Wahrnehmung
Goswin K. Uphues - Wahrnehmung und Empfindung
  p-2siehe auch Empfindung, Bewußtsein, Gefühl, Erfahrung, Realität, Interesse, Urteil, Denken, Logik
 
  001 Identifizierungen engen die Wahrnehmungsfähigkeit ein.

002 Jede Wahrnehmung findet in einer Atmosphäre von Allgemeinheit statt.

003 Die enge Pforte der Sinne läßt nur einen verschwindend kleinen Teil der Wirklichkeit passieren.

004 Der naive Realismus meint, daß die Dinge so sind, wie wir sie wahrnehmen.

005 "Die Systemumwelt läßt sich in gewissem Maß dadurch vereinfachen und immobilisieren, daß bestimmte Formen der Erlebnisverarbeitung (Wahrnehmungsgewohnheiten, Wirklichkeitsdeutungen, Werte) institutionalisiert werden. Eine Vielzahl von Systemen wird an gleiche oder korrespondierende Auffassungen gebunden, so daß dadurch die Unendlichkeit ansich möglicher Verhaltensweisen reduziert und die Komplementarität des Erwartens sichergestellt wird." - Niklas Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität, Ffm 1973, Seite 183

006 "Wenn ich sehe, wie alle Welt im praktischen Leben wie in der Wissenschaft tatsächlich dasselbe Vertrauen auf die Wahrnehmung hegt, so kann ich nur eine wunderliche Verirrung eines lebens- und wirklichkeitsfremden Grübelns darin sehen, daß man sich von diesem festen Ausgangspunkt aller erkenntnistheoretischen Besinnung hinweglocken läßt durch jene Lieblingsargumentation des Idealismus. Je gewaltiger die Wirklichkeit uns packt und durch die Größe und Furchtbarkeit der Ereignisse, die sich in ihr abspielen, im Innersten erschüttert, umso mehr muß es als ein Skandal der Vernunft bezeichnet werden, daß gescheite Menschen ernsthaft daran zweifeln, ob eine vom Menschen unabhängige reale Welt existiert, oder daß sie eine solche geradezu leugnen, ja als "denkunmöglich" bezeichnen." - August Messer, Über Grundfragen der Philosophie der Gegenwart, Kant-Studien, Bd. XX, Berlin 1915, Seite 77

007 Wir nehmen Unterschiede nicht wahr, bevor sie nicht eine gewisse Größe überschritten haben.

008 "Es besteht, was die Wahrnehmungsvorgänge betrifft, zwischen Empfindungen und unwillkürlich auftretenden Phantasmen keinerlei wesentlicher Unterschied. - Hans Cornelius, Versuch einer Theorie über die Existentialurteile, München 1894, Seite 12

009 "Es gar nicht richtig ist, wenn ich behaupte, eine Person gesehen zu haben. Das ist nämlich gar nicht möglich. Zunächst kann das, was ich gesehen habe, unmöglich die ganze Person sein, da ich überhaupt nur die mir zugewandte Seite derselben erblicken konnte. Weiter lehrt mich die Physiologie der Sinnesorgane, daß ich auch von diesem möglichen Gesichtsfeld wirklich nur einen Teil und diesen nur an einer Stelle, deren Bild auf den gelben Fleck der Netzhaut zu liegen kam, deutlich gesehen habe. Das ganze Innere des Menschen, d. h. seinen anatomischen Bau wie auch sein psychisches Innenleben habe ich überhaupt gar nicht gesehen, weil man so etwas überhaupt nicht sehen kann. Das ist aber gerade dasjenige, worauf das Wesen des Menschen beruth; das andere kann er auch mit leblosen Gegenständen, wie etwa seinem Bild, gemein haben. Somit habe ich von dem für die Erkennung des Menschen eigentlich in Betracht kommenden Charakteristischen nichts gesehen. Ja noch mehr! Ich habe auch keinen Körper überhaupt gesehen und kann gar nie einen zu Gesicht bekommen. Denn das, was ich gesehen habe, waren ja nur einige Gesichtsempfindungen. Daß diesen auf gewisse Tastempfindungen entsprochen hätten, war lediglich meine Hypothese und keine beobachtete Tatsache. Nehmen wir aber den Fall an, es wäre der Körper auch getastet worden. Ist uns dann seine Existenz verbürgt? Mitnichten, denn da ändert sich ja nur soviel an der Sachlage, daß uns außer einigen Gesichtsempfindungen noch einige Tastempfindungen gegeben sind. Beides sind aber unsere Empfindungen, von dem Körper als einem uns fremden Gegenstand ist uns nichts gegeben." - Hans Kleinpeter, Die Erkenntnistheorie der Naturforschung der Gegenwart, Leipzig 1905

010 Die Geister werden nicht mit dem leiblichen, sondern mit dem geistigen Auge gesehen.

011 Es gibt keine uninterpretierten Tatsachen.

012 "Die psychischen Erlebnisse selbst kann man ja nicht definieren. Aber wir wissen, was wir etwa unter dem Empfindungsinhalt  gelb  und  blau  verstehen. Wir denken, wenn wir diese Worte hören, ganz bestimmte Gegenstände. Und hören wir nun die Definition, so wird unser Wissen dahin erweitert, daß wir etwas über die Bedingungen erfahren, unter denen wir einmal den Empfindungsinhalt  blau,  ein andermal den Empfindungsinhalt  gelb  haben. Von diesen  Gegenständen  wird in der Definition etwas ausgesagt. Hört dagegen ein Blinder die gleiche Definition, der ja nicht weiß, was wir mit den Worten  blau  und  gelb  meinen, so weiß er lediglich, daß ein Empfindungsinhalt  blau  oder  gelb genannt  wird, den die mit normalem Sehorgan ausgestatteten Menschen dann haben, wenn Ätherschwingungen in bestimmter Anzahl in einer Zeiteinheit die Netzhaut treffen. Nicht dagegen wird für ihn etwas von den   Gegenständen  blau  und  gelb  ausgesagt. Da die Worte für ihn die Gegenstände, die wir durch sie bezeichnen, nicht fassen, so erhält er auch in der Definition nur ein Wissen von  Worten Sie vermittelt ihm lediglich eine Benennung." - Max Salomon, Das Problem der Rechtsbegriffe, Heidelberg 1907, Seite 17

013 Unser Erkenntnisapparat ist nur sehr schlecht auf Erkenntnis ausgerichtet.

014 Aus einem Labyrinth von Sinnesdaten wählen wir willkürlich bestimmte Gruppen aus und ordnen ihnen Begriffe zu.

015 "Daß dieser Anzug zum Bekleiden hier liegt, das nehme ich nicht wahr. Diesen Sinn lege ich dem in bestimmter Weise geschnittenen und genähten Stoff bei. Oder: Die Uhrzeit ist an der Wahrnehmungsgrundlage der Uhrgestalt selbst nicht ablesbar, sondern nur auf Grund eines den jeweiligen Konstellationen ihrer Zeiger ihr einlegbaren Sinnes. Kurz: Wir erfassen die Gegenstände in ihrer Funktion, sie haben für uns eine Bedeutung, sie sind uns als  Sinneinheiten  gegeben, nicht als Summe von Einzeltatsachen. Sinnganze sind die Bezugspole der Intentionalität. Dabei ist es für jedermann ersichtlich, daß einem Gegenstand nicht nur  eine  Sinnauslegung zukommt. Der Gehstock kann in bedrohter Lage den Sinn  Waffe  erhalten; der Nußbaum vor meinem Haus kann heute die Bedeutung Fruchtbringer, morgen die eines Schutzes gegen Sonne und Regen, ein andermal die von Bauholz oder Brennmaterial haben. Diese verschiedenen Sinngebungen haben zwar im Sosein der Dinge ihre Grundlage und auch ihre Grenze, sind aber aus der aktuellen Wahrnehmungsgrundlage nicht ableitbar. Es ist die Intentionalität des Bewußtseins, die diesen Überstieg von der reinen Tatsächlichkeit in die Dimension des Sinnes ermöglicht." - Ludwig J. Pongratz, Problemgeschichte der Psychologie, Bern/München 1984, Seite 125

