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Das Problem der wirklichkeitserfüllten Geltung [1/3]
A. Einleitung Exposition des Problems der wirklichkeitserfüllten Geltung Besinnen wir uns: Keine Wissenschaft entsteht, indem sie sich definiert und aus der Kenntnis ihres systembildenden Grundbegriffs ihr begriffliches Gerüst erbaut, um dann, zum bequemeren Verständnis der Gedankenfolgen aus dem Buch der Wirklichkeit noch einige Zitate herauszuschreiben. Sondern es währt meist sehr lange bis eine Wisenschaft über ihre ureigenen Begriff eine genaue Auskunft geben kann. Die Soziologie mag schon alle möglichen Formen menschlicher Zusammenschlüsse (Amazonenstaaten, Männerhäuser, Ritterorden, Stände, Geheimbünde, Sekten, Vereine etc.) in ihren Strukturen auf das sorgfältigste beschrieben haben und doch brauch das Wesen der Gemeinschaft noch keinesfalls befriedigend bestimmt zu sein. Wieviele Einzeldarstellungen über ästhetische Gegenstände wurden geliefert und wieviel (meist normierende) Untersuchungen sind von den Kunstrichtern über alle möglichen Kunstformen angestellt worden, bevor uns das Wesen des Schönen etwas mitgeteilt wurde. Offenbar müssen aber doch die Begriffe der Gemeinschaft und des Schönen bekannt sein, damit ich den Gut-Templer-Orden als ein soziologisches Gebilde und die Karikator als eine Kunstform erkennen kann. Das Wissen umd das Wesen einer Sache ist also vorausgesetzt, damit ich irgendeinen Tatbestand gerade als einen soziologischen oder ästhetischen Tatbestand auffassen kann. Und andererseits beweisen die Unstimmigkeiten über Grenzfälle, daß die Streitenden um das Wesen ihres Gegenstandes kein genaues Wissen haben: Wirft man beispielsweise die Frage auf, ob die Karikatur als eine Kunstform zu erachten ist, so dürften sich am Ende der Unterredung gewöhnlich zwei Meinungen gegenüberstehen: eine "formal-ästhetische", welche unsere Frage verneint und eine "gehalts-ästhetische", die sich zu einem "Ja" entscheidet. Sollte an der wichtigsten Stelle der Wissenschaft, sollte über ihren Grundbegriff der das Wesen eines Gegenstandes festlegt, sollte über die ästhetische oder soziologische Zentralkategorie die "Auffassung" entscheiden? Da das Wesen, wie aus der Tatsache der Meinungsverschiedenheit folgt, nicht unmittelbar evident ist, haben wir zu prüfen, auf welche Instanzen sich die Redner überhaupt berufen können. Den Grundbegriff zu rechtfertigen, von dem das ganze Wissenschaftsgebäude abhängt, ließe sich die Wirklichkeit heranziehen. Aus dem Vergleich des ästhetischen Beifalls, den verschiedene Kunstwerke erhalten, könnte man die Hauptkennzeichen des Begriffs vom Schöne herauszulesen versuchen. Allein das induktiv gewonnene Ergebnis trüge den Charakter der Vorläufigkeit und Widerruflichkeit, während der Grundbegriff, wie ihn die Theorie sucht, uns zu unverbrüchlich gewissen Aussagen berechtigen soll, da der systematische Denker sich mit Wahrscheinlichkeit nicht skeptisch begnügen mag. So muß demnach die Theorie den Grundbegriff begründen, indem sie sich auf sich selbst besinnt, umso mehr, als sich kein Wesensgesetz beobachten läßt. Die Wirklichkeit kommt als wesensbegründende Instanz in Fortfall. Und sie ist bedingungslos der Willkür des regelnden Geistes anheimgegeben, der, auf sich selbst gestellt, es nur zu vagen Allgemeinheiten bringt. Daraus ergibt sich folgendes Problem: Wie können wir unwiderruflich gewisse Aussagen machen über das Wirkliche, das aller Gewißheit spottet, das sich in keine Regel bringen lassen will? Wie können wir den Geltungsbereich eines Begriffs ausdehnen auf einen Bezirk, der jeglicher Geltung bar ist, wo Zufall waltet und gesetzlose Mannigfaltigkeit? Gibt es einen Weg, die geltungslose Bestimmtheit des Wirklichen und die gültige Vagheit der Theorie, die noch bei sich selbstist, zu vereinigen zu einer gültigen Bestimmtheit? Wenn daseine reine und vollständige Disjunktion [Unterscheidung - wp] ist, können wir logisch diese Fragen zu keiner Entscheidung führen. Wenn überhaupt, dann ist die Möglichkeit einer theoretischen Wirklichkeitswissenschaft nur metaphysisch zu begründen. Nur aus metaphysischen Gründen konnte HEGEL dem Grundbegriff des Schönen die Bedeutung erteilen des "sinnlichen Scheinens der Idee" um unser altes Beispiel aufzunehmen. Im Folgenden lernen wir drei Versuche kennen, die wirklichkeitserfüllte Geltung metaphysisch zu begründen. I. Kritische Vorbetrachtung 1. Wirklichkeit