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Das Problem der Phänomenologie [eine wissenschaftstheoretische Untersuchung] [3/4]
V. Der empirische Charakter der Phänomenologie Es ist ein für die Erkenntnistheorie jederzeit fundamentales Problem, von einer vorgelegten Wissenschaft zu entscheiden, ob sie empirisch oder nicht-empirisch ist, ob ihre Urteile strenge oder nur bedingte Geltung haben. Indessen muß man sich bei der Auflösung eines solchen Problems hüten vor der Vermengung erkenntniskritischer und kulturhistorischer Momente. So muß man sich hüten, etwa aus dem historischen Faktum der vielen einander widersprechenden Versuche, eine Wissenschaft der Metaphysik aufzubauen, den Schluß auf ihre Unmöglichkeit zu ziehen. Die Entscheidung dieser Frage obliegt nur der Erkenntniskritik, die sich dabei nicht auf historische Fakto in ihren Begründungen stützen darf. Daher haben auch wir den bei der Neuheit der Phänomenologie nicht anders als unvollkommen zu erwartenden empirischen Zustand nirgends als Beweismittel zu verwenden. Daß die Strukturen der axiologischen und praktischen Wahrheiten fast garnicht im Einzelnen durchgeführt vorliegen, geht uns nichts an. Es liegt im Wesen der Grundbestimmungen des phänomenologischen Gebietes, sie als ebenso durchgebildet anzusehen wie die Strukturen der theoretischen Wahrheiten. Wir machen zunächst die Annahme, die Phänomenologie sei eine Wissenschaft von streng geltenden Urteilen, also Urteilen von unbedingter Geltung. Das ist die Behauptung HUSSERLs. Dann ergeben sich zwei Möglichkeiten: Entweder die Phänomenologie besitzt ein ihr eigentümliches Gewißheitsprinzip, das nicht die Erfahrung sein kann. Dann sind ihre Urteile, zumindest die letzten, aus denen alle anderen nach den Gesetzen der formalen Logik ableitbar sind, synthetische Urteile. Oder aber die Phänomenologie besitzt kein solches Gewißheitsprinzip; dann muß sie es von einer anderen Wissenschaft unbedingter Geltung erborgen. Dann sind alle ihr eigenes Gebiet betreffenden Urteile nur analytische Urteile unter der oben gemachten Annahme der strengen Geltung. Erwägen wir diese zweite Möglichkeit zuerst: Dann wäre die Phänomenologie überhaupt keine Erkenntnis im eigentlichen Sinne. Denn als Wissenschaft strenger Geltung könnte sie die Geltung ihrer Sätze nur aus der formalen oder transzendentalen Logik oder der Metaphysik begründen. Aus der formalen Logik kann sie ihr Geltungsprinzip nicht entnehmen, denn ihre Urteile gehen keineswegs auf die Form aller Erkenntnis, sondern auf deren Inhalte, ja auf deren Einzelinhalte. Aber ferner bedarf sie auch nirgends einer metaphysischen Realität, die den Inhalt ihrer Urteile begründen könnte. Daß die Wesenserschauung nichts mit transzendenten Realitäten zu tun hat, geht daraus hervor, daß sie Erkenntnisinhalte gibt, und Metaphysik als Wissenschaft konnte uns keine Inhalte innerhalb der Erkenntnis geben. Es bleibt also nur die transzendentale Logik übrig, und so ist die Frage zu erörtern, ob die Phänomenologie als eine Anwendung der transzendentalen Logik anzusehen ist, ob sie deren Methode gleichsam fortsetzt in die einzelnen Inhalte der Wirklichkeit hinein. Vor dem Eintritt in dieses Problem bedarf es jedoch noch der Beseitigung eines Einwandes. Indem wir als einzige Möglichkeit nur noch die transzendentale Logik übrig ließen, könnte man unsere Schlußweise dahin mißverstehen, als ob unter den oben gemachten Annahmen tatsächlich keine andere Wissenschaft strenger Geltung mehr übrig bleibt; als ob die Schlußweise folgenden Verlauf hätte: Nachdem wir uns im Kreis der zur Zeit tatsächlich vorhandenen Wissenschaften strenger Geltung umgesehen haben, bleibt nur noch eine einzige, die transzendentale Logik übrig. Daher müßte die Möglichkeit offen gelassen werden, man könne in Zukunft noch eine neue, von den bisher bekannten unabhängige Wissenschaft unbedingter Geltung auffinden. Für diese würde dann erneut das uns beschäftigende Problem aufzustellen sein. Die Ausführungen des ersten Kapitels haben jedoch gezeigt, daß außer den genannten Wissenschaften aus rein theoretischen, d. h. streng geltenden Erwägungen heraus keine anderen strenger Geltung mehr existieren können. Das ist aus dem Sinn der allgemeinen Wirklichkeitserkenntnis erschlossen worden. Wir haben also unsere Schlußweise nicht auf empirische Gegebenheiten, die Änderungen gestatten, gegründet. Transzendentale Logik nun hat die Bedingungen aller Wirklichkeit überhaupt zum Gegenstand. Nun sagt HUSSERL: "Jede auf Erlebnisarten bezügliche Wesensbeschreibung drückt eine unbedingt gültige Norm für mögliches empirisches Dasein aus." (1) Ist die Gewinnung solcher Normen nicht auch das Ziel der transzendentalen Logik? So gewiß aber die transzendentale Logik Bedingungen nur für alle Wirklichkeit überhaupt aufstellt, so zweifellos sucht die Phänomenologie Normen für einzelne Ausschnitte aus der Wirklichkeit, für bestimmte "Regionen" (2). Dazu aber reichen die Gewißheitsprinzipien der transzendentalen Logik nicht aus. Ist also die Phänomenologie, wie wir immer noch annehmen, eine Wissenschaft unbedingter Geltung, so bedarf sie eines eigenen Gewißheitsprinzips. Wir behaupten dies jetzt, wiederum nicht etwa auf die Tatsache gegründet, daß HUSSERL ihr ein solches Prinzip gibt, sondern wir haben die innere Notwendigkeit eines solchen bei unserer Voraussetzung erwiesen. Als dieses besondere Gewißheitsprinzip nennt HUSSERL die die Wesen gebende Wesenserschauung (3). Sie hat mit der empirischen Anschauung die synthetische, die die Gegenstände gebende Funktion gemeinsam, ist aber sonst nach HUSSERL streng von ihr zu scheiden. Denn sie gibt nur Wesen, also nichtreale Gegenstände und ist das Gewißheitsprinzip für Urteile von unbedingter Geltung. Es liegt nahe, sie mit dem im vierten Kapitel entwickelten Begriff der kategorialen Anschauung zu identifizieren, den wir für diese Möglichkeit genauer fixiert haben, obschon HUSSERL selbst nicht dieser Ansicht ist. Allein diese Anschauungsart ist in Bezug auf die Art ihrer Existenz durchaus empirischer Natur und kann daher überhaupt keine logische Begründungsfunktion für strenge Geltung übernehmen. Mag immerhin die Anschauung im erweiterten Sinn allgemeine Gegenstände geben, dann sind das Begriffe, bzw. Urteile, die zu Gewißheitsprinzipien ihrer Synthesis entweder die Logik oder die Erfahrung haben. Durch Anschauungsakte lassen sich zwar strenge Wahrheiten erkennen, aber in ihren Gesetzen sind diese Wahrheiten nicht begründet. Nicht so, weil so und nicht anders gedacht werden muß, ist etwas wahr, sondern weil der gedachte Sachverhalt so und nicht anders ist, d. h. nur so begründet ist. Die Erfüllung ist nur eine psychologische Bedingung für die