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OTTO SCHLUNKE
Die Lehre vom Bewußtsein
bei Heinrich Rickert

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"Rickert erklärt, daß die Erkenntnistheorie nur möglich ist, wenn sie bei einem schlechthin Nichtgewußten beginnt, bei einem Etwas also, von dem der Erkenntnistheoretiker selbst nichts wissen kann; ein Geständnis, das gleichbedeutend wäre mit dem: Erkenntnistheorie ist überhaupt nicht möglich! Denn, um mit Rickert zu reden, ein Denken, das mit nichts beginnen will, könnte auch niemals von der Stelle kommen; eine Wissenschaft ohne Ausgangspunkt ist ein Widerspruch in sich."

"Das Wort gegeben bringt und kann nur zum Ausdruck bringen, daß das als gegeben Gekennzeichnete ein Gewußtes, Objekt ist. Als Gewußtes ist aber nur etwas zu begreifen, wenn etwas vorhanden ist, dem es Gewußtes sein kann, wenn also ein Wissendes sich findet, das das als gegeben (gewußt) Gekennzeichnete als sein Gewußtes hat. Dieses Wissende, demgegenüber die Vorgänge Gewußtes wären, vermag aber Rickert nicht aufzuweisen, denn das Wissende müßte entweder etwas von den Vorgängen Unterschiedenes sein oder die Vorgänge müßten als sich selbst wissend begriffen werden."


IV. Die "Gewinnung" des "Bewußtseins überhaupt"
durch philosophische Abstraktion


1. Die philosophische Abstraktion

Vor der Beantwortung der Frage, ob das von RICKERT als Ausgangspunkt seiner Erkenntnistheorie gesetzte "Bewußtsein überhaupt" den aufgestellten Forderungen entspricht, ob sich also mit seiner Hilfe dem "Realismus" und "Solipsismus" erfolgreich begegnen läßt, ist die zweite der von mir aufgestellten Fragen beantwortet, die Frage nämlich, mit welchem Recht Rickert ein vom menschlichen Bewußtsein unterschiedenes Bewußtsein als den Ausgangspunkt seiner Erkenntnistheorie setzt.

Eine besondere Schwierigkeit muß sich für RICKERT zunächst daraus ergeben, daß das "Bewußtsein überhaupt" nicht sein Wissensgegenstand sein kann, oder mit anderen Worten, daß das "Bewußtsein überhaupt" für ihn als Erkenntnistheoretiker nicht "da sein" darf, denn das "Bewußtsein überhaupt" soll ja kein "Objekt" oder "Bewußtseinsinhalt" unter anderen "Objekten" oder "Bewußtseinsinhalten" sein, sondern begriffen werden als ein "Subjekt im Gegensatz zu allen Objekten". Es gerät so die Erkenntnistheorie gleich beim Beginn ihrer Untersuchung, wie es scheinen will, in einen unlösbaren Widerspruch: der Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie, das "Bewußtsein überhaupt", das als Ausgangspunkt der Wissenschaftslehre doch nur zu fassen ist, wenn es ein "Gewußtes", "Gegebenes", "Objekt" ist, muß nach RICKERT angesprochen werden als "Nichtgewußtes", "Nichtgegebenes", "Nichtobjekt", damit es als Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie, d. h. als "Subjekt im Gegensatz zu allen Objekten" bestehen kann. So stände der Erkenntnistheoretiker vor zwei Widersprüchen, von denen er einen beim Beginn seiner Untersuchungen scheinbar wählen muß: entweder, er bleibt seiner Behauptung treu, daß das "Bewußtsein überhaupt" ein "Subjekt im Gegensatz zu allen Objekten" ist, und erklärt, daß die Erkenntnistheorie nur möglich ist, wenn sie bei einem schlechthin Nichtgewußten beginnt, bei einem "Etwas" also, von dem der Erkenntnistheoretiker selbst nichts wissen kann; ein Geständnis, das gleichbedeutend wäre mit dem: "Erkenntnistheorie ist überhaupt nicht möglich!" Denn, um mit RICKERT zu reden, ein Denken, das mit nichts beginnen will, könnte auch niemals von der Stelle kommen (1); eine Wissenschaft ohne Ausgangspunkt ist ein Widerspruch in sich.

Oder aber der Erkenntnistheoretiker streicht seine Behauptung, daß das "Bewußtsein überhaupt" ein "Subjekt im Gegensatz zu allen Objekten" ist, und setzt das "Bewußtsein überhaupt" als "Objekt", was ebenfalls gleichbedeutend wäre mit der Erklärung, Erkenntnistheorie ist nicht möglich, da nach RICKERT Erkenntnistheorie als besondere Wissenschaft nur bestehen kann, wenn sie einen anderen Ausgangspunkt zu finden weiß, als die übrigen Wissenschaften, deren Ausgangspunkt "Objekte" bilden.

Hat also der Erkenntnistheoretiker am Beginn seiner Untersuchung nur die beiden Möglichkeiten, entweder die Erkenntnistheorie bei einem Nichts, d. h. schlechthin Nichtgewußten beginnen zu lassen, oder aber das "Subjekt im Gegensatz zu allen Objekten" als "Objekt" zu setzen, so heißt das, die erkenntnistheoretische Untersuchung mit einem Widerspruch beginnen. Wie auch immer der Erkenntnistheoretiker wählen mag, das Resultat für die Erkenntnistheorie bleibt dasselbe: sie wird durch jede Wahl als Wissenschaft unmöglich gemacht.

Da - im kritischen Moment - stellt ein "Begriff" zur rechten Zeit sich ein: RICKERT sucht die Erkenntnistheorie gegen den Vorwurf, daß sie als Wissenschaft nicht möglich ist, zu retten, indem er erklärt, daß er nicht das "Bewußtsein überhaupt" als solches . denn dieses ist allerdings ein Nichtgewußtes - an den Anfang seiner Untersuchungen stellt, sondern den "Begriff" eben dieses "Bewußtseins überhaupt". Der Begriff nur dieses "Bewußtseins überhaupt" soll und kann "Objekt" des Erkenntnistheoretikers sein, nie und nimmer aber das "Bewußtsein überhaupt" als solches. (2) So wir die Erkenntnistheorie RICKERTs letzten Endes nur möglich durch die Behauptung, daß der "Begriff" eines Besonderen in Untersuchung stehen könnte, ohne daß dieses Besondere selbst ein Wissensgegenstand, ein Objekt ist: eine Behauptung ohne Begründung, eine Behauptung aber auch ohne Halt, RICKERT selbst nimmt ihr jede Stütze, indem er doch wieder das "Bewußtsein überhaupt" als solches als Ausgangspunkt seiner Erkenntnistheorie, folglich als "Objekt" behandelt, und, wie ich hinzufüge, verwerfen muß, wenn sein erkenntnistheoretisches System sich nicht auflösen soll in einen Komplex von Widersprüchen und unhaltbaren Behauptungen. Auch diese Trennung von Begriff und Bewußtsein vermag nichts zur Lösung der Schwierigkeiten betreffs des Ausgangspunktes der Erkenntnistheorie beizutragen; sie flüchtet von einem Widerspruch zum nächsten: Das "Bewußtsein überhaupt" darf nicht "Objekt" sein, folglich nicht als Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie gelten, der "Begriff des Bewußtseins überhaupt", als etwas vom "Bewußtsein überhaupt" Unterschiedenes, darf nicht den Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie bilden, weil, auch wenn es möglich wäre, den Begriff eines Besonderen als "Objekt" zu setzen, ohne daß das Besondere selbst ein Gewußtes ist, die Setzung des "Begriffs" vom "Bewußtsein überhaupt" als Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie die Wissenschaftslehre" in unlösbare Schwierigkeiten verwickelt, wofür der Nachweis erbracht werden wird.

Aber auch dieser "Begriff des Bewußtseins überhaupt" als der angebliche Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie liegt nicht in jedem "individuellen Ich" fertig vor, sondern der Erkenntnistheoretiker sieht sich vor die Aufgabe gestellt, diesen Begriff erst zu "bilden", bevor er sich an seine eigentliche Aufgabe, die "Begründung der allgemeingültigen und notwendigen Erkenntnis" macht. Der Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie als der vorurteilslosen Wissenschaft soll somit ein "Denkgebilde" (3), ein "Urteilsprodukt" des Erkenntnistheoretikers sein. Damit ist diese Erkenntnistheorie schon in ihrem Ausgangspunkt, ganz abgesehen von ihren anderen Vorurteilen, als "vorurteilslose Wissenschaft" gerichtet.

Den "Begriff des Bewußtseins überhaupt" gewinnt der Erkenntnistheoretiker angeblich aufgrund eines besonderen Verfahrens, der "Begriffsbildung", die auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie den besonderen Namen "philosophische Abstraktion" (4) führt.

Das Wesen der "philosophischen Abstraktion", durch die der Erkenntnistheoretiker zu dem in Frage stehenden "Begriff eines unpersönlichen Bewußtseins" oder des "Bewußtseins überhaupt" gelangen soll, besteht bei RICKERT in Folgendem: Es gibt mehrere Subjekte, die sich voneinander dadurch unterscheiden, daß jedes von ihnen einen größeren oder geringeren "Umfang" als ein anderes hat. Zu diesen "Subjekten" gehören als "notwendige Korrelatbegriffe" "Objekte", die gleich den "Subjekten" in ihrem Umfang unterschieden sind; und zwar stehen die unterschiedenen "Subjekte" zu den zu ihnen gehörigen unterschiedenen "Objekten" in funktionaler Beziehung, so, daß je größer der "Umfang" eines "Subjektes" ist, desto kleiner sich der Umfang dessen erweist, was zu diesem "Subjekt" als "Objekt" gehört.

Als "Subjekt" vom größten "Umfang", zu dem also das "Objekt" vom kleinsten Umfang gehört, gilt RICKERT "mein Körper mit einer darin tätigen Seele", dessen "Objekt" die diesen Körper räumlich umgebende Außenwelt ausmacht.

Wird nun mein Körper zur Welt der "Objekte" gezählt, so bleibt als "Subjekt" nur "meine Seele". Der Umfang dessen, was zum "Subjekt" gehört, ist um meinen Körper verkleinert, der Umfang des zum "Objekt" Gehörigen hat sich dementsprechend vergrößert.

Aber auch von der Seele kann ein Teil der "Objektwelt" zugerechnet werden, nämlich der "Inhalt" dieser Seele. "Objekt" ist in diesem dritten "Gegensatzpaar" außer dem in den früheren "Gegensatzpaaren" schon zum "Objekt" Gehörigen dann auch noch der "Inhalt meiner Seele" geworden; als "Subjekt" demnach nur meine "Seele" oder "mein Bewußtsein" im Gegensatz zu ihrem Inhalt geblieben.

Jedes dieser drei Gegensatzpaare also, das vor einem anderen steht, ist ärmer an Objekten als das hinter ihm stehende, dementsprechend verkleinert sich in aufsteigender Reihe der Umfang dessen, was zum "Subjekt" gehört, während sich der Umfang des zum "Objekt" Gehörigen vergrößert. Wird endlich auch das letzte der aufgezählten "Subjekte" (die Seele im Gegensatz zu ihrem Inhalt) als "Objekt" angesehen, so muß, meint RICKERT, ans Ende der "Subjektreihe" ein "Subjekt" gesetzt werden, das "Subjekt" im strengsten Sinn des Wortes" ist, will sagen: das auf keinen Fall mehr den Objekten zugerechnet werden kann. Diesem "Subjekt" gegenüber ist nach RICKERT die ganze Welt mit Einschluß sämlicher "individuellen Bewußtseine" als "Objekt" zu fassen. Und eben dieses "Subjekt", das das letzte der Subjektreihe ist, ist das "Subjekt", von dem die Erkenntnistheorie auszugehen hat, ist das "Bewußtsein überhaupt".

Die "philosophische Abstraktion", die zur "Begriffsbidung" des "Bewußtseins überhaupt" führen soll, besteht bei RICKERT also darin, daß von einer als "Subjekt" gesetzten Einheit "beseelter Körper" bestimmte Glieder dieser Einheit den Objekten zugerechnet werden, so daß als letztes Glied dieser Einheit "beseelter Körper", nachdem die anderen Glieder "abgezogen" sind, ein Glied als letztes "übrigbleibt", das für RICKERT das in Frage stehende "Bewußtsein überhaupt" ist (5).


