ra-2Schweigen und Sprechen im Zen Zen-Unsinn Überwindung der Sprachkrise 
 
MIRACLE WORKERS
Zen oder Entweder
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"Im Zen-Buddhismus wird einer, der die absolute Subjektivität realisiert hat und die Wirklichkeit auf nicht-duale Weise aufnimmt, "Gastgeber" genannt (im Gegensatz zum "Gast", der die Wirklichkeit durch objektive Begriffe zu erkennen sucht).

Die Lehrmethode des Zen in den ersten Jahrhunderten ist das  Mondo.  Der Schüler stellt eine Frage (mon), der Lehrer gibt Antwort (to oder do) Osho (oberster Mönch) besucht Kakwan. Kakwan fragt; "Was ist der Weg?" Osho antwortet: "Es hat keinen Sinn, einen Keil in einen leeren Raum zu schlagen." Kakwan bemerkt: "Der Raum selbst ist der Keil." Osho schlägt Kakwan. Kakwan faßt Osho und droht: "Schlage mich nicht! Du kannst später unvernünftigerweise andere schlagen." Osho ist zufrieden. An der Art der Antwort erkennt der Zenmeister, ob der Schüler Gut und Böse, Ja und Nein, Sein und Nichtsein übersprungen hat und die Rückseite der Dinge, sein eigenes Selbst erfahren hat. Worte, Logik, Witz und Verstandesschärfe ohne Satori fallen ins Leere, fallen auf sich selbst zurück. Nur im existenziellen Sprung läßt sich das Ziel erringen. C.G. Jung bezeichnet den Vorgang des Satori als "den Durchbruch eines in der Ichform beschränkten Bewußtseins in die Form des nichtichhaften Selbst".

Die Erfahrung der Erleuchtung ist die Essenz aller Schulen östlicher Philosophie, aber Zen ist einzigartig darin, daß es sich ausschließlich auf diese Erfahrung hin konzentriert und an keinerlei weiteren Deutungen interessiert ist. Mit Suzukis Worten: "Zen ist die Schulung zur Erleuchtung." Ein Verständnis des Zen vermittelt einzig und allein die Erleuchtung (Satori). "Wo es kein Satori gibt, gibt es kein Zen."(4) Die Erfahrung des Satori überschreitet letztlich alle Denkkategorien, weswegen Zen an keinerlei Abstraktion oder begrifflichem Denken interessiert ist. Es hat keine spezielle Philosophie oder Doktrin, keine Glaubensbekenntnisse oder Dogmen und versichert, daß diese Freiheit von allem fixierten Glauben es wahrhaft geistig macht. "Auf seine Essenz zurückgeführt, ist das östliche Wissen eine Form des Seins, ein Bewußtseinszustand, der klar und sich selbst genügend ist, Das östliche Wissen ist letztlich auf das reine Bewußtsein ausgerichtet, um dort seine Erfüllung zu finden. So erfreut sich das Objekt im Osten einer unmittelbareren Beziehung zu sich selbst. Dem entspricht die östliche Form des Wissens in der Gestalt des Seins, d.h. eines Zustandes. Nur das ist begriffen, was man wird und was man ist."(5)

Satori ist keine abnorme Geistesverfassung, es ist keine Trance, in der die Wirklichkeit verschwindet. Es ist kein narzistischer Gemütszustand, wie man ihn in einigen religiösen Offenbarungen findet. Es ist höchstens der vollkommen normale Zustand des Geistes. "Der Geist steht sich selbst wie in einem Spiegel gegenüber und erkennt sich darin. So ist das, was der Geist am Ende lernt, daß er nur sich selbst erkennen kann - daß er in die Irre geführt wurde, verlockt von einem Phantom."(6) "In the end, the mind faces itself."(7)

