ra-2ra-1ra-1SchleiermacherB. CroceTrendelenburgK. Popper     
 
EDUARD von HARTMANN
Über die dialektische Methode
[3/5]

"So wenig wie der Widerspruch schreckt der Dialektiker das Unmögliche. Stellt man ihn vor eine kontradiktorische Alternative, bei welcher die Konsequenzen der einen wie der anderen Seite ihn ad absurdum führen, so  überspringt er das Netz mit dem Bemerken, daß, daß die Wahrheit nicht in die Form  eines Urteils gefaßt werden kann, die Dialektik kein  Entweder - Oder kennt und daß die Wahrheit der scheinbaren Alternative nur ihr gleichzeitiges  Weder-Noch und  Sowohl-Als auch ist. Denn auch der Satz vom ausgeschlossenen Dritten ist ja abgeworfener Ballast, und die dialektische Identität des Widerspruchs ist das stets geforderte Dritte."


B. Die dialektische Methode Hegels.

I. Kurze Beschreibung der
dialektischen Methode

Ich will absichtlich das Skelett der dialektischen Methode nicht mit HEGELs, sondern mit meinen eigenen Worten geben, teils um kürzer sein zu können, als es die Aneinanderreihung zusammengelesener HEGELscher Aussprüche erlauben würde, teils weil eine freie Reproduktion mehr als eine bloße Kompilation erkennen läßt, wie weit ich selbst HEGELs Intentionen verstanden habe. Der Verstand bewegt sich in Abstraktis, in festen, einseitigen Begriffsbestimmungen, am Leitfaden der formalen Denkgesetze der Identität und des Widerspruchs. Nimmt man sich nun aber einen beliebigen Verstandesbegriff vor und betrachtet ihn eingehend, so zeigt sich, daß er nicht bleiben kann, was er ist, sondern die ihm vom Verstand gezogenen Grenzen zerbricht, sich selbst (vermöge der in ihm enthaltenen Widersprüche) aufhebt, und die so eingeschlagene negative Bewegung bis zu ihrer natürlichen Grenze hin, d. h. bis er in sein vollständiges Gegenteil umgeschlagen ist, fortsetzt. Betrachtet man nun abermals dieses (dem Verstand auch bekannte) Gegenteil, so zeigt sich dieselbe Erscheinung: es hebt sich ebenfalls auf und schlägt in das andere Gegenteil zurück. - Aus dieser immanenten oszillatorischen Selbstbewegung des Begriffs geht hervor,, daß es dem Verstand nur dadurch möglich ist, an einer einseitigen Bestimmung festzuhalten, daß er ihr Gegenteil gewaltsam von ihr abhält (HEGELs Werke VI, Seite 178), und durch subjektive Willkür den Begriff an der ihm natürlichen objektiven Bewegung künstlich verhindert. Es geht ferner daraus hervor, daß nicht die einseitigen Verstandesbestimmungen die Wahrheit des Begriffs sind, sondern nur dies, ebensowohl sein Gegenteil als er selbst zu sein, und das nicht zu sein, als was man ihn festhalten will. Dies ist ein Widerspruch. Aber der Widerspruch ist nicht aus der Bewegung entstanden, sondern diese aus ihm (Werke IV, Seite 68); er steckte nämlich schon in den einseitigen Bestimmungen, in jeder einzelnen gleich ohnmächtig, sich zu beruhigen und seine Einheit zu finden; aber gerade in der Bewegung selbst findet er diese Einheit, denn er geht ja in seinem Gegenteil nur mit sich selbst zusammen. Die Wahrheit des Begriffs ist also, daß er sich zum absoluten Widerspruch entzweit, aber diesen Widerspruch seiner selbstgeschaffenen Gegensätzlichkeit ebensowohl seine absolute Identität findet, und zwar nicht mehr jene armselige abstrakte Verstandesidentität, welche dem einseitigen Verstandesbegriff in seiner ihm aufgezwungenen Unveränderlichkeit zukommt, sondern die konkrete Vernunftidentität, welche den Reichtum des Gegensatzes als aufgehobenen, d. h. zugleich vernichteten und erhaltenen, in sich schließt. Nicht so ist die Identität des Widerspruchs zu verstehen, als ob die Gegensätze in einer anderen Beziehung identisch wären, als sie entgegengesetzt sind,, sondern gerade in derselben Beziehung, in welcher sie entgegengesetzt sind, und eben nur weil sie entgegengesetzt sind, und zwar absolut entgegengesetzt sind, sind sie identisch, und zwar absolut identisch, so daß der Widerspruch des Gegensatzes in derselben Totalität bestehen bleibt, wie er in der Identität verschwindet. Mit einem Wort, der absolute Widerspruch  ist  die absolute Identität, und nur in der Identität zugleich und dem Widerspruch der Identität und des Widerspruchs liegt die Wahrheit, während jede Bemühung des Verstandes, die Wahrheit in der Form  eines  Urteils oder Satzes zu fassen, notwendigerweise einseitig bleibt, mithin falsch ist. Mit der Erreichung der Vernunftidentität des Widerspruchs ist aber die Selbstbewegung des Begriffs noch nicht am Ende; denn die konkrete Einheit der Gegensätze stellt sich als ein neuer Begriff heraus, als eine begriffliche Bestimmung, welche ihre neuen Widersprüche in sich trägt und somit zur Wiederholung des vorigen Rhythmus und weiter zum Fortgang der Methode bis zu dem in ihr selbst liegenden höchsten Abschluß führt. Die Tätigkeit, durch Abstraktion feste Bestimmungen zu bilden, ist die verständige, - die Tätigkeit des Begriffs, ruhelos in sein Gegenteil umzuschlagen, die dialektische im engeren Sinne, oder negativ vernünftige, - die Tätigkeit des Begriffs endlich, in seinem Gegenteil mit sich selbst zusammenzugehen, die spekulative oder positiv-vernünftige; sie zusammen bilden die drei Seiten oder Momente des Logischen. Die dialektische Methode hat die Gegensätze: synthetisch und analytisch, deduktiv und induktiv, apriorisch und empirisch, überwunden, sie steht zu ihnen, wie zu begrifflichen Gegensätzen überhaupt, nicht mehr in der Beziehung eines "Entweder Oder", sondern gleichzeitig in der des "Weder Noch" und eines "Sowohl Als auch" (Werke VI, Seite 238-239). Da der Begriff die einzige und alleinige Substanz ist, so ist seine Selbstbewegung der einzige und alleinige Prozeß, den es gibt, ebensowohl der objektive Gang der Sache selbst, als der Denkprozeß im Kopf des Philosophen. Das Subjekt als solches ist mithin beim Philosophieren bloß der Zuschauer dieses objektiv vor seinem Bewußtsein sich abspielenden Prozesses, und seine einzige Aufgabe die, denselben unbeeinflußt gewähren zu lassen und möglichst wenig durch zufällige subjektive Zutaten zu stören.


II. Kritik der dialektischen Methode

1. Die Stellung der Kritik zur
dialektischen Methode

Die Kritik hat zu HEGELs dialektischer Methode eine ganz andere Stellung einzunehmen als zu irgendeinem anderen Gegenstand. Zwar kann sie die Untersuchung, ob diese Methode das erklärt oder leistet, was sie zu erklären oder zu leisten verspricht, d. h. ob sie gegenwärtig  brauchbar  oder  unbrauchbar  und wertlos ist, ebenso wie bei jedem anderen Gegenstand behandeln, aber diese Frage ist in der  Philosophie  nicht die Hauptaufgabe der Kritik, sondern die andere, ob der Gegenstand ansich  richtig  oder  falsch  ist, und hierüber wird durch die Brauchbarkeit oder Unbrauchbarkeit desselben noch gar nichts entschieden. In Bezug auf die zweite Frage hat die Kritik bei Teilen der induktiven Wissenschaften die Induktionsbasis zu prüfen, ob die Tatsachen, von welchen ausgegangen wird, auch konstatiert sind, bei einer deduktiven Wissenschaft hat sie zu untersuchen, ob die Prinzipien, von denen aus deduziert wird, unanfechtbar sind, in beiden Fällen, ob der Gedankengang, der von den Ausgangspunkten zu den Resultaten führt, nach den Regeln der formalen Logik richtig ist. Die Dialektik aber kennt keine empirischen  Tatsachen  und keine höchsten  Prinzipien,  von denen sie ausgeht, sondern ist, wie wir später sehen werden, schlechthin  voraussetzungslos  und  absolut,  die Regeln der formalen Logik aber  verachtet  sie als einen überwundenen Standpunkt (Werke VI, Seite 239), der eo ipso [schlechthin - wp] unfähig ist, die Wahrheit jemals zu erreichen. Letzten Endes beruth  alle  negative Kritik auf dem  Nachweis von Widersprüchen,  seien es nun Widersprüche in sich (apriorische Unmöglichkeit) oder Widersprüche gegen unanfechtbare Tatsachen (empirische Unmöglichkeit).  Beide  Parteien sind stillschweigend darüber  einig, nicht,  wie HEGEL vom Verstand meint, daß der Widerspruch =  Nichts  ist (Werke IV, Seite 72), sondern daß, wo ein Widerspruch nachgewiesen ist, ein  Fehler  stecken muß, weil der Widerspruch das Anzeichen des Unmöglichen,  des Unsinns  ist, während das  Nichts  ein ganz  bestimmtes,  durchaus nicht unmögliches  Resultat  wäre.  Dieses gemeinsame Einverständnis  über die Geltung des Satzes vom Widerspruch ist das  Minimum  von gemeinschaftlicher Basis,  ohne welche überhaupt kein Streiten,  zumindest keine Überführung der Unrichtigkeit,  denkbar  ist. Der Dialektiker aber lächelt über dieses Vorurteil, welches ja auch nur eines von den über Bord geworfenen Gesetzen der formalen Logik ist, und darum  fehlt  es am unerläßlichen  Minimum  von gemeinschaftlicher Basis,  um mit dem Dialektiker zu streiten.  So wenig wie der Widerspruch schreckt der Dialektiker das Unmögliche; denn HEGEL sagt ja selbst, daß Alles ein Unmögliches ist (Werke, Seite 203). Stellt man ihn  vor eine kontradiktorische Alternative,  bei welcher die Konsequenzen der einen wie der anderen Seite ihn  ad absurdum  führen, so  überspringt  er das Netz mit dem Bemerken, daß, daß die Wahrheit nicht in die Form  eines  Urteils gefaßt werden kann, die Dialektik kein "Entweder - Oder" kennt und daß die Wahrheit der scheinbaren Alternative nur ihr gleichzeitiges "Weder-Noch" und "Sowohl-Als auch" ist. (vgl. Werke VI, Seite 238-239, auch I, Seite 188); denn auch der Satz vom ausgeschlossenen Dritten ist ja abgeworfener Ballast, und  die dialektische Identität des Widerspruchs ist das stets geforderte Dritte.  Beispiele hierzu wird die Folge genug ergeben. Ich hier nur eines anführen. MICHELET polemisiert ("Gedanke", Bd. III, Seite 209-210) gegen einen Einwurf TRENDELENBURGs, daß der Anfang der HEGELschen Logik sich der verpönten zweiten Schlußfigur bedient und (nach MICHELET vervollständigt) so lauten würde:
    Das Sein ist die einfache, unbestimmte, unmittelbar, leerste Abstraktion usw.

    Das Nichts ist die einfache, unbestimmte, unmittelbare, leerste Abstraktion usw.

    ergo: Das Sein ist das Nichts. -
Nach demselben Schema wie:
    Du bist ein zweibeiniges Tier.
    Eine Gans ist ein zweibeiniges Tier.

    Ergo bist du eine Gans.
Es ergibt sich hieraus folgende Alternative: entweder die Identität (in diesem Beispiel: von Sein und Nichts) ist nur eine  teilweise,  partielle, die so weit reicht wie das gleiche Prädikat, und  nicht weiter ("Gedanke" III, Seite 209), oder sie ist eine  totale.  Im ersten Fall ist die Identität, als partiell und relativ,  keine absolut3  und kommt die Einheit der Gegensätze über die schlechte, abstrakte Verstandesidentität nicht hinaus; im letzteren Fall ist der  Schluß falsch  und folgt nicht aus den  Prämissen (1). Keine der beiden Seiten kann der Dialektiker im Ernst zugeben, ohne sich selbst ins Gesicht zu schlagen, und so hat dann trotz allem Schelten MICHELETs Verteidigung gegen TRENDELENBURGs Einwand nichts Stichhaltiges zu erwidern, als die  Inkompetenterklärung der formalen Logik für die Begründung von Einwendungen gegen die Dialektik  kraft des Machtanspruchs der spekulativen Vernunft, und die Erklärung,
    "daß jedem Neuling, der in das  collegium logicum  eines Hegelianers tritt, sogleich  eingeschärft  (jawohl  eingeschärft!) "wird, daß die Wahrheit sich nicht in der Form der Verstandeslogik erhärten läßt, daß sie nicht in  einen  Satz gefaßt werden kann, sondern zwei (sich widersprechende) Verstandessätze nötig sind, um eine spekulative Wahrheit auszusprechen".
Das zweite Beispiel, welches ich wähle, ist die Aufhebung des Satzes vom Widerspruch. Von jeher ist HEGEL wegen dieses Punktes angegriffen worden, von jeher haben sich die Hegelianer darüber, als über ein Mißverständnis, beschwert, da ja HEGEL den Satz vom Widerspruch ebensowohl bestehen läßt. Betrachten wir den Sachverhalt dieses wichtigen Punktes etwas genauer.

