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ALOIS RIEHL
Über wissenschaftliche und
nichtwissenschaftliche Philosophie

[eine akademische Antrittsrede]
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"Weltanschauungen gehören nicht in die Wissenschaft, sondern zum Glauben. Zum Glauben aber kann oder soll doch niemand gezwungen werden. Die Art, wie das Gemüt mit Welt und Leben seinen Ausgleich trifft, wie es seine subjektive Einheit und Harmonie den Ereignissen gegenüber behauptet oder herstellt, ist mehr von persönlichen Erfahrungen und besonders von der angeborenen Stimmung als von Belehrung abhängig; sie ist die eigentliche Privatsache eines Jeden von uns. Wir müßten befürchten, störend in die Privatrechte eines anderen Herzens einzugreifen, wollten wir unsere ebenso subjektive Gemütserfassung der Dinge den anderen aufdrängen. Die Produktionen und Projektionen des Gemüts lassen sich durch wissenschaftlichen Beweis nicht hervorbringen, durch Widerlegung nicht beseitigen."

Nicht was die Dinge sind und wie die Vorgänge nach Gesetzen sich folgen, sondern was sie bedeuten, gemessen nach der Norm ästhetisch-ethischer Musterbegriffe, gemessen also nach den Ansprüchen unseres nach Vollkommenheit trachtenden Gemüts, suchte Plato zu ergründen.


Hochansehnliche Versammlung!

Viel bestritten und in der Tat schwer zu behaupten und zu begrenzen ist das Gebiet jener Erkenntnis, deren Pflege mir an der hiesigen Universität anvertraut worden ist. Indem ich das mir übertragene Amt vor Ihnen hiermit antrete, glaube ich dem Zweck der feierlichen Sitte, nach der dies geschieht, am Besten zu entsprechen, wenn ich meine Auffassung von der Philosophie als Wissenschaft und ihrem Unterschied von der nichtwissenschaftlichen Philosophie, wie ich sie nenne, entwickle.

Mit dem Namen Philosophie ist die Erinnerung an das älteste wissenschaftliche Denken verbunden; - aber bis auf die neueste Zeit konnten die Ansichten über Bedeutung und Wesen der Philosophie nicht zur Übereinstimmung gebracht werden. Dem Gegensatz der philosophischen Systeme entspricht eine fast ebenso große Verschiedenheit in der Erfassung und Bestimmung der allgemeinen Aufgabe der Philosophie. Nicht erst bei den Lehrsätzen, schon bei der Definition der Philosophie selbst hebt der Streit der philosophischen Richtungen an. Was soll der positive Forscher von einer Wissenschaft denken, die nicht bloß der Stetigkeit in ihrer Entwicklung zu entbehren scheint, sondern sogar einen festen, allgemein anerkannten Begriff ihrer eigenen Aufgaben vermissen läßt?

Ich werde nun nicht nötig haben, alle Definitionen [ww-wasist], die im Laufe der Zeit von der Philosophie gegeben wurden, aufzuzählen und jede einzelne zu prüfen. Ein solches Unternehmen könnte, abgesehen vom geringen Nutzen, den es verspricht, leicht unvollständig bleiben, da man nicht wissen kann, ob nicht irgendein Philosoph zur Zeit irgendeine neue Definition seiner Wissenschaft bereit hält. Ich werde vielmehr von demjenigen ausgehend, was alle Philosophie ihrer Gegensätze und inneren Zerwürfnisse ungeachtet, Gemeinsames und Verwandtes aufweist, die Quelle des gemeinschaftlichen Irrums auszudecken suchen, - und ich werde zur Erklärung dieses Irrtums den Weg einer übersichtlichen historischen Betrachtung einschlagen, überzeugt, daß derselbe hier allein zum Ziel führen kann.

