p-4p-4A. ReinachS. ExnerH. HöffdingB. ErdmannW. WindelbandC. Hermann    
 
CONRAD HERMANN
(1819 - 1897)
Die Theorie des Denkvermögens
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"Wenn im Begriff des  Negers als einer Art des Menschen, das Merkmal der Sinnlichkeit als das besonders charakteristische erscheint, so ist eben dieses Merkmal ansich schon im Gattungsbegriff vorhanden, und es ist dasselbe nur hier das vorwiegend entscheidende und die ganze Gestaltung dieser Art aus sich bedingende geworden."

"Die Zahlen sind im Grunde nichts als Begriffe, nur daß der in ihnen liegende Abstraktionsgehalt nicht wie bei den eigentlichen oder logischen Begriffen eine bestimmte Beschaffenheit der Qualität, sondern ein ganz reines und abstraktes Element der Quantität ist."

"Das unmittelbar Wirkliche ist überall nur die einzelne individuelle Sache als solche; alle Begriffe aber sind wesentlich nichts als allgemeine Beschaffenheiten oder Artcharaktere, deren Träger jene einzelnen Sachen selbst sind."

Der Definition als dem wissenschaftlichen Verfahren in Bezug auf den Inhalt eines Begriffs entspricht die Einteilung oder dasjenige in Bezug auf den Umfang desselben. Aus der Theorie des Begriffs aber ergibt sich, daß eine jede Einteilung im strengen Sinne nur eine dichotomische [zweiteilige - wp] sein kann, indem sie aus der Angabe der beiden nächstniedrigen Arten desselben zu bestehen hat. Dem Unterschied der Nominal- und der Realdefinition entsprechend aber pflegt auch hier zwischen der rein logischen Division und der sich auf das sachlich Reale des Begriffs erstreckenden Partition ein Unterschied angenommen zu werden. Jeder Begriff schließt teils einen Komplex von Arten oder von spezielleren Modifikationen seiner reinen logischen Idee in sich ein, teils aber mögen in seiner sachlichen Wirklichkeit gewisse Glieder oder Abteilungen, aus denen er besteht, unterschieden werden. Der Begriff der  Pflanze  gliedert sich als solcher in einzelne Arten, während die Wirklichkeit oder der Körper der Pflanze ein System von Teilen bildet, welches ansich den gemeinsamen Grundcharakter all jener Arten konstituiert. Die Arten eines Begriffs sind die Unterschiede in seiner Idee, die Teile diejenigen in seiner Wirklichkeit oder in derjenigen Grundgestalt, die den gemeinsamen Typus all seiner Arten bildet. Streng genommen aber ist es auch hier immer nur die reine Idee des Begriffs nach den in ihr liegenden Modifikationen der Art, welche den nächsten und eigentlichen Gegenstand der logischen Einteilung bildet: das Wirkliche selbst aber kann eben nur insofern zu einem Objekt der logischen Einteilung werden, als es mit zu einem Begriff gehört, oder sich als Konsequenz aus diesem ergibt. Daher steht die Partition immer mit der Divisioin in einem ebenso genauen Zusammenhang, wie die Realdefinition mit der Nominaldefinition, und es ist ein jeder Artunterschied eines Begriffs wesentlich nichts, als eine Modifikation in den Verhältnissen der einzelnen wirklichen Teile, aus denen er ansich genommen besteht. Jede Einteilung überhaupt aber setzt, um rational zu sein, ein bestimmtes Prinzip voraus, welches immer ein allgemeiner Gesichtspunkt oder ein wesentliches Merkmal des einzuteilenden Begriffs selbst ist.

Das allgemeine Merkmal der Richtigkeit jeder Einteilung, sofern dieselbe eine dichotomische ist, ist gegeben in einem Verhältnis der Entgegensetzung. Entgegengesetzte Begriffe sind solche, neben denen ein dritter, gleichmäßig koordinierter Begriff nicht gedacht werden kann. Nur im Verhältnis der Entgegensetzung ist daher überall eine ausreichende Garantie der vollständigen Erschöpfung des Umfangs eines Begriffs gegeben. Es wird aber näher eine dreifache Art aller Entgegensetzung unterschieden: die kontradiktorische, die konträre und die relative. Das kontradiktorische Gegenteil eines Begriffs ist derjenige andere Begriff, der die einfache ausschließende Negation jenes ersteren selbst in sich enthält und der insofern gleichsam als ein fingierter Gattungsbegriff der ganzen Menge aller übrigen Begriff erscheint; das konträre Gegenteil ist der einem bestimmten Begriff im Umfang seines nächsthöheren Ganzen direkt beigeordnete Begriff; das relative Gegenteil schließlich ist eine einzelne Unterart oder nähere Spezialisierung dieses letzteren selbst. Dem Begriff des Männlichen z. B. tritt als kontradiktorisches Gegenteil der des Unmännlichen, als konträres der des Weiblichen, als relatives der des Weibischen zur Seite. Der Umfang des kontradiktorischen Gegenteils aber ist ein größerer, der des konträren ist der gleich, der des relativen ist ein geringerer als jener des anderen Begriffs.

Das wissenschaftliche Gesamtverfahren in Bezug auf einen Begriff ist die Konstruktion desselben. Alle Erkenntnis eines Begriffs setzt sich an und für sich zusammen aus Definition und aus Einteilung oder aus der Angabe seiner Merkmale und aus der seiner Arten und Teile; alle diese einzelnen Beziehungen eines Begriffs zu anderen Begriffen aber müssen in der Konstruktion desselben zu einer geordneten Einheit oder einem System verbunden werden. Inwiefern aber die einzelnen Arten eines Begriffs immer gewisse Merkmale mehr in sich enthalten, als dieser selbst, so wird an und für sich nicht angenommen werden dürfen, daß eben dieselben gleichsam von einer ganz anderen Seite aus oder als nicht schon in ihm selbst, dem höheren Gattungsbegriff, enthaltene zu ihm hinzugetreten wären; denn an und für sich kann im Artbegriff nichts enthalten liegen, was dem Gattungsbegriff spezifisch fremd oder nicht in seiner eigenen Natur selbst schon angedeutet oder vorgebildet gewesen wäre; alle neuen Merkmale, die der Artbegriff anscheinend mehr hat, als der Gattungsbegriff, können streng genommen nichts sein, als bloß weitere Ableitungen und konkretere Verbindungen aus den eigenen einfacheren Merkmalen des Gattungsbegriffs selbst; der ganze Inhalt des Artbegriffs ist nicht sowohl eine einfache größere Summe, als vielmehr nur ein zusammengesetzteres konkreteres Produkt aus den Merkmalen des Gattungsbegriffs; in jedem einzelnen Artbegriff ist der Regel nach das eine unter den Merkmalen des Gattungsbegriffs das im spezifischen Sinn vorwaltende oder das die ganze innere Gestaltung desselben aus sich bedingende; jeder einzelne Artbegriff ist wesentlich nichts als die Wendung des Gattungsbegriffs auf das eine seiner Merkmale, wodurch die ganze Gestaltung seines Inhaltes überhaupt eine andere einseitigere und Kompliziertere wird. In jedem einzelnen Artbegriff ist demnach in der Tat nichts anderes als der Gattungsbegriff, nur in einer anderen und neuen Weise der Verbindung seiner Merkmale, woraus immer gewisse anscheinend neue Merkmale entspringen, enthalten. Die Aufgabe der Konstruktion des Begriffs aber ist eben diese, aus den Merkmalen des Gattungsbegrifffs den Inhalt seiner Artbegriffe ordnungsgemäß zu entwickeln oder überhaupt beide Richtungen oder Sphären der Ausdehnung des Begriffs, die des Inhaltes und die des Umfangs, oder die Summe seiner Merkmale und die seiner Arten, in ihrem Zusammenhang untereinander organisch zu begründen. Wenn z. B. im Begriff des  Negers  als einer Art des Menschen, das Merkmal der Sinnlichkeit als das besonders charakteristische erscheint, so ist eben dieses Merkmal ansich schon im Gattungsbegriff vorhanden, und es ist dasselbe nur hier das vorwiegend entscheidende und die ganze Gestaltung dieser Art aus sich bedingende geworden.

Indem sich alle Begriffe wesentlich dem Grad ihres entweder niedrigeren oder höheren Abstraktionsgehalts nach voneinander unterscheiden, so wird es zuletzt einen bestimmten höchsten oder obersten Begriff geben müssen, dessen Inhalt ein schlechthin geringer und dessen Umfang ein in derselben Weise ausgedehnter sein wird. Bilden aber überhaupt alle objektiven oder ansich allgemeinen Begriffe ein geordnetes System untereinander, so wird diesem Begriff auf der anderen Seite ein bestimmter Begriff von der entgegengesetzten Beschaffenheit, d. h. ein solcher, dessen Inhalt ein schlechthin zusammengesetzer und dessen Umfang ein absolut geringer ist, gegenübertreten müssen. Wird daher z. B. angenommen, daß die Ausdehnung aller Begriffe als solche, d. h. die Menge der überhaupt in einem jeden von ihnen enthaltenen anderen Begriffe, die gleich sei und daß dieselbe die Zahl  100  beträgt, so wird in jenem obersten Begriff Inhalt und Umfang sich zueinander verhalten wie  1:99,  in diesem untersten aber wie  99:1,  und es könnten in dieser Weise alle Begriffe in einer einzigen auf- und absteigenden Skala ihre Anordnung finden, indem der Charakter oder die Stellung eines jeden einzelnen von ihnen durch ein bestimmtes Zahlenverhältnis der Glieder seines Inhaltes und der seines Umfangs ausgedrückt werden würde.

Die Natur der Begriffe schließt sich unter diesem Gesichtspunkt in einer verwandtschaftlichen Weise an an diejenige der Zahlen. Auch die Zahlen sind im Grunde nichts als Begriffe, nur daß der in ihnen liegende Abstraktionsgehalt nicht wie bei den eigentlichen oder logischen Begriffen eine bestimmte Beschaffenheit der Qualität, sondern ein ganz reines und abstraktes Element der Quantität ist. Jede einzelne Zahl ist wesentlich nichts, als die bloße Benennung einer bestimmten Stelle in der Reihe oder Aufeinanderfolge der Zahlen überhaupt; in der Region der Zahlen ist an und für sich der ganze mannigfache und konkrete Inhalt des Wirklichen, der den Stoff der eigentlichen Begriffe ausmacht, aufgehoben oder getilgt; der Abstraktionsgehalt der Zahlen ist deswegen ein noch höherer, reinerer und einfacherer, als der der Begriffe; die Zahlen aber haben das Eigentümliche, daß sie durchaus und in unmittelbarer Weise objektive oder in der Natur ihres Inhaltes, der Quantität selbst, gegebee Elemente der Abstraktion sind und daß eben deswegen bei ihnen alle Besonderheit des Denkens oder der Anschauung der einzelnen Sprachen, welche den Inhalt der in den Worten verkörperten allgemeinen Begriffe immer in gewisser Weise als modifiziert und getrübt erscheinen läßt, von selbst für uns wegfällt; das in den Zahlworten Enthaltene ist für alle Sprachen ohne Unterschied vollkommen dasselbe, während bei allen anderen sprachlichen Synonymen sich immer ein gewisser Unterschied in der Auffassung eines bestimmten allgemeinen Begriffs geltend macht. Das Umgehen mit Zahlen aber ist das Rechnen, ebenso wie das mit Begriffen das Denken; indem aber der Inhalt und die ganzen Verhältnisse der Zahlen durchaus feststehende und unzweiflhaft gegebene sind, so ist auch die Operation des Rechnens ihrer Natur nach all denjenigen Irrtümern, Mißverständnissen und Zweideutigkeiten enthoben, welche diejenige des Denkens überall da, wo sie sich vom Boden der unmittebaren Erfahrung entfernt, wegen der schwankenden Bedeutung und unsicheren Begrenzung der einzelnen Begriffe mit Notwendigkeit unterliegt; wären in der Tat die Verhältnisse der Begriffe im Hinblick auf den in ihnen liegenden Inhalt so fest und unzweifelbaft gegebene, wie diejeningen der Zahlen, so müßte auch alles reine oder spezifisch begriffliche Denken einen ähnlichen Grad von zwingender Strenge und exakter wissenschaftlicher Bestimmtheit zu erreichen imstande sein, wie das Rechnen; deswegen aber ist ansich eine genaue und erschöpfende Bearbeitung des ganzen Systems der objektiven oder allgemeinen Begriffe ein Bedürfnis der Wissenschaft. Ebenso aber wie ich in meiner Ästhetik versucht habe, das objektive Empfinden der menschlichen Seele unter Anschluß an die Natur der äußeren Sachen, auf welche es sich gründet, systematisch zu bearbeiten, ebenso ist auch in Bezug auf den allgemeinen Apparat unseres Denkens hinsichtlich des Systems der objektiven oder im Wesen der Sachen selbst enthaltenen Begriffe die gleiche wissenschaftliche Forderung gestellt.