Geltung der Urteile, für den wahren Sachverhalt; sie garantiert die richtige Erfassung desselben. Um aber mit strenger Notwendigkeit feststellen zu können, ob Erfüllbarkeit vorhanden ist oder nicht, wenn dies überhaupt möglich ist, reicht das bloße "Evidenzgefühl", selbst wenn es noch so sehr im Einzelnen analysiert ist, nicht aus, dazu reichen bloße Bewußtseinsmomente überhaupt nicht aus. So gewiß auch der Begriff der Wirklichkeit in der transzendentalen Logik empirisch einem Bewußtsein gegeben sein muß, so zweifellos begründet das Gegebensein nicht die aus der Analyse seines Inhaltes folgenden Wahrheiten. Aber vielleicht kommt der Wesenserschauung überhaupt keine empirische Realität zu im Gegensatz zur empirischen Anschauung, die dem Einzelbewußtsein die Gegenstände wirklich gibt und sich so im Einzelbewußtsein verwirklicht? So ist die Wahrheit das Gewißheitsprinzip der formalen Logik und dieses Gewißheitsprinzip wird nicht in dem Sinne erfahren, in dem eine die Gegenstände in ihrer Gewißheit gebende Anschauung erfahren wird. Wenn sie daher die Gegenstände dieser Wissenschaft "gibt", so ist dieses Gegebensein nur das Resultat der logischen Analyse eines Begriffs; daher ist es in keinem Bewußtsein wirklich, es ist eben die oberste Bedingung aller Wirklichkeit. Ein solches Sein auch der Wesenserschauung zuzuschreiben, hieße doch, sie ihres Sinnes völlig zu entleeren. Wenn sie die Gegenstände als Anschauung geben soll, so muß sie sie einem Bewußtsein geben und zwar einem empirischen Bewußtsein, sonst könnte niemand in Wirklichkeit Wesen erschauen. Alle Wissenschaft setzt ihre, wenn auch noch so unvollkommene Realisierung als Kulturgebilde voraus, aber natürlich nicht im Sinne eines begründenden Prinzips. Wenn also die Wesenserschauung Gewißheitsprinzip und zugleich Anschauung ist, dann muß sie irgendwie eine reale Existenz haben, sie muß die Gegenstände wirklich geben. Die oben bereits aufgeworfene Frage nach der theoretischen Möglichkeit der Wesenserschauung fällt also zusammen mit der nach ihrer empirischen Möglichkeit, d. h. Wirklichkeit. Kommt eine derartige Anschauung nicht wirklich vor, gibt es also keine Akte, die Wesen geben, dann existiert sie in keinem Sinn. Man darf nicht etwa schließen, weil sie mit der empirischen Anschauung nicht identisch sein soll, und eine andere Anschauung nicht bekannt ist, darum existiert sie nicht (4). Denn erstens könnte sie im Sinne eines ideellen Gegenstandes existieren, was wir ablehnen mußten und zweitens könnte sie morgen als real existierend erfahren werden. Wir haben sie unter den gemachten Annahmen als Gegenstand möglicher Wahrnehmung erwiesen in dem weiten Sinn, in dem irgendeine Anschauung überhaupt wahrgenommen werden kann. Das heißt: wir haben nicht ihre reale Existenz als wirkliche Funktion des empirischen Bewußtseins erwiesen, wie etwa die Erfüllung eine reine Bewußtseinsfunktion ist. Derartigen Funktionen ist der Begriff logischer Begründung völlig fremd. Sondern, was wir gezeigt haben, ist nur, daß sie die Eigenschaft haben muß, einem wirklichen Bewußtsein Gegenstände zu geben. Dabei kann dieses wirkliche Bewußtsein als ein Gattungsbewußtsein gefaßt werden, nur muß es dann die Spezialisierung auf ein individuelles wirkliches Bewußtsein zulassen. Näher beschreiben in ihren Eigentümlichkeiten lößt sich die Wesenserschauung nicht, weil sie wie die empirische Anschauung als ein letzter Begriff gedacht werden muß, der durch andere Begriffe nicht definiert werden kann. Sobald aber einer Anschauung empirische Realität im erläuterten Sinn zugesprochen wird, muß sie mit der empirischen Anschauung auf das Engste zusammenhängen, gleichsam mindestens eine Schicht an ihr darstellen, wenn nicht mir ihr zusammenfallen. Zum selben Ergebnis gelangen wir, wenn wir die Art der Gegenstände, die die Wesenserschauung gibt, untersuchen. Indem sie nämlich überhaupt Gegenstände gibt, müssen diese unter den Gesetzen der formalen Logik stehen. Damit sind sie eingepreßt in die Deduktionen unseres ersten Kapitels. Sie sid aber nicht Gegenstände der formalen Logik noch auch der Metaphysik. Folglich müssen sie den Gesetzlichkeiten der transzendentalen Logik unterstehen; sie müssen also eine Erfahrungsbezogenheit besitzen. In der Tat läßt auch HUSSERL die Erfahrungsbezogenheit der Phänomenologie keineswegs fallen, wie ja namentlich die aus der Phänomenologie hervorwachsenden regionalen Ontologien beweisen (5). Folglich muß auch aus diesem Grund die Wesenserschauung mit der empirischen Anschauung irgendwie verknüpft sein. Aber ist nicht für den Geometer die in bestimmter Richtung verfeinerte sinnliche Anschauung der begründende Akt? Haben wir nicht oben besonders die Erfahrungsbezogenheit jeder Art von Geometrie betont? Und doch ist die Geometrie von unbedingter Geltung! Wir antworten: Begründende Akte kann es für unbedingt geltende Sätze überhaupt nicht geben, sondern nur begründende Sachverhalte. Diese sind hier aber das System der geometrischen Axiome, die von jeder sinnlichen Anschauung befreit sind. Und dieses System ist in der allgemeinen Raumgesetzlichkeit begründet. Nur, weil die Geometrie die Entfaltung dieser Raumgesetzlichkeit ist, besitzt sie die Beziehung auf die Erfahrung. Die anschauenden Akte, die den Geometer auf seinen Gängen zur Erforschung der Wahrheit begleiten, sind daher Mittel, um zur Wahrheit hinzugelangen, nicht aber, um sie zu stützen. Das gewonnene Resultat bestätigt in der Tat auch die Analyse der Einzelheiten. Es schaltet zwar die Einklammerung nach HUSSERL jede Wirklichkeitssetzung aus und es können außerdem als Beispiele Phantasiegegebenheiten fungieren, ähnlich wie der Geometer Punkte, Geraden usw. in der Phantasie verschiebt, um neue Wesensbeziehungen zu finden (6). Mag indessen auch der intentionale Gegenstand des zu analysierenden Bewußtseinserlebnisses ein Phantasiegegenstand, etwa ein Kentaur, oder aber in in sich widerspruchsvoller Begriff sein, so will über diesen Gegenstand die Phänomenologie keine Aussagen machen, sondern nur über das Bewußtseinserlebnis, das beim Denken an diese Gegenstände eintritt, und dieses Erlebnis ist im Bewußtsein wirklich und an diesem wirklichen Erlebnis müssen die Wesensfeststellungen vollzogen werden. Die Absicht des Geometers dagegen, den HUSSERL als Beispiel eines Wesensforschers nennt, geht nicht auf das Erlebnis von der Geraden, sondern auf die vorgestellte Gerade selbst. Diese wird nicht in freier Willkür vorgestellt, sie ist nicht Gegenstand freischaltender Phantasie. Vielmehr wird sie immer nur so vorgestellt, wie es den durch das gestellte Problem vorgeschriebenen mathematischen Gesetzlichkeiten entspricht. Gelten läßt er schließlich nur diejenige Lage der Geraden, die die Lösung enthält. Seine Phantasie ist durch den Objektsgedanken bestimmt und eingeschränkt. Nun kann freilich der Phänomenologe ein Wahrnehmungserlebnis z. B. eines blühenden Baumes, fingieren. Aber die phantasierten Momente und deren Änderungen an diesem Erlebnis sind stets so beschaffen, daß es ein wirkliches Erlebnis werden kann. Sie sind durch wirkliche Erlebnisse bestimmt in ihrer durch die Phantasietätigkeit möglichen mannigfaltigen Abänderung (7). Wir dürfen uns daher bei unserer Frage nach der Funktion der Einklammerung bei der Erschauung von Wesensverhalten an einzelnen Beispielen auf wirkliche Erlebnisse beschränken.