Was also bedeutet  Satori?  Worte beschreiben es nicht, vermitteln aber eine Ahnung. Die Erleuchtung geschieht abrupt, intuitiv, irrational, unmittelbar, das Ichhafte überschreitend, sich selbst bestätigend, unpersönlich, aber erhebend im Gefühl. Den Gehalt können nach Meister Seppo (822-908) selbst die Buddhas der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht verkünden. Und doch geschieht nichts Außernatürliches. Es wechselt nur die Seinsebene und damit die Bewußtseinsebene. Im Wald sieht man vor lauter Bäumen keinen Wald, wohl sehen wir ihn aber aus der Luft oder aus der entsprechenden Entfernung. Das Auge überschaut dann den Wald als Ganzes. Satori bewirkt diesen Blick auf das Ganze, aber ohne den Menschen deswegen aus der konkreten Nähe zu lösen. Satori ist die Gleichzeitigkeit von Nähe und Ferne, zeit und Ewigkeit, Ich und Selbst, Teil und Ganzes. Das Immanente ist transzendent, das Transzendente immanent. Darum die Konkretheit des Erlebnisses. Eine Frage, ein Blick auf eine Blume, ein Schlag, ein Beinbruch, ein Schrecken, eine Überraschung: alles kann Satori auslösen. Erst nach langer Zeit, wenn überhaupt, erfolgt die Erleuchtung. Sie erfolgt blitzartig und ist eine Verwandlung des ganzen Menschen. Es ist in der Sprache der Zen-Buddhisten ein Sterben und eine Wiedergeburt. Der auf solche Weise Verwandelte wird vom Meister in schweigender Kommunikation erkannt.

Das konkrete Ganze, die Alleinheit, das kosmische Einssein verwandelt den Menschen. Darum das radikale Auslöschen aller Gedanken, Bilder, Empfindungen, Verhaftungen auf dem Übungsweg, das radikale Nein zum Schein, bis  shabetsu  (Verschiedenheit) und  byodo  (Gleichheit) identisch sind. Satori ist das Ganze, das sich begreift, wie es an sich ist, wie es in sich ist. Der Begreifende ist das Begriffene, Objekt und Subjekt sind eins. Den Zustand der Selbstidentität drückt das Schweigen am besten aus, ein Schweigen, das Friede, Freiheit, Freude ist; eine Leere, die in Kraftfülle umschlägt.(8) Hans Sachs, einer der frühesten Mitarbeiter Freuds, soll gesagt haben, daß eine Psycho-Analyse dann zuende ist, wenn der Patient einsieht, daß sie endlos weitergehen könnte - eine Bemerkung, die vielleicht eine mehr als zufällige Ähnlichkeit mit dem zen-buddhistischen Lehrsatz hat, daß die Erleuchtung dann kommt, wenn der Schüler begreift, daß es kein Geheimnis gibt und keine Antwort und daß es daher keinen Sinn hat, weitere Fragen zu stellen. Das Satori bewirkt hauptsächlich eine Leere in der Sprache.

Alle Dinge in ihrer fundamentalen Natur sind nicht benennbar oder erklärbar. Sie können in keinerlei Form von Sprache angemessen ausgedrückt werden. Den östlichen Weisen geht es daher mehr darum, eine direkte, nicht-intellektuelle Erfahrung der Einheit aller Dinge zu erlangen. Dies war die Einstellung des Buddha, der alle Fragen nach dem Sinn des Lebens, dem Ursprung der Welt oder der Natur des Nirvana mit einem "edlen Schweigen" beantwortete. Die unsinnigen Antworten der Zen-Meister, wenn sie uns irgend etwas erklären sollen, scheinen denselben Zweck zu haben. Mehr als alle anderen Schulen östlicher Mystik ist Zen überzeugt, daß Worte niemals letzte Wahrheit ausdrücken können. Der Taoismus zeigt die gleiche kompromisslose Haltung. Chuang-Tzu sagt: "Wenn jemand nach dem Tao fragt, und ein anderer ihm antwortet, dann weiß es keiner von beiden." Der unerschöpfliche Ursprung wird das Brahman geheißen. Dieses läßt sich weder beschreiben, noch definieren. Brahman ist das Unendliche, welches das Endliche gebiert. "Die buddhistische Lehre von der Leere (Sunya Vada) weist jede Aussage über das Daseiende als verkehrt ab, sowohl die Aussage "etwas ist", als auch die entgegengesetzte "etwas ist nicht". Keinerlei Aussage stimme mit der Wirklichkeit überein, weil der Urgrund der Welt sich weder als Etwas, noch als Nicht-Etwas erweisen läßt. Er entzieht sich der begrifflichen Formulierung; und nur derjenige, welcher jenseits der Begrifflichkeit gelangt, dabei aber die Schritte zu ihrer Überwindung im einzelnen kennt, wird die echte Erleuchtung erlangen."(9) Alle menschlichen Begriffe sind endlich, das sie mindestens den Gesetzen der Grammatik unterliegen, sofern sie sich sprachlich fassen lassen. daher könne sie den Ursprung der Wirklichkeit niemals bestimmen. Das Brahman bleibt jenseits von Namen und Form. Im Zustand der Erleuchtung verschwinden alle Unterschiede.