Die Zahl in den vollkommen einfachen und durchsichtigen Verhältissen ihrer einzelnen Glieder bildet ansich den reinen geistigen Prototyp für die Natur und die inneren Verhältnisse des Begriffs. Wie der Begriff, so hat auch die Zahl ansich überall einen Inhalt und einen Umfang, indem sie teils aus gewissen einfacheren Zahleinheiten besteht, teils auch wiederum in gewissen größeren solchen eingeschlossen liegt. Die  1  aber als die erste unter den Zahlen würde der Stellung jenes höchsten aller Begriffe entsprechen, indem ihr Inhalt der geringste, ihr Umfang aber der größte ist, da es teils keine kleinere Zahl gibt als sie und da sie anderenteils das allgemeine Element aller übrigen Zahlen bildet. Allerdings aber unterscheiden sich die Begriffe von den Zahlen dadurch, daß ihre Verhältnisse von ungleich mannigfaltigerer und komplizierterer Art sind, als die von diesen, da überhaupt der Inhalt der Qualität ein weit konkreter ist, als der ganz abstrakte und rein geistige der Quantität. Alle Zahlen bilden miteinander eine einfache oder sich nur nach einer Dimension hin erstreckende Reihe, und es steht deswegen jede einzelne Zahl nur zu einer doppelten anderen Zahl, der ihr vorausgehenden und der ihr nachfolgenden, in einem unmittelbaren Verhältnis; das System der Begriffe dagegen erstreckt sich nach mehreren Dimensionen zugleich, indem die einzelnen Begriffe nicht bloß in einem einfachen Verhältnis der Über- und Unterordnung, sondern auch in dem einer mehrfachen Beiordnung zueinander stehen und ein jeder Begriff überhaupt sich zu acht anderen Begriffen in einem unmittelbaren Verhältnis befindet. Daher muß bei der Bearbeitung des Systems der Begriffe überhaupt in einer sorgsamen und ihrer besonderen Natur angemessenen Weise zu Werke gegangen werden. Die Basis, auf der sich das System der Begriffe erhebt, ist das Gebiet des Wirklichen in seiner konkreten qualitativen Bestimmtheit, von welchem aus durch Induktion die Natur jedes einzelnen Begriffs bis herauf zu den höchsten und reinsten Abstraktionen festgestellt werden muß.

Der Begriff nach seiner unmittelbaren Wirklichkeit als Wort der Sprache tritt uns entgegen als ein System einzelner Klassen, deren jede eine in bestimmter Weise verschiedene Gattung logischer Abstraktionen in sich umschließt. Kannte die Logik an und für sich genommen nur den Begriff als solchen nach seinen allgemeinen Verhältnissen der Über-, Unter- und Beiordnung, so erscheint uns dagegen in der Sprache derselbe überall mit einem ganz bestimmten und spezifischen Artcharakter versehen und es entsteht daher die Frage, wie sich die logische Theorie von den Begriffen und ihren allgemeinen Beziehungen diesen konkreten oder wirklichen Unterschieden der Begriffe in der Sprache gegenüber zu verhalten hat, oder in welcher Weise jene Theorie durch ihren Anschluß an den ganzen Organismus des sprachlichen Denkens in der Grammatik etwa umgestaltet, modifiziert oder berichtigt werden mag. Im Allgemeinen aber ist es immer ein dreifaches Moment, wodurch sich die einzelnen Wortklassen der Sprache voneinander unterscheiden: einmal ein bestimmter Charakter ihrer äußeren etymologischen Flexion, zweitens eine bestimmte Eigentümlichkeit des in ihnen niedergelegten Begriffsinhaltes als solchen, drittens aber eine aufgrund dieses letzteren von ihnen zu erfüllende eigentümliche syntaktische Funktion. So ist z. B. das Verbum in ersterer Beziehung der konjugierende [verschiedene Formen des Verbs: laufen, gelaufen, lief etc. - wp] Teil des Wortmaterials der Sprache, während es in zweiter die Begriffe der Beziehung, Tätigkeit oder Bewegung in sich einschließt, in dritter aber die Funktion des kopulativen Prädikates im Satz auszufüllen bestimmt ist.

Die ansich konkreteste aller Begriffsklassen der Sprache ist die des Substantivs als der einen Unterabteilung der etymologischen Hauptklasse des Nomens. Jeder Substantivbegriff hat ansich zu seinem logischen Inhalt die Abstraktion einer Gattungsallgemeinheit wirklicher konkreter Einzelwesen, wie  Baum, Pflanze, Mensch  usw., oder es sind in den Substantivbegriffen der Sprache zunächst die einzelnen unmittelbaren Dinge oder fürsichseienden Existenzen der Wirklichkeit als solche nach ihren allgemeinen Gattungs- und Artabteilungen niedergelegt oder enthalten. Allerdings aber kann dann auch mittelbar jeder andere einen hiervon abweichenden Inhalt in sich einschließende Begriff der Sprache in die Form eines Substantivs verwandelt oder im Licht des eigentümlichen Charakters von diesem aufgefaßt und angeschaut werden, so wie nicht selten aus einem ursprünglichen Adjektivbegriff eine Substantivbegriff gebildet oder ein Verbalbegriff im Infinitiv und selbst eine Partikel durch das Vorantreten des Artikels in den äußeren Stand eines solchen umgewandelt wird, ebenso wie auch umgekehrt aus den ursprünglichen Substantivbegriffen [maut3bilder] öfters Begriffe dieser anderen Klassen geschöpft oder abgeleitet zu werden pflegen. In gewissem Sinne also sind alle diese grammatischen Unterschiede von wechselnder oder relativer Natur; jeder derselben ist eine bestimmte Form, in welche auch ein anderer hiervon abweichender Inhalt eingeführt werden kann und es erfährt die Sprache durch dieses fortwährende Übergehen der Worte zwischen ihren einzelnen Klassen eine immer weitere Bereicherung an Begriffen; ansich aber gehört nichtsdestoweniger jeder Begriff seinem reinen logischen Inhalt nach immer der einen unter diesen Klassen an und es fällt die Gliederung derselben ansich durchaus zusammen mit einer natürlichen inneren Gliederung des Begriffssystems selbst. Ebenso aber wie in den Substantivbegriffen ansich die Allgemeinheiten der Gattung, so sind in den Adjektivbegriffen diejenigen der Eigenschaften oder der ruhenden Daseinsmomente, z. B. der Größe, der Farbe, in den Verbalbegriffen diejenigen der Tätigkeit oder Lebensbeziehung, in den Partikelbegriffen schließlich die der äußeren Situationen oder Verhältnisse der Dinge, der Aufeinanderfolge, der Bedingtheit usw. enthalten. Jeder einzelne Begriff der Sprache fällt ansich unter die eine dieser vier Kategorien; als Substantivbegriff schließt er eine Gattung wirklicher einzelner Dinge, als Adjektivbegriff eine allgemeine existentielle Eigenschaft an den Dingen, als Verbalbegriff eine zwischen diesen stattfindende Beziehung, als Partikelbegriff schließlich ein ganz allgemeines äußeres Verhältnis derselben in sich ein. In den Substantivbegriffen aber sind die einzelnen Dinge selbst nach ihrer vollen oder unmittelbaren Wirklichkeit enthalten, während alle anderen Begriffe nur an gewissen abstrakten Beschaffenheiten derselben ihren Inhalt haben; das Verhältnis der konkreten Substantivbegriffe zu den abstrakteren Beschaffenheitsbegriffen ist demnach analog dem des spezifischen Begriffs und des Merkmalsbegriffs in der Theorie der Logik; alle Beschaffenheitsbegriffe finden sich nur als Merkmale oder Momente an den Substantivbegriffen vor; jeder Substantivbegriff wird von der Sprache gedacht als ein solcher, der einen Inhalt besitzt oder von dem etwas ausgesagt werden kann, jeder Beschaffenheitsbegriff aber als ein solcher, der sich im Inhalt eines anderen vorfindet und der das Prädikat oder den Stoff der logischen Aussage zu bilden hat. Jeder Begriff der Sprache daher, wenn er selbst Subjekt, d. h. Gegenstand und Ausgangspunkt der logischen Aussage oder eines Urteils werden soll, muß notwendig in die äußere Form eines Substantivs umgewandelt werden. Jeder Begriff der Sprache ist entweder ein solcher des spezifischen Subjekts oder ein solcher des Prädikats; alle Anwendung der Sprache aber besteht wesentlich darin, mit den Substantiv- oder Subjektbegriffen die zu ihnen gehörenden Prädikate der Beschaffenheit in Verbindung zu bringen.

Das unmittelbar Wirkliche ist überall nur die einzelne individuelle Sache als solche; alle Begriffe aber sind wesentlich nichts als allgemeine Beschaffenheiten oder Artcharaktere, deren Träger jene einzelnen Sachen selbst sind. Auch der eigentliche Substantiv- oder reine Gattungsbegriff, der eine gewisse Klasse solcher Einzelheiten in sich umschließt, ist wesentlich nichts, als der kollektive Vertreter all derjenigen Beschaffenheiten, die diese einzelnen Sachen selbst untereinander gemein haben; der Begriff  Pflanze  z. B. ist gleich der Gesamtheit derjenigen Eigenschaften, die sich in allen einzelnen Pflanzen vorfinden, demnach sind ansich die Gattungs- und die Eigenschaftsbegriffe nicht spezifisch voneinander verschieden, indem ein jeder Gattungsbegriff vielmehr nur eine konzentrierte Kristallisatioini von Eigenschaftsbegriffen in sich darstellt, die einer bestimmen Klasse von Einzelheiten zugleich zukommen. Deswegen kann auch ein jeder Gattungsbegriff sofort in einen Eigenschaftsbegriff umgewandelt werden, indem er dann nur eine konzentriertere Summe anderer einfacherer Eigenschaftsbegriffe bildet, die ebenso wie diese als ein Prädikat oder Attribut mit irgendeiner Einzelheit verbunden werden mag. Im Begriff des Menschlichen z. B. wird die Gesamtheit derjenigen Eigenschaften, aus denen der Begriff des Menschen selbst besteht, im Licht einer anderen zusammengesetzteren Eigenschaftsbestimmung aufgefaßt. Ansich demnach sind nur die einzelnen Dinge selbst und die in diesen liegenden eigentlichen oder abstrakten Eigenschaften gegeben; aus der zusammenschiebenden Verbindung oder Verdichtung dieser letzteren aber entstehen dann die Gattungsbegriffe, welche so ansich die Natur von Abkürzungen oder Kompendien des Denkens besitzen und die sich zu jenen reinen Eigenschaftsbegriffen ähnlich verhalten, wie die höheren aus mehreren Stellen bestehenden Zahlen zu den letzten und einfachen Zahleinheiten selbst. Von der Sprache aber wird der Substantivbegriff immer im Licht einer konkreten Einzelheit aufgefaßt, welche im Satz oder Urteil die ihr zukommenden höheren allgemeinen Prädikate zu sich nimmt oder aus sich hervortreten läßt (siehe meine "Philosophische Grammatik", § 33) [herm2]. Alle Bearbeitung des Begriffssystems aber hat nicht, wie es in der hegelschen Logik geschieht, von der höchsten abstraktesten Spitz, sondern vielmehr von den konkretesten, sich unmittelbar an die einzelne Wirklichkeit selbst anschließenden Begriffsgestaltungen ihren Ausgang zu nehmen.

