tb-1DrobischMesserLiebmannPalágyNatorpMaierHerbart     
 
IMMANUEL KANT
(1724-1804)
Prolegomena
Der transzendentalen Hauptfrage
zweiter Teil
[4/9]

    Einleitung
Vorerinnerung
Der transzendentalen Hauptfrage - erster Teil
Der transzendentalen Hauptfrage - zweiter Teil
Anhang zur reinen Naturwissenschaft
Der transzendentalen Hauptfrage - dritter Teil
Beschluß
Auflösung der allgemeinen Frage
Anhang von dem geschehen kann, um ...

"Nun lehrt mich die Erfahrung zwar, was da sei und wie es sei, niemals aber, daß es notwendigerweise so und nicht anders sein müsse."

"Der Begriff der Ursache ist also ein reiner Verstandesbegriff, der von aller möglichen Wahrnehmung gänzlich unterschieden ist und nur dazu dient, diejenige Vorstellung, die unter ihm enthalten ist, in Ansehung des Urteilens überhaupt zu bestimmen, mithin ein allgemeingültiges Urteil möglich zu machen."

"Unsere reinen Verstandesbegriffe sowohl, als reine Anschauungen gehen auf nichts, als Gegenstände möglicher Erfahrung mithin auf bloße Sinnenwesen und sobald man von diesen abgeht, bleibt jenen Begriffen nicht die mindeste Bedeutung mehr übrig."

"Der Verstand schöpft seine Gesetze nicht aus der Natur, sondern schreibt sie dieser vor."

Wie ist reine Naturwissenschaft möglich?
§ 14.

Natur  ist das  Dasein  der Dinge, sofern es nach allgemeinen Gesetzen bestimmt ist. Sollte Natur das Dasein der Dinge an  sich selbst  bedeuten, so würden wir sie niemals, weder  a priori  noch  a posteriori,  erkennen können. Nicht  a priori,  denn wie wollen wir wissen, was den Dingen an sich selbst zukomme, da dieses niemals durch Zergliederung unserer Begriffe (analytische Sätze) geschehen kann, weil ich nicht wissen will, was in meinem Begriff von einem Ding enthalten sei (denn das gehört zu seinem logischen Wesen), sondern was in der Wirklichkeit des Dings zu diesem Begriff hinzukomme und wodurch das Ding selbst in seinem Dasein außer meinem Begriff bestimmt sei. Mein Verstand und die Bedingungen, unter denen er allein die Bestimmungen der Dinge in ihrem Dasein verknüpfen kann, schreibt den Dingen selbst keine Regel vor; diese richten sich nicht nach meinem Verstand, sondern mein Verstand müßte sich nach ihnen richten; sie müßten also mir vorher gegeben sein, um diese Bestimmungen von ihnen abzunehmen, alsdenn aber wären sie nicht  a priori  erkannt.

Auch  a posteriori  wäre eine solche Erkenntnis der Natur der Dinge an sich selbst unmöglich. Denn wenn mich Erfahrung  Gesetze,  unter denen das Dasein der Dinge steht, lehren soll, so müßten diese, sofern sie Dinge an sich selbst betreffen, auch außer meiner Erfahrung ihnen  notwendig  zukommen. Nun lehrt mich die Erfahrung zwar, was da sei und wie es sei, niemals aber, daß es notwendigerweise so und nicht anders sein müsse. Also kann sie die Natur der Dinge an sich selbst niemals lehren.


§ 15.

Nun sind wir gleichwohl wirklich im Besitz einer reinen Naturwissenschaft, die  a priori  und mit aller derjenigen Notwendigkeit, welche zu apodiktischen [logisch zwingenden, demonstrierbaren - wp] Sätzen erforderlich ist, Gesetze vorträgt, unter denen die Natur steht. Ich darf hier nur diejenige Propädeutik der Naturlehre, die unter dem Titel der allgemeinen Naturwissenschaft vor aller Physik (die auf empirische Prinzipien gegründet ist) vorhergeht, zum Zeugen rufen. Darin findet man Mathematik, angewandt auf Erscheinungen, auch bloß diskursive Grundsätze (aus Begriffen), welche den philosophischen Teil der reinen Naturerkenntnis ausmachen. Allein es ist doch auch manches in ihr, was nicht ganz rein und von Erfahrungsquellen unabhängig ist: als der Begriff der  Bewegung,  der  Undurchdringlichkeit  (worauf der empirische Begriff der Materie beruth), der  Trägheit  u. a. m., welche es verhindern, daß sie nicht ganz reine Naturwissenschaft heißen kann; zudem geht sie nur auf die Gegenstände äußerer Sinne, also gibt sie kein Beispiel von einer allgemeinen Naturwissenschaft in strengster Bedeutung; denn die muß die Natur überhaupt, sie mag den Gegenstand äußerer Sinne oder den des inneren Sinnes (den Gegenstand der Physik sowohl, als Psychologie) betreffen, unter allgemeine Gesetze bringen. Es finden sich aber unter den Grundsätzen jener allgemeinen Physik etliche, die wirklich die Allgemeinheit haben, die wir verlangen, als der Satz:  daß die Substanz bleibt  und beharrt, daß  alles, was geschieht,  jederzeit  durch eine Ursache  nach beständigen Gesetzen vorher  bestimmt  sei u. s. w. Diese sind wirklich allgemeine Naturgesetze, die völlig  a priori  bestehen. Es gibt also in der Tat eine reine Naturwissenschaft und nun ist die Frage:  wie ist sie möglich? 


§ 16.