Was Jedem, der mit der positiven Forschungsweise bekannt ist, an der Philosophie zuerst auffallen muß, ist der ganz unverhältnismäßig hohe Wert, den diese auf ihre Systemform legt. Das Wissen aus dem System gilt der Philosophie als das allein wahre, als das vollendete Wissen. Sie tadelt, nicht ohne einige Geringschätzung, an den positiven Wissenschaften, daß diese mühsam immer nur einzelne, zerstreute Erkenntnisse zu liefern vermögen. Für sich selber erhebt sie den Anspruch, von einigen wenigen Grundbegriffen - womöglich einem einzigen Begriff - aus, die Gesamtheit dessen, was ist und geschieht, in seiner Notwendigkeit zu erfassen. Sie schreibt sich die tiefste und gründlichste Einsicht in das "Wesen" der Dinge zu, welche Einsicht ein volles und erklärendes Licht über den innersten Zusammenhang der Erscheinungen verbreiten, Sinn und Bedeutung alles Wirklichen enträtseln soll. - Tatsächlich hat die Philosophie ihr systematisches Gedankenbild freilich immer nur in den allgemeinsten Zügen auszuführen, den weitesten Umrissen zu entwerfen vermocht. Sie ist mit ihrem Vorhaben, auch den empirischen Gehalt der Dinge aus ihrem System zu gewinnen, entweder, wie die bei SPINOZA der Fall war, nicht über die bloße Forderung hinausgekommen - oder, wo sie sich einmal angeschickt hat, es auszuführen, damit, wie das Beispiel HEGELs zeigt, vollständig und kläglich gescheitert. Indem die Philosophie die Gesamtheit der Erkenntnisse zu einem einzigen System zusammenschließen will, muß sie begreiflicherweise mit der tätigen, daher beständig fortschreitenden Forschung in Konflikt geraten. Diese, in Fluß und Entwicklung, in Gestaltung und Umgestaltung begriffen, vermag die Fesseln oder, wie wir auch sagen können: die Zwangsjacke des philosophischen Systems nicht zu ertragen. Könnte die Philosophie jemals ihre Forderung eines einheitlichen und abgeschlossenen Systems aller Erkenntnisse durchsetzen, könnte sie wirklich alles Wissen im Niederschlag ihrer Begriffe fixieren; so wäre damit augenscheinlich das Ende und der Stillstand aller Forschung gekommen.

Dennoch kann der Gedanke, von dem sich die Philosophie bei der Konstruktion ihrer Systeme leiten läßt, nicht als völlig unberechtigt abgewiesen werden. Er muß irgendeinen Kern an Wahrheit einschließen; er hätte sonst nicht so viele, unstreitig hervorragende Denker vieler Jahrhunderte getäuscht. Er muß seine geschichtliche Veranlassung, aber außerdem auch eine gewisse innere Überzeugungskraft haben.

Soll mit diesem Gedanken nichts weiter ausgedrückt werden, als das Bewußtsein, daß alle Wissenschaften der Idee nach zu dem Einen und Ganzen der menschlichen Einsicht und Erkenntnis gehören; so wird ihm gewiß auch jeder positive Forscher, der gelernt hat, über die Schranken seines Faches zu blicken, willig zustimmen. Aber die wissenschaftliche Forschung kann diesen Gedanken eben nur als eine Forderung gelten lassen, welche das gemeinsame Ziel ihrer Arbeiten vorzeichnet; sie kann ihn nicht als eine Aufgabe ansehen, deren Lösung wieder einer einzelnen Wissenschaft zufallen sollte. Im Fortgang des wissenschaftlichen Forschens selbst werden nicht selten die scheinbar entlegendsten Tatsachen einheitlich verbunden und ganze früher getrennte Untersuchungsgebiete einander genähert. Wärme und Massenbewegung wurden als verschiedene Formen ein und derselben Kraft erkannt, zwischen welchen eine unveränderliche numerische Beziehung besteht: das mechanische Äquivalent der Wärme. Die Abstammungs- und Entwicklungslehre DARWINs hat sämtliche biologische Wissenschaften in eine fruchtbare Berührung und Wechselwirkung gebracht. So gelangt die Wissenschaft gerade auf dem Weg der Spezialisierung und Arbeitsteilung, den ihr das Interesse strenger Wissenschaftlichkeit vorschreibt, im Laufe der Zeit zur Vereinigung ihrer Forschungsergebnisse. Sie findet sich von selber auf das System geführt, oder doch demselben näher gebracht, ohne es zu suchen. Die Philosophie dagegen konstruiert das System der Wissenschaften a priori, und sieht sich dafür genötigt, ihren voreiligen Bau nach jedem prinzipiellen Fortschritt der empirischen Erkenntnis wieder abzubrechen. Ich schwebt das Ziel in unmittelbarer greifbarer Nähe vor, das für die Wissenschaft in einer unabsehbar fernen Zukunft liegt. Sie hat es mit jedem System erreicht geglaubt, um durch jedes folgende wieder enttäuscht zu werden. In der Tat lassen sich die Punkte, an denen die Wissenschaften in Berührung und systematische Verbindung treten werden, nicht von vornherein erraten und feststellen. Die Ausführung und Begründung des wahren Systems unserer wissenschaftlichen Erkenntnisse ist daher die gemeinschaftlich, sich sukzessiv [aufeinanderfolgend - wp] vollziehende Leistung sämtlicher Wissenschaften im Verein; sie ist das zu erstrebende, insofern jederzeit ideale Ziel der Gesamtwissenschaft, dem sich jede einzelne Wissenschaft umso wahrscheinlicher annähert, je weniger absichtlich sie es verfolgt. Denken wir und die Wissenschaften in ihrer Vollendung, so bleibt auch nicht der kleinste Raum, nicht der geringste Anlaß mehr zur Konstruktion philosophischer Systeme. Bilden wir uns nicht ein, daß wir vom sogenannten Wesen der Natur jemals mehr zu erkennen und einsehen werden, als die methodische Naturforschung uns von ihm zu erkennen gibt! Wähnen wir nicht, vom Wesen unseres Geistes und des psychischen Lebens überhaupt jemals mehr erfahren zu können, als uns die positive Geisteswissenschaft, die menschliche und die komparative [vergleichende - wp] Psychologie im Verein mit der Physiologie von diesem dunkelsten aller Geheimnisse enthüllen werden!