und Wahrheit als Gegenständlichkeit für ein Denken Unter Berufung auf eine parmenideische Einsicht, daß jedes Denken ein Objekt zu seinem Inhalt haben muß, und daß umgekehrt ein "Undenkbares auch unseibar" wäre, gewinnt BAUCH die Ansatzstelle seiner Untersuchungen. Denn damit ist ein tertium comparationis [Drittes zum Vergleich - wp] eingeführt aufgrund dessen Wahrheit und Wirklichkeit gleichmäßig und einheitlich betrachtet werden können, als wenn gar keine Kluft zwischen ihnen bestünde. Doch ehe wir ans Werk gehen, vergegenwärtigen wir uns, welche Entscheidungen mit der Anwendung dieses Gesichtspunktes vorweg genommen sind, damit wir bei möglichenfalls auftretenden Unstimmigkeiten die Fehlerquellen sofort hier suchen können. Die Wahrheit angehend, so scheint ihr nach heutiger Denkgewohnheit diese Betrachtungsweise füglich angemessen zu sein, weil sie am Sichersten aus der Sackgasse eines Wahrheitsrelativismus herausführt. Denn sind Wahrheiten Gegenstände, die mein Denken vorfindet, auf die meine Gedanken sich richten, so steht ihre Objektivität von vornherein unantastbar fest.; sie haben ihren festen Halt in sich selber und sind nicht abhängig von einer Vernunft, die sie aufstellt, setzt oder abstrahiert, noch auch von der Wirklichkeit, an der ihre Haltbarkeit sich allererst - sei es nun induktiv oder pragmatisch - bewähren müßte; sie sind nicht mehr als eine bloße Eigenschaft mancher Erkenntnisse; "Wahrheiten werden nicht geleistet". Immerhin, es ist nicht ausgemacht, daß die Wahrheit als Gegenständlichkeit betrachtet werden muß. Unser Ausgangspunkt ist nich frei von Voraussetzungen, er ist nicht selbstverständlich. In Bezug auf die Wirklichkeit sind der Bedenken nicht weniger. Die Wirklichkeit scheint sich geradezu gegen die Unterordnung unter unseren systematischen Gesichtspunkt zu sträuben, die Rolle der Gegenständlichkeit, die sie vor dem wissenschaftlichen Publikum spielen soll, scheint ihr nicht zu liegen. Es macht den Eindruck einer nicht unbedenklichen Gewaltsamkeit, wenn "ausgeklammert" wird, was die Wirklichkeit einer Landschaft außerdem noch sein könnte: für das Gemüt eine Offenbarung Gottes und für den Leib eine Stätte der Erholung. Gewiß bleibt der Wissenschaft nichts übrig, als sich ausschließlich an die Wirklichkeit in ihrem Gedachtsein, Erkanntsein zu halten, wei diese nur in der Beleuchtung des Wissens der theoretisch-systematischen Erforschung zugänglich ist. Aber es steht zu fürchten, daß die Mehr-als-Gegenständlichkeit der Wirklichkeit späterhin aus den Augen verloren wird und daß am Schluß von der "Realität eines transzendenten Seins auch nicht ein Schein übrig bleibt", eines Seins also, das über die Gegenständlichkeit hinaus liegt, wie ARTHUR LIEBERT es unumwunden ausspricht (Problem der Geltung, Seite 162) und auch BAUCH nicht verhehlt. Viel zu oft, als daß es nicht der Einseitigkeit verdächtig wäre, wird heute auf den Umstand hingewiesen, daß jedes Wirkliche nach vielen Richtungen hin über das hinausgeht, was die Erkenntnis davon als Gegenstand wissenschaftich besitzt. Der wissenschaftliche Gegenstand oder das begriffene wirkliche Phänomen oder der Begriff dieses Phänomens ist immer allgemeiner schematischer Natur. Das Wirkliche hingegen ist nur in der Weise der Besonderheit vorhanden. Ich selbst bin - wie jeder andere Mensch - ein "Einzel"-wesen, das, streng genommen seinesgleichen nicht hat. Durch Herkunft, Milieu und Bildungsgang, Charakter, Beruf und Schicksal ist jeder ein "dieser, der in einer solchen Originalität nicht wieder vorkommt. Außer der Mutter findet sich kein Zeitgenosse, der je ein Stück meines Lebens gelebt hätte. Auch von Zwillingsbrüdern führ jeder ein selbstständiges Fürsichsein. Bei aller Verwandtschaft kann man sie nicht gegeneinander auswechseln. Diese Besonderheit, diese Mannigfaltigkeit konkreter Einzelheiten, so geht die Rede, gibt nun den Ausschlag und von ihr gerade sei am Wirklichen als Gegenstand des Begriffs nichts mehr zu entdecken. Gerade die Spezifikationen des Wirklichen, die unübersehbar,zart verästelt sind, fallen stets und ständig durch die Maschen auch des subtilsten Begriffsgewebes. Solange die Wissenschaft aus den so verschiedenartigen Phänomenen einer stürzenden Lawine, eines auf belebter Straße von einem Schlaganfall Hingeworfenen Menschen, eines langsam zur Erde sinkenden herbstlichen Blattes als objektiven Gegenstand nur das Fallgesetz herauszuholen weiß, solange