Noch nimmt das Wort  Natur  eine andere Bedeutung an, die nämlich das  Objekt  bestimmt, indessen daß in der obigen Bedeutung sie nur die  Gesetzmäßigkeit  der Bestimmungen des Daseins der Dinge überhaupt andeutete. Natur also  materialiter  betrachtet ist der  Inbegriff aller Gegenstände der Erfahrung.  Mit dieser haben wir es hier nur zu tun, da ohnedem Dinge, die niemals Gegenstände einer Erfahrung werden können, wenn sie nach ihrer Natur erkannt werden sollten, uns zu Begriffen nötigen würden, deren Bedeutung niemals  in concreto  (in irgend einem Beispiel einer möglichen Erfahrung) gegeben werden könnte und von dessen Natur wir us also lauter Begriffe machen müßten, deren Realität, d. i. ob sie wirklich sich auf Gegenstände beziehen oder bloße Gedankendinge sind, gar nicht entschieden werden könnte. Was nicht ein Gegenstand der Erfahrung sein kann, dessen Erkenntnis wäre hyperphysisch und mit dergleichen haben wir hier gar nicht zu tun, sondern mit der Naturerkenntnis, deren Realität durch Erfahrung bestätigt werden kann, ob sie gleich  a priori  möglich ist und vor aller Erfahrung vorhergeht.


§ 17.

Das  Formale  der Natur in dieser engeren Bedeutung ist also die Gesetzmäßigkeit aller Gegenstände der Erfahrung und sofern sie  a priori  erkannt wird, die  notwendige  Gesetzmäßigkeit derselben. Es ist aber eben dargetan, daß die Gesetze der Natur an Gegenständen, sofern sie nicht in Beziehung auf mögliche Erfahrung, sondern als Dinge an sich selbst betrachtet werden, niemals  a priori  können erkannt werden. Wir haben es aber hier auch nicht mit Dingen an sich selbst (diese ihre Eigenschaften lassen wir dahin gestellt sein), sondern bloß mit Dingen, als Gegenständen einer möglichen Erfahrung zu tun und der Inbegriff derselben ist es eigentlich, was wir hier Natur nennen. Und nun frage ich, ob, wenn von der Möglichkeit einer Naturerkenntnis  a priori  die Rede ist, es besser sei, die Aufgabe so einzurichten: wie ist die notwendige Gesetzmäßigkeit  der Dinge  als Gegenstände der Erfahrung oder: wie ist die notwendige Gesetzmäßigkeit  der Erfahrung  selbst in Ansehung aller ihrer Gegenstände überhaupt  a priori  zu erkennen möglich?

Bei Licht besehen wird die Auflösung der Frage, sie mag auf die eine oder die andere Art vorgestellt sein, in Ansehung der reinen Naturerkenntnis (die eigentlich den Punkt der Quästion ausmacht) ganz und gar auf einerlei hinauslaufen. Denn die subjektiven Gesetze, unter denen allein eine Erfahrungserkenntnis von Dingen möglich ist, gelten auch von diesen Dingen, als Gegenständen einer möglichen Erfahrung (freilich aber nicht von ihnen als Dingen an sich selbst, dergleichen aber hier auch in keine Betrachtung kommen). Es ist gänzlich einerlei, ob ich sage: ohne das Gesetz, daß, wenn eine Begebenheit wahrgenommen wird, sie jederzeit auf etwas, was vorhergeht, bezogen werde, worauf sie nach einer allgemeinen Regel folgt, kann niemals ein Wahrnehmungsurteil für Erfahrung gelten; oder ob ich mich so ausdrücke: alles, wovon die Erfahrung lehrt, daß es geschieht, muß eine Ursache haben.

Es ist indessen doch schicklicher, die erstere Formel zu wählen. Denn da wir wohl  a priori  und vor allen gegebenen Gegenständen eine Erkenntnis derjenigen Bedingungen haben können, unter denen allein ein Erfahrung in Ansehung ihrer möglich ist, niemals aber, welchen Gesetzen sie, ohne Beziehung auf mögliche Erfahrung, an sich selbst unterworfen sein mögen, so werden wir die Natur der Dinge  a priori  nicht anders studieren können, als daß wir die Bedingungen und allgemeinen (obgleich subjektiven) Gesetze erforschen, unter denen allein ein solches Erkenntnis, als Erfahrung (der bloßen Form nach) möglich ist und danach die Möglichkeit der Dinge als Gegenstände der Erfahrung bestimmen; denn würde ich die zweite Art des Ausdrucks wählen und die Bedingungen  a priori  suchen, unter denen Natur als  Gegenstand  der Erfahrung möglich ist, so würde ich leichtlich in Mißverstand geraten können und mir einbilden, ich hätte von der Natur als einem Ding an sich selbst zu reden und da würde ich fruchtlos in endlosen Bemühungen herumgetrieben werden für Dinge, von denen mir nichts gegeben ist, Gesetze zu suchen.

Wir werden es also hier bloß mit der Erfahrung und den allgemeinen und  a priori  gegebenen Bedingungen ihrer Möglichkeit zu tun haben und daraus die Natur, als den ganzen Gegenstand aller möglichen Erfahrung, bestimmen. Ich denke, man werde mich verstehen: daß ich hier nicht die Regeln der  Beobachtung  einer Natur, die schon gegeben ist, verstehe die setzen schon Erfahrung voraus, wie wir (durch Erfahrung) der Natur die Gesetze ablernen können, denn diese wären alsdenn nicht Gesetze  a priori  und gäben keine reine Naturwissenschaft, sondern wie die Bedingungen  a priori  von der Möglichkeit der Erfahrung zugleich die Quellen sind, aus denen alle allgemeinen Naturgesetze hergeleitet werden müssen.


§ 18.

Wir müssen denn also zuerst bemerken, daß, obgleich alle Erfahrungsurteile empirisch sind, d. i. ihren Grund in der unmittelbaren Wahrnehmung der Sinne haben, dennoch nicht umgekehrt alle empirischen Urteile darum Erfahrungsurteile sind, sondern daß über das Empirische und überhaupt über das der sinnlichen Anschauung Gegebene, noch besondere Begriffe hinzukommen müssen, die ihren Ursprung gänzlich  a priori  im reinen Verstand haben, unter die jede Wahrnehmung allererst subsumiert und dann vermittels derselben in Erfahrung kann verwandelt werden.

