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Die Willensfreiheit, Zurechnung und Strafe in ihren Grundlehren [1/2]
Der beharrliche Eifer und der Scharfsinn vereinter Forscher haben uns die Erde in ihren Tiefen aufgeschlossen und uns das regelnde Gesetz im unendlichen, ineinandergreifenden Lauf der Gestirne gezeigt, so daß wir jetzt auf Jahrhunderte und länger hinaus die Erscheinungen des Himmels vorhersagen und die Bahn voraus- und zurückgehen können, welche die Sterne unseres Sonnensystems wandeln werden und gewandelt sind. Das unendlich Kleine ist uns aufgehellt und das unendlich Große näher gerückt worden und fast in allen Reichen der äußeren Natur beginnt die Wissenschaft das Dunkel zu zerstreuen und sucht mit Erfolg das Ewige im Wechselnden, das Gesetz im Mannigfaltigen zu ergründen. Und von der Wissenschaft aus verbreitet sich nach allen Seiten hin das befruchtende Leben. Die Vorurteile fallen und die Einsicht steigt; eine neue Industrie, ein neuer Handel ist erstanden; neue Wege des Austauschs der Gedanken, sowie des Materiellen haben sich aufgetan und überall zeigt sich mehr und mehr im Leben der Völker, sowie des Einzelnen, wie unendlich Viel der Mensch den Kräften der Natur abgewinnen kann, wenn er gewissenhaft die Gesetze erforscht hat, durch welche sie geleitet werden. Wie aber auf dem Gebiet des Geistigen und im Reich der Philosophie? Es war einst eine Zeit im Altertum, in der die Gebildeten sich nach den Lehren der Philosophen drängten und selbst Herrscher zu ihren Füßen saßen, und auch in unserem Volk gab es Perioden, in denen ein reger Sinn für die Erforschung der geistigen Natur sich überall geltend machte. Doch jetzt ist man gewohnt, von Nichts so geringschätzig zu denken, als von der Philosophie, Nichts so zu bedauern, als die Zeit und die Kräfte, die man ihr gewidmet hat, und selbst diejenigen, welche es doch vor allen Dingen mit dem Geist zu tun und in ihren Lebensstellungen auf die Seelen Anderer einzuwirken haben, pflegen sich um alles Andere mehr zu kümmern, als um die Gesetze, welche im Innern walten, so daß die Wissenschaften der höheren Berufsarten mehr und mehr als Fach- und Brotwissenschaften betrieben werden. Keine Wissenschaft ist so für das Leben und alle Menschen - zumindest in ihrer Anwendung - bestimmt, als die Philosophie, und doch wird keine jetzt so geringschätzig behandelt, als gerade die letztere. Daß dem so ist, liegt vornehmlich in der Philosophie selbst. Sie gibt uns in ihren jetzigen Gestaltungen nichts Reelles, weil sie sich von der Wirklichkeit abgewendet hat, sie gibt uns keine Wahrheit, weil sie die Wege nicht liebt, auf denen allein die wissenschaftliche Wahrheit zu finden ist, die Wege eines besonnenen Forschens und eines vereinten Suchens der Regel in einem erfahrungsmäßig festgestellten Individuellen; sie ist überhaupt so, wie sie in den ungenießbaren Systemen der Neuzeit vorliegt, keine Wissenschaft, sondern ein Spiel mit eingebildeten Begriffen und mit individuellen Anschauungen, eine wahre Schule der Irrungen. Daher die Unmöglichkeit, die Lehren der philosophischen Systeme in das Leben praktisch einzuführen, daher das Mißtrauen, welches sich allmählich gegen die Philosophie überhaupt gebildet hat. Das praktische Leben ist der Probierstein einer jeden Wissenschaft. Was wir von Philosophie im Allgemeinen gesagt haben, gilt insbesondere auch hinsichtlich der ihr angehörigen Lehren von der Freiheit des menschlichen Willens. Es ist bekannt, wie verschieden und widersprechend die Ansichten sind, welche man in dieser Beziehung aufgestellt hat, und wie unklar und verworren die Auffassungen zu sein pflegen, die wir, wenn die Rede auf die Freiheit des menschlichen Willens kommt, in Schriften, auf dem Katheder auf der Rednerbühne aussprechen hören. Man kann wohl mit gutem Gewissen sagen, daß, so oft auch von der menschlichen Willensfreiheit geredet und dieselbe als das Charakteristische des Menschen gepriesen wird, doch nur selten ein klarer Gedanke dabei zugrunde liegt, noch viel weniger ein allseitiges Verständnis dessen, worauf es eigentlich ankommt. Sei dem aber wie auch immer, so steht doch so viel fest, daß die Lehre von der menschlichen Willensfreiheit, der Zurechnung und einiger damit im Zusammenhang stehender Gegenstände sowohl für die Wissenschaft, als auch für das praktische