2. Die zur "Bildung" des Begriffs
"Bewußtsein überhaupt" verwendeten
"Gegensatzpaare".

Dieses "Bewußtsein überhaupt", schreibt RICKERT, muß offenbar ans Ende der Subjektreihe gesetzt werden (6). Er nennt diesen Gedanken einfach, ja selbstverständlich. (7)

Im Gegensatz zu RICKERT, dem das "Gesetzt-werden-müssen" als selbstverständlich erscheint, bin ich zu dem Geständnis gezwungen, nichts "Selbstverständliches" in diesem Gedankengang gefunden zu haben, im Gegenteil, ich bin der Ansicht, daß sich kein Grund finden läßt, der das "Gesetzt-werden-müssen" verständich macht, wenn der "Begriff des Bewußtseins überhaupt", wie RICKERT es will, durch die philosophische Abstraktion erst "gebildet" werden soll, und das "Bewußtsein überhaupt" nicht schon vor der "philosophischen Abstraktion" von RICKERT vorausgesetzt ist.

Gegen die "philosophische Abstraktion" als angebliches Mittel zur "Bildung des Begriffs Bewußtsein überhaupt" habe ich nur dieses, daß sie überflüssig und nichtssagend ist, da tatsächlich durch sie nicht der "Begriff des Bewußtseins überhaupt", wie Rickert meint, erst "gebildet", also als neuer Begriff gewonnen wird, sondern da sie zu diesem "Begriff" nur zu führen vermag, wenn er schon vor der Abstraktion vorausgesetzt ist.

Gegen die "philosophische Abstraktion" als angebliches Mittel zur Rechtfertigung der Ansicht, daß die Welt Bewußtseinsinhalt ist, habe ich nur dieses, daß sie die Ansicht nicht zu rechtfertigen vermag, da die Welt als "Bewußtseinsinhalt" oder "Objekt" willkürlich, will sagen: ohne Begründung und Berechtigung, von Rickert im Laufe der "philosophischen Abstraktion" den verschiedenen "Subjekten" gegenübergestellt wird, so daß sich die Behauptung, die Welt sei Bewußtseinsinhalt des "Bewußtseins überhaupt", nur als die letzte unbegründete Behauptung einer längeren Reihe nicht weniger unbegründeter Behauptungen darstellt.

Zum Beweis dessen, daß meine Einwürfe gegen die "philosophische Abstraktion" berechtigt sind, unterwerfe ich die von RICKERT aufgestellten "Gegensatzpaare" als angeblichen "Subjekt-Objekt-Verhältnisse" im Folgenden einer Prüfung (8).


a) Das psychophysische Subjekt mit
seinen Objekten.

Als erstes "Gegensatzpaar", als das also, bei dem die philosophische Abstraktion zu beginnen hat, findet sich dieses:

Psychophysisches Subjekt - räumliche Außenwelt.

Unter einem "psychophysischen Subjekt" versteht RICKERT "meinen Körper mit einer darin tätig gedachten Seele", unter "räumlicher Außenwelt" als "Objekt" die gesamte diesen meinen beseelten Körper räumlich umgebende Dingwelt.

Daß mit der Gegenüberstellung meines beseelten Körpers und der gesamten übrigen Dingwelt ein "Gegensatzpaar" aufgestellt ist, wird nicht bestritten werden; aufs Entschiedenste aber muß ich gegen die Behauptung Verwahrung einlegen, daß dieses "Gegensatzpaar" die Gegenüberstellung eines "Subjekts" und eines zu diesem Subjekt gehörigen "Objekt" bedeutet.

Es ist festgestellt worden, daß das Wort "Subjekt" eine Beziehung zum Ausdruck bringt, und zwar die Beziehung eines Wissenden (Bewußtseins) auf sein Gewußtes, das dann "Objekt" heißt. Sollte also "mein beseelter Körper" Subjekt der räumlichen Außenwelt gegenüber sein, so müßte sich "mein beseelter Körper" zunächst begreifen lassen als ein "Bewußtsein" (Wissendes), da nur ein "Bewußtsein" (Wissendes) mit der Bestimmung "Subjekt" belegt werden kann. Diese Bedingung scheint bei RICKERT nach einem Ausspruch zumindest erfüllt, denn RICKERT behauptet, daß auch das "psychophysische Subjekt" gleich dem "psychologischen" "Bestandteile der Welt" "wahrnehmen" kann (9).

Es wäre also das "psychophysische Subjekt" nach diesem Ausspruch als ein "Wahrnehmendes", d. h. als ein "Bewußtsein" zu begreifen; ist dies ohne Widerspruch möglich, so wäre damit gleichzeitig die Berechtigung erbracht, dieses Besondere "beseelter Körper" als "Subjekt" zu bestimmen.

Doch es will mir scheinen, als sei die Auffassung "meines beseelten Körpers" als eines "Wahrnehmenden", d. h. Wissenden, auf der sich ja nur die Bestimmung "meines beseelten Körpers" als eines "Subjektes" gründen könnte, unhaltbar, und zwar zunächst aus dem Grund, weil sonstigen Behauptungen aus RICKERTs eigenem Mund über das "psychophysische Subjekt" jener gelegentlich und, soweit ich sehe, nur einmal geäußerten Ansicht widersprechen.

Die treffendste und sicherste Widerlegung jener Auffassung finden wir in der Behauptung RICKERTs, das in jenem Satz als ein Bewußtsein (Wahrnehmendes) behauptete "psychophysische Subjekt" sei gar kein Bewußtsein. Denn RICKERT hebt ausdrücklich hervor, daß außer dem "Bewußtsein überhaupt" nur das vom "psychophysischen Subjekt" unterschiedene "psychologische Subjekt" als "Bewußtsein" angesprochen werden kann (10). Das "psychophysische Subjekt" ist somit, da es nach RICKERT nicht "Bewußtsein", "Wissendes" "Wahrnehmendes" ist - denn wie sollte etwas als "Wahrnehmendes" bestimmt werden können, das nicht "Bewußtsein" ist? - auch von ihm als "Subjekt" zu streichen, weil ein Besonderes, das nicht selbst "Bewußtsein" ist, als "Subjekt" nie und nimmer begriffen werden kann.

Das von RICKERT "psychophysisches Subjekt" Genannte fällt als "Subjekt" auch deshalb, weil dieses Besondere für ihn überhaupt nicht existiert, denn RICKERT als moderner Wissenschaftler hat es längst aufgegeben, von einer Seele, die im Körper ihren Sitz hat, zu reden. (11) Das Besondere, das RICKERT "psychophysisches Subjekt" nennt, stellt sich bei ihm also in Wirklichkeit als ein Körper ohne eine darin tätige Seele dar, womit für RICKERT zunächst das Recht verwirkt ist, von einem Körper ohne Seele als einem "psychophysischen" Subjekt zu sprechen, weil durch das Wort "psychophysisch" immer eine Einheit von Physischem und Psychischem zum Ausdruck gebracht wird, womit für RICKERT vor allem das Recht verwirkt ist, von einem psychophysischen "Subjekt" zu sprechen, da einen Körper, der sich als Körper schlechthin von anderen Körpern nicht unterscheidet, mit der Bestimmung "Subjekt" belegen, nicht weniger bedeutet, als das Wort "Subjekt" um jeglichen Sinn bringen. Denn wird der menschliche Körper als solcher als "Subjekt" bestimmt, so findet sich kein Grund, der der Bestimmung eines jeden beliebigen Körpers als eines "Subjektes" entgegenstehen könnte.

Angenommen aber auch, das Besondere, das RICKERT "psychophysisches Subjekt" nennt, ließe sich als ein "Bewußtsein" (Wissendes" dementsprechend auch als "Subjekt" fassen, so schwebte doch die Behauptung, daß die gesamte "den Körper räumlich umgebende Außenwelt" das "Objekt" des menschlichen Körpers als des "Subjekts" ist, völlig in der Luft. Denn da das Wort "Objekt" zum Ausdruck bringt, daß das so Genannte Wissensgegenstand eines von ihm unterschiedenen (seines "Subjekts") ist, müßte sich die gesamte, den Körper räumlich umgebende Außenwelt, da sie von RICKERT "Objekt" des Subjekts "beseelter Körper" genannt wird, als Wissensgegenstand (Wahrgenommenes) eben des beseelten Körpers begreifen lassen.

Es ist bezeichnend, daß sich RICKERT an diese Behauptung nicht gewagt hat, auch dort nicht, wo er das "psychophysische Subjekt" als "Wahrnehmendes" verkündet, denn das, was nach jener Behauptung der "beseelte Körper" wahrnimmt, sind nur "Teile" der "Außenwelt". Sähe man also auch von dem Widerspruch ab, der in der Annahme eines Körpers als eines "Wahrnehmenden" liegt, so dürften doch eben nur die "wahrgenommenen Teil" der Außenwelt als "Objekte" des "psychophysischen Subjekts" angesprochen werden. Nie und nimmer aber ist zu begreifen, daß auch die nicht wahrgenommenen Teile der Außenwelt gleich den wahrgenommenen "Objekte" des "psychophysischen Subjekts" sind. Denn da die den menschlichen Körper räumlich umgebenden, vom beseelten Körper nicht wahrgenommenen Bestandteile der Dingwelt zu diesem Körper in keiner anderen Beziehung stehen als zu jedem anderen Körper, den sie räumlich umgeben, müßten die Bestandteile jedem Körper gegenüber, der gleich dem menschlichen Körper der gesamten übrigen Dingwelt entgegengestellt wird, als Objekt angesprochen werden, so daß das Wort: einem Besonderen gegenüber "Objekt" sein, nur dieses zum Ausdruck brächte: von einem Besonderen unterschieden sein, was nicht weniger bedeutet, als das Wort "Objekt" jeglichen Sinnes entkleiden.

Mit einem Wort: Die Gegenüberstellung "meines beseelten Körpers" als eines "Subjekts" und der "diesen Körper räumlich umgebenden Außenwelt" als des zu diesem "Subjekt" gehörigen "Objektes" ist unberechtigt, weil durch sie der Sinn der Worte "Subjekt" und "Objekt" aufgehoben wird.

Es erhebt sich die Frage, was RICKERT zur Aufstellung dieses "Gegensatzpaares" veranlaßt hat, dem er doch gelegentlich (indem er das "psychophysische Subjekt" als "Bewußtsein", also auch als "Subjekt" verwirft oder, wenn er es als "Subjekt" gelten läßt, nur einem Teil der Welt als Subjekt gegenüberstellt) selbst die Berechtigung abspricht, als "Subjekt-Objekt-Verhältnis" aufzutreten.

Der Gründe für die Aufstellung dieses "Gegensatzpaares" sind meines Erachtens drei: Der erste Grund findet sich bei RICKERT selbst ausgesprochen: Die räumliche "Außenwelt" kann nur einem räumlichen "Subjekt" gegenübergestellt werden (12), ein Ausspruch, den RICKERT allerdings wieder zurücknimmt, indem er die "räumliche Außenwelt" auch dem "psychologischen Subjekt" als einem nichträumlichen "Subjekt" gegenüberstellt. (13)

Die beiden anderen Gründe dafür, daß RICKERT dieses "Gegensatzpaar" trotz des Widerspruchs, den es in sich schließt, als "Subjekt-Objekt-Verhältnis" gesetzt hat, findet sich bei RICKERT nicht angegeben, sond dafür umso gewichtiger, weil sie deutlicher als der erste von RICKERT selbst angegebene Grund Zeugnis davon ablegen, daß RICKERT die Aufstellung gerade dieses "Gegensatzpaares" im Interesse der Begründung seiner Ansicht, daß die gesamte Welt Bewußtseinsinhalt ist, um jeden Preis vollziehen mußte:

RICKERT mußte am Anfang der "philosophischen Abstraktion" die gesamte Raumwelt mit Ausnahme des "beseelten Körpers" als "Objekt" setzen. Denn weil die gesamte Welt, also auch die gesamte physische Welt, als Objekt des durch die "philosophische Abstraktion" angeblich zu gewinnenden "Bewußtseins überhaupt" begriffen werden soll, die "philosophische Abstraktion" aber darin besteht, daß nur die Einheit "beseelter Körper", die am Anfang der "philosophischen Abstraktion", den Objekten zugeschoben wird, so können die Teile der Welt, die nicht am Anfang des Abstraktionsprozesses schon zu den "Objekten" gehören, auch durch die "philosophische Abstraktion" nie und nimmer als "Objekte" eines "Bewußtseins überhaupt" eingefangen werden.