muß man die Wirklichkeit mit SCHELERs (freilich vom Geist gebrauchten) Ausdruck für "gegenstandsfähig" halten (Sonderstellung des Menschen zu Kosmos, Seite 203). Allein, so nötig der Hinweis auf die Besonderheit und Einmaligkeit ist, so dringend muß vor einer übertreibenden Einseitigkeit gewarnt werden. Die individuellen Verschiedenheiten dürfen nicht so aufgefaßt werden, als gingen sie bis zur "völligen Heterogenität" [Ungleichartigkeit - wp]. Es ist gewiß nicht zu bestreiten, daß die Empfindungsgegebenheiten in ihren Abweichungen eine unersetzliche Besonderheit an sich tragen; aber ebensowenig darf nach manchen Philosophen z. B. auch REHMKE verkannt werden, und hierin liegt das philosophisch Bedeutsame, daß inihnen identische allgemeine Gegenstände eingebettet sind, daß in den wie sehr auch immer verschiedenartigen anschaulichen Darstellungen identische Gegenstände "transparent" werden (HANS PICHLER, Kategorienlehre, Seite 29). Genau ebenso verhält es sich mit einem anderen Einwand, der von agnostischer Seite her gemacht wird und der aus dem unaufhaltsam Werden der Wirklichkeit ihre Ungegenständlichkeit und folglich ihre Unerkennbarkeit folgert: identisch beharrende Gegenstände gibt es nicht im Fluß der Zeit, der alles verändert, den nichts als dasselbe durchmißt. Was wir als identisch erfassen können, sind bereits vergangene und folglich entwirklichte Gegenstände. Die Gegenständlichkeit, NATORPs "Denksein" ist unwirklich, weil die Wirklichkeit eines beharrenden Seins unfähig, "gegenstandsunfähig" ist. Zweifelsohne ist z. B. ein Mensch in jedem Augenblick ein anderer, älterer. Aber doch nicht totaliter! [ganz und gar - wp] Aus aller Veränderung wird doch ein Typus, eine bestimmte Struktur "transparent", die es erlaubt, den Namen geradezu als ein Schlagwort zu verwenden. Daß in der Wirklichkeit identische Gegenstände stecken, das kann also nicht das Rätsel sein. Aber wie sich diese wirklichen Gegenstände von unwirklichen, z. B. den mathematischen Gegenständen unterscheiden, darin liegt das Problem. Soweit sie Gegenstände des Denkens sind, soweit sind sie eben gedachte Gegenstände und es entsteht die Frage, was hinzukommen muß, das sie zu wirklichen macht. Für das Verhältnis von Wirklichkeit und Gegenständlichkeit entnehmen wir daraus so viel, daß sich die Wirklichkeit demnach vom Standpunkt der Erkenntnis her als Gegenständlichkeit behandeln läßt, ohne darum aber in einem Denksein aufzugehen. Wir haben deshalb darauf zu achten, ob die Frage, was gewisse Gegenstände des Denkens zu wirklichen macht, nicht in einer idealistischen Tendenz umgedeutet wird in das Problem, was die (mehr-als-gegenständliche) Wirklichkeit zum Erkenntnisgegenstand macht. Denn meistens blieb von der transzendenten Realität (die über die Gegenständlichkeit hinausreicht) nichts mehr übrig, nachdem man den Gegenstand aus seinen transzendentalen Bedingungen hatte hervorgehen lassen. Doch sehen wir weiter. Unser Problem aufzulösen, dient der transzendentale Gesichtspunkt, wonach die Bedingungen der Gegenstände in den Bedingungen der Erkenntnis gesucht werden müssen. Durch die "Selbsterkenntnis der Erkenntnis", durch die Analyse der wissenschaftlichen Erfahrung, durch eine Theorie des Wissens, durch die "wissenschaftstheoretische Betrachtung", indem sich hier die wissenschaftliche Erfahrung auf "ihre eigenen Voraussetzungen" besinnt - sollen zugleich die Bedingungen der Gegenständlichkeit ermittelt werden. Denn im Wissen um das Wissen liegt das Wissen um die zu erkennende Sache beschlossen. Um es metaphysisch zu formulieren: die "fundamenta scientiarum" des DESCARTES, die Geltungsgründe unserer Erkenntnisse sind deshalb auch die Fundamente oder Bedingungen oder Aufbaugesetze der wissenschaftlichen Gegenständlichkeit, weil sie ja den wissenschaftlichen Gegenstand erst hervorbringen, ihn herausmodeln aus dem "Gewühl, dem regellosen Haufen" der Vorstellungen, der "Rhapsodie" der Wahrnehmungen (KANT, Kritik der reinen Vernunft, Reclam-Ausgabe, Seite 123, 131, 155). Die Gegenständlichkeit, die "Seibarkeit" einer Vorstellungsgruppe hängt mithin ab von ihrer Denkbarkeit. Wenn die Erkenntnisgrundlagen zugleich die Seinsgrundlagen, die Grundlagen der gegenständlichen Wirklichkeit sind, dann ist es keine Absurdität, wenn behauptet wird, daß das Denkunmögliche, das logisch Unmögliche, wie wir besser sagen, auch nicht wirklich sein kann. Erkenntnisgrundlage Läßt man diesen