016 Wahrnehmen ist nichts anderes, als die Ähnlichkeiten entdecken.

017 Wir brauchen unsere Einbildungskraft für unsere Wahrnehmung. (Gestalt)

018 "Impuls, willkürliche Bewegung, Druck, Widerstand, Hemmung, Eintreten des Nichterwarteten, Versagen des Gewollten, Verdrängbarkeit des Widrigen, Nichteintreten des Erwarteten bilden überall gleichsam die Innenseite des Zusammenhangs unserer Wahrnehmungen, Vorstellungen und Denkvorgänge. In dem Maße, in welchem diese inneren Bestandteile sich summieren, ineinander wirken, übereinander greifen wächst der Charakter von Wirklichkeit, welche die Bilder für uns haben. Sie wird zu einer Gewalt, die uns ganz umfängt, ein Netz, dessen Maschen nichts durchlassen, dem nichts sich entzieht. Impuls, Druck, Widerstand sind nun gleichsam die festen Bestandteile, welche allen äußeren Objekten ihre Solidität mitteilen. Wille, Kampf, Arbeit, Bedürfnis, Befriedigung sind die immer wiederkehrenden kernhaften Elemente, welche das Gerüst des geistigen Geschehens ausmachen. Hier ist das Leben selber. Es ist beständig sein eigener Beweis." - Wilhelm Dilthey, Beiträge zur Lösung der Frage vom Ursprung unseres Glaubens an die Realität der Außenwelt und seinem Recht, Sitzungsberichte der königlich-preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Jhg. 1890, zweiter Halbband, Berlin 1890, Seite 1017

019 Bewußtwerden ist vor allem an die Wahrnehmung geknüpft.

020 Wahrnehmung setzt sich aus verschiedenen Sinnen zusammen, die zum Teil gleichzeitig wahrgenommen werden.

021 Die Initiation besteht darin, den Wahrnehmenden sehen zu lehren.

022 Die Farbe ist keine Eigenschaft des Gegenstandes.

023 Die Wahrnehmung wird vom Bewußtseinsapparat beeinflußt.

024 Die Sprache beeinflußt die Wahrnehmung.

025 Das Interesse lenkt die Aufmerksamkeit.

026 Wahrnehmung unterscheidet sich von sinnlicher Gewißheit, daß Allgemeinheit ihr Prinzip ist.

027 Das einfachste Beobachten ist denkstilbedingt.

028 Unter dem Mikroskop gibt es keine absolut gerade Linie.

029 Im Denken nehmen wir die Ordnung unserer Wahrnehmung vor.

030 Nur das ist wirklich, was wir mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen können.

031 Die Regelmäßigkeit der Wahrnehmung wird als Erfahrung kapitalisiert.

032 "Alles Sichtbare haftet am Unsichtbaren, das Hörbare am Unhörbaren, das Fühlbare am Unfühlbaren: Vielleicht das Denkbare am Undenkbaren." - Novalis, ohne weitere Quelle

033 Lange wurden die Ideen als quasi Kopien der Sinneswahrnehmung aufgefaßt und nicht als logische Gedanken.

034 "Lerne das Feine vom Groben zu unterscheiden." - Hermes Trismegistos, ohne weitere Quelle

035 Die Grenzen eines Objekts wahrnehmen und es klar und deutlich sehen, das ist ein und dasselbe.

036 Ein einzelnes Erlebnis für sich ist unzerlegbar.

037 "Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, erschiene den Menschen alles, wie es ist: unendlich." - William Blake, ohne weitere Quelle

038 Die schlichte Wahrnehmung schließt bereits ein Begreifen ein.

039 Es besteht immer die Gefahr, daß der Gegenstand unserer Wahrnehmung von der erhofften oder gefürchteten Erwartungshaltung unseres Willens verdrängt wird.

040 "Verschiedene Dinge gibt es erst durch den Geistesakt, der den Eindruck spaltet." - Vgl. Ludwig Klages, Der Geist als Widersacher der Seele, Bonn 1981, Seite 656

041 Wahrgenommen wird nur Gegenwärtiges.

042 Unsere Wahrnehmung kann sich nur auf begrenzte Zeitintervalle erstrecken und nicht darüber hinaus.

043 "Das Wahrnehmungsding ist die Schlacke, welche die Wirklichkeit nach stattgehabter Ablösung des Geschehens zurückläßt." -Klag1:688(

044 Ohne Einbildung ist keine Wahrnehmungstätigkeit möglich.

045 Die Farbe "blau" läßt keine Beschreibung zu, dasselbe gilt von allen anderen Farben.

046 In der Welt gibt es mehr Dinge, als Beobachtungen.

047 Unsere menschliche Wahrnehmung arbeitet allenfalls in einer Zone mittlerer Abmessung.

048 Bewegung ist etwas Relatives und kann nur in Relation auf einen Bezugspunkt wahrgenommen werden.

049 Überall, wo nicht reine Empfindung ist, wird geurteilt.

050 Die Wahrnehmung wird durch Zwecke geleitet.

051 In der Wahrnehmung wird die chaotische Vielfalt der Reize zu sinnvollen Eindrücken verarbeitet.

052 Die Sprache gliedert sich in einzelne Zeichen, mit denen wir die wahrgenommene Wirklichkeit organisieren.

053 Wir müssen das Problem der Weltbeschaffenheit im Hinblick auf unseren wahrnehmenden seelischen Apparat betrachten.

054 Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Inhalte menschlicher Wahrnehmung: Gegenstände und Beziehungen.

055 Die Anerkennung unserer zwischenmenschlichen Wahrnehmungen, also die Annahme und Bestätigung unserer Beziehungsdefinitionen durch unsere Partner, ist von grundlegender Bedeutung für unsere geistige Gesundheit.

056 Menschen, die nahe bei einem Wasserfall wohnen, hören ihn schließlich nicht mehr.

057 "Nur scheinbar hat ein Ding Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome und den leeren Raum." - Demokrit in Hermann Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, Berlin 1903, Nr. 125(

058 Wir gewöhnen uns an Geräusche und Empfindungen und hören auf, unsere Aufmerksamkeit darauf zu richten.

059 Immer dasselbe empfinden ist das Gleiche, wie gar nichts empfinden.

060 Es gibt keine unbefleckte Wahrnehmung.

061 Wir nehmen die Dinge nicht einfach wahr, sondern benützen unseren Denkapparat, um sie zu interpretieren.

062 Entscheidung und Sicht hängen unzertrennbar miteinander zusammen.

063 Yoga ist die Aufhebung des Gewahrwerdens zugunsten des Innewerdens.

064 In der Sprache objektivieren wir unsere Sinneswahrnehmung.

065 "Isolierte Materieteilchen sind Abstraktionen, ihre Eigenschaften sind nur durch ihr Zusammenwirken mit anderen Systemen definierbar und wahrnehmbar." - Niels Bohr, ohne weitere Quelle

066 Es gibt keine Farben und Töne sondern nur Farbsehende und Tonhörende.

067 Eine Wahrnehmung existiert nur solange, solange sie wahrgenommen wird.

068 Wahrnehmungen sind auf Verhältnisse nicht auf Gesondertes bezogen.

069 Nur was an der Sonne augenhaft ist, kann das Auge sehen, das Sonnenhafte bleibt unsichtbar.

070 Die Idee acht, die Idee rot, die Idee leben, etc.

071 Hypnose als Beispiel der Manipulation von Wahrnehmung durch Sprache.

072 Alle Sinneswahrnehmungen sind durchsetzt mit Werturteilen.

073 Es gibt nichts Sichtbares und Fühlbares überhaupt, weil es kein Sehen oder Fühlen überhaupt gibt.

074 Wir dürfen nicht glauben, daß die Unterschiede, welche unsere Wahrnehmung macht, auch für andere Lebewesen zutreffen.

075 Die hypnotische Trance als Zustand eingeschränkter Wahrnehmung.

076 Die Wahrnehmungsorgane funktionieren, indem sie bereitgestellte Information reduzieren.

077 Wahrnehmen, Fühlen und Denken sind nur auf theoretischer Ebene voneinander getrennt.

078 Allein schon der Akt der Beobachtung beeinflußt die Erscheinung.

079 Unsere Wahrnehmungen erfolgen über die Vermittlung eines konzeptuellen Schemas und sind vorgeordnet. Wir sind auf Wahrnehmungstypen, wie etwa Gegenstände, Formen oder Farben eingestellt.