Die logische Ausdrucksform eines Verhältnisses zwischen Begriffen ist das Urteil. Alles wirkliche Denken bewegt sich in der Form oder dem Rahmen eines Urteils. Ein Urteil hat die Bedeutung einer zwischen zwei Punkten des Begriffssystems gezogenen und das Verhältnis derselben zueinander feststellenden Linie. Die subjektive Basis oder der psychologische Entstehungsgrund des Urteils ist ein Gedanke, seine sprachliche oder grammatische Ausdrucksform aber ist der Satz. Das Urteil im strengen Sinn des Wortes aber ist immer noch etwas anderes, als auf der einen Seite der Gedanke und auf der anderen der Satz; eine bloße zufällige Begriffsverknüpfung oder ein willkürlicher phantastischer Einfall eines Dichters z. B. ist zwar wohl ein Gedanke, noch nicht aber ein Urteil; ebenso ist andererseits der einfache Bericht einer einmal geschehenen Tatsache zwar wohl eine Aussage oder ein Satz, nicht aber ein Urteil; das Spezifische dieses letzteren als solchem ist vielmehr immer dieses, daß das Verhältnis der beiden in ihm verknüpften Begriff als ein notwendiges und allgemein gültiges erscheint.

Ein jedes Urteil besthe ansich nur aus zwei Begriffen, dem einen des Subjekts und dem anderen des Prädikats, oder desjenigen, welcher den Gegenstand, und desjenigen, welcher den Inhalt der logischen Aussage bildet. Das Verhältnis aber des Subjekts und des Prädikats im Urteil ist ansich überall dasselbe, als das des reinen oder spezifischen und des Merkmalsbegriffs in der Theorie von den Begriffen, oder es ist ansich immer die Inhaltsbeziehung des einen Begriffs zu einem andern, welche im Urteil ausgedrückt liegt; unmittelbar genommen aber das Wesen oder die Bedeutung der logischen Form des Urteils keine andere sein, als die der Gleichsetzung oder der Behauptung der Identität des Inhaltes des einen Begriffs mit dem des anderen; denn da die Identität das schlechthin einfachste aller Verhältnisse ist und da das Urteil selbst eben nur aus diesen beiden Begriffen besteht, so ist es überall nur die materielle Einstimmigkeit oder wesentliche Gleichheit von jenen untereinander, die durch ihr einfaches Nebeneinanderstehen in der Grenze des Urteils ausgedrückt werden kann. Das Urteil selbst also ist durchaus analog der mathematischen Gleichsetzung der einen Größe mit einer anderen; seine formelle Bedeutung ist überall die, daß dasjenige, was im einen Begriff enthalten ist, auch noch in einer anderen begrifflichen Weise seinen Ausdruck finden kann; denn da der Zweck allen Urteilens immer in der Erkenntnis eines Begriffs besteht, so ist es allein die Exäqation [vorherige Gleichstellung - wp] dieses letzteren mit einem anderen solchen, wodurch jene Erkenntnis bedingt und ermöglicht wird. - Ein dritter Begriff aber, der der Kopula, durch welchen das Verhältnis der beiden anderen, des Subjekts und des Prädikats, angezeigt werden soll, ist zur Vervollständigung der Idee des Urteils ansich weder notwendig, da sich dieses Verhältnis aus ihrem bloße Beisammenstehen im Urteil ganz von selbst ergibt, noch wird auch durch das Hinzutreten desselben an jener Idee irgendetwas verändert, indem auch die Kopula hinsichtlich ihrer Stellung im Urteil selbst nur als ein Teil oder ein Moment des logischen Prädikats im weiteren Sinn aufgefaßt werden kann. In vielen Fällen tritt in der Tat der Prädikatsbegriff ganz ohne Vermittlung der Kopula an den des Subjekts heran; auch da aber, wo die Kopula ihre Funktion ausübt, gehört sie doch wesentlich selbst mit zum Prädikat hinzu. In dem Urteil z. B.: "der Himmel ist blau", wo ansich der erste Begriff die Stelle des Subjekts, der zweite die der Kopula, der dritte die des Prädikats einnimmt, ist es doch richtiger vielmehr der Begriff des Blauseins, welcher als das wahre und eigentliche Prädikat des Subjektbegriffs des Himmels angesehen werden muß. Das Urteil ansich besteht überall nur aus den beiden Gliedern des Subjekts und Prädikats und es wird die ganze Theorie desselben durch die Einmischung des dritten Gliedes, der Kopula, bloß in unnötiger Weise kompliziert und erschwert. Die ganze Bedeutung dieser letzteren ist wesentlich nur eine grammatische, nicht eine eigentlich logische; wie bei der Theorie des Begriffs, so ist auch bei der des Urteils zuerst alles dasjenige fern zu halten, was nicht streng und unmittelbar zur Idee desselben gehört.

Im Urteil müssen ansich alle diejenigen Beziehungen, die zwischen den Begriffen selbst obwalten, ihren Ausdruck finden. Wie viele Arten dieser Beziehungen es gibt, ebenso groß ist daher an und für sich auch die Zahl der möglichen Arten oder Formen der Urteile. Dem Urteil der Inhaltsbeziehung:  S  (Subjekt) ist  P  (Prädikat), oder: "der Neger ist ein Mensch", tritt das der Materie nach gleichbedeutende, der Form nach aber verschiedene Urteil der Umfangsbeziehung,  P  hat  S,  der Mensch hat (oder enthält) den Neger (in sich) gegenüber, in welchem, da jede Inhaltsbeziehung vom Standpunkt des Merkmalsbegriffs die Natur einer Umfangsbeziehung hat, das Prädikat des früheren Urteils nunmehr in die formelle Stellung des Subjekts eintritt und durch den die Umfangsbeziehung in sich ausdrückenden Begriff des Habens oder Enthaltens sein früheres Verhältnis zum spezifischen Begriff selbst in Gestalt eines Prädikates zu sich nimmt. In ähnlicher Weise können auch alle anderweitigen begrifflichen Beziehungen in Gestalt eines eigenen, den besonderen Inhalt derselben ausdrückenden, logischen Hilfsbegriffs mit demjenigen Begriff, welchen sie angehen, verbunden oder als Prädikate von ihm ausgesagt werden, immer ist es in einem solchen Fall die ganze Beziehung selbst, welche die Natur eines Merkmals oder einer Eigenschaftsbestimmung für den betreffenden Begriff bildet. Als Merkmale des Begriffs im weiteren Sinn des Wortes können deswegen nicht bloß diejenigen Begriffe angesehen werden, welche die Bestandteile seines eigentlichen oder engeren logischen Inhaltes bilden, sondern überhaupt alle seine irgendwie gearteten Beziehungen zu anderen Begriffen, so wie es z. B. hinsichtlich des Urteils der Umfangsbeziehung als ein Merkmal des Begriffes des Menschen erscheint, daß er den des Negers als eine Art mit in sich umschließt. In allen Fällen aber ist das nächste und unmittelbare Prädikat des Begriffes immer die Art seiner Beziehung zu einem anderen Begriff, an welche sich sodann dieser bestimmte Begriff selbst als ein Objekt oder Gegenstand jener Beziehung anschließt. Ein jedes Urteil besteht hiernach ansich allerdings aus drei Gliedern, dem Subjekt, dem kopulativen Hilfsbegriff und dem eigentlichen oder engeren Prädikat, welches aber in der Tat vielmehr die Natur eines Objekts der Urteilsbeziehung besitzt. Ist das Urteil ansich eine Linie zwischen zwei begrifflichen Punkten, so entspricht das erste dieser drei Glieder dem Punkt des Ausgangs, das zweite der sich bewegenden Linie selbst, das dritte aber dem Punkt des Endes oder des Zieles. Insofern aber streng genommen alles dasjenige, was überhaupt vom Subjekt ausgesagt wird, zum Prädikat gehört, so ist es wesentlich immer die ganze Beziehung eines Begriffs zu einem anderen Begriff, welche den Inhalt oder Gegenstand der Aussage über ihn bildet, und es sind insofern alle Urteile ansich oder ihrer Form nach von einerlei Art, indem sie überall nur aus der Gleichsetzung eines Subjektbegriffs mit einem irgendwie beschaffenen und vielleicht selbst aus einer ganzen Reihe von einzelnen Begriffen gebildeten Prädikate bestehen. Durch die Form des Urteils wird jede irgendwie geartete Beziehung eines Begriffs verwandelt in ein Merkmal desselben oder im Licht einer spezifischen Beziehung des Inhaltes für ihn aufgefaßt; jeder Begriff kann ansich als der Mittelpunkt aller seiner Beziehungen zu anderen Begriffen angesehen oder ers können alle diese Beziehungen als Prädikate oder Merkmale im weiteren Sinn des Wortes mit ihm verbunden werden. Denn alle anderweitigen, eine bestimmte Modalität der Beziehung ausdrückenden Hilfsbegriffe sind doch ansich nichts als Begriffe, so wie alle anderen, nur daß sie zu ihrem Inhalt eben gewisse allgemeine und notwendige Beziehungsbeschaffenheiten der Begriffe überhaupt haben. Überall ist bei jedem Urteil nur der materielle Inhalt des Prädikates selbst ein anderer, während die Form desselben als solche, die in der einfachen Gleichsetzung des Subjektbegriffs mit dem Prädikat besteht, durchaus keiner Veränderung unterliegt.