 Empirische Urteile, sofern sie objektive Gültigkeit haben,  sind Erfahrungsurteile; die aber, so  nur subjektiv gültig  sind, nenne ich bloße Wahrnehmungsurteile. Die letzteren bedürfen keines reinen Verstandesbegriffs, sondern nur der logischen Verknüpfung der Wahrnehmung in einem denkenden Subjekt. Die ersteren aber erfordern jederzeit, über die Vorstellungen der sinnlichen Anschauung, noch besondere  im Verstand ursprünglich erzeugte Begriffe,  welche es eben machen, daß das Erfahrungsurteil  objektiv gültig ist. 

Alle unsere Urteile sind zuerst bloße Wahrnehmungsurteile; sie gelten bloß für uns d. i. für unser Subjekt und nur hintennach geben wir ihnen eine neue Beziehung, nämlich auf ein Objekt und wollen, daß es auch für uns jederzeit und ebenso für jedermann gültig sein solle; denn wenn ein Urteil mit einem Gegenstand übereinstimmt, so müssen alle Urteile über denselben Gegenstand auch untereinandner übereinstimmen und so bedeutet die objektive Gültigkeit des Erfahrungsurteils nichts anderes, als die notwendige Allgemeingültigkeit desselben. Aber auch umgekehrt, wenn wir Ursache finden, ein Urteil für notwendig allgemeingültig zu halten (welches niemals auf der Wahrnehmung, sondern dem reinen Verstandesbegriff beruth, unter dem die Wahrnehmung subsumiert ist), so müssen wir es auch für objektiv halten, d. i. daß es nicht bloß eine Beziehung der Wahrnehmung auf ein Subjekt, sondern eine Beschaffenheit des Gegenstandes ausdrücke; denn es wäre kein Grund, warum anderer Urteile notwendig mit dem meinigen übereinstimmen müßten, wenn es nicht die Einheit des Gegenstandes wäre, auf den sie sich alle beziehen, mit dem sie übereinstimmen müssen.


§ 19.

Es sind daher objektive Gültigkeit und notwendige Allgemeingültigkeit (für jedermann) Wechselbegriffe und ob wir gleich das Objekt an sich nicht kennen, so ist doch, wenn wir ein Urteil als gemeingültig und mithin notwendig ansehen, eben darunter die objektive Gültigkeit verstanden. Wir erkennen durch dieses Urteil das Objekt (wenn es auch sonst, wie es an sich selbst sein möchte, unbekannt bliebe) durch die allgemeingültige und notwendige Verknüpfung der gegebenen Wahrnehmungen und da dieses der Fall von allen Gegenständen der Sinne ist, so werden Erfahrungsurteile ihre objektive Gültigkeit nicht von der unmittelbaren Erkenntnis des Gegenstandes (denn diese ist unmöglich), sondern bloß von der Bedingung der Allgemeingültigkeit der empirischen Urteile entlehnen, die, wie gesagt, niemals auf den empirischen, ja überhaupt sinnlichen Bedingungen, sondern auf einem reinen Verstandesbegriff beruth. Das Objekt bleibt an sich selbst immer unbekannt; wenn aber durch den Verstandesbegriff die Verknüpfung der Vorstellungen, die unserer Sinnlichkeit von ihm gegeben sind, als allgemeingültig bestimmt wird, so wird der Gegenstand durch dieses Verhältnis bestimmt und das Urteil ist objektiv.

Wir wollen dieses erläutern: daß das Zimmer warm, der Zucker süß, der Wermuth widrig sei, (1) sind bloß subjektiv gültige Urteile. Ich verlange gar nicht, daß ich es jederzeit oder der andere ebenso, wie ich finden soll; sie drücken nur eine Beziehung zweier Empfindungen auf dasselbe Subjekt, nämlich auf mich selbst und auch nur in meinem diesmaligen Zustand der Wahrnehmung aus und sollen daher auch nicht vom Objekt gelten; dergleichen nenne ich Wahrnehmungsurteile. Eine ganz andere Bewandtnis hat es mit dem Erfahrungsurteil. Was die Erfahrung unter gewissen Umständen mich lehrt, muß sie mich jederzeit und auch jedermann lehren und die Gültigkeit derselben schränkt sich nicht auf das Subjekt oder seinen damaligen Zustand ein. Daher spreche ich alle dergleichen Urteile als objektiv gültige aus, als z. B. wenn ich sage: die Luft ist elastisch, so ist dieses Urteil zunächst nur ein Wahrnehmungsurteil, ich beziehe zwei Empfindungen in meinen Sinnen nur aufeinander. Will ich, es soll Erfahrungsurteil heißen, so verlange ich, daß diese Verknüpfung unter einer Bedingung stehe, welche sie allgemeingültig macht. Ich will also, daß ich jederzeit und auch jedermann dieselbe Wahrnehmung unter denselben Umständen notwendig verbinden müsse.


§ 20.

Wir werden daher Erfahrung überhaupt zergliedern müssen, um zu sehen, was in diesem Produkt der Sinne und des Verstandes enthalten und wie das Erfahrungsurteil selbst möglich sei. Zum Grunde liegt die Anschauung, deren ich mir bewußt bin, d. i. Wahrnehmung (perceptio), die bloß den Sinnen angehört. Aber zweitens gehört dazu auch das Urteilen (das bloß dem Verstand zukommt). Dieses Urteilen kann nun zweifach sein: erstlich, indem ich bloß die Wahrnehmungen vergleiche und in einem Bewußtsein meines Zustandes oder zweitens, da ich sie in einem Bewußtsein überhaupt verbinde. Das erstere Urteil ist bloß ein Wahrnehmungsurteil und hat sofern nur subjektive Gültigkeit, es ist bloß Verknüpfung der Wahrnehmungen in meinem Gemütszustand, ohne Beziehung auf den Gegenstand. Daher ist es nicht, wie man gemeiniglich sich einbildet, zur Erfahrung genug, Wahrnehmungen zu vergleichen und in einem Bewußtsein vermittels des Urteilens zu verknüpfen; dadurch entspringt keine Allgemeingültigkeit und Notwendigkeit des Urteils, um deren willen es allein objektiv gültig und Erfahrung sein kann.