Knüpfen wir also an das Bewußtseinserlebnis der Wahrnehmung eines blühenden Baumes an (9), wie es sich in unserem individuellen Bewußtsein vollzogen hat. Wir trennen durch begriffliche Beschreibung nur das, was sich uns als Inhalt des Bewußtseins gibt. Die Urteile beziehen sich dann nicht auf den draußen befindlichen Baum; der kann daher auch bloß halluziniert sein, wenn nur das Bewußtseinserlebnis so ist, als ob ein wirklicher Baum wahrgenommen würde (10). Die Urteile der Beschreibung sind keine analytischen Urteile. Die Synthesis gibt der wirkliche Bewußtseinsakt. Daß die Noesen den Charakter des Abgeschattetseins haben usw., wird wirklich erfahren im einzelnen Fall oder in mehreren Fällen, jedenfalls nur in einer endlichen Anzahl von Fällen. Darum haben diese Urteile nur eine bedingte Geltung, obschon die Wirklichkeit des Baumes eingeklammert ist. Aber auch die Wirklichkeit der Bewußtseinsinhalte soll eingeklammert werden, wir dürfen von ihr "keinen Gebrauch" machen. Wir machen jedoch von dieser Wirklichkeit nur dann keinen Gebrauch, wenn die Synthesis des beschreibenden Urteils anders ausfällt als mit Hilfe dieser Wirklichkeit. Wenn wir also die Wirklichkeit des Bewußtseinserlebnisses einklammern, dann das Urteil fällen, hierauf dieses Urteil auf die Bewußtseinswirklichkeit, die wir eben in Klammer gesetzt hatten, wieder anwenden und nun zwischen ihr und dem Urteilssachverhalt Übereinstimmung besteht, dann ist faktisch die Begründung nicht in dem, was vom Bewußtseinserlebnis nach der Einklammerung noch übrig bleibt, zu suchen, sondern in dem mit der Wirklichkeitsthesis behafteten Vorgang. Wenn die Wirklichkeit des Bewußtseinserlebnisses nicht vorausgesetzt werden darf, dann kann die Synthesis nur durch Eingebildetes und zwar durch eingebildete Bewußtseinserlebnisse, also Erlebnisse, die ich nicht wirklich habe, geleistet werden, das heißt aber durch Erlebnisse, die keine Erlebnisse sind (11), durch im echten Sinn Eingebildetes, das sein Geltungskriterium nicht aus der Wirklichkeit holen kann, das seine Geltung nicht an der Wirklichkeit zu messen sich unterfangen darf. Da die Gegenstände der Phänomenologie nicht Hirngespinste sein wollen und es auch nicht sind, so muß also eine Erfahrung der letztbegründende Akt sein. Nur wenn die Wesensgesetze keinerlei Anwendung auf die Wirklichkeit gestatten würden, könnte die sie gebende Anschauung von der Erfahrung verschieden sein. Indessen bedarf der Begriff der Erfahrung einer gewissen Beschränkung, denn die phänomenologische Erfahrung ist mit der psychologischen und naturwissenschaftlichen nicht voll zu identifizieren. Indem nämlich die Gegebenheiten des eigenen Bewußtseins und die äußeren Gegenstände von der Einklammerung betroffen werden, wird bei den physikalischen Gegenständen ihr zeitlich-räumliches sowie kausales Gefüge weggestellt, bei den bloßen Bewußtseinsdaten aber nur die Zeit. Es bleibt daher für die phänomenologischen Gegenstände sowie für die sie gebende Wesenserschauung eine eigentümliche Art des Seins zurück, eben das "absolute" sein HUSSERLs, wie wir weiter oben hervorhoben, das weder mit dem Sein rein ideeller Gegenstände noch auch mit dem der empirischen Gegenstände im gewöhnlichen Sinn zu identifizieren ist. Dieses Sein hat einen "Verlauf", aber dieser Verlauf ist nicht hineingestellt in irgendeine objektive Zeit, vielmehr ist er nur durch die Unterschiede der inhaltlichen Bestände des Bewußtseins bestimmt. Daher kommt diese Beständen zwar ein Ausbreitungscharakter zu, aber dieser ist unräumlich und unzeitlich zu denken. Darin liegt das über das Einzelbewußtsein hinausgreifende, das objektivierende Moment der Wesenserschauung, die aber trotz alledem ihren empirischen Charakter nicht verliert. Die folgenden Ausführungen, die wegen ihres der HUSSERLschen Ansicht entgegengesetzten Charakters die empirische Seite der Phänomenologie sehr scharf betonen, sind daher stets mit diesem Vorbehalt des eingeschränkten Erfahrungsbegriffs zu verstehen. Die Wesen können daher nur als empirische Gattungsbegriffe gedeutet werden, aber eben mit der Beschränkung, daß ihnen nur jenes "absolute Sein" zukommt. Nur so läßt sich begreifen, wie das Wesen "Wahrnehmung" unter sich als Einzelfall die hic et nunc erlebte Wahrnehmung befassen kann. Aber wie? Wenn nun z. B. das Sich-abgeschattet-geben als wesentliches Moment zum Begriff des Wahrnehmungserlebnisses eines äußeren Gegenstandes gehört, sodaß jedes Erlebnis, dem es fehlt, kein Wahrnehmungserlebnis eines äußeren Gegenstandes ist? Dann könnte doch niemals der Fall eintreten, daß ein solches Wahrnehmungserlebnis ohne jenes Moment auftritt! Also gilt das Urteil unbedingt. Zweifellos; aber es ist dann ein analytisches Urteil, indem die Synthesis als bereits vollzogen im Subjektbegriff angesehen wird. Das ist ein bloßes Zurückschieben des Problems. Bei dieser Auffassung ist dieses Urteil keine eigentliche Erkenntnis mehr, sondern eine bloße Definition: Das, was diese bestimmten Merkmale, darunter das Sich-abgeschattet-geben, besitzt, wollen wir Wahrnehmungserlebnis eines äußeren Gegenstandes nennen. Das Urteil der Phänomenologie will aber Erkenntnis sein, es will aussagen, daß zum Begriff der Wahrnehmung das Moment der Abschattung als etwas Neues hinzukommt, das erst entdeckt werden mußte. Die Begründung dieser Synthesis ist die Erfahrung. Weil diese Entdeckung immer nur für eine endliche Anzahl von Fällen verifiziert werden kann, gilt das Urteil nur bedingt. So wenig die Wesen nur für individuell Geschautes gelten, so wenig erstreckt sich ihr unbedingter Geltungsbereich auf alle Anschauung überhaupt. Die Phänomenologie ist also eine empirische Wissenschaft, die die Bewußtseinserlebnisse zum Gegenstand ihrer Untersuchung hat. Nachdem so dem Allgemeinsten nach ihr wissenschaftstheoretischer Charakter festgelegt ist, ist es unsere weitere Aufgabe, sie mit denjenigen Wissenschaften in einen Vergleich zu setzen, die in besonders engen Beziehungen zu ihr stehen, oder zu stehen scheinen, also mit der Logik und der Psychologie, damit umso