Der Zustand der Erleuchtung bedeutet eine existenzielle Wandlung: Das Durchstoßen der Vorstellung in die Leerheit. Die Meditation ist das Pflegen der Ruhe und das Anhalten der Vorstellungstätigkeit des "betrunkenen Affen". Jeglich intellektuelle Bemühung ist schädlich, wenn man von ihr Erkenntnis erwartet; nur als Dialektik der Leerheit, des Absurden kann sie ein Ziel bedeuten. Größtes Hindernis auf dem Weg zur Erleuchtung ist die Scheidung von Subjekt und Objekt. Meditation der Leerheit ist der eine Weg, der künstlerische Weg wie die Malerei und die Dichtung oder das Bogenschießen ist der andere. Über die jeweilige Kunst sind Subjekt und Objekt zu vereinen, wodurch nur noch die Leere übrigbleibt. Ihr Erreichen äußert sich als Meisterschaft: Die Erleuchtung bedeutet gleichzeitig die Vollendung der Kunst. Der Weg der Erfahrung des  Es  besteht, wie bei allen Erleuchtungswegen auch, in der meditativen Abstellung aller inneren Tätigkeiten (Gedanken, Gefühle, Absichten). Der Samurei hat ohne jede Irritierung durch Gefühle und Absichten spontan der jeweiligen Situation zu entsprechen. Die Reaktion muß so unmittelbar folgen wie ein Spiegel ein Bild reflektiert. Sie darf nicht an der Situation haften. Der Samurai soll in der Bewegung unbewegt bleiben. "Wenn man von einer feindlichen Übermacht umstellt ist, doch dabei, mag man auch nach links oder rechts seine Hiebe austeilen, der Geist im Hinblick auf Leben und Tod völlig ruhig ist und die Gedanken von der feindlichen Übermacht unbewegt bleiben, das wird  in der Bewegung unbewegt  genannt".

Im Tempel des Zen-Meisters Bokusan suchte ein flüchtiger Samurai Schutz. Bald kamen die verfolgenden Samurai und bedrängten Bokusan zu sagen, wo der Flüchtende sei. "Es ist niemand hier", sagte der Zen-Meister. "Wenn du nicht sagst, wo der Flüchtende ist, schlagen wir dir den Kopf ab", sagten die verfolgenden Samurai und zogen ihre Schwerter. "Wenn ich jetzt also sterben soll", sagte Meister Bokusan, "werde ich noch etwas Wein trinken". Er holte eine Flasche Wein, schenkte ein und trank mit offensichtlichem Behagen. Die verfolgenden Samurai blickten sich an, dann gingen sie davon. Als Bokusan über diesen Vorfall befragt wurde, antwortete er nach langem Zögern: "Als die verfolgenden Samurai kamen, tat ich nichts, was sie wollten weder stritt ich mich mit ihnen, noch hielt ich Fürbitte. Ich gab einfach ihre ganze Welt auf und hatte nichts mit ihnen zu tun und auf einmal sah ich, wie sie gegangen waren."

Vom Standpunkt des Zen sind das Erwachen des Buddha und die Lehre Buddhas, daß j e d e m dieses Erwachen möglich sei, das Wesentliche am Buddhismus. Der Rest der Lehre, erläutert in umfangreichen Sutren, wird als Anhang betrachtet. Die heiligen Schriften des Buddhismus werden im Zen-Buddhismus für bloße Fetzen Papier gehalten. Wichtiger ist die Kette der mystischen Lehrer. Die Zen-Meister redeten nicht viel und verachteten alles Theoretisieren und Spekulieren. So entwickelten sie Methoden, direkt auf die Wahrheit aufmerksam zu machen, mit plötzlichen spontanen Handlungen oder Worten, welche die Paradoxien des begrifflichen Denkens enthüllen und wie die schon erwähnten Koans, den Denkprozess stoppen sollen, um den Lernenden für die mystische Erfahrung bereit zu machen. Die Meister sprechen so wenig wie möglich und benutzen ihre Worte, um die Aufmerksamkeit des Schülers von abstrakten Gedanken zu konkreten Realität hin zu lenken.