Das wahre System der Erkenntnisse, ich wiederhole es, ist die Gesamtheit der Wissenschaften selbst.

Der Gedanke der Einheit allen Wissens darf übrigens nicht übertrieben werden. So wie ihn die Philosophie bisher erfaßt hat, ist er nichts weiteres als die Übertragung der subjektiv zwar notwendigen Einheit des Bewußtseins auf die Wirklichkeit selber, auf ein Gebiet also, auf dem eine so vollkommene Einheit wie sie der Verstand voraussetzt aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht anzutreffen ist. Gerade von diesem unkritisch erfaßten Einheitsgedanken rührer aber jene beständig wiederholten, immer wieder vereitelten Versuche der Philosophie her, aus einem einzigen, obersten Prinzip, es sei die Substanz SPINOZAs oder FICHTEs absolutes Ich, die Idee HEGELs oder SCHOPENHAUERs Wille, Natur und Geist im Ganzen und im Einzelnen zu begreifen. So sind die philosophischen System schon ihrer Wurzel subjektiv fehlgreifend. Sie haben die Einheit von Kunstwerken, eine künstliche Einheit und gleichen daher mehr Werken der Einbildung als der Wissenschaft. Sie sind in der Tat, wie SOPHIE GERMAIN es so treffend gesagt hat: die Romane der Denker.

Inhaltlich betrachtet, will das philosophische System Weltanschauung sein. Die Philosophie nennt sich Weltanschauungslehre. Sie schreibt sich den Beruf zu, über die Welt zu orientieren, in welcher uns die anderen Wissenschaften zu orientieren haben. Suchen wir zunächst den Sinn festzustellen, den man verständigeweise dem Ausdruck Weltanschauung beilegen kann. Soll Weltanschauung ein Inbegriff wissenschaftlicher Sätze von höchster Allgemeinheit und universeller Tragweite sein, so wüßte ich nicht, welche anderen Sätze mit größerem Recht zur Weltanschauung gezählt werden sollten, als die allgemeinen mechanischen Prinzipien, die den Kosmos beherrschen. Dies würde also eine mechanische Weltanschauung ergeben. Allein - so meint man es wohl kaum, wenn man von Weltanschauung redet. Die Beziehung allgemeinwissenschaftlicher Anschauungen auf den Menschen, ihr Verhältnis insbesondere zu den Anforderungen seines Gemütes machen aus jenen Anschauungen erst eine Weltanschauung. Diese Beziehung, dieses Verhältnis sind daher wesentlich mit dem Begriff Weltanschauung zu verbinden. Nun gestehe ich offen, daß mir der Ausdruck Weltanschauung jederzeit etwas anmaßend erschienen ist, so anmaßend wie der entsprechende Ausdruck Weltgeschichte, wie der Mensch seine kleine politische Geschichte zu nennen beliebt. Man kann doch eigentlich nur von der Anschauung reden, die sich die Menschen einer bestimmten Zeit von der ihrer Erfahrung zugänglichen Welt bilden. Die Weltanschauung kann also höchstens die Anschauung des Menschen von der Welt innerhalb der Grenzen seiner bisherigen Erfahrung und nach Maßgabe der bisher erreichten Entwicklung seiner Verstandeskräfte bedeuten.

Aber auch wenn man Begriff der "Weltanschauung" auf diese allein rationale Weise begrenzt, so sehe ich noch immer nicht ein, weshalb gerade die Philosophie, weshalb überhaupt eine einzelne Wissenschaft vor anderen sich berufen glauben sollte, an der Ausbildung einer Weltanschauung zu arbeiten?

Es gibt einen objektiven, d. h. dem wissenschaftlichen Beweis zugänglichen Teil der im obigen Sinn richtig verstandenen Weltanschauung. Die Unfruchtbarkeit der eigentlichen Philosophie in der Ausführung dieses objektiven Teils des Weltbildes liegt zutage. Sämtliche hierher gehörigen wissenschaftlichen Wahrheiten sind nicht von ihr, sondern von der Wissenschaft selbst entdeckt und begründet worden. Oder - gehört nicht das heliozentrische System des KOPERNIKUS, das dem Menschen seine wahre, recht bescheidene Stelle im Kosmos angewiesen hat, ganz eigentlich zur Weltanschauung des Menschen? Orientiert es ihn nicht tatsächlich über die Welt, über sein wirkliches Verhältnis zur Welt? Und die moderne Abstammungslehre, welche, so viel in ihr im Einzelnen noch streitig sein mag, in der Hauptsache feststeht, ist sie nicht ebenfalls bereits ein wesentlicher Bestandteil der wissenschaftlichen Weltanschauung geworden? Hat sie nicht dem Menschen seine zeitliche Stelle in der Entwicklungsreihe der Lebewesen ebenso bestimmt angewiesen, wie ihm das kopernikanische System seine räumliche Stelle bestimmt hatte?