Mit der Selbstbewegung des Begriffs, mit der Eigenschaft des Begriffs  A,  ebensowohl  nicht A,  oder  B,  zu sein, ist  eo ipso der Widerspruch gesetzt. Wenngleich dieser Widerspruch, so wenig wie der Begriff, an dem er gesetzt ist, gleichviel ob dauernd oder nicht, ja sogar, er setzt sich unaufhörlich von Neuem, so oft er im Fortgang des Prozesses zu verschwinden scheint. Demgemäß erklärt auch HEGEL (Werke IV, Seite 67):
    "Alle Dinge sind sich selbst widersprechend"; er behauptet, "daß die Antinomie sich in  allen  Gegenständen aller Gattungen, in  allen  Vorstellungen, Begriffen und Ideen befindet" (Werke VI, Seite 103), - "daß in allen diesen der Widerspruch  wesentlich  und  notwendig  ist" (Werke VI, Seite 102).
Die Stelle (Werke IV, Seite 69): "Wenn ein Existierendes den Widerspruch  nicht  in ihm selbst zu haben vermag", widerspricht dem keineswegs; denn erstens entgeht ein solches dem Widerspruch doch nicht, da es vielmehr alsdann ("statt selbst lebendige Einheit, Grund, zu sein") "in diesem  Widerspruch  zugrunde geht", und zweitens wird es, wenn es auch in einer bestimmten Beziehung den Widerspruch nicht in ihm selbst zu haben vermag, ihn doch in unzähligen anderen Beziehungen (z. B. als Materie, als Veränderliches usw.) in ihm selbst haben. Ferner "kann eine Wahrheit nicht in einem einseitigen Satz ausgesprochen werden" (Werke VI, Seite 159), sondern es gehören zwei Sätze dazu, die sich widersprechen, indem der eine die  Identität,  der andere die  Verschiedenheit (Werke IV, Seite 33) der Gegensätze ausspricht, und zwar so, daß diese beiden Bestimmungen von den Gegensätzen "in derselben Rücksicht und nach derselben Seite" (Werke XIV, Seite 210) gelten, nicht etwa in verschiedenen Beziehungen gelten, wobei jeder Widerspruch wegfallen würde. Somit ist der von den beiden Sätzen ausgedrückte konträre Gegensatz "der gesetzte Widerspruch" (Werke IV, Seite 57), d. h. der offene, wirkliche Widerspruch im vollsten Maß und höchsten Grad. Das Resultat ist demnach dieses: "Der Widerspruch ist in allen  Dingen  und in allen  Begriffen  wesentlich und notwendig", oder: "Jedes  Existierende  ist ein sich Widersprechendes, und jede  Wahrheit  kann nur in sich Widersprechendem ihren Ausdruck finden." Demgegenüber lautet der Satz vom Widerspruch: "Das sich Widersprechende kann nicht  sein,  und das Widersprechende kann nicht  wahr  sein." Wenn letzterer Satz nicht durch den ersten aufgehoben wird, so weiß ich nicht, was man unter Aufheben eines Satzes verstehen soll. Dieses Resultat ist unumstößlich, und es ist die Aufhebung des Satzes vom Widerspruch (und der anderen Verstandesgesetze)  conditio sine qua non [Grundvoraussetzung - wp] für die Existenz der Dialektik, durch welche sie sich erst von der gemeinen Logik unterscheidet; - dies ist unbedingt festzuhalten, und wir sind zweifellos berechtigt, aus dieser klaren und unentbehrlichen Behauptung die letzten Konsequenzen zu ziehen. Eben diese Konsequenzen aber sind HEGEL unbequem, da sie, wir wir sehen werden, jedes Erkennen, also auch das dialektische, unmöglich machen; dennoch kann er auch nicht die andere Seite der Alternative ergreifen, da er damit eben in die Verstandeslogik zurückfallen würde, über die er sich in der Dialektik erheben will. Er möchte sich deshalb gegen diese Konsequenzen dadurch schützen, daß er  gleichzeitig  mit seiner  Aufhebung  den Satz vom Widerspruch  auch gelten  lassen will, also auch hier dadurch, daß er die Alternative mit einem "Sowohl - Als auch" überspringt. Man könnte hier vielleicht zunächst an eine  Abgrenzung  der Gebiete für Geltung und Nichtgeltung jenes Gesetzes denken, worin die Stelle (Werke VI, Seite 240) bestärken könnte, indem man für das Gebiet der Vorstellung (für die gemeinen Wissenschaften und das praktische Leben) den Satz gelten läßt, für den Begriff (in einem spekulativen Sinn des Worts) aber ihn aufhebt. Indessen ist diese Unterscheidung ganz unhaltbar, da schon die gemeine Psychologie keine feste Grenze zwischen Vorstellung und Begriff kennt, sondern beide  gradatim [graduell - wp] ineinander fließen, und sich nur durch ihre Abstraktionsstufe unterscheiden. Ebenso unstatthaft wäre der Versuch, wenn man HEGELs Bemerkung (Werke III, Seite 20), daß "die Formeln, welche die Regeln des Schließens" sind ..."überhaupt nur eine  Richtigkeit  der Erkenntnisse, nicht die Wahrheit betreffen", - wenn man, sage ich, diese Bemerkung über die  Schlußfiguren  auf die drei obersten  Denkgesetze  und speziell den Satz vom Widerspruch übertragen wollte; denn es würde sich die feste Unterscheidung zwischen Richtigkeit und Wahrheit ebenso unmöglich zeigen, wie die zwischen Vorstellung und Begriff. Überhaupt aber brauchen wir uns bei den besonderen Versuchen solcher Gebietsbegrenzungen nicht aufzuhalten, da die Sache sich allgemein abtun läßt. Erstens nämlich behauptet sich der Satz vom Widerspruch als  ausnahmsloses  Fundamentalgesetz, es ist also dieses im Begriff umgestoßen, sobald es nur für einen einzigen Fall umgestoßen ist, zweitens aber würde eine solche Fixierung einer das Gebiet der Geltung beschränkenden Grenze durchaus gegen den Geist der Dialektik verstoßen, welche gerade in der  Aufhebung  und  Verflüssigung  solcher Fixierungen ihre Eigentümlichkeit betätigt. In der Sonderung und Auseinanderhaltung der Seiten und Beziehungen sieht die Dialektik das einseitige Tun des Verstandes, sie muß also notwendig behaupten, daß der Satz vom Widerspruch in demselben Umfang und in derselben Beziehung bestehen bleiben soll, als er aufgehoben ist. Wenn auch nicht ausdrücklich erklärt wäre, daß der Widerspruch in  allen  Dingen und Begriffen wesentlich und notwendig ist, so würde es doch schon aus dem Geist der Dialektik hervorgehen, daß er in der  Totalität  sowohl aufgehoben werden wie auch bestehen bleiben muß, und in derselben Beziehung zu gelten aufhören, wie fortfahren muß. Dies ist aber der Widerspruch in höchster Potenz; denn gegenüber der für die Dialektik unentbehrlichen Annahme der Aufhebung des Satzes vom Widerspruch enthält die Behauptung seines Bestehenbleibens im formalen Akt ihrer Aufstellung einen Widerspruch gegen ihren Inhalt, da ihre  Aufstellung  nur möglich ist, wenn der Widerspruch  erlaubt  ist, ihr  Inhalt  aber ihn  verbietet.  So fängt sich hier die Dialektik in ihrem eigenen Netz. Ist die Aufstellung der Behauptung möglich, so ist ihr Inhalt falsch; ist ihr Inhalt richtigff, so ist sie als Behauptung unmöglich. Die Behauptung stößt ihren eigenen Inhalt um, der Inhalt tötet sie im Entstehenwollen. Den Dialektiker kümmert aber dies alles nicht, selbst da, wo er sich gegen den Vorwurf, in Widersprüchen zu reden, verwahrt, redet er in Widersprüchen. Nirgends springt das Wesen der Dialektik so unverhüllt in die Augen un an keinem Beispiel sieht man so deutlich wie hier, was von jenem Überspringen der Alternativen zu halten ist. Das Beispiel wird aber zugleich gelehrt haben, daß man sich durch die Opposition der Dialektik nicht irre machen lassen darf, wenn sie sich über Mißverständnisse beklagt, weil nur die Aufhebung des Satzes vom Widerspruch und nicht auch sein Geltenlassen berücksichtigt wird. Die Verstandesreflexion, welche ein- für allemal dieses Überspringen der Alternativen verwerfen muß, kann in solchen Fällen nichts weiter tun, als die Konsequenzen jeder Seite untersuchen, und da die Konsequenzen von der  Geltung  des Satzes vom Widerspruch als Inhalt der gemeinen Logik bekannt sind, so kann sich in diesem Fall die Untersuchung nur auf die Konsequenzen seiner  Aufhebung  erstrecken.

Es geht zur Genüge aus alledem hervor, daß man den echten Dialektiker für sein eigenes Bewußtsein  auf keine Weise ad absurdum führen kann;  denn da, wo für andere Menschen das Absurde eintritt, mit dem Widerspruch, fängt für den Dialektiker erst diejenige  Weisheit  an, zu welcher er allein Liebe hat. Nun frage ich aber, ob es ein anderes Mittel gibt, um etwas als falsch zu beweisen, als daß man es  ad absurdum  führt, d. h. es so umformt oder solche Konsequenzen daraus zieht, daß man bei einem Widerspruch ankommt? Nur der Dialektiker macht hierin eine Ausnahme, für ihn ist das Kriterium der  Unwahrheit,  widerspruchslos zu sein oder sein zu wollen, und das alleinige formale Kriterium der Wahrheit, die Einheit der Identität und des Widerspruchs, oder kürzer:  die Identität des Widerspruchs  zu sein oder sein zu wollen. Damit kann nicht gesagt sein sollen, daß  Alles  Widerspruchsvolle, mithin aller Unsinn, Blödwitz und Nonsens dem Dialektiker die Wahrheit ist, aber soviel ist gewiß, daß sein Kriterium der Wahrheit  nicht weiter reicht;  ob aber ein Widerspruch Nonsens oder Wahrheit ist, dafür hat auch der Dialektiker kein  formales  Kriterium, und zwei Dialektiker, wenn sich keiner von beiden des Vergehens schuldig macht, in die Einseitigkeit der Verstandeslogik herabzufallen, haben in der Tat so wenig ein Mittel, um einander Fehler nachzuweisen oder ad absurdum zu führen, wie der Nichtdialektiker dem Dialektiker gegenüber. So ist dem Dialektiker auf keine Weise durch die gewöhnlichen Beweise der Falschheit beizukommen, wozu noch die Flüssigkeit seiner Begriffe hinzukommt. Denn die andere unerläßliche Bedingung beim Streiten ist,  bei der Stange zu bleiben,  und wenn von  A  die Rede ist, auch wirklich nur  A  und nicht an  B  zu denken; dem Dialektiker ist gerade dies, ebensowohl  B  zu sein, wenn man ihn also beim  A  gefaßt zu haben glaubt, so ist er längst zum  B  entschlüpft und man hat das Nachsehen. Ein Dialektiker ist darin, wie ein Maniakus mit Ideenflucht; du wirst eher das Öl mit der Hand fassen, als ihn beim Wort.

Es ist von größter Wichtigkeit, sich dieses Verhältnis völlig klar zu machen; denn der Nichtdialektiker will seine gewöhnlichen Mittel der Kritik natürlich zunächst auch gegen den Dialektiker versuchen, und ist dann erstaunt, daß er damit nicht ein Haarbreit weiterkommt, daß es ihm geht wie einem, der Gespenster jagt: hat er es in eine Ecke getrieben und glaubt es zu fassen, so hört er es plötzlich hinter sich aus der anderen Ecke hohnlachen. Andererseits ist es aber für inkonsequent vom Dialektiker zu halten, wenn er sich auf Widerlegungen solcher Angriffe seines Gegners einläßt; denn bald wird er doch an den Punkt kommen, wo er ihm nur durch die Berufung auf  sein Prinzip  entwischen kann, weshalb dann alles Vorhergehende ein unnützes Gerede war, und es für ihn das allein richtige bleibt,  von vornherein die Unantastbarkeit des heterogenen Standpunkts durch jene verfehlten Mittel zu betonen,  und sich auf gar nichts weiter einzulassen. So sagt HEGEL ganz richtig (Werke I, Seite 176: "Im Kampf der Verstandes mit der Vernunft kommt jenem eine Stärke nur insoweit zu, als diese auf sich selbst Verzicht tut." Überdies aber ist ein solches Streiten für ganz überflüssig zu erachten; denn wer den Widerspruch mit Bewußtsein perhorresziert [ablehnt - wp] muß ihn in jeder Gestalt auf die gleiche Weise perhorreszieren, für diesen aber ist HEGELs Logik selbst ihre beste Widerlegung. Wer dagegen einmal am gewöhnlich formalen Kriterium der Falschheit  zweifelhaft  geworden ist, der kann durch die wiederholte  Anwendung  dieses Kriteriums nicht mehr von seinen Zweifeln geheilt werden. Wohl aber kann es von Wichtigkeit sein, einem solchen Zweifler die  vollständigen und scharfen Konsequenzen  seiner Zweifel zu zeigen, ihm zu zeigen, daß, wenn er in einem  einzigen  Punkt wankend wird, mit einem Schlag  alles  aufhört. Diese Konsequenzen machen sich die wenigsten klar, welche mit einer zweifelhaften Ehrfurcht auf die Dialektik schauen, und viele täuschen sich mit dem Irrtum, daß  der  Widerspruch, welcher in der gemeinen Logik das Kriterium des Unsinns ist, und der Widerspruch, auf dem die Dialektik fußt,  zweierlei  Dinge sind, eine ganze irrtümliche Annahme, welche kein näherer Kenner der hegelschen Dialektik zu unterstützen wagen wird, und welche sowohl durch das schon Gesagte, als auch durch alles folgende von selbst ihre Widerlegung erhält.

Die wesentliche Aufgabe der Kritik  der dialektischen Methode ist also die, die  Konsequenzen  der Aufhebung des Satzes vom Widerspruch nach allen Richtungen darzulegen und die  Berechtigung  dieser wie aller andern von den gewöhnlichen Annahmen der Wissenschaft abweichenden Behauptungen und Voraussetzungen der Dialektik zu prüfen. Es wird sich zeigen, daß die  Voraussetzungen,  auf welche die dialektische Methode ihre Erhebung über die gemeine Verstandeslogik etwa stützen könnte,  hinfällig  sind, daß sie vielmehr als ein  voraussetzungsloses  Bauwerk  in der Luft schwebt,  daß diese Voraussetzungslosigkeit zugleich ihre eigene  Haltlosigkeit und Berechtigungslosigkeit  ist, daß sie schließlich, weit entfernt, zu irgendeiner Erkenntnis verhelfen zu können, die man noch nicht hatte, vielmehr ebenso sehr  die Möglichkeit allen Denkens überhaupt wie die Möglichkeit der Mitteilung aufhebt  und in jeder Beziehung das  leere Wort-Schema zu unmöglichen Denkaufgaben  ist.