Alle Tätigkeit des Urteilens hat ihre Bestimmung in der Erkenntnis eines Begriffs. Das Ziel einer solchen Tätigkeit ist daher immer die Auffindung desjenigen Urteils über einen Begriff, in welchem Subjekt und Prädikati sich vollkommen miteinander decken oder welches unbedingt und schlechthin wahre Aussage über denselben in sich enthält. Die ganze Urteilsbewegung über einen Begriff aber durchläuft naturgemäß eine Reihe einzelner, durch gewisse ihrem allgemeinen Charakter nach verschiedene Urteile vertretener Stufen. Zuerst ist es überall irgendein einzelnes Merkmal eines Begriffs, welches bei der Erkenntnis desselben hervorzutreten pflegt und welches in einem bestimmten, seiner Wahrheit nach beschränkten oder endlichen Urteil:  A = b,  mit ihm verbunden wird. Indem aber hier die Identität beider Glieder des Urteils nur eine partielle ist, da der Subjektbegriff außer jenem ersteren auch noch weitere Merkmale in sich enthält, so ergibt sich als zweite Stufe des Urteilens über einen Begriff die Form des unendlichen oder schlechthin ausgedehnten Urteils:  A = b + c + x,  in welchem der Subjektbegriff der Gesamtheit aller überhaupt in ihm enthaltenen Merkmale gleichgesetzt wird. Ist aber dieses Urteil ansich dasjenige, welches die unbedingte materielle Wahrheit über den Subjektsbegriff in sich enthält, so geht es doch andererseits wegen der schleppenden Unbehilflichkeit seiner Form und weil die Menge der Merkmale eines Begriffs eigentlich nie vollkommen erschöpft werden kann, zugleich über die natürliche Form oder Grenze des Urteils überhaupt hinaus, und es tritt deswegen das Bedürfnis nach einer einfacheren und strenger geschlossenen Zusammenfassung desselben hervor. Diese aber erfolgt in der Formel des tautologischen Urteils:  A = A in welchem der Subjektbegriff sich selbst als Prädikat an die Seite gesetzt oder gegenübergestellt wird. Wenn aber nach der gewöhnlichen Weise der Darstellung eben dieses Urteil die erste unmittelbar klare und aus sich allein verständliche Aussage über einen Begriff bilden soll, so hat dasselbe in der Tat hier, am ersten Anfang allen Denkens über einen Begriff, noch gar keinen Sinn, indem es vielmehr an dieser Stelle überall nur den Wert einer vollkommen leeren und hohlen Tautologie beanspruchen kann, da es sich ansich freilich ganz von selbst versteht, daß der Begriff  A  nur sich selbst gleich sein kann. Erst dann aber, wenn durch eine vorausgehende Urteilsbewegung über einen Begriff alle einzelnen Merkmale desselben hervorgetreten und in der Form des unendlichen Urteils als ein weiter ausgedehntes Gesamtprädikat mit ihm verbunden worden sind, gewinnt jene ansich selbst leere Formel der tautologischen eines bestimmten Begriffs mit sich selbst eine praktische Bedeutung und einen wirklichen Sinn; denn hier, wo ich bereits weiß, was  A  ist, oder aus welchen einzelnen Merkmalen dieser Begriff besteht, hat der Buchstabe  A  als Ausdruck des Prädikates in der Tat einen in bestimmter Weise anderen Inhalt für mich gewonnen, als derjenige, welchen er in der Eigenschaft des Subjekts besitzt;  A  in der Stellung des Prädikats ist hier die kollektive Einheit oder der reale Gesamtvertreter aller einzelnen in seiner reinen Idee, welche es als Subjekt in sich repräsentiert, enthaltenen und durch die vorausgegangene Urteilsbewegung gewonnenen Merkmale; es wird also in jenem Urteil  A = A  ausgesagt, daß der Begriff  A,  als die bloße Idee oder Benennung seiner selbst gedacht, gleich sei der realen Gesamtheit der in ihm enthaltenen oder eingeschlossenen Merkmale; jeder Begriff aber ist teils und zunächst ein bloßer Name für dasjenige, was er in sich enthält, anderenteils aber die volle und reale Wirklichkeit dieses seines Inhaltes selbst - ähnlich wie z. B. die Zahl  10  ansich die bloße Benennung einer Summe von zehn als getrennt gedachten Einheiten ist - und es wird daher am Schluß der ganzen sich auf ihn richtenden Bewegung des Denkens das Urteil gefällt, daß er in der ersteren Eigenschaft gleich sein soll dem, was er in der letzteren in sich umschließt, oder daß statt aller irgendwie beschaffener anderer Merkmale zuletzt nur der Begriff selbst als Gesamtausdruck dieser letzteren die vollkommen wahre und genügende Aussage über sich bildet. In dieser Eigenschaft und Stellung aber kommt das tautologische Urteil im wirklichen Denken nicht selten vor; haben wir einen bestimmten Begriff nach allen Seiten hin erschöpfend betrachtet und untersucht, so gelangen wir zuletzt in der Eigenschaft eines formellen Abschlusses unseres Denkens zur Fällung des Urteils, daß der Begriff nur sich selbst gleich oder daß kein anderes vollkommen wahres und erschöpfendes Prädikat außer ihm selbst für ihn aufgefunden werden kann. In diesem Sinne ist z. B. die mohammedanische Glaubensformel: "Gott ist nur Gott, oder es ist kein Gott außer Gott", nichts weniger als eine hohle Tautologie, indem vielmehr hier gleichsam als letzter Abschluß alles früheren sinnlichen oder polytheistischen Denens über den Begriff der Gottheit, in welchem eine Menge einzelner und einseitiger Prädikate mit demselben verbunden worden waren, jetzt dieses Urteil hervortritt, daß es für Gott überhaupt gar kein anderes wahres und würdiges Prädikat gibt, als nur ihn selbst, oder daß er allein mit Ausschluß jedes anderen der genügende Repräsentant aller in ihm liegenden Eigenschaften ist.

Die sprachliche Ausdrucksform eines jeden Urteils ist ein Satz; ebenso aber wie der Begriff und das Wort, so sind auch das Urteil und der Satz immerhin in gewisser Weise voneinander verschieden. Auch der grammatische Satz besteht ansich nur aus Subjekt und Prädikat, oder es ist derselbe seiner eigentlichen Natur nach nichts, als die unmittelbare und strenge Erscheinung oder sprachliche Wirklichkeit des logischen Urteils; eben deswegen aber müssen alle noch so zusammengesetzten syntaktischen Erscheinungen auf die einfache und notwendige Grundform allen Denkens, das Urteil, zurückgeführt oder aus einer Vereinigung und Verschmelzung einer Mehrheit schlechthin einfacher oder nur aus Subjekt und Prädikat bestehender Urteile abgeleitet werden. (siehe meine "Philosophische Grammatik", Abschnitt IV. Syntax) Ist aber auch das einfache Urteil und der einfache Satz ansich vollkommen dasselbe, so erscheint doch das Verhältnis der beiden allgemeinen Glieder des ersteren, des Subjekts und Prädikats, in der lebendigen Anschauung der Sprache immer in einem etwas anderen Licht als dort: das Urteil ist ansich eine bloße mechanische Synthese zweier verschiedener Begriffe; die Sprache aber, indem sie teils den Subjektsbegriff immer in der Eigenschaft des grammatischen Substantivs mit einem bestimmten Geschlechtscharakter versieht und ihr hierdurch gleichsam als eine lebendige oder mit Freiheit handelnde Person hinstellt, andererseits aber als das unmittelbare oder eigentliche Prädikat desselben ansich niemals den eine bloße ruhende oder existentielle Eigenschaft in sich enthaltenden Adjektivbegriff, sondern immer nur den eine lebendige Beziehung oder Tathandlung vertretenden Verbalbegriff ansieht und mit ihm verbindet, auch den Adjektivbegriff selbst aber der Regel nach nie unmittelbar, sondern bloß durch Vermittlung des kopulativen Hilfsbegriffs des Seins als Prädikat an das substantivische Subjekt herantreten läßt, - gibt eben hierdurch zu erkennen, daß ihr das ganze Verhältnis des Subjekts und Prädikats vielmehr im Licht einer lebendigen Analyse oder einer aus dem freien Willen und der inneren Tatkraft des ersteren hervorbrechenden Bewegung vor die Augen tritt. Die Form des Urteils ansich besteht in einer künstlichen oder innerlich mentalen Verknüpfung zweier verschiedener Begriffe, während der Idee des grammatischen Satzes vielmehr die Vorstellung einer sich aus dem feststehenden Körper des Subjekts ablösenden Handlung oder Bewegung zugrunde liegt.

Diese ganze Eigentümlichkeit der Sprache aber, daß sie den Adjektivbegriff, der als solcher immer dem logischen Merkmal im strengen oder eigentlichen Sinn entspricht, der Regel nach nie unmittelbar, sondern immer bloß unter der dazwischen tretenden Vermittlung der Kopula mit dem Subjekt als Prädikat verbindet - denn auch da, wo das erstere der Fall ist, muß doch immer angenommen werden, daß nur infolge einer gewissen größeren Beschleunigung der Rede oder des Denkens die ursprünglich vorhandene Kopula ausgefallen ist - hat doch neben dem, daß sie in der ganzen charakteristischen Anschauungsweise derselben vom Wesen des Satzes wurzelt, zugleich noch eine tiefere, allgemein geistige und eigentlich logische Wahrheit oder Berechtigung. Ein unkopulierter Adjektivsatz:  homo mortalis [Der Mensch ist sterblich - wp] und dgl. wird nicht bloß vom grammatischen, sondern auch von einem streng logischen Standpunkt aus als eine eigentlich unwahre und unberechtigte Form des Denkens verworfen; in erster Beziehung sträubt sich die Anschauungsweise der Sprache dagegen, weil sie im Grunde nur den eine Lebensbeziehung oder Tathandlung ausdrückenden Verbalbegriff als das wahre und eigentliche Prädikat des substantivischen Subjekts als einer lebendigen Person gelten lassen will; in letzterer Beziehung aber ist die identische Gleichsetzung eines Begriffs mit einem einzelnen seiner Merkmale ansich immer etwas Unwahres, da dieses letztere immer nur einen Teil der Gesamtheit des Inhaltes von jenem bildet; - der Begriff der Kopula aber oder das Sein hat zu seinem allgemeinen Inhalt die Aussage von der Identität oder Einstimmigkeit eines Begriffes in allen seinen einzelnen Merkmalen mit sich selbst, d. h. davon, daß zwischen der reinen Idee oder der bloßen Benennung eines Begriffs und der Gesamtheit der wirklich in ihm enthaltenen Merkmale kein innerer Widerspruch stattfindet, und daß deswegen der Begriff selbst in dem, was er ansich ist, auch der Tat nach gedacht werden kann; insofern von einem Begriff das Sein schlechthin prädiziert wird, so ist die Meinung oder Bedeutung hiervon ansich immer diese, daß derselbe ein solcher ist, der in der Gesamtheit seiner Merkmale eine geschlossene oder keinen inneren Widerspruch in sich enthaltene Einheit bildet; dieses Urteil der immanenten Identität,  A  ist, schließt sich insofern als eine weitere Fortsetzung oder höhere Stufe der Urteilsbewegung an das vorhergende tautologische Urteil  A = A,  in welchem der Begriff als solcher einfach mit der Gesamtheit seiner wirklichen Merkmale identisch gesetzt wird, an; dieses letztere Urteil hat ansich in Bezug auf jeden Begriff Geltung; denn insofern im unendlichen Urteil die Summe aller einzelnen Merkmale desselben hervorgetreten ist, so muß zuletzt diese selbst als ein einheitliches Gesamtprädikat mit ihm verbunden werden können. Das Urteil der immanenten Identität dagegen,  A  ist, - welches immer etwas durchaus anderes ist, als das Urteil der bloßen Existenz oder des Daseins, in welchem die einzelne Eigenschaft des Vorhandenseins in der äußeren Wirklichkeit von einem Begriff ausgesagt wird - hat überall bloß insofern Geltung in Bezug auf einen Begriff, als sich durch das vorausgehende Urteilen über denselben ergeben hat, wie er in der Tat ein in seiner doppelten Eigenschaft als bloßer Idee und als realer Gesamtheit seiner einzelnen Merkmale mit sich einstimmiger und darum denkbarer Begriff ist. Denn nicht von einem jeden Begriff ohne Unterschied kann ansich dieses ausgesagt werden, daß ihm ein Sein zukommt oder daß er eine wahrhafte und widerspruchslose Einheit aller seiner Merkmale bildet. Es gibt in der Tat gewisse Begriffe, welche die Eigenschaft von bloßen Denkformeln oder von innerlich hohlen und leeren Postulaten besitzen, die aber als etwas Wirkliches eben bloß darum nicht gedacht werden können, weil in den aufgrund ihrer allgemeinen Idee in ihnen sich vorfindenden besonderen Merkmalen ein unauflöslicher Widerspruch des Denkens enthalten liegt; von allen diesen Begriffen gilt daher als endlicher Abschluß des ganzen Urteilens über dieselben statt des Urteils der immanenten Identität:  A  ist, vielmehr das entgegengesetzte der Unterschiedenheit oder des inneren Widerspruchs zwischen ihrer reinen Idee und ihren einzelnen wirklichen Merkmalen:  A  ist nicht. Vom Begriff  Gottes  z. B. als des schlechthin guten Wesens kann zuletzt allerdings das Urteil der immanenten Identität: Gott ist, ausgesprochen werden, weil dieser Begriff in der Tat ein solcher ist, der in allen einzelnen weiter in ihm liegenden Merkmalen keinen inneren, seine Idee auflösenden Widerspruch in sich enthält; der Begriff des  Teufels  dagegen als des schlechthin bösen Wesens ist wohl ein solcher, der in den ganzen einzelnen in ihm liegenden Merkmalen einen inneren Widerspruch in sich enthält und der eben deswegen von uns nicht gedacht werden kann und in Bezug auf welchen daher auch das entgegengesetzte Urteil: er ist nicht, Geltung besitzen muß. Erst dann aber, nachdem von einem Begriff das Sein schlechthin oder die logische Einstimmigkeit mit sich überhaupt ausgesagt worden ist, kann rechtmäßig auch irgendein anderes einzelnes seiner Merkmale als Prädikat mit ihm verbunden werden, und es findet hierdurch jenes Verfahren der durch die Kopula vermittelten Verknüpfung einzelner ruhender Eigenschaften mit einem Begriff seine logische Rechtfertigung. Die ganze Urteilsbewegung über eien Begriff durchläuft hiernach überhaupt fünf einzelne, in charakteristischer Weise voneinander verschiedene Stufen, und zwar
    1) die des unmittelbaren endlichen Urteils, A = b, in welchem ein einzelnes Merkmal als solches das Prädikat des Subjekts bildet,