Weil die Systemphilosophie es sich nachrühmen läßt, früher als die Wissenschaft das Prinzip der Entwicklung entdeckt und angewandt zu haben, so mag dieser Punkt noch im Vorbeigehen kurz erörtert werden. Jene stufenweise und planmäßig fortschreitende Entwicklung, wie sie die Naturphilosophie SCHELLINGs und der Seinen gelehrt - richtiger aus der gleichzeitigen Naturwissenschaft entlehnt hat, oder gar die an orientalische Emanations- und Abfallsphantasien gemahnende Entwicklungsidee HEGELs, haben mit unserer heutigen naturwissenschaftlichen Entwicklungslehre nur den Namen gemein. Diese letztere schließt von der äußeren Natur alles Geplante und Tendenziöse aus und ist eben dadurch in den Stand gesetzt, die für jeden Entwicklungsplan unerklärlichen Tatsachen der Rückbildung und des gleichzeitigen Vorkommens niedrigster neben höchst entwickelten, oder differenzierten Lebensformen verständlich zu machen.

Weltanschauungen sind jedoch keine Sache bloß des Verstandes. Sie wenden sich an den ganzen Menschen, an alle Seiten seines Wesens. Das Gemüt, nicht der Verstand ist ihr eigentlicher Urheber. Sie sind daher zu ihrem überwiegenden Teil subjektiv und keine Aufgabe der Wissenschaft. Weltanschauungen gehören, wie selbst der Philosoph HERBART einräumt, nicht in die Wissenschaft, sondern zum Glauben. Zum Glauben aber kann oder soll doch niemand gezwungen werden. Die Art, wie das Gemüt mit Welt und Leben seinen Ausgleich trifft, wie es seine subjektive Einheit und Harmonie den Ereignissen gegenüber behauptet oder herstellt, ist mehr von persönlichen Erfahrungen und besonders von der angeborenen Stimmung als von Belehrung abhängig; sie ist die eigentliche Privatsache eines Jeden von uns. Wir müßten befürchten, störend in die Privatrechte eines anderen Herzens einzugreifen, wollten wir unsere ebenso subjektive Gemütserfassung der Dinge den anderen aufdrängen. Die Produktionen und Projektionen des Gemüts lassen sich durch wissenschaftlichen Beweis nicht hervorbringen, durch Widerlegung nicht beseitigen. Wer pessimistisch gesinnt ist, die Empfänglichkeit für die Werte und Reize des Lebens nicht besitzt oder verloren hat, kann durch die bloße Belehrung nicht vom Optimismus überzeugt werden.

Allerdings hat auch das Gemüt seine Gesetze: auch für seine Regungen gelten Regelmäßigkeit und Ordnung. Diese Gesetzmäßigkeit der Gemütsäußerungen zu ermitteln, fällt der Psychologie als Aufgabe zu. Die Gemütserfassung von Welt und Leben wird sonach zum Objekt einer psychologischen Kritik. Ihre Hervorbringung aber kann so wenig die Sache der psychologischen Wissenschaft sein, als es die Aufgabe der Ästhetik sein kann, Kunstwerke zu schaffen. Es scheint, daß diese Hervorbringung außer von individuell-subjektiven Beweggründen, zum großen Teil von jenen kollektiven, noch wenig analysierten Ursachen abhängt, welche den allgemeinen Gang der Geschichte beherrschen und von denen uns LECKY im Nachlassen des Aberglaubens in Europa ein interessantes Beispiel vorgeführt hat.

Soweit die Forderung eines Erkenntnissystems berechtigt ist, wird sie - freilich nur annäherungsweise - von der Wissenschaft selbst erfüllt. So weit die Weltanschauung objektiv zu begründen ist, fällt ihre Begründung gleichfalls der Wissenschaft zu. Ihr subjektiver Teil aber tritt aus dem Rahmen bloßer Wissenschaft heraus.

Die Philosophie als System und als Weltanschauungslehre ist daher keine Wissenschaft.

Wie läßt sich aber der Jahrhunderte alte Irrtum, dem die Systemphilosophie verfallen ist, geschichtlich erklären? Woher stammt das Idol einer absoluten Erkenntnis vom Wesen der Welt, einer allesumfassenden Wissenschaft, dem die Philosophie so lange nachgegangen ist und das einige Wenige noch immer verfolgen?

Name und Sache der Philosophie sind eine Schöpfung des griechischen Geistes. Was man von orientalischer Philosophie entdeckt zu haben glaubte, gehört zum weitaus überwiegenden Teil noch dem religiösen Vorstellungskreis an, einiges Spätere aber steht unter dem Einfluß der griechischen Philosophie.