Es geht also noch ein ganz anderes Urteil voraus, ehe aus Wahrnehmung Erfahrung werden kann. Die gegebene Anschauung muß unter einem Begriff subsumiert werden, der die Form des Urteilens überhaupt in Ansehung der Anschauung bestimmt, das empirische Bewußtsein der letzteren in einem Bewußtsein überhaupt verknüpft und dadurch den empirischen Urteilen Allgemeingültigkeit verschafft; dergleichen Begriff ist ein reiner Verstandesbegriff  a priori,  welcher nichts tut, als bloß einer Anschauung die Art überhaupt zu bestimmen, wie sie zu Urteilen dienen kann. Es sei ein solcher Begriff der Begriff der Ursache, so bestimmt er die Anschauung, die unter ihm subsumiert ist, z. B. die der Luft, in Ansehung des Urteilens überhaupt, nämlich daß der Begriff der Luft in Ansehung der Ausspannung im Verhältnis der Antizedenz [das Vorausgehende - wp]zur Konsequenz in einem hypothetischen Urteil diene. Der Begriff der Ursache ist also ein reiner Verstandesbegriff, der von aller möglichen Wahrnehmung gänzlich unterschieden ist und nur dazu dient, diejenige Vorstellung, die unter ihm enthalten ist, in Ansehung des Urteilens überhaupt zu bestimmen, mithin ein allgemeingültiges Urteil möglich zu machen.

Nun wird, ehe aus einem Wahrnehmungsurteil ein Urteil der Erfahrung werden kann, zuerst erfordert, daß die Wahrnehmung unter einem dergleichen Verstandesbegriff subsumiert werde; z. B. die Luft gehört unter den Begriff der Ursachen, welcher das Urteil über dieselbe in Ansehung der Ausdehnung als hypothetisch bestimmt. (2) Dadurch wird nun nicht diese Ausdehnung, als bloß zu meiner Wahrnehmung der Luft in meinem Zustand oder in mehreren meiner Zustände oder im Zustand der Wahrnehmung anderer gehörig, sondern als dazu  notwendig  gehörig vorgestellt und dieses Urteil: die Luft ist elastisch, wird allgemeingültig und dadurch allererst Erfahrungsurteil, daß gewisse Urteile vorhergehen, die die Anschauung der Luft unter den Begriff der Ursache und Wirkung subsumieren und dadurch die Wahrnehmungen nicht bloß respektive aufeinander in meinem Subjekt, sondern in Ansehung der Form des Urteilens überhaupt (hier der hypothetischen bestimmen und auf solche Art das empirische Urteil allgemeingültig machen.

Zergliedert man alle seine synthetischen Urteile, sofern sie objektiv gelten, so findet man, daß sie niemals aus bloßen Anschauungen bestehen, die bloß, wie man gemeiniglich dafür hält, durch Vergleichung in ein Urteil verknüpft worden, sondern daß sie unmöglich sein würden, wäre nicht über die von der Anschauung abgezogenen Begriffe noch ein reiner Verstandesbegriff hinzugekommen, unter dem jene Begriffe subsumiert und so allererst in einem objektiv gültigen Urteil verknüpft worden. Selbst die Urteile der reinen Mathematik in ihren einfachsten Axiomen sind von dieser Bedingung nicht ausgenommen. Der Grundsatz: die gerade Linie ist die kürzeste zwischen zwei Punkten, setzt voraus, daß die Linie unter den Begriff der Größe subsumiert werde, welcher gewiß keine bloße Anschauung ist, sondern lediglich im Verstand seinen Sitz hat und dazu dient, die Anschauung (der Linie) in Absicht auf die Urteile, die von ihr gefällt werden mögen, in Ansehung der Quantität derselben, nämlich der Vielheit (als  judicia plurativa)  (3) zu bestimmen, indem unter ihnen verstanden wird, daß in einer gegebenen Anschauung vieles Gleichartige enthalten sei.

§ 21.

Um nun also die Möglichkeit der Erfahrung, sofern sie auf reinen Verstandesbegriffen  a priori  beruth, darzulegen, müssen wir zuvor das, was zum Urteilen überhaupt gehört und die verschiedenen Momente des Verstandes in denselben, in einer vollständigen Tafel vorstellen; denn die reinen Verstandesbegriffe, die nichts weiter sind, als Begriffe von Anschauungen überhaupt, sofern diese in Ansehung eines oder des anderen dieser Momente zu Urteilen an sich selbst, mithin notwendig und allgemeingültig bestimmt sind, werden ihnen ganz genau parallel ausfallen. Hierdurch werden auch die Grundsätze  a priori  der Möglichkeit aller Erfahrung, als einer objektiv gültigen empirischen Erkenntnis, ganz genau bestimmt werden. Denn sie sind nichts anderes, als Sätze, welche alle Wahrnehmung (gemäß gewissen allgemeinen Bedingungen der Anschauung) unter jene reine Verstandesbegriffe subsumieren.