Leben von der äußersten Wichtigkeit ist, und durch Rücksicht auf diese Wichtigkeit wird die vorliegende Schrift gerechtfertigt werden, welche sich mit gedachten Lehren beschäftigen soll. Wir werden auf die verschiedenen hier einschlagenden speziellen Theorien nicht näher eingehen und sie höchstens nebenbei berühren. Die gedachten Theorien sind zum Teil so entwickelt und geschraubt - es sei nur an die kantische erinnert -, daß ihr Studium nur dazu beiträgt, den Blick zu verwirren, nicht aber geeignet ist, ihn auf das zu lenken und bei dem festzuhalten, was bei der Entscheidung einer Sache als maßgebend betrachtet werden muß. § 2. Stellung der Aufgabe. Wenn man von Freiheit in irgendeiner Beziehung spricht, so sagt man damit weniger etwas Positives, als etwas Negatives. Etwas ist frei von Etwas, heißt soviel wie: Etwas ist nicht gebunden an, nicht bestimmt durch Etwas. Man sieht ein, daß es vor allen Dingen auf diese beiden Etwas ankommt; man kann nicht eher über eine Freiheit einen klaren Begriff erhalten, als bis man dasjenige erkannt hat, was frei sein soll, und dasjenige, wovon es frei sein soll, wie ja überhaupt zum Verständnis eines jeden Urteils das Verständnis des Subjekts und das des Prädikats gehört. Wenn man also über die Freiheit des menschlichen Willens sich klar werden soll, so muß man erstens die Natur des menschlichen Willens untersuchen und sodann die verschiedenen Richtungen näher in Betracht ziehen, nach welchen hin ihm Freiheit beigelegt werden kann oder nicht; man muß die Natur der Verhältnisse und der Kräfte ins Auge fassen, hinsichtlich derer ihm eine Freiheit zugesprochen wird. Wenden wir uns zuerst zur Analyse des Subjekts, also zur Untersuchung über die Natur des menschlichen Willens. § 3. Die Natur des menschlichen Willens. Wie der Mensch nicht Etwas außerhalb seiner Kräfte ist, sondern lediglich die Gesamtheit der in ihm vereinten Kräfte, welche wir, sofern wir sie durch die Sinne, durch ein Drittes mittelbar wahrnehmen, leibliche, sofern sie sich unmittelbar im Bewußtsein kundgeben, seelische nennen - der gewöhnlich angenommene Gegensatz zwischen Materiellen und Seelischem ist überhaupt zunächst auf einen Gegensatz der Wahrnehmung zurückzuführen -, so ist der Wille des Menschen nicht Etwas außerhalb der Willenskräfte, ist vielmehr in seiner allgemeinen Bedeutung nur die Zusammenfassung der letzteren. Die Willenskräfte bilden den Willen oder, wie man auch sagen kann, sie sind in ihrer begriffsmäßigen Zusammenfassung der Wille. Die Willenskräfte aber sind die in der menschlichen Seele sich findenden ausgebildeten Strebungen - Neigungen, Leidenschaften usw. -, verbunden mit der Vorstellung, daß und wie man das Erstrebte erlangen kann. So oft der Mensch Etwas will, strebt er nach Etwas und stellt sich zugleich die Möglichkeit des Erlangens, vielleicht auch speziell die Mittel zum Erlangen vor, sei es nun dunkel, oder klar, sei es bestimmter oder unbestimmter. Dieses letztere Vorstellen unterscheidet das Wollen namentlich vom bloßen Wünschen; der Mensch kann sich irgendein Glück, welches nicht in seiner Macht steht, wünschen, aber wollen kann er es nicht; eine auf die Erlangung dieses Glücks gerichtete Willensrichtung wird er nicht haben, eben weil er zu dieser Erlangung Nichts beitragen kann. Man wünscht eine ungestörte Gesundheit, aber man kann sie nicht wollen. Darauf übrigens, ob die mit einem Streben verbundene Vorstellung der Möglichkeit des Erlangens usw. richtig, mit anderen Worten: ob das Gewollte wirklich ausführbar ist, kommt es nicht an. Es beabsichtigt z. B. ein Mensch die Ausführung eines Vergehens - das Wort "beabsichtigen" hat mit dem Wort "wollen" so ziemlich dieselbe Bedeutung; nur enthält es noch eine stärkere Beziehung auf den Erfolg und das Voraussehen desselben -, er schreitet auch zur Ausführung, erreicht aber seine Absicht nicht, weil er unrichtige Mittel gewählt oder entgegenstehende Hindernisse nicht gekannt hat. In diesem Fall ist das Wollen vorhanden; aber die damit in Verbindung stehende, auf das Können sich beziehende Vorstellung ist den objektiven Verhältnissen nicht angemessen. Das Wollen wurzelt vornehmlich im Streben. Es ist demgemäß für das Verständnis des ersteren wichtig, über die Natur des letzteren sich klar zu werden. Der Mensch kommt auf die Welt bildungsfähig, nicht