080 Tiere nehmen Zeichnungen nicht wahr.

081 Wir können von der Materie nicht mehr Eigenschaften wahrnehmen, als wir Sinne haben.

082 "Unsere Sinne haben enge Wahrnehmungsgrenzen, so daß wir ständig Instrumente wie Mikroskope, Teleskope, Tachometer, Stethoskope und Seismographen benützen müssen, um die Vorgänge zu entdecken und aufzuzeichnen, die unsere Sinne nicht unmittelbar wahrnehmen können. Es ist deshalb absurd zu glauben, daß wir jemals etwas wahrnehmen, wie es wirklich ist." - Samuel I. Hayakawa, Sprache im Denken und Handeln, Darmstadt 1984, Seite 238

083 Das Strukturlose ist nur schwer konkret wahrnehmbar, ebensowenig, wie man sich einen Begriff davon bilden kann.

084 "Die Theorie bestimmt, was beobachtet werden kann." - Albert Einstein / Pierre Duhem / Werner Heisenberg

085 Unsere Wahrnehmung ist in hohem Maß eine Funktion der sprachlichen Kategorien, die dem Wahrnehmenden zur Verfügung stehen.

086 Eine Methode jemanden in den Wahnsinn zu treiben ist es, sein Vertrauen zu seinen eigenen emotionalen Reaktionen und seiner Wahrnehmung der Realität zu unterminieren.

087 Unsere Sprachgewohnheiten produzieren Wahrnehmungen.

088 Wir neigen dazu, Dinge zu beobachten, deren Namen wir ohne weiteres kennen und alles andere zu übersehen. Wir sehen mit unseren Kategorien.

089 Kinder zeichnen die Dinge nicht so wie sie sie sehen, sondern wie sie sie denken.

090 Unsere Wahrnehmung ist nicht nur ein Abbilden von Sinnesreizen, sondern zugleich immer auch Wahrnehmung einer Bedeutung.

091 Was nicht erlebt wird, wird nur erschlossen.

092 Nicht wahrnehmbare Gegenstände sind allenfalls eine logische Größe.

093 Unsere Wahrnehmung ist eine Interpretation von Empfindungsdaten.

094 Jedes Seiende hat sich durch eine Wahrnehmung zu legitimieren.

095 Die Wahrnehmung ist nichts wirkliches, sondern Erzeugnis unseres verarbeitenden Verstandes.

096 Esse est percipi (Sein bedeutet wahrgenommen werden.)

097 Die sinnliche Wahrnehmung verschafft keine Erkenntnis eines Gesetzes, das tut nur der ordnende Verstand.

098 Relationen werden nicht wahrgenommen.

099 Was in der Wahrnehmung gegeben ist sind Sensa. Sensa aber sind stumm und wir können keinen größeren Fehler begehen, als sie mit Wahrnehmung oder Denken zu verwechseln.

100 In der Wahrnehmung operieren wir mit einer nützlichen und praktischen Perspektive, die in Wirklichkeit gar nicht existiert.

101 Die Wahrnehmung ist Teil des Verstandes.

102 Kant identifiziert die Wahrnehmung mit der Sinnesempfindung.

103 Die Zeit kann nicht wahrgenommen werden.

104 Ihr seht, was wir sehen wollt und seid blind für das, was ihr nicht sehen wollt.

105 Die Zeit ist notwendige Form aller unserer Anschauung.

106 Die Sinne funktionieren nur innerhalb eines genau festgelegten, begrenzten Bereichs.

107 Der Zustand eines Dings muß einen gewissen Grad der Größe erreicht haben, um für unsere Sinne überhaupt wahrnehmbar zu sein.

108 Ein Gesetz kann niemals direkt wahrgenommen werden.

109 Der Zusammenhang von Ursache und Wirkung ist kein Gegenstand der Wahrnehmung.

110 Wir meinen die Dinge unmittelbar da wahrzunehmen, wo sie sind, während sich der Vorgang nur im Gehirn abspielt.

111 Jede Wahrnehmung zerfällt in Subjekt und Objekt.

112 Die Anschauung als vorbegriffliche Wahrnehmung. Die Anschauung erkennt den Gegenstand in seiner Einzigkeit.

113 Die sinnliche Empfindung zeigt uns den Gegenstand in seiner Unmittelbarkeit, die Wahrnehmung erfasst den Zusammenhang der Dinge.

114 Eine Wirkung der Außenwelt auf meine Sinne existiert nicht, solange das Bewußtsein nicht durch das Überschreiten der Reizschwelle geweckt worden ist.

115 Wir nehmen nur Qualitäten wahr, nicht Substanzen.

116 Wir könnten die Begriffe nicht anwenden, würden wir nicht ähnliche Wahrnehmungen für gleiche halten.

117 Daß das, was ich sehe z.B. ein Tisch ist, kann niemals vollständig durch die Definition wie ein Tisch aussieht und durch die Angabe seiner wahrnehmbaren Eigenschaften gerechtfertigt werden.

118 Die Farbe eines Gegenstandes ist eine optische Deutung.

119 Der Sehakt ist im tiefsten Sinne mental.

120 Wir müssen eine genaue Trennungslinie zwischen dem Wahrgenommenen und dem rein Gefolgerten ziehen.

121 Der sogenannt materielle Gegenstand und seine durch das Bewußtsein vollzogene Aufzeichnung sind rein geistige Konstruktionen. Die Konformität des Konstruierten mit dem Gegenstand ist reine Vermutung.

122 Wahrnehmung ist kein Beweis für Realität.

123 Zahlen sind keine Wahrnehmungen.

124 Die Zeit ist die wichtigste Bedingung aller Wahrnehmung. Ohne Zeit gibt es nichts Bleibendes, gibt es kein Sein, sondern nur ein Werden.

125 Farbe ist ein Produkt des Lichts.

126 Die Wahrnehmung ist eine Interpretation des sinnlich Gegebenen.

127 "Theorieimprägniertheit der Beobachtungsdaten" Robert C. Hanson in Ernst Topitsch (Hrsg), Logik der Sozialwissenschaften, Königstein/Ts. 1984, Seite 426

128 Partikel- und wellenartige Wahrnehmungsformen der Quantentheorie.

129 Was wir sehen, hängt davon ab, wie wir sehen.

130 Es gibt kein unvermitteltes Wissen. Die einfachste Perzeption ist kategorial vorgeformt. Beobachtungen sind immer schon Interpretationen.

131 Das menschliche Auge ist selbsttranszendent. Seine Fähigkeit, die Umwelt wahrzunehmen, ist unabdingbar davon abhängig, daß es nicht fähig ist, sich selbst wahrzunehmen.

132 "Der Allgemeinheitsgrad deskriptiven Gehalts von Wahrnehmungsurteilen schießt weit über die Besonderheit des jeweils Wahrgenommenen hypothetisch hinaus, weil wir immer schon unter dem seelischen Zwang zur Stabilisierung von Handlungserfolgen Erfahrungen gemacht und Bedeutungen artikuliert haben." - Jürgen Habermas in Adorno / Dahrendorf / Pilot u.a., Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, Ffm 1989, Seite 178

133 Gleichgültigkeit ist zugleich eine Immoralität.

134 Die "Brillen" unserer Denk- und Anschauungsformen, wie Kausalität, Substantialität, Raum und Zeit sind Funktionen unserer neurosensorische Organisation.

135 Die Farbqualitäten sind Produkte unseres Wahrnehmungsapparates und keine dem Licht anhaftenden physikalischen Eigenschaften.

136 "Alle Konstanzleistungen wie Farb-, Größen-, Richtungs- und Formkonstanz sind insofern abstrahierend, als sie die akzidentielle Form und Art der Reizdaten aus dem Vorgang des Wissensgewinns ausscheiden, sie sind nur insofern objektivierend, als sie Eigenschaften, die den Gegenständen konstant anhaften, unabhängig von den zufällig obwaltenden Wahrnehmungsbedingungen ist stets gleicher Weise vermelden. Das Vermögen Essentielles von Akzidentiellen zu trennen, beruth auf Sinnes- und Nervenvorgängen, die unserer Selbstbeobachtung und rationalen Kontrolle unzugänglich sind, aber funktionell vernunftmäßigen Berechnungen und Schlüssen durchaus gleichen. Man nennt derartige unbewußte Verrechnungsvorgänge mit Brunswick ratiomorph." - Konrad Lorenz, Die Rückseite des Spiegels, München 1981, Seite 206

137 Die Natur der Aufmerksamkeit, die wesentlich darin besteht, die physische Tätigkeit so weit wie möglich stillzulegen.