deutlicher ihre systematische Stellung bestimmt werden kann. Ein ganz besonderes Interesse gebührt dabei der Herausarbeitung der praktischen Forschungsmethode der Logik und der Phänomenologie; denn beide Wissenschaften beanspruchen, zu streng gültigen Urteilen zu gelangen; aber nur die eine von beiden, die Logik, hat einen rechtmäßigen Anspruch darauf, obgleich sich die praktischen Seiten der Methode nahestehen. Die formale oder reine Logik hat, wie wir feststellten, die Auseinandersetzung des Wahrheitsbegriffs zum Gegenstand. Sie stellt die Bedingungen fest, denen jeder gedankliche Inhalt ohne Ausnahme genügen muß, wenn er Geltung beansprucht und zwar unbedingte wie bedingte Geltung. Daher ist die formale Logik das System der Gesetze der Wahrheit überhaupt, gleichgültig, ob es eine Wirklichkeit gibt oder nicht, die diesen Gesetzen unterstellbar ist. Ob diese Gesetze von einem Bewußtsein gedacht werden können, ob alle denkenden Subjekte sie in gleicher Weise denken, wie sie von einem Bewußtsein gedacht werden, ob ein Bewußtsein ihnen gemäß zu denken vermag oder nicht, ob es, nur auf sie allein gegründet, zu denken vermag oder nicht, das alles betrifft in keiner Weise den Wahrheitscharakter und auch nicht den Sinn der Sätze der formalen Logik. Dennoch sind ihre Vorstellungen und Urteile vom empirischen Bewußtsein abhängig. Um diese Wissenschaft zu realisieren, müssen dem Logiker ihre Gegenstände irgendwie gegeben werden. So gewiß aber diese Gegenstände ihm durch Bewußtseinsinhalte vermittelt werden, so gewiß sind diese Bewußtseinsinhalte nicht seine Gegenstände. Diesen Gedanken in präziser Form auszusprechen, gestattet erst die Schichtstrukturen HUSSERLs. Die Bewußtseinsinhalte, die Noesen und Noemen, weisen nur auf die logischen Gegenstände hin, sie sind nur das Mittel, um sie dem Logiker zu geben; die logischen Gegenstände haben kein empirisches Dasein, ihnen kommt nur dasjenige Sein zu, das der Wahrheit gebührt, das Sein der Geltung. Das ist eine letzte, weil im Begriff der Wahrheit selbst liegende, nicht weiter zurückführbare Art des Seins, ein "ideelles" Sein. Es gibt keine logischen Sachverhalte, denen Wirklichkeit, sei es innere oder äußere, zugesprochen werden kann. Denn der Gegenstand der Logik ist nur der Sinn des Urteils, aber nur das Erfassen, das Hinfassen nach dem Sinn kann erlebt werden, nicht der Sinn selbst. Er ist stets bewußtseinstranszendent in seinem Sein, aber darum geht sein Sein nicht in das Dasein eines äußeren empirischen Gegenstandes über. Nur die Gesetze des Wahren, nicht des Falschen, stellt die Logik auf. Die Funktion der Begründung dieser Gesetze übernimmt der Begriff der Wahrheit selber in einer letzten Synthesis. Diese Synthesis ist es, die den hierdurch synthetischen Urteilen der Logik den strengen Gewißheitscharakter verleiht. So wenig daher die Sätze der reinen Logik sich durch Erfahrung begründen lassen, in so umfassender Weise begründen sie ihrerseits die Erfahrung, wenn auch nur in notwendiger und nicht in hinreichender Weise. So sehr ihnen daher hinsichtlich ihres Gegründetseins die Erfahrungsbezogenheit fehlt, so tief greifen sie kraft ihres unbedingten Herrschaftscharakters in die Wirklichkeit hinein. und dies geschieht in zweifacher Weise. Sie sind die logischen Bedingungen jedes Gegenstandes überhaupt und daher auch logische Bedingungen jedes wirklichen Gegenstandes. Gleichzeitig aber geben sie Regeln an, nach denen sich das empirische Denken von Sachverhalten richten soll, um richtig zu urteilen, d. h. wahre Sachverhalte zu erfassen. Betrachtet man so die Logik von ihrer normativen Seite aus, so beziehen sich ihre Regeln aber ausschließlich auf die Beschaffenheit der durch das Denken ergriffenen Gegenstände und nicht auf die Art, wie das Denken sich dieser Gegenstände zu bemächtigen hat. Indem ich ein bestimmtes Urteil mit gültigem Sinn fälle, verfahre ich im Fällungsakt überhaupt nicht gemäß den Gesetzen der reinen Logik. Ob ich die Mittel kenne oder nicht, und damit in bewußter Weise anwende oder ihre Anwendung unterlasse, die dem Vollzug des richtigen Urteils dienen, ist gleichgültig für den Vollzug; ich gebe ihm eine solche Beschaffenheit, daß der Sinn gilt; daran ist der Vollzug orientiert. Gleichwohl werden diese Mittel nicht von der Logik beigesteuert; sie sagt über den Vollzugsmodus nichts aus, sondern begrenzt nur die Sinnmöglichkeiten; Widersinn ist ausgeschlossen. Namentlich dann, wenn ein empirischer Sachverhalt gemeint wird, gibt sie für den Sachverhalt selbst nicht einmal ein hinreichendes Kriterium für seine Wahrheit. Wenn daher auch die logische Analyse des Urteils an das empirische Bewußtseinserlebnis des Vollzugs eines Urteils anknüpfen muß, weil nur so ein Urteil gegeben werden kann, so beschäftigt sie sich doch nicht mit dem empirischen Akt, sondern mit dem in der Schicht eines ideellen Seins liegenden Sinn des Urteils. Ebensowenig hat sie es mit grammatischen Strukturen des Urteils zu tun. Um auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen Urteile gehende Analyse praktisch ausführen zu können, vollzieht man allerdings nur eine endliche Anzahl von Urteilen, hat also nur eine endliche Anzahl von Urteilssinnen vor sich, an denen die Vergleichung ausgeübt wird, und doch beansprucht das so gefundene Gesetz der Logik unbedingte Geltung! Ist es nicht durch Induktion, von einzelnen Fällen auf alle ausgedehnt, gefunden? In der Tat wir hier eine Art Induktionsprozeß vorgenommen; es muß daher hier die Möglichkeit des Irrtums zugegeben werden, sodaß es scheint, man könne niemals zu strenggeltenden Urteilen in der Logik gelangen. Aber das betrifft nur die notwendige Unvollkommenheit des empirischen Prozesses zur Erlangung der ewigen Wahrheit. Die tatsächlich gefundene und vorhandene Fassung, in der wir die ewigen Wahrheiten ausspreche, ist in der Tat veränderlich. Aber das ideale System dieser Wahrheiten ist unveränderlich. Denn der leitende Begriff für die Geltung ist der unveränderliche Wahrheitsbegriff selbst. Als zweiter Einwand gegen die strenge Wahrheit des logischen Urteils ließe sich geltend machen, daß der Sinn der zu analysierenden Urteile sich auf empirische Sachverhalte bezieht und aus diesem Grund diese Urteile nur bedingt gültig sind. Daher müßte das daran gewonnnene logische Urteil ebenfalls an dieser bedingten Geltung Teil haben. Aber mag auch der Sinn jedes der Urteile sich auf einzelnes Wirkliches beziehen, der Unterschied, der an dem verschiedenartigen Sinn herausgestellt wird, geht nicht auf die besonderen Erfahrungsinhalte jedes Sinnes, sondern nur auf die besonderen Formen, in denen sich jeder Sinn gibt, d. h. also gerade auf diejenigen Momente, die mit jenen Erfahrungsinhalten