Die Philosophie ist die Wissenschaft in ihrem griechischen Zeitalter.

Die Philosophie ist die griechische Wissenschaft.

Dieser einfache Satz lehrt bei weitem mehr, als es zunächst den Anschein hat. Denn wie sich auch sonst historische Mächte, die der Vergangenheit angehören, vermöge einer gewissen Beharrungstendenz noch lange in die Folgezeit hinein und mitten unter wesentlich veränderten und umgeschaffenen geschichtlichen Verhältnissen erhalten haben, so hat sich auch die griechische Form der Wissenschaft, die Philosophie, neben der eigentlichen, im 17. Jahrhundert geschaffenen, modernen Wissenschaft behauptet. Sie hat sich sogar mit der letzteren in der mannigfachsten Weise berührt und so zu den hybriden Bildungen geführt, die wir als die Systeme der neueren Philosophie kennen.

Vom christlichen Mittelalter ist es hinlänglich bekannt, daß seine ganz scholastische Weisheit aus einigen übersetzten Schriften des ARISTOTELES geschöpft wurde. Die systematischen Begriffe der Philosophie des ARISTOTELES erwiesen sich dehnbar genug, um den wissenschaftlichen Rahmen für ein kirchlich-politisches Glaubenssystem abzugeben. Die Naturphilosophie am Eingang der neueren Zeit hat zwar die Autorität des ARISTOTELES bekämpft und beseitigt, aber nur, um dafür die Autorität der Pythagoräer, PLATOs, der Neuplatoniker einzutauschen. Ich greife ein Beispiel heraus, weil es das glänzendste und weitaus interessanteste ist und weil es die Naturphilosophie überhaupt, nicht bloß die italienische am Besten charakterisiert. Der durch seine Lehre und sein Verhängnis, durch seine Lehre, die ihm zum Verhängnis werden sollte, gleich merkwürdige ehemalige Dominikanermönch GIORDANO BRUNO aus Nola, läßt in seinen wissenschaftlichen, oder richtiger seinen dichterischen Werken überall den Einfluß erkennen, den die Philosophie des Altertums auf Inhalt und Richtung seiner Spekulationen genommen hat. BRUNO ist von einer erstaunlichen, ebenso ausgebreiteten wie tiefen Gelehrsamkeit. Es ist mir kein Philosoph des Altertums bekannt, den er nicht erwähnt, keine Lehre der antiken Philosophie, die er sich nicht mit vollem Verständnis angeeignet hätte. Seine Vorstellung von den Dingen als Schatten der Ideen, seine Konzeption der heroischen Liebe, sie stammen direkt aus dem platonischen Gedankenkreis; es sind platonische Gedanken, die der Nolaner freilich nicht einfach entlehnt, sonder mit verwandtem Geist wieder erzeugt hat. Das Verhältnis der Zusammenstimmung, das er zwischen den Spezies der Dinge und der Zahlen bestehend denkt, ist pythagoräischen Ursprungs. Und so ist überhaupt sein ganzes dichterisches Denken vom Geist der Antike beseelt und erfüllt. Zugleich berührt sich aber auch in BRUNOs schöpferischer Phantasie die moderne mit der antiken Wissenschaft. BRUNO ist einer der ersten, die rückhaltlos die kopernikanische Theorie angenommen haben und der erste, der ihr eine universelle, kosmische Ausdehnung gegeben hat. Ungleich dem späteren KEPLER, der noch die Fixsternsphäre bestehen läßt, hat BRUNO die Fixsterne als Sonnen erkannt, um welche sich wie um unsere Sonne Planeten bewegen. Überall im unendlichen Kosmos sieht er dasselbe Leben, dasselbe organische Bilden, Empfinden und Denken. Seine Spekulation eilte hierin der Wissenschaft weit voran - der einzige, mir bekannte Fall, daß bloße Spekulation eine wissenschaftliche Wahrheit ermittelt hat. Alle Ideen der späteren spekulativen Philosophie finden sich bereits im Weltbild BRUNOs teils angedeutet, teils ausgeführt. Er und SPINOZA haben insbesondere an der Schöpfung der deutschen idealistischen Systeme den erheblichsten Anteil genommen. So stehen also auch diese Systeme mittelbar im Zusammenhang mit der antiken Wissenschaftsform. Namentlich aber haben auch sie am griechischen Begriff der Philosophie als einem universellen, einheitlich abgeschlossenen Ganzen der Erkenntnis festgehalten. Es gibt in der Tat keine andere Philosophie, als die griechische.