138 Wir befinden uns ständig in einem gewissen Zustand der Zerstreutheit, der die Aufmerksamkeit den Geist, in dem sie ihn auf eine kleine Anzahl von Objekten konzentriert, von einer größeren Anzahl anderer ablenkt.

139 Absolute Gewißheit ist für die Sinneswahrnehmung unerreichbar.

140 Über die Schatten unserer Sinnlichkeit hinaus werden wir auf Vermutungen geführt.

141 Die Täuschung liegt nicht in der Empfindung, sondern in der Wahrnehmung, die ein Urteil ist.

142 "Nicht also, weil es ein Gesehenes ist, wird es gesehen, sondern im Gegenteil, weil es gesehen wird, ist es ein Gesehenes; nicht weil es ein Geführtes ist, wird es geführt, sondern weil es geführt wird, ist es ein Geführtes; und nicht weil es ein Getragenes ist, wird es getragen, sondern weil es getragen wird, ist es ein Getragenes." - Sokrates in Platon, Sämtliche Werke Bd. 4, Reinbek 1980, Seite 88

143 Alles Gute und Schlechte beruth auf der Wahrnehmung.

144 Die Erkenntnis beginnt nicht mit Wahrnehmungen, sondern mit Problemen.

145 Das Sensible aufgehoben hebt die Wahrnehmung mit auf, aber die Wahrnehmung nicht das Sensible.

146 "Da aller objektiven Wahrnehmung unvermeidlich Subjektivität beigemischt ist, so kann man, schon unabhängig von der Sprache, jede Individualität als einen eigenen Standpunkt der Weltansicht betrachten." - Wilhelm von Humboldt, Schriften zur Sprache, Stuttgart 1985, Seite 53

147 Beobachtungsbegriffe sind nicht nur theoretisch geladen, sondern zur Gänze theoretisch.

148 Aristoteles war überzeugt, daß die Wahrnehmung nur Qualitäten liefere.

149 Farben sind nicht die Eigenschaften von Gegenständen, sondern Qualitäten des Lichts.

150 Es ist logisch unmöglich Wahrnehmung aus der Sinnesempfindung abzuleiten.

151 Die Objektivierung als wissenschaftliche Wahrnehmungsschwelle.

152 Wirklich ist das, worauf man seine Aufmerksamkeit richtet.

153 "Gegenstandsfarben sind nichts anderes, als die Fähigkeit diese oder jene Strahlenart stärker zurückzuwerfen, als die übrigen; als Eigenschaft der Strahlen sind sie nichts anderes, als deren Fähigkeit, diese oder jene Bewegung ins Sinnesorgan zu übertragen und dort sind sie Empfindungen dieser Bewegungen unter der Form von Farben." - Isaac Newton, Optics, New York 1952, Seite 125

154 Das grüne Blatt ist nicht für sich oder an sich grün, sondern nur für unser Auge.

155 Das Sehen findet nicht im Auge statt, sondern im Gehirn.

156 Die Wahrnehmung ist kein Sehen, sondern ein Schließen.

157 Makroskopisch betrachtet mögen die materiellen Objekte um uns herum passiv und unbeweglich erscheinen.

158 Die grundlegenden Strukturen der materiellen Welt sind letztlich durch die Art und Weise bestimmt, wie wir die Welt sehen. Die Strukturen der Materie sind Spiegelungen der Struktur unseres Bewußtseins.

159 Jede Wahrnehmung einer Struktur ist im Grunde die Wahrnehmung einer Ordnung.

160 Die Modifizierung sinnlicher Empfindung durch vergangenen Erfahrungen, Erwartungen und Zielsetzungen erfolgt durch Interpretation an den "Pforten der Wahrnehmung".

161 Der kartesianischen Vorstellung entsprechend schaffen unsere Sinne eine Art inneres Bild, das eine getreue Nachbildung der Wirklichkeit sein soll.

162 Jedes Erlebnis ist irrational.

163 Der Gestalttheorie nimmt der Mensch die Dinge nicht als zusammenhanglose und isolierte Elemente wahr, sondern ordnet sie während des Wahrnehmungsvorganges in ein sinnvolles Ganzes ein.

164 "Je dunkler die Sinne sind, desto mehr fließen sie ineinander; und je ungeübter, je weniger man noch gelernt hat, einen ohne den anderen zu brauchen, mit Adresse und Deutlichkeit zu brauchen, desto dunkler." - Johann Gottlieb Herder, Sprachphilosophie, Hamburg 1960, Seite 40

165 "Das Sehen ist der kälteste Sinn." - Johann Gottlieb Herder, Sprachphilosophie, Hamburg 1960, Seite 40

166 Alles, was wir wahrnehmen ist uns stets nur als Phänomen unseres Bewußtseins und als Zustand unseres Geistes gegeben.

167 Was für Farbe und Geschmack gilt, gilt auch von Ausdehnung und Festigkeit und es gilt auch von der Substanz: Alles existiert nur im wahrnehmenden Geist, außer uns sind sie nichts. Ein Ding ist weiter gar nichts, als eine konstante Summe von Empfindungen im Bewußtsein.

168 "Die dreidimensionale Welt das perspektivischen Raumes ist es nämlich, die tatsächlich eine abstrakte Illusion darstellt; eine Illusion, die auf der scharfen Trennung das Gesichtssinns von den anderen Sinnen beruth." - Marshall McLuhan, Das Ende des Buchzeitalters, Düsseldorf/Wien 1968, Seite 63

169 Das, was wir die Außenwelt nennen, ist in Wirklichkeit das Ergebnis eines komplexen psychologischen Prozesses.

170 Die absichtliche Aufmerksamkeit ändert und verscheucht den unwillkürlichen und unbeobachteten seelischen Vorgang.

171 Nur die Fixierung einer bestimmten Bewußtseinslage durch die Aufmerksamkeit ruft den Schein der Dauer psychischer Zustände hervor.

172 Gibt es keine Gesetzmäßigkeiten, so gibt es keine Beobachtung und keine Sprache, keine Beschreibungen und insbesondere keine Argumente.

173 Naturgesetze sind aus Beobachtungssätzen logisch nicht ableitbar. (Induktionsproblem)

174 Die Heisenbergsche Unschärferelation besagt, daß die Genauigkeit unserer Messungen unüberschreitbare Grenzen hat.

175 "Allgemein gesprochen setzt Ähnlichkeit - und somit auch Wiederholung - stets die Einnahme eines Standpunkts voraus: Manche Ähnlichkeiten werden uns auffallen, wenn wir uns für ein bestimmtes Problem interessieren, andere, wenn wir uns für ein anderes Problem interessieren." - Karl Popper, Logik der Forschung, Tübingen 1989, Seite 375

176 Das Ding ansich ist unerkennbar. Wir können nur seine Erscheinungen erkennen. Ein und dasselbe Ding kann uns in verschiedenen Formen erscheinen, je nach den verschiedenen Weisen es zu perzipieren.

177 Die Wirklichkeit existiert nur als das, als was sie dem Bewußtsein gegeben ist.

178 Die Wahrnehmung ist nicht direkt, sondern schon vermittelt.

179 Was nicht in die Subjekt-Objekt-Spaltung eingeht ist für uns, als ob es nicht wäre.

180 Was nicht körperlich ist, können wir auch nicht mit den Augen sehen.

181 Der Standpunkt das natürlichen Bewußtseins ist ursprünglich der eines völlig hingegebenen Vertrauens an die äußere Wahrnehmung und das innere Erleben als zuverlässige Führerin im täglichen praktischen Leben.

182 Der Gegenstand als Objekt der Sinne richtet sich nach der Beschaffenheit unseres Anschauungsvermögens.

183 "Was es für eine Bewandtnis mit den Gegenständen ansich und abgesondert von aller dieser Rezeptivität unserer Sinnlichkeit haben mögen, bleibt uns gänzlich unbekannt. Wir kennen nichts, als unsere Art, sie wahrzunehmen, die uns eigentümlich ist, die auch nicht notwendig jedem Wesen, ob zwar jedem Menschen, zukommen muß. Mit dieser haben wir es lediglich zu tun." - Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Stuttgart 1982, Seite 106f

184 Erfahrung ist Erkenntnis durch verknüpfte Wahrnehmung.

185 "Wahrnehmungen sind mit Empfindung begleitete Vorstellungen." - Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Stuttgart 1982, Seite 188

186 Der Glaube an die Untäuschbarkeit der inneren Wahrnehmung ist eine Illusion.

187 Alle Veränderungen setzen etwas Beharrliches in der Anschauung voraus. Im inneren Sinn aber gibt es keine beharrliche Anschauung.

