges Fragezeichen kein Ende sein, sondern die Eingangspforte zu neuer Mystik. (18)

Als (sprachloser) Teil der (sprachlosen) Natur ist der Mensch eins mit der Natur, "weil er alles berührt" (19). Als Handelnder, der sprachlos in der Welt wirkt und nicht diese als Gegenüber, als ein Subjekt das Objekt erkennen will, ist der Mensch eins mit der Gesamtheit. Dies ist der Beginn der gottlosen Mystik LANDAUERs, die auf die (permanente) Einheit von Mensch und Welt abzielt, in der Sprachlosigkeit. Spricht der Mensch, so LANDAUER weiter, dann muß er sich bewußt sein, daß er nur mit Worten spielt, "nur Wortkunst" (20) betreibt.

Dann setzt LANDAUER zu einer neuen Verbindung von Skepsis und Mystik an, die weitgehend mit dem übereinstimmt, was er in "Durch Absonderung zur Gemeinschaft" bereits gesagt hat, wobei er des öfteren sogar die Formulierungen übernimmt (12), insbesondere bei der Beschreibung des Liebesakts als mystischer Einheitserkenntnis. (22) Drei Veränderungen gegenüber der Schrift für die "Neue Gemeinschaft" sind jedoch zu beachten: (23)
  1. LANDAUER bleibt deutlicher bei seinem Idealismus, der die Welt als psychischen Gegenstand (bzw. besser: Nicht-Gegenstand) begreift, als "unendlich differenzierte(s) Seelenfluten" (24), das durch Vererbung sogar zu so etwas wie einem überindividuellen ewigen Leben zu erweitern ist. (25) Wenn die Welt ein Fluß von psychischen Erlebnissen ist, also kein Gegenüber des erkennenden Ich, dann ist nach LANDAUER klar, daß unser Erkennen ein Werden, ein Zeugen, ein Untergehen und Wachsen sei, ein Ruhen im Neuen; daß wir nicht Geist haben, sondern Geist sind, daß die Welt in uns Geist ist-, nicht, daß wir es so erkennen; daß wir es so sind. (26)

  2. Die Überwindung des STIRNERschen Individualismus, der vom Individuum als nicht hintergehbarer, letzter und konkreter Instanz ausgeht, ist deutlicher herausgearbeitet und zwar v.a. durch die Bezugnahme auf ECKHARTs (27) Weg zur  unio  mit Gott durch Aufgabe des Ich, hier interpretiert als Weg zur Einheit mit der Welt.

    Um nicht welteinsam und gottverlassen ein Einziger zu sein, erkenne ich die Welt an und gebe damit mein Ich preis; aber nur, um mich selbst als Welt zu fühlen, in der ich aufgegangen bin. Wie ein Selbstmörder sich ins Wasser stürzt, so stürze ich mich senkrecht in die Welt hinab, aber ich finde in ihr nicht den Tod, sondern das Leben. Das Ich tötet sich, damit das Weltich leben kann. (28)

  3. LANDAUER erklärt unter Zuhilfenahme dessen, was MAUTHNER lehrt, wie es zu der Annahme einer außer uns liegenden materiellen Welt bei den Menschen kommt: Es ist die Raumfixiertheit der Sprache, die die Projektion einer  res extensa  nach sich zieht. V.a. diese gilt es zu überwinden, d.h. eine Sprache aufzubauen, die weniger dem Sehen als vielmehr dem Hören (29) verpflichtet ist, die nur das zeitliche Nacheinander, nicht aber das räumliche Nebeneinander kennt. Denn diese zeitorientierte Sprache kann dem  Weltfluß als Bewußtseinsfluß  viel eher gerecht werden:
Die Musik ist vielleicht nur ein primitiver Anfang zu dieser neuen Sprache. (30)

Dies führt LANDAUER im zweiten Abschnitt des Essays mit dem Titel "Die Welt als Zeit" aus. Hier faßt er zuerst den zweiten Band der MAUTHNERschen "Beiträge", v.a. dessen Meinungen zu Sprachgeschichte und Sprachentstehung zusammen. LANDAUER, der MAUTHNERs These von der Metaphorizität der Sprachentstehung und -entwicklung anerkennt, möchte durch eine neue Metaphorik eine neue Sprachordnung aufbauen, die den Raum durch die Zeit., dadurch die ausgedehnten Dinge durch ein eindimensionales kontinuierliches "Seelenfließen" (31), die darüberhinaus die Weltanschauung durch die "Weltbehorchung" (32) und die  causa  durch das  telos  ersetzt. Das  tertium comparationis  dieser neuen Metaphorik, die nicht nur die Raumsprache mit der Zeitsprache verbindet, sondem auch das Materielle als Psychisches darstellbar macht und damit ein einheitliches (idealistisches) Weltbild zu schaffen imstande ist, ist für LANDAUER die Zahl: Sie gilt ihm als "der Weg vom Raum zur Zeit" (33).