    2) des unendlichen Urteils, in welchem die aufgelöste Gesamtheit dieser Merkmale in die Stellung des Prädikates eintritt, A = b + c + x,

    3) des tautologischen Urteils, in welchem der Subjektbegriff selbst als kollektive Einheit seiner einzelnen Merkmale zum Prädikat für sich wird, A = A, 

    4) des Urteils der immanenten Identität, in welchem die allgemeine Einstimmigkeit eines Begriffs mit sich selbst von ihm ausgesagt wird, A ist,

    5) des vermittelten endlichen Urteils, in welchem nicht das einzelne Merkmal als solches, sondern vielmehr nur das auf der Grundlage der allgemeinen Einstimmigkeit des Begriffs mit sich selbst beruhende Enthaltensein desselben von ihm ausgesagt wird: A ist b. 
Ein jeder Begriff steht zu allen anderen Begriffen teils in einem Verhältnis des Seins, teils in dem eines Nichtseins, insofern er dieselben entweder als Merkmale in seinem Inhalt einschließt oder nicht einschließt. Von einem jeden Begriff kann in Bezug auf einen anderen immer entweder das Sein oder das Nichtsein des letzteren ausgesagt werden; die Begriffe des Seins und des Nichtseins sind daher zuletzt die beiden höchsten oder Gesamtprädikate eines jeden Begriffs, durch welche seine sämtlichen Beziehungen zu anderen Begriffen bestimmt oder festgestellt werden. Ein jeder Begriff ist dasjenige, was er ist, eben dadurch, daß er sich zu einer gewissen Menge von Begriffen im Verhältnis des Seins, zu allen übrigen aber in dem des Nichtseins befindet. Sein und Nichtsein sind deswegen die beiden ersten und notwendigsten Eigenschaften eines jeden Begriffs, nur daß dieselben, da sie ansich eine bloße Beziehung zu anderen Begriffen ausdrücken, in jedem Fall einen vollkommen verschiedenen Inhalt desselben aus sich bedingen. Derjenige Begriff aber, von dem überhaupt ein Sein oder eine Einstimmigkeit mit gewissen anderen Begriffen, d. h. der Besitz eines logischen Inhaltes ausgesagt werden kann, fällt unter die höchste Gesamtkategorie eines Etwas, welchem Begriff der des Nichts oder dasjenige rein abstrakte Gedankending an die Seite tritt, von dem überhaupt gar kein Sein ausgesagt werden kann. Der Begriff des  Etwas  aber ist insofern die höchste Gattungsallgemeinheit aller anderen Begriffe, da jeder Begriff, von dem überhaupt ein Sein ausgesagt werden kann, notwendig als eine Art des Etwas erscheint; das Etwas selbst aber ist derjenige Begriff, der den schlechthin geringsten Inhalt und den schlechthin größten Umfang besitzt; unter allen Begriffen aber ist allein der des Nichts derjenige, welcher keine Art des Etwas bildet und der überhaupt weder einen Inhalt noch einen Umfang besitzen kann. Die Begriffe des Etwas und Nichts sind die beiden höchsten Abstraktionen der Gattungen, die des Seins und des Nichtseins diejenigen der Eigenschaften. Der Begriff des Etwas ist derjenige, von dem nur das Nichtsein schlechthin ohne jede nähere Bestimmung oder Beschränkung prädiziert werden kann. Der Inhalt des Etwas und des Seins, der des Nichts und des Nichtseins ist insofern ansich derselbe, nur daß dieser nämliche Inhalt immer dem einen Fall im Sinne einer Gattung, im anderen in dem einer Eigenschaft gedacht wrd. Der Inhalt des Begriffs des Seins aber ist immer der der Identität näher, der des Nichtseins dagegen der der Unterschiedenheit eines Begriffs von irgendeinem anderen Begriff: denn die Aussage des Aussage des Seins involviert in jedem Fall das identische Beisammen, die des Nichtseins dagegen die Getrenntheit oder Unterschiedenheit des einen Begriffs von einem anderen; die Begriffe der Identität und der Unterschiedenheit sind deswegen die höchsten Abstraktionen oder Kategorien der Verhältnisse zwischen den Begriffen, indem sich ein jeder Begriff zum anderen entweder im einen oder anderen von beiden befinden muß. Das Verhältnis der Identität aber als eine Eigenschaft gedacht, bildet den Inhalt des Begriffs des Seins, das der Unterschiedenheit ebenso den des Nichtseins. Insofern aber endlich der Begriff des Seins im Sinne einer Tathandlung des betreffenden Begriffes, welchem er beigelegt wird, gedacht werden soll, so entsteht hieraus der Begriff der Positivitäät, aus dem des Nichtseins im gleichen Fall der der Negativität; einem jeden Begriff kommt in Bezug auf diejenigen Begriffe, die sein Sein ausmachen oder mit denen er identisch ist, der Charakter der Positivität, in Bezug auf denjenigen, wo dies nicht der Fall ist, der der Negativität zu. Alle diese vier Begriffspaare demnach, die des Etwas und Nichts, des Seins und des Nichtseins, der Positivität und der Negativität, der Identität und der Unterschiedenheit, sind ihrem logischen Inhalt als solchem nach einstimmig miteinander; über aber wird dieser nämliche Inhalt im einen Fall im Licht einer Abstraktion der Gattung, im anderen in dem einer solchen der Eigenschaft, im dritten in dem einer solchen der Tathandlung, im vierten in dem eines reinen oder abstrakten Verhältnisses gedacht. Diese vier Begriffspaare bilden demnach die oberste Spitze oder den Gipfel des ganzen Systems aller Begriffe, da ihr gemeinsamer Inhalt ein solcher ist, der sich unmittelbar auf die reine Natur oder die allgemeinen und notwendigen Beziehungsformen der Begriffe überhaupt gründet. Jener allgemeine Artunterschied der Begriffe aber nach den Abstraktionen der Gattungen, der Eigenschaften, der Tathandlungen und der Verhältnisse, wie er zunächst in den Verschiedenheiten der vier grammatischen Wortklassen der Substantiv-, Adjektiv-, Verbal- und Partikelbegriffe angezeigt liegt, findet auch in ihnen seine Vertretung oder ist das wesentliche bedingende Prinzip ihres inneren Unterschiedes voneinander.

Jeder Begriff ist ansich immer etwas Allgemeines, d. h. vom Einzelnen der empirischen Wirklichkeit in spezifischer Weise Verschiedenes. Immerhin aber gibt es Begriffe, die in der Wirklichkeit nur in einem einzigen Individuum vertreten sind; abgesehen von solchen Begriffen, wie diejenigen der Gottheit und der Welt, die, wenn sie auch in der Wirklichkeit nur einmal vorhanden sind, doch zumindest als in einer Mehrheit von Einzelheiten bestehend gedacht werden können, ist z. B. auch der geographische Begriff  Europa  ein solcher, der sich in der Wirklichkeit nur einmal gegeben findet; dieser Begriff aber ist doch immer noch etwas mehr, als ein bloßer gewöhnlicher Eigenname, weil er eine bestimmte Modifikation der höheren Idee eines Weltteiles als eines in sich geschlossenen und geordneten geographischen Ganzen in sich vertritt; es mag aber wohl im weitesten Sinne überhaupt jede organische oder in sich selbst einheitlich gestaltete wirkliche Einzelheit oder Individualität als eine weiter fortgesetzte Modifikation oder Spezialisierung ihres nächsthöheren Artbegriffs und insofern selbst als die Erscheinung eines bestimmten konkreteren oder auf einer weiteren Komplikationi allgemeiner Merkmale beruhenden Begriffs aufgefaßt werden; jedes Individuum, insofern es ein Organismus ist, ist die Wirklichkeit eines Begriffes oder einer geistigen Idee; der Wirklichkeit selbst, insofern sie eine einheitlich geordnete ist, ist das Moment des Begrifflichen ihrem volen Umfang nach immanent; der ganze Inhalt der Welt muß es an und für sich genommen an sich tragen, durch Begriffe erkannt oder in diese aufgelöst werden zu können; alle Realität ist zuletzt nichts anderes, als die bloße Erscheinung einer geistigen oder logischen Idealität; beide Sphären, die des Realen und des Idealen, des Wirklichen und des Begrifflichen, können sich zuletzt nur vollständig untereinander decken; logischer Idealismus aber ist diejenige Ansicht von der Welt, die in ihr statt eines bloß sinnlichen Stoffes die Erscheinung und den Ausdruck eines geistigen Gedankeninhaltes erblickt; alle wissenschaftliche Erkenntnis der Welt aber hat ansich das Prinzip dieses Idealismus zur Basis; das Interesse der Wissenschaft ist dieses, alles Wirkliche aufzulösen oder umzusetzen in Begriffe; eine Grenze zwischen dem begrifflich Allgemeinen und dem wirklich Einzelnen kann daher eigentlich von ihr nicht vorgenommen werden; das allgemeine Prinzip der Objektivität und der Immanenz des Begrifflichen ist es, auf welchem alle wissenschaftliche Erkenntnis der Dinge beruth.

Die logische Theorie vom Urteil wird in einer eigentümlichen Weise kompliziert durch die Einflechtung der sogenannten allgemeinen Kategorien des Denkens. Unter einer Kategorie des Denkens ist an und für sich ein solcher Begriff zu verstehen, der auf alle anderen einzelnen Begriffe und auf die möglichen Urteilsaussagen über dieselben Anwendung findet; eine jede der vier gemeinhin angenommenen Hauptkategorien der Quantität, Qualität, Relativität und Modalität hat an und für sich die Bedeutung einer in Bezug auf einen bestimmten Begriff im Hinblick auf sein Verhältnis zu irgendeinem anderen Begriff gestellten Frage, auf welche Frage dann immer in irgendeiner der drei in einer jeden von ihnen enthaltenen Unterabteilungen oder Nebenkategorien eine bestimmte Antwort erteilt werden muß. In Bezug auf die Qualität zerfallen alle Urteile in solche der Allgemeinheit, Besonderheit, Einzelheit, alle  A,  einige  A,  ein  A sind b,  je nachdem eine bestimmte Urteilsaussage entweder in Bezug auf den ganzen Umfang eines Begriffs, oder auf eine Abteilung oder auf eine Einzelheit desselben Geltung besitzt; Im Hinblick auf die Qualität zerfallen dieselben in affirmative oder beschränktene,  A ist, ist nicht, ist und ist nicht b,  je nachdem entweder das Stattfinden oder das Nichtstattfinden einer gewissen Beziehung, oder endlich unter einer gewissen Begrenzung beides zugleich von einem Begriff ausgesagt werden soll; im Hinblick auf Relativität zerfallen dieselben in distributive, partitive und disjunktive,  A  ist sowohl  b  und  c,  teils  b  teils  c,  entweder  b  oder  c,  je nachdem eine bestimmte Beziehung entweder zugleich mit einer anderen oder beschränkt durch eine andere oder unter Ausschluß einer anderen Geltung hat; im Hinblick auf die Modalität schließlich in assertorische, apodiktische und problematische, je nachdem entweder die Wirklichkeit oder die Notwendigkeit oder die Möglichkeit einer gewissen Begriffsbeziehung ausgesprochen werden soll. Aus der Kombination aber dieser einzelnen Abteilungen, die sich aus den vier Hauptgesichtspunten der Quantität, Qualität, Relativität und Modalität ergeben, gehen noch anderweitig zusammengesetzte Arten und Formen der Urteile, z. B. das allgemeine affirmative disjunktive apodiktische Urteil usw. hervor.