nichts zu tun haben. Mag also der Erfahrungsinhalt des Urteilssinns nur bedingt gelten, die besondere "Form" des Sinns hat unbedingte Geltung und damit auch das zu findende Gesetz der Logik. Die Geltungsmomente am Urteilssinn sind eben Begriffe, deren Begründung im Wahrheitsgedanken liegt. Würde man vom jeweiligen Inhalt des Urteilssinns etwas mit in den Gegenstand der Analyse aufnehmen, so könnte der Begriff der Wahrheit bei seiner formalen Struktur nicht mehr das alleinige Gewißheitsprinzip für den dabei zu findenden Satz der Logik abgeben. Es dürfen in der formalen Logik nur diejenigen Inhalte am Sinn speziell gegebener Denkakte untersucht werden, für die die Wahrheit die Garantie übernehmen kann. Indem wir die Methode der praktischen Auffindung der Sätze Logik in unserer Darstellung möglichst nahe an die phänomenologische herangerückt haben, um die äußere Analogie bemerkbar zu machen, die in der Tat dazu führen kann, beide Methoden miteinander zu vermengen, haben wir jetzt umso größeres Gewicht darauf zu legen, die prinzipiellen Unterschiede zu beleuchten. Dem Phänomenologen müssen seine Gegenstände natürlich ebenfalls als Bewußtseinsinhalte gegeben werden, was im Grund ein analytischer Satz ist. Jedoch untersucht er nicht die allgemeinsten Sinnstrukturen der Gegenstände, die durch die Bewußtseinserlebnisse vorgestellt werden, vielmehr ist sein Auflösungsbestreben auf die Strukturen dieser Erlebnisse selbst gerichtet und zwar nicht nur auf die allgemeine Form ihrer Bewußtheit, sondern auch auf ihre besonderen Sachhaltigkeiten. Und diese Untersuchung hat beschreibenden Charakter. Es wird nicht aus einem einzelnen, alles beherrschenden Begriff, etwa dem der Intentionalität, heraus deduziert, es wird vom einzelnen Erlebnis aus induziert, bis zu derjenigen Allgemeinheit, die durch die Beschreibung empirischer Gegenstände erreicht werden kann. Alle begriffliche Beschreibung beansprucht objektive Geltung. Die Beschreibung des hic et nunc gegebenen Erlebnisses erschöpft sich nicht darin, nur die Eigentümlichkeiten gerade dieses einen Erlebnisses zum Ausdruck zu bringen, und selbst wenn das der Fall wäre, so bedürfte es zur bloßen Heraushebung dieses einen Erlebnisses aus dem Fluß der Bewußtseinsinhalte bereits der Objektivierung; umso mehr ist das der Fall, a die Beschreibung Typisches zum Gegenstand hat, nicht nur die Erlebnisse des eigenen Bewußtseins, sondern auch die fremder Subjekte treffen will, Wahrnehmung überhaupt heißt Wahrnehmung für den Gattungsbegriff "Bewußtsein, dem etwas gegeben werden kann." Auch der Phänomenologe stellt Unterschiede und Gemeinsamkeiten an einer nur endlichen Anzahl von Erlebnissen fest. Aber der Sinn dieser Erlebnisse kann in eigentlicher Bedeutung sinnvoll, er kann aber auch sinnlos, ja widersinnig sein (12). Die Wahrheit ist nicht wie in der formalen Logik der leitende und daher auch nicht der voll begründende Begriff. Darum führt hier die Verallgemeinerung von Beispielen nicht zu einem idealen System ewiger Wahrheiten, sondern nur empirisch bedingter. Wahres und Falsches interessiert den Phänomenologen in gleicher Weise, obgleich er gemäß den Prinzipien der Wahrheit und nicht des Falschen verfährt. Denn er will wahre Sätze aufstellen über die Erlebnisse von Wahrem und Falschem und von Dem, was diesen Begriffen gegenüber indifferent ist. Zum letztgenannten gehören auch die Erlebnisse des Willens, des Genusses usw. Er untersucht die Arten des Gegebenseins aller nur möglichen Gegenstände. Eben darum setzt er den Begriff des Gegenständlichen bereits voraus, jedoch nicht als einen begründenden. Denn diese Gegenstände sind nur intentional für die Phänomenologie, d. h. nur soweit gegeben, als Noesis und Noema reichen. Es fehlt ihnen die objektive Bestimmtheit durch Zeit, Raum und Kausalität. Mit anderen Worten: Die Phänomenologie bearbeitet nicht die objektiven Gegenstände, die den anderen Wissenschaften vorliegen. Daher wird der Begriff der objektiven Gegenständlichkeit als Begründungsmoment nicht vorausgesetzt. Das hindert natürlich nicht, daß alle Urteile der Phänomenologie, weil sie ja doch Wissenschaft ist, den Gesetzen der formalen Logik unterstehen. Daher sind die Gegenstände der Phänomenologie gemäß den Gesetzen der formalen Logik konstruiert, aber nicht aus ihnen konstituiert. Ob der besondere Gegenstand eines Bewußtseinserlebnisse wirklich ist oder nicht, darüber trifft der Phänomenologe keine Entscheidung, sofern es ein äußerer Gegenstand ist, darüber treffen auch die formale und transzendentale Logik keine Entscheidung. Darüber befinden einzig und allein die positiven Wissenschaften der Physik usw. Wenn der Phänomenologe die Noesen und Noemen des Wahrnehmungserlebnisses, also des Erfassens eines wirklichen Gegenstandes beschreiben will, muß er den Begriff des Gegenstandes voraussetzen. Der intentionale Charakter phänomenologischer Gegenstände beruth auf dem Begriff des Gegenstandes. Daß den Bewußtseinskomplexen überhaupt so etwas tatsächlich zukommt, wie das Gerichtetsein auf einen Gegenstand, das kann die Phänomenologie an einzelnen Erlebnissen aufweisen, also empirisch beweisen, aber sie kann damit nicht den Begriff des Gegenstandes selbst begründen. Um die gegenständlichen von den nichtgegenständlichen Bewußtseinsmomenten zu trennen, bedarf sie bereits des Gegenstandsbegriffes, muß sie ihn als gültig bereits voraussetzen. Die Phänomenologie blättert die einzelnen Schichten des Gegenstandserlebnisses auf. Aber die Eigenheiten jeder einzelnen Schicht sind gemessen durch ihren Abstand vom Gegenstand. So ist daher auch die phänomenologische Beschreibung, wie alle Beschreibung eines Wirklichen, an Gesichtspunkten orientiert, die ihr logisch vorausliegen. Um den Gegensatz gegen die formale Logik kurz und scharf herauszuheben, dürfen wir mit bewußter Einengung des phänomenologischen Forschungsgebietes sagen: Wie synthetische Einheit möglich gemacht werden kann im Bewußtsein, ist die Aufgabe der Phänomenologie (13); darum ist sie die Wissenschaft von der Möglichkeit alles Gegenständlichen überhaupt, ob es nun ideelle oder reale Gegenstände, mögliche oder unmögliche betrifft; sie ermittelt die Bedingungen für diese Möglichkeit. Aber - diese Bedingungen sind keine logischen, sondern empirische; es sind Bedingungen, die für die Gattung "Bewußtsein" gelten. Sie gelten nur für das Erfassen von Wahrem und Falschem (14). Es sind Bedingungen für die Möglichkeit des Gegebenseins und nicht des Seins. Die Gesetze des Denkens der Gegenstände sind nicht identisch mit den Gesetzen der Gegenstände selbst. HUSSERL leistet im Einzelnen, was die psychologische Seite der Kategoriendeduktion KANTs in der ersten Auflage der "Kritik der reinen