Einzelheiten zu diesem Übergang verschweigt uns LANDAUER zwar, aber er weist auf NIETZSCHE (34) und seine Bevorzugung des Werdens vor dem Sein hin, die ganz ähnlich zu verstehen sei wie seine eigene Auffassung vom eindimensionalen Zeitkontinuurn, das man "Dasein" nennt:
All unser Dasein setzt sich aus Momentpunkten zusammen, nicht Raumpunkten oder Atomen, sondern Gefühlspunkten, deren einer sofort dem andern Platz macht, und so immer und immer weiter. (35)
Was LANDAUER an der Zahl schätzt und was diese zum metaphorischen Weg zu einer neuen, dem menschlichen Dasein angemesseneren Sprache macht, legt er im dritten Abschnitt von "Skepsis und Mystik" dar: Es ist ihre Abstraktheit. Ähnlich wie ECKHART zur Einheit mit der Gottheit versucht also auch LANDAUER durch Abstraktion zur Einheit der Welt(anschauung) und damit zur Vereinigung mit der Welt zu gelangen. Seinen dritten Weg zur Einheit beschreibt er so:
Die Zahl reinigt die Sprache von den gröbsten Vermenschlichungen, die Zahl ist aber der Bildersprache unserer Sinne so sehr entrückt, so sehr eine Welt für sich, sie erinnert, obwohl wir sie nur vom Bekannten her haben können, so sehr an Unbekanntes, ist so eine unmetaphorische Metapher, daß sie uns nicht nur über unsere Interessen und Zwecke, sondern sogar über unsere Sinne erheben kann. (36)
Dies stimmt wie gesagt in gewisser Weise überein mit MEISTER ECKHARTs  via negativa  zur Gottheit durch Abstraktion über die Grenzen des für Menschen Faßbaren hinaus, auch wenn LANDAUER ECKHART hier nicht explizit erwähnt. Dies stimmt auch mit MAUTHNERs Ansicht (aus den "Beiträgen" und aus dem "Wörterbuch") überein, daß die substantivische Welt(anschauung), die ja die abstrakteste und am weitesten von der sinnlichen Wahrnehmung entfernte ist, eine mystische Welt(anschauung) sei. Problematisch ist nur, daß MAUTHNER ja die (auf Metaphern basierende) Abstraktion als das Hindernis der Erkenntnis ansieht, woraus sich sozusagen der Haßanteil an seiner Haßliebe zu MEISTER ECKHART erklären läßt.

LANDAUER der ja in diesem Punkt einer Meinung mit MAUTHNER ist, geht hier also offensichtlich schon gar nicht mehr von der Ausrichtung des Menschen auf Erkenntnis der Welt aus, sondern versucht vielmehr, eine nicht -anthropomorphe, entmenschlichte und entsinnlichte Weltanschauung zu etablieren, die dem naiven Erkenntnisideal und Wahrheitsbegriff des Menschen, der  adaequatio intellectus et rei  längst entwachsen ist. Eine dieser Weltanschauung entsprechende Sprache würde nach LANDAUER wohl eher der Musik, auf die er ständig hinweist, gleichen als unserer herkömmlichen Begriffssprache.

Diese neue musikalische Sprache, die der sprachkritischen Einsicht, daß mit Sprache Erkenntnis nicht möglich ist, Rechnung trägt und die seiner Auffassung von der Welt als Seelenfluß am nächsten kommt, sieht LANDAUER in der nicht mehr rhetorischen, sondern poetischen Sprache der romantischen und neuromantischen Dichter ansatzweise verwirklicht. (37) Denn
in der neuen Poesie, die seit GOETHE, NOVALIS und BRENTANO im Entstehen ist, sind dagegen Worte und Begriffe das Instrument, das uns zur Musik führt, zum Rhythmus, zum Unsagbaren, das in uns einschwingt und uns mitschwingen läßt. (38)
LANDAUER sieht also durch die romantische und symbolistisch-neuromantische Dichtung, deren Ästhetik er hier knapp und vage zusammenfaßt als den Primat nicht-semantischer und stimmungserzeugender Elemente vor dem semantischen Material (39), bereits eine Sprache verwirklicht, die fähig ist, das Unsagbare auszudrücken, die man also als "mystische Sprache" bezeichnen könnte. Er sieht sie unter seinen Zeitgenossen bei George, DEHMEL MOMBERT und HOFMANNSTHAL, den wohl bekanntesten aktuellen Lyrikern um 1903 in Deutschland, verwirklicht, wobei er besonders HOFMANNSTHALs Chandos-Brief als "Manifest" der "Abkehr von dem, was sich bisher Poesie nannte und was Rhetorik war" (40) hervorhebt. (41)

LANDAUER selbst redet nicht von einer "mystischen Sprache" o.ä., stellt aber die neue Lyrik aufgrund ihres spezifischen Verhältnisses zum Unsagbaren, dem Rhythmus auf der einen, dem sinnlichen Bild auf der anderen Seite, als den einzigen Weg von der Vernichtung der Sprache in der Skepsis zurück zur "Wortkunst" (42) dar, weil sich in ihr "alles Reale im Elemente des Traumes" (43) auflöst.