2. Die Hegelsche und die
gemeine Unendlichkeit

Die Betrachtung des Unendlichen kann nicht vermieden werden, weil, wie wir sogleich sehen werden, die hegelsche Vernunft vom Verstand sich nur durch das dem Denken hinzugefügte Adjektiv "unendlich" unterscheidet. HEGEL behandelt den Begriff des Unendlichen an zwei verschiedenen Stellen der Logik und zwar das eine Mal als  qualitative,  das andere Mals  quantitative  Unendlichkeit. Wir wollen letztere zuerst betrachten, weil sie allein mit dem gewöhnlichen Begriff des Unendlichen wenigstens im Gegenstand zusammenhängt.

Es ist richtig, wenn HEGEL sagt (Werke III, Seite 279-280): "Das Unendlichgroße und Unendlichkleine sind Bilder der Vorstellung, die sich bei näherer Betrachtung als nichtige Nebel und Schatten zeigen." So wenig gewöhnliche Mathematiker dies anerkennen, so gewiß ist dies richtigff, von ARISTOTELES und SPINOZA ausgesprochen, von LOCKE ausgeführt und noch jüngst von DÜHRING in seiner "Natürlichen Dialektik" erneuert. Falsch aber ist es, wenn HEGEL hinzufügt: "Im unendlichen Prozeß aber ist dieser Widerspruch expliziert vorhanden." So gewiß das Unendlichgroße und Unendlichkleine unmögliche Begriffe sind, weil sie das Unendliche als  wirklich existieren  hinstellen, also mit dem Widerspruch einer als  vollendet gegebenen  Unendlichkeit behaftet sind, so gewiß ist der "unendliche Prozeß" ein natürlicher und widerspruchs loser  Begriff, weil in ihm nur von einer  endlosen Möglichkeit  die Rede ist. Jeder Versuch, im "unendlichen Prozeß" Widersprüche aufzuzeigen, schiebt dem Begriff  Prozeß,  welcher nur  Aktus, Tätigkeit, Bewegung  bedeutet, den anderen Begriff  Resultat  unter, welcher gleich  Actum, Tat, Weg  ist; der Prozeß ist ein Werdendes, Unfertiges, das Resultat aber ein Seiendes, Fertiges; nur dann also, wenn man dem Prozeß das Unrecht antut, ihn als zurückgelegten Weg statt als das Produzieren dieses Weges, als  Laufen  zu fassen, nur dann bringt man mit dieser Begriffsfälschung auch den Widerspruch des gegebenen Unendlichgroßen in den Prozeß hinein. Nimmt man dagegen den unendlichen Prozeß als ein Laufen ohne Ende, als im Aktus des Laufens und mit der negativen Bestimmung behaftet, daß dieser Aktus des Laufens ohne Ende fortdauern soll, so ist durchaus kein Widerspruch mehr darin zu entdecken; denn die Unendlichkeit selbst bleibt dann ewig im Bereich der  Möglichkeit  der Zukunft, ohne je zur  Wirklicheit,  zur Gegenwart oder Vergangenheit zu werden. Der Schein des Widerspruchs entsteht letzten Endes durch die Form des Ausdrucks, welche die Negation in das Adjektiv wirft statt in die Kopula, wo sie allein einen Sinn hat; "der Prozeß ist unendlich" heißt nur "er ist = nicht endlich", sowie "das Kind ist ungehorsam" nur bedeutet: "das Kind ist = nicht gehorsam", HEGEL aber verleugnet diese bekannte Bedeutung des negativen Prädikats, um aus der Form: "der Prozeß ist unendlich" durch eine Vertauschung der Kopula "ist" mit "ist" =   "existiert"  dem Prozeß ein  "unendliches Sein"  anzudichten, während die Kopula ihm nur eine Unendlichkeit als Prozeß, d. h. als Werden, Aktus, Tätigkeit usw., zuschreibt.

Die nächste Folge von HEGELs Verwerfung des unendlichen Progresses ist die, daß er das, was der Mathematiker und jeder andere Mensch unendlich zu nennen gewöhnt ist und mit Recht so nennt, von diesem Namen ausschließt, z. B. die Form der unendlichen Reihe (Werke III, 293-294), die unendliche Annäherung an die Asymptote und dgl. Da diese Formen aber doch ganz charakteristisch sind und irgendeinen Namen behalten müssen, so ist HEGEL so gütig, ihnen sogar den Namen  unendlich  zu lassen, obwohl sie ihn eigentlich gar nicht verdienen, nur mit dem Epitheton [Nachsatz - wp]  "schlecht"  zur beständigen Erinnerung ihrer Unwürdigkeit. Die  wahre  quantitative Unendlichkeit aber findet HEGEL überall da, wo das Quantitative in eine derartige Form eingeht, daß es eine gewisse  Qualität  annimmt, mit einem Wort:  beim Umschlag des Quantitativen ins Qualitative (Werke III, Seite 281-282 und 289). So findet z. B. HEGEL am einfachen Bruch (gleichgültig, ob er als Dezimalbruch eine unendliche Reihe gibt, was ja nur auf das gewählte Zahlensystem ankommt) im Vergleich zu den gemeinen ganzen Zahlen etwas Qualitatives und  darum  etwas Unendliches! In einem noch höheren Grad ist ihm dies der Fall beim Potenzenverhältnis in einer Funktion oder bei einem Differentialquotienten; dies sind seine quantitativen oder mathematischen Unendlichkeiten, und man kann es wohl keinem Mathematiker verdenken, wenn dies genügt, um ihm den Geschmack an HEGEL zu verderben. Abgesehen davon, daß diese Formen im rein Mathematischen doch gerade nur insoweit in Betracht kommen, als sie reine  Größen  sind, und ihre  etwaige qualitative  Natur nur  nach Beendigung  der mathematischen Lösung der Aufgabe in der  nicht  mehr  mathematischen Anwendung  der Resultate zur Bedeutung gelangen kann, so ist es doch zu klar, daß dieselben in jeder Beziehung  endliche  Größen sind, als daß von einer  quantitativen Unendlichkeit  bei ihnen die Rede sein könnte. Dies kann nur zu solchen Ungereimtheiten führen wie z. B. HEGELs Behauptung, daß ein Wert als unendliche Reihe ausgedrückt eigentlich endlich, im sogenannten endlichen Summenausdruck aber wahrhaft unendlich ist (Werke III, Seite 293-294), d. h. also die Reihe  1 + ½ + ¼ + ⅛ + ...  soll nunmehr  endlich,  die Summe  2  aber  unendlich  sein!! Eine Folge dieser Verkehrungen ist auch die, daß HEGEL in seinen Anmerkungen über das mathematisch Unendliche immer nur die  qualitative Bedeutung mathematisch endlicher Ausdrücke  (zum Teil recht geschickt) behandelt, während er das  mathematisch Unendliche,  z. B. eine nicht bloß der  Form,  sondern auch dem  Inhalt  nach unendlich sein sollende Reihe (d. h. eine solche, für die es keinen endlichen Summenausdruck mehr gibt) so sehr  ignoriert,  daß er es gar nicht zu kennen scheint. Gerade das ist aber für den Philosophen die Aufgabe dem Mathematiker gegenüber, daß er zeigt, wie das  mathematisch  Unendliche und die Operationen mit diesem zu verstehen sind, wenn es doch keine  unendlichen Größen  gibt. Um diese Aufgabe bekümmert sich HEGEL gar nicht. - Es geht hieraus hervor, daß eine quantitative Unendlichkeit im  wahren  Sinn des Wortes für HEGEL schlechthin  nicht existiert,  weder als Unendlichgroßes und Unendlichkleines, noch als unendlicher Progreß, daß vielmehr seine  sogenannte  quantitative Unendlichkeit nichts anderes ist als die  qualitative  hegelsche Unendlichkeit in  spezieller Anwendung auf den Begriff der Quantität.  Dies geht klar daraus hervor, daß die Quantität eben  nicht eher  zur Unendlichkeit kommt, als bis sie sich  qualitaviert  hat; dann aber  hat  sie also doch eben nur eine qualitative und  keine  quantitative Unendlichkeit.

Es bleibt uns also, nun diese qualitative Unendlichkeit zu betrachten, von der die quantitative nur ein besonderer Fall ist. Wenn diese schon das Sachverhältnis auf den Kopf stellt, so schlägt jene der naturgemäßen Ausdrucksweise geradezu ins Gesicht, wie es dann auch vor HEGEL niemandem eingefallen ist, an eine andere als quantitative Unendlichkeit zu denken. Jeder Begriff nämlich kann nur insofern das Prädikat "unendlich" erhalten, als er eine  quantitative  Seite, wie er eines  Größer oder Kleiner,  eines  Mehr oder Weniger  fähig ist. Jeder wird Ausdrücke wie: "unendlich barfüßig" für Unsinn erklären, und den Ausdrücken "unendlich weise, unendlich gütig" nur insofern einen Sinn beilegen, als die quantitative Steigerung, deren die Begriffe fähig sind, bis ins Unendlich fortsetzbar gedacht werden soll. Nur an demjenigen, was einer Vermehrung oder Verminderung fähig ist, ist es möglich, die Steigerung bis ins Unendliche fortgesetzt zu fordern, nur von demjenigen, was für gewöhnlich  Enden  hat, hat es einen Sinn, die Enden und die Endlichkeit zu  negieren.  Beides fällt aber zusammen; denn Enden hat  nur eine Größe,  und was eine Größe ist, dessen Enden können verschoben werden. Nimmt man nun aber den Begriff, abgesehen von seiner quantitativen, bloß von seiner qualitativen Seite, so kann man bei ihm auch nicht mehr von Enden sprechen, also hat es auch keinen Sinn mehr, seine Enden zu negieren, da ihm weder Endlichkeit noch Unendlichkeit zukommt, welches Spezien eines Genus sind, dem er heterogen [ungleichartig - wp] ist. Das  Analogon  der Enden in der Quantität aber ist in der Qualität die  Bestimmtheit,  doch auch nur als  Analogon  und nichts weiter. Dementsprechend braucht HEGEL auch die Ausdrücke "endliche Verstandesbegriffe", und "feste" oder "bestimmte Verstandesbegriffe" synonym. Mithin ist, was in der Quantität die  Unendlichkeit ist,  in der Qualität die  Unbestimmtheit.  Man wird HEGELs qualitative Unendlichkeit nie verstehen, wenn man nicht überall für das Wort "Unendlichkeit" das Wort "Unbestimmtheit" liest oder wenigstens mit jenem Wort nur diesen Sinn verbindet. Gerade das verhindert die meisten am Verständnis, daß sie immer noch Reminiszenzen [wachgerufene Erinnerungen - wp] irgendeiner Art  von dem  suchen, was sie als Unendlichkeit im Kopf haben.

HEGEL entwickelt seine qualitative Unendlichkeit am Gegensatz des "Etwas" und des "Anderen". Es ist dies insofern gleichgültig, da die Sache sich aus jedem anderen Paar von Gegensätzen ebensogut hätte entwickeln lassen, doch sind die Begriffe insofern richtig gewählt, als auch bei jedem anderen Paar von Entgegengesetzten doch keine Eigenschaft weiter benutzt worden wäre, das daß das  Eine  in das  Andere  übergeht. Dieses Übergehen des beliebig als "Etwas" fixierten Begriffs in sein Anderes, dieses "Nicht umhin können, sich zu verändern", diese unstete, rastlose  Flüssigkeit  des Begriffs, das Überfließen über jede diesem vom Verstand gegebene Bestimmtheit, nicht nur über diese, die ich eben vorhabe, sondern über jede in Zukunft noch zu geben mögliche, - immer das nicht zu sein, als was man ihn festhalten will (allerdings nur dadurch der einen Bestimmtheit entrinnen könnend, daß er sich in eine andere Bestimmtheit, nicht in das negativ Bestimmungslose stürzt) - dies ist selbst die qualitative Unendlichkeit.  Man sieht sogleich, daß dieses Prinzip der notwendigen Veränderung nichts ist als  das dialektische Prinzip selbst. - Kommt man nun mit den Reminiszenzen des gewöhnlichen Denkens und der naturgemäßen Begriffsbildung an diese Betrachtung, so wird man sich verleiten lassen, dasjenige an diesem Prozeß für die hegelsche Unendlichkeit ansehen zu wollen, was daran unendlich im  gewöhnlichen  Sinne erscheint, d. h. den unendlichen  Prozeß  der Veränderung oder des Fließens. So kommt TRENDELENBURG dazu, HEGEL vorzuwerfen, daß er in seiner qualitativen Unendlichkeit über die perhorreszierte schlechte Unendlichkeit des unendlichen Prozesses in der Tat gar nicht hinweggekommen ist. Damit tut er ihm jedoch, wie ich glaube, unrecht; denn so wie man bedenkt, daß die qualitative Unendlichkeit nur  Unbestimmtheit  bedeutet, sieht man, daß die Pointe  nicht  in einem  unaufhörlichen Fließen  des Begriffes liegt, sondern darin, daß er unbestimmt, d. h. daß er  ein solcher ist, dessen Natur es ist,  in jeder Bestimmtheit seine Unbestimmtheit zu bewahren, d. h. nichts in bestimmter Weise Bestimmtes zu sein, und die Bestimmtheit  nur als etwas zu Negierendes  zu kennen. Die HEGELsche Unendlichkeit besteht also nicht in der Endlosigkeit des Veränderungsprozesses, sondern ausschließlich in dem  treibenden Prinzip,  kraft dessen der Begriff befähigt und gezwungen ist, jede ihm vom Verstand gegebene Bestimmtheit zu negieren, d. h. sie besteht im  dialektischen Moment selbst  und ist identisch oder synonym mit diesem. - HEGEL nennt mit Recht die gemeine Unendlichkeit eine  negative,  da dem Verstand nur das Endliche das Gegebene, Positive ist, das Unendliche aber nur die Negation seiner Endlichkeit; dagegen nennt HEGEL von seinem Standpunkt aus seine Unendlichkeit mit Recht eine  positive,  da seiner Vernunft die flüssige Unbestimmtheit des Begriffs oder seine Allerweltsmöglichkeit das gegebene Positive ist, dagegen die feste Bestimmtheit des Begriffs eine willkürlich vom Verstand gezogene Beschränkung (partielle Negation) dieses Positiven.