Gesichtspunkt gelten, dann erscheint die oben gegebene Charakteristik des Wirklichen (die nicht aus der Analyse des Wissens gewonnen wurde, die sich nicht gründete auf den Gegenstand, wie er als erkannter, gewußter zutage tritt), nebensächlich und sekundär. Die Besonderheit und Verschiedenartigkeit können wir mit Fug außer acht lassen, ja, wir müssen es sogar tun, wenn wir die Bedingungen des "Wertes oder Unwertes" unserer Erkenntnisse aufdecken wollen. Denn für den Erkenntniswert haben die Empfindungen (in denen uns Besonderes gegeben wird) gar keine Bedeutung; sie sind in dieser Hinsicht völlig wertlos; sie sind "subjektiv" und können zur Objektivität, zur gegenständlichen Gültigkeit und Notwendigkeit der Erkenntnisse gar nichts beitragen. Im Gegenteil, sie hindern die Notwendigkeit, sie stellen den Wert unserer Erkenntnisse in Frage; sie können darum auch nicht die Grundlagen der Erkenntnis abgeben. Im weiteren Verfolgen dieser Erwägung wird man sogar dazu gedrängt, die Besonderheit der Empfindungsgegebenheiten nicht nur als ein nebensächliches, sondern sogar als ein negatives Indiz der Wirklichkeit anzusprechen. In diesem Sinn zieht BAUCH den Beschluß in DESCARTES' Meditationen heran:
Auch aus einem anderen Grund dürfen wir annehmen, daß die Empfindung zur Aufhellung des Sachverhaltes der Erkenntnis nichts Grundlegendes beiträgt, weil es nämlich Erkenntnisse gibt, die nicht an Empfindungen gebunden sind, daß vielmehr alles auf das anzukommen scheint, "was mit der Empfindung zusammenhängt". Das Wesen des Erkenntnisaktes ist in einem "Zuordnen", in einem "Aufeinander-Beziehen" von Sachverhalten zu erblicken, wie es in den Urteilen vollzogen wird. Erkenntnis besteht nicht in einem zusammenhanglosen Haben von 2, 3, 4, sondern von Erkenntnis kann ich erst sprechen, wenn ich diese Sachverhalte denkend aufeinander bezogen habe: 2 < 3 < 4. Und so ist es bei allen nur erdenklichen Gegenständen und allen nur erdenklichen Relationen, die wir urteilend zwischen ihnen herstellen können. Wenn wir uns nun darauf besinnen, daß Sachverhalte auch als falsch in Beziehung gesetzt werden können, daß Urteile auch ungültig sein können, so hat sich damit unsere Frage nach den Grundlagen der Erkenntnis soweit präzisiert, daß zur Lösung geschritten werden kann: Was macht unsere Urteile gültig? Welches sind die Grundlagen, auf die ich mein subjektives Beziehen stützen kann, damit es eine objektive, den Gegenstand konstituierende Bedeutung hat? Woran liegt es, daß aº = O falsch ist? Was macht andererseits den Gedanken aº = 1 oder √-1 = i notwendig? Die Tatsache, daß es gültige Urteile, richtige Beziehungen, notwendige Gedanken gibt, zwingt zu dem Schluß, daß unser Zuordnen auf einem Grund der Zusammengehörigkeit, auf einer sachlichen Zugeordnetheit beruth, daß unser gültiges Beziehen bestimmt ist durch eine geltende Beziehung, daß unser psychologisches Urteilen nach einem "logischen Urteil" "gerichtet" sein muß, um richtig zu sein. In diesen mannigfachen Wendungen kehrt die viel diskutierte Unterscheidung von Erkenntnisakt und seinem Inhalt wieder. Die objektive Beziehung, die in der psychologischen Tätigkeit des Beziehens nur nachgezogen wird, gibt die gesuchte Erkenntnisgrundlage ab. Die Tatsache, daß wir uns bei unserer Denktätigkeit abhängig wissen und gebunden fühlen an eine objektive Instanz, an Erkenntnisgrundlagen, die unserer Willkür entrückt sind, so daß wir nicht ins Blaue hinein Sachverhalte grundlos in Beziehung setzen können, solange wir wissenschaftlich ernst genommen zu werden wünschen - erfährt eine sehr einfache Erklärung. Es wird nämlich aus unseren "richtigen" Gedanken die gedachte Beziehung herausgenommen und als objektive Instanz über unser Denken und Beziehen eingesetzt, nach der wir gerichtet sein müssen. Bei Irrtümern hingegen bleibt der gedachte Inhalt im Akt enthalten; er ist kein logishes, sondern lediglich ein psychologisches Vorkommnis, das nicht für sich bestehen kann. Die Notwendigkeit dieses Schrittes wird uns in mannigfachen Formulierungen vor Augen geführt: einmal sind es also die Beziehungen, die aus unserem subjektiven Beziehen herausgenommen werden müssen, dann ist es der geltende Urteilsgehalt ("das logische Urteil"), der zu unseren subjektiven Urteilen in einen Gegensatz gebracht wird, oder es ist der Denkinhalt, der als "möglicher Gedanke" von unserem wirklichen Denken ergriffen wird. Für das ganze System nun der "geltenden Beziehungen" oder "möglichen Gedanken" oder "logischen Urteile" hat BAUCH den Namen des "objektiven Denkens". Die Frage nach der Seinsart der vom Psychologischen abgelösten Urteile, Gedanken oder Beziehungen erledigt sich mit dem Begriff der Geltung. Das Bestehen der Beziehung ist Geltung, nicht Sein. Geltung ist aber nicht selbst eine Beziehung, "weil sie aller und jeder Geltungsbeziehung eignen muß. Wäre sie selbst eine Beziehung, so müßte sie sich doch von allen anderen Beziehungen unterscheiden. Aber sie ist ja gerade der allen Geltungsbeziehungen gemeinsame Charakter". Die Geltung also, die in sachlichen Gegenstandsbeziehungen liegt, ist die Erkenntnisgrundlage für unser urteilendes Beziehen; denn von der Geltung her, die den objektiven Beziehungen zukommt, empfängt unser subjektives Beziehen seine Gültigkeit. Die geltende Gegenstandsbeziehung, das logische Urteil, der mögliche Gedanke, das sind Sachverhalte, in denen die Wahrheit (eine Weise der Geltung) wirlich liegt und nicht bloß liegen kann wie in den wirklichen Gedanken, die ja auch falsch sein können. Aber: ich kann "nichts Falsches meine, sondern nur falsch meinen"! Der Irrtum erfaßt keine "ewige Unwahrheit", sondern er verkennt eine ewige Wahrheit. Ich verkenne einen geltenden Zusammenhang, ohne daß derselbe dadurch irgendwie betroffen oder beschädigt wird. So ist "3 + 2 = 6" keine falsche Gleichung, eine ewige Unwahrheit, sondern es ist gar keine Gleichung, es besteht zwischen den Sachverhalten "3", "2" und "6" nicht die durch das Gleichheitszeichen ausgedrückte Beziehung; es handelt sich um eine falsche Gleichsetzung, ein von mir irrtümlich vollzogenes Beziehen, das keine ewige Beziehung ergreift, sondern ganz im Rahmen meiner psychologischen Subjektivität verbleibt und gewiß keine gegenständliche Bedeutung hat, wie es ja nicht einmal eine "intersubjektive" Verbindlichkeit in Anspruch nehmen darf, was mir der Widerspruch aller beweist, denen ich meine Rechnung vorlege.
Auch wenn es nicht ganz ersichtlich ist, warum nicht auch an Irrtümern Akt und Inhalt unterschieden werden dürfen und, wenn schon unterschieden, auch gegeneinander isoliert werden dürfen, so begreifen wir doch die systematische Notwendigkeit, kraft welcher den Unwahrheiten eine Existenz und zwar die metaphysische Realität des Geltens, außerhalb der psychologischen Denksphäre abgesprochen wurde. Denn die geltenden Sachbeziehungen, in denen die Wahrheit wirklich liegt, sollen ja die Erkenntnisgrundlagen abgeben für unsere wirklichen Erkenntnishandlungen; sie sollen sich in unserem subjektiven Denken als Verhältnisse im System des objektiven Denkens manifestieren und zur Geltung bringen. Schlichen sich nun in dieses System des objektiven Denkens ewige Falschheiten ansich ein, so würden sie die endlich gewonnene Objektivität und Absolutheit der Erkenntnisgrundlagen abermals entsichern. Um aber auch Spielraum zu lassen für bisher unentdeckte Wahrheiten, für noch nicht vom tatsächlichen Beziehen nachgezogenen Beziehungen, für mögliche Gedanken die bisher in noch keinem Bewußtsein verwirklicht wurden - entlehnt BAUCH von HÖNIGSWALD den Begriff eines "Universums von Bestimmtheiten". Es handelt sich um Gefüge der verschiedensten Reihen von Bestimmtheiten:
Baum ist grün Die transzendentale Analyse des Erkennens lehrte uns folglich, daß in den Inhalten unserer Erkenntnisse sich allgemeingültige Prinzipien finden, die unserem tatsächlichen Denken Gültigkeit verleihen. Gegenstände zu den Erkenntnisgrundlagen Welche Bedeutung haben diese Erkenntnisprinzipien für die Gegenstände, inwiefern sind sie Prinzipien des Seins? Halten wir uns zunächst an die unwirklichen Gegenstände. Jeder mathematische Gegenstand beweist es uns, daß Gegenstände nichts anderes sind als Beziehungen. An der Gleichung: (4) + (5) = (3)² = (11) - (2) = 9 sind es lauter Beziehungen, die den Gegenstand, die 9, bestimmen: ( ) + ( ) = ( )² = ( ) - ( ). Das "Ist" am idealen Sein ist nicht etwas Seiendes, sondern Funktion und der Gegenstand wird bedingt von Beziehungen, aus denen er hervorgeht, auf denen er sich gründet. Beim Dreieck liegen die Beziehungen zwischen Seiten, Winkeln und Höhen vor. Es ist also die eigentümliche Natur der unwirklichen Gegenstände, Beziehung zu sein; sie sind aus Beziehungen aufgebaut, sie sind "Konstitute von Geltungsbeziehungen" und kein starrer Bestand in einem topos uranios [himmlischer Ort von Ideen - wp].