Den Schluß des Buches bestreitet LANDAUER mit der Stimmung, in die MAUTHNERs Sprachkritik jeden versetzt, der Erkenntnisinteresse hat: "Ruhe aus der Verzweiflung" (44). Diese Stimmung ist der eigentliche Wert der "Beiträge" für LANDAUER, denn diese Stimmung läßt uns auf jeglich (religiöse) Weltanschauung verzichten. Auch ECKHARTs Mystik und NIETZSCHEs "dionysischer Pessimismus" (45) entsprechen genau dieser Stimmung, auf die es dem politisch aktiven Anarchisten GUSTAV LANDAUER ankommt, weil sie aufgrund ihres befreienden Potentials in einer Zeit, in der "die Renovatoren toter Geistgespinste wieder einmal obenauf sind" (46), so bitter nötig ist. Somit waren, wie JOACHIM KÜHN es ausdrückt, die MAUTHNERschen Gedanken zur Sprachkritik für LANDAUER letztendlich "eine Verpflichtung zur Tat." (47)
LITERATUR - Uwe Spörl, Gottlose Mystik in der deutschen Literatur der Jahrhundertwende, Paderborn-München -Wien-Zürich 1997
    Anmerkungen
    1) KAROL SAUERLANDs jüngst erschienenen Artikel zu "Gustav LANDAUERs Mystik" (Sauerland 1992) kann ich leider nicht mehr einbeziehen, da er mir erst kurz nach der Fertigstellung der Arbeit zugänglich geworden ist. SAUERLANDs Ergebnisse stimmen jedoch soweit ich dies bei der einmaligen Lektüre feststellen konnte . weitgehend mit meinen Behauptungen überein bzw. sind mit ihnen verträglich. Dies trifft allerdings nur mit Einschränkungen für seine Schlußthese zu, die besagt, daß LANDAUER unabhängig von MAUTHNER zu sprachskeptischen Ansichten gelangte, wie einige Artikel LANDAUERs aus den Jahren 1895 und 1896 beweisen sollen. Diese These ist jedoch bezweifelbar: Zum einen kannte LANDAUER MAUTHNER schon seit etwa 1891, derselben Zeit, zu der MAUTHNER mit der Arbeit an seiner "Kritik" begann. Zum anderen erschienen die bereits behandelten und vermutlich MAUTHNER zuzuschreibende Essays Aus der 'Mappe eines lachenden Philosophen', die ja bereits sprachskeptische Positionen beinhalteten, schon in den Jahren 1893 bis 1895, der 'Essay zur Sprache' 1894.
    2) LANDAUERs geistige Position zwischen den Polen (skeptischer) Idealismus, Monismus und Pantheismus bzw. sein Problem ihrer Vermittlung ist durchaus mit dem Problemhorizont der romantisch-idealistischer Philosophen um 1800 (FICHTE, HEGEL, v.a. aber HÖLDERLIN und SCHELLING) zu vergleichen. Eine bewußte Anlehnung an diese Autoren ist bei LANDAUER, der ja ganz praktische Ziele vor Augen hat, jedoch nicht festzustellen.
    3) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig 1901 Seite 49.
    4) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig 1901, Seite 49
    5) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig 1901, Seite 2
    6) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig 1901, Seite 51
    7) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig 1901, Seite 7
    8) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig 1901, Seite 64
    9) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig 1901, Seite 64
    10) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig 1901, Seite 65
    11) GUSTAV LANDAUER, Durch Absonderung zur Gemeinschaft, in H. Hart / J. Hart (Hrsg.), Das Reich der Erfüllung, Leipzig1901, Seite 66
    12) LANDAUER bleibt bei seinem skeptischen Idealismus, wie die Überschrift zum ersten Teil des Essays zeigt. Sie lautet: "Das Individuum als Welt" (GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Versuche im Anschluß an Mauthners Sprachkritik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 1)
    13) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Versuche im Anschluß an Mauthners Sprachkritik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 3
    14) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 3
    15) LANDAUER schreibt: "Und was uns an FRIEDRICH NIETZSCHE so wundersam anzieht, ist ja nichts anderes als dieser vor unseren Augen sich abspielende Kampf innerhalb eines Individuums zwischen dem Skeptiker und dem erbaulich Erbauenden." (LANDAUER 1978, Seite 3)
    16) Ob LANDAUER diese nachgelassene Schrift NIETZSCHEs vor 1903 kannte, ist (mir) unbekannt. Er erwähnt sie an keiner Stelle. Die Möglichkeit besteht allerdings dennoch, da LANDAUER spätestens seit der Zeit seines ersten Romans ("Der Todesprediger" von 1893) als begeisterter NIETZSCHE-Anhänger und kritischer NIETZSCHE-Leser anzusehen ist.