188 Das gesamte Feld der Wahrnehmungstäuschungen hat seine Lage zwischen dem Denken und der Empfindung.

189 "Man macht einen Unterschied zwischen dem, was unmittelbar erkannt, und dem, was nur geschlossen wird. Weil wir des Schließens beständig bedürfen und es dadurch endlich ganz gewohnt werden, so bemerken wir zuletzt diesen Unterschied nicht mehr." - Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Stuttgart 1982, Seite 384

190 Wahrnehmung arbeitet nur mit Unterschieden. Alle Wahrnehmung von Unterschieden ist von Wahrnehmungsschwellen begrenzt. Unterschiede, die zu klein sind oder zu langsam, können nicht wahrgenommen werden.

191 Unsere Gehirne machen die Bilder, die wir wahrzunehmen glauben.

192 Kein Beobachtungssystem kann sich selbst beim Beobachten beobachten.

193 Allein schon der Wahrnehmungsprozess ist ein Akt logischer Typisierung. Jedes Bild ist ein vielschichtiger Komplex der Kodierung und der Abbildung.

194 Wir können den Gang der Natur nicht beobachten, ohne ihn zu verändern. Beobachtung bedeutet einen Eingriff in das Beobachtete. Beobachtung verändert die Wirklichkeit.

195 Die Anschauung, daß unsere Sinne unmittelbar Objekte wahrnehmen, ist eine Idee, die uns die Wirklichkeit verschleiert.

196 "Der Zusammenhang der Wahrnehmungswelt löst sich, um in einer anderen Dimension in einer neuen Weise, weil unter einer neuen gedanklichen Form, wieder zu entstehen." - Ernst Cassirer in Hans-Ludwig Ollig (Hrsg), Neukantianismus, Stuttgart 1982, Seite 157

197 Die Wahrnehmung ist bereits ein Urteil.

198 "Jeder Wahrnehmung ist von Anfang an ein Urteil beigemischt. Die Sinnesorgane selbst schon prägen das Material als würden wir mit einem Netz fischen, dessen Maschen eine bestimmte Größe haben oder als ob wir eine Brille von bestimmter Färbung trügen." -Vgl. Gershon Weiler, Fritz Mauthner - Sprache und Leben, Salzburg / Wien 1986, Seite 15

199 "Was wir Materie nennen, ist ein gewisser gesetzmäßiger Zusammenhang der Zusammenhang der Empfindungen." - Ernst Mach in Gershon Weiler, Fritz Mauthner - Sprache und Leben, Salzburg / Wien 1986, Seite 122

200 "Unsere Empfindungen sind immer schon irgendwie vom Zentralapparat unseres Gehirns bearbeitet, bevor sie uns zu Bewußtsein kommen." - Vgl. Gershon Weiler, Fritz Mauthner - Sprache und Leben, Salzburg / Wien 1986, Seite 122

201 "Wo wir etwas suchen, tun wir es deswegen, weil das Gesuchte für uns einen Wert besitzt. Das völlig Wertfreie zu suchen, kann niemandem einfallen. Das läßt uns gleichgültig, wir kümmern uns nicht darum." - Heinrich Rickert, Grundprobleme der Philosophie, Tübingen 1934, Seite 86

202 "Die Philosophie kann niemand auch nur damit beginnen, daß er das Unmittelbare unmittelbar schaut. Er muß sogleich über das Unmittelbare logisch denken, und sobald er dies tut, nimmt er es nicht mehr als Unmittelbares, sondern als irgendwie begrifflich Geformtes in sein Denken auf. Jede solche Formung aber zerstört die Unmittelbarkeit des Unmittelbaren. Jede Erkenntnis, die wahr sein will, bedarf irgendeiner Vermittlung. Unmittelbare Erkenntnis des Unmittelbaren gibt es nicht. Unser Denken kann sich gewiß auf die Anschauung des unmittelbar Gegebenen stützen, ja es muß das vielleicht mehr oder weniger überall. Aber sobald wir Gedanken davon bilden, gehen wir notwendig über das Unmittelbare hinaus." - Heinrich Rickert, Grundprobleme der Philosophie, Tübingen 1934, Seite 128

203 "Die Welt, die wir uns aus unseren Empfindungen und Wahrnehmungen konstruieren und die wir uns bequemerweise immer so denken, als sei sie an und für sich einfach schlechthin vorhanden, ist also nicht schon durch ihr bloßes Vorhandensein auch wirklich manifest, sondern dazu bedarf es der Gehirnfunktionen." - Erwin Schrödinger, Mein Leben - meine Weltansicht, Zürich 1989, Seite 92

204 Die Kausalbeziehung ist nicht wirklich beobachtbar.

205 "Cassirer resümiert in seiner Arbeit Zur Einsteinschen Relativitätstheorie als nunmehr seine eigene Auffassung, was bereits Hertz, Poincaré und Duhem usw. zutage gefördert haben: daß physikalische Gegenständlichkeit niemals etwas mit dem naiven Dingbegriff der sinnlichen Wahrnehmung zu tun hat; daß Masse, Kraft, Äther, Atom, magnetisches, elektrisches Potential usw. keinen unmittelbaren Zusammenhang zu einzelnen Dingen haben wie Tisch und Raum; daß sie vielmehr theoretische  Setzungen  und  Konstruktionen  darstellen, darauf gerichtet, das Wahrnehmbare in ein Meßbares und damit in einen Gegenstand der Physik zu verwandeln, daß sich selbst die einfachste Messung auf theoretische Voraussetzungen, Prinzipien, Hypothesen, Axiome stützt, die wir als  Postulate  des Denkens  an die Welt herantragen. Und dennoch schien es das unvermeidliche Schicksal der naturwissenschaftlichen Weltbetrachtung zu sein, daß sich jeder neue und fruchtbare Begriff, den sie errang, in einen Dingbegriff verwandelte. Immer wieder glaubte sie, im Substanzdenken befangen, daß Wahrheit und Sinn der physikalischen Größenbegriffe davon abhängen, bestimmten absoluten Wirklichkeiten zu entsprechen." - Kurt Hübner, Cassirers Beitrag zur Philosophie der Physik in Hans-Ludwig Ollig, Materialien zur Neukantianismus-Diskussion, Darmstadt 1987, Seite 268

206 Der Raum und Zeitbegriff ist die Bedingung unserer Erfahrung. Raum und Zeit sind aber nur ein Schema der Verknüpfung, durch welches das sinnlich Wahrgenommene in bestimmte Beziehungen des Neben- und Nacheinander gesetzt werden.

207 Wahrnehmungen verkörpern in sich vollständige Stufen der Rationalität.

208 Wahrnehmungen sind synthetische Leistungen.

209 "Bei jeder Untersuchung und Erweiterung des Wissens sind wir in eine Handlung verwickelt; bei jeder Handlung in eine Wahl und bei jeder Wahl in einen Verlust, den Verlust dessen, was wir nicht getan haben. Wir finden das in den einfachsten Situationen vor. Wir finden es im Wahrnehmungsvermögen, wo die Möglichkeit wahrzunehmen gebunden ist an die Ignorierung vieler Dinge, die gleichzeitig vor sich gehen. Wir finden es auch in der Sprache, wo die Möglichkeit verstehbaren Sprechens nur gegeben ist, wenn man vieles in der Luft, unter den Tonwellen oder ganz allgemein in der Umgebung Vorhandene nicht beachtet. Sinnerfülltheit ist nur dadurch zu erreichen, daß man Dinge außer acht läßt." - J. R. Oppenheimer in Helmut Kreuzer (Hrsg), Die zwei Kulturen, München 1987, Seite 161

210 "Das durchschnittliche menschliche Wesen ist ein naiver Realist, das heißt, er nimmt wie die Tiere seine sinnlichen Eindrücke als unmittelbare Information über die Wirklichkeit, und er ist überzeugt, daß alle menschlichen Wesen diese Information mit ihm teilen. Es ist ihm nicht klar, daß es keinen Weg gibt, festzustellen, ob der Eindruck eines Individuums, beispielsweise von einem grünen Baum, und der eines anderen von diesem Baum der gleiche ist, und daß selbst das Wort gleich hier keinen Sinn hat. Einzelne Sinneswahrnehmungen haben keine objektive, das heißt mitteilbare und beweisbare Bedeutung." - Max Born in Helmut Kreuzer (Hrsg), Die zwei Kulturen, München 1987, Seite 161

211 Zeit, Raum und Bewegung werden nicht anders, als in Bezug auf die Sinne aufgefaßt.

212 Der gesunde Menschenverstand geht davon aus, daß sich alle seine Begriffe letzten Endes auf wirkliche Einzelwesen beziehen oder auf sinnlich wahrnehmbare Größen, die dann als materielle Körper gelten.