gebildet; weder angeborene Begriffe und Ideen, noch angeborene Neigungen bringt er mit, sondern nur die Fähigkeit, dergleichen in sich zu bilden und bilden zu lassen. Es ist wirklich traurig genug und ein Zeichen vom niedrigen Stand unserer philosophischen Bildung, daß man dieser bereits von 'ARISTOTELES mehr oder weniger erkannten und sodann vornehmlich von 'LOCKE zur Geltung gebrachten Wahrheit in der Theorie immer noch oft genug entgegentritt. In der Theorie; denn die Praxis, namentlich Erziehung und Unterricht gehen, wenn auch unbewußt, überall von ihr aus, und jedenfalls pflegt in dieser Hinsicht der arme Tagelöhner bei der Erziehung seiner Kinder auf einem richtigeren Standpunkt zu stehen, als die Vertreter der neueren spekulativen Philosophie bei ihren hier einschlagenden Lehren. Die Fähigkeit also zur Erzeugung der sich in der ausgebildeten Seele vorfindenden Begriffe, Neigungen usw. bringt der Mensch mit auf die Welt. Diese Fähigkeit aber ruht in den sich immer neu erzeugenden, noch inhaltslosen Kräften der Seele, welche ihrer innersten Eigentümlichkeit gemäß nach einem Inhalt, nach einer objektiven Ausbildung vornehmlich durch die mittels der Sinne zugeführten Reize der Außenwelt streben. Die Verbindungen der ursprünglichen Kräfte mit Reizen zu seelischen Produkten und die verschiedenen Verhältnisse, Beziehungen und Verschmelzungen, in welche diese seelischen Produkte nach ewigen Gesetzen eingehen, vermitteln alle seelische Ausbildung, welche beim Menschen dadurch zu einer geistigen wird, daß seine ursprünglichen psychischen Kräfte in viel höherem Grad, als die aller anderen uns bekannten Geschöpfe, fähig sind, die Reize der Außenwelt festzuhalten. Hierdurch werden sie zur Grundlage der mannigfaltigsten und bestimmt auseinander tretenden Produkte. So ist allerdings von Anfang an dem Menschen ein Streben angeboren; aber dasselbe ist noch nicht speziell objektiv, noch nicht nach einem bestimmten Gegenstand gerichtet, demgemäß aber ohne Weiteres noch nicht geeignet, die Grundlage eines Wollens zu bilden. Nun will aber die innere Kraft, welche durch die Verschmelzung mit einem bestimmten Reiz zur vollkommeneren Ausbildung gelangt ist, wieder durch denselben Reiz angeregt und belebt werden, und zwar umso mehr, in je reichlicherer Fülle der erste Reiz eingewirkt hat, ohne erdrückend zu sein. Umso bedeutender ja die Anregung ist, desto mehr wird sich der Reiz aber auch wieder verlieren. Nur bei einer vollkommenen Angemessenheit, bei einer Deckung der Kraft und des Reizes können sich beide mit einer gewissen Vollkommenheit durchdringen. Auf diese Weise ist die Genesis der Neigungen, die sich nach Obigem vorzüglich aus Lustempfindungen entwickeln werden, zu erklären. Sie wachsen - wie ja die Erfahrung bestimmt zeigt - fort und fort in demselben Verhältnis, in welchem sie den Gegenstand ihres Strebens erreichen; endlich erhebt ihre intensive Stärke sie zu Leidenschaften und Lastern. Diese Betrachtungen werden vielleicht ausreichen, um ein richtiges Verständnis über den menschlichen Willen zu geben. Er ist kein abstraktes Vermögen in dem Sinne, wie man diese letzteren gewöhnlich aufzufassen pflegt. Er ist auch in seiner Ausbildung nicht angeboren, da die Willenskräfte es nicht sind; nur die Fähigkeit ein Wollen auszubilden, ist dem Menschen angeboren. Auch ist nunmehr so viel klar, daß die Existenz, die Art und Stärke des Willens im konkreten Fall identisch ist mit der Existenz, der Art und Stärke der einzelnen Willenskräfte, des einzelnen Wollens. Was vom Willen gilt, gilt in ähnlicher Weise von allen sogenannten Seelenvermögen. Es gibt weder einen abstrakten Verstand, noch ein abstraktes Einbildungsvermögen im Sinne der gewöhnlichen, höchst unklaren Auffassung. Verstand und Einbildungsvermögen sind weiter Nichts, als die logischen Zusammenfassungen der in uns vorhandenen Begriffe und Phantasiegebilde; wir haben nur Verstand und ein Einbildungsvermögen, insofern sich die letzteren in uns vorfinden. Daher können wir in der einen Beziehung viel Verstand, in einer anderen sehr wenig haben. Und nur die Fähigkeit, die betreffenden Produkte zu bilden, bringt der Mensch mit auf die Welt, nicht diese selbst. Versteht man allerdings unter Verstand usw. eine gedachte Fähigkeit, so ist er angeboren oder vielmehr, da die Geburt mit der Schöpfung des Menschen