Die praktische Bedeutung des ganzen Prinzips dieser Kategorien gründet sich zunächst darauf, daß an ihnen das Denken über einen jeden Begriff einen gewissen höheren und allgemein gültigen Anhalt findet, an welchem es sich zu orientieren imstande ist. Zuletzt aber sind auch diese und alle anderen noch etwa aufzustellenden Kategorien nichts als Begriffe wie alle anderen, nur aber solche von einem besonders hohen und abstrakten Gehalt; im System der Begriffe überhaupt werden daher auch diese ihre bestimmte und ordnungsmäßige Stellung einzunehmen haben. Mit Unrecht aber werden überhaupt gewisse Begriffe als von der Menge aller übrigen ausgenommen, schlechthin und durch sich selbst maßgebende Kategorien oder a priori feststehende Richtpunkte allen Denkens angesehen; jede Kategorie ist ansich nichts als ein einzelner Punkt im System der Begriffe, die Logik aber als die reine Theorie von den formalen Beziehungen der Begriffe wird durch die Aufnahme eines solchen einzelnen materiellen Elements derselben in einer unnötigen Weise kompliziert und nach ihrem wahren Charakter verunstaltet; die Erkenntnisbestimmung der Form und die der Materie des Denkens sind unbedingt voneinander zu trennen; hier handelte es sich allein um die Feststellung der ersteren, während die systematische Bearbeitung der letzteren eine weitere umfassendere wissenschaftliche Aufgabe bildet. Der Form nach aber sind auch alle durch eine Einmischung der Kategorien entstandenen erweiterten Urteile von der reinen und einfachen Grundgestalt jedes Urteils nicht spezifisch verschieden, indem überall die Kategorie selbst entweder, wie bei der Quantität, einen Teil des Subjekts, oder wie bei der Qualität, Relativität und Modalität, einen solchen des Prädicats desselben bildet.

Eine weitere praktische Bedeutung wird den Kategorien zugeschrieben in Bezug auf die sogenannten unmittelbaren Folgerungen. Eine unmittelbare Folgerung gilt als eine solche Ableitung eines neuen Urteils aus einem anderen bereits gegebenen, welche nicht erst, wie es bei der mittelbaren Folgerung oder dem Schluß der Fall ist, noch eines dritten verbindenden oder das Verhältnis jener beiden zueinander feststellenden Urteils bedarf. Denn insofern die materiellen Verhältnisse jener einzelnen Kategorien zueinander als unbedingt feststehende und aus sich selbst gewisse anzusehen sind, so geht anscheinend oft aus dem Urteil der einen Kategorie das einer anderen in der Weise einer unmittelbaren oder aus sich allein verständlichen Folge hervor. Aus dem allgemeinen Urteil z. B. sind alle  A sind b  ergibt sich nach diesem Prinzip das besondere: einige  A sind b,  aus dem apodiktischen  A muß b sein,  das assertorische  A ist b,  oder auch aus dem besonderen  einige A sind b,  das problematische  A kann b sein  usw., und es mag hiernach überhaupt in einer rein mechanischen Weise ein bestimmtes System aller irgendwie statthaften unmittelbaren Folgerungen aufgestellt werden. Streng genommen aber ist eine jede solche unmittelbare Folgerung etwas logisch vollkommen Unmögliches; denn aus einem Urteil allein kann ansich nie ein anderes abgeleitet oder gefolgert werden; aus dem allgemeinen Urteil folgt das besondere eben nur insofern, als zuvor schon bekannt ist, wie sich die beiden Begriffe der Allgemeinheit und Besonderheit, aus dem apodiktischen das assertorische nur insofern, als bekannt ist, wie sich die Begriffe der Notwendigkeit und Wirklichkeit zueinander verhalten und es müssen alle diese Verhältnisse eigentlich immer durch ein bestimmtes mittleres Urteil in Gestalt einer zweiten Prämisse festgestellt werden: die erste Folgerung müßte daher vollständig lauten: alle  A sind b;  in Allen sind Einige enthalten, oder: was von Allen, gilt auch von Einigen, also  sind alle A b;  die zweite aber:  A muß b sein,  was sein muß, ist; oder: die Notwendigkeit einer Sache schließt ihre Wirklichkeit mit sein ein:  also ist A b  usw. Alle anscheinenden unmittelbaren Folgerungen sind daher in der Tat nichts als Kompendien der einzig möglichen mittelbaren Folgerung oder des Schlusses, und es wohnt ihnen deswegen durchaus keine eigentümliche logische Wahrheit oder Berechtigung bei. In ähnlicher Weise aber werden auch sonst im wirklichen Denken sehr häufig gewisse Prämissen als an und für sich selbstverständlich unterdrückt.

Alle einzelnen Urteile pflegen ferner im Hinblick auf das allgemeine Verhältnis ihrer beiden Glieder, des Subjektes und des Prädikats, eingeteilt zu werden in analytische und synthetische, oder in solche, bei denen das Prädikat ein im Subjekt ansich schon enthaltener, und in solche, bei denen dasselbe ein erst von Aussen her oder durch eine weitere Kombination mit ihm verbundener Merkmalsbegriff ist. Die Urteile der ersteren Art werden auch nach dem Vorgang KANTs als solche der bloßen Erläuterung, die der letzteren dagegen als solche der wirklichen Erweiterung des Begriffes und seines Inhaltes bezeichnet, und es genügt für die Jllustrierung dieses Unterschiedes sich auf das durch KANT klassisch gewordene Beispiel der beiden Urteile: alle Körper sind ausgedehn, und: alle Körper sind schwer, zu berufen, indem beim ersteren von diesen das Prädikat allerdings ein im Subjekt ansich schon gegebener oder von seiner bloßen Idee untrennbarer, im letzteren dagegen ein erst mittelbar oder gleichsam in künstlicher Weise mit ihm verknüpfter Begriff ist. Auch dieser Unterschied aber bedarf vom Standpunkt der reinen Theorie des Denkens aus einer gewissen näheren Analyse oder einer ihn auf sein richtige Maß zurückführenden Kritik. Denn streng genommen kann es solche Urteile, in denen das Prädikat ein nicht schon im Subjekt enthaltener Begriff wäre, überhaupt gar nicht geben, oder es würden doch dieselben aller Wahrheit entbehren, da überhaupt nur dasjenige von einem Begriff ausgesagt werden kann, was sich als ein Merkmal in seinem Inhalt vorfindet; alles Urteilen ist schlechthin nichts als ein Erkennen des Begriffes oder eine Auflösung desselben in seine Merkmale, von welcher Operation es selbst seinen Namen empfängt; die äußere Form des Urteils aber ist allerdings immer die einer Synthese oder einer durch Bewußtsein vermittelten Verknüpfung zweier ansich verschiedener Begriffe; - ob aber ein gewisses Prädikat eines Begriffs hinsichtlich seiner Verknüpfung mit demselben auf dem Weg einer bloß analytischen Untersuchung der von ihm in mir selbst enthaltenen subjektiven Vorstellung oder auf dem der genauen empirischen Erörterung seiner objektiven Verhältnisse gewonnen oder festgestellt wird, ist für die Idee des Urteils als solche vollkommen indifferen und hat allein auf die Art und Weise seiner psychologischen Entstehung oder seiner aktuellen Schöpfung durch das Denken einen Bezug; hinsichtlich ihres Stoffes oder Inhaltes können alle Urteil ansich nur als analytische, hinsichtlich ihrer äußeren Form oder Gestalt aber als synthetische angesehen werden; denn immer kann das Prädikat nur ein im Subjekt ansich schon enthaltener Begriff sein, während es im Urteil selbst immer von diesem abgetrennt oder ihm äußerlich gegenübergestellt wird. Die ganze bei diesem Unterschied obwaltende Irrung aber ist aus der Verwechslung des Begriffs als solchem mit der von ihm sich in der Seele vorfindenden, mehr oder weniger genau zutreffenden Vorstellung entstanden. Diese letztere allerdings kann entweder analytisch erläutert oder synthetisch erweitert werden; in Bezug auf den objektiven Begriff selbst aber ist alles Urteilen nur ein erläuterndes Erkennen des in ihm als solchen eingeschlossenen Inhaltes. Eine gewisse allgemeine oder rein logische Wahrheit aber ist diesem ganzen Unterschied eben nur insofern zuzugestehen, als das Prädikat des sogenannten analytischen Urteils gemeinhin ein unmittelbares, das des synthetischen dagegen ein mittelbares Merkmal des Subjektbegriffs ist; im letzteren Fall aber ist immer irgendein bestimmtes näheres oder unmittelbares Merkmal des Subjekts, welches zwischen diesem und jenem anderen entfernteren die Vermittlung bildet, ausgelassen oder übersprungen; so wie z. B. die beiden Merkmale der Ausdehnung und der Schwere gleichmäßig im Begriff des Körpers, nur das eine in unmittelbarer, das ander in mittelbarer Weise enthalten sind. Das synthetische Urteil kann daher auch richtiger als das antizipierte oder ohne Vermittlung seiner notwendigen Prämissen geschöpfte Schlußurteil einer syllogistischen Folgerung angesehen werden.

Die regelrechte Ableitung eines neuen Urteils aus gewissen schon gegebenen erfolgt in der Form des Schlusses oder des Syllogismus. Eine jede logische Schlußfolgerung aber beruth auf einem durchaus einfachen Grundsatz, daß, wenn zwei Größen, also hier zwei Begriffe, einer dritten gleich sind, sie untereinander selbst gleich sein müssen; ist aber das Urteil ansich die Gleichsetzung eines Begriffs mit einem anderen Begriff, so geht überall da, wo in zwei verschiedenen Urteilen ein und derselbe Begriff mit einem doppelten anderen Begriff verbunden ist, hieraus die Identität oder Gleichsetzung dieser beiden letzteren Begriffe selbst in einem dritten Urteil eine notwendige Folge hervor. Die einfache Grundformel einer jeden Schlußfolgerung ist daher diese:  a = b, b = c, a = c,  auf welche alle anderen noch so zusammengesetzten Arten derselben zurückgeführt werden müssen. Ist das Urteil selbst eine Linie zwischen zwei Begriffen, so entspricht der Schluß der aus drei Linien gebildeten Figur des Dreiecks, indem auch hier überall, wenn zuerst zwei Seiten und der von ihnen eingeschlossene Winkel gegeben sind, die dritte Seite hierzu als selbstverständlich suppliert werden kann. Wie aber das Dreieck drei Seiten und drei Winkel, so enthält die Form des Schlusses überall drei Urteile und drei Begriffe in sich. Die beiden zuerst gegebenen oder vorausgesetzten Urteile aber führen den Namen von Prämissen, während das neu gebildete oder abgeleitete Urteil mit dem Namen des Schlußsatzes bezeichnet wird. Ansich aber sind die materiellen Verhältnisse der einzelnen Begriffe in der Schlußfolgerung immer diese, daß das Prädikat der ersten Prämisse,  b,  ein unmittelbares Merkmal seines Subjekts  a,  sodann aber das in der zweiten Prämisse dem Subjekt  b  beigelegte Prädikat  c  ein mittelbares Merkmal desselben Begriffes  a  ist, woraus sich schließlich im Schlußurteil das Enthaltensein dieses letzteren Merkmals in  a  ergibt. Das Schlußurteil  a c  ist demnach ansich nichts als eine längere Linie, die aus der Vereinigung der beiden kürzeren Linien  a b  und  b c  entspringt. Im erweiterten oder Kettenschluß aber können zuletzt alle in einer Reihe hineinander hergehenden Merkmale eines Begriffs nach der Formel:  a = b, b = c, c = d, d = x : a = x,  mit demselben verbunden werden. Jede einzelne Schlußfolgerung aber ist überhaupt nichts als eine in das System der Begriffe nach Maßgabe ihrer eigenen natürlichen Verhältnisse untereinander durch die Zusammensetzung einer Mehrheit von Linien oder Urteilen, die diese Verhältnisse in sich ausdrücken, hineingeschriebene Figur. Die Kognition aber über die Richtigkeit irgendeiner Schlußfolgerung hängt zuletzt immer ab von der Untersuchung des materiellen Inhalts der ihr miteinander in Verbindung gebrachten einzelnen Begriffe selbst; alle Irrung und aller Zweifel, die über die Richtigkeit einer solchen Folgerung überhaupt entstehen können, wurzeln allein in einer verschiedenen Auffassung oder in einer mangelhaften Feststellung der objektiven Materie der einzelnen einfachen Begriffe selbst; in der Kunst des richtigen und genauen Definierens der Begriffe ist zuletzt alle weitere Kunsttätigkeit des Denkens enthalten; die Form des Schlusses ansich aber ist eine so einfache, daß über sie und ihre Gültigkeit als solche eigentlich nie ein Streit entstehen kann. Wenn aber aus der Kombinatioin der einzelnen Kategorien des Denkens und der aus ihnen abgeleiteten Arten der Urteile ein weiteres, künstlich zusammengesetztes System von Schlußfolgerungen sich ergibt, so unterliegen doch alle diese Schlußfolgerungen zuletztimmer demselben allgemeinen Gesetz, indem auch die einzelnen Kategorien selbst immer nichts sind als Begriffe, sowie alle anderen, durch deren Hinzutreten bloß eine Erweiterung der Glieder des Urteils, nicht aber eine innere oder wesentliche Modifikation in der Form des Urteils oder in derjenigen des Schlusses herbeigeführt wird. Der ganze Schwerpunkt der Theorie des Denkens liegt ausschließlich im ersten Teil derselben, der Lehre von den Begriffen und deren allgemeinen Beziehungen, aus welcher sich dann der ganze weitere Apparat der Denkformen als eine selbstverständliche Folge ergibt.