Logische Tafel
der Urteile


 
1.
Der Quantität nach
- Allgemeine
- Besondere
- Einzelne
 
2.
Der Qualität nach
- Bejahende
- Verneinende
- Unendliche
 
3.
Der Relation nach
- Kategorische
- Hypothetische
- Disjunktive
 
4.
Der Modalität nach
- Problematische
- Assertorische [als gültig behauptete - wp]
- Apodiktische
 




Transzendentale Tafel
der Verstandesbegriffe


 
1.
Der Quantität nach
- Einheit (das Maß)
- Vielheit (die Größe)
- Allheit (das Ganze)
 
2.
Der Qualität nach
- Realität
- Negation
- Einschränkung
 
3.
Der Relation nach
- Substanz
- Ursache
- Gemeinschaft
 
4.
Der Modalität nach
- Möglichkeit
- Dasein
- Notwendigkeit
 




Reine physiologische Tafel
allgemeiner Grundsätze der Naturwissenschaft


 
1.
Axiomen der Anschauung
 
2.
Antizipationen der Wahrnehmung
 
3.
Analogien der Erfahrung
 
4.
Postulate des empirischen
Denkens überhaupt
 




§ 21a

Um alles bisherige in einen Begriff zusammenzufassen, ist zuvörderst nötig, die Leser zu erinnern, daß hier nicht vom Entstehen der Erfahrung die Rede sei, sondern von dem, was in ihr liegt. Das Erstere gehört zur empirischen Psychologie und würde selbst auch da, ohne das Zweite, welches zur Kritik der Erkenntnis und besonders des Verstandes gehört, niemals gehörig entwickelt werden können.

Erfahrung besteht aus Anschauungen, die der Sinnlichkeit angehören und aus Urteilen, die lediglich ein Geschäft des Verstandes sind. Diejenigen Urteile aber, die der Verstand lediglich aus sinnlichen Anschauungen macht, sind noch bei weitem nicht Erfahrungsurteile. Denn in jenem Fall würde das Urteil nur die Wahrnehmungen verknüpfen, so wie sie in der sinnlichen Anschauung gegeben sind, im letzteren Falle aber sollen die Urteile sagen, was Erfahrung überhaupt, mithin nicht was die bloße Wahrnehmung, deren Gültigkeit bloß subjektiv ist, enthält. Das Erfahrungsurteil muß also noch über die sinnliche Anschauung und die logische Verknüpfung derselben (nachdem sie durch Vergleichung allgemein gemacht worden) in einem Urteil etwas hinzufügen, was das synthetische Urteil als notwendig und hierdurch als allgemeingültig bestimmt; und dieses kann nichts anderes sein, als derjenige Begriff, der die Anschauung in Ansehung einer Form des Urteils vielmehr als der anderen, als an sich bestimmt vorstellt, d. i. ein Begriff von derjenigen synthetischen Einheit der Anschauungen, die nur durch eine gegebene logische Funktion der Urteile vorgestellt werden kann.


§ 22.

Die Summe hiervon ist diese: die Sache der Sinne ist, anzuschauen; die des Verstandes, zu denken. Denken aber ist: Vorstellungen in einem Bewußtsein vereinigen. Diese Vereinigung entsteht entweder bloß relativ auf das Subjekt und ist zufällig und subjektiv oder sie findet schlechthin statt und ist notwendig oder objektiv. Die Vereinigungen der Vorstellungen in einem Bewußtsein ist das Urteil. Also ist Denken so viel, als Urteilen oder Vorstellungen auf ein Bewußtsein in einem Subjekt allein bezogen und in ihm vereinigt werden. Die logischen Momente aller Urteile sind so viel mögliche Arten, Vorstellungen in einem Bewußtsein zu vereinigen. Dienen aber eben dieselben als Begriffe, so sind sie Begriffe von der  notwendigen  Vereinigung derselben in einem Bewußtsein, mithin Prinzipien objektiv gültiger Urteile. Diese Vereinigung in einem Bewußtsein ist entweder analytisch, durch die Identität oder synthetisch durch die Zusammensetzung und Hinzukunft verschiedener Vorstellungen zueinander. Erfahrung besteht in der synthetischen Verknüpfung der Erscheinungen (Wahrnehmungen) in einem Bewußtsein, sofern dieselbe notwendig ist. Daher sind reine Verstandesbegriffe diejenigen, unter denen alle Wahrnehmungen zuvor subsumiert werden müssen, ehe sie zu Erfahrungsurteilen dienen könnnen, in welchen die synthetische Einheit der Wahrnehmungen als notwendig und allgemeingültig vorgestellt wird. (4)


§ 23.

Urteile, sofern sie bloß als die Bedingung der Vereinigung gegebener Vorstellungen in einem Bewußtsein betrachtet werden, sind Regeln. Diese Regeln, sofern sie die Vereinigung als notwendig vorstellen, sind Regeln  a priori  und sofern keine über sie sind, von denen sie abgeleitet werden, Grundsätze. Da nun in Ansehung der Möglichkeit aller Erfahrung, wenn man an ihr bloß die Form des Denkens betrachtet, keine Bedingungen der Erfahrungsurteile über diejenigen sind, welche die Erscheinungen, nach der verschiedenen Form ihrer Anschauung, unter reine Verstandesbegriffe bringen, die das empirische Urteil objektiv-gültig machen, so sind diese die Grundsätze  a priori  möglicher Erfahrung.

Die Grundsätze möglicher Erfahrung sind nun zugleich allgemeine Gesetze der Natur, welche  a priori  erkannt werden können. Und so ist die Aufgabe, die in unserer vorliegenden zweiten Frage liegt:  wie ist reine Naturwissenschaft möglich?  aufgelöst. Denn das Systematische, was zur Form einer Wissenschaft erfordert wird, ist hier vollkommen anzutreffen, weil über die genannten formalen Bedingungen aller Urteile überhaupt, mithin aller Regeln überhaupt, die die Logik darbietet, keine mehr möglich sind und diese ein logisches System, die darauf gegründeten Begriffe aber, welche die Bedingungen  a priori  zu allen synthetischen und notwendigen Urteilen enthalten, ebendarum ein transzendentales, endlich die Grundsätze, vermittels deren alle Erscheinungen unter diese Begriffe subsumiert werden, ein physiologisches, d. i. ein Natursystem ausmachen, welches vor aller empirischen Naturerkenntnis vorhergeht, diese zuerst möglich macht und daher die eigentliche allgemeine und reine Naturwissenschaft genannt werden kann.


§ 24.