Die Alten haben mit Ausnahme der Mathematik und einiger Sätze der Statik - und diese Ausnahme ist bezeichnend - keine eigentliche Wissenschaft hervorgebracht. Sie hatten dafür die Philosophie. Diese war ihnen ganz eigentlich der Ersatz der ihnen fehlenden Wissenschaft. Man darf daher die Philosophie nicht als die Vorstufe der Wissenschaft betrachten, wie es COMTE getan hat. Denn die moderne Wissenschaft hat sich unabhängig und im Gegensatz zur Philosophie, d. h. eben zur griechischen Gestalt der Wissenschaft, entwickelt. Sie hat die Tradition der Philosophie schlechthin und mit vollem Bewußtsein abgebrochen.

Man hat öfters die Frage verhandelt, aus welchen Ursachen die Alten in der Wissenschaft keine reellen Fortschritte hinterlegt haben. Man erklärt uns, den Alten haben die Hilfsmittel, die Instrumente der experimentellen Forschung, gefehlt. Aber man bedenke doch, mit welch einfachem Kunstmittel (der verschieden geneigten schiefen Ebene) GALILEI seine Fallgesetze beweisen konnte. Die allermeisten instrumentalen Mittel der Forschung wurden unter der Anleitung der Forschungsmethode erfunden, nur einzelne wenige zufällig gefunden. Hätten also die Alten die richtige Methode besessen, so würden sie ohne Zweifel auch die Instrumente, die nach dieser Methode geschaffen werden, in Besitz erlangt haben. Die Alten, so sagt man uns weiter, haben den Wert der quantitativen Bestimmung der Erscheinungen oder Beobachtungen, ihrer Zählung und Messung, verkannt. Gewiß ist dies richtig. Aber sie haben ihn verkannt, weil sie keinen Sinn dafür besaßen, weil sie ihrer Naturbegabung zufolge für die eigentliche Wissenschaft keine Befähigung hatten. Dort, wo sich ihnen die numerischen Beziehungen der Erscheinungen sozusagen aufdrängten, haben sie den Zahlen, wie das Beispiel PLATOs und der Pythagoräer lehrt, sogleich einen ungehörigen, metaphysisch deutelnden Sinn untergelegt.

Das griechische Volk, für Kunst, Rhetorik und Dialektik wunderbar begabt, hat seine künstlerischen Neigungen, seine Beredtsamkeit und seinen Sinn für das subtilste Räsonnement [Argumentation - wp] in Worten auch auf seine wissenschaftlichen Versuche einfließen lassen. Es hat niemals die Grenzen gesehen und beachtet, welche Kunst und Wissenschaft trennen. Es war nicht die allen ersten Versuchen anhaftende Unvollkommenheit, nicht die Unvollständigkeit der Erfahrung, welche bei ihm eine eigentliche und strenge Wissenschaft nicht entstehen ließen. Vielmehr ist es die besondere Ausstattung des hellenischen Volkes - sein Nationalcharakter - gewesen, wodurch dieses Volk in der Kunstschöpfung unerreicht, in der Wissenschaft erfolglos werden mußte. Aus seinem Kunstsinn erklärt sich völlig ungezwungen auch sein Streben nach einem vollständig abgerundeten, allseitig ausgeführten Weltbild. Die griechischen Denker, welche die Welt als "Kosmos" bezeichneten, suchten die Schönheit und Ebenmäßigkeit des Ganzen der Dinge durch eine besondere Art von Kunst, durch eine Architektonik der Begriffe, nachzubilden, - die Philosophie. Das System, das die Philosophie alle Zeit gesucht hat, ohne es zu finden, ist ein griechisches Idol der Wissenschaft.

Es genügt, um die Art von Wissenschaft, welche die Griechen allein hervorzubringen vermocht haben, zu kennzeichnen, auf die Methode PLATOs und seines großen Nachfolgers zu verweisen.

Nicht was die Dinge sind und wie die Vorgänge nach Gesetzen sich folgen, sondern was sie bedeuten, gemessen nach der Norm ästhetisch-ethischer Musterbegriffe, gemessen also nach den Ansprüchen unseres nach Vollkommenheit trachtenden Gemüts, suchte PLATO zu ergründen. Seine "Ursachen" sind nicht Bedingungen der Erscheinungen, die aus der Erfahrung abgeleitet werden können, sondern Vorbilder und Typen, welche im Diesseits der Erfahrung und Wirklichkeit nie erreicht, niemals rein ausgeprägt werden können. ARISTOTELES, obschon unstreitig mit einem gewissen Sinn für empirische Beobachtung und Forschung ausgestattet, vermochte doch nicht, sich dem Einfluß des platonischen Gedankenkreises zu entziehen. Er bestreitet zwar die Transzendenz der platonischen Musterwesen, mit Ausnahme der Transzendenz seines eigenen "unbewegten Bewegers", aber er verlegt die Typen oder Formen als innere Zwecke und Prinzipien der Gestaltung in die diesseitigen Dinge selbst. Er verwirft die bereits von EMPEDOKLES geäußerte Ansicht von der Zweckmäßigkeit als einem mechanischen Erfolg, um überall in der Natur nach Zwecken zu suchen und so die eigenen Anfänge einer Naturforschung zu verderben. Die Natur betrachtet er als große Künstlerin und denkt sich ihr Verfahren analog der menschlichen Kunsttätigkeit. Seine Beobachtungen sind unkritisch, seine tatsächlichen Angaben daher öfters erstaunlich fehlgreifend. Er steht nicht an, aus bloßen Begriffen und Definitionen materiale, naturwissenschaftliche Folgerungen zu ziehen, obschon er gelegentlich das Gefühl verrät, daß dialektische Begriffserörterung und physische Untersuchung eine ganz verschiedene Methode zu befolgen haben. Über ein Beschreiben und Klassifizieren der Erscheinungen und ein syllogistisches Verbinden der Begriffe ist er nicht hinausgekommen. Sein Syllogismus, der als Beweisverfahren betrachtet, sich augenscheinlich im Kreis dreht, gehört zur Darstellung, nicht zur Ermittlung wissenschaftlicher Wahrheiten. - So steht die griechische Wissenschaft, die Philosophie, sogar bei ihrem nüchternsten Vertreter unter dem Einfluß des griechischen Kunstgeistes.