1. Die Wirklichkeit strukturiert von unwirklichen Beziehungen. Wir sind jetzt in der Lage, unser Problem, wie geltungslose Wirklichkeit und Wahrheitsgeltung (die sich nicht auf Wirkliches zu erstrecken scheint) zu vereinigen sind, mit den Mitteln von BAUCHs Argumentation zu bewältigen. Unter Wahrung des transzendentalen Gesichtspunktes nach dem die Geltungsgründe der Wahrheit zugleich die Seinsgründe des Wirklichen sein müssen, werden wir einzusehen haben, wie die Wirklichkeit von unwirklichen Geltungsprinzipien überall durchzogen ist. BAUCH hat deshalb nachzuweisen, daß die gesamte Wirklichkeit sich aus den Strukturformen der Wahrheit aufbaut und daß diese es sind, welche die Wirklichkeit als Wirklichkeit konstituieren. Die in Rede stehenden Strukturformen der Wahrheit haben wir bereits kennen gelernt als elementare Geltungsbeziehungen und als komplexe Gefüge von Geltungsbeziehungen. So wird demnach zu zeigen sein, daß die Wirklichkeit durch Geltungsbeziehungen begründet wird und daß diese Geltungsbeziehungen aus der variablen Wirklichkeit den konstanten Gegenstand hervortreten lassen, welcher durch diese seine transzendente Bedingtheit zum Wahrheitsträger qualifiziert wird. Der Gegenstand ist das Mittlere, in dem sich Wahrheit und Wirklichkeit vereinigen: er ist einerseits ein Ausschnitt aus der Wirklichkeit und zum anderen wird er - vermöge seines kategorialen Aufbaus - zum Sammel- und Brennpunkt gültiger Wahrheiten über ihn. Wie wir schon vermuten, wird sich für BAUCH all das, was wir als Eigenschaften zu bezeichnen gewohnt sind, in Beziehungen verwandeln.
Wie im Begriff die Geltungsbeziehungen definitorisch zusammenlaufen, so laufen sie im wirklichen Gegenstand, im Ding realiter zusammen. Der Begriff ist "konkreszent", d. h. er enthät nur die sogenannten "wesentlichen" Merkmale, er ist ungesättigt und strebt auch alle "unwesentliche" Merkmale, alle Beziehungen in sich aufzunehmen, die sein Grundgesetz auf besondere Weise darzustellen geeignet sind. Das Ding ist bereits "konkret". Der Begriff gibt die Struktur des Wirklichen ab, er enthält das, wodurch das viele Fromme eben fromm und das viele Tugendhafte eben tugendhaft ist usw. Man kann den Begrif deshalb auch das "mögliche Ding" nennen. "Das mögliche Ding ist insofern mögliches Ding, als es das wirkliche Ding erst ermöglicht". Der Begriff stellt das "Bildungsgesetz" dar für die vielen einzelnen wirklichen Dinge, die um einige Beziehungen reicher sind als das mögliche Ding, die sich ergänzt haben durch mancherlei "unwesentliche" (Relations-) Merkmale, wie wir in Anlehnung an die Schullogik sagen können. Also nicht nur unser Denken, sondern auch die wirklichen Gegenstände sind ihrerseits nach der Wahrheit gerichtet.
und Geltung. Das durch den bisherigen Gang der Untersuchung eigentlich geforderte Verhältnis der Überordnung der Wahrheit über die Wirklichkeit wird zu einem Korrelationsverhältnis ausgeglichen, wenn die Erörterung auf das Besondere zurückkommt. Wenn es schon denkbar ist, daß die Wirklichkeit in ihrer Struktur vom Begriff her, vom möglichen Ding begründet wird, so bleibt es doch noch fraglich, wie sich denn nun diese Besonderheit der wirklichen Dinge verstehen läßt. Auch wenn wir uns nach dem vorigen überzeugt haben, daß die Individualität nicht die Bedeutung des entscheidenden Charakteristikums hat für das Wirklichsein, sondern daß die kategoriale Ordnung hier den Ausschlag gibt, so ist die Besonderheit doch auch nicht zu eliminieren, und es kommt jetzt darauf an, welche andere Stelle wir der (wie es schien irrationalen und nicht zu logisierenden) Individualität alles Wirklichen im System anweisen sollen. Wir müssen dabei überaus vorsichtig vorgehen; denn so wie wir das Besondere als Ausdruck einer zweiten Potenz neben dem "objektiven Denken" fassen, etwa als Ausdruck eines transzendenten Seins, so ist damit der mühsam begründete transzendentale Standpunkt aufgehoben. Denn dann ist die Wirklichkeit im Sinne einer geltungsbestimmten Gegenständlichkeit nicht mehr nur vom "objektiven Denken" abhängig, dann hat der Gegenstand neben den fundamentis scientiarum, neben seinen Erkenntnisgründen auch noch Seinsgründe, die nicht durchschaubar sind und die unsere ganze Arbeit wieder zunichte machten. Denn sie würden es wieder verhindern, daß wir unsere Wirklichkeitserkenntnis mit unanfechtbarer Gewißheit aussprechen könnten. So erwarten wir, daß BAUCH auf andere Weise mit dem Besonderen zu Rande zu kommen versuchen wird, daß er es aber keinesfalls als Ausdruck einer transzendenten (gegenstandsüberlegenen) Wirklichkeit anerkennen wird.