nicht zusammenfällt, anerzeugt. Die ganze Lehre von den abstrakten Seelenvermögen, wie sie sich von Alters her bis jetzt zu uns fortgepflanzt hat, beruth lediglich auf einer ungehörigen Substantiierung oder Personifizierung der allgemeinen Begriffe vom Seelischen. Diese Personifizierung erstreckt sich nicht bloß auf die sogenannten Seelenvermögen, sondern geht viel weiter - z. B. wenn man sich die Tugend als ein geschlossenes, numerisch einheitliches Ganzes in der Seele denkt - und beruth auf der sehr natürlichen Neigung des Menschen, das Abstrakte zu konkretisieren und gewissermaßen in der Vorstellung einer Persönlichkeit zu verkörpern. § 4. Von der absoluten Willensfreiheit. Nachdem wir im vorhergehenden Abschnitt uns im Allgemeinen über das Wesen des menschlichen Willens orientiert haben, gehen wir zur Erörterung der Frage über, nach welchen Richtungen er frei ist, bzw. sein soll, oder nicht, und werden uns hierbei zunächst mit der Untersuchung beschäftigen, beigelegt werden kann. Eine sehr verbreitete Ansicht, welche selbst von den ausgezeichnetsten Männern der Wissenschaft und der Literatur vertreten wird und bald klarer, bald unklarer der gewöhnlichen Anschauungsweise der Menschen zugrunde liegt, geht dahin, daß es stets in der Macht des Menschen steht, sich selbst zu bestimmen, daß er nur zu wollen braucht, um tugendhaft oder lasterhaft zu sein und das Gute oder das Schlechte auszuführen, und daß er auch stets den betreffenden Willen in sich schaffen kann, daß es nur von einem ernsthaften, jederzeit in der Gewalt des Menschen stehenden Entschluß abhängt, wenn er ein anderer werden will, als er bisher war, kurz: daß der Mensch nach einer unabhängigen und vom Einfluß des bisherigen Lebens und der in demselben gebildeten Neigungen, Ansichten etc. freien Willkür zu wollen und zu handeln vermag. Es ist offenbar, daß diese Ansicht den Kausalzusammenhang im Willen aufhebt. Indem man den Willen von Allem frei glaubt und seine Art und Stärke nicht auf die Willenskräfte, wie wir sie oben kennen gelernt haben, zurückführt, bindet man ihn eben an Nichts, an keine Ursache. Zunächst bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung, daß diese Anschauungsweise direkt dem Wesen des Willens eigen ist. Der Wille ist ja eben Nichts außerhalb der Willenskräfte, sondern mit diesen identisch, so daß das Wollen sich streng nach den letzteren richtet und in seiner Existenz, seiner Art, seinen Verhältnissen und seiner Stärke unmittelbar durch die Existenz, Art, die Verhältnisse und Stärke der Willenskräfte bestimmt wird. Diese letzteren selbst aber bilden sich im Leben und durch das Leben in einem streng ursächlichen Zusammenhang. Überhaupt läßt sich eine Entstehung aus dem Nichts oder die Verwandlung eines Etwas in ein Nichts - dergleichen statuiert man offenbar, wenn man den menschlichen Willen aus dem Kausalzusammenhang herausreißt - weder in der materiellen Welt, noch in der geistigen Welt, welche doch zuletzt von denselben Grundgesetzen, die in ersterer walten, regiert wird, irgendwo und zu irgendeiner Zeit annehmen und kann in der Tat gar nicht gedacht werden, da vielmehr die ganze Organisation unseres Geistes uns mit Zwang auf das Gegenteil und darauf hinweist, daß alles Geschehen seine gemessenen und zureichenden Ursachen haben muß. Kann man vielleicht irgendeine wissenschaftliche Wahrheit nennen, welche dem Satz: "aus Nichts wird nicht Etwas und aus Etwas wird nicht ein Nichts", entgegen wäre? Oder gibt es irgendeine logische Deduktion, eine Folgerung, welche uns nicht mit Notwendigkeit auf das Kausalgesetz hinweist? Wer da meinen wollte, es könne in der äußeren Welt irgendetwas ohne hinreichende Ursachen geschehen, der wird ganz allgemein für einen Narren gehalten. Nicht weniger unverzeihlich ist es aber, wenn man glaubt, es könnte der Mensch mit einem Mal die Einwirkungen seines früheren Lebens durch einen von Allem unabhängigen Willensakt vernichten und mit einem Mal nach seinem Belieben im Gegensatz mit dem vergangenen Leben gut oder böse werden, wenn man glaubt, der Mensch könne wollen und tun, was er will, sich frei bestimmen, ohne durch seine Kräfte, wie sie in der Seele gebildet sind, d. h. durch sich selbst bestimmt zu werden. Der Fehler, den man dort tadelt, ist in derselben Weise hier vorhanden. Wie könnte auch Harmonie und