Die Setzung der gesamten "Raumwelt als des "Objektes" des "beseelten Körpers" als des zu dieser "Raumwelt" gehörigen "Subjekts" ist also ein Kunstgriff des Erkenntnistheoretikers, unberechtigt zwar, um nichts entbehrlicher aber deshalb für die Erkenntnistheorie, die die gesamte Welt als "Bewußtseinsinhalt" fassen zu müssen glaubt, um nicht in die Widersprüche des "Solipsismus" oder "Realismus" zu geraten: Der erste Fall, der meinem Einwurf die Bestätigung verleiht, daß die "philosophische Abstraktion" nicht leistet, was zu leisten sie bestimmt ist, zu begründen nämlich die "idealistische" Ansicht (daß die ganze Welt als "Bewußtseinsinhalt" zu fassen ist), da RICKERT die ganze Welt willkürlich, will sagen: ohne Begründung und Berechtigung, im Verlauf der "philosophischen Abstraktion" als "Bewußtseinsinhalt" oder "Objekt" setzt.

RICKERT mußte aber auch einen "Körper mit einer darin tätigen Seele" als "Subjekt" am Anfang der philosophischen Abstraktion setzen, trotzdem er es als "moderner Wissenschaftler" längst aufgegeben hat, von einer Seele, die im Körper ihren Sitz hätte, zu reden. Auch dieses im Interesse der "philosophischen Abstraktion" als des angeblichen Mittels, den Begriff des "Bewußtseins überhaupt" zu "bilden". Denn da er bei der Aufstellung des ersten Gegensatzpaares noch der Ansicht gewesen zu sein scheint, daß die körperliche Außenwelt als "Objekt" nur einem Körper als Subjekt gegenübergestellt werden kann, waren ihm nur die beiden Möglichkeiten gegeben, entweder einen Körper ohne Seele als "Subjekt" der Raumwelt als dem "Objekt" gegenüberzustellen oder einen Körper "mit einer darin tätigen Seele" als "Subjekt" anzusetzen.

Ein Körper ohne Seele als "Subjekt" am Anfang der "Subjektreihe" hätte der idealistischen Erkenntnistheorie unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet, da es die "philosophische Abstraktionn" als angebliches Mittel, die "idealistische" Erkenntnistheorie zu begründen, von vornherein unmöglich gemacht hätte, so daß auch das Vorurteil: "Die Welt ist Bewußtseinsinhalt" in seiner beschämenden Blöße, die Wissenschaftslehre, die als "vorurteilslose" verkündet ist, verunzierte. Denn nach der Setzung eines Körpers ohne Seele als des ersten "Subjekts" hätte die Erkenntnistheorie durch "philosophische Abstraktion" nie und nimmer zu einem "allumfassenden Bewußtsein" gelangen können, weil sie, nachdem sie diesen Körper ohne Seele den "Objekten" zugerechnet hätte, bei einem Nichts angekommen wäre.

Wie ganz anders dagegen, wenn an den Anfang der Subjektreihe ein "Körper mit einer darin tätigen Seele" als "Subjekt" gesetzt wird! Denn, wird jetzt der Körper den "Objekten" zugerechnet, so gelangt der Erkenntnistheoretiker ins Gebiet des Seelischen und vermag dann den "Abstraktionsprozeß" weiter zu führen. Allerdings ist der Erkenntnistheoretiker gezwungen, nachdem er einmal die Seele in den Körper hineingezwängt hat, bei konsequenter Durchführung seines "Gedankenganges" auch an einer örtlich bestimmten Seele festzuhalten und die Widersprüche hinzunehmen, die die Annahme einer örtlich bestimmten Seele notwendig nach sich zieht. Gegen diese Widersprüche rettet sich RICKERT auf eine zwar bequeme, doch wirksame Art: er führt seinen "Gedankengang nicht konsequent durch, sondern komplimentiert durch eine elegante Redewendung die Seele, nachdem sie im Körper am Anfang der philosophischen Abstraktion ihre Schuldigkeit getan hat, aus dem Körper heraus, indem er erklärt, als Vertreter der modernen Wissenschaft habe er es längst aufgegeben, von einer Seele im menschlichen Körper zu reden: ein zweiter Kunstgriff, um nichts berechtigter, deshalb aber für die Erkenntnistheorie um nichts entbehrlicher als die Setzung der gesamten Raumwelt als "Objekt" des "psychophysischen Subjekts".


b) Das "psychologische Subjekt" mit seinen "Objekten".

Dank dieses Kunstgriffs gelangt der Erkenntnistheoretiker, unbekümmert um die Widersprüche, die er hinter sich gelassen hat, zu einem zweiten Subjekt, das er das "psychologische" nennt und damit zu einem zweiten "Gegensatzpaar", dessen "Objekt" außer der im ersten "Gegensatzpaar" als "Objekt" gesetzten "physischen" Welt, auch noch mein Körper und die "psychische Welt" ausmachen soll, und dessen "Subjekt" durch eine menschliche Seele vertreten ist, die allerdings nicht mehr wie im ersten "Gegensatzpaar" als eine örtlich bestimmte Seele gedacht wird (14).

Als zweites "Gegensatzpaar" findet sich bei RICKERT also dieses:

Psychologisches Subjekt- physische und psychische Welt.

Gegen das zweite "Gegensatzpaar" habe ich dasselbe einzuwenden, wie gegen das erste, nämlich dieses, daß es keine Gegenüberstellung von einem "Subjekt" und einem dazugehörigen "Objekt" ist, daß also das "psychologische Subjekt" nicht der physischen und psychischen Welt gegenüber "Subjekt", weil nicht einmal "Bewußtsein" (Wissendes), die physische und psychische Welt dementsprechend nicht "Objekt" des "psychologischen Subjekts" ist.

Was zunächst das "psychologische Subjekt" betrifft, so findet sich bei RICKERT keine eindeutige Antwort auf die Frage, was denn dieses Besondere ist, das er "psychologisches Subjekt" nennt, die Bestimmungen dieses Besonderen "psychologischen Subjekts" häufen und widersprechen sich; sie kann bei RICKERT keine eindeutige Antwort finden, weil nach dem Vorurteilt, daß "Subjekt" und "Objekt" unterschieden sind oder daß das "Subjekt im Gegensatz steht zum Objekt", eine Antwort auf diese Frage überhaupt unmöglich ist. Denn da der Erkenntnistheoretiker, welcher jene Frage beantworten soll, selbst ein "psychologisches Subjekt" ist, so könnte er die verlangte Antwort nur erteilen, wenn er sich selbst als "Objekt" hätte; gibt doch auch RICKERT zu, daß ein Wissen von einem Besonderen nur möglich ist, wenn dieses Besondere selbst Objekt ist. (15) Die Frage, was das "psychologische Subjekt" ist, könnte also von einem "psychologischen Subjekt" nur beantwortet werden, wenn das "psychologische Subjekt" "Objekt" und "Subjekt" zugleich wäre, könnte also nur beantwortet werden aufgrund eines "Selbstbewußtseins", will sagen, aufgrund dessen, daß ein Besonderes als "Subjekt" sich selbst als "Objekt" hat. Da nun aber nach RICKERT die "Selbstwahrnehmung" ein "widerspruchsvoller Begriff" ist (16) oder da das "Subjekt" stets unterschieden ist von seinem "Objekt", ist die Frage, was das "psychologische Subjekt" sein soll, für den Erkenntnistheoretiker schlechthin unbeantwortbar. So sieht sich der Erkenntnistheoretiker, will er nicht in Widerspruch mit seinen eigenen Behauptungen geraten, zu einem Geständnis gezwungen, das, wie kaum ein anderes dazu geeignet wäre, die Erkenntnistheorie um allen Kredit im wissenschaftlichen Betrieb zu bringen.

Auch hier greift RICKERT wieder zu einem einfachen aber wirksamen Mittel, um nicht jenes für die Erkenntnistheorie unheilvolle Geständnis aussprechen zu müssen: er suspendiert das Vorurteil, daß das "Subjekt im Gegensatz zum Objekt steht", während er über das "psychologische Subjekt" spricht, verleugnet es, bald offen, bald so, daß die Verleugnung des Vorurteils in einen Schleier von Worten eingehüllt kaum sichtbar wird.

In der letzten Art behandelt er sein Vorurteil besonders in jenem Satz, in dem er von einem "psychologischen Subjekt" spricht, als einem "Subjekt", das die Wahrnehmungen wahrnimmt, den Willen will, die Gefühle fühlt, so daß nach diesem Ausspruch das Subjekt zu denken ist als ein Wahrnehmendes, Fühlendes, Wollendes, dessen "Objekte" die "Wahrnehmungen", "Gefühle" und "Willensakte" ausmachen. "Objekt", fügt RICKERT hinzu, "ist in diesem Fall mein Bewußtseinsinhalt, und Subjekt dasjenige, was sich dieses Inhalts bewußt ist." (17)

Hier scheint auf den ersten Blick gerade das gewahrt zu sein, was nicht gewahrt zu haben ich RICKERT zum Vorwurf machte: die Unterschiedenheit des "Subjekts" und des "Objekts"; denn "Subjekt" ist das, was sich des Inhaltes bewußt ist, "Objekt" das, was gewußt wird, als etwas vom "Subjekt" Unterschiedenes. Doch der Schein trügt: auch in diesem "Subjekt-Objekt-Verhältnis" finde ich das von RICKERT als "Subjekt" Gekennzeichnete als "Objekt".

Denn angenommen, alles, dessen sich mein Bewußtsein bewußt ist, alles also, das mein Wissensgegenstand ist, gehört zum "Objekt" des "individuellen Bewußtseins" und das "Subjekt" stäne im Gegensatz um "Objekt" oder wäre von seinen Objekten schlechthin unterschieden, so müßte das "Subjekt" im Gegensatz zu den "Objekten" als dem Wissensgegenstand des individuellen Bewußtseins dasjenige sein, dessen ich mir nicht bewußt bin, das mir schlechthin Nichtgegebenes ist. Damit aber wäre für den Erkenntnistheoretiker das Recht verwirkt, dieses für ihn schlechthin Nichtgewußte als ein Wahrnehmendes, Fühlendes, Denkendes zu bestimmen, da jede Bestimmung eines Besonderen dieses Besondere als "Objekt", Wissensgegenstand voraussetzt: jene Bestimmungen wären unmöglich, hätte RICKERT an seinem Vorurteil festgehalten, daß Subjekt und Objekt schlechthin unterschieden sind, bestimmt er sich aber als "psychologisches Subjekt", als ein "wahrnehmendes, wollendes, fühlendes Bewußtsein", so heißt das, das Vorurteil aufgeben, daß "Subjekt" und "Objekt" im Gegensatz stehen, daß "Selbstwahrnehmung" ein "widerspruchsvoller Begriff" ist, heißt in Widerspruch mti sich selbst geraten. Die Suspension jenes Satzes ist notwendig, damit nicht die Erkenntnistheorie in die Verlegenheit kommt, das "psychologische Subjekt" als Wissensgegenstand überhaupt streichen zu müssen, denn das hieße erklären, daß die Psychologie, die nach RICKERT mit dem "psychologischen Subjekt" zu tun hat (18), aus dem Tempel der Wissenschaften hinauszuweisen ist, da sie keinen "Wissensgegenstand" besitzt, also nichts hat, was sie erkennen kann: eine Erklärung, die ebenso nutzlos wie widersinnig wäre.

Bezeichnend für jenen Satz, daß das "psychologische Subjekt" ein "wahrnehmendes, fühlendes und wollendes Bewußtsein" ist, ist das Bestreben, innerhalb des "individuellen Bewußtseins noch den Gegensatz von "Subjekt" und "Objekt" zu wahren, dergestalt, daß "Subjekt" und "Objekt" Unterschiedenes in einem individuellen "geistigen Ich" bezeichneten. Doch der Schleier lüftet sich, und in einer zweiten Behauptung RICKERTs tritt deutlich zutage, daß auch nach ihm "Subjekt" und "Objekt" identisch sein können, daß also "Selbstwahrnehmung" kein "widerspruchsvoller Begriff" ist, denn er weiß davon zu berichten, daß das individuelle Ich seiner selbst als existierend absolut sicher ist, und daß es von sich mit ebenso großer Sicherheit seine immanente Wahrnehmungswelt unterscheidet, ebenso daß es von einem Sein seiner selbst nur weiß, insofern es sich einer Vorstellung bewußt ist (19). - Da das "individuelle Ich" um sich selbst weiß, ebenso wie um seine Vorstellungen, oder mit anderen Worten, da das individuelle Ich sich selbst wie seinen Inhalt "wahrnimmt", können "Subjekt" und "Objekt" nicht als in einem Gegensatz stehend gedacht werden: "Subjekt" (Wahrnehmendes) und "Objekt" (Wahrgenommenes) sind identisch. Dem "Weltknoten" SCHOPENHAUERs ist trotz aller Behauptungen vom "widerspruchsvollen Begriff der Selbstwahrnehmung" die Sanktion erteilt, damit aber auch der Nachweis erbracht, daß auch wenn etwas als "Objekt" gesetzt wird, es nach RICKERT durchaus nicht nötig ist, zu diesem "Objekt" als "notwendigen Korrelatbegriff" ein "Subjekt" zu setzen, das von dem als "Objekt" Gesetzten schlechthin unterschieden ist. Es ist das ein Satz, der bestimmt ist, sein Teil zur Prüfung der Behauptung RICKERTs beizutragen, daß ans Ende der "Subjektreihe" ein "Subjekt im strengsten Sinn des Wortes" gesetzt werden muß.