213 "... so z.B. daß ich jetzt hier bin, daß ich, mit meinem Winterrock angetan, am Kamin sitze, daß ich dieses Papier mit den Händen betaste und ähnliches; vollends daß die Hände selbst, daß überhaupt mein ganzer Körper da ist, wie könnte man mir das abstreiten? Man müßte mich denn mit ich weiß nicht welchem Wahnsinnigen vergleichen..." - Descartes in Alfred North Whitehead, Prozeß und Realität, Ffm 1987, Seite 151

214 Das naive Wissen beruth auf Wahrnehmung.

215 Es ist jedermanns wirkliche Überzeugung, daß visuelle Sinnes-Wahrnehmungen durch die Augen entstehen.

216 Die passivistische Auffassung der Wahrnehmung als einer Registration des Gegebenen, der Sinnesdaten oder der Tatsachen ist völlig überholt.

217 "Wenn der höhere Organismus bestimmte Tatsachen zur Kenntnis nimmt, dann ist die Kenntnisnahme selbst ein Ereignis komplizierter Deutungsprozesse, bei dem die ganze sensorische Apparatur und das Zentralnervensystem beteiligt sind. Das bedeutet unter anderem, daß wir es schon in der Wahrnehmung mit einer Transzendenz des Gegebenen der sensorischen Daten zu tun haben." - Hans Albert, Kritische Vernunft und menschliche Praxis, Stuttgart 1984, Seite 114

218 "Wir könnten annehmen, daß all unser Wahrnehmen nur ein Traum sei, wenn auch ein in sich höchst konsequenter Traum, in dem sich Vorstellung aus Vorstellung nach festen Gesetzen entwickelt." - Hermann von Helmholtz, Schriften zur Erkenntnistheorie, Berlin 1923, Seite 149

219 Bei außerordentlich sensiblen Personen, die fähig sind, Informationen unterhalb der normalen Wahrnehmungsschwellen wahrzunehmen. Bei den normalen Subjekten bleiben diese Informationen im allgemeinen unbewußt, was jedoch nicht heißt, daß sie nicht existieren.

220 Wahrnehmungen können nicht mit physikalischen Dingen identifiziert werden, weil Wahrnehmungen erst entstehen, nachdem sich zwischen den physikalischen Dingen und dem Organismus und schließlich im Gehirn viele Vorgänge abgespielt haben.

221 Die Subjekt-Objekt-Relation, wie sie in der Wahrnehmung gegeben ist, war ursprünglich der Prototyp, nachdem auch die Struktur das begrifflichen Erkennens gedacht wurde. Diese Analogie behielt solange ihren Sinn, als der Begriffsinhalt in der Sphäre das irgendwie gegenständlich Gegebenen verblieb. Hier ist er aber von Ockham herausgehoben worden. Der Begriff besitzt nur mehr als psychischer Akt Realität, dessen Inhalt nicht mehr als gegeben bezeichnet werden kann und der in keiner Weise mehr Objekt im bisherigen Sinn ist.

222 "Der naive Empirismus versucht das Unmögliche: die Wirklichkeit zu beobachten, ohne vorgefaßte Meinungen, bis sich der Stoff von selbst ordnet und wissenschaftliche Gesetze gebiert. Damit gibt man sich natürlich einer Illusion hin, der man nur dadurch einen Schein von Objektivität gibt, daß man die gleichwohl vorhandenen aprioristischen Ideen sorgfältig zu verbergen sucht; ohne solche wäre man selbstverständlich gar nicht zu "Resultaten" gekommen." - Gunnar Myrdal, Das politische Element in der nationalökonomischen Doktrinbildung, Berlin 1932, Seite 232

223 Das Bestehen von gewissen Verbindungslinien der Sinne, die Sinneswahrnehmungen im Bewußtsein zu ausgewählten Wesenheiten oder Zuständen in der physischen Welt in Beziehung setzen, ist ein auswählender Faktor in unserem Wissen. Diese Auswahl entzieht sich gänzlich unserer gegenwärtigen Kontrolle, aber sie ist durch die Tatsache bedingt, daß das Leben unmöglich wäre ohne einen gewissen Grad von Harmonie zwischen den Ergebnissen der Auswahl und unseren fast verwurzelten Denkformen. Unser auf Wahrnehmung beruhendes Erkennen und Abstrahieren von gewissen Elementen (den permanenten physikalischen Objekten) aus dem Gewebe gegenseitiger Verbindung, welches das physikalische Universum ausmacht, folgt daher mit einer groben Annäherung denselben Linien wie die wissenschaftliche Analyse das physikalischen Universums, die sich auf dieselben eingefleischten Denkformen stützt.

224 Bewegungen werden nicht als solche wahrgenommen, wenn sie zu rasch oder zu langsam erfolgen.

225 Jeder Zustand geht durch unwahrnehmbare Grade in den nächsten über.

226 "Der Begriff des Seins ist ein bloßes Bindeglied von Wahrnehmungen und Gedanken, in welcher Bedeutung er die logische Kopula darstellt." -Vgl. Alois Riehl, Philosophische Studien aus vier Jahrzehnten, Leipzig 1925, Seite 9

227 Die Lehre von den unbewußten Schlüssen besagt, daß unser Wahrnehmen aus dem sinnlich Perzipierten allein nicht zu verstehen ist. Wahrnehmung ist mehr als die Summe der Sinnesempfindungen. Sie erfordert eine Aktivität des Wahrnehmenden. Entfernungen zum Beispiel sehen wir nicht, sondern wir denken, erschließen sie. Der Theorie von unbewußten Schlüssen liegt die Tatsache zugrunde, daß unser wirkliches Wahrnehmen aus dem Bestand der Sinnesempfindungen nicht zu erklären ist. Die Lage der Dinge im Raum, die Dingkonstanz, die Farbkonstanz, der Farbkontrast sind Beispiele für Wahrnehmungen, die in den zugehörigen Empfindungen nur unzureichend repräsentiert sind; von diesen Sinnesdaten aus schließen wir dann unvermerkt und mit großer Geschwindigkeit auf die volle Wahrnehmungsgegebenheit. Diese syllogistische Erklärungsweise beruth jedoch auf der Annahme der kartesianischen Subjekt-Objekt-Schranke. Unsere Gegenstandswahrnehmung wird jedoch durch eine subjektive Aktivität mitkonstituiert; diese aber kommt uns nicht zu Bewußtsein.

228 "Ich sehe nicht Farbempfindungen, sondern gefärbte Dinge, höre nicht Tonempfindungen, sondern das Lied der Sängerin." - Edmund Husserl in Ludwig J. Pongratz, Problemgeschichte der Psychologie; Bern/München 1967, Seite 126

229 Daß dieser Anzug zum Bekleiden daliegt nehme ich nicht wahr. Dem in gewisser Weise zugeschnittenen, bzw. genähten Stoff wird dieser Sinn nur beigelegt. Wir erfassen die Gegenstände meist schon in ihrer Funktion, nicht als Summe von Einzeltatsachen. Damit ist unser Denken schon von vornherein beschränkt und ein Feld zahlreicher Irrtümer eröffnet, weil jedem Gegenstand nicht nur eine Bedeutung zukommt. Der Gehstock kann in bedrohter Lage den Sinn einer Waffe erhalten, der Baum vor meinem Haus kann heute die Bedeutung als Fruchtbringer, morgen die eines Schutzes gegen die Sonne und Regen, ein andermal die von Brennholz haben. Die Bedeutungen sind aus der bloßen Wahrnehmung allein nicht ableitbar. Es ist unser Interesse, das die Verbindung Tatsächlichkeit und Sinn ermöglicht.