Ordung in der für die Ewigkeit gegründeten Welt des Geistes herrschen, sobald in ihr Etwas entstehen oder sich auflösen könnte, ohne daß irgendwie Ursachen und in ihnen die Erklärungsgründe des Geschehens vorhanden wären? Ordnung und Harmonie ist nicht möglich ohne das Walten unerschütterlicher Gesetze; von Gesetzmäßigkeit aber kann da nicht die Rede sein, wo Etwas ohne Ursachen aus dem leeren Nichts emportaucht und in dasselbe zurückführt. Freilich ist es leider nur zu wahr, daß man oft genug absichtlich das Mysteriöse sucht, wo es sich um eine psychologische Erkenntnis handelt. Somit müssen wir die Frage, ob der menschliche Wille frei von einem Kausalzusammenhang ist, ganz entschieden verneinen. Der menschliche Wille ist vielmehr seinem ursächlichen Zusammenhang und seinem Maß nach streng an die Willenskräfte gebunden, welche allerdings, wenn sie zur Betätigung kommen sollen, erregt oder bewußt werden müssen, da überhaupt die Erregung mehr oder weniger die Bedingung des seelischen Wirkens ist. Auch diese Erregung, auf die wir weiter unten spezieller eingehen werden, geschieht nach ewigen Gesetzen und im strengsten ursächlichen Zusammenhang. Somit ist das menschliche Wollen und das daraus entspringende Handeln durchaus ein innerlich notwendiges, wie überhaupt Alles, was in der menschlichen Seele geschieht, was in derselben vorgestellt und gedacht, empfunden und gefühlt, verabscheut und gewünscht wird, entwickelt sich nach bestimmten Normen und mit innerer Notwendigkeit. Was der Mensch geworden ist in seinem Leben, durch den Einfluß der Außenwelt und die verschiedene Eigentümlichkeit der ihm innewohnenden ursprünglichen Kräfte, durch Unterricht und Erziehung, durch sein inneres Streben, das eben ist er und außerdem etwas Weiteres nicht, und in diesem Sein ist die Eigentümlichkeit sowohl seiner Anschauungsweise, Gefühlsweise usw., als ins Besondere seiner Neigungen und seines Wollens gegeben. Der Mensch kann nicht aus sich herausgehen, kann eben kein anderer sein, als er ist; er kann demgemäß, um dies nochmals hervorzuheben, nur insofern wollen, als sich Willensrichtungen in ihm gebildet haben, und nur so stark, als diese sind, und nur mit einem Erfolg, welcher den Verhältnissen entspricht, in welchen den zugrunde liegenden Willenskräften andere entgegenstehende Kräfte im Bewußtsein gegenübertreten. Sind diese stärker, so werden erstere unterdrückt werden usw. Was hilft ein guter Entschluß, wenn wir nicht die Kraft besitzen, ihn auszuführen, wenn er also namentlich nicht ein hinreichendes Streben zur Grundlage hat, welches das Vollbringen gibt? Was nützen dem von einer Leidenschaft gepeinigten Menschen, den wir vielleicht mit Recht einen Sklaven derselben nennen, alle guten, auf ein anderes Leben gerichteten Vorsätze, wenn er in sich keine stärkere edle Kraft findet und zur Betätigung weckt? Oder wozu führt alles Wollen, welches vielleicht auf die Unterdrückung einer trüben Erinnerung, auf die Besiegung der Sorge und des Grams gerichtet wird, wenn es nicht stark genug und zugleich geschickt ist, uns durch die angestrengte Tätigkeit oder ein anderes Mittel in eine andere Sphäre des Denkens hinüberzuführen? Nichts und zwar so lange Nichts, bis sich nicht eben die Kraft zum Vollbringen gebildet hat, was nie mit einem Schlag, sonder nur allmählich durch die innere Kräftigung und Stärkung des Strebens und die Anbildung der Geschicklichkeit geschehen kann. Aus wie vielen Elementen besteht nicht z. B. eine Leidenschaft, die vielleicht Jahre lang gehegt und gepflegt und hinsichtlich deren das zugrunde liegende Bedürfnis durch die tausendmalige Befriedigung tausendfach gestärkt worden ist? Noch stärker und umfassender müssen aber doch die Kräfte sein, welche ihr mit Erfolg und auf die Dauer entgegentreten sollen. Zur Heranziehung solcher Kräfte sind selbstverständlich sehr viele Zusammenbildungen erforderlich, und es gehört dazu Zeit und Ausdauer, wie wohl die meisten Menschen aus eigener Erfahrung bestätigen können. § 5. Fortsetzung. Es ist mir sehr wohl bekannt und auch erklärbar, daß sich das Gefühl der Meisten gegen die aufgestellte Theorie der inneren Notwendigkeit des menschlichen Willens oder besser, da es keinen allgemeinen numerisch einen Willen gibt, der Willensrichtungen, zumindest bei oberflächlicher Prüfung, sträubt. Die bekämpfte