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Schlagworte
HEINRICH BASILIUS STREITHOFEN

Eine moderne Form gegen die Wahrhaftigkeit zu verstoßen und die Wahrheit zu verletzen, ist der absichtliche Gebrauch von Schlagworten. Dies besonders für den Bereich des Politischen. Was heißt schon konservativ, progressiv, liberal, christlich, sozial, links oder rechts? Schlagworte sind einzelne Worte, die jemand ohne tiefere Kenntnis des wirklich mit ihnen gemeinten auch ohne Berücksichtigung des Wirklichkeitsgehaltes mit Selbstsicherheit und Selbstverständlichkeit gebraucht. Damit soll bei den Zuhörern Eindruck erweckt werden. Schlag-Worte sind dazu da, Gedanken totzuschlagen. Schlagworte sind gleichsam politische Schlagstöcke, die man dazu benutzt, auf den Gegner einzuschlagen.

Politiker und Journalisten gebrauchen besonders gerner Schlagworte. Aus Gründen modischer Anpassung an den Zeitgeist, aus Gedankenlosigkeit oder Wichtigtuerei. Schlagworte zu benutzen, kann von der Eitelkeit diktiert sein. Der Gebrauch von Schlagworten soll den Eindruck der Zuständigkeit und Sachkunde erwecken. Sie werden besonders gern in Wahlkampfzeiten von Politikern gebraucht und überhaupt in Reden, um andere Menschen unter Ausschaltung der Vernunft zu beeinflussen, ihre Stimmung, ihre Gefühle aufzuladen.

Schlagworte sind nicht mehr als allgemeine, nichtssagende Aussagen oder Behauptungen. Der Politiker benutzt sie gern, um den Andersdenkenden abzustempeln, oder gar ihn fertig zu machen. Dabei bleiben die verwandten Begriffe meist ungeklärt. Sie sind Klischees, vordergründig, plakathaft. Ihre Aufgabe ist es, entgegenstehende Bedenken ohne Zweifel zu unterdrücken oder sie sofort mit dem Schlagwort zu "zer"-schlagen.

Politiker und Journalisten wissen ganz besonders gut: Schlagworte sind wirkungsvoll, wenn es darum geht, unkritisch denkende Menschen gefühlsmäßig anzusprechen.


LITERATUR, Heinrich Basilius Streithofen, Macht und Moral, Die Grundwerte in der Politik, Stuttgart Berlin Köln Mainz 1979