Die Bestimmungen, die RICKERT, allerdings unter Aufgaben seines Vorurteils, für das "psychologische Subjekt" bisher herausgestellt hat, sind also diese: das "psychologische Subjekt" ist ein Besonderes, von Anderem Unterschiedenes, es ist ein wirkliches, ein wahrnehmendes, fühlendes, wollendes Bewußtsein.

Gegen diese Bestimmungen habe ich einzuwenden, daß sie ebenso unberechtigt wie unhaltbar sind; unberechtigt aus dem angeführten Grund, weil RICKERT nämlich als "psychologisches Subjekt" sich nach seinem Vorurteil nicht als "Objekt", also auch nicht als Bestimmbares und Bestimmtes haben kann, unhaltbar aus dem Grund, weil sich andere Bestimmungen des "psychologischen Subjekts" jenen Bestimmungen entgegenstellen, so daß das "psychologische Subjekt" bei RICKERT dasteht - ein "widerspruchsvoller Begriff" kat exochen [schlechthin - wp].

Dasselbe "psychologische Subjekt" nämlich, das Rickert als ein wahrnehmendes, fühlendes, wollendes Bewußtsein verkündet, das im Gegensatz steht zur Wahrnehmung, zum Gefühl und Wollen, ist nach einer anderen Behauptung nichts anderes als ein zusammenfassender Name für die unmittelbar gegebenen psychischen Vorgänge. (20) Diese "Seele" = "Summe psychischer Vorgänge" soll nach RICKERT als ein Wissendes begriffen werden, denn die "Seele" = Summ psychischer Vorgänge ist "Subjekt" den Körpern als den zu dieser Seele gehörigen "Objekten" gegenüber, oder wie RICKERT sich ausdrückt, die Seele ist percipiens, das als, was "wahrnimmt", und die Körperwelt ist das perceptum, das also, was von der Seele "wahrgenommen" wird.

Percipiens der Körperwelt als dem perceptum gegenüber soll die "Seele" sein, wenn die gesamte Summe der unmittelbar gegebenen psychischen Vorgänge perzipiert oder "aktiv" ist.

Doch nicht bloß die Körperwelt kann, meint RICKERT, die Seele perzipieren, d. h. nicht nur in ihrer Gesamtheit kann die "Seele" "aktiv" sein, sondern die "Seele" als die Summe der "psychischen Vorgänge" vermag auch "psychische Vorgänge" zu perzipieren. Da nun RICKERT in diesem Zusammenhang daran festhält, daß "Selbstwahrnehmung" ein "widerspruchsvoller Begriff" ist, die "Seele" sich also nicht perzipieren kann, solange unter "Seele" die Gesamtheit der "psychischen Vorgänge" verstanden wird, bleibt ihm nur die Möglichkeit, zu behaupten, daß ein Teil der "Seele" einen anderen Teil der "Seele" perzipiert: eine Behauptung, die die empirische Psychologie als Wissenschaft rechtfertigen soll. Denn, schreibt RICKERT, "auf der Möglichkeit einer Scheidung der Seele in percipiens und perceptum beruth die Möglichkeit einer empirischen Psychologie." (21)

Soviele Behauptungen, soviele Widersprüche!

Zunächst: kann die Körperwelt nach Rickert perceptum der "Seele" als einer "Summe unmittelbar gegebener psychischer Vorgänge" sein?

Nein! Und das aus folgenden Gründen nicht:

Würde die Körperwelt von der "Seele" perzipiert, so wäre sie als "Objekt" (Wissensgegenstand) der Seele anzusprechen, d. h. die perzipierte Körperwelt "wäre für die Seele da", von der sie perzipiert, wahrgenommen wird, oder die Körperwelt wäre Inhalt des Bewußtseins (Inhaltsein und Objektsein bedeutet für RICKERT dasselbe), das sie perzipiert, in unserem Fall also Inhalt des "psychologischen Bewußtseins". Da nun aber nach RICKERT "alles, was für mich da ist, als "Tatsache meines Bewußtseins" angesehen werden muß, "mein Bewußtsein" und sein Inhalt aber Psychisches sind, so müßte die Körperwelt, würde sie von der Seele perzipiert, als Psychisches ausgegeben werden, was auch nach RICKERT einen Widerspruch in sich bedeutet, da nach ihm psychisch das ist, was nicht physisch ist (22).

Gestützt wird unser Einwurf dadurch, daß RICKERT die Wahrnehmungen und Vorstellungen als Inhalt des individuellen Bewußtseins hinstellt und behauptet, daß die vom psychologischen Bewußtsein wahrgenommenen Bestandteile ein "Gewühl von Vorstellungen" (23), folglich selbst "psychische Vorgänge" sind.

Die Behauptung RICKERTs, daß die Körperwelt von der Seele wahrgenommen wird, ist aber auch deshalb für ihn hinfällig, weil sie sich mit RICKERTs "Idealismus" nicht verträgt. Denn da nach RICKERT das Perzipierende das "Aktive" ist, das etwas tut, und das "Perzipierte" das "Passive", "mit dem etwas getan wird", und da festgestellt ist, daß "Aktivsein" bedeutet: Veränderung wirken, "Passivsein" aber: Veränderung als Wirkung erleiden, so müßte die Körperwelt dadurch, daß sie von der Seele perzipiert wird, eine Veränderung durchmachen. Die Körperwelt, die nicht perzipiert wird, wäre mithin unterschieden von der Körperwelt, die perzipiert wird, denn mit dieser wird "etwas getan". Hielte als RICKERT an der Behauptung fest, daß die Seele die Körperwelt perzipiert, so hätte er damit die Ansicht seines Gegners, des "Realismus", gerechtfertigt. Denn jeder "Realismus" wurzelt in der Setzung einer von der "Bewußtseinswelt" des menschlichen Bewußtseins unterschiedenen Wirklichkeit.

Die Behauptung RICKERTs, daß die "Seele als Summe unmittelbar gegebener psychischer Vorgänge" die Körperwelt perzipiert, ist endlich hinfällit aus dem Grund, weil diese "Seele" als Bewußtsein (Wissendes) also als Perzipierendes nie und nimmer zu fassen ist.

Zunächst schließt der Satz, daß die Seele eine Summe gegebener psychischer Vorgänge ist, einen Widerspruch in sich. Denn das Wort "gegeben" bringt und kann nur zum Ausdruck bringen, daß das als "gegeben" Gekennzeichnete ein Gewußtes, "Objekt" ist. Als "Gewußtes" ist aber nur etwas zu begreifen, wenn etwas vorhanden ist, dem es Gewußtes sein kann, wenn also ein Wissendes sich findet, das das als "gegeben" (gewußt) Gekennzeichnete als sein Gewußtes hat. Dieses "Wissende", demgegenüber die Vorgänge Gewußtes wären, vermag aber RICKERT nicht aufzuweisen, denn das "Wissende" müßte entweder etwas von den Vorgängen Unterschiedenes sein oder die Vorgänge müßten als sich selbst wissend begriffen werden.

Etwas von den Vorgängen als dem Gewußten Unterschiedenes innerhalb der Seele kann das Wissende nicht sein, weil nach der Behauptung die "Seele" oder das "individuelle Bewußtsein" nichts weiter ist, als eben die gewußten (gegebenen) psychischen Vorgänge selbst.

Die "Vorgänge" können jedoch auch nicht das Wissende sein, weil dann die "Vorgänge" um sich selbst wüßten, eine Annahme, die RICKERT zurückweisen muß, da ihm "Selbstwahrnehmung ein widerspruchsvoller Begriff" ist.

Findet sich bei RICKERT also nichts, dem die "psychischen Vorgänge" gegeben sein könnten, so bedeutet die Behauptung: Die Seele ist ein zusammenfassender Name nur für die unmittelbar gegebenen psychischen Vorgänge, einen Widerspruch in sich, weil entweder in jener Behauptung durch das Wort "gegeben" noch etwas anderes als die gegebenen psychischen Vorgänge gesetzt wird, weil also entweder in Behauptung, die "Seele" bestehe nur aus gegebenen psychischen Vorgängen, die Behauptung enthalten ist, daß die "Seele" nicht nur aus gegebenen psychischen Vorgängen besteht, sondern daß die Seele mehr ist als die Summe unmittelbar gegebener psychischer Vorgänge, oder weil, wird nicht ein Anderes als die psychischen Vorgänge als "Wissendes" gesetzt, das Wort "gegeben" sinnlos ist.

Gestützt wird mein Einwurf dadurch, daß RICKERT die "Seele" als Summe gewußter (gegebener) Vorgänge fallen läßt, indem er erklärt, in der Seele sind zwei Arten psychischer Vorgänge zu unterscheiden: gewußte (perzipierte) also gegebene Vorgänge und nicht gewußte (perzipierende), als nicht gegebene Vorgänge, indem er somit erklärt, aß die Seele keine Summe von gegebenen Vorgängen ist.

Ist aber auch die Behauptung hinfällig, daß die "Seele" eine Summe gegebener Vorgänge ist, so bleibt doch immer noch der Satz, daß die "Seele" als eine "Summe von Vorgängen" begriffen werden muß, noch immer der Satz, daß diese Summe von Vorgängen in ihrer Gesamtheit der Körperwelt gegenüber "aktiv" ist, was sagen soll, daß die Summe von Vorgängen die Körperwelt perzipiert, die Summe von Vorgängen ein percipiens, Wahrnehmendes, Bewußtsein ist: ein Satz, der als Widerspruch dem vorhergehenden nichts nachgibt.

Denn wäre die "Seele" oder das "individuelle Ich" nichts als eine Anzahl zusammengehöriger Vorgänge, so wäre die "Seele" oder das "individuelle Ich" als ein Wissendes nur zu begreifen, wenn jeder psychische Vorgang selbst ein Wissendes, Bewußtsein wäre, eben weil sich in dieser "Seele" nichts weiter findet als "psychische Vorgänge", nichts also, das als ein von den "psychischen Vorgängen" Unterschiedenes das Perzipierende sein könnte.

Das, was ein jeder meint, wenn er von sich als einem Bewußtsein redet, stellt sich nach der Behauptung also als eine Summe wissender Vorgänge dar. Der Teufel ist durch Beelzebub ausgetrieben: statt eines Einzelwesens "Seele", deren Annahme sich mit der "modernen Psychologie" nicht verträgt, hat eine Anzahl von "Seelchen" ihren Eingang gehalten; diese Seelchen sind "psychische Vorgänge" und das "Ich" ist nichts weiter als eine Anzahl solcher gegebenen und nicht gegebenen "psychischen Vorgänge".

Der Satz: "das individuelle Ich ist das, was die Wahrnehmung wahrnimmt, die Gefühle fühlt", ist also dahin abzuändern: die Wahrnehmungen, Gefühle, Willensakte, als psychische Vorgänge, nehmen selbst war, fühlen selbst, wollen selbst. Aus dem individuellen Ich sind mehrere individuelle Iche geworden, das "Ich" ist eine Anzahl von "Ichen": ein Satz, der nicht mehr bedeutet als die Auflösung des "individuellen Ich" in nichts, nicht mehr bedeutet als die Streichung des "individuellen Ich" als eines besonderen Bewußtseins, was gleichzeitig besagt, daß die Körperwelt nicht als "Objekt", perceptum der "Seele", da diese ihre Stellung als percipiens, Bewußtsein dank jener "modernen" Seelentheorie eingebüßt hat, begriffen werden kann.

Seinen eigentlichen Höhepunkt erreicht aber der Widersinn erst durch die Behauptung, daß ein Teil der Seele als besondere Summe psychischer Vorgänge den anderen Teil der Seele perzipiert, durch die Behauptung also, daß ein Wissen von "psychischen Vorgängen" nur möglich ist, wenn die "Seele" oder die "Summe psychischer Vorgänge" halbiert wird, dergestalt, daß die eine Hälfte der Seele den wissenden, die andere den gewußten Teil der Seele ausmacht.