falsche Ansicht von der Freiheit des menschlichen Willens gehört zu den alten hergebrachten Irrtümern, von denen man sich, weil sie zur Gewohnheit geworden sind, nicht gern losreißt, indem man vielmehr gewissermaßen instinktartig daran festhält. Auch ist man bei der hinsichtlich der Begriffe vom menschlichen Willen herrschenden Unklarheit sehr leicht geneigt zu glauben, es werde alle Freiheit geleugnet, wenn sie nur in gewisser Beziehung, wenn nur eine negiert wird. Hiernächst aber trägt Mehreres dazu bei, in einem Menschen den Glauben an die absolute Willensfreiheit zu nähren. Niemand kennt sich bis in das Innerste seines Innern, ja die meisten Menschen wissen so gut wie Nichts von ihren seelischen Kräften, der Natur ihrer Neigungen, Begriffe, Gefühle, von deren Verhältnissen und Verschmelzungen usw., wie sich diese in unendlichen Abstufungen der Art und Stärke nach und in der größten Mannigfaltigkeit von Jugend an gebildet haben. Kümmert man sich doch eher um alles Andere, als um sein eigenes Inneres, in dem man recht eigentlich heimisch sein sollte. Hierzu kommt der Zustand unserer bisherigen Psychologie, welche uns statt Sacherklärungen nur Namenserklärungen gibt und welche ungefähr auf demselben Standpunkt steht, wie einst die Wissenschaften von der äußeren Natur zur Zeit des BACO von Verulam. Was Wunder nun, daß dem Menschen die meisten der von innen kommenden Anregungen und damit auch sein Wollen und Tun als zufällig, als durch einen unerklärlichen freien Akt geschaffen, zu erscheinen pflegen? Er kennt in der Regel die Genesis und die Grundlagen seines Wollens nicht oder nur ungenau, und so gewinnt es leicht für ihn den Anschein, als ob es plötzlich aus sich selbst heraus, ohne weitere Voraussetzungen und Ursachen, entsteht. Auf diese Weise pflegt der Mensch sich selbst zu täuschen. Wie oft glaubt er, er hätte beliebig auch anders wollen und handeln können, als er wirklich gewollt und gehandelt hat. Er könne ja zwischen dem Guten und Schlechten wählen und die Reue, welche einer unrechten Handlung auf dem Fuße folgt, zeigt am deutlichsten, wie es in seiner Macht gestanden hat, den Weg des Unrechts zu vermeiden und den des Rechts zu gehen. Allerdings - so muß erwidert werden - hätte er anders handeln können, wenn er zur Zeit des Handelns ein anderer gewesen wäre, wenn er in sich entgegenstehende mächtigere Willenskräfte gehabt und solche zur Betätigung gerufen oder wenn in sonstigen stärkeren zum Bewußtsein gelangten Kräften die unrechte Neigung den erforderlichen Widerstand gefunden hätte. Er hätte anders handeln können, wenn andere Voraussetzungen in seinem Innern vorhanden gewesen wären, und somit bleibt immer das unrechte Handeln im konkreten Fall ein mit innerer Notwendigkeit begründetes. Und was speziell das Wählen anbelangt, so kann allerdings der Mensch wählen und wird immer wählen, sobald zwei oder mehrere Willensrichtungen sich im Bewußtsein nebeneinander geltend zu machen suchen. Dann schwankt die Entscheidung bald hinüber, bald herüber. Aber das Resultat der Wahl selbst ist immer ein durchaus notwendiges, ist mit Notwendigkeit bedingt durch die Stärke und das gegenseitige Verhältnis jener verschiedenen Willensrichtungen. Diejenige, welche siegt, muß nach bestimmten Ursachen siegen, sei es nun, daß sie an und für sich die stärkere ist, sei es, daß sie durch Nebenmomente das Übergewicht erhält. Was aber die Reue anbelangt, so ist diese weiter Nichts, als eine psychische Reaktion, als der Schmerz, den wir fühlen, wenn wir dasjenige, was wir getan haben, mit demjenigen vergleichen, was wir nach den ewigen Normen der Sittlichkeit, des Rechts usw., wie sich selbige in allen Menschen der Regel nach gebildet haben, hätten tun sollen, und nur eine allerdings sehr erklärliche Unterschiebung ist es, wenn wir glauben, jener Vergleich weise uns darauf hin, daß wir im konkreten Fall anders hätten handeln können. Man wird uns vielleicht noch entgegen halten, daß es viele Menschen gegeben hat, welche durch einen plötzlichen Entschluß und mit einem Mal ihr früheres Leben abgestreift und ganz Andere geworden sind. Allein man irrt hierin. Das plötzliche Anderswerden ist nur ein scheinbares und im Grunde genommen ist der Mensch schon der gewesen, als welcher er später nach dem plötzlich gefaßten Entschluß erscheint. Er hat die edlen oder auch