Ein Mönch, der um Weisungen bat, sagte zu Bodhidharma: "Ich habe keinen Seelenfrieden. Bitte befriede meine Seele." "Bring mir deine Seele her", antwortete Bodhidharma, "und ich werde sie befrieden!" "Aber wenn ich meine eigene Seele suche", sagte der Mönch, "dann kann ich sie nicht finden". "Da!", rief Bodhidharma aus: "Ich habe deine Seele befriedet!"

Alle Dialoge beleuchten einen Aspekt, der für Zen charakteristisch ist. Die chinesischen Meister betonen immer, daß Chan oder Zen unsere tägliche Erfahrung ist, der Alltagsverstand. Das Gewicht liegt auf dem  Erwachen  inmitten der täglichen Angelegenheiten und es wurde klar gemacht, daß das tägliche Leben nicht nur ein  Weg  zur Erleuchtung ist, sondern  die  Erleuchtung selbst. Im Zen bedeutet Satori die unmittelbare Erfahrung der Buddha-Natur der Dinge. Die sind zuallererst die Dinge, Angelegenheiten und Menschen des täglichen Lebens, so daß Zen, während es die praktischen Seiten des Lebens betont, nichtsdestoweniger tief mystisch. Alle menschlichen Handlungen bergen die Möglichkeit zur Größe in sich, ob es sich um das Wechseln von Windeln oder die Lektüre von Spinoza, das Pflügen für Gerste oder das Messen von Milchstraßen handelt: jede richtige Betrachtung und ihre Ausübung versprechen den Lohn der Einsicht. Der "Glanz des Gewöhnlichen" zeigt sich mit der Erkenntnis, daß Kleinode der Erleuchtung an den unscheinbarsten Stellen gefunden werden. "Oh, göttliche Arbeit! Das Wasser schöpfen, Holz schlagen!" Wer da ganz in der Gegenwart lebt und den täglichen Angelegenheiten seine volle Aufmerksamkeit widmet, erfährt die Wunder und Mysterien des Lebens in jeder einzelnen Handlung.

Die Vollendung des Zen besteht somit darin, in unserem täglichen Leben natürlich und spontan zu leben. Als Po-Chang gebeten wurde, Zen zu definieren, sagte er: "Wenn du gehst, bescheide dich mit dem Gehen. Wenn du sitzt, dann bescheide dich mit dem Sitzen. Aber vor allem zögere nicht!" Obwohl das offensichtlich und simpel klingt, wie so vieles im Zen, ist es in Wirklichkeit eine sehr schwierige Aufgabe. Unsere ursprüngliche Natürlichkeit zurückzugewinnen, erfordert langes Training und stellt eine große geistige Leistung dar. Zen ist das tägliche Bewußtsein. Dieses tägliche Bewußtsein ist nichts anderes, als als schlafen, wenn du müde bist - essen, wenn dich hungert. Sobald wir nachdenken, überlegen und Begriffe bilden, geht das ursprünglich Unbewußte verloren und ein Gedanke taucht auf. Wir essen nicht mehr, wenn wir essen, schlafen nicht mehr, wenn wir schlafen. Der Bogen ist abgeschossen, aber er fliegt nicht gerade zur Scheibe hin, und die Scheibe steht auch nicht dort, wo sie stehen soll.