Es gibt zuletzt auf der Grundlage der reinen Theorie des Begriffs selbst eine doppelte Art alles geordneten Denkens, einmal die syllogistische, andererseits aber die dialektische, oder diejenige, welche die einzelnen Merkmale eines Begriffs nach der Regel ihrer stetig zusammenhängenden Aufeinanderfolge, und diejeninge, welche dieselben nach der ihrer wechselseitigen Begrenzung untereinander mit demselben verbindet. Hat ein Begriff  a  zunächst zwei einander koordinierte unmittelbare Merkmale  b  und  c,  von denen der Begriff  b  ein weiteres Merkmal  d  dieser ein anderes  e  usw. in sich enthält, so werden nach der Regel des syllogistischen Denkens alle diese einzelnen hintereinander hergehenden oder sich allmählich erhöhenden Merkmale des Begriffs  a : b, d, e  usw. in der Form eines Schlusses mit ihm verbunden, während nach der Regel des dialektischen Denkens dem ersten Urteil  a = b,  ein anderes  a = c,  welches nächst jenem ersten Merkmal  b  das andere diesem koordinierte Merkmal  c  mit ihm in Verbindung bringt, zur Seite tritt, und in derselben Weise alle ferneren höheren Merkmale sonst. Indem ein jeder Begriff die Eigenschaft einer Spitze der ganze Pyramide seiner Merkmale besitzt, so kann entweder nach der Regel des syllogistischen Denkens an der einen Seite dieser Pyramide in stetiger Aufeinanderfolge aller ihrer einzelnen Stufen oder Merkmale hinauf- oder herabgeschritten oder es kann nach der des dialektischen unter wechselseitiger Begrenzung der einzelnen auf derselben Stufe einander koordinierten Merkmale gleichsam im Zickzack um dieselbe herumgegangen werden. Durch das dialektische Denken über einen Begriff aber wird überall das Ziel einer vollständigen und allseitigen Erschöpfung desselben erreicht und es ist insofern das ganze Prinzip der Dialektik dem Gebiet des rein begrifflichen oder philosophischen Denkens vorzugsweise gemäß, während dagegen das der Syllogistik mehr dem Gebiet des empirischen oder des auf eine feste sachliche Basis gestellten Denkens angemessen ist. Das Prinzip der Dialektik aber hat seinen Namen vom Verhältnis der Unterredung oder der Disputation, wobei in der Regel von verschiedenen persönlichen Standpunkten aus immer die eine oder die andere Seite eines Begriffs in ausschließlicher Weise hervorgehoben zu werden pflegt. Die Aufgabe des Dialektikers aber ist diese, alles überhaupt mögliche Denken über einen Begriff seiner eigenen Gedankenbewegung einzuverleiben und diesen hierdurch nach allen seinen einzelnen Seiten und Beziehungen zugleich zu erschöpfen. Es kann aber ein Begriff vollkommen erkannt werden überall nur aus der unterscheidenden Begrenzung mit seinem Gegenteil, da sich in allen entgegengesetzten Begriffen ansich dieselben Merkmale, nur in einer anderen Weise der Verbindung oder Gruppierung vorzufinden pflegen. Vom Prinzip des dialektischen Denkens ist z. B. eben Gebrauch gemacht worden bei der Untersuchung des Unterschieds der analytischen und synthetischen Urteile; zuerst erschienen diese beiden Arten der Urteile als unbedingt voneinander unterschieden, indem im einen Fall das Prädikat als ein im Subjekt schon enthaltener, im anderen aber als ein diesem ansich fremder Begriff auftrat; sodann wurde erkannt, wie im Hinblick auf den Inhalt jedem Urteil der Charakter eines Analyse, im Hinblick auf die Form dagegen der einer Synthese zwischen dem Begriff und seinem Merkmal zukam; schließlich aber stellte sich drittens jener Unterschied in einer bestimmt begrenzten Weise wiederum her, indem das Prädikat des analytischen Urteils immer im Licht eines unmittelbaren, das des synthetischen in dem eines mittelbaren Merkmales des Subjektbegriffs erschien.

Das Denkgesetz ist ansich die allgemeine und notwendige Form allen Wissens. Der Inhalt oder Stoff des Wissens ist ein mannigfaltiger, aber die Form desselben kann ansich nur eine einfache sein, diejenige, welche durch die Natur und das Prinzip des Denkens überhaupt bedingt wird. Bis zu einem gewissen Grad aber geht auch mit der Besonderheit des Inhaltes des Wissens eine gewisse Abwandlung seiner Form Hand in Hand; nicht bloß der Stoff, sondern auch die Methode des Erkennens ist in allen einzelnen Teilen der Wissenschaft in gewisser Weise eine andere; außer dem Element des Denkens selbst aber gehört zu jeder Wissenschaft noch ein bestimmtes empirisches oder auf den Anschlußu an die Erfahrung gegründete Moment des Erkennens hinzu; die Wissenschaft, indem sie überall nur die Erkenntnis des Wirklichen ist, steht durch das Prinzip der Erfahrung mit diesem in einer direkten Verbindung; obgleich aber die Philosophie eben diejenige Wissenschaft ist, welche eben nur im reinen Denken besteht und welche insofern aller eigentlich empirischen oder anschauungsmäßigen Wissenschaft spezifisch entgegengesetzt ist, so steht doch teils auch die Philosophie selbst immer in einem gewissen, wenn auch indirekten Zusammenhang mit der Erfahrung, und es ist andernteils, insofern sie in der Tat eine Erkenntnisweise der Dinge allein aus dem reinen oder inneren Gedanken zu sein behauptet, doch die ganze Möglichkeit und das Prinzip einer derartigen Wissenschaft von jeher das hauptsächlichste und innerste Problem aller reinen und eigentlichen spekulativen Philosophie selbst gewesen. Die Auffidung dieses ihres wissenschaftlichen Begriffes ist das hervorragende Ziel und die wichtigste Aufgabe aller Philosophie; nur aus der Natur und dem Wesen des Denkvermögens aber wird dieser Begriff abgeleitet und festgestellt werden können.

Der Begriff des Philosophischen wird von uns überhaupt in einer mehrfachen Weise gebraucht, indem wir insbesondere hierunter einmal ein eigentümliches und selbständiges Gebiet des Wissens für sich, andererseits aber zugleich eine bestimmte Art und Weise der Gestaltung alles sonstigen wissenschaftlichen Inhaltes oder Stoffes zu verstehen gewohnt sind. Alle diejenige Wissenschaft, welche eine begrifflich geordnete ist oder in welcher das Element des Denkens alle einzelnen empirischen Bestandteile in sich aufgenommen oder mit sich durchdrungen hat, ist eine ihrer Form nach philosophische; in diesem Sinne aber hat es philosophische Geister auf allen einzelnen Gebieten des Wissens gegeben; ja wir gestehen wohl sogar gelegentlich auch über die Grenze der Wissenschaft hinaus einem Dichter, einem Staatsmann usw. die Eigenschaft eines philosophischen Geistes oder Kopfes zu; immer ist uns ein solcher philosophischer Geist derjenige, der in einen gewissen Kreis von Verhältnissen eine vernunftmäßige Ordnung zu bringen versteht oder der denselben nach allen seinen notwendigen Bedingungen und leitenden Prinzipien beherrscht; das Element des Philosophischen in diesem Sinn des Wortes aber ist ansich durchaus unabhängig von jedem Zusammenhang mit der Wissenschaft der reinen oder systematischen Philosophie selbst, indem es vielehr nur eine bestimmte Art und Weise der natürlichen Anwendung des Denkvermögens auf irgendeinen gegebenen Stoff bezeichnet.

Es mögen näher in der bloßen natürlichen Anwendung oder Beschaffenheit des Denkvermögens mehrere einzelne Seiten oder Formen unterschieden werden, die teils immer auf gewissen äußeren Gebieten desselben vorzugsweise zur Geltung oder Erscheinung gelangen, teils aber auch nach Maßgabe der Individualität sich in der einzelnen denkenden Persönlichkeit selbst in verschiedener Stärke ausgeprägt finden. Das eigentlich logische Denken ist dasjenige, welches sich in der strengen und widerspruchslos geordneten Aufeinanderfolge aller seiner einzelnen begrifflichen Momente zu erkennen gibt; philosophisch in einem bestimmteren Sinn ist dasjenige Denken, welches in der übersichtlichen Beherrschung und durchsichtigen Gruppierung der ganzen Teile und Verhältnisse eines Stoffes besteht; ein dialektisches Denken ist dasjenige, welches allen einzelnen begrifflichen Momenten des Stoffes nach ihrer wechselseitigen Begrenzung untereinander ihr Recht widerfahren läßt; unter spekulativer Art und Weise des Denkens wird die schöpferische Bildung eines eigenen selbständigen inneren Gedankeninhaltes verstanden. In der Mathematik kommt das rein logische Denken vorzugsweise zu seiner Erscheinung; philosophisch in jenem prägnanteren Sinn kann z. B. die Art und Weise, wie SCHILLER die Geschichtes des dreißigjährigen Krieges beschrieben hat, genannt werden; dialektisch in einem spezifischen Sinne war das Denken der Sophisten; ein ausschließlich spekulativer Kopf aber war JAKOB BÖHME. In der reinen oder systematischen Philosophie aber müssen, da diese vorzugsweise eben im Denken als solchem besteht, alle diese einzelnen Seiten oder Erscheinungsformen desselben zugleich ihre Anwendung finden.

Alle geordnete Wissenschaftliche Auffassung der Philosophie im Sinne einer selbständigen Wissenschaft kann zunächst nur eine historische sein. Ihre Geschichte oder Vergangenheit ist das einzige eigentliche empirische Moment, welches die Wissenschaft der Philosophie überhaupt besitzt; die Existenz der Philosophie in der Gesamtheit ihrer einzelnen bisher dagewesenen Systeme hat zunächst die Eigenschaft einer objektiv feststehenden historischen Tatsache; alle weitere Bearbeitung der Philosophie hat eine geordnete oder pragmatische Erkenntnis ihres ganzen bisherigen historischen Entwicklungsganges zur Basis; in meinen drei zuletzt erschienenen Schriftenf: "Das Verhältnis der Philosophie zur Geschichte der Philosophie", "Das Verhältnis der Philosophie zur Religion und zu den höchsten Fragen des Wissens" und "Der pragmatische Zusammenhang in der Geschichte der Philosophie", sind die ganzen äußeren Verhältnise der Wissenschaft der Philosophie von mir festzustellen versucht worden; überall aber ist die Geschichte der Philosophie wesentlich nur ein einzelner Zweig oder eine Seite in der Geschichte des wissenschaftlichen Erkennens im Ganzen; den Mittelpunkt und das leitende Prinzip dieser Geschichte aber bildet das Problem des Erkennens aus dem Gedanken; die Logik als Theorie des philosophischen Erkennens und als Lehre von der wissenschaftlichen Form überhaupt ist es, in welcher sich die ganze Prinzipfrage der Philosophie und der in philosophischer Weise geordneten Wissenschaft konzentriert.