die unedlen Neigungen, welche die Grundlage des späteren Handelns werden, bereits in kräftiger Ausbildung in sich getragen, doch ganz oder zum großen Teil nur im Unbewußtsein und verdeckt und zurückgedrängt durch andere entgegengesetzte psychische Kräfte, welche aus gewissen bestimmten Ursachen sich des Bewußtseins längere Zeit bemächtigt und das Handeln des Menschen bestimmt haben. Wenn diese Ursachen, vielleicht durch einen starken Eindruck, durch die Veränderung in den äußeren Lebensverhältnissen, durch das Umschlagen des Geschicks usw. zurückgedrängt werden, wenn eine Umstimmung erfolgt, durch welche der Gang der Erregung wiederum auf dasjenige mit Erfolg zurückgeführt wird, was längere Zeit im Unterbewußtsein war, wenn vielleicht dann eine engere Verbindung zwischen den verschiedenen, bisher unterdrückten Neigungen, wodurch diese das Übergewicht erhalten, sich anknüpft, so wird es allerdings scheinen, als ob der Mensch mit einem Mal ein anderer durch einen freien Willensakt geworden ist, was aber eben nach Obigem nicht der Fall ist und sein kann. § 6. Fortsetzung. Die Lehre von der inneren Notwendigkeit des menschlichen Wollens und damit auch von der Notwendigkeit unseres Handelns hat, wie wir gesehen haben, Etwas in sich, wogegen sich das Gefühl sträubt. Sie hat etwas Niederdrückendes; sie steht in einem Gegensatz mit den bisherigen Anschauungen, mit den Wünschen und Gefühlsweisen der meisten Menschen. Es ist wichtig, einige weitere Entwicklungen an die vorgetragene Lehre anzuknüpfen, welche uns ihre Berechtigung und Fruchtbarkeit näher ins Auge zu stellen und vielleicht die Versöhnung für jenen Gegensatz anzubahnen geeignet sind. Wir glauben alle an eine höhere Weltordnung; wir sind überzeugt, daß der Gang der Dinge von Ewigkeit an und in Ewigkeit von er unendlichen Macht und der allwaltenden Weisheit eines unergründlichen Geistes geleitet worden ist und geleitet werden wird. Er führt nach ewiger Vorausbestimmung den Irrtum zur Wahrheit, das Böse zum Guten, die Finsternis zum Licht, und in seinem Reich gibt es keinen Zufall, wenn wir auch von unserem Standpunkt aus nur selten die letzten Gründe eines Geschehens zu schauen und zu begreifen imstande sind. Wie ist mit dem Allen die indeterministische Willensfreiheit vereinbar? Wer an sie glaubt, kann an eine höhere Weltordnung nicht mehr glauben. Wenn der Mensch frei aus einem leeren Nichts heraus wollen und handeln kann, dann wird doch offenbar sein Wollen und Handeln ein rein zufälliges und der wirkliche Zufall wird in die Welt hineingetragen und der Mensch wird Etwas neben Gott und nicht Etwas in und unter demselben. Er könnte mit seinem aus dem Nichts entstehenden, nicht vorauszusehenden Wollen die Weisheit des Höchsten durchkreuzen, wie er ja überhaupt eine ganz unbestimmbare Größe sein würde. Dies führt uns zu einem zweiten Punkt von höchster Wichtigkeit hinüber. Wäre der Mensch frei in der Weise, wie man gewöhnlich meint, so würde er aufhören, etwas Bestimmtes zu sein. Man könnte dann von einem Individuum nicht sagen, daß es gut oder schlecht, tugendhaft oder lasterhaft usw. ist; man könnte überhaupt dem Menschen bestimmte Eigenschaften, namentlich in moralischer Beziehung, nicht beilegen. Eine Eigenschaft ist ja eben das, was Jemandem zu eigen ist. Wie kann nun von inneren Eigenschaften dann die Rede sein, wenn der Mensch durch einen unbegreiflichen freien Willensakt in einem Moment in das Gegenteil von dem, was er bisher war, umschlagen, wenn er alle möglichen Variationen seines Innern im Augenblick vornehmen und sie beliebig oft vor- und rückwärts wiederholen könnte? Sein ganzes Sein würde in der Luft schweben und seine Kräfte wären eine Null, ohne Gesetz und Norm, beherrscht von einer unmeßbaren Größe oder, besser gesagt, von einem Nichts. Wo wäre Tugend, wo wäre das Laster? Wie könnte das geringste Vertrauen zu sich und Anderen in einem Menschen wohnen? Wer bürgt uns dafür, daß der, den wir bisher mit Recht für unseren besten Freund gehalten haben, im nächsten Augenblick durch einen Akt der Spontaneität nicht unser entschiedenster Gegner wird und auf unseren Verrat und Schaden sinnt? Und wo wäre die Garantie irgendeines Erfolgts für unsere sittlichen Bestrebungen, wo die Aussicht für ein wirkliches Besserwerden und dann wirkliches Bessersein? Doch es ist eben anders. Wer