230 Das ist der Standpunkt des naiven Realismus: die Welt ist, wie sie wahrgenommen wird.

231 "Jede der Wahrnehmungen, die unsere Erfahrung ausmachen, enthält eine zur Einheit geordnete Mannigfaltigkeit von Empfindungsqualitäten: aber diese Ordnung ist niemals nur zeit-räumlichen Charakters, sondern stets zugleich eine kategoriale; und diese beiden Ordnungen sind nicht etwa nur so miteinander verbunden, daß jede für sich bestehen könnte, sondern sie bilden eine untrennbare Einheit anschaulich-kategorialer und eben nur deshalb gegenständlicher Gestaltung des mannigfachen Inhalts." - Wilhelm Windelband in Werner Flach / Helmut Holzhey (Hrsg), Erkenntnistheorie und Logik im Neukantianismus, Hildesheim 1980, Seite 422

232 Das Wahrnehmungsdatum ist immer Ausdruck einer Beziehung zwischen dem Wahrnehmenden und dem Gegenstand der Wahrnehmung.

233 Was wir "sehen" ist nur ein Teil dessen, was da ist. Die "Realität", die wir sehen, wird durch unsere Sinne abstrahiert. Wenn wir Wörter als Symbole gebrauchen für die Abstraktion, die wir sehen, sind diese die Abstraktion einer Abstraktion. Wenn wir verallgemeinern, und etwa vom "Tisch ansich" sprechen, abstrahieren wir wiederum. Wir müssen uns dieser verschiedenen Abstraktionsebenen immer bewußt sein und den ursprünglichen Tisch nicht aus dem Auge verlieren.

234 "Die mit dem Charakter der Wahrnehmung auftretenden Bewußtseinsakte verlaufen so, als ob die von der realistischen Hypothese angenommene Welt der stofflichen Dinge wirklich bestünde. Aber über dieses als ob kommen wir nicht hinweg, für mehr als eine ausgezeichnet brauchbare und präzise Hypothese können wir die realistische Meinung nicht anerkennen; notwendige Wahrheit dürfen wir ihr nicht zuschreiben, da neben ihr noch andere unwiderlegbare idealistische Hypothesen möglich sind." - Hermann von Helmholtz, Schriften zur Erkenntnistheorie, Berlin 1923, Seite 41

235 "Die Empfindung selber ist etwas durchaus Subjektives, daher dürfen wir aus den Empfindungen der Sinne noch ohne weiteres auf die Gegenstände schließen. Die grüne Farbe ist nicht eine Eigenschaft das Blattes, sondern ist eine Eigentümlichkeit der Empfindung, sondern sie ist eine Eigentümlichkeit der Empfindung, die wir beim Anblick das Blattes verspüren. Ebenso verhält es sich mit den übrigen Sinnen. Nimmt man alle Sinnesempfindungen weg, so bleibt von dem Gegenstande überhaupt gar nichts mehr übrig. Bei John Locke scheint der Tastsinn noch eine etwas bevorzugte Rolle vor den übrigen Sinnen zu spielen, da Locke die durch diesen Sinn vermittelten mechanischen Eigenschaften der Körper, wie Dichtigkeit, Ausdehnung, Form, Bewegungszustand, den Körpern selbst zuschreibt, während die späteren Empiristen, wie namentlich David Hume, konsequenterweise auch alle mechanischen Eigenschaften rein subjektiv deuten." - Vgl. Max Planck, Vom Wesen der Willensfreiheit, Ffm 1990, Seite 88

236 "Wenn wir einen geraden Stock schräg ins Wasser halten und ihn an der Eintauchstelle geknickt sehen, so wird die Knickung uns nicht durch die Lichtbrechung vorgetäuscht, sondern die Knickung ist tatsächlich als optische Wahrnehmung vorhanden." - Max Planck, Vom Wesen der Willensfreiheit, Ffm 1990, Seite 122

237 "Denn auch das feinste Auge vermag sich ebensowenig selber zu durchschauen, als irgendein Werkzeug sich selber bearbeiten kann. Objekt und Subjekt der Erkenntnistätigkeiten können niemals identisch sein, weil man von Erkenntnis nur dann reden kann, wenn das zu erkennende Objekt nicht beeinflußt wird durch die Vorgänge im erkennenden Subjekt." - Max Planck, Vom Wesen der Willensfreiheit, Ffm 1990, Seite 138

238 Wir können die Welt nie direkt erkennen, sondern immer nur durch die Brille unserer Sinnesempfindungen und der durch sie vermittelten Messungen.

239 "Die Aufmerksamkeit ist das natürliche Gebet der Seele." - Ernst Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Bd. 2, Ffm 1978, Seite 206

240 "Die Gewohnheiten unserer Sinne haben uns in Lug und Trug der Empfindung eingesponnen: diese wieder sind die Grundlagen aller unserer Urteile und Erkenntnisse - es gibt durchaus kein Entrinnen, keine Schlupf- und Schleichwege in die wirkliche Welt! Wir sind in unserem Netze, wie Spinnen, und was wir auch darin fangen, wir können gar nichts fangen, als was sich eben in unserem Netze fangen läßt." - Friedrich Nietzsche, Werke 2, Karl Schlechta (Hrsg), Ffm / Berlin / Wien 1984, Seite 92f

241 "Etwas mit Worten beschreiben und das mit Augen Gesehene sind irrationale Größen zueinander. Die Wahrnehmung ist nämlich ein Kontinuum, die Beschreibung kann es nicht sein. Die Aufgabe, durch Beschreibung den Gegenstand richtig darzustellen, kann nur auf verschiedene, nie auf dieselbe Weise gelöst werden. Es ist darin immer eine Verwandlung des Kontinuums, des konkreten Gegenstandes, in den diskreten, - in eine aus einzelnen Sätzen bestehende Beschreibung, worin immer ein Urteil des Beschreibers mit enthalten ist, und notwendig einiges nicht beschrieben, übergangen, anderes zusammengezogen wird, weil sonst die Beschreibung eine unendliche werden müßte. Es gleicht diese Verwandlung eines Kontinuums der Verwandlung einer Fläche in einen einzelnen Punkte." - Ernst Friedrich Daniel, Schleiermacher, Hermeneutik und Kritik, Ffm 1977, Seite 246

242 "Soll mein Auge die Farbe sehen, so muß es ledig sein aller Farbe. Sehe ich blaue oder weiße Farbe, so ist das Sehen meines Auges, das die Farbe sieht - ist eben das, was da sieht, dasselbe wie das, was da gesehen wird mit dem Auge. Das Auge, in dem ich Gott sehe, das ist dasselbe Auge, darin mich Gott sieht; mein Auge und Gottes Auge, das ist ein Auge und ein Sehen und ein Erkennen und ein Lieben." - Johann Eckhart, Deutsche Predigten und Traktate, Zürich 1979, Seite 216

243 "Mischen wir einen Tropfen Tinte mit reinem Wasser. Das Wasser wird rasch grau. Doch für einen Beobachter, dessen Sinne hinreichend scharf sind, um nicht nur die makroskopische Flüssigkeit, sondern auch jedes einzelne Molekül wahrnehmen zu können, wird die Flüssigkeit niemals grau. Daß das Wasser grau geworden ist, ist eine auf der Grobheit unserer Sinne beruhende Illusion." - Vgl. Prigogine / Stengers, Dialog mit der Natur, München 1990, Seite 215

244 Die kleinste Beobachtungseinheit des menschlichen Lebens ist die Situation.

245 Beobachtung ist Auswahl.

246 "Es ist eine offenkundige Erfahrungstatsache, daß unsere Auffassungen der Außenwelt restlos von den Vorkommnissen innerhalb des menschlichen Körpers abhängen. Bei Anwendung entsprechender Tricks auf den Körper kann man jeden dazu bringen, fast alles wahrzunehmen oder nichts wahrzunehmen." - Alfred North Whitehead, Wissenschaft und moderne Welt, Ffm 1988, Seite 111

247 "Vom Standpunkt der Physik aus befinden sich die Wahrnehmungsgegebenheiten alle an ein und demselben Ort; aber weil es innerhalb der Perspektive räumliche Beziehungen gibt, wird das, was für die Physik ein einziger Ort ist, zu einem dreidimensionalen Raumkomplex. Weil man nicht erkannt hat, daß zu jeder Wahrnehmungsgegebenheit drei ganz verschiedene Orte gehören, nämlich erstens der Ort im physikalischen Raum, an dem sich das Ding selbst befindet, zweitens der Ort im physikalischen Raum, an dem ich mich befinde, und drittens der Ort innerhalb meiner Perspektive, an dem die betreffende Wahrnehmungsgegebenheit sich im Verhältnis zu meinen übrigen Wahrnehmungsgegebenheiten befindet." - Vgl. Bertrand Russell, Philosophie - Die Entwicklung meines Denkens, Ffm 1988, Seite 110

248 Unsere Wahrnehmung ist weniger deutlich ausgeprägt bei Gerüchen, Geschmäcken und Körperempfindungen als bei Eindrücken das Gesichts-, Gehörs- oder Tastsinns.