    17) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 6
    18) GUSTAV LANDAUER, Sein Lebensgang in Briefen. Hrsg. von MARTIN BUBER, Ffm 1929, Seite 80 (aus einem Brief LANDAUERs an seine Freundin und spätere zweite Frau Hedwig LACHMANN vom 5.9.1900)
    19) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 6
    20) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 6
    21) Auch andere Abschnitte von "Skepsis und Mystik" sind z.T. bereits vorformuliert gewesen. So sind z.B. einige Passagen aus LANDAUERs Besprechung des zweiten Bandes von MAUTHNERs "Kritik", die den Titel "Die Welt als Zeit" trägt und in der 'Zukunft' (11/1903) erschienen ist, in "Skepsis und Mystik" übemommen.
    22) vgl. GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 21
    23) LANDAUER lebte nach seiner Trennung von der 'Neuen Gemeinschaft' 1901/02 für etwa ein Jahr zurückgezogen in England, zusammen mit HEDWIG LACHMANN die er 1903 heiratete. Er suchte dort bewußt das private, nicht mehr das gemeinschaftliche Glück (vgl. LANDAUER 1929, Seite 95) und trennte sich offensichtlich auch weltanschaulich zunehmend vom Monismus der 'HARTs, WILLE BÖLSCHEs usw.
    24) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 14
    25) Die oben angesprochenen Inkonsistenzen dieser Auffassung sind damit zwar nicht gänzlich beseitigt, aber doch deutlich abgemildert.
    26) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 21
    27) In "Durch Absonderung zur Gemeinschaft" konzentriert sich LANDAUER fast ausschließlich auf ECKHARTs Konzeption der asketischen und in sich selbst versunkenen Abgeschiedenheit. Diese spielt auch hier eine Rolle, wird aber ergänzt durch das, was ECKHART als den eigentlichen Weg zur 'unio' ansah.
    28) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 8
    29) Ein entsprechendes Diktum 'MEISTER ECKHARTs leitet den zweiten Teil des zweiten Abschnitts als Motto ein: "Man lernt mehr Weisheit mit dem Hören als mit dem Sehen. Das Hören bringt mehr hinein, aber das Sehen weist mehr hinaus." (Seite 45)
    30) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 15
    31) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 53
    32) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 53
    33) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 53
    34) Ähnlich wie MAUTHNER wirft LANDAUER allerdings neben der Anerkennung der (sprach)skeptischen Ansichten NIETZSCHE seine allzu große Ausrichtung auf Fragen der Moral und ihrer Kritik vor, die ihn schließlich - so LANDAUERs Überzeugung - zum "Systematiker" werden ließ: "Der Wille zur Macht" ist ein System: was er als Kennzeichen des Übermenschen fand, sollte als wirendes Prinzip in aller Natur nachgewiesen werden; der Mensch war also wieder einmal die Krone der Schöpfung.- (GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 65)
    35) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 59
    36) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 69
    37) Damit stellt er sich vielleicht zu MAUTHNERs Entsetzen" (Seite 72) - in deutlichen Gegensatz zu seinem Lehrmeister 'MAUTHNER, der die naturalistischen Dichter bevorzugt.
    38) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 73
    39) Die Analyse von NIETZSCHEs Stil im ZARATHUSTRA wird ähnliche Ergebnisse wie die hier formulierten zeigen, LANDAUER erwähnt "Also sprach Zarathustra" allerdings nicht.
    40) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 73
    41) Später wird er diese Meinung revidieren. Wir werden darauf in dem Kapitel zum Chandos-Brief HOFMANNSTHALs noch zurückkommen. Einige Jahre später sah LANDAUER (vgl. LANDAUER 1921) v.a. WALT WHITMANN und LEW TOLSTOIJ als poetische Darsteller der Weltanschauung an, die auch seine eigene war und die von Idealismus und Entsagung ebenso bestimmt ist wie von Bejahung der Sinnlichkeit und (politischer) Tat.
    42) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 73
    43) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 73
    44) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 73
    45) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 73
    46) GUSTAV LANDAUER, Skepsis und Mystik, Münster/Wetzlar 1978, Seite 74
    47) JOACHIM KÜHN, Gescheiterte Sprachkritik, Fritz Mauthners Leben und Werk, Berlin / New York 1975, Seite 221