Man pflegt die Anschauung als das zu bezeichnen, wodurch uns Besonderes vermittelt wird. Aber wenn wir genauer zusehen, so wird es klar, daß es Anschauungen, in denen das Besondere rein, d. h. begriffslos und unbegriffen gehabt wird, gar nicht gibt. BAUCH bestreitet auf das Entschiedenste, daß es ein "kategorial unbetroffenes Material" gibt, daß wir also auf irgendeine Weise von der Wirklichkeit Besitz ergreifen könnten, ohne sie dadurch auch sofort gedacht und Geltungsbeziehungen unterstellt zu haben, und er würde es zu einer leeren und irreführenden Fiktion erklären, wenn SCHOPENHAUER den Inhalt einer begriffslosen Anschauung (die vielleicht durch eine plötzliche Gehirnlähmung zustande gekommen sein mag) beschreibt als dem Anblick einer "Palette" ähnlich "mit vielerlei bunten Farbklecksen". (Über die vierfache Wurzel, § 21, Seite 72, Reclam-Ausgabe). Vielmehr läßt es sich geradezu so ausdrücken, daß die "Empfindung gar keinen Bestand für sich hat". Denn das viele einzene Fromme könnte nich sein, ohne eben frommzu sein und irgendein hic et nunc [hier und jetzt - wp] lebender frommer Mensch wäre nicht das, was er ist, ohne den Begriff des Frommseins. Die Empfindung ist mithin in den kategorialen Zusammenhang eingeordnet und besteht nur durch ihn: sie ist diese auf der Farbenskala zu vermerkende Rotnuance, sie versweist dadurch auf die Kategorien des Seins und des Soseins und der Einheit usw. Jeder Empfindungsinhalt ist ein "in sich bestimmter, mit sich identischer Inhalt von unwandelbarer Geltung". Die Besonderheit ist danach nichts weiter als eine besondere Beziehung von Inhalten, die mit sich identisch sind. Die Besonderheit der Rose vor mir in meiner Vase kommt dadurch zustande, daß sie neben den unerläßlichen gegenstandsbildenden Geltungsbeziehungen (Sein, Sosein etc.) auch noch Beziehungen untergeordneter Bedeutung enthält, daß z. B. diese unbeschreiblich eigenartige Duftqualität zusammen auftritt mit jenem zwischen unbezeichenbaren Tönungen schwimmenden Gelb ihrer Blätter. Aber eine auch noch so sehr schillernde Farbe läßt sich als eine Farbbesonderheit einer objektiven Empfindungsinhaltlichkeit unterordnen, welche das allgemeine "Bildungsgesetz der Allheit ihrer Besonderheiten ist". Es ist gar nicht so, daß sich allgemeine Begriffe und besondere Dinge gegenüberstehen, wobei letztere aus den ersten nicht "abzuleiten" sind. Zu einer solchen Gegenüberstellung konnte nur eine unselige Abstraktionstheorie gelangen. Die Begriffe sind keine "leeren" Formen, keine Schubkästen, keine "Zettelkästen des Denkens", sondern sie sind, wie wir erkannt haben, die transzendenten Bedingungen der Möglichkeit des Wirklichen. Der Begriff ist das "Inbegriffensein aller Spezifikationen", er enthält die "Allheit der Bedingungen der Verbesonderung". Oder wie es HANS PICHLER formulierte: das Wesen ist der "Inbegriff seiner Erscheinungen". Die Bewegung ist nicht reiten, schwimmen, tanzen, laufen etc. zusammengenommen und "keines" davon, sondern "jedes" davon. (PICHLER, Kategorienlehre). Gibt es also so wenig "leere" Formen wie es ungeformte Inhalte gibt, dann müssen wir das Verhältnis der Wirklichkeit zu ihren Geltungsgründen als ein Verhältnis der Korrelation bestimmen.