Die neuere italienische Naturphilosophie hatte schon nach kurzer Blüte abgelebt. An ihre Stelle trat die moderne, hauptsächlich von GALILEI geschaffene Naturwissenschaft. Philosophie und Wissenschaft bedeuteten nun eine geraume Zeit hindurch dasselbe. Was die Griechen gesucht, aber verfehlt hatten, war jetzt gefunden. GALILEI meint ohne Zweifel die Naturwissenschaft, wenn er erklärt, er habe mehr Jahre dem Studium der Philosophie gewidmet als Monate jenem der Mathematik. Und wenn HOBBES es als die Aufgabe der Philosophie bestimmt, die Erscheinungen aus ihren Ursachen zu erklären und die wahrscheinlichsten Ursachen oder Erzeugungsformen aus den Wirkungen abzuleiten, so erkennt jeder, daß er damit die Doppelaufgabe der positiven Wissenschaft angegeben hat. Seine Schrift "de corpore" ist eine allgemeine Abhandlung der Physik, hauptsächlich auf den von GALILEI errichteten Grundlagen. Seine Gewährsmänner und Autoritäten sind nicht die alten Philosophen, nicht PLATO und ARISTOTELES, welche, wie er treffend sagt, mit aus Worten gedrehten Stricken die Wahrheit in ihrer Entstehung erstickt haben. Vielmehr sind es die Heroen der modernen Wissenschaft: KOPERNIKUS, KEPLER, HARVEY und ganz besonders GALILEI, von dem er mit Recht erklärt, daß mit ihm das Zeitalter der Physik beginnt. Seine Philosophie ist überhaupt: Körperlehre d. h. Naturwissenschaft - sein wissenschaftliches Hauptwerk: "de cive" erste und hochbedeutsame Versuch, die naturwissenschaftliche Methode auf das Studium der menschlichen Gesellschaft anzuwenden, der erste, in der Hauptsache gelunge Versuch einer positiven Soziologie, wie man heute diese Disziplin zu nennen pflegt.

DESCARTES ist nur zu einem Viertel Philosoph, die übrigen drei Viertel seiner Werke gehören der Mathematik, der Physik, der Anatomie und Physiologie an. Er hat zuerst die Tatsache der Reflexbewegung festgestellt, er zuerst die mechanische Physik auf sämtliche organische Verrichtungen angewandt, die Erscheinungen des Lebens statt vitalistisch, mechanisch zu erklären versucht. Seine wissenschaftlichen Hauptwerke sind die Geometrie, die Dioptrik, die Abhandlung über den Menschen. Aber gerade bei ihm wird der verderbliche Einfluß so recht ersichtlich, den die Philosophie noch immer auf die wissenschaftliche Untersuchung genommen hat. Seine scholastische Jugendbildung, die nur allzu gründlich war, konte in ihren Nachwirkungen auf sein späteres Denken auch durch seinen kühnen, universellen Zweifel nicht mehr gänzlich ausgeschieden werden. Sie hat ihn verhindert, den wissenschaftlichen Entdeckungen seines großen Zeitgenossen GALILEI gerecht zu werden, ja dieselben auch nur zu verstehen und als richtig einzusehen. Er, der sonst zutreffende Vorstellungen von der naturwissenschaftlichen Erkenntnismethode im allgemeinen besaß, tadelt in einem bekannten Brief an MERSENNE, den man nicht oft genug anführen kann, daß GALILEI, ohne die ersten Ursachen der Natur zu betrachten, nur die Gründe einiger besonderer Erscheinungen gesucht und so ohne Fundament gebaut hat. GALILEI hätte zuvor bestimmen müssen, was die Schwere ist und wenn er davon das Richtige weiß, so würde er auch wissen, daß sie im leeren Raum gar nicht vorhanden ist. An einer späteren Stelle desselben Briefes wagt es DESCARTES, sogar die Richtigkeit der Fallgesetze und des Gesetzes der parabolischen Wurfbewegung in Abrede zu stellen! Seine eigenen physikalischen Spekulationen sind durchaus willkürlich und rein philosophisch; sie erheben sich der Gattung nach nicht über die Spekulationen der antiken Naturphilosophie, mit der sie das Bestreben, alles und jedes zu erklären, teilen. Es ist keineswegs, wie man wohl gesagt hat, ihr Fehler, daß sie zu mathematisch, sondern daß sie es zu wenig sind. Man kann mit ihnen, als Voraussetzungen, nicht rechnen, man kann sie daher nicht der entscheidenden Probe des quantitativen Beweises unterwerfen.