Was hiervon für uns Wichtigkeit hat, ist folgendes: Die HEGELsche und die gemeine Unendlichkeit sind ganz heterogene Begriffe, die gemeine oder negative Unendlichkeit ist nur vom Verstand, die hegelsche oder positive Unendlichkeit ist  nur  von der Vernunft zu fassen, denn sie ist Eins mit dem dialektischen Moment, mit der flüssigen Unbestimmtheit des Begriffs. Jede Mühe, die HEGELsche Unendlichkeit vom Standpunkt des Verstandes aus zu fassen, ist  vergebens,  denn sie ist recht eigentlich das pulsierende Herz der Dialektik; man muß schon im dialektischen Prinzip  drin  sein,  schon  auf dem Standpunkt der  Vernunft  stehen, ehe man sie zu fassen vermag. Wenn sie vom Standpunkt des Verstandes aus schon nicht zu  fassen  ist, so ist sie noch weniger vor ihm zu rechtfertigen, da der Verstand  leugnen  muß, was er  nicht begreift  und wofür er zugleich  keine Begründung  sieht;  am allerwenigsten aber kann durch eine Vermittlung der Hegelschen Unendlichkeit dem Verstand die Hegelsche Vernunft begreiflich gemacht werden. 


3. Die Hegelsche Vernunft und
der gemeine Verstand

Ohne von den 99 kursierenden Unterscheidungen von Vernunft und Verstand eine bestimmte annehmen oder gar eine hundertste hinzufügen zu wollen, kann man doch so viel behaupten, daß alle reiferen und natürlicheren Bestimmungen jener Begriffe nicht auf eine Zerreißung des Intellekts in nichts miteinander gemein habende Teile, sondern auf die Einheit des Denkvermögens mit bloß abstrahierender Sonderung verschiedener, auf verschiedene Gegenstände gerichteter Tätigkeiten hinauslaufen. Die Psychologie sondert noch heute das Vorstellungs-, Denk- oder Erkenntnisvermögen von anderen, z. B. Begehrungs- oder Gefühlsvermögen (gleichviel mit welchem Reht); aber jene spaltende Tendenz, welche sich darin gefiel, sogar die rein intellektuelle Seite des menschlichen Geistes aus verschiedenen Elementarseelen durch wer weiß welchen Kitt zusammengekleistert zu denken, ist glücklicherweise heute ein überwundener Standpunkt. Wie man Vernunft und Verstand auch unterscheiden mag, ob nach theoretischer oder praktischer Beziehung oder umgekehrt, oder ob nach Abstraktion und Kausalität (SCHOPENHAUER), oder nach welchen Rücksichten auch immer, so viel steht fest, daß es  ein und derselbe Intellekt  ist, der nach  denselben  allgemeinsten Gesetzen der Wirksamkeit hier diesem, dort jenem Gegenstand sich zuwendend, hier auf diese, dort auf jene Weise sich betätigt.

Bei HEGEL ist dies nicht der Fall, denn bei ihm umfaßt der Verstand dasjenige, was bei allen anderen Vernunft und Verstand ist, während die hegelsche Vernunft als etwas Unerhörtes, noch nie Dagewesenes neu hinzu kommt und nach  Regeln  denkt,  welche zu denen des Verstandes in einem direkten Widerspruch stehen,  So daß sie das Tun des Verstandes für ein ebenso verkehrtes hält, wie der Verstand ihr Tun für verkehrt und sinnlos erklären muß (Werke I, Seite 184-185), nur mit dem Unterschied, daß die Vernunft das Tun des Verstandes für verkehrt aus  Borniertheit  hält, und sich als  erhaben  über diese Borniertheit  genießt,  während der Verstand das Tun der Vernunft für verkehrt aus  Übergeschnapptheit  erklärt und sie für eine  krankhafte Verirrung  halten muß. Die Vernunft glaubt mithin den Verstand, den sie negiert, als überwundenen  in sich einschließen  zu können, der Verstand aber weiß, daß er die Vernunft, die er negiert, als Tollhäuslerin  von sich ausschließen  muß. Jedenfalls steht fest, daß jeder Teil das Tun des andern als etwas Verkehrtes negiert, und man hat somit  zwei Teile  im Intellekt, die beide denkende, aber nach entgegengesetzten,  sich widersprechenden Grundsätzen denkende  sind und im menschlichen Kopf  im Kampf liegen müssen,  bis die Stimme des einen Teils  zum Schweigen gebracht  und der andere ein souveräner Tonangeber ist. Bleibt der Verstand Sieger im Kopf, so wird das Denken der Einheit des Widerspruchs als etwas Unmögliches erklärt, bleibt die Vernunft Sieger, so wird der Satz des Widerspruchs mit der ganzen formalen Logik als  einseitig und folglich unwahr  über Bord geworfen. Etwas Ungeheuerlicheres als dieser Dualismus, dieser Antagonismus von Verstand und Vernunft, als diese Zusammenkettung von intellektuellen Seelen, deren jede  auf entgegengesetzte Weise  denken will, welche sich mithin wie Pferde, die auf den entgegengesetzten Seiten eines Wagens angespannt sind, entgegenarbeiten, ist wohl noch nie ersonnen worden, und es ist vergeblich, diesen in HEGELs System klar ausgedrückten Widerspruch der Geisteskräfte mit der Redensart  übertünchen  zu wollen, daß dieselben verschiedene Seiten oder Momente des Logischen sind. Wenn die Vernunft die Tätigkeit des Verstandes benutzt, so ist es  nur insofern,  als er Abstraktionen und bestimmte Begriffe bildet, aber die  Gesetze , nach welchen  er allein denken kann und muß, schlägt sie faktisch tot;  sie erklärt also jenes Bilden von festen Begriffen allerdings  nur insofern  für falsch, als es einseitig ist und die Wahrheit  noch nicht  erreicht, immerhin aber für verwendbar als schätzbares, ja sogar unentbehrliches Material (Werke III, Seite 20); dagegen die  Art und Weise  seines Denkens und die  Gesetze  seiner Begriffsverbindungen  erklärt sie nicht nur für völlig  leer  und deshalb wertlos, sondern auch für  falsch als solche,  als widerspruchsvoll in sich und untereinander, da sie den Widerspruch begehen, während sie ihn von sich abhalten wollen (Werke IV, Seite 231 und 238); er erklärt, daß ein Festhalten an ihnen die Wahrheit unmöglich macht, daß diese im Gegenteil nur zu erreichen ist durch ihr Aufgeben und Aufheben, durch das Fortgehen zum Gesetz der spekulativen Vernunft, welches das Aufnehmen des Widerspruchs fordert, den jene (vergeblich) von sich ausschließen und abhalten wollen (Werke IV, Seite 32-37, 66-73; VI Seite 230-231, 238-239). Nur als  Organ  der Begriffsbildung  kann der Verstand von der Vernunft in der Bedeutung einer niederen Stufe geduldet und benutzt werden, als  Kanon der Gesetze der Verstandeslogik  dagegen muß sie ihm  jede Berechtigung,  zu existieren und sich geltend zu machen, absprechen, wenn sie auch seine faktische,  historische  Existenz leider nicht leugnen kann. (2) Was wir ferner über das gegenseitige Verhältnis von Vernunft und Verstand zu sagen haben, bezieht sich auf den letzteren hauptsächlich als  Kanon  der Gesetze der Verstandeslogik, weil er nur in dieser Eigenschaft, nicht aber als Organ einer bestimmten Begriffsbildung mit der Vernunft im Widerspruch steht.

Wenn schon diese Aneinanderkettung der miteinander unverträglichen Denkvermögen, die nur für den am Widerspruch sich labenden dialektischen Standpunkt annehmbar erscheinen kann, erstaunlich genug ist, so ist es noch erstaunlicher, daß von diesem Antagonismus vor HEGEL und nach HEGEL (außer seiner Schule) niemand (mit alleiniger Ausnahme von NICOLAUS CUSANUS) etwas gemerkt hat, daß zu allen Denkfunktionen, welche von Nichtdialektikern vorgenommen werden, theoretisch und praktisch das, was HEGEL Verstand nennt, vollkommen  ausreicht,  und daß die hegelsche Vernunft ausschließlich für diejenigen angeblichen Denkfunktionen bemüht werden muß, von welchen ebenfalls vor HEGEL und nach HEGEL (außer seiner Schule) niemand etwas wissen will. In der Tat ein merkwürdiges Zusammentreffen! -

Der Verstand  ist nach HEGEL "die Kraft des Beschränkens" (Werke I, Seite 172) und seine Tätigkeit ein "endliches Denken" (Werke I, Seite 163; VI, Seite 63), d. h. nach dem vorigen: bestimmtes, festes Denken; im besten Fall liefert er ein "reines Denken". Die Vernunft dagegen liefert ein "unendliches Denken" (Werke VI, Seite 63), d. h. nach dem vorigen: flüssiges, unbestimmtes Denken oder "absolutes Denken" (Werke I, Seite 191). Das absolute Denken der Vernunft ist, wie über jeden Gegensatz, so auch über den des Subjektiven und Objektiven erhaben, es ist das  "schlechthin Allgemeine", Alles Durchdringende,  Alles Belebende. Wie ist es dann aber möglich,  daß es noch einen Verstand gibt,  der sich gegen die Gesetze der Vernunft auflehnt und die entgegengesetzten Gesetze als die seinigen behauptet? Wo kommt dieser Verstand her, oder, wenn die Vernunft ihn umschließen soll, wie kommt dieser heterogene Bestandteil in sie hinein, wenn die "absolute Idee" die alleinige Substanz ist, wie ist es möglich, daß er sich untersteht, nach entgegengesetzten Gesetzen tätig zu sein,  woher nimmt er das Streben und die  Kraft, das natürliche Umschlagen des Begriffs in sein Gegenteil zu verhindern, wenn die Vernunftgesetze das  schlechthin Allgemeine  und das "absolute Denken" der einzige Prozeß ist? Wie ist es gar denkbar, daß dieses Allgemeinste, in allem Lebende, die Vernunft, doch  so Wenigen bekannt  ist, ja sogar von den Allermeisten selbst dann noch, wenn sie davon gehört haben, die  Existenz  derselben  bestritten werden  kann, da sie doch in ihr leben und weben und sind und völlig von ihr durchdrungen sein müßten? Wie reimt sich diese Erscheinung mit HEGELs Behauptung, daß die Philosophie nur  das  Denken verlangt, welches jedem Menschen von Natur gegeben ist (Werke VI, Seite 8), ja sogar, daß das Logische  die eigentümliche Natur des Menschen  ist (Werke III, Seite 11), durch die er sich vom Tier unterscheidet? Wenn aber diese Vernunft in der allergrößten Mehrzahl der Menschen  so  schwach vertreten ist, daß man "ein Liebling der Götter" sein muß (MICHELET, "Gedanke", Bd. I, Seite 200), um etwas von ihr zu  spüren,  sollte es dann mit der Versicherung der Dialektiker nicht etwas zweifelhaft bestellt sein, daß in den so viel unvernünftigeren Regionen der organischen und unorganischen Natur dieselbe Vernunft, mit welcher der Mensch nur so ausnahmsweise begnadet ist, das allein tätige Prinzip ist? Freilich kommt dann die arme Natur sehr schlecht weg, wenn sie nicht mehr als die Menschheit mit Vernunft begnadet ist; denn  Verstand  ist nach HEGEL  gar nicht im Objektiven (Werke VI, Seite 59):
    "Das Denken, nur endliche Bestimmungen hervorbringend und in solchen sich bewegend, heißt  Verstand (im genauen Sinn des Wortes). Näher ist die Endlichkeit der Denkbestimmungen auf die gedoppelte Weise aufzufassen, die eine,  daß sie nur subjektive sind  und den  bleibende Gegensatz am Objektiven  haben, die andere, daß sie als beschränkten Inhalts überhaupt sowohl gegeneinander wie noch mehr gegen das Absolute im Gegensatz verharren."
Gerade das  verständig-Logische  erkennt der Verstandesphilosoph dem Naturprozeß zu, welches HEGEL ihm abspricht, und  nur das vernünftig-Dialektische  leugnet er in ihm; keineswegs aber leugnet der Gegner der Dialektik (wie MICHELET ihm gern anhängen möchte), daß der Naturprozeß überhaupt ein logischer Prozeß ist. -