Vernunft" nur in allgemeinen Zügen angedeutet hat. Daher bewegt sich, wie HUSSERL selber es ausspricht, jene Analyse bereits auf "phänomenologischem Boden." (15) Jeder Idealbegriff vom Bewußtsein überhaupt (16) ist dabei fernzuhalten. Denn da ein solcher Begriff keinerlei empirisches Bewußtsein meint, könnte er nur als die Grundprinzipien aller gegenständlichen Wahrheit, als das logische Prinzip der Synthesis gedeutet weren, dem keine irgendwie beschaffene Anschauung Gegenstände geben kann. Die Gesetze der Verknüpfung von Bewußtseinsmomenten zur Einheit des Objekterlebnisses sind nicht identisch mit den Gesetzen der Begriffe, die die Einheit des Objekts selbst begründen. Würde man daher die phänomenologische Analyse auf den Begriff der Wahrheit selbst anwenden und HUSSERL hat dies bereits in allgemeinen Umrissen ausgeführt (17), so kann sich keine logische Analyse des Wahrheitsbegriffs ergeben, sondern es werden die Tatbestände, die Schichten der Akte aufgewiesen, die das Erfassen der Wahrheit durch ein Bewußtsein charakterisieren, wie sie angedeutet sind durch "originäre" und "reine", "assertorische" und "apodiktische", "adäquate" und "inadäquate" Evidenz (18). Aber diese Evidenz ist für mein Bewußtsein gleichsam nur das empirische Anzeichen, daß ich Wahres gedacht habe und nicht Falsches. Das kann also auch trügen. Daß ich tatsächlich die Evidenz habe beim Fällen eines Urteils, ist ein Urteil über einen empirischen Sachverhalt. Allerdings gibt die innere Wahrnehmung die Gegenstände "selbst" und nicht abgeschattet, sodaß ein Irrtum ausgeschlossen scheint hinsichtlich der Tatsächlichkeit der Evidenz. Wäre das letztere jedoch in der Tat der Fall, so könnte ein Streit über voll evidente Wahrheiten niemals bestehen noch bestanden haben. Diese Bewußtseinsbezogenheit der Wahrheit bricht daher bei HUSSERL auch immer wieder durch:
Derselbe widerspruchsvolle Bewußtseinsbegriff begegnet uns auch bei HUSSERLs Abwehr der Einwände gegen den nicht völlig zuverlässigen Charakter der reflexiven Methode (20).
Schließlich sei noch in diesem Zusammenhang auf den weiter oben vollständig wiedergegebenen Satz HUSSERLs über die apriorischen Wahrheiten der Logik, wo uns wieder genau der gleiche Bewußtseinsbegriff begegnet, der die Geltung dieser Wahrheiten abhängig macht von ihrem Erfaßtwerden im Bewußtsein und ferner auf die Tatsache, daß HUSSERL die Ichbezogenheit in der Weise beibehält, daß er das "reine Ich" (22) nicht der Einklammerung verfallen läßt. transzendente Logik. Daß Phänomenologie und transzendentale Logik nicht identisch sein können, auch nicht der Methode nach, ist bereits durch den Beweis der empirischen Geltung er phänomenologischen Urteil dargelegt worden. Indessen erfordern verschiedene Berührungspunkte, wie die Richtung beider Wissenschaften auf die ganze Bewußtseinswirklichkeit oder ihr Begriffe bzw. Erlebnisse auflösender Charakter auflösender Charakter eine mehr systematische Gegenüberstellung. Es kommt hinzu, daß wir bisher eine Seite der phänomenologischen Forschung noch kaum erwähnt haben, die die Phänomenologie besonders nahe an die transzendentale Logik heranzubringen scheint. Es sind dies die Probleme, die die konstitutive Phänomenologie im weiteren Verstand aufgibt.
Was die transzendentale Logik daher bietet, sind Analysen des Begriffs der Wirklichkeit. Darum sind aber, wie im ersten Kapitel betont wurde, diese Urteile keineswegs analytisch im Sinne KANTs, ebensowenig wie es die Urteile der formalen Logik waren, die die Analyse des Wahrheitsbegriffs enthielten. Ihnen kann keine Synthesis logisch vorhergehen, die sie nur aufzulösen hätten in analytischen Urteilen, sondern sie sind diese Synthesis selbst, auf eine entfaltete Form gebracht. Was außer diesen Urteilen über den Begriff der Wirklichkeit schlechthin gesagt wird, sind analytische Urteile. Was über besondere Wirklichkeiten ausgesagt wird, sind Urteile, die, sofern synthetisch, ihrer "Form" nach gemäß den synthetischen Prinzipien des realen Gegenstandes überhaupt gebildet sind, denen jedoch die Begründung ihrer Synthesis von der Einzelerfahrung verliehen wird. Zwar muß also der Begriff der Wirklichkeit in seinen tatsächlich-zufälligen Momenten der transzendentalen Logik gegeben sein und in diesem Sinn muß seine Synthesis vorweggenommen sein. Doch wird von der Wirklichkeit eines besonderen Gegenstandes keinerlei Gebrauch bei den Beweisgängen gemacht. Daher ist diese Synthesis keine empirische Synthesis im üblichen Sinn, sie kann nicht durch eine spätere Erfahrung modifiziert werden, sie ist Synthesis des Begriffs des Empirischen. Sie umspannt kraft ihres Sinnes alles Wirkliche überhaupt, daher gelten die sie enthaltenden Urteile unbedingt, sie gelten ewig und für alle wirklichen Gegenstände. Demgegenüber hat es die Phänomenologie nicht mit der Wirklichkeit überhaupt, sondern bloß mit einem Ausschnitt aus ihr, den Bewußtseinserlebnissen, zu tun. Ihr Gegenstand ist also ein empirisches Objekt in dem oben hervorgehobenen eingeschränkten Sinn. Bedingungen seiner Möglichkeit im transzendentalen Sinn gibt es daher nicht. Man kann unter den Bedingungen seiner Möglichkeit nur die Entfaltung der wesentlichen Merkmale des Bewußtseinserlebnisses verstehen, die ihn von anderen empirischen Begriffen unterscheiden. Das setzt natürlich voraus, daß zunächst einmal eine Scheidelinie zwischen dem bloß Bewußten und der übrigen Wirklichkeit gezogen wird. Das Gegebene, dem der Charakter der Bewußtseinssubjektivität anhaftet, muß aus dem Gegebenen überhaupt herausgelöst werden. Diese Bedingungen des bloß Bewußten lassen sich aber nur aufstellen, wenn zumindest der Begriff des Daseienden bereits analysiert ist; also setzt die Phänomenologie die transzendentale Logik zur ihrer Begründung notwendig voraus. Nun läßt sich die Abgrenzung ohne inhaltliche nähere Bestimmung des Bewußtseinserlebnisbegriffs gar nicht ausführen im Gegensatz zur Analyse des Wirklichkeitsbegriffs, dessen einzelne unter ihn fallende Inhalte unbeachtet bleiben durften. Klassen empirischer Einzelgegenstände können gegeneinander nur durch eine Angabe ihrer eigentümlichen Inhalte voneinander gesondert werden. Daher kann die Phänomenologie nicht nach transzendentaler Methode die logischen Voraussetzungen angeben, die für das Bewußtseinserlebnis schlechthin gelten müssen, damit es erkennbar ist. Soweit es Erlebnis, also wirklich, ist, hat das bereits die transzendentale Logik getan; und soweit es meinem Bewußtsein angehört, ist es mir gegeben und diese Gegebenheit besagt nichts anderes, als daß es in seinem objektiven Sosein nicht weiter begründbar ist. Nur gegen die übrige Wirklichkeit das Bewußtseinserlebnis abzugrenzen, es in solche Komponenten