Der erste (5) jener physiologischen Grundsätze subsumiert alle Erscheinungen, als Anschauungen in Raum und Zeit, unter den Begriff der  Größe  und ist sofern ein Prinzip der Anwendung der Mathematik auf Erfahrung. Der zweite subsumiert das eigentlich Empirische, nämlich die Empfindung, die das Reale der Anschauungen bezeichnet, nicht geradezu unter den Begriff der  Größe,  weil Empfindung keine Anschauung ist, die Raum oder Zeit  enthielte,  ob sie gleich den ihr korrespondierenden Gegenstand in beide setzt; allein es ist zwischen Realität (Empfindungsvorstellung) und der Null, d. i. dem gänzlich Leeren der Anschaung in der Zeit, doch ein Unterschied, der eine Größe hat, da nämlich zwischen einem jeden gegebenen Grad Licht und der Finsternis, zwischen einem jeden Grad Wärme und der gänzlichen Kälte, jedem Grad der Schwere und der absoluten Leichtigkeit, jedem Grad der Erfüllung des Raumes und dem völlig leeren Raum, immer noch kleinere Grade gedacht werden können, so wie selbst zwischen einem Bewußtsein und dem völligen Unbewußtsein (psychologischer Dunkelheit) immer noch kleinere stattfinden; daher keine Wahrnehmung möglich ist, welche einen absoluten Mangel bewiese, z. B. keine psychologische Dunkelheit, die nicht als ein Bewußtsein betrachet werden könnte, welches nur von anderem stärker überwogen wird und so in allen Fällen der Empfindung, weswegen der Verstand sogar Empfindungen, welche die eigentliche Qualität der empirischen Vorstellungen (Erscheinungen) ausmachen, antizipieren kann, vermittels des Grundsatzes, daß sie alle ingesamt, mithin das Reale aller Erscheinung Grade habe, welches die zweite Anwendung der Mathematik  (mathesis intensorum  [Mathematik der Empfindungen - wp]) auf Naturwissenschaft ist.

§ 25.

In Ansehung des Verhältnisses der Erscheinungen und zwar lediglich in Absicht auf ihr Dasein, ist die Bestimmung dieses Verhältnisses nicht mathematisch, sondern dynamisch und kann niemals objektiv gültig, mithin zu einer Erfahrung tauglich sein, wenn sie nicht unter Grundsätzen  a priori  steht, welche die Erfahrungserkenntnis in Ansehung derselben allererst möglich machen. Daher müssen Erscheinungen unter den Begriff der Substanz, welcher aller Bestimmung des Dasein, als ein Begriff vom Ding selbst, zum Grunde liegt oder zweitens, sofern eine Zeitfolge unter den Erscheinungen, d. i. eine Begebenheit angetroffen wird, unter den Begriff einer Wirkung in Beziehung auf Ursache, oder sofern das Zugleichsein objektiv, d. i. durch ein Erfahrungsurteil erkannt werden soll, unter den Begriff der Gemeinsacht (Wechselwirkung) subsumiert werden und so liegen Grundsätze  a priori  objektiv gültigen, obgleich empirischen Urteilen, d. i. die Möglichkeit der Erfahrung, sofern sie Gegenstände dem Dasein nach in der Natur verknüpfen soll, zum Grunde. Diese Grundsätze sind die eigentlichen Naturgesetze, welche dynamisch heißen können.

Zuletzt gehört auch zu den Erfahrungsurteilen die Erkenntnis der Übereinstimmung und Verknüpfung, nicht sowohl der Erscheinungen untereinander in der Erfahrung, als vielmehr ihr Verhältnis zur Erfahrung überhaupt, welches entweder ihre Übereinstimmung mit den formalen Bedingungen, die der Verstand erkennt oder Zusammenhang mit dem Materialen der Sinne und der Wahrnehmung oder beiden in einen Begriff vereinigt, folglich Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit nach allgemeinen Naturgesetzen enthält, welches die physiologische Methodenlehre (Unterscheidung der Wahrheit und Hypothesen und die Grenzen der Zuverlässigkeit der letzteren) ausmachen würde.


§ 26.

Obgleich die dritte  aus der Natur des Verstandes selbst  nach kritischer Methode gezogene Tafel der Grundsätze eine Vollkommenheit an sich zeigt, darin sie sich weit über jede andere erhebt, die  von den Sachen selbst  auf dogmatische Weise, obgleich vergeblich, jemals versucht worden ist oder nur künftig versucht werden mag: nämlich daß in ihr alle synthetischen Grundsätze  a priori  vollständig und nach einem Prinzip, nämlich dem Vermögen zu Urteilen überhaupt, welches das Wesen der Erfahrung in Absicht auf den Verstand ausmacht, ausgeführt worden, so daß man gewiß sein kann, es gebe keine dergleichen Grundsätze mehr (eine Befriedigung, die die dogmatische Methode niemals verschaffen kann), so ist dieses doch bei weitem noch nicht ihr größtes Verdienst.

Man muß auf den Beweisgrund acht geben, der die Möglichkeit dieser Erkenntnis  a priori  entdeckt und alle solche Grundsätze zugleich auf eine Bedingung einschränkt, die niemals übersehen werden muß, wenn sie nicht mißverstanden und im Gebrauch weiter ausgedehnt werden soll, als der ursprüngliche Sinn, den der Verstand darin legt, es haben will: nämlich daß sie nur die Bedingungen möglicher Erfahrung überhaupt enthalten, sofern sie Gesetzen  a priori  unterworfen ist. So sage ich nicht; daß Dinge  an sich selbst  eine Größe, ihre Realität einen Grad, ihre Existenz Verknüpfung der Akzidenzien in einer Substanz usw. enthalten; denn das kann niemand beweisen, weil eine solche synthetische Verknüpfung aus bloßen Begriffen, wo alle Beziehung auf sinnliche Anschauung einerseits und alle Verknüpfung derselben in einer möglichen Erfahrung andererseits mangelt, schlechterdings unmöglich ist. Die wesentliche Einschränkung der Begriffe also in diesen Grundsätzen ist: daß alle Dinge nur als  Gegenstände der Erfahrung  unter den genannten Bedingungen notwendig  a priori  stehen.