HEGEL macht dem Verstand den Vorwurf, daß er unfähig ist, das Wahre zu fassen (Werke VI, Seite 53: "Alle Täuschung aber kommt daher, nach endlichen Bestimmungen zu denken und zu handeln." Werke VI, Seite 59:
    "Sind die Denkbestimmungen mit einem festen Gegensatz behaftet, d. h. sind sie nur  endlicher Natur,  so sind sie der Wahrheit,  die absolut und an und für sich ist,  unangemessen, so kann die Wahrheit nicht in das Denken eintreten."
Hiergegen ist zu bemerken, daß die Wahrheit nichts weniger als absolut an und für sich ist, sondern daß sie ein Begriff ist, der in einer Beziehung steht, also durchaus nur  an Anderem,  welches die Beziehung trägt, und als beziehlich oder  relativ  nicht absolut ist. Wenn also dieses Prädikat der Wahrheit falsch ist, so ist auch nicht mehr einzusehen, warum sie nicht durch endliche Bestimmungen, d. h. durch den Verstand, zu erfassen sein soll. Betrachten wir noch, wie HEGEL jenes falsche Prädikat der Wahrheit zu begründen sucht. Werke VI, Seite 51-52:
    "Gewöhnlich nenen wir Wahrheit die Übereinstimmung eines Gegenstandes mit unserer Vorstellung ... Im philosophischen Sinn dagegen heißt  Wahrheit,  überhaupt abstrakt ausgedrückt, die Übereinstimmung eines Inhalts mit sich selbst."
Diese Definition ist entweder vollkommen leer, und jeder Blödsinn tut ihr Genüge, oder sie ist so zu verstehen, daß "Übereinstimmung mit sich selbst" das "Nicht-sich-selbst-widersprechen" bedeutet, dann aber sagt sie nichts anderes als der Satz vom Widerspruch, setzt aber das  rein formale  Wahrheitskriterium der Verstandeslogik als zugleich  materiales  Kriterium der Wahrheit, was  nicht zu dulden  ist,  abgesehen  davon, daß ein solches  Akzeptieren des Satzes vom Widerspruch  dem Geist der hegelschen Methode gänzlich zuwiderläuft. In den nachfolgenden Erläuterungen der Definition zeigt sich aber auch, daß sie etwas ganz anderes sagen  soll,  als was ihr Wortlaut  wirklich sagt,  d. h. daß sie schecht und  schief  ist (Werke VI, Seite 52):
    "Das Schlechte und Unwahre überhaupt besteht in dem Widerspruh, der zwischen der  Bestimmung oder dem Begriff  und der  Existenz  eines Gegenstandes stattfindet."
Hiernach ist also die Wahrheit die Übereinstimmung von Begriff und Realität eines Gegenstandes, und diese Definition unterscheidet sich von der gemeinen dadurch, daß sie anstelle des  subjektiven  Begriffs den  objektiven  setzt. Dadurch wird die Wahrheit zu einer Beziehung zwischen  zwei Objektiven  statt einer Beziehung zwischen einem Objektiven und einem Subjektiven. Abgesehen davon, daß jene objektive Wahrheit mich höchstens in  zweiter  Reihe interessieren kann, da doch das Erste und Wichtigste für mich die Frage ist, ob  meine  Vorstellungen wahr sind, und dann erst davon die Rede sein kann, ob jenes, was  ich  wahrheitsgemäß vorstelle,  in sich  mit einer objektiven Unwahrheit behaftet ist oder nicht, abgesehen von all dem, ist überhaupt jene Lehre HEGELs von der Inkongruenz des Begriffs und der Realität aller Dinge außer Gott eine seiner unglücklichsten, die sich auf keine Weise mit seiner Grundlehre, daß die Idee die alleinige Substanz ist, vereinigen läßt, da vielmehr die Dinge gar nichts weiter sind, als was sie vorstellen, da sie  das, was  sie sind, nur sind durch den in ihnen sich  offenbarenden Begriff  (Werke VI, Seite 323), d. h. daß die Entwicklung der realen Dinge stets der Entwicklung des Begriffs  konform,  weil  nur durch diese bestimmt,  ist. Noch schärfer gefaßt kann man es so ausdrücken, daß die Existenz der Dinge in keinem Punkt hinter der Idee derselben zurückbleibt, und in keinem Punkt über sie hinausgeht als eben in jenem geheimnisvollen Etwas der Realität selbst, welches HEGEL freilich völlig ignoriert und erst SCHELLING wieder zu Ehren bringt. Aus dieser Auffassung heraus werde ich stets behaupten, daß der Ausdruck "objektive Wahrheit" bei  Naturprodukten  eine  sinnlose Tautologie  ist und nur bei Produktionen nach  subjektiven  Ideen eine Bedeutung haben kann. Die Wahrheit ist jedenfalls bei HEGEL eine  Beziehung  zwischen dem Begriff des Dings und seiner Realität, als nicht an und für sich, sondern  an den Dingen und für die Dinge  und sowohl, weil sie Beziehung,  Relation  ist, wie auch weil an  Anderem  ist, ist sie nicht absolut, sondern endlicher Natur, und ist mithin nicht einzusehen, warum der Verstand sie nicht fassen können sollte. Wenn freilich "absolut" hier nichts weiter als "abstrakt" bedeuten sollte, eine ebenso neue wie originelle Bedeutung, welche ihm HEGEL (Werke VI, Seite 230) merkwürdigerweise einräumt, so war das vorige überflüssig: denn aus dieser Bedeutung würde nur das Gegenteil von dem folgen, was HEGEL daraus folgern will.

Einen andern, mit dem oben erwähnten zusammenhängenden Vorwurf macht HEGEL ferner dem Verstand damit, daß er hart und einseitig ist, auch zum Teil zu zerstörenden und verderblichen Konsequenzen führt (Werke VI, Seite 147-148). Indem nämlich das Denken des Verstandes durchweg einseitig ist, muß es als solches falsch sein, da das Einseitige nie die volle Wahrheit sein kann. - Zunächst ist unbedingt zuzugeben, daß ein Gegenstand nur dann in Wahrheit erkannt ist, wenn er nach allen seinen möglichen Beziehungen und von allen nach den verschiedensten Standpunkten sich darbietenden Seiten erkannt ist; hält man dagegen eine ansich richtige, aber der Allseitigkeit entbehrende Anschauung für die vollständige Erkenntnis des Gegenstandes, so gerät man bei den Konsequenzen sehr leicht in Irrtümer, weshalb es höchst wichtig ist, die Einseitigkeit in der Erkenntnis zu vermeiden, noch wichtiger aber, eine einseitige nicht für eine vollständige zu halten. Dem entgegen ist jedoch folgendes zu berücksichtigen. Nicht jeder Gegenstand ist vielseitig oder bietet nach verschiedenen Seiten verschiedene Ansichten dar (z. B. eine Kugel); aber selbst bei solchen Gegenständen, denen sich verschiedene Seiten abgewinnen lassen, sind meistenteils für die vorliegenden Zwecke nur eine oder wenige ganz spezielle Seiten verwendbar, so daß die Einseitigkeit der Auffassung in solchen Fällen nichts Falsches entstehen läßt, sondern nur eine lobenswerte Vermeidung des ungehörigen Überflüssigen ist. Wenn man gleichzeitig das Bewußtsein der absichtlichen Beschränkung hat, so ist man auch vor der Möglichkeit geschützt, durch ein Überspringen in fremde Gebiete, wo jene Einseitigkeit nicht ausreicht, in Irrtümer zu verfallen. Schließlich aber ist schlechterdings nicht einzusehen, warum der Verstand einseitig sein muß, da er vielmehr nur die verschiedenen Seiten eines Gegenstandes zu erschöpfen braucht, um allseitig zu sein, wo dies not tut. (Nicht die Allseitigkeit als solche ist schon das, was HEGEL "Vernunft" nennt, sondern erst ein Zusammenfassen widersprechender Seiten desselben Gegenstandes, was aber in Wahrheit niemals vorkommen kann.) Nicht in der Natur des Verstandes, sondern nur in einer schlechten und unvollständigen Anwendung desselben liegt die Einseitigkeit. Nur ein unvollständiges, im toten Wort erstarrtes Denken wird durch die Vorwürfe der Schroffheit und Härte betroffen, die namentlich vom Gefühl ausgehen, weil dieses als eine der schwierigsten Seiten des Lebens vom Verstand zuletzt begriffen, dann aber auch in seinem natürlichen Recht bestätigt wird.

Betrachten wir nunmehr etwas näher, was wir denn eigentlich an der hegelschen Vernunft haben. Die Vernunft ist ein unendliches Denken, die Reflexion wird durch das Aufheben des Endlichen (Werke I, Seite 173) und durch die Beziehung auf das Absolute (Werke I, Seite 182) zur Vernunft. Indem die endlichen oder festen Bestimmungen im Absoluten, d. h. Beziehungslosen, Unbestimmten, untergehen, wird das reine Denken des Verstandes zum absoluten oder unendlichen Denken der Vernunft, d. h. zum unbestimmten, haltlosen, flüssigen Denken, wie wir im Vorhergehenden den Begriff des hegelschen Unendlichen nachgewiesen haben. (Es ist zu bemerken, daß sich in Werke VI, Seite 63 eine vom Herausgeber von HENNING zugesetzte Stelle findet, welche wegen zu kurzen und mangelhaften Ausdrucks den Schein erweckt, als ob schon jedes reine Denken, welches ganz bei sich ist und nur sich selbst zum Gegenstand hat, als solches unendlich ist. Abgesehen davon, daß die Argumente, die dies darlegen sollen, falsch sind, kann dies gar nicht HEGELs Meinung sein, da auch das verständige Denken in festen Bestimmungen schon reines Denken sein kann (Werke VI, Seite 7), also damit der Verstand selbst schon Vernunft wäre (vgl. Werke I, Seite 181). Dies nur zur Vorbeugung von Mißverständnissen, die sich auf jene Stelle stützen könnten.) Die bisherigen Unterscheidungen waren formelle, vielleicht genügen sie, um den Unterschied des Inhalts zu bestimmen, vielleicht treten in Bezug auf letzteren noch mehr Unterschiede hinzu. Betrachten wir jetzt, wie sich die Leistungsfähigkeit von Vernunft und Verstand ihrem Inhalt nach verhalten. Was der Verstand leistet, weiß jeder: er geht von einer Begriffsbestimmung zur andern am Leitfaden des Satzes vom Widerspruch; die Frage ist, in welchen Punkten die Leistungen der Vernunft über die des Verstandes hinausgehen, bei welchen Funktionen der dialektischen Methode das Vermögen des Verstandes unzulänglich wird und das Bedürfnis der Vernunft eintritt. Zunächst in der negagiv vernünftigen Tätigkeit scheint der Verstand ausreichend, um
    1. Widersprüche in Begriffen zu entdecken,

    2. sich von diesen Widersprüchen abgestoßen zu fühlen und eine solche Fassung des Begriffs aufzusuchen, welche von diesen Widersprüchen frei, sich als das Gegenteil des ersten Begriffs ausweist;

    3. in diesem Gegenteil den Widerspruch in neuer Form aufzufinden, und bei dem Versuch, dieser neuen Form auszuweichen, in die erste Form, den Ausgangsbegriff, zurückzufallen.
Hier ist nichts als ein Fortgehen von einer Bestimmung zur andern am Leitfaden des Satzes vom Widerspruch, weil diesem gemäß der Widerspruch geflohen wird. Der Verstand reicht also ganz gewiß aus, um diese Bewegung herbeizuführen, um durch ein kritisches Verfahren skeptische Resultate zu begründen; ja sogar, wäre die Tätigkeit, welche das leisten soll, schon eine vollendet vernünftige, so würde sie schon im ersten ihr aufstoßenden Widerspruch sofort die Möglichkeit der Einheit sehen, anstatt sich von ihm abgestoßen zu fühlen, sie würde sich bei ihm beruhigen, statt ihn zu fliehen, so gut wie sie sich später bei diesem Widerspruch beruhigt. Denn ein spezifischer Unterschied ist keineswegs zwischen demjenigen Widerspruch im Begriff, welcher zum Gegenteil forttreibt, und demjenigen, dessen Einheit die positive Vernunft vollzieht, da ja der erstere auch ebensowohl schon das Ganze ist, da sich in ihm untergeordnete Widersprüche aufzeigen lassen, die sich zu ihm verhalten wie er zum ganzen Widerspruch, dessen Einheit vollzogen wird, ebenso wie letzterer im Fortgang sich zu einem späteren als ein solcher Widerspruch verhält, der das Denken abstößt und zu einem neuen Gegenteil treibt. Man sieht also, daß das Verhalten der negativ-vernünftigen und positiv-vernünftigen Tätigkeit zum Widerspruch ein diametral entgegengesetztes ist; dies ist nur dann erträglich, wenn man das Verhalten der ersteren, welches mit dem Verhalten des Verstandes zum Widerspruch identisch ist, von der Vernunft ausscheidet und diese Tätigkeit als eine noch verständige anerkennt. Für HEGEL aber sind allerdings die Motive des Übergehens aus dem Begriff in sein Gegenteil doppelter Natur, und die bisher genannten werden wesentlich nur dann vorgeführt, wenn entweder die Erscheinung dem lernenden Subjekt zugänglich und seinem Verstand plausibel gemacht werden soll, oder wenn die Kraft des Widerspruchs gepriesen wird (Werke IV, Seite 68, 69, 72). Der (im hegelschen Geist) tiefer liegende Grund der Erscheinung ist aber die Flüssigkeit des Begriffs selbst, der nur deshalb fließt, weil er nicht stillstehen kann, und nur deshalb in sein Gegenteil umschlägt, weil dieses ihm das nächste ist. Wenn dies und nicht der Horror vor dem Widerspruch als Grund angegeben wird (vgl. Werke IV, Seite 71), dann erst wird die Erscheinung eine vernünftige, im anderen Fall ist sie eine bloß verständige. Da nun aber die bloß verständigen Motive zur Erklärung der Erscheinung ausreichen, so kann man daraus nur das folgern, daß es unberechtigt ist, noch einen zweiten Grund zum ersten allein schon ausreichenden hinzuzufügen, weshalb auch dieses Verhältnis möglichst vertuscht wird. Ja sogar, genauer besehen ist es eine Umkehrung der Beziehungen von Bedingung und Bedingten; im ersteren Fall ist der Widerspruch "die Wurzel der Bewegung" (Werke IV, Seite 68), im letzteren ist die Bewegung, das Übergehen, die Quelle des Widerspruchs (Werke IV, Seite 71, vgl. auch später das Kapitel: "Die Flüssigkeit der Begriffe"). Weshalb HEGEL freilich diese zweite Auffassung hinzugefügt hat, ist nicht schwer zu sehen: er wollte die Selbstbewegung des Begriffs (seiner Substanz) haben, einen objektiven Denknprozeß, in welchem der Widerspruch nicht geflohen, sondern als das Wesentliche der Sache in den Begriff aufgenommen wird; im ersten Fall aber, bei einem verständigen Verfahren, ist es das denkende Subjekt, welches von einer Bestimmung zur anderen fortgeht, weil es den Widerspruch flieht und der Prozeß mithin ein subjektiver ist (Werke VI, Seite 59). Das Resultat ist also das, daß die sogenannte negativ-vernünftige Tätigkeit als subjetives Tun zwar durchaus nicht über die Leistungsfähigkeit des Verstandes hinausgeht, daß aber HEGEL, weil es ihm paßt, neben dieser Art eine zweite annimmt, welche er als objektive Selbstbewegung des Begriffs setzt, wodurch er den Vorteil erlangt, das eine Mal die Sache dem Verstand der Zuhörer plausibel machen, das andere Mal aber aus der zweiten unmotivierten und als fünftes Rad am Wagen angehängten Annahme seine hochtrabenden Konsequenzen ziehen zu können, wenn auch alsdann das Verhalten der negativ-vernünftigen Tätigkeit zum Widerspruch ein entgegengesetztes wie das der positiv-vernünftigen Tätigkeit ist, indem erstere ihn flieht, letzter ihn sucht. Die zahmeren Hegelianer haben sich an diese subjektive, negativ-vernünftige oder verständige Seite der hegelschenn Dialektik gehalten und sie damit als eine Methode der Berichtigung der Begriffe durch eine Ausscheidung der etwaigen Widersprüche dem Verstand und dem Verständnis des Publikums näher gebracht; sie haben sich aber auch eben damit der eigentlichen Absicht ihres Meisters entfremdet und haben sich diesen Abfall von den strengeren Schülern HEGELs zum Vorwurf machen lassen müssen. Es ist jedoch nicht zu leugnen, daß HEGEL selbst in seinen propädeutischen Bemühungen, den Sinn der Dialektik dem Verstand plausibel zu machen, selbst schon in diesem Abfall vom esoterischen Sinn seiner Dialektik das Vorbild gegeben hat. Die den Widerspruch fliehende verständige Dialektik und die den Widerspruch suchende positiv-vernünftige Dialektik sind miteinander unvereinbar, weil sie durch ihr entgegengesetztes Verhalten zum Widerspruch in einem unauflöslichen Widerspruch zueinander stehen. Die positiv-vernünftige Dialektik kann in diesem Widerspruch der verständigen Dialektik gegen sie selbst natürlich kein Hindernis zur Vereinigung mit ihr sehen. Die verständige, den Widerspruch fliehende Dialektik dagegen muß um dieses Widerspruchs willen notwendig die positiv-vernünftige Dialektik von sich abstoßen und ausschließen. Wenn sie dies tut und zu einer Methode der Berichtigung der Begriffe wird, so kehrt sie damit zur aristotelischen Dialektik zurück und streift all das ab, was die hegelsche Dialektik von der aristotelischen unterscheidet; dann muß aber auch eine solche Dialektik sich selbst nicht für etwas anderes ausgeben wollen, als sie ist, wie so manche Hegelianer tun, die ihre aristotelische Dialektik für eine bloß modifizierte hegelsche Dialektik ausgeben.