Ich habe im Allgemeinen gegen den Satz nur dieses: daß sich aufgrund einer solchen "Zweiteilung" der "Seele" gerade das nicht verstehen läßt, was durch sie verständlich gemacht werden soll, nämlich, daß das "individuelle Ich" psychische Vorgänge als sein Gewußtes haben kann, wobei dieser Einwand durch den Nachweis begründet wird, daß die Behauptung, die Seele bestehe aus zwei Teilen, völlig in der Luft schwebt, also "dogmatisch" und unhaltbar ist, und daß durch dieselbe Behauptung das vernichtet wird, für das die Möglichkeit, um psychische Vorgänge zu wissen, verständlich gemacht werden soll.

Die Behauptung, die Seele bestehe aus zwei unterschiedenen Teilen, schwebt in der Luft, da sich im Gegebenen ein Anhaltspunkt für diese Behauptung nirgends bietet, will sagen: da eine derartige Seele, d. h. eine Seele, die aus einem perzipierten und einem perzipierenden Teil bestände, gegeben ist und gegeben sein kann, weil der eine Teil der Seele, der nur perzipierende nämlich, für das individuelle Bewußtseins immer schlechthin Nichtgewußtes, Nichtgegbenes sein muß, von dem zu reden sinnlos ist. Denn die Unterschiedenheit der beiden Teile soll ja nach RICKERT darauf beruhen, daß der eine ein gewußter Teil (perceptum) ist, während der andere Teil (der perzipierende) schlechthin nicht perceptum, nicht wahrgenommen, also Nichtgewußtes für das individuelle Bewußtsein ist.

Daß RICKERT trotzdem von diesem Teil der Seele spricht, ja ihn bestimmt als eine "Summe psychischer Vorgänge" und als "Bewußtsein" (percipiens), bedeutet nichts weiter als eine Bestätigung dafür, daß RICKERT den proklamierten Gegensatz zwischen Subjekt und Objekt nicht aufrecht erhält. Denn die Bestimmung des perzipierenden Teils der Seele als eines Bewußtseins usw. seitens eines "individuellen Bewußtseins" ist nur möglich, wenn der bestimmte Teil "Objekt" (Wissensgegenstand) des ihn bestimmenden "individuellen Bewußtseins" ist, wenn also das Bestimmende (Subjekt) identisch ist mit dem Bestimmten (Objekt), da ja das "individuelle Bewußtsein" im vorliegenden Fall aus der perzipierenden Summe psychischer Vorgänge bestehen soll.

Aber sieht man auch ab von dem Widerspruch, in den RICKERT mit sich selbst gerät, sofern er als "individuelles Bewußtsein" um sich selbst "weiß", so bleibt doch die Behauptung, daß ein Teil der Seele percipiens ist, hinfällig, da durch diese Behauptung das "individuelle Ich" als ein besonderes Bewußtsein vernichtet wird.

An die Stelle des "individuellen Ich" als eines besonderen Bewußtseins, "das die Wahrnehmungen wahrnimmt, die Gefühle fühlt, den Willen will", als des einen also, "was sich seines Inhaltes bewußt ist", tritt auch in diesem Fall, nach Halbierung der Seele in percipiens und perceptum, eine Mehrzahl von "individuellen Bewußtseinen", da als das "Wissende" (percipiens) ein jeder nicht gewußter (nicht selbst perzipierter) "psychische Vorgan" angesprochen werden muß, eben weil auch hier kein von der Summe psychischer Vorgänge Unterschiedenes angenommen werden soll, das "percipiens" sein könnte. Damit aber wäre das eine "individuelle Bewußtsein" wiederum in eine Mehrzahl von "individuellen Bewußtseinen" aufgelöst, damit also als ein besonderes "Bewußtsein" (percipiens) überhaupt gestrichen.

Angenommen aber auch, es ließe sich das "individuelle Ich" im Sinne einer "Summe psychischer Vorgänge" als ein besonderes Bewußtsein begreifen, so bedeutet doch die Setzung einer Anzahl "psychischer Vorgänge" als eines "Subjekts" einen Widerspruch, weil hierdurch ein Subjekt gesetzt wäre, das ständig wechselt, mithin von jeder Erkenntnismöglichkeit ausgeschlossen wäre. Denn da nach jener Seelentheorie "psychische Vorgänge" in jedem Augenblick aus der Reihe der percipientes in den Bereich der Objekte übertreten, dementsprechend auch von den perzipierten Vorgängen in jedem Augenblick einige, nämlich die, die nicht mehr perzipiert werden, als zu den perzipierenden übergegangen angesehen werden müssen, setzt sich die perzipierende Summe psychischer Vorgänge, in verschiedenen Augenblicken aus verschiedenen psychischen Vorgängen zusammen, was besagt, daß in verschiedenen Augenblicken Verschiedenes das "Subjekt" wäre, daß also zu jedem besonderen "Objekt" auch ein besonderes "Subjekt" gehört, oder daß ein "Subjekt" nicht verschiedene Objekte in verschiedenen Augenblicken haben kann.

So ist dann durch die Zweiteilung der Seele in percipiens und perceptum das Gegenteil von dem erreicht, was erreicht werden sollte, nämlich verständlich zu machen, daß wir unser ganzes "Seelenleben" kennenlernen können, denn die Erkenntnis des ganzen Seelenlebens wäre nur möglich für ein "Subjekt", das (als "Subjekt") das ganze Seelenleben, d. h. das Seelenleben in jedem Augenblick als sein "Objekt" hätte und - auf die Leugnung eines solchen Subjekts läuft die Behauptung RICKERTs von der zweigeteilten Seele hinaus.

Die Seelentheorie Rickerts krankt jedoch nicht nur daran, daß sie die "Seele" als ein besonderes "Bewußtsein" zu streichen sich gezwungen sieht, sondern sie bedeutet, was allerdings mit der Streichung der Seele als eines besonderen Bewußtseins eng zusammenhängt, gleichzeitig die Aufhebung des Sinnes der beiden Worte: "psychischer Vorgang".

"Vorgang" bedeutet seinem gewöhnlichen Sinn entsprechend auch bei RICKERT dasselbe wie "Veränderung". (24) Wenn er auch mit dem Wort "Vorgang" in dem angeführten Beispiel (siehe Anmerkung) zunächst nur die Veränderung im Physischen (in der Körperwelt) belegt, so geht doch daraus, daß er dasselbe Wort auch gebraucht, wenn er vom Psychischen spricht, und vor allem aus der Zusammenfassung des Psychischen und Physischen unter das eine Wort "Vorgang" (z. B. "die Welt besteht aus psychischen und physischen Vorgängen") (25) hervor, daß ihm auf dem Gebiet des Psychischen das Wort "Vorgang" dasselbe zum Ausdruck bringen soll, wie auf dem Gebiet des Physischen, daß ihm somit auch auf dem Gebiet des Psychischen das Wort "Vorgang" dasselbe besagt, wie das Wort "Veränderung". Redet RICKERT also von "psychischen Vorgängen", so kann er mit dem Wort nur besondere Veränderungen von Psychischem, d. h. von etwas, das vom Physischen unterschieden ist, bezeichnen. Und zwar scheinen es hier wiederum drei besondere Arten von Veränderungen zu sein, die zur Bestimmung der "Seele" als eines "Inbegriffs von psychischen Vorgängen" geführt haben.

Einmal soll durch das Wort "Vorgang" scheinbar zum Ausdruck gebracht werden, daß die "Seele" in verschiedenen Augenblicken Verschiedenes als ihr Gewußtes hat, wovon der Ausspruch vom "stets abreißenden und wieder einsetzenden Gewühl von Vorstellungen" (26) Zeugnis ablegt, denn mit diesem Satz soll offenbar gesagt sein, daß die "Seele" in diesem Augenblick diese, in jenem Augenblick jene Vorstellungen als ihr Gewußtes aufzuweisen hat. Das Wort "psychischer Vorgang" bedeutet also hier: "Wechsel von Gewußtem".

Die zweite Art von "psychischen Vorgängen" finden wir in der Behauptung vor, die dieses Haben von Unterschiedenem seitens der Seele verständlich machen soll, nämlich: daß auf gewußten (perzipierten) "Vorgängen" wissende (perzipierende) "Vorgänge" und umgekehrt aus wissenden (perzipierenden) "Vorgängen" gewußte (perzipierte) Vorgänge werden. Das Wort "psychischer Vorgang" heißt also hier: "Subjektwerden" und "Objektwerden" von Psychischem.

Drittens scheint mit dem Wort "psychischer Vorgang" ein Besonderes als solches z. B. ein Gefühl, eine Vorstellung usw. bezeichnet zu sein; hiervon zeugt der Hinweis RICKERTs auf die Verwandtschaft seiner Ansicht mit der modernen Psychologie, hiervon auch, daß er die Seele als den Inbegriff von nur gegebenen psychischen Vorgängen bezeichnet, denn durch das Wort "gegeben" wird der Wechsel von perceptum zu percipiens als ein "Vorgang" ausgeschlossen, da ja nach RICKERT das percipiens selbst nicht gegeben (gewußt) sein soll.

Es steht nunmehr in Frage, ob die Behauptung RICKERTs von der dreifachen Art psychischer Vorgänge sinnvoll ist, d. h. ob nach jener Seelentheorie überhaupt noch Vorgänge = Veränderungen gegeben sein können. Es sei zu diesem Zweck zunächst der Sinn des Wortes "Vorgang" = "Veränderung" festgestellt.

Daß jede Veränderung ein Veränderliches voraussetzt, also nur aufgrund eines Veränderlichen möglich ist, leuchtet ohne weiteres ein, ebeneo daß "das Veränderliche" nicht dasselbe ist wie "die Veränderung". (27) So ist zwar jedes Ding als ein Veränderliches aufzufassen, d. h. das Ding kann eine Veränderung durchmachen, ist aber nie und nimmer selbst als ein Vorgang oder eine Veränderung zu begreifen.

Von einem "physischen Vorgang" oder von einer "Veränderung in der Dingwelt" sprechen wir, wenn ein Wechsel von Unterschiedenem, das zum Ding gehört, vorliegt, wenn das Ding als Veränderliches einen Wechsel seiner Bestimmtheitsbesonderheiten aufzuweisen hat. Unter Bestimmtheitsbesonderheiten eines Dings verstehe ich die Besonderheit einer besonderen Größe, Gestalt und eines besonderen Ortes, die zu einem Ding gehören. So ist z. B. ein "physischer Vorgang" gegeben, wenn ein Ding in einem bestimmten Augenblick "rund" und in einem folgenden "eckig" ist, d. h. wenn ein Wechsel von besonderen Gestalten (rund und eckig) stattgefunden hat. Unter "Vorgang" verstehen wir also nicht etwa das Ding selbst, sondern eben jenen Wechsel der besonderen Bestimmtheiten (rund und eckig) eines Dings.

"Vorgang" oder "Veränderung" bedeutet als Wechsel von Besonderem, das zu einem Veränderlichen gehört, womit gesagt sein soll, daß zumindest zweierlei Unterschiedenes vorliegen muß, damit sinnvoll von einem "Vorgang" oder einer "Veränderung" gesprochen werden kann, d. h. wenn das Wort "Vorgang" ein besonderes Gegebenes zum Ausdruck bringen soll. So wird und kann niemand angesichts eines Dings, das in verschiedenen Augenblicken dieselbe Größe, dieselbe Gestalt, denselben Ort, dieselbe Farbe aufzuweisen hat, behaupten, daß ein physischer "Vorgang" gegeben ist.

Spricht RICKERT also von "psychischen Vorgängen", und erhebt er den Anspruch, daß seine Worte als sinnvolle Worte angesehen werden, d. h. daß seine Worte angesehen werden sollen als solche, die Gegebenes zum Ausdruck bringen, so ist zu verlangen, daß er etwas aufzeigt, das Veränderliches ist und zwar Veränderliches, das sich als von den Dingen (dem Physischen) unterschieden zeigt (denn es handelt sich um psychische Vorgänge im Gegensatz zu physischen), und das als Veränderliches selbst unterschieden ist von den Vorgängen als seinen Veränderungen; Veränderung (Vorgang) aber ohne Veränderliches behaupten, bedeutet einen Widerspruch in sich. Er zeigt den Wechsel des zum Psychischen als dem Veränderlichen Gehörigen, d. h. er zeigt, daß das "Psychische" als das Veränderliche in unterschiedenen Augenblicken Unterschiedenes als das zu ihm Gehörige aufzuweisen hat, denn Vorgang bedeutet Veränderung und Veränderung Wechsel von Besonderem, das zum Veränderlichen gehört.

Nach Feststellung des Sinnes, den das Wort "Vorgang" hat, wenden wir uns zur Prüfung der drei Arten von "psychischen Vorgängen", die RICKERT in seiner Seelentheorie aufgestellt hat.