Die Gedankenmäßigkeit des Seins ist die erste Voraussetzung, auf der alle wissenschaftliche Erkenntnis beruth. Der einfachste und natürlichste Ausdruck dieses Prinzip ist die Ideenlehre PLATOs; die Wissenschaft selbst ist das System der Gesetze und der Begriffe, von denen die Gesamtheit des Wirklichen bedingt und beherrscht wird; die gesetzmäßige Notwendigkeit und die begriffsmäßige Allgemeinheit sind insofern die beiden Prädikate, die alle Wissenschaft mit den Dingen verbindet. Weder das Zufällige aber, noch auch das Einzelne als solches kann überhaupt einen Stoff wissenschaftlicher Betrachtung bilden. An die Stelle des anscheinenden Zufalls die gesetzliche Notwendigkeit einzuführen und jedes isolierte Einzelne zu subsumieren unter einen höheren Begriff, hierauf ist daher zuletzt die Tendenz aller Wissenschaft gerichtet. In immer weiterem Umfang ist dies in der Geschichte der Wissenschaft gelungen; die Wirklichkeit überhaupt in ihren beiden großen Hälften, dem Leben der Natur und dem der Geschichte, oder der sinnlichen Objektivität und der geistigen Subjektivität, wird zuletzt von der Wissenschaft als eine einzige große, gesetzlich gestaltete oder organische Tätigkeit zu begreifen versucht.

Alles menschliche Wissen aber hat mit Notwendigkeit eine bestimmte Schranke, oder es ist zunächst nur eine relative, nicht aber eine absolute Erkenntnis der Dinge, die von uns erzielt werden kann. Teils ist es der äußere Stoff als solcher, teils ist es die innere Kraft oder das Vermögen unseres Erkennens selbst, aus dem eine solche Grenze des Wissens für uns entspringt; von dem ganzen, nach Raum und Zeit unendlichen Inhalt der Welt ist es doch immer nur ein beschränkter Teil, der unserem Wissen überhaupt zugänglich ist; es ist wesentlich immer nur das Leben der Erde und was dieser zunächst liegt, das überhaupt von uns erkannt oder begriffen werden kann; andererseits aber müssen wir uns auch sagen, daß unser ganzes Erkennen doch immer nur ein in der Grenze der besonderen menschlichen Vernunft eingeschlossenes, nicht aber ein schlechthin vollkommenes, unbeschränktes oder freies ist; bei der Erklärung der letzten Beschaffenheiten der Welt stößt unser Denken überall auf Widersprüche, die es in keiner Weise zu erklären und aufzulösen vermag. Hier ist es insbesondere der Konflikt der beiden Prinzipien der Notwendigkeit und der Freiheit, von denen das eine für die theoretische, das andere für die praktische Lebensstellung des Menschen Geltung besitzt, der von keiner Wissenschaft jemals überwunden werden kann. Als die einzige Rettung des Menschen aus diesen Widersprüchen seines verstandesmäßigen Erkennens ergibt sich die Annahme eines rein geistigen, von der Welt schlechthin gesechiedenen Gottesbegriffes, mit welcher Annahme durch die Wissenschaft selbst die Existenz eines anderen, von ihr vollkommen unabhängigen Lebensgebietes, der Religion, angezeigt und gefordert wird.

Die Zeit der Systeme ist für die Philosophie, wie es scheint, gegenwärtig vorüber, insofern unter einem philosophischen System eine bestimmte einseitige Auffassungsformel der Welt und des Lebens verstanden wird. An die Stelle der früheren Systeme der Philosophie wird eine durchgreifende philosophische oder geistig begriffsmäßige Gestaltung des Inhalts der Wissenschaft überhaupt treten müssen; jedes einzelne System bedingte allerdings eine gewisse Beschränkung des allgemeinen wissenschaftlichen Gesichtskreises aus sich; eine jede solche Formel der geistigen Abstraktion ist unwahr, die einen bestimmten Teil des konkreten Inhalts der Dinge nicht in sich einzuschließen vermag; jeder exklusive Pedantismus der philosophischen Schule steht mit dem allgemeinen Wesen und Charakter der neueren Wissenschaft in einem bestimmten Widerspruch; in der ganzen Stellung der Philosophie zur Wissenschaft und zum Leben wird notwendig im Zusammenhang mit den allgemeinen Verhältnissen und dem geistigen Bildungszustand der Gegenwart eine gewisse Veränderung eintreten müssen. Eine eigentlich schulmeisterliche Stellung dem gemeinen Wissen und Denken gegenüber wird von der Philosophie überhaupt und der Logik insbesondere jetzt nicht mehr beansprucht werden können; der konkrete Stoff des Wissens trägt selbst überall seine eigene Gesetzmäßigkeit an sich, die daher von der Wissenschaft nur analytisch aus ihm erkannt, nicht aber synthetisch nach einem bestimmten Schema von Außen her in ihn eingeführt werden kann; die Richtigkeit des Denkens selbst aber wird nicht durch die leere Beobachtung seiner äußeren Formen, sondern durch die allseitige Erschöpfung und gründliche Untersuchung seines Inhaltes festgestellt und erzielt; die Wissenschaft und das Denken sind allmählich auf dem gegenwärtigen Zustand ihres Umfangs und ihrer Reife der schülerhaften Maßregelung durch die Systeme der Philosophie und den Formalismus der Logik entwachsen; der Wirklichkeit selbst ist der Charakter des Gesetzlichen und Begriffsmäßigen ihrem vollen Umfang nach immanent gesetzt worden; die Form des Wissens ist immer nur eine konkrete, in ihrem Inhalt selbst vorhandene, nicht aber eine abstrakte oder kunstmäßig von Außen mit ihm verbundene; der Charakter aller wahren Wissenschaft ist der der reinen und vollen Objektivität oder des hingebenden Begreifens des Stoffes nach der ihm selbst eigenen gesetzlichen Form; die ganze Geschichte der Philosophie hat wesentlich die Bedeutung einer Schule des wissenschaftlichen Denkens gehabt, durch welche dasselbe sich selbst nach seinem wahren Verhältnis zu seinem Stoff zu erfassen in immer größerer Vollkommenheit hingeführt worden ist.

Der Stoff allen Wissens zerfällt in zwei große Abteilungen, die eine des Reiches der Natur, die andere desjenigen des Geistes oder der Geschichte. Es war im Altertum ein Verdienst des ARISTOTELES, daß durch ihn eine geordnete Erkenntnis und Bearbeitung des ersten dieser beiden Reiche zuerst eingeleitet und begründet wurde; von einer wissenschaftlichen Erkenntnis des Geistes aber und seiner Geschichte hatte das Altertum noch keine Ahnung; eine solche festzustellen und möglich zu machen, war erst unserer eigenen Zeit vorbehalten; so großartig auch die Fortschritte der Naturwissenschaft in der neueren Zeit sein mögen, so sind doch von einer noch ungleich größeren Bedeutung diejenigen auf dem Gebiet der Erkenntnis des Geistes; denn die Natur war längst als ein Gebiet der gesetzlichen Notwendigkeit und als ein Stoff der genauen wissenschaftlichen Forschung anerkannt, während der Geist oder die Geschichte erst neuerlich für uns in die Stellung eines solchen eingetreten ist; den Charakter des Begrifflichen dem Wirklichen immanent setzend begründete ARISTOTELES sein formales Prinzip der wissenschaftlichen Bearbeitung des natürlichen Stoffes; in gleicher Weise hat auch die neuere Philosophie mit dem Gebiet des Geistes oder der Geschichte das Moment des Begrifflichen und gesetzlich Geordneten verbunden; der nächste Ausdruck dieser ganzen Anschauung war das System HEGELs; - ähnlich aber wie im Altertum PLATO stellt HEGEL den Begriff wesentlich als die Substanz des Seienden oder näher als die anundfürsichseiende und ursprünglich bedingende Grundlage des ganzen vor uns erscheinenden Werdens hin; begrifflich aber ist die Wirklichkeit in der Tat nur insofern, als ihr das Allgemeine und Gesetzmäßige, ähnlich wie dieses in der Auffassung des ARISTOTELES liegt, als eine Eigenschaft innewohnt, während sie selbst vielmehr den unmittelbaren Träger oder die Substanz dieser Eigenschaft bildet; der überspannte und einseitig auf die Spitze getriebene logische Idealismus HEGELs bedarf einer Ermäßigung und Rektifikation [Berichtigung - wp] dadurch, daß die Bearbeitung des Denkvermögens von der ihm durch jenen angewiesenen abstrakten geistigen Höhe auf den Boden der analytisch beobachtenden Aussonderung des Allgemeinen aus dem Einzelnen der Dinge gestellt wird. Der objektive Begriff ist für HEGEL das Erste oder das ansichseiende Frühere, zu dem sich die wirkliche Welt als seine bloße abhängige Erscheinung verhält; in der Tat aber sind alle Begriffe nur Eigenschaften oder Attribute an den wirklichen Dingen; die Art und Weise ihrer Bearbeitung kann demnach ansich auch nur eine rein empirische sein; es ist aber ein durchaus reicher und in sich selbst konkreter Inhalt des Erkennens, der hierin der wissenschaftlichen Bearbeitung wartet; auch die Philosophie hat so wie jede andere Wissenschaft einen ihr selbst eigentümlichen reichhaltigen Stoff des Wissens; der wahre und eigentlich wissenschaftliche Begriff der Philosophie wird weder durch den Charakter einer bestimmten obersten und entscheidenden Formel für die Auffassung des Wissens und der Welt, noch auch durch den einer bloß begriffsmäßig oder geistigen Methode der Bearbeitung alles anderen empirischen Stoffes hinreichend erschöpft, sondern es ist wesentlich ein besonderer, der denkenden Bearbeitung ansich spezifisch adäqater Inhalt, auf dessen Besitz sich ihr ganzer Anspruch auf die Stellung und Bedeutung einer selbständigen Wissenschaft gründet. Der Inhalt der Natur und der Geschichte oder all desjenigen, was außerhalb des menschlichen Seelenlebens als solchem liegt, kann von der Philosophie nur wahrgenommen und erfaßt werden nach seinen höchsten leitenden Prinzipien; die *Philosophie der Geschichte aber ist für uns wichtiger als die der Natur, weil gerade in ihr die höchsten Probleme aller Betrachtung der Welt enthalten liegen, in uns selbst, die wir die Produkte der Weltgeschichte sind, laufen zuletzt die Fäden aller anderen Widersprüche, die unser Verstand in der Welt erblickt, zusammen; den Menschen selbst aber nach seinem ganzen Verhältnis zur Welt oder den das Leben seiner Seele ausmachenden Inhalt des Denkens, Fühlens und Wollens, insofern er ein objektiver aus dem Anschluß an das äußere Dasein entspringender ist, zu begreifen, hierin ist zuletzt das spezifische Gebiet oder der eigentümliche und besondere Stoff alles rein philosophischen Wissens enthalten. Die materielle Logik HEGELs aber war nur ein erster roher und unbehilflicher Versuch, das Gebiet des allgemeinen und objektiven logischen Inhalts der Seele wissenschaftlich zu bearbeiten; diese ganze objektive Ideenwelt HEGELs schwebte wie ein bloßes abstraktes Luftbild über der Welt der wirklichen Dinge; es gibt aber in der Tat eine solche Welt der objektiven Begriffe oder Idee und nur in der umfassenden und gründlichen Bearbeitung von dieser, nicht aber in der trockenen und unfruchtbaren Untersuchung der bloßen Form des Denkens ist es, daß die wahre und eigentliche wissenschaftliche Aufgabe der Logik besteht.
LITERATUR - Conrad Hermann, Die Theorie des Denkvermögens, Dresden 1863