Wir kommen nun zur positiv-vernünftigen oder spekulativen Tätigkeit. Die in einem engeren Sinn dialektische Tätigkeit hatte uns auf rein verständigem Weg so weit geführt, daß wir jedes der Gegenteile in seiner Isoliertheit als ein der ihm anhaftenden Widersprüche wegen Unhaltbares erkannt hatten. Das allgemeine Resultat dieser Tätigkeit wäre also ein skeptisches, welches lautet:
    "jeder Begriff trägt seinen Widerspruch in sich; man glaubt diesem zu entfliehen, indem man zum Gegenteil übergeht, gerät aber dort nur in einen anderen Widerspruch, durch welchen man wiederum zurückgetrieben wird."
Würde der Verstand dieses Resultat mit dem Satz des Widerspruchs, durch welchen er zu demselben gekommen war, zusammenhalten, so würde der Schluß sein: "es ist auf keine Weise irgendeine Erkenntnis möglich". Dieses negative Resultat glaubt HEGEL aber dahin vervollständigen zu müssen, daß nur dem Verstand (und der negativen Vernunft) keine Erkenntnis möglich ist, nun aber die positive Vernunft eintritt, welche den Widerspruch wirklich denkt, und auf dem in sich aufgenommenen und glücklich verdauten (aufgehobenes Moment gewordenen) Widerspruch die Wahrheit etabliert. Das einzige vom Verstand abweichende Vermögen der Vernunft ist also das Denken des Widerspruchs. Nehmen wir als Beispiel von Gegensätzen die Begriffe "Identität" und "Verschiedenheit", so besteht die Aufgabe der Vernunft darin, die Identität von Identität und Verschiedenheit zu denken; nun kennt auch der Verstand eine Identität jener Begriffe, z. B. darin, daß sie vergleichende Beziehungsbegriffe sind, ebensowohl wie der Verstand ihre Verschiedenheit kennt; aber er sondert die Rücksichten, in welchen er sie identisch und verschieden setzt. In dieser Sonderung jedoch werden sie nach HEGEL nicht in ihrer Wahrheit betrachtet, sondern es wird verlangt, erstens, daß die Rücksichten und Beziehungen, in welchen sie für den Verstand identisch und verschieden sind, vergessen werden. Zweitens, daß, wenn sie in einer bestimmten Hinsicht und Beziehung betrachtet, sie in derselben Hinsicht und Beziehung und in demselben Moment identisch wie verschieden gesetzt werden (Werke XIV, Seite 210), daß also nicht in diesem Moment auf ihre Identität, in jenem auf ihre Verschiedenheit reflektiert wird, sondern daß ihre absolute Identität und absolute Verschiedenheit in demselben Moment gedacht werden; drittens aber wird verlangt, daß dieses "identisch und verschieden Setzen in derselben Beziehung" auf alle Beziehungen ausgedehnt wird, in welchen die betreffenden Begriffe überhaupt zu betrachten sind, da sonst die Betrachtung unvollständig wäre, d. h. daß dieselben in ihrer Totalität und absolut identisch und verschieden in demselben Moment gesetzt werden. Die Forderung ist klar. Sie ist in festen Verstandesbestimmungen gegeben: zwei Verstandesbegriffe (Identität und Verschiedenheit) sollen durch eine Handlung des Denkens verbunden werden, welche ebenfalls durch Verstandesbegriffe (identisch setzen und verschieden setzen im selben Moment) ausgedrückt ist. In dieser Forderung liegt, mit einem Wort, nichts, was über die Fassungskraft des Verstandes hinausgeht. Nur die Ausführung erklärt der Verstand unmöglich und wie HEGEL einräumt: mit Recht. In diesem Moment tritt aber nach HEGEL die Vernunft ein und sagt: "ich kann es, ich habe es vollzogen". Dies ist der einzige Moment, wo ein über den Verstand hinausgehendes Vermögen wahrhaft unentbehrlich ist für die dialektische Methode. Aber die Tätigkeit dieses Vermögens kann sich auf keine Weise deutlich machen;denn alles Deutlichmachen geschieht durch Worte, welche Abstrakta, d. h. feste Verstandesbegriffe, bedeuten. Diese Tätigkeit kann auch von dem, der sie ausübt, nie begriffen werden; denn begreifen heißt in Begriffe fassen, Begriffe aber sind Abstrakta, d. h. Verstandesbestimmungen, der Verstand aber kann das Vernünftige niemals fassen, er muß es vielmehr leugnen (Werke I, Seite 184-185). Dies kann durch die Stelle Werke I, Seite 286 belegt werden:
    "Man müßte vielmehr sagen, die Philosophie müßte zwar mit Begriffen, aber mit unbegreiflichen (!) Begriffen anfangen, fortgehen und endigen, denn in der Beschränkung eines Begriffs ist das Unbegreifliche" (d. h. "Urwahre" in REINHOLDs Sinne, gegen den diese Stelle gerichtet ist) "statt angekündigt zu sein, aufgehoben: - und die Vereinigung entgegengesetzter Begriffe in der Antinomie (für das Begreifungsvermögen der Widerspruch) ist die nicht bloß problematische und hypothetische, sondern wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit demselben seine assertorische [behauptende - wp] und kategorische Erscheinung und die wahre, durch Reflexion mögliche (?) Offenbarung des Unbegreiflichen in Begriffen" (d. h. "unbegreiflichen").
Es ist in der Tat höchst merkwürdig, daß das Vernünftige, welches an und für sich etwas Unbegreifliches ist, zu seiner Erscheinung oder Offenbarung gleichwohl nichts anderes finden kann, als die ihm völlig unadäquaten Begriffe des Verstandes, in welchen erscheinend es sich aber offenbar als Vernünftiges zugleich aufhebt, trotzdem, daß es dieselben in einer Weise kombiniert, die der Verstand für unmöglich erklärt. Wenn diese einzige Tätigkeit der positiven Vernunft weder mitteilbar noch überhaupt begreiflich ist, so hat HEGEL ganz recht, sie mystisch zu nennen (Werke VI, Seite 160); denn in dem Inhalt, womit sie arbeitet, und dem neuen Begriff, der als angebliches Resultat ihrer Leistung hervorspringt, hat sie es mit Verstandesbestimmungen, also nicht mit Vernünftigem zu tun; in dem aber, wie sie es leistet, hat sie aufgehört, ein Denken zu sein, welches das Begreifen zur allerersten Grundlage, zur  conditio sine qua non [Grundvoraussetzung - wp] hat; denn "wo keine Bestimmtheit ist, da ist auch keine Erkenntnis möglich" (Werke VI, Seite 76). Schon SCHELLING sieht sich (Werke I, Seite 181) genötigt, einzuräumen, daß die "intellektuelle Anschauung" (aus welcher HEGELs Vernunft hervorgewachsen ist) eigentlich ebensowenig als die absolute Freiheit im Bewußtsein vorkommen kann; diese negative Bestimmung ist aber der wahre Charakter des Mystischen. Kein Weg führt aus den Denken in jenes Mystische hinein, das Denken kann es ewig nur negieren. Wäre das Vernünftige durch Verstandesbestimmungen zu erreichen, so wäre es selbst nur Verstand und nichts Höheres. Vergeblich ist HEGELs Berufung darauf, daß dieses Mystische nur dem Verstand, nicht aber sich selber, der Vernunft, "unzugänglich und unbegreiflich" ist (Werke VI, Seite 160), - es muß darauf bestanden werden, daß es ein Mißbrauch des Wortes "begreiflich" ist, wenn das, was seinem Wesen nach durch keine begreiflichen Begriffe mehr wiederzugeben und zu fassen ist, was angeblich über allen Begriffen steht, noch begreiflich genannt wird, und wenn es sich auch den hochtrabenden Namen Vernunft beilegt. JACOBIs "Glaube" war, trotzdem er später in "Vernunft" umgetauft wurde, nicht im geringsten fähiger geworden, sich zu begreifen als vorher. Mag die Klarheit des inneren Lichts, das der Mystiker schaut, noch so groß sein, er wird es darum nicht begreifen, so wenig wie der Wahnsinnige seine fixe Idee begreift. Den wahren Charakter der spekulativen Tätigkeit hat HEGEL selbst (Werke I, Seite 188) als Aufhören des Bewußtseins bezeichnet, ein Merkmal, was die Sache mit der Mystik auf das unzweifelhafteste identifiziert:
    "Denn die Spekulation fordert in ihrer höchsten Synthese des Bewußten und Bewußtlosen auch die Vernichtung des Bewußtseins selbst, und die Vernunft versenkt damit ihr Reflektieren der absoluten Identität und ihr Wissen und sich selbst in ihren eigenen Abgrund."
Daß aber "diese Nacht" zugleich "der Mittag des Lebens" sein soll, diese bei allen Mystikern wiederkehrende Behauptung können wir nur auf jenes Licht beziehen, wie es dem indischen Nabelbeschauer in der Herzgegend aufgehen soll, das aber nun und nimmermehr das Licht der Wissenschaft ist.

Fragen wir schließlich, wie jene Behauptung, die Einheit des Widerspruchs denken zu können, mit dem allgemeinen Charakter der Vernunft als des unendlichen Denkens zusammenhängt, so zeigt sich, daß bei dieser Voraussetzung der absoluten Unbestimmtheit und Flüssigkeit des Begriffs der Widerspruch allerdings insofern weniger abstoßend zu werden scheint, wie er in demselben Moment aufhört, Widerspruch zu sein, wo der Verstand ihn als solchen bestimmt zu haben glaubt, weil ja nur einer der Begriffe oder beide zugleich sich unvermerkt und momentan so verändert zu haben brauchen, daß das Widersprechende aus ihrer Verbindung verschwindet. Diesen scheinbaren Rettungsanker dürfen wir aber nicht ergreifen; denn HEGEL statuiert ausdrücklich nur dasjenige Denken der Einheit des Widerspruchs als ein vernünftiges, in welcher der Widerspruch in seiner totalen Entgegensetzung erhalten bleibt. Es muß also allerdings gesagt werden, daß die Vernunft außer der ihr zugeschriebenen Eigenschaft des unendlichen Denkens auch noch die dem Verstand unmöglich scheinende Fähigkeit besitzen soll, die Einheit des Widerspruchs zu denken. Als unendliches Denkens in flüssigen Begriffen erzeugt die Vernunft kraft der ihr innewohnenden logischen Notwendigkeit die Widersprüche, von denen sich der bloß negativ-vernünftige Verstand hin und her werfen läßt, ohne ihnen entrinnen zu können; als Vermögen, den Widerspruch zu denken, hebt die Vernunft mit ebenso logischer Notwendigkeit die selbstgesetzten Widersprüche in sich auf, um sie sofort in gleicher oder in anderer Gestalt von Neuem zu setzen. Für den Verstand gilt der Widerspruch im bewußten diskursiven Denken allemal als Ergebnis und damit auch als Symptom eines Irrtums, d. h. einer Abirrung von den logischen Gesetzen, eines unlogischen Denkens oder eines Herausfallens aus der logischen Normalität. Für die hegelsche Vernunft hingegen gilt der Widerspruch als Produkt des logisch gesetzmäßigen Denkens, als unentbehrlicher Bestandteil des logisch Notwendigen und sein Mangel als Symptom des Irrtums und der Unwahrheit.