Im Zen-Buddhismus wird einer, der die absolute Subjektivität realisiert hat und die Wirklichkeit auf nicht-duale Weise aufnimmt, "Gastgeber" genannt (im Gegensatz zum "Gast", der die Wirklichkeit durch objektive Begriffe zu erkennen sucht). Im taoistischen Denken heißt dieser Mensch, der die Gastgeberposition einnimmt, "der Erhabene", und Meister Rinzai nenn ihn "der wahre Mensch ohne Rang", er ist ohne Rang, weil über ihn nichts ausgesagt werden kann. Zen fordert absolute Freiheit, die alle Verhaftungen und Zwänge ausschaltet. Der Buddha wie auch die Patriarchen müssen vernichtet werden. Alle Zwänge im Geist müssen beseitigt werden. Wie kann es für jemanden, der durch den Abgrund des großen Zweifels gegangen ist, Subjekt und Objekt, Du und Ich überstiegen hat, irgendetwas geben, das ihn beunruhigt? Nach der Essenz des Buddhismus gefragt, sagte ein Zen-Meister: "Ah, dies!"
    "Mit leeren Händen gehe ich dahin, und siehe! der Spaten ist in meinen Händen; Ich wandre zu Fuß und reite dabei auf dem Rücken eines Ochsen; Wenn ich über die Brücke gehe - siehe, so fließt nicht das Wasser, sondern die Brücke."
Nichts erscheint unlogischer und widerspricht dem gesunden Menschenverstand mehr, als diese drei Verse. Die Kritiker werden deshalb geneigt sein, Zen als absurd, verwirrend und jenseits der Grenze des Vernünftigen Denkens zu erklären. Aber Zen bleibt unbeugsam und verwahrt sich dagegen, daß der sogenannte gesunde Menschenverstand, wie er die Dinge anschaut, das letzte Wort hat; es erklärt vielmehr, daß der Grund, der es uns unmöglich macht, eine durchdringende Erkenntnis der Wirklichkeit zu erlangen, auf ein unvernünftige Suche nach der logischen Deutung der Dinge zurückgeht. Wollen wir ernstlich auf den Grund des Lebens hinabtauchen, so müssen wir die lieben und gewohnten logischen Schlüsse opfern und uns einen neuen Weg der Betrachtung eröffnen, auf dem wir der Tyrannei der Logik ebenso entrinnen wie der Einseitigkeit des alltäglichen Sprachgebrauchs. So paradox es klingen mag, Zen besteht darauf, daß wir den Spaten in leeren Händen halten sollen, und daß es nicht das Wasser, sondern die Brücke ist, die unter unseren Füßen dahinfließt.

Einer der großen Zen-Meister Japans beschreibt das Leben eines Zen-Anhängers wie folgt: Der Bodhisattva dreht das Identitätsrad der Gegensätze oder Widersprüche: Schwarz und weiß, Dunkel und Hell, Gleichheit und Verschiedenheit, das Eine und die Vielen, Endlich und Unendlich, Liebe und Haß, Freund und Feind usw. usw. Inmitten von Wolken und Staub, unendlich wechselvoll, wirkt der Bodhisattva, Kopf und Gesicht ganz mit Schmutz und Asche bedeckt. Wo die höchste Verwirrung der Leidenschaften in unbeschreiblicher Wut rast, lebt der Bodhisattva sein Leben mit all seinen Wechselfällen, wie das japanische Sprichwort sagt: "Siebenmal hinauf und hinunter rollend und sich achtmal wieder hebend." Er ist wie die flammende Lotusblume, deren Farbe heller wird, während sie die Feuertaufe empfängt. Rinzai beschreibt seinen "Menschen ohne Rang" wie folgt: "Er ist im Hause und verläßt doch die Straße nicht. Er ist auf der Straße und verläßt doch nicht das Haus. Er ist ein gewöhnlicher Mensch oder ein großer Weiser? Niemand kann es sagen. Selbst der Teufel weiß nicht, wo er ihn finden soll. Und selbst der Buddha kann ihn nicht so lenken, wie er es vielleicht möchte. Wenn wir versuchen, auf ihn zu zeigen, ist er nicht mehr da, sondern jenseits des Berges."

LITERATUR
- ZENKEI SHIBYAMA, Zu den Quellen des Zen, Bern/Mchn/Wien 1976
- D.T SUZUKI, Die große Befreiung, Weilheim 1972
- ROBERT A. WILSON, Zen ohne Meister, Linden 1979
- FROMM/SUZUKI/deMARTINO, Zen-Buddhismus und Psychoanalyse, Ffm 1980
- ROBERT M. PIRSIG, Zen oder die Kunst ein Motorrad zu warten, Ffm 1974
    Anmerkungen
    4) D. T. SUZUKI, Der Weg zur Erleuchtung, Baden-Baden o.J., Seite 38
    5) WILLIAM S. HAAS, Westliches und östliches Denken, Reinbek 1966, Seite 155
    6) WILLIAM S. HAAS, Westliches und östliches Denken, Reinbek 1966, Seite 124
    7) A. S. EDDINGTON, Am Ende steht der Geist sich selbst gegenüber.
    8) Vgl. JOSEF ZAPF, Mystik aus religiosgeschichtlicher und religionspsychologischer Sicht in Andreas Resch (Hrsg): Mystik, Innsbruck 1975, Seite 61
    9) ARNOLD KEYSERLING, Geschichte der Denkstile, Wien 1968