"Wie der ganz bestimmte besondere Rappe, Schimmel usw. dieses eben nicht ist, ohne überhaupt Pferd zu sein, so ist auch das Pferd nicht überhaupt Pferd, ohne daß es in bestimmten Rappen, Schimmeln usw. konkret repräsentiert werden könnte." Vom subjektiven Denken aus gesehen mag das Besondere sehr wohl nicht ohne weiteres im Begriff enthalten sein. Für mich mag das Goethesein des GOETHE aus dem allgemeinen Begriff Mensch nicht zu entnehmen sein, so daß ich zur Erkenntnis des Besonderen die Fähigkeit des "Hineinversetzens" haben muß. Wir haben also die Möglichkeit gültiger Aussagen über die Wirklichkeit dadurch begründet, daß wir uns die Wirklichkeit ersetzt haben durch die geltungsbestimmte Gegenständlichkeit. Danach untersuchten wir, ob unsere Lösung sich auch noch festhalten läßt, wenn wir die ausgeschaltete Besonderheit wieder in Rechnung stellen. das ließ sich dadurch durchführen, daß wir das Besondere vom Begriff aufsaugen ließen, so daß es seine Selbständigkeit gegenüber dem Subjekt behielt, nur daß es von der Seite der transzendenten Wirklichkeit, wo es zu Beginn der Untersuchung als ärgerlicher Faktor stand - transponiert wurde auf die Seite des objektiven Denkens, wo es vom Subjekt in demselben Maß unabhängig ist aber der Tendenz nach begreifbar wurde. Das Problem der gültigen Wirklichkeitserkenntnis wurde also gelöst durch die Aufrichtung einer "Panarchie des Logos", der sich nichts entziehen kann. HEINRICH RICKERT machte zwei Wege namhaft, die zur Begründung gültiger Wirklichkeitserkenntnis führen:
Bezeichnet man die Wirklichkeit einmal neutral als Transsubjektivität, dann kann, entsprechend den Funktionen, in denen wir Wirkliches haben, darunter verstanden werden: das Transemotionale (Gefühlte), das Transsensitive (Empfundene) und das Transkognitive (Gedachte). Der Positivist hält sich an die beiden ersten Bedeutungen und versteht unter Wirklichkeit das Gefühlte und Empfundene und es ist ihm vital gewiß, daß die Transsubjektivität von seinem Sehen und Hören so unabhängig ist wie von seinem Denken. Der Transzendentalphilosoph hält sich allein an die transkognitive Transsubjektivität. Für ihn aber nimmt überdies das Denken noch eine andere Bedeutung an; es ist ihm ein "Denken höherer Ordnung", das sich in unserem subjektiven Denken manifestiert. Mit Hilfe dieses "objektiven" Denkens baut sich das Subjekt eine neue Wirklichkeit auf, die gesetzmäßig und begründbar ist. In diesem Sinne kann er nun sagen, daß die Wirklichkeit vom Denken völlig abhängig ist. Die Wirklichkeit, die aus einem synthetischen überindividuellen Denken hervorgeht, soll ein- für allemal als Gegenständlichkeit bezeichnet werden. Dann wird der Transzendentalphilosophie nachzuweisen sein, daß sie Wirklichkeit (im weiteren Sinne) und Gegenständlichkeit verwechseln. Sie tut es, indem sie die Gegenständlichkeit (das Denksein, die Bewußtseinswelt) für die ganze Wirklichkeit ausgibt. Indem der Logizismus die Gegenständlichkeit aus ihren transzendentalen Bedingungen, aus den Erkenntnisvoraussetzungen hervorgehen läßt, möchte er uns glauben machen, daß er damit die Wirklichkeit überhaupt ermöglicht habe und will uns ausreden, daß die Wirklichkeit außer ihrer gegenständlichen noch andere Seiten habe. Er macht aus dem logischen Vorgehen der Erkenntnisgründe vor der erkannten Gegenständlichkeit ein tatsächliches Hervorgehen der ganzen Wirklichkeit aus dem überindividuellen Bewußtsein überhaupt, das damit zu einem weltschöpferischen, göttlichen Bewußtsein wird. Soweit der Transzendentalphilosoph oder Idealist oder Logizist noch ein Bewußtsein hat von der Wirklichkeit sucht er zur Erhärtung seiner Behauptungen alles eigentümlich Wirkliche in die Gegenständlichkeit hineinzupraktizieren. So wie die herakleitische Kontinuierlichkeit des Wirklichen nicht eliminiert, sondern auf die Seite des objektiven Denkens geschlagen, wo sie ebenso subjektunabhängig ist und obendrein als logische Kontinuität begreiflich wurde. Die Erkenntnisgrundlagen sind nicht so sehr die Grundlagen der "gegenständlichen Wirklichkeit" (in diesem Terminus läßt man die beiden Bedeutungen gern zusammenfallen) als vielmehr nur der vergegenständlichten Wirklichkeit, womit die vergessene Voraussetzung wieder in Erinnerung gebracht wird, daß es ursprünglich nur ein Versuch war, ein methodischer Griff, wenn die Wirklichkeit lediglich als Gegenständlichkeit betrachtet wurde. Man hat nicht den Eindruck, als ob der Logizismus unser Problem gelöst hätte; denn mit der Wirklichkeit (in einem weiteren Sinn), mit der transzendenten Realität fällt zugleich das Erkenntnisproblem. Das Ding-ansich ist der kritische Grundbegriff par excellence. Und von ihm aus erst kann man sich der Erkenntnis des Gegenstandes zuwenden. Damit stehen wir jedoch schon in der Metaphysik der Erkenntnis von NICOLAI HARTMANN. ![]() |