Das Resultat dieses Kapitels ist: Es ist falsch, daß der Verstand unfähig ist, die Wahrheit zu fassen; es ist abgeschmackt, in demselben Intellekt zwei Vermögen anzunehmen, die nach entgegengesetzten sich widersprechenden Gesetzen denken; die Behauptung, daß die Vernunft ein unendliches (flüssiges) Denken ist, ist nicht durch die Eigentümlichkeit der Funktionen der dialektischen Methode gefordert, sondern diese werden in festen Verstandesbestimmungen vorgetragen und erschöpft, soweit sie überhaupt mitteilbar sind; die negativ-vernünftige Tätigkeit verhält sich, insoweit sie dem Verstand Widersprüche nachweisen will, zum Widerspruch ebenso wie die verständige und widersprechend wie die positiv-vernünftige; die Tätigkeit der positiven Vernunft, insoweit sie über die Tätigkeit des Verstandes und über die Aufnahme des aus dieser entnommenen Materials hinausgeht, ist mystisch, unmittelbar für Andere und unbegreiflich für den sie Ausübenden selbst.

- (Wenn Dialektiker der hegelschen Schue den Dualismus von Verstand und Vernunft dadurch zu beseitigen gewähnt haben, daß sie sich dieser Worte enthielten und ihn dadurch möglichst vertuschten, so ist dies ein völliger Irrtum. Solange in demselben Kopf dieselben widersprechenden Funktionen des Denkens behauptet werden wie von HEGEL, solange besteht das Ungeheuerliche jenes Dualismus, auch wenn man die Namen "Verstand" und "Vernunft" unterdrückt. Dies gilt z. B. gegen KUNO FISCHER, der in der zweiten Auflage seine Logik und Metaphysik (Seite 343-344 und 359-360) die Notwendigkeit aufrecht erhält, den Widerspruch gelten zu lassen, seine Einheit zu denken, und somit die formalen Denkgesetze aufzuheben.)


4. Die Legitimation der Methode

Jede wissenschaftliche Behauptung, welche neu in die Welt tritt, muß sich rechtfertigen, d. h. sie muß nachweisen, warum sie überhaupt aufgestellt ist, sie muß begründen, warum sie so und nicht anders aufgestellt ist, und muß zeigen, daß sie überhaupt möglich ist, wenn diese Möglichkeit von irgendwoher angezweifelt werden sollte. Diese Rechtfertigung, Nachweisung und Begründung muß aber - man sollte dies für selbstverständlich halten - vom Bestehenden und bereits Anerkannten aus geführt werden und nicht aus dem heraus, was sich erst legitimieren soll, sonst begeht man denselben Fehler, wie wenn man einen Begriff durch eine Definition erklärt, in welcher der Begriff vorkommt, oder als wenn man einen Menschen, der durch gute und zureichende Indizien des Meineides überführt ist, sich durch einen Eid reinigen lassen wollte. Der neue Begriff, wenn er sich nur durch sich selbst definieren kann, bleibt unverständlich und unbekannt; der Angeschuldigte, wenn er die Indizien des Meineides durch keine anderen als auf seiner eigenen Glaubwürdigkeit beruhenden Argumente zu entkräften vermag, wird verurteilt, und die neue Behauptung oder der Komplex von neuen Behauptungen, welcher sich nur durch einen von ihm selbst ausgestellten Paß legitimieren kann, bleibt aus dem Reich der Wissenschaft verwiesen. Betrachten wir nun, wie es sich mit der Legitimation der dialektischen Methode verhält.

HEGEL möchte seine Methode vor dem Verstand rechtfertigen, und er möchte es auch nicht. Er fühlt, daß die kühne Behauptung der Voraussetzungslosigkeit zwar wohl geeignet sein mag, manchem, der sich dupieren läßt, zu imponieren, daß aber die Gefahr, nirgends Eingang zu finden, doch noch größer ist. Darum begibt er sich an den Versuch der Rechtfertigung seines Werkes vor dem Verstand. Leider ist er aber trotz all der falschen Voraussetzungen, die er für diesen Zweck macht, nicht imstande, die Methode vor dem Verstand zu legitimieren und muß schließlich doch darauf zurückkommen, daß er wie ein dafür zu vornehmer Herr die Forderung einer Legitimation zurückweist und sich mit der Rechtfertigung vor dem erst durch die Methode geschaffenen Richterstuhl der Vernunft begnügt. Wer sich des über die Stellung der Kritik zur dialektischen Methode Gesagten erinnert, kann nicht zweifelhaft sein, daß das letztere Verhalten allein das mit dem Geist der Methode übereinstimmende, der Versuch aber, sich vor dem Verstand zu rechtfertigen, eine Inkonsequenz ist, die nur als eine exoterische Konzession betrachtet werden darf, vielleicht auch als eine die wahre Gestalt verbergende Hülle, ohne welche die Methode von vornherein von jedem als das erkannt worden wäre, was sie ist, und überall verschlossene Türen gefunden hätte. Daß aber die Vernunft, welche durch die Methode als ein über dem Verstand stehender Richterstuhl proklamiert wird, in der Tat nur durch die Methode und zu den Zwecken der Methode geschaffen ist, so daß sie mit der Methode steht und fällt, dies glaube ich in der historischen Einleitung und dem vorigen Kapitel genügend dargelegt zu haben. Wenn also die Methode sich vor dem Verstand nicht rechtfertigen kann, sondern, wie HEGEL selbst zugibt, von diesem stets als unmöglich erklärt werden muß, so schöpft sie in der tat ihre Rechtfertigung rein aus sich selber, da die Behauptung der Vernunft ausschließlich ein integrierender Bestandteil ihrer selbst ist, steht aber dem gesamten Kreis des Wissens und Denkens, welches, wie wir gesehen haben, durch den Verstand erschöpft wird, als ein nicht zu duldender Eindringling gegenüber, und der Verstand, d. h. die vorhandene Wissenschaft, hat somit nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, diese Vernunft "zu verabscheuen und zu verfolgen, wenn er nicht in der völligen Indifferenz der Sicherheit ist." (Werke I, Seite 184-185).

Die dialektische Methode erklärt jedes andere Denen als eines nach ihren eigenen Prinzipien für unwahr, wollte sie sich also durch eine Begründung rechtfertigen, welche noch außerhalb ihrer selbst läge, so müßte sie selbst einen solchen Beweis zum Scheinbeweis erklären, d. h. zu einem Beweis, der die Wahrheit nur zufällig zum Resultat hat. HEGEL drückt dies so aus (Werke VI, Seite 15-16):
    "Dieses Denken der philosophischen" (vernünftigen) "Erkenntnisweise bedarf es selbst, sowohl seiner Notwendigkeit nach gefaßt wie auch seiner Fähigkeit nach, die absoluten Gegenstände zu erkennen, gerechtfertigt zu werden. Eine solche Einsicht ist aber selbst ein philosophisches" (vernünftiges) "Erkennen, das nur innerhalb der Philosophie fällt. Eine vorläufige Explikation würde hiermit eine unphilosophische" (verständige) "sein sollen, und könnte nicht mehr sein als ein Gewebe von Voraussetzungen, Versicherungen und Rässonements [Argumenten - wp] - d. h. von zufälligen Behauptungen, denen mit demselben Recht die entgegengesetzten gegenüber versichert werden könnten."
An der Stelle, wo er am deutlichsten von den Voraussetzungen der Methode spricht, sagt er (Werke I, Seite 176):
    "Das Bedürfnis der Philosophie kann als ihre Voraussetzung ausgedrückt werden, wenn der Philosophie, die mit sich selbst anfängt, eine Art von Vorhof gemacht werden soll."
Aber nachdem diese Voraussetzung besprochen ist, schließt er:
    "Es ist aber ungeschickt, das Bedürfnis der Philosophie als eine Voraussetzung derselben auszudrücken; denn hierdurch erhält das Bedürfnis eine Form der Reflexion. Diese Form der Reflexion erscheint als widersprechende Sätze, wovon weiter unten die Rede sein wird. Es kann an Sätze gefordert werden, daß sie sich rechtfertigen; die Rechtfertigung dieser Sätze als Voraussetzung soll noch nicht die Philosophie selbst sein, und so geht das Ergründen und Begründen vor und außerhalb der Philosophie los."
Was aber von letzterem zu halten ist, lehrt Werke I, Seite 181:
    "Wird das Denken nicht als die absolute Tätigkeit der Vernunft selbst gesetzt, für die es schlechthin keine Entgegensetzung gibt, sondern gilt Denken nur für ein reineres Reflektieren, d. h. ein solches, in welchem von der Entgegensetzung nur abstrahiert wird: so kann ein solches abstrahierendes Denken aus dem Verstand nicht einmal zur Logi herauskommen, welche die Vernunft in sich begreifen soll, viel weniger zur Philosophie."
Daß die Vernunft nicht ein der Voraussetzungen Bedürftiges, sondern ein Selbstgenügsames ist, und daß die Versuche, sie aus der Reflexion zu begründen, ihr eine schiefe Stellung geben, spricht er Werke I, Seite 198 positiv und deutlich aus. Fügt man hinzu, daß nach HEGEL "der gesunde Menschenverstand die Spekulation nicht nur nicht verstehen kann, sondern sie auch hassen ... verabscheuen und verfolgen muß" (Werke I, Seite 184-185), daß dagegen "im Kampf des Verstandes mit der Vernunft jenem eine Stärke nur insoweit zukommt, als diese auf sich selbst Verzicht tut" (Werke I, Seite 176), d. h. als sie sich mit den Argumenten und der Logik des Verstandes verteidigen will, anstatt vielmehr jene selbstgenugsam zu verschmähen, erwägt man schließlich, daß zwischen Diealektiker und Nichtdialektiker gar kein Streit möglich ist, weil ihnen jene gemeinsame Basis fehlt, und beide nach entgegengesetzten und sich widersprechenden Gesetzen denken, so wird man einsehen, daß jene Behauptung der Voraussetzungslosigkeit und Selbstgenügsamkeit der Vernunft und ihrer Methode der einzige Standpunt ist, welcher dem Geist der Sache angemessen erscheinen kann. Man hat dann an jener hegelschen Neuerung nicht nur eine Behauptung oder einen Komplex von Behauptungen, welcher als berechtigungslos und unlegitimiert von der Wissenschaft ausgeschlossesn werden muß, man hat nicht nur eine berechtigungslose und unbegründete Behauptung, welche gewissen wohlbegründeten Behauptungen widerspricht, sondern man hat eine Behauptung, welche allem bisherigen Denken der Wissenschaft und des Lebens widerspricht und es total umstürzt, um an dessen Stelle die eigene voraussetzungslose Versicherung seiner selbst zu setzen;
    "kürzer und bequemer aber gibt es nichts, als die bloße Versicherung zu machen zu haben, daß ich einen Inhalt in meinem Bewußtsein mit der Gewißheit seiner Wahrheit finde, und daß daher diese Versicherung nicht mir als besonderem Subjekt, sondern der Natur des Geistes selbst angehöre" (Werke VI, Seite 140).
Der Dialektiker versichert, daß er den Widerspruch denken kann, d. h. daß er, wie er es nennt, im Besitz einer spekulativen Vernunft ist, und diese von ihm behauptete Erfahrung seines Bewußtseins verallgemeinert er und erklärt sie zur Natur des Geistes selbst, trotzdem daß alle Philosophen vor HEGEL und alle Menschen außer der verschwindend kleinen Zahl der Dialektiker der hegelschen Schule dies für unmöglich und das Gegenteil für die Erfahrung ihres Bewußtseins erklären, trotzdem daß jener unbegreifliche Akt Mystik, aber nicht mehr denken ist und zu keinem Erkennen führen kann, trotzdem daß er das formale Kriterium der Unwahrheit vernichtet, dem die Welt so viel zu verdanken hat, und das in seinen Konsequenzen theoretisch wie praktisch noch niemals täuschte. Mag also auch hier nur eine psychologische Tatsache gegen die andere stehen, die eine hat alles (allgemeine Anerkennung zu allen Zeiten, inneren Wert, Übereinstimmung mit sich selbst, Klarheit, Richtigkeit und praktische Unentbehrlichkeit der Konsequenzen) für sich, die andere alles gegen sich. Es ist kein Zweifel, für welche Angabe man sich zu entscheiden hat. Dazu kommt noch, daß auf seiten der negativen Behauptung (daß man den Widerspruch nicht denken kann) die Selbsttäuschung viel schwieriger und unwahrscheinlicher ist als auf seiten der positiven (daß man ihn denken kann), wobei man bei der letzteren leicht verführt werden kann, den angestrengten Willen für die Tat zu nehmen, besonders wenn unter gewissen Umständen praktische Motive vorliegen, welche den Glauben an die gelungene Ausführung wünschenswert erscheinen lassen, und dies ist, wie wir später sehen werdden, wirklich der Fall.