Erst bei SPINOZA treffen wir wieder auf den reinen und ganzen Metaphysiker, nach antiker Art und Denkweise. Schon äußerlich ahmt seine Darstellung die hölzerne und ungelenke Demonstriermethode EUKLIDs nach. PLATO und die Stoa haben an seinem Weltbild mitgeschaffen. Platonisch ist seine Unterscheidung und Entgegensetzung der adäquaten, vollkommen angemessenen Erkenntnisform von der nicht-adäquaten, unter welcher letzteren Wahrnehmung und Erfahrung zu verstehen sind. Die reinen Wesenheiten der Dinge, die als in Gottes Wesen begriffen sub specie aeternitatis [das Individuum im Licht der Unendlichkeit - wp] angeschaut werden, sind die Ideen PLATOs; seine geistige Liebe Gottes erinnert an den platonischer Eros. Seine Affektenlehre, in ihren Ausführungen originell und nicht ohne wissenschaftlichen Wert, nimmt wie die stoische ihren Ausgang vom Selbsterhaltungstrieb. Seine Ansicht, daß die Leidenschaften lediglich aus inadäquaten Vorstellungen hervorgehen sollen, trifft mit einer Lehre der stoischen Philosophie zusammen. Aus dieser stammt auch seine seltsam verkehrte Meinung, die Affekte durch bloße Vernunft, durch die denkende Betrachtung ihrer Ursachen bemeistern und zum Verschwinden bringen zu können. Wie die Stoa, so stellt auch er als das Ziel des vernunftgemäßen Lebens die Affektlosigkeit, die Apathie hin und das Bild des "freien Mannes", das er entwirft, trägt unverkennbar Züge des stoischen Weisesn. - SPINOZA ist der Klassiker der Philosophie antiker Art in der neueren Zeit, er ist der vollendetste Repräsentant des von KANT als dogmatisch bezeichneten Typus der Philosophie.

Wir würden LEIBNIZ sehr Unrecht tun, wollten wir ihn vorzugsweise als Philosophen betrachten und beurteilen. Seine Monadenerdichtung und seine Verteidigung Gottes in Sachen der Übel der Welt können seine wahren wissenschaftlichen Verdienste kaum beeinträchtigen. LEIBNIZ ist in erster Linie Mathematiker und also solcher einer der größten aller Zeiten. Teilt er doch mit NEWTON den Ruhm, die Differentialrechnung erfunden zu haben! Er ist außerdem durch seine wissenschaftlichen Leistungen hervorragend in der theoretischen Mechanik, der Physik, der Geologie, der historischen Quellenforschung, der Jurisprudenz. LEIBNIZ ist ein wahrhaft großer Geist. Die allseitige und rastlose, sowohl gelehrte, wie auch produktive wissenschaftliche Tätigkeit, die er entfaltete, die, wie man wohl sagen darf, ungeheure wissenschaftliche Kultur, die er in seiner Person darstellt, sie haben, man braucht bloß an seinen Einfluß auf LESSING zu erinnern, wesentlich zur Wiederherstellung unserer durch den unseligen 30-jährigen Krieg unterbrochenen geistigen Kultur verholfen. Aber als Metaphysiker, als Philosoph denkt LEIBNIZ so dogmatisch und unmodern, wie alle anderen Systemphilosophen, denkt er so griechisch und unwissenschaftlich, wie diese.

Von dem ziemlich untergeordneten englischen Platonismus ist in einer übersichtlichen Darstellung nicht zu reden; die deutschen idealistischen Systeme habe ich, was ihren mittelbaren oder unmittelbaren Zusammenhang mit der griechischen Philosophie betrifft, bereits erwähnt.

Demnach gibt es nur eine griechische Philosophie neben dem, was sich traditionell von ihr erhalten und fortgebildet hat, auf der einen, - die moderne, erst im 17. Jahrhundert geschaffene Wissenschaft auf der anderen Seite, wobei letztere in ihrer weiteren Entwicklung berufen und befähigt ist, die erstere vollständig zu beseitigen.
LITERATUR stopper Alois Riehl, Über wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Philosophie, Freiburg i. Br. und Tübingen 1883