Erstens: Kann ein Besonderes in der "Seele" nach RICKERTs Auffassung, z. B. ein besonderes Gefühl, als ein Vorgang begriffen werden? Zunächst ist nach dem Vorhergehenden zu verlangen, daß ein von einem Gefühl als dem "Vorgang" Unterschiedenes aufgezeigt wird, zu dem das Gefühl als der "psychische Vorgang" gehört und sodann müßte dies vom "Vorgang Gefühl" Unterschiedene dargelegt werden als ein Besonderes, das sich in Veränderung befindet, d. h. das einen Wechsel von Unterschiedenem, das zu ihm gehört, aufzuweisen hat, denn Vorgang bedeutet Veränderung. Dieses in verschiedenen Augenblicken zum Veränderlichen gehörige Unterschiedene ist aber nach jener Behauptung das Gefühl selbst, denn das Gefühl soll ja selbst ein Vorgang = Veränderung sein, es müßte sich also das eine besondere Gefühl fassen lassen als etwas, das in verschiedenen Augenblicken als Unterschiedenes zum Veränderlichen gehört, d. h. es müßte sich fassen lassen als ein Wechsel von Gefühlen. Das bedeutet aber einen Widerspruch in sich, da das eine Gefühl als zwei unterschiedene Gefühle im Nacheinander behauptet würde.

Die Annahme, daß ein besonderes Gefühl als solches ein "Vorgang" ist, ist damit zurückgewiesen. -

Der Widerspruch, der in der Bezeichnung eines Besonderen eines psychischen Vorgangs liegt, würde im Übrigen sofort zutage treten, wenn an die Stelle des Wortes "Vorgang" das Wort "Veränderung" gesetzt würde.

- Die zweite Ansicht, daß der "psychische Vorgang" im Objekt- und Subjektwerden besteht, ist im Ganzen schon gerichtet durch die Behauptung, daß der perzipierende Teil der Seele selbst nicht etwas Gewußtes ist. Denn da ein "Vorgang" nur behauptet werden kann, wo ein Wechsel gegeben ist, d. h. wo Unterschiedenes, also zumindest Zweierlei im Nacheinander vorliegt, das zu einem Veränderlichen gehört, so kann das "Subjektwerden" oder "Objektwerden" als Vorgang nicht begriffen werden, weil das Besondere, das diesen Vorgang angeblich durchmacht, in seinem zweiten Augenblick überhaupt nicht mehr festzustellen ist, da es im zweiten Augenblick schlechthin ein Nichtgewußtes sein soll.

Damit aber sind die Schwierigkeiten nicht zu Ende, die dieser Auffassung in den Weg treten. Ich hebe nur diese hervor: Vorgang bedeutet Wechsel von Bestimmtheitsbesonderheiten in einem Veränderlichen. Es müßte sich also zunächst "Objektsein" = "Gewußtes sein" verstehen lassen als etwas, das als eine Bestimmtheitsbesonderheit zu einem Veränderlichen gehört. - Damit aber wäre gesagt, daß ein Besonderes, dadurch daß es Objekt wird, selbst eine Veränderung durchmacht, weil es um eine Bestimmtheitsbesonderheit bereichert ist, damit also gesagt, daß Dinge, indem sie Objekt des "individuellen Bewußtseins" werden, sich verändern, d. h. die vom "individuellen Bewußtsein" perzipierten Dinge wären unterschieden von den nicht perzipierten Dingen. Daß dies eine Bestätigung des "Realismus" bedeutet, der ja in der Annahme einer von der "Bewußtseinswelt" unterschiedenen "Dingwelt" wurzelt, ist einleuchtend.

Auf das Deutlichste jedoch tritt der Widerspruch, der in der Behauptung vom "Subjektwerden" liegt, hervor, wenn diese Behauptung einer anderen gegenübergestellt wird, nämlich der, daß die vom "psychologischen Subjekt" wahrgenommenen Bestandteile der Welt "Vorstellungen" sind. Diese "Bestandteile der Welt" wären also, wenn sie nicht mehr perzipiert werden, dem perzipierenden Teil der "Seele" zuzurechnen, was besagt, daß die Teile der Welt, die vom "individuellen Bewußtsein" perzipiert sind, "Bewußtsein" = percipiens werden, sobald das "individuelle Bewußtsein" sie nicht mehr perzipiert, und daß sie das "Bewußtsein" wieder verlieren, sobald sie vom individuellen Bewußtsein perzipiert werden, was gleichzeitig besagt, daß die perzipierten Bestandteile der Welt, weil Vorstellungen des sie perzipierenden Bewußtseins zu dieser "Seele", die sie perzipiert, gehören, da sie selbst einen Teil der "Seele" als "Summe psychischer Vorgänge" ausmachen, und darum auch, wenn sie nicht mehr perzipiert werden, noch als zur "Seele" Gehöriges begriffen werden müssen. Es genügt, zur Widerlegung der Ansicht, daß "Subjekt- und Objektwerden" ein "psychischer Vorgang" ist, diese Widersprüche herausgestetllt zu haben.

Ich sehe ab von dem Widerspruch, der in der Annahme von nichtgewußten "psychischen Vorgängen", z. B. in der Annahme eines nicht gefühlten Gefühls, einer nicht vorgestellten Vorstellung, liegt (28), die die notwendige Folge der Zweiteilung der Seele in percipiens und perceptum ist, und wenden uns der dritten Art von psychischen Vorgängen zu, die in einem "Wechsel von Gewußten" bestehen soll.

Wird der Wechsel von "Gewußtem" als ein "Vorgang" angesehen, so ist zu verlangen, daß ein "Veränderliches" vorliegt, das eben jenen Wechsel als seine Veränderung durchmacht und das als solches von der Veränderung selbst unterschieden ist, denn eine Veränderung ohne Veränderliches, das sich verändert, bedeutet einen Widerspruch in sich.

Das von einem "psychischen Vorgang" als der Veränderung selbst unterschiedene Veränderliche soll das "individuelle Bewußtsein" oder das "psychologische Subjekt" sein; dieses "Bewußtsein" also verändert sich, insofern es in diesem Augenblick dieses, in jenem Augenblick jenes als sein Gewußtes hat. Es scheint diese Auffassung durchaus sinnvoll, weil ein Wechsel vorliegt und gleichzeitigt etwas, das vom Wechsel als dem "Vorgang" unterschieden ist. Doch ist nach der Seelentheorie, die die Seele als "Summe von Vorgängen" setzt, auch diese Auffassung unhaltbar, denn das "individuelle Bewußtseins" ist nicht veränderlich, sondern in jedem Augenblick, in dem das Gewußte gewechselt hat, ist auch ein Anderes als "Bewußtsein" aufgetreten. Angenommen a + b ist in einem Augenblick das Perzipierende und c + d das Perzipierte. In einem darauf folgenden Augenblick wird c nicht mehr, dafür aber b perzipiert. Es ist so zwar ein Wechsel von Gewußtem eingetreten, gleichzeitig aber auch ein Wechsel von Wissendem, denn in diesem zweiten Augenblick ist das Wissende a + c und das Gewußte b + d; das Wissende ist also ebenso unveränderlich wie das Gewußte, damit aber fällt der Sinn des Wortes "Vorgang", denn Vorgang = Veränderung ist nur zu behaupten, wo ein Veränderliches gegeben ist, das sich verändert. Dieses Veränderliche könnte nur das "Bewußtsein" selbst sein, und das Bewußtsein muß nach jener Seelentheorie als unveränderlich angesehen werden, oder mit anderen Worten: soll der "Vorgang" darin bestehen, daß ein Bewußtsein in unterschiedenen Augenblicken Unterschiedenes als sein Gewußtes hat, so ist zu verlangen, daß das "Bewußtsein" in beiden Augenblicken dasselbe Bewußtsein ist, das sich zwar dadurch, daß es Verschiedenes als sein Gewußtes hat, verändert, nicht aber selbst im zweiten Augenblick durch ein anderes "Bewußtesin" ersetzt wird. Der "psychische Vorgang" kann nach Rickert nicht im Wechsel von Gewußtem eines Bewußtseins bestehen, weil nach seiner Seelentheorie ein "Bewußtsein", das Unterschiedenes in unterschiedenen Augenblicken haben könnte, nicht vorhanden ist.

Es fällt also auch der Sinn des Wortes "Vorgang" in dieser letzten Auffassung, es fällt damit der Sinn des Wortes "psychischer Vorgang" bei Rickert überhaupt.

Was von der gesamten Seelentheorie RICKERTs scheinbar noch zu halten ist, ist der Sinn des Wortes "psychisch", so daß die ganze Seelentheorie RICKERTs auf den Satz zusammenschrumpft: "Die Seele ist ein Psychisches".

Doch auch dieser Satz ist unhaltbar dank des Vorurteils, daß mein Bewußtsein und sein Inhalt "Psychisches" sind, dank aber auch der "modernen" Seelentheorie.

Das Wort "psychisch" soll bei RICKERT zunächst einen Gegensatz zum Ausdruck bringen und zwar einen Gegensatz zu Physischem, denn ihm gilt als Psychisches alles, was nicht Physisches ist (29). Das Recht zur Aufstellung dieses Gegensatzes zwischen Physischem und Psychischem von RICKERTs Seite kann nur darin gesucht werden, daß ihm Physisches und Psychisches gegeben ist, oder, um mit RICKERT zu reden, daß beides für ihn da ist. Und nach seinem eigenen Geständnis muß alles, was für ein "individuelles Bewußtsein" da ist, als Psychisches angesehen werden. Diese Ansicht findet ihre Stütze durch eine andere Behauptung, nämlich die, daß die von einem individuellen Bewußtseins wahrgenommenen Bestandteile der physischen Welt ein "Gewühl von Vorstellungen" sind, die als Inhalte des "individuellen Bewußtseins" bezeichnet werden (30), also als "Psychisches" zu bestimmen sind. Wenn für RICKERT nur Psychisches da ist und da sein kann, woher dann in aller Welt die Behauptung, daß das "Psychisches" im Gegensatz zu Anderem (Physischem) steht?

Es ist die Aufstellung dieses Gegensatzes von "physisch" und "psychisch" bei RICKERT ebenso unberechtigt, wie sie unhaltbar ist, daß sie trotzdem von RICKERT vollzogen wird, bedeutet auch hier nichts weiter als die Aufhebung einer Behauptung RICKERTs durch eine andere, bedeutet also weiter nichts, als daß auch hier die Behauptungen RICKERTs miteinander in Widerspruch geraten.

Ich kann keine bessere Bestätigung dafür, daß mein Einwurf berechtigt ist, finden als durch RICKERT selber. - Und RICKERT streicht seine Behauptung, daß Psychisches alles ist, was nicht physisch ist, durch die gegenteilige Behauptung, daß etwas psychisch und physisch zugleich sein kann (31).

Mit dieser Erklärung ist das Psychische als ein Besonderes, d. h. als etwas, das von Anderem unterschieden ist, oder nach RICKERT, das im Gegensatz zu Anderem steht, überhaupt abgetan.

Aber auch angenommen, daß sich für RICKERT zumindest der Gegensatz von physisch und psychisch aufrechterhalten läßt, so wäre doch mit der Bestimmung des Psychischen als dessen, was nicht physisch ist, nichts geholfen, denn es steht nicht in Frage, was das Psychische nicht ist, sondern zu wissen verlange ich, was es denn ist. Auf diese Frage, muß ich behaupten, kann RICKERT niemals eine Antwort geben.

Diese "positive" Bestimmung des Psychischen müßte, sollte der Gegensatz von "psychisch" und "physisch" aufrechterhalten werden, sich von allen Bestimmungen des Physischen unterscheiden. Sie könnte, soweit wir sehen, nur bestehen in der Bestimmung der Seele als eines "Bewußtseins" (Wissenden), denn dadurch, daß sie ein "Wissendes" ist, würde sich die Seele vom nichtwissenden Körper als dem Physischen allein unterscheiden können. "Die Seele ist ein Psychisches", hätte dann den Sinn, die Seele ist ein "Bewußtsein" (Wissendes). Doch kann RICKERT diese für die Seele einzig mögliche "positive" Bestimmung der Seele nicht beilegen, da ihm auch Nichtwissendes, also etwas, das nicht selbst "Bewußtsein" ist, nämlich das "perceptum", als ein Teil der Seele, ebenfalls als "Psychisches" gilt.

Begreift Rickert also unter "psychisch" "Wissendes" (percipiens), Nichtwissendes (perceptum), Nichtgewußtes (percipiens), ja selbst Physisches, so bedeutet das nicht mehr und nicht weniger, als daß er unter "psychisch" überhaupt nichts mehr begreift, denn ein Wort, das nichts Besonderes, d. h. von Anderem Unterschiedenes, zum Ausdruck bringt, ist sinnleer, d. h. bringt überhaupt nichts zum Ausdruck.