das Innere eines Menschen, die Festigkeit seines Charakters und die Art seiner Bestrebungen und Ansichten kennt, der kann in vielen Fällen mit Bestimmtheit sagen, ob derselbe Etwas tun wird und getan hat, oder nicht. Wir können in vielen Beziehungen auf uns und Andere rechnen, wenn wir wissen, wozu wir und diese fähig sind. Dies ist eine Erfahrung, welche Niemand hinwegleugnen kann, und sie zeigt uns deutlich, auf wie unhaltbarem Boden die bekämpfte Ansicht von der menschlichen Willensfreiheit ruht. Auch ist für die Sittlichkeit und das darauf sich gründende Wohlergehen des Menschen Nichts so gefährlich, als eben gerade diese Ansicht. Sie erzeugt und begünstigt jene nonchalance [Unbekümmertheit - wp], die da meint, man habe das Besserwerden stets in der Gewalt und könne es verschieben, bis es einmal paßt; man könnte getrost einmal und dann noch einmal usw. einer Neigung, die man nicht billigt, nachgeben, da man ja stets die Unterdrückung derselben in seiner Hand hat. So legen sich Viele, wie wir ja täglich aus den Äußerungen und Handlungen der Welt entnehmen können, recht bequem und sorglos auf das Ruhekissen, welches ihnen der Glaube an die absolute Willensfreiheit zurecht gemacht hat, und schlafen mit offenen Augen, unbekümmert um das, was recht eigentlich Not tut, und schlummern fort und fort, bis sie endlich erwachen und mit Schrecken sehen, was aus ihnen geworden ist. Das Unmoralische ist in ihnen stark und mächtig geworden, welches am Anfang leicht zu unterdrücken war; es hat dadurch, daß man ihm nachgegeben hat, Kräfte gesammelt, und vergebens, entweder auf immer oder auf lange Zeit, kämpft nun gegen das Unsittliche das sittliche Prinzip. Dann lernt der Mensch im schweren Ringen erkennen, wie sehr ihn der Glaube an jene falsche Freiheit irre geführt und was es mit derselben eigentlich auf sich hat. Es geht kein Eindruck an der Seele spurlos vorüber und es wird ein jeder mehr oder weniger zu einer inneren Kraft. Und insbesondere wächst das Begehren durch seine Befriedigung und das Bedürfnis durch schwächliches Hingeben. So kann man nie ungestraft Unrechtes tun, nie sich gehen lassen und der Gelegenheit zum Sündigen sich hingeben, ohne den unsittlichen Begehrungen und damit den unsittlichen Willenskräften Nahrung zuzuführen und sich mehr und mehr in ihre Gewalt zu bringen. Es ist nicht nötig, weiter auseinanderzusetzen, zu welcher Wachsamkeit uns die Lehre von der inneren Notwendigkeit des Wollens und Handelns im Gegensatz mit der entgegenstehenden Ansicht auffordert und wie gerade in ihr die stärkste Mahnung für uns liegt, ohne Unterlaß bemüht zu sein, daß wir stets und ohne Ausnahme nach den Regeln der Sittlichkeit handeln. Es ist daher auch der Vorwurf ganz ungerechtfertigt, daß diese Lehre zum Quietismus [weltabgewandte Frömmigkeit - wp] führt, ein Vorwurf, den man gerade der entgegengesetzten Doktrin entgegenstellen muß, wie ja von selbst die oben aufgestellten Betrachtungen ergeben. Ebensowenig hat unsere Ansicht mit dem Fatalismus [Ergebenheit in die Macht des Schicksals - wp], dem Zwillingsbruder des Quietismus, etwas gemein. Der Fatalismus, zurückgehend auf ein finsteres und allgewaltiges Etwas, das mehr oder weniger als neben Gott bestehend gedacht wird und dem wir unrettbar verfallen sein sollen, steht im Widerspruch mit der Allweisheit und Güte des Höchsten, der nach seinem unerforschlichen Ratschluß Alles zum Besten führen wird. Während der Fatalismus den Menschen träge und stumpfsinnig macht, fordert ihn ja die Lehre von der inneren Notwendigkeit des menschlichen Wollens und Handelns mit gewaltiger Stimme zu stetiger Tätigkeit und zu wachem, umsichtigen Eifer auf für das, was der Seele wahrhaft Not tut. Zugleich aber liegt in dieser Lehre ein reicher Schatz der Beruhigung für den besseren Menschen. Nichts ist ja so erhebend und so beglückend, wie die Zuversicht, daß man im Laufe des Lebens zu immer größerer Veredelung fortschreiten wird. Und diese Zuversicht kann derjenige in sich tragen, der mächtige Kräfte für das Gute, starke und herrschende Bestrebungen für das Sittliche in sich gebildet hat. Diese Kräfte und Bestrebungen werden nicht nur bleiben, sondern werden noch wachsen und zunehmen und zu immer neuer Vervollkommnung hinüberführen, desto sicherer und mit umso weniger Kampf, je mächtiger und reger sie sind. |