aufzulösen, die allen Bewußtseinserlebnissen notwendig zukommen, das muß die leistende Aufgabe der Phänomenologie sein. Und dies ist ein unendliches Ziel, eine nie vollständig lösbare Aufgabe, auch nicht in einem idealen System, der sich die Phänomenologie nur an Hand der empirischen Einzelforschung allmählich annähern kann. Es erreichen, hieße, den vollen Inhalt systematisch überblicken, den die Wirklichkeit den Bewußtseinserlebnissen zu geben vermag. Gerade die Verflochtenheit des Bewußtseins als Bewußtsein von Etwas mit der übrigen Wirklichkeit gestattet nur allmählich, durch die beschreibende Methode in empirischen Gattungsbegriffen die Abgrenzung vorzunehmen, indem die unzähligen Inhalte des Bewußtseins durch die Analyse in Angriff genommen werden. Alle Wirklichkeit ist uns nur mittels Bewußtseinserlebnissen, im weitesten Sinne, d. h. auch als bloße Kunde von ihr, gegeben, aber unter diesen Erlebnissen sind viele ausgezeichnet durch eine eigentümliche Objektivität, sie repräsentieren die äußere Wirklichkeit als eine allen Subjekten gleichartig gegenüberstehende Ordnung. Daher kann die Einklammerung erst vorgenommen werden, wenn man weiß, was "wirklich sein" heißt. Die unendlichen Folgen von Abschattungen bei Dingerlebnissen sind nur empirische Anzeichen für die Wirklichkeit des Gegenstandes, sie begründen aber nicht seine Wirklichkeit (25). Es ist richtig, daß der Begriff der Intentionalität nichts über eine reale Existenz aussagt, keinerlei Bedingung für sie enthält. Eben darum ist er aber auch gänzlich unzureichend, Gesetze von unbedingter Geltung über Wirklichkeit zu begründen. Der intentionale Gegenstand ist immer nur Gegenstand für ein Bewußtsein, ist immer nur Gegenstand für mich. Daher erschöpft sich der Gegenstand schlechthin, also der objektive Gegenstand, nicht im intentionalen Gegenstand; er ist in seiner Objektivität völlig unabhängig davon, ob er durch ein intentionales Erlebnis gemeint wird oder nicht. Der Phänomenologe HUSSERLscher Observanz kann daher das Einbildungserlebnis vom Wahrnehmungserlebnis nicht trennen. Erst die zusammenhanggebenden Gesetze des Wirklichkeitsbegriffs machen den intentionalen Gegenstand des Wahrnehmungserlebnisses zum Gegenstand, sei es der äußeren oder der inneren Wirklichkeit, das Erlebnis zum Wahrnehmungserlebnis. Wenn also auch die phänomenologische Forschung keine unbedingten Gesetze über Wirkliches zu liefern vermag, so darf man ihr unter keinen Umständen die Möglichkeit absprechen, irgendwelche Gesetze überhaupt über Wirklichkeiten aufzustellen. Die Eigentümlichkeiten der Region Dingwahrnehmung bilden diejenige konstitutive Phänomenologie, der die materiale Ontologie "Ding" korrespondert. Die Art der Gegebenheit des Dings gestattet in der Tat, Schlüsse über die Art zwar nicht des Daseins, aber des Soseins der Dinge zu ziehen. Die bewußtseinsmäßige Gegebenheit der wirklichen Gegenstände wird dadurch zur Bedingung des Soseins des Gegenstandes erhoben. Die konstitutive Phänomenologie der Dingwahrnehmung entwickelt die "Voraussetzungen" für die Dingerfahrung, weil - und damit sehen wir Grund und Grenzen dieser Bedingungen - jede gegenständliche Region sich bewußtseinsmäßig konstituiert (26). Das ist insofern zutreffend, als alle Wirklichkeit nur bewußtseinsmäßig gegeben ist; ja für die bloß wahrgenommene Wirklichkeit sind jene Ausführungen geradezu nur analytische Urteile; denn sie läßt sich ja, wenn eben von aller wissenschaftlichen Bearbeitung abgesehen wird, nur durch die Wahrnehmungsinhalte in ihren Eigentümlichkeiten genau bestimmen. Was daher die Phänomenologie über das Ding, bzw. die Dingwahrnehmung ausmacht, ist nur von empirischer Geltung. Diese empirische Dignität tritt noch deutlicher hervor, wenn es sich um Regionen von Gegenständen handelt, die nicht mehr der vorwissenschaftlichen Sphäre angehören, sondern nur als Gegenstände bestimmter Wissenschaften ihren scharf umgrenzten Sinn erhalten. Wenn daher konstitutive Phänomenologien von Staat, Kirche usw. geschaffen werden sollen, so sind die Bewußtseinserlebnisse von solchen Gegenständen nur unter Zuhilfenahme derjenigen Disziplinen, in die sie hineingehören, genauer zu analysieren, da die Vagheit der Bedeutungen der vorwissenschaftlichen Begriffe die Analyse des Denkens dieser Gegenstände nur auf die psychologisch interessierenden Komponenten beschränken würde. Das heißt aber in das Bewußtseinserlebnis muß aus den Einzelwissenschaften das hineingetragen werden, was dann die phänomenologische Analyse aus ihnen wieder herausholt. Denn nicht bloß die allgemeinen Bewußtseinsstrukturen sollen beim Denken von Gegenständen wie Staat, Kirche, beschrieben werden; das käme auf die Erlebnisstrukturen beim Denken abstrakter Begriffe hinaus und könnte den Eigentümlichkeiten und Unterschieden dieser Begriffe nicht gerecht werden. Vielmehr sind alle die sachhaltigen Besonderheiten zu analysieren, die beim Denken gerade dieses bestimmten Begriffes auftreten, also z. B. die Arten der Erfüllung beim Denken an einzelne Merkmale dieses Begriffs. In diesem Fall der einer regionalen Ontologie entsprechenden konstitutiven Phänomenologie hat die Synthesis die Erfahrung, bzw. die aus der Erfahrung schöpfende positive Einzelwissenschaft geleistet. Die konstitutive Phänomenologie entfaltet diese Synthesis, ist ihr expliziter Ausdruck und die zugehörige regionale Ontologie ist dann nur ein System analytischer Urteile (27). Es läßt sich zeigen, daß dieses Verhalten ganz allgemein für die Wesenserkenntnisse zutrifft. Wenn das "gattungsmäßige Wesen von Wahrnehmung überhaupt" (28) beschrieben wird, so leistet die Synthesis die Erfahrung. Der zusammengefaßte Ausdruck dieser Synthesis ist der Gattungsbegriff "Wahrnehmungserlebnis". Die beschreibende Analyse dieses Begriffs legt die Synthesis auseinander als ein System synthetischer Urteile. Deren Geltung riecht genau nur soweit, wie das Gebiet der Wirklichkeit reicht, aus dem der Gattungsbegriff abstrahiert ist. Es können aber auf dem Gebiet, das er bisher umspannt hat, neue Erfahrungen auftreten und das grundsätzlich infolge der Struktur des empirischen Gattungsbegriffs, die zwingen, ihn zu modifizieren. Der neue Begriff "Wahrnehmungserlebnis" begreift dann die Wirklichkeit "besser" als der alte. Wegen ihrer Erfahrungsbezogenheit sind eben die Begriffe prinzipiell keine völlig konstanten Gebilde. Ihre wesentliche Funktion besteht darin, die Wirklichkeit zu ordnen, und dies muß auch die Funktion der Wesen sein. Im Wesen aber läßt HUSSERL die wirklichkeitbegreifende, ideelle Bedeutung zu völliger Konstanz erstarren, die der Bedeutung, zwar insofern zukommt, als sie logisches Gebilde ist, die aber andererseits den Fortschritt der