Hieraus folgt dann zweitens eine spezifisch eigentümliche Beweisart derselben: daß die gedachten Grundsätze auch nicht geradezu auf Erscheinungen und ihr Verhältnis, sondern auf die Möglichkeit der Erfahrung, wovon Erscheinungen nur die Materie, nicht aber die Form ausmachen, d. i. auf objektiv- und allgemeingültige synthetische Sätze, worin sich eben Erfahrungsurteile von bloßen Wahrnehmungsurteilen unterscheiden, bezogen werden. Das geschieht dadurch, daß die Erscheinungen als bloße Anschauungen,  welche einen Teil von Raum und Zeit einnehmen,  unter dem Begriff der Größe stehen, welcher das Mannigfaltige derselben  a priori  nach Regeln synthetisch vereinigt, daß, sofern die Wahrnehmung außer der Anschauung auch Empfindung enthält, zwischen welcher und der Null, d. i. dem völligen Verschwinden derselben, jederzeit ein Übergang durch Verringerung stattfindet, das Reale der Erscheinungen einen Grund haben müsse, sofern sie nämlich selbst  keinen  Teil von Raum oder Zeit einnimmt (6), aber doch der Übergang zu ihr von der leeren Zeit oder Raum nur in der Zeit möglich ist, mithin, obzwar Empfindung, als die Qualität der empirischen Anschauung, in Ansehung dessen, worin sie sich spezifisch von anderen Empfindungen unterscheidet, niemals  a priori  erkannt werden kann, sie dennoch in einer möglichen Erfahrung überhaupt, als Größe der Wahrnehmung intensiv von jeder anderen gleichartigen unterschieden werden könne; woraus denn die Anwendung der Mathematik auf Natur in Ansehung der sinnlichen Anschauung, durch welche sie uns gegeben wird, zuerst möglich gemacht und bestimmt wird.

Am meisten aber muß der Leser auf die Beweisart der Grundsätze, die unter dem Namen der Analogien der Erfahrung vorkommen, aufmerksam sein. Denn weil diese nicht, so wie die Grundsätze der Anwendung der Mathematik auf Naturwissenschaft überhaupt, die Erzeugung der Anschauungen, sondern die Verknüpfung ihres Daseins in einer Erfahrung betreffen, diese aber nichts anderes, als die Bestimmung der Existenz in der Zeit nach notwendigen Gesetzen sein kann, unter denen sie allein objektiv-gültig, mithin Erfahrung ist; so geht der Beweise nicht auf die synthetische Einheit in der Verknüpfung  der Dinge  an sich selbst, sondern der  Wahrnehmungen  und zwar dieser nicht in Ansehung ihres Inhalts, sondern der Zeitbestimmung und des Verhältnisses des Daseins in ihr, nach allgemeinen Gesetzen. Diese allgemeinen Gesetze enthalten also die Notwendigkeit der Bestimmung des Daseins in der Zeit überhaupt (folglich nach einer Regel des Verstandes  a priori),  wenn die empirische Bestimmung in der relativen Zeit objektiv-gültig, mithin Erfahrung sein soll. Mehr kann ich hier, als in Prolegomenen, nicht anführen, als nur daß ich dem Leser, welcher in der langen Gewohnheit steckt, Erfahrung für eine bloß empirische Zusammensetzung der Wahrnehmungen zu halten und daher daran gar nicht denkt, daß sie viel weiter geht, als diese reichen, nämlich empirischen Urteilen Allgemeingültigkeit gibt und dazu einer reinen Verstandeseinheit bedarf, die  a priori  vorhergeht, empfehle: auf diesen Unterschied der Erfahrung von einem bloßen Aggregat von Wahrnehmungen wohl acht zu haben und aus diesem Gesichtspunkt die Beweisart zu beurteilen.


§ 27.

Hier ist nun der Ort, den HUMEschen Zweifel aus dem Grund zu heben. Er behauptete mit Recht: daß wir die Möglichkeit der Kausalität, d. i. der Beziehung des Daseins eines Dinges auf das Dasein von irgendetwas anderem, was durch jenes notwendig gesetzt werde, durch Vernunft auf keine Weise einsehen. Ich setze noch hinzu, daß wir eben so wenig den Begriff der Subsistenz, d. i. der Notwendigkeit darin einsehen, daß dem Dasein der Dinge ein Subjekt zum Grunde liege, das selbst kein Prädikat von irgendeinem anderen Ding sein könne, ja sogar, daß wir uns keinen Begriff von der Möglichkeit eines solchen Dinges machen können (obgleich wir in der Erfahrung Beispiele seines Gebrauchs aufzeigen können), imgleichen, daß eben diese Unbegreiflichkeit auch die Gemeinschaft der Dinge betreffe, indem gar nicht einzusehen ist, wie aus dem Zustand eines Dinges eine Folge auf den Zustand anderer Dinge außer ihm und so wechselseitig, könne gezogen werden und wie Substanzen, deren jede doch ihre eigene abgesonderte Existenz hat, voneinander und zwar notwendig abhängen sollen. Gleichwohl bin ich weit davon entfernt, diese Begriffe als bloß aus der Erfahrung entlehnt und die Notwendigkeit, die in ihnen vorgestellt wird, als angedichtet und für bloßen Schein zu halten, den uns eine lange Gewohnheit vorspiegelt; vielmehr habe ich hinreichend gezeigt, daß sie und die Grundsätze aus denselben  a priori  vor aller Erfahrung feststehen und ihre ungezweifelte objektive Richtigkeit, aber freilich nur in Ansehung der Erfahrungen haben.


§ 28.