Nachdem wir uns überzeugt haben, wie es in Wahrheit mit der Legitimation der dialektischen Methode bestellt ist, wollen wir auch noch jenes betrachten, was man wohl "schieferweise" als Voraussetzungen derselben ansehen könnte. HEGEL spricht diese Punkte am deutlichsten in der schon oben erwähnten Stelle (Werke I, Seite 176-177) aus:
    "Das, was man Voraussetzung der Philosophie nennt, ist nichts anderes als das ausgesprochene Bedürfnis. Weil das Bedürfnis hierdurch für die Reflexion gesetzt ist, so muß es zwei Voraussetzungen geben. Die eine ist das Absolute selbst; es ist das Ziel, das gesucht wird. Es ist schon vorhanden, - wie könnte es sonst gesucht werden? Die Vernunft produziert es nur, indem sie das Bewußtsein von den Beschränkungen befreit; dieses Aufheben der Beschränkungen ist bedingt durch die vorausgesetzte Unbeschränktheit. Die andere Voraussetzung würde das Herausgetretensein des Bewußtseins aus der Totalität sein, die Entzweiung usw."
Die eine Voraussetzung ist also das Absolute als Gegenstand der Sehnsucht und des Bedürfnisses, das andere ist die Entzweiung des Bewußtseins in lauter Antinomien, vor denen der Verstand ratlos steht, und welche nur die Vernunft überwindet, indem sie "diese Widersprechenden vereint, zugleich beide setzt und beide aufhebt" (Werke I, Seite 188). Wir haben zu untersuchen: erstens ob jede dieser beiden Voraussetzungen wirklich existiert, und zweitens, ob sie, wenn sie existieren, den Übergang zur dialektischen Methode mit ihrer überverständigen Vernunft notwendig machen oder auch nur überhaupt rechtfertigen. -

Immer wiederholt schärft uns HEGEL ein, daß es die Aufgabe der Philosophie ist, das Absolute mit dem Bewußtsein zu erfassen (z. B. Werke I, Seite 178):
    "Das Absolute soll für das Bewußtsein konstruiert werden, ist die Aufgabe der Philosophie, da aber das Produzieren, so wie die Produkte der Reflexion nur Beschränkungen sind, so ist dies ein Widerspruch."
Wer hat ihm denn offenbart, daß das Erfassen des Absoluten im Sinne eines über alle begriffliche Bestimmtheit hinausliegenden Unendlichen die Aufgabe, ja sogar die alleinige Aufgabe der Philosophie ist? Ist dies mehr als eine willkürliche leere Versicherung, die ihre Strafe in dem aus ihr folgenden Widerspruch unmittelbar nach sich zieht? Welche Dreistigkeit liegt nicht in dem hegelschen Sophisma: "Es (das Absolute) ist schon vorhanden, - wie könnte es sonst gesucht werden?" Ja, es ist vorhanden als die von HEGEL mit Worten gestellte Aufgabe, das Unmögliche für das Bewußtsein zu konstruieren. Mit demselben Recht kann ich mit der Laterne herumgehen und den gestrigen Tag suchen; denn er ist ja vorhanden - wie könnte ich ihn sonst suchen! -
    "Da aber das Produzieren sowie die Produkte der Reflexion nur Beschränkungen sind, so ist es ein Widerspruch, das Absolte für das Bewußtsein zu konstruieren."
Dieser Satz ist unzweifelhaft richtig; nehmen wir also einen Augenblick an, daß die Philosophie nur jene Aufgabe hat, so liegt der Schluß auf der Hand, daß Philosophie unmöglich ist, daß es keine geben kann. Wohlgemerkt, hier darf nicht mit Dialektik dazwischen gefahren werden; denn wir sind auf dem Standpunkt der verständigen Reflexion als Vorhof der vernünftigen. HEGEL deutet daher (in Werke VI, Seite 80) ganz richtig an, daß der Empirismus das Absolute leugnen muß (er sagt zuviel, wenn er dort "Übersinnliche" dafür setzt); unbegreiflich hingegen ist sein Vorwurf (Werke I, Seite 185), "daß der Verstand die Schranken der Erscheinung nicht vom Absoluten abzutrennen vermag", da er beides ja ebensosehr trennt, daß er nur Beschränktes, aber kein Absolutes (im hegelschen Sinne) als hinter demselben existierend anerkennt. Das Bedürfnis nach dem unbestimmten Etwas, welches man bei dem Wort "das Absolute" träumen und ahnen mag (denn denken kann man dabei nichts Positives), dieses Bedürfnis gehört als unklare, vom Verstand als Streben nach einem Unmöglichen verurteilte Sehnsucht unter die Gefühle; unverständliche Gefühle aber können niemals die Voraussetzung oder gar Rechtfertigung einer Wissenschaft bilden. Sobald hingegen jene Gefühl sorgfältiger geprüft und durchforscht werden, stellt sich heraus, daß sie keineswegs nach einem unbestimmt unendlichen, alle begriffliche Bestimmtheit in sich vernichtenden Absoluten verlangen, daß sie sich selbst und ihren eigenen psychologischen Grund mißverstehen, wenn sie das tun, und daß sie sich in Wahrheit mit einem übersinnlichen Unbedingten zufrieden geben, welches die begriffliche Bestimmtheit und reale innere Mannigfaltigkeit nicht aus- sondern einschließt.

Wir kommen nun zur anderen von HEGEL angegebenen Voraussetzung, der Entzweiung des Bewußtseins aus der Totalität in den Widerspruch des festen Gegensatzes. Wenn der Hinweis auf das ersehnte Absolute besonders für diejenigen ein Köder ist, welche es lieben, die Mystik ihres Gefühlslebens in die Wissenschaft hineinzuschmuggeln, so ist dagegen die Voraussetzung der totalen Entzweiung des Bewußtseins die  conditio sine qua non, unter welcher allein die dialektische Methode es wagen kann, dem Publikum ihre unerhörten Zumutungen zu machen, da ohne jene Voraussetzung niemand auch nur die Geduld haben würde, sie anzuhören. Dies ist allerdings ein starker Kontrast mit der erhabenen Voraussetzungslosigkeit der Methode, die ihr in Wahrheit allein zukommt. Wenn HEGEL in Werke I, Seite 172-177 unter der Überschrift "Bedürfnis der Philosophie" die Entzweiung des Bewußtseins historisch als Erstarren in abgestorbenen, früher einmal lebensfähigen Gegensätzen erklärt, so ist dies nur dadurch möglich, daß er überhaupt Gegensatz und Widerspruch vermengt und verwirrt; daß die Entzweiung in der Tat nur das Verrennen des Verstandes in Widersprüche, von denen er keine Lösung sieht, mit einem Wort in Antinomien, bedeuten kann, ist aus HEGELs sonstiger Lehre klar, und dasjenige, was nun eigentlich die Voraussetzung der Dialektik bilden soll, ist HEGELs Behauptung, "daß die Antinomie sich in allen Gegenständen aller Gattungen, in allen Vorstellungen, Begriffen und Ideen findet" (Werke VI, Seite 103), daß an allen diesen "der Widerspruch wesentlich und notwendig ist" (Werke VI, Seite 102). Diese Behauptung ist ebenso neu und HEGEL eigentümlich wie dasjenige, dem sie als Voraussetzung dienen soll. Wir haben in der historischen Einleitung gesehen, daß alle Philosophen den Widerspruch für nichts weniger als wesentlich und notwendig, sondern vielmehr für unmöglich zu denken wie zu sein erklärt haben; wir haben gesehen, wie die Dialektik der Griechen wesentlich darin bestand, die Begriffe zu rektifizieren [richtigstellen - wp] durch eine Anwendung des Satzes vom Widerspruch als Kriterium der Unwahrheit; wir haben sogar gesehen, daß ARISTOTELES ausdrücklich nachweist, wie und warum jeder Versuch, dem Satz des Widerspruchs zuwider zu denken, sich selbst aufhebt, sofern er nicht auf einem Mißverständnis der Sache beruth.

HEGEL bekümmert sich um diesen Nachweis gar nicht und hat den Grundgesetzen der Jahrtausende gegenüber nichts anderes zu bemerken als erstens: daß der Satz vom ausgeschlossenen Dritten, auf konträre Gegensätze angewandt, Unsinn ergibt (Werke IV, Seite 67; VI, Seite 238-239), was aber durchaus kein Angriff auf diesen Satz ist, wie HEGEL meint, da ARISTOTELES schon (De interpret. c. 7. 17b, 20) ausdrücklich erklärt, daß und weshalb derselbe nur für kontradiktorische Gegensätze gilt; zweitens: daß alle drei Denkgesetze keinen neuen Inhalt liefern (Werke IV, Seite 33-37; VI, Seite 231) und die Erkenntnis nur ein Haar reicher machen oder weiter führen als sie ist, was ebenfalls noch niemand bezweifelt hat (außer FICHTE), da die Denkgesetze eben rein formell sind und natürlich aus dem rein Formalen zu keinem Materialen zu kommen ist; drittens endlich gibt er die Versicherung (Werke IV, Seite 68):
    "Was nun die Behauptung betrifft, daß es den Widerspruch nicht gibt, daß er kein Vorhandenes ist, so brauchen wir uns um eine solche Versicherung nicht zu bekümmern"; aber gar zu sagen, der Widerspruch lasse sich nicht denken, ist "lächerlich" (Werke VI, Seite 242)
Freilich läßt sich die in Worten gestellte Aufgabe denken, demselben dasselbe in derselben Beziehung gleichzeitig zu prädizieren und abzusprechen, aber so ist nicht der Widerspruch selbst gedacht, sondern nur die Aufgabe gedacht, den Widerspruch zu denken. Es kann uns jedoch hier genügen, daß HEGEL selbst einräumt (Werke I, Seite 188 und öfter), der Vertsand könne ihn nicht denken; denn wir sind hier bei der Betrachtung der Voraussetzung, welche uns erst zur Vernunft und Dialektik führen soll, also es nur mit dem Verstand zu tun hat. Wenn aber auch der Verstand den Widerspruch nicht denken kann, so wäre es doch wohl möglich, daß er sich von der Existenz des Widerspruchs, sei es in der Natur der sinnlichen Welt, sei es in der Natur der objektiven Begriffe, überzeugt, und dies würde in der Tat für die Anerkennung der Wirklichkeit des Widerspruchs und für die antinomische Entzweiung des Bewußtseins genügen. Angenommen aber, dieser Fall wäre eingetreten, so würde, da durch die Erkenntnis der Existenz des Widerspruchs nimmermehr die Unmöglichkeit, den Widerspruch zu denken, alteriert werden könnte, offenbar nichts daraus folgen als eine Heterogenität, Inkongruenz oder Nichtidentität von Sein und Denken, welche es zuläßt, daß der Widerspruch, obwohl undenkbar, doch sein könnte, daß mithin das Denken unfähig ist, denjenigen Teil des Seins zu begreifen, welcher mit dem Widerspruch behaftet ist, und wenn, wie HEGEL will, alles damit behaftet ist, daß das Denken überhaupt nicht das Sein begreifen kann, weil dieses schlechthin unlogisch ist. Weiter würde gar nichts aus einer solchen Entzweiung des Bewußtseins folgen; das Denken müßte eben vollständig auf das Erkennen des Seins verzichten. Zu einer solchen letzten negativen Konsequenz, zu einer solchen vollständigen Resignation gehört aber ein wahrhaft heroischer Mut und Kraft, wie nur starke und selbstverleugnende Geister ihn besitzen. Der weniger konsequente, schwächere, eitle und seinen subjektiven Wünschen Rechnung tragende Verstand wird stets dieser Verzweiflung des Denkens an sich selbst zu entschlüpfen suchen, und ein solcher Ausweg zur Wiederherstellung der Identität von Denken und Sein ist z. B. die Einbildung, den Widerspruch denken zu können. Auf diese, aber nur auf diese Weise kann allerdings "die Entzweiung der Quell des Bedürfnisses der Philosophie" (Werke I, Seite 172) werden, aber keineswegs durch eine zwingende Notwendigkeit des Denkens, sondern durch die Ohnmacht, den Zustand der Verzweiflung zu ertragen und den eitlen Glauben, daß ein solcher Zuschnitt des Geistes zur Unfähigkeit des Erkennens meiner unwürdig ist. Hieraus entwickelt sich der Wunsch und die Sehnsucht, den als existierend angenommenen Widerspruch auch denken zu können, der Wunsch erzeugt den Willen, und die Eitelkeit der Einbildung nimmt zuletzt den Willen für die Tat (was selbst auf ethischem Gebiet nur zu oft vorkommt). Wie überall bei den Vorgängern (KANT, JACOBI, FICHTE, SCHELLING) muß, wo der Verstand sich als bankrott erklärt hat, der Name "Vernunft" aushelfen, um scheinbar weiter zu kommen und das zu leisten, was, wie jedermann weiß, der Verstand nicht leisten kann.

Mit dieser Betrachtung ist auch der mögliche Fall erledigt, daß der sich widersprechende Begriff des hegelschen Absoluten eine Existenz haben sollte; er würde darum dem Denken nicht weniger fremd bleiben müssen.

Durch welche Mittel HEGEL seins bisher unerhörte Behauptung, daß der Widerspruch in Allem und Jedem ist, zu stützen sucht, dies wollen wir im nächsten Kapitel betrachten.
LITERATUR - Eduard von Hartmann, Über die dialektische Methode, Bad Sachsa 1910
    Anmerkungen
    1) Der Schluß würde nur dann richtig sein, wenn das "ist" hier nicht bloß als gewöhnliche Kopula mit dem Subjekt ein Prädikat verknüpfen würde, sondern als Zeichen der Kongruenz oder Identität diente, d. h. wenn das Prädikat im Ober- und Untersatz die vollständige, erschöpfende und genaue  Definition des Subjekts darstellt. In diesem Fall würde allerdings die vollkommene Identität des Begriffs dadurch konstatiert sein, daß ein und dieselbe Definition nur  einen Begriff darstellen kann, der nur zufällig hier zwei beliebig miteinander zu vertauschenden Wortzeichen hätte; es würde aber durch die Identität einer erschöpfenden Definition für Sein und Nichts auch wiederum jede Möglichkeit eines  Unterschiedes beider abgeschnitten sein, weil ja ein Unterschied im Begriff allemal auch als Unterschied in der Definition, die als erschöpfend vorausgesetzt wird, seinen Ausdruck finden müßte. Übrigens liegt es auf der Hand, daß im gegebenen Beispiel die Prädikate  keine vollständigen Definitionen sind, insofern sie selbst sich als der Ergänzung bedürftig ankündigen; würde diese  Ergänzung zu  vollständigen Definitionen vollzogen, so müßten eben auch die Unterschiede zwischen Sein und Nichts in dieselbe aufgenommen werden, oder es müßte eingeräumt werden, daß ein solcher Unterschied nicht existiert. Im ersteren Fall wird durch die Verschiedenheit des  terminus medius der Schluß unmöglich, d. h. es bleibt hier die  Identität ausgeschlossen, wie im zweiten Fall der  Unterschied; auf jeden Fall also kann nicht Identität  und Unterschied im Sinn der Dialektik  gleichzeitig behauptet werden.
    2) Wenn HEGEL ihnen eine "formelle, abstrakte, unvollständige Wahrheit" zugesteht, so heißt dies auf logischem Gebiet und Bestimmungen gegenüber, die das höchste Regulativ aller Wahrheit sein wollen, nichts anderes, als wenn er ihre Falschheit behauptet. Die Hauptsache bleibt bestehen, daß er sie für leer, sich selbst widersprechend und für notwendig durch das Gesetz der spekulativen Vernunft aufzuheben erklärt, ehe man zur Wahrheit kommen kann, also auch für im Widerspruch stehend mit den Gesetzen der Vernunft.