249 "Noch vor jedem Nachdenken meinen wir mit Bestimmtheit, daß sich das, was wir sehen, hören oder berühren, außerhalb von uns befindet." - Vgl. Bertrand Russell, Philosophie - Die Entwicklung meines Denkens, Ffm 1988, Seite 143

250 Wir sehen, was wir zu sehen gelernt haben, was wir zu sehen gewohnt sind.

251 Licht ist nur eine der möglichen Formen der Wellen. Tatsächlich sind Wellen überall in der Welt vorhanden.

252 Wir können die Natur nie direkt beobachten, sondern uns nur mit unserem gedanklichen Abstraktionen über die Natur beschäftigen.

253 Schon der Begriff Beobachtung enthält Züge, die nicht physikalisch-objektiv definiert werden können.

254 Verschiedene Wellenlängen erzeugen verschiedene Farbempfindungen, aber nur für einen bestimmten Bereich ist für das menschliche Auge empfindlich.

255 "Es gibt ganz gewiß keinen Vorgang in den Nerven, dessen objektive Beschreibung die Merkmale Gelb oder Süß enthält, ebensowenig wie die objektive Beschreibung einer elektromagnetischen Welle eines dieser Merkmale enthält. Das gleiche gilt von allen anderen Empfindungen." - Erwin Schrödinger, Mein Leben - meine Weltansicht, Zürich 1989, Seite 129

256 Auf eine unendliche Anzahl möglicher Reizarten reagieren wir mit einer beschränkten Anzahl von Empfindungen.

257 Anschauung bedeutet keinen starren Bestand.

258 "Die unmittelbare sinnliche Wahrnehmung eines Phänomens sagt uns nichts über sein objektives physikalisches Wesen (oder was wir so zu nennen pflegen) und muß von vornherein als Informationsquelle ausscheiden." - Erwin Schrödinger, Mein Leben - meine Weltansicht, Zürich 1989, Seite 144

259 "An der Wahrnehmungsgemäßheit der Ansätze erfüllen sich die Bedingungen der Gegenständlichkeit. Die Möglichkeit und der Begriff der Wahrnehmung folgen selbst erst aus dem Problem das Gegenstandes." - Richard Hönigswald, Grundprobleme der Wissenschaftslehre, Bonn 1965, Seite 65

260 "Jede zeitörtliche Angabe dient also schon der Identifizierung der Erscheinungen und liegt kraft dieser ihrer Funktion bereits in der Richtung auf die Theorie. Theorie aber bedeutet am Ende Gesetzlichkeit." - Richard Hönigswald, Grundprobleme der Wissenschaftslehre, Bonn 1965, Seite 73

261 "Schon die bloße Gegebenheit der Erscheinungen ist ein theoretisches Datum." - Richard Hönigswald, Grundprobleme der Wissenschaftslehre, Bonn 1965, Seite 106

262 "Kein Niveau ist also hoch genug, um die Spannung zwischen Anschauung und Theorie zu überwinden; keines so gering, um sie überflüssig erscheinen zu lassen." - Richard Hönigswald, Grundprobleme der Wissenschaftslehre, Bonn 1965, Seite 123

263 Die Theorie dient der Sicherung der Gegenständlichkeit, d.h. der gegenständlichen Identität des Wahrnehmungsbestandes.

264 Die physische und die psychische Untersuchung sind nur zwei Beobachtungsweisen ein und desselben Vorgangs.

265Beim Einschlafen hören die äußeren Eindrücke zu wirken auf.

266 Die Sinne zeigen weder falsch noch richtig, sondern lösen unter verschiedenen Umständen verschiedene Empfindungen und Wahrnehmungen aus.

267 das natürliche Durcheinander von Logik und Wahrnehmung.

268 Wie Locke war schon Demokrit davon überzeugt, daß etwa Wärme, Geschmack und Farbe nicht tatsächliche Eigenschaften eines Objekts sind, unsere Sinnesorgane sollen vielmehr dafür verantwortlich sein; Eigenschaften wie Gewicht, Dichte und Härte hingegen wohnten dem Objekt tatsächlich inne.

269 "Wahrnehmung möchte ich sagen, ist nicht Erkenntnis, sondern ein bloßer Vorgang, der gleichermaßen in den physischen wie den psychologischen Bereich gehört. Wie Plato halten wir gewöhnlich die Wahrnehmung für eine Beziehung zwischen Wahrnehmenden und dem Objekt; wir sagen: Ich sehe einen Tisch. Hier sind aber Ich und Tisch logische Konstruktionen. Der rohe Vorgang wird nur durch ein paar Farbflecke ausgelöst. Damit verbinden sich gewisse Vorstellungen, die aus der Berührung gewonnen wurden; aus diesen Vorstellungen ergeben sich Worte, die wiederum gewisse Erinnerungen erwecken. Besteht der Wahrnehmungsinhalt aus Vorstellungen, die die Berührung hervorrief, dann wird er zum Objekt, das als körperlich angesehen wird; besteht er aus Worten und Erinnerungen, so wird er zur Wahrnehmung, die Teil eines Subjekts ist und als etwas Geistiges zu gelten hat. Der Wahrnehmungsinhalt ist eben nur ein Vorgang und weder falsch noch richtig; der aus Worten bestehende Wahrnehmungsinhalt ist ein Urteil, das wahr oder falsch sein kann. Dieses Urteil bezeichne ich als Wahrnehmungsurteil. Der Satz Erkenntnis ist Wahrnehmung ist zu verstehen als Erkenntnis besteht aus Wahrnehmungsurteilen. Nur in dieser Form kann er grammatikalisch korrekt sein." - Bertrand Russell, Philosophie des Abendlandes, Wien / Zürich 1988, Seite 174

270 Nach Kants Überzeugung sind die unmittelbaren Wahrnehmungsobjekte teils äußeren Dingen, teils unserem eigenen Wahrnehmungsvermögen zuzuschreiben. Locke hatte die Welt an die Vorstellung gewöhnt, daß die sekundären Eigenschaften - Farben, Töne, Gerüche und so fort - subjektiv wären und nicht zum Objekt selbst gehörten. Wie Berkeley und Hume, wenn auch nicht ganz in derselben Weise, geht Kant darüber hinaus und erklärt die primären Eigenschaften ebenfalls für subjektiv.

271 Jede Empfindung oder Wahrnehmung ist eine Wechselwirkung zwischen Subjekt und Objekt.

272 Wir vermeinen den Schmerz im Fuß zu empfinden, spüren ihn aber im Hirn.

273 "Erkennen will der Verstand, nicht sehen und tasten." - Johann Gottlieb Herder, Sprachphilosophie, Hamburg 1960, Seite XLII

274 Alle Erkenntnis bemißt sich nach der sinnlichen Gewißheit.

275 Ohne eine gewisse regelmäßige Wiederholung könnte sich unsere Vorstellung nicht in Wahrnehmung verwandeln.

276 Sensorische Deprivation führt zur Entstrukturierung der Innenwelt.

277 "Wäre das Auge nicht sonnenhaft, die Sonne könnt' es nie erblicken." - Plotin, ohne weitere Quelle

278 Die Sprache ist das Einteilungschema der menschlichen Wahrnehmungen.

zuschriften
Hinweis: Bei den nicht näher gekennzeichneten Textstellen handelt es sich um Passagen, die in verschiedenen Quellen mehr oder weniger sinngleich auftauchen, so daß nicht klar ist, wer von wem abgeschrieben hat.