Wissenschaft ausschließt, indem ihr mit der Unmöglichkeit ihrer Veränderung die Erfahrungsbezogenheit fortgenommen wird. Er bringt gleichsam die durch die Erfahrung und die Prinzipien der in Frage kommenden Einzelwissenschaften in diesem Gattungsbegriff vollzogene Synthesis zu gänzlicher Erstarrung im Wesen und macht sie so zu einer für alle Zeiten gültigen, also zu einer unbedingt gültigen. Die Wesenserschauung, die diese Synthesis zu entfalten hat, ergibt bei dieser Auffassung unbedingt geltende Urteile, die auch einen synthetishen Charakter haben, aber nur zufällig Gesetze für die Wirklichkeit abgeben, nämlich nur dann, wenn die im Wesen gesetzte Synthesis, die erschaute Einheit, gemäß den Ergebnissen der empirischen Analyse gebildet ist. Das Wesen wird dann zum gegebenen Ausgangspunkt. In dem Urteil: "Die Farbe ist verschieden vom Ton" (29) täuscht die leichte Gewinnung der Begriffe Farbe und Ton durch die Erfahrung sowie die strenge Konstanz der Bedeutung als solcher ihre erfahrungsfreie, absolute Gegebenheit vor (vgl. Kapitel X). Da jedoch in Wahrheit die in einem solchen Gattungsbegriff geleistete Synthesis durch die Erfahrung mittels unterscheidender und verallgemeinernder Verfahrensweisen hervorgebracht worden ist, und somit als Endresultat, nicht als logischer Anfang des Forschens dasteht, so gehen die Analysen als synthetische Urteile der Gewinnung der fest umrissenen Bedeutung des Gattungsbegriffs vorher; der Gattungsbegriff ist nur, wie wir oben sagten, der zusammengefaßte Ausdruck für diese Synthesen. Er besitzt bei dieser Auffassung auch stets die volle Erfahrungsbezogenheit, die ihm die Anwendung auf die einzelne Wirklichkeit gestattet, sodaß er einen Fixpunkt, aber nur einen vorübergehenden, entwicklungsfähigen, für die Erkenntnis darstellt. Die Idealität der Bedeutung als bloßer Bedeutung ist allerdings überempirisch, weil ein Gegenstand der formalen Logik. Die Bedeutung als solche muß in strenger Konstanz, unabhängig von aller Änderung durch Erfahrung von der Wissenschaft gedacht werden. Aber diese Unabhängigkeit von der Erfahrung, diese Starrheit, überträgt sich im Allgemeinen nicht auf die Gegenstände, die von der Bedeutung gemeint werden. Diese Gegenstände können zwar auch ideell sein wie die Zahl Π und sind dann streng unveränderlich, sie können aber auch empirisch sein, also veränderlich. Zwar, indem alle Eigenschaften, die von der Gattung gelten, von den darunter zu subsumierenden Individuen mit strenger Notwendigkeit gelten, scheinen innerhalb der Erfahrung doch Urteile strenger Geltung aufzutreten. Das aber sind dann analytische Urteile. Im Rahmen der ganzen Wirklichkeit nehmen diese Urteile an der bedingten Geltung der Synthesis im Gattungsbegriff teil. Daher sind die regionalen Ontologien Systeme analytischer Urteile, die die im empirischen Gattungsbegriff steckende, verabsolutierte Synthesis wieder auseinanderlegen (30). Wenn also HUSSERL den Einwand, seine Wesen seien psychologische Gebilde (31), zurückweist, so hat er darin vollkommen Recht. Nur muß er in seiner Verabsolutierung des Logischen nicht so weit gehen, daß er erfahrungsbezogene Begriffe zu absoluten Konstanten macht; er muß den phänomenologischen Begriffen, den Wesen, die Veränderlichkeit zugestehen, die Gattungsbegriffen empirischer Herkunft zukommt, und sie nicht zu Begriffen von ideellen Gegenständen machen, die er hinterher doch wieder auf Wirklichkeiten in seinen Ontologien bezieht. Mag auch die Mannigfaltigkeit, die der Gegenstand der Phänomenologie ist, sich im Zustand des "absoluten" Seins befinden, die Begriffsbildungen, die diese Mannigfaltigkeit gegenständlich machen, sollen letztenendes Wirkliches beschreiben. Es ist die Nichtberücksichtigung dieses Umstandes ein Moment, das zweifellos zu der merkwürdigen Konzeption der erfahrungsfreien Wesensanschauung beigetragen hat. Aus dem gleichen Motiv heraus spricht HUSSERL auch der Geometrie alle Erfahrungsbezogenheit ab (32) und doch ist sie als allgemeine Raumgesetzlichkeit eine notwendige Bedingung für die reale Existenz der Gegenstände. Wenn wir noch einmal in scharfer, wenngleich nicht voll treffender Weise beide Wissenschaften gegeneinanderstellen, so sind transzendentale Logik und phänomenologie reflektiv auf Bewußtseinsinhalte eingestellt. Aber die transzendentale Logik begründet deren Objektivität, geht also auf das Bewußtseinstranszendente. Die Phänomenologie schlägt den entgegengesetzten Weg ein, sie analysiert den Begriff des Bewußtseinsimmanenten und setzt den Begriff des Objekts bereits voraus. Sie begründet nicht die Geltung des dem Bewußtsein Gegebenen, sondern die von der Geltung geforderte logische Ergänzung, seinen Inhalt ohne Rücksicht auf die Geltung. ![]() ![]()
1) EDMUND HUSSERL, Ideen zu einer reinen Phänomenologischen Philosophie, im Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung, Bd. 1, Seite 158 2) a. a. O. Seite 30 3) a. a. O. Seite 10f, 17f, 43, 282f, 293, 298. 4) Daß für die Mathematik die Anschauung nicht begründend ist, haben wir oben durch die Betonung des rein begrifflichen Charakters auch der geometrischen Axiome gezeigt. 5) Ideen ... Seite 281. "Wirklichkeitsfragen stecken in allen Erkenntnissen als solchen, auch in unseren phänomenologischen und mögliche Konstitution von Gegenständen bezogenen Erkenntnissen." 6) Ideen ... Seite 130. 7) Ideen ..., Seite 311. Vgl. auch die Ausführungen in Kapitel X dieser Abhandlung. 8) Ideen ... Seite 140. 9) Ideen ... Seite 187, wo dieses Beispiel näher ausgeführt wird. 10) Logische Untersuchungen II, Seite 348. 11) Die wirklichen Akte, in denen sich der Erkenntnisakt konstituiert, sind hier nicht gemeint, vielmehr bezieht sich das Eingebildete auf den Gegenstand des Erkenntnisaktes; dieser Gegenstand ist nichtwirklich angenommen. 12) Ideen ..., Seite 266, 300, 305. 13) Ideen ..., Seite 188, 176. 14) Richard Hönigswald, Prinzipienfragen der Denkpsychologie, 1913, wo eine ähnliche, aber doch zu enge Auffassung des Gegenstandes der Phänomenologie vertreten wird. (vgl. Kap. IX) 15) Ideen ..., Seite 119. 16) Guttman, a. a. O., Seite 82. 17) Ideen ... Seite 284f. 18) Ideen ... Seite 284f. 19) Ideen ..., Seite 296. 20) Ideen ... Seite 151f. 21) Ideen ... Seite 155. 22) Ideen ..., Seite 160. 23) Ideen ..., Seite 319 24) In diesem Sinn äußert sich Husserl in dem "Logos"-Aufsatz Philosophie als strenge Wissenschaft, 1910-11, Seite 300. 25) Ideen ... Seite 311 26) Ideen ... Seite 309 27) vgl. hierzu die Kapitel IX und X. 28) Ideen ... Seite 140 29) "Phänomenologie als strenge Wissenschaft", Logos, a. a. O., Seite 315. 30) Ich komme in Kapitel IX auf diesen Punkt, der der Ergänzung bedarf, zurück. 31) Ideen ... Seite 176. 32) Ideen ... Seite 127. |