Die Seelentheorie Rickerts bedeutet somit die Auflösung des "individuellen Ich" oder des "psychologischen Subjekts" in ein reines Nichts, denn weder kann das "Ich" nach jener Theorie gefaßt werden als ein "Bewußtsein" (Wissendes), womit gesagt ist, daß dieses "Ich" nichts als seinen Wissensgegenstand (perceptum) zu haben vermag, also auch nicht als "Subjekt" zu begreifen ist, noch ist den Worten "psychischer Vorgang" ein Sinn zuzulegen.

Schuld an dieser Auflösung und Vernichtung des "individuellen Ich" ist der proklamierte Gegensatz zwischen "Subjekt und Objekt", oder was dasselbe sagt, die Behauptung, daß "Selbstwahrnehmung" ein "widerspruchsvoller Begriff" ist, denn dank dieses Gegensatzes muß das eine Glied, das Subjekt, immer als ein Nichtgewußtes behauptet werden. So pendelt die Seelentheorie ständig zwischen zwei Widersprüchen: aus nur Gegebenem darf die Seele nicht bestehen, weil "Gegebensein" soviel bedeutet wie "Objektsein", also als "notwendigen Korrelatbegriff" ein "Subjekt" fordert; ein "Subjekt" aber darf nicht gesetzt werden, weil die Behauptung, etwas ist "Subjekt", d. h. Wissendes, Bewußtsein, nur zu recht besteht, wenn das als "Subjekt" Bestimmte selbst "Objekt" ist, also wiederum nicht als "Subjekt" im Gegensatz zu den "Objekten" begriffen werden kann.

Schuld aber auch an der Vernichtung des "individuellen Ich" als eines besonderen Bewußtseins ist das RICKERTsche Vorurteil, daß alles, was das "individuelle Ich" als sein Gewußtes hat, ebenso wie das "individuelle Ich" selbst als Psychisches zu bestimmen ist. -

Das von mir als "zweites Gegensatzpaar" angeführte "Subjekt-Objektverhältnis" ist damit als ein Verhältnis von "Subjekt" und "Objekt" zu streichen, da das "individuelle Ich" nicht als "Bewußtsein", folglich auch nicht als ein "Subjekt" begriffen werden kann. Doch, könnte man einwenden, daß das "individuelle Ich" ein Bewußtsein ist, ist nicht zu bezweifeln, wenn auch jene Seelentheorie unhaltbar ist, das Subjekt-Objektverhältnis besteht, abgesehen von jener Auffassung der "Seele" als "Summe psychischer Vorgänge", völlig zu Recht.

Gebe ich aber auch zu, daß das "individuelle Ich" ein Bewußtsein ist, so ist damit mein Einwand gegen das zweite "Gegensatzpaar" nicht enkräftet, weil es auch dann noch nicht als Gegenüberstellung eines "Subjekts" und eines "dazu gehörigen" "Objekts" zu begreifen ist, und das nicht im Hinblick auf das "Objekt" des "psychologischen Subjekts".

Denn das "Objekt" des psychologischen "Subjekts" soll nach RICKERT auch wieder die gesamte "physische Welt" mit Einschluß meines Körpers sein. Gegen die Setzung der gesamten "physischen Welt" als "Objekt" des "psychologischen Subjekts" ist somit dasselbe zu sagen, wie gegen die Aufstellung eben jener Welt als "Objekt" des "psychophysischen" Subjekts, nämlich, daß diese Aufstellung ein Kunstgriff des Erkenntnistheoretikers ist, der zwar unberechtigt, aber deshalb um nichts entbehrlicher ist für die Erkenntnistheorie, die die ganze Welt als "Bewußtseinsinhalt" fassen zu müssen glaubt. Unberechtigt ist die Setzung der gesamten physischen Welt als "Objekt" des "psychologischen Subjekts", denn die Behauptung, daß die physische Welt "Objekt" des "psychologischen Subjekts" ist, bestände nur zu Recht, wenn die gesamte physische Welt als Gewußtes (Wissensgegenstand) eines "psychologischen Subjekts" gefaßt werden könnte, eben weil das Wort "Objekt" ein Besonderes als Gewußtes einem Wissenden (Bewußtsein" gegenüber kennzeichnet, das dann "Subjekt" heißt. Es könnte RICKERT also die gesamte physische Welt nur dann als "Objekt" des "psychologischen Subjekts" hinstellen, wenn er sich gleichzeitig zu der Behauptung verstände, das "psychologische Subjekt" perzipiere die gesamte physische Welt. Daß er sich an diese Behauptung nicht gewagt hat, braucht nicht erwähnt zu werden, auch für das "psychologische Subjekt" läßt er nur Teile der Welt perceptum sein. Hat also das "psychologische Subjekt" etwas als sein "Objekt", so könnte dieses "Objekt" eben nur der perzipierte Bestandteil der Welt sein, nie und nimmer aber wird begreiflich gemacht werden können, wie die "nicht wahrgenommenen Bestandteile der Welt" "Objekt" des "individuellen Ich" sein können. Gleich unberechtigt, wie die Setzung der gesamten physischen Welt als "Objekt" des "individuellen Bewußtseins", ist die Behauptung, daß die gesamte "psychische Welt" mit der Annahme eines "individuellen Bewußtseins", das als "Subjekt" gilt, "Objekt" eines "psychologischen Subjekts" ist. Ja, diese Behauptung läßt sich noch weniger halten als die andere, weil nicht nur nicht die gesamte psychische Welt "Objekt" des "individuellen Subjekts", sondern weil nicht einmal ein Teil der psychischen Welt dessen Objekt sein kann, denn "Objekt sein" heißt bei RICKERT "perceptum sein", ein Wort, mit dem das unmittelbare Wissen um etwas bezeichnet werden soll, wie aus den vorhergehenden Ausführungen ersichtlich ist; denn daß die Seele die Körper und ihre eigenen "psychischen Vorgänge" perzipiert, kann nur heißen, daß die Seele die Körper und ihre eigenen Vorgänge als unmittelbar Gewußtes hat. Ein solches unmittelbares Wissen um "psychische Vorgänge" anderer "Seelen" ist auch nach RICKERT eine Unmöglichkeit. Bedeutet als "Objektsein" dasselbe wie "unmittelbar Gewußtes sein", so wäre für RICKERT die "psychische Welt" als "Objekt" des "individuellen Bewußtseins" überhaupt zu streichen.

Aber auch wenn das mittelbar Gewußte unter das Wort "perceptum" fallen sollte, so wäre doch die Behauptung, daß ein "individuelles Ich" jedes fremde geistige Individuum als sein Gewußtes hat, um nichts haltbarer als die, daß die gesamte physische Welt Objekt des individuellen Bewußtseins ist.

Entbehrlich aber sind deshalb jene Behauptungen für die "idealistische" Erkenntnistheorie um keinen Preis, denn mit Hilfe der "philosophischen Abstraktion" soll nachgewiesen werden, daß die gesamte Welt "Bewußtseinsinhalt" des durch die "philosophische Abstraktion" angeblich zu gewinnenden "Begriffes" eines "Bewußtseins überhaupt" ist.

Deshalb mußte RICKERT in dem zweiten Gegensatzpaar schon die gesamte Welt mit Ausnahme des "individuellen Bewußtseins" als "Objekt" setzen, denn nur auf diese Weise war es dem Erkenntnistheoretiker möglich, die gesamte Welt als "Bewußtseinsinhalt" eines "Bewußtseins überhaupt" einzufangen.

Ich sehe in der Aufstellung dieses "zweiten Gegensatzpaares" eine zweite Bestätigung für die Berechtigung meines Einwurfes, daß nämlich die "philosophische Abstraktion" als angebliches Mittel zur Rechtfertigung der Ansicht, daß die ganze Welt ein Bewußtseinsinhalt ist, diese Ansicht nicht zu rechtfertigen vermag, da die Welt als "Bewußtseinsinhalt" oder "Objekt" willkürlich, will sagen, ohne Begründung und Berechtigung von Rickert im Laufe der "philosophischen Abstraktion" den verschiedenen "Subjekten" gegenübergestellt wird.

Doch ist diese Aufstellung erst einmal vollzogen, so hat der Erkenntnistheoretiker gewonnenes Spiel! Dank seiner Seelentheorie wird es nunmehr möglich, allmählich die im perzipierenden Teil der Seele verborgenen "psychischen Vorgänge" ans Tageslicht zu ziehen, d. h. zu "Objekten" zu stempeln. Ist dies vollständig gelungen, so meint RICKERT bleibt immer noch etwas übrig, und dieses Übrigbleibende ist ein "Subjekt" und zwar ist es das "Subjekt im strengsten Sinn des Wortes", ist das "Bewußtsein überhaupt": das Ziel der philosophischen Abstraktion ist erreicht. (32)

Auch mir will es scheinen, als sei die "philosophische Abstraktion" an ihrem Ende angekommen, doch meine ich, ist dieses Ende das reine Nichts, folglich aber ein "allumfassendes Bewußtsein". Denn da nach RICKERT das "psychologische Subjekt" nichts ist als eine Summe "psychischer Vorgänge", so kann eben auf der einen Seite des Gegensatzes: "Objekt-Subjekt", werden die psychischen Vorgänge den Objekten zugerechnet, nichts mehr übrig bleiben, das "Subjekt" sein könnte. Woher denn in aller Welt nimmt RICKERT das Recht, ein "Bewußtsein überhaupt" an den Schluß des ganzen Abstraktionsprozesses zu setzen? Daher und nur daher, weil er das "allumfassende Bewußtsein" schon vor dem Abstraktionsprozeß" vorausgesetzt hat. Davon zeugen die sich des öfteren wiederholenden Worte vom "übrigbleiben", davon das Wort, daß das "allumfassende Bewußtsein" mit "psychischen Vorgängen" verbunden ist, davon der Hinweis auf die Gleichheit des Übergangs vom "psychophysischen Subjekt" zum "psychologischen". Denn auch dieser Übergang war nur möglich, weil RICKERT im "psychophysischen Subjekt" ein "psychologisches Subjkt" mit gesetzt hatte, davon vor allem dieses, daß, selbst wenn zu den "objektivierten" "psychologischen Vorgängen" als notwendiger Korrelatbegriff ein "Subjekt" gesetzt würde, dieses "Subjekt" doch kein "allumfassendes Bewußtsein" sein könnte, eben weil seine "Objekte" gegenüber denen des "psychologischen Subjekts" nur um die nicht von einem "psychologischen Subjekt" "perzipierten psychologischen Vorgänge" vermehrt würden, so daß das "Bewußtsein überhaupt" sich vom "psychologischen Subjekt" nur dadurch unterscheidet, daß es in einem Augenblick auch die nicht perzipierten Bestandteile des "psychologischen Subjekts" zu seinen "Objekten" hätte, während die "Objektivierung" eben dieser Bestandteile seitens des "psychologischen Subjekts" nur in mehreren Augenblicken möglich wäre. Ein solches "Subjekt" wäre der "notwendige Korrelatbegriff" zu den "objektivierten Bestandteilen" des "psychologischen Subjekts", nie und nimmer aber ein "allumfassendes Bewußtsein". (33)

Das Verfahren also, etwas zu verstecken, und sodann die Hülle, unter der das "Etwas" liegt, aufzuheben und triumphierend das Gefundene emporzuhalten, schmückt sich mit dem hochtönenden Namen "philosophische Abstraktion", "Abstraktionsprozeß", "philosophische Begriffsbildung". So verbirgt Rickert sein "Bewußtsein überhaupt" unter dem "psychophysischen Subjekt" entfernt dieses und hat das "allumfassende Bewußtsein" als "Grenzbegriff gebildet".

Oder sollte doch der Erkenntnistheoretiker sein Recht zur Setzung des "allumfassenden Bewußtseins" aus einer anderen Quelle herleiten können? Fast will es den Anschein gewinnen: Die ganze Welt ist "Objekt" - also muß zu dieser Welt als "Gesamtobjekt", als notwendiger "Korrelatbegriff" das "Subjekt im strengsten Sinn" gesetzt werden. Dieser Satz bedeutet zunächst das Zugeständnis, daß die "philosophische Abstraktion" völlig nichtssagend und überflüssig ist. Sodann aber ist die Setzung der gesamten Welt als eines "Objektes" nicht weniger unbegründet und "dogmatisch" als die Setzung eines "allumfassenden Bewußtseins" vor der philosophischen Abstraktion, sie bedeutete nichts weiter, als die unbegründeten Behauptungen gewissermaßen von einer anderen Seite zu beginnen; endlich ist es nach RICKERT nicht einmal notwendig, wie nachgewiesen, daß zu jedem "Objekt" ein Anderes, von einem Objekt Unterschiedenes, als "Subjekt" gesetzt werden muß. -

Ich fasse mein Urteil über die "philosophische Abstraktion" dahin zusammen: Die philosophische Abstraktion als angebliches Mittel zur "Bildung des Begriffs Bewußtsein überhaupt" ist überflüssig und nichtssagend, da durch sie nicht der "Begriff des Bewußtseins überhaupt" erst "gebildet", also als neuer Begriff gewonnen wird, sondern da sie zu diesem "Begriff" nur zu führen vermag, wenn er schon vor der "Abstraktion" vorausgesetzt ist.

Die "philosophische Abstraktion" als angebliches Mittel zur Rechtfertigung der Ansicht, daß die ganze Welt "Bewußtseinsinhalt" ist, vermag gerade diese Ansicht nicht zu rechtfertigen, da die Welt als "Bewußtseinsinhalt" oder "Objekt" willkürlich, will sagen: ohne Begründung und Berechtigung von Rickert im Laufe des "Abstraktionsprozesses" den verschiedenen "Subjekten" gegenübergestellt wird.

Mit diesem Urteil über die "philosophische Abstraktion" ist auch die Frage beantwortet, mit welchem Recht denn RICKERT ein vom menschlichen Bewußtsein unterschiedenes Bewußtsein als den Ausgangspunkt seiner Erkenntnistheorie setzt. Wenn unter dem Wort "Recht" mehr als Willkür verstanden wird, so kann die Antwort auf jene Frage nur die sein, daß für Rickert ein Recht zur Setzung eben jenes Bewußtseins überhaupt nicht besteht, sondern daß die Setzung jenes Bewußtseins nicht mehr und nicht weniger ist als ein Akt der Willkür.

Doch, das sehe ich mich gezwungen hinzuzufügen: ist auch die "philosophische Abstraktion" ungeeignet zur "Bildung des Begriffs eines unpersönlichen Bewußtseins", so leistet sie doch der Erkenntnistheorie als der "vorurteilslosen Wissenschaft" nicht zu unterschätzende Dienste, sie ist anzusehen als ein Deckmantel zur Verhüllung "dogmatischer" Behauptungen, man nehme ihn hinweg, und die "vorurteilslose Wissenschaftslehre" beginnt so:
    "Der Bewußtseinsinhalt ist abhängig vom Bewußtsein, dieses Bewußtsein ist ein allumfassendes Bewußtsein, ist ewig wie die Welt, verleiht dem Bewußtseinsinhalt die Formen, und ist für den, der von diesem Bewußtsein redet, überhaupt nicht da! Man gebe dem Erkenntnistheoretiker das Recht, diese Voraussetzungen seiner voraussetzungslosen Wissenschaftslehre voranzuschicken, und er wird zeigen, daß uns wie Erkenntnis möglich ist."
LITERATUR - Otto Schlunke, Die Lehre vom Bewußtsein bei Heinrich Rickert [Inaugural-Dissertation] Leipzig 1911
    Anmerkungen
    1) Geg 8
    2) "So sagten wir z. B., um auch dies zu erwähnen, das erkenntnistheoretische Subjekt und ebenso das urteilende Bewußtsein überhaupt ist der Begriff dessen, was niemals Objekt werden kann, und dieser Bestimmung gegenüber wird man vielleicht den Einwand erheben, daß vom erkenntnistheoretischen Subjekt doch gar nicht geredet werden kann, wenn es nicht zumindest für den Erkenntnistheoretiker Objekt ist. Dieser Einwand ist jedoch nicht stichhaltig. Daß das erkenntnistheoretische Subjekt niemals Objekt werden kann, weil es, als Objekt gedacht, sich selbst als Subjekt voraussetzt, heißt nur, daß es nicht als wirkliches Objekt zu denken ist, das immanent oder transzendent existiert. Diese Behauptung aber schließt nicht aus, daß wir den Begriff eines solchen Subjekts zum Objekt einer erkenntnistheoretischen Erörterung machen, denn dadurch wird nicht das erkenntnistheoretische Subjekt selbst, sondern eben nur sein Begriff zum Objekt, und man wird doch nicht behaupten wollen, daß, wenn wir ein Objekt untersuchen, daß ein Begriff ist, dieser Begriff notwendig der Begriff eines Objekts ist." (Geg 154)
    3) Gr 329
    4) so Geg 31
    5) Vgl. hierzu folgende Aussprüche: "Um einen genau bestimmten Begriff des Bewußtseinssubjektes zu gewinnen, kann man sich die drei genannten Paare von Subjekt und Objekt so in eine Reihe gebracht denken, daß der Umfang dessen, was zum Objekt gehört, immer größer wird, während der Umfang des zum Subjekt gehörigen sich dementsprechend verringert." (Geg 23) - "Als letztes Glied der Subjektreihe bleibt nichts anderes als ein namenloses, allgemeines, unpersönliches Bewußtsein übrig ..." (Geg 25) - "Das Bewußtsein überhaupt ist das Subjekt, das bleibt, wenn wir das individuelle Ich ganz als Objekt denken." (Geg 144) - "Auch wenn wir also aus dem Subjekt das individuelle Ich gänzlich entfernen und zum Objekt machen, so bleibt als Bewußtsein überhaupt noch ein urteilendes Subjekt übrig." (Geg 146) - "Es bleibt vielmehr ein Teil des psychologischen Subjekts" sozusagen immer mit dem erkenntnistheoretischen verbunden." (Gr 173)
    6) Geg 27, Gr 172
    7) Gr 172
    8) vgl. Geg 11-30; Gr 151-183.
    9) Geg 50
    10) "Die Existenz der vom psychophysischen und psychologischen Subjekt unabhängigen Objekte kann niemals problematisch werden, und nur insofern ist das transzendente Objekt dem psychologischen Subjekt gegenüberzustellen, als auch das psychologische Subjekt Bewußtsein ist und das Transzendente das vom Bewußtsein Unabhängige bedeutet." (Geg 27)
    11) "Nun haben wir es heute längst aufgegeben, in der empirischen Psychologie überhaupt noch von einer Seele zu reden, und damit ist natürlich implizit ausgeschlossen, daß wir das Psychische räumlich an einen bestimmenden Ort innerhalb eines Körpers verlegen." (Gr 160)
    12) "... denn nur zu etwas Räumlichen kann die räumliche Außenwelt in Gegensatz gebracht werden." (Geg 11)
    13) "... mein Bewußtsein ... ist das psychologische Subjekt oder das individuelle geistige Ich. Als Objekt steht ihm nicht die transzendente Welt gegenüber, sondern nur immanentes Sein, und zwar jeder Körper mit Einschluß des eigenen und jedes fremde, geistige Individuum." (Geg 26)
    14) "... mein Bewußtsein ... ist das psychologische Subjekt oder das individuelle geistige Ich. Als Objekt steht ihm nicht die transzendente Welt gegenüber, sondern nur immanentes Sein, und zwar jeder Körper mit Einschluß des eigenen und jedes fremde, geistige Individuum." (Geg 26)
    15) Vgl. "Könnten wir nur unseren Körper und nicht auch unsere Seele zu einem Objekt machen, so würde es keine empirische Wissenschaft von ihr geben ... Subjekt wird vielmehr in diesem Fall ein Teil des Seelenlebens, während ein anderer Teil das Objekt bildet ... Sollen wir unser ganzes Seelenleben kennen lernen, so muß es möglich sein, jeden Teil des psychologischen Subjekts als Objekt zu betrachten." (Gr 171)
    16) "... denn Selbstwahrnehmung oder Selbstbeobachtung im strengen Sinn sind widerspruchsvolle Begriffe." (Gr 171)
    17) Geg 13.
    18) Gr 168, 171 u. a.
    19) "Ich weiß von einem Sein meiner selbst nur, insofern ich mir einer Vorstellung bewußt bin." (Geg 13) - "Es kam allein darauf an, zu konstatieren, daß das individuelle Ich seiner selbst als existierend absolut sicher ist, und daß es von sich mit ebenso großer Sicherheit seine immanente Wahrnehmungswelt unterscheidet." (Geg 23)
    20) Gr 159.
    21) "Es kann nicht nur die Seele oder das psychologische Subjekt in seiner Gesamtheit als das Aktive im Gegensatz zu den passiven Körpern oder den Objekten aufgefaßt werden, sondern es läßt sich im psychologischen Subjekt selbst ein Aktives und ein Passives, ein Subjekt und ein Objekt unterscheiden. Wir beschränken uns auf den Fall, wobei Fühlen und Wollen nicht mit in Betracht kommen, sondern wo das Aktie oder das Subjekt die Bedeutung des percipiens, das Passive die Bedeutung des perceptum hat. Könnten wir nur unseren Körper und nicht auch unsere Seele zu einem Objekt machen, so würde es keine empirische Wissenschaft von ihr geben. Auf der Möglichkeit einer Scheidung der Seele in percipiens und perceptum beruth also die Möglichkeit einer empirischen Psychologie ... Subjekt wird vielmehr in diesem Fall ein Teil des Seelenlebens, während ein anderer Teil das Objekt bildet. (Gr 170-171)
    22) "Wir beschränken uns darauf, zu sagen, daß psychisch alle Objekte sind, die nich physisch sind." (Gr 180)
    23) "Wir geben unbedingt zu, die von den einzelnen psychophysischen oder psychologischen Individuen wirklich wahrgenommenen Bestandteile des Bewußtseinsinhaltes sind ein fortwährend abreißendes und wieder einsetzendes Gewühl von Vorstellungen." (Geg 50)
    24) Vgl. "Der Begriff der Wirkung stammt aus den Veränderungen, die wir in der immanenten Sinnenwelt beobachten. Jede Veränderung wird hier als die Wirkung eines Dings auf das andere angesehen." (Geg 47) - "Jedenfalls können wir feststellen: wenn wir nach der Ursache eines Vorgangs in der Welt fragen, so wird unser Kausalitätsbedürfnis nur befriedigt, wenn wir einen anderen Teil der Welt als Ursache angeben können ..." (Geg 48)
    25) so: Geg 71.
    26) "Wir gegen unbedingt zu: Die von den einzelnen psychophysischen oder psychologischen Individuen wirklich wahrgenommenen Bestandteile des Bewußteseinsinhalts sind ein fortwährend abreißendes und wieder einsetzendes Gewühl von Vorstellungen." (Geg 50) - "Die Vorstellungen sind heute andere als gestern." (Geg 76)
    27) Vgl. "Den Satz von der Veränderung" bei Rehmke, Philosophie als Grundwissenschaft, Seite 163-205.
    28) Vgl. Rehmke, Das Bewußtsein, Seite 197f, 201f, 209, 214.
    29) Gr 180.
    30) Geg 13.
    31) Vgl. "Gewisse Teile des Vorgefundenen, wie Bewegung und Gestalt, rechnen wir allein der Körperwelt zu. Andere, wie Gefühle, Leidenschaften, Willensakte betrachten wir ausschließlich als seelisch. Eine dritte Klasse von Objekten dagegen können wir sowohl dem einen als auch dem anderen Gebiet zurechnen, d. h. sie sind dadurch charakterisiert, daß genau derselbe Inhalt nicht nur physische, sondern auch psychische anzusehen ist." - "Psychophysische Kausalität und psychophysischer Parallelismus." (Seite 79-80)
    32) "Einen Übergang zu dem von uns gesuchten dritten Subjektsbegriff gewinnen wir dadurch, daß wir den Prozeß der Objektivierung des Seelenlebens immer weiter fortgesetzt denken, so daß, während das Objekt im Seelenleben sich immer mehr vergrößert, das Psychische im Subjekt immer kleiner wird, genau so, wie in der vorher betrachteten Reihe das Physische allmählich aus dem Subjekt verschwand. Denken wir uns schließlich den Prozeß der Objektivierung vollendet und nehmen wir an, daß das Material der Psychologie, d. h. das psychologische Subjekt ganz und gar zum Objekt geworden ist, so erhalten wir als notwendigen Korrelatbegriff zu diesem Objekt, oder als Endglied und Grenzbegriff der psychologischen Subjektreihe den Begriff eines percipiens, für das alles empirische Sein perceptum ist." (Gr 171-172)
    33) "Nachdem dem Bewußtsein das mein genommen ist, muß auch sein psychischer Charakter wegfallen." (Geg 68) - Wie wollte man dem Bewußtsein etwas nehmen, wenn es erst, wie Rickert will, entsteht, indem das "individuelle Ich" oder das "mein" als Objekt angesehen wird?