Ob ich also gleich von einer solchen Verknüpfung der Dinge an sich selbst, wie sie als Substanz existieren, oder als Ursache wirken, oder mit anderen (als Teile eines realen Ganzen) in Gemeinschaft stehen können, nicht den mindesten Begriff habe, noch weniger aber dergleichen Eigenschaften an Erscheinungen als Erscheinungen denken kann (weil jene Begriffe in nichts, was in den Erscheinungen liegt, sondern was der Verstand allein denken muß, enthalten), so haben wir doch von einer solchen Verknüpfung der Vorstellungen in unserem Verstand und zwar in Urteilen überhaupt einen dergleichen Begriff, nämlich: daß Vorstellungen in unserem Verstand und zwar in Urteilen überhaupt einen dergleichen Begriff, nämlich, daß Vorstellungen in einer Art Urteil als Subjekt in Beziehung auf Folge und in einer dritten als Teile, die zusammen eine ganze mögliche Erkenntnis ausmachen, gehören. Ferner erkennen wir  a priori:  daß ohne die Vorstellung eines Objekts in Ansehung eines oder des anderen dieser Momente als bestimmt anzusehen, wir gar keine Erkenntnis, die von dem Gegenstand gelte, haben könnten und wenn wir uns mit dem Gegenstand an sich selbst beschäftigten, so wäre kein einziges Merkmal möglich, woran ich erkennen könnte, daß es in Ansehung eines oder des anderen gedachter Momente bestimmt sei, d. i. unter den Begriff der Substanz oder der Ursache oder (im Verhältnis gegen andere Substanzen) unter den Begriff der Gemeinschaft gehöre; denn von der Möglichkeit einer solchen Verknüpfung des Daseins habe ich keinen Begriff. Es ist daher auch nicht die Frage, wie Dinge an sich, sondern wie Erfahrungserkenntnis der Dinge in Ansehung gedachter Momente der Urteile überhaupt bestimmt sei, d. i. wie Dinge, als Gegenstände der Erfahrung, unter jene Verstandesbegriffe können und sollen subsumiert werden. Und da ist es klar, daß ich nicht allein die Möglichkeit, sondern auch die Notwendigkeit, alle Erscheinungen unter diese Begriffe zu subsumieren, d. i. sie zu Grundsätzen der Möglichkeit der Erfahrung zu brauchen, vollkommen einsehe.


§ 29.

Um einen Versuch an HUMEs problematischen Begriff (diesem seinem  crux metaphysicorum),  nämlich dem Begriff der Ursache, zu machen, so ist mir erstlich vermittels der Logik die Form eines bedingten Urteils überhaupt, nämlich ein gegebenes Erkenntnis als Grund und das andere als Folge zu gebrauchen,  a priori  gegeben. Es ist aber möglich, daß in der Wahrnehmung eine Regel des Verhältnisses angetroffen wird, die da sagt: daß auf eine gewisse Erscheinung eine andere (obgleich nicht umgekehrt) beständig folgt und dieses ist ein Fall, mich des hypothetischen Urteils zu bedienen und z. B. zu sagen: wenn ein Körper lange genug von der Sonne beschienen ist, so wird er warm. Hier ist nun freilich noch nicht eine Notwendigkeit der Verknüpfung, mithin der Begriff der Ursache. Allein ich fahre fort und sage: wenn obiger Satz, der bloß eine subjektive Verknüpfung der Wahrnehmungen ist, ein Erfahrungssatz sein soll, so muß er als notwendig und allgemeingültig angesehen werden. Ein solcher Satz aber würde sein: Sonne ist durch ihr Licht die Ursache der Wärme. Die obige empirische Regel wird nunmehr als Gesetz angesehen und zwar nicht als geltend bloß von Erscheinungen, sondern von ihnen zum Behuf einer möglichen Erfahrung, welche durchgängig und also notwendig gültige Regeln bedarf. Ich sehe also den Begriff der Ursache, als einen zur bloßen Form der Erfahrung notwendig gehörigen Begriff und dessen Möglichkeit als einer synthetischen Vereinigung der Wahrnehmungen in einem Bewußtsein überhaupt aber, als einer Ursache, sehe ich gar nicht ein und zwar darum, weil der Begriff der Ursache ganz und gar keine den Dingen, sondern nur der Erfahrung anhängende Bedingung andeutet, nämlich daß diese nur eine objektiv-gültige Erkenntnis von Erscheinungen und ihrer Zeitfolge sein könne, sofern die vorhergehende mit der nachfolgenden nach der Regel hypothetischer Urteile verbunden werden kann.


§ 30.

Daher haben auch die reinen Verstandesbegriffe ganz und gar keine Bedeutung, wenn sie von Gegenständen der Erfahrung abgehen und auf Dinge an sich selbst ( Noumena)  bezogen werden wollen. Sie dienen gleichsam nur, Erscheinungen zu buchstabieren, um sie als Erfahrung lesen zu können; die Grundsätze, die aus der Beziehung derselben auf die Sinnenwelt entspringen, dienen nur unserem Verstand zum Erfahrungsgebrauch; weiter hinaus sind es willkürliche Verbindungen, ohne objektive Realität, deren Möglichkeit man weder  a priori  erkennen, noch ihre Beziehung auf Gegenstände durch irgendein Beispiel bestätigen oder nur verständlich machen kann, weil alle Beispiele nur aus irgendeiner möglichen Erfahrung entlehnt, mithin auch die Gegenstände jeder Begriffe nirgend anders, als in einer möglichen Erfahrung angetroffen werden können.

Diese vollständige, obzwar wider die Vermutung des Urhebers ausfallende Auflösung des HUMEschen Problems rettet also den reinen Verstandesbegriffen ihren Ursprung  a priori  und den allgemeinen Naturgesetzen ihre Gültigkeit, als Gesetzen des Verstandes, doch so, daß sie ihren Gebrauch nur auf Erfahrung einschränkt, darum, weil ihre Möglichkeit bloß in der Beziehung des Verstandes auf Erfahrung ihren Grund hat; nicht aber so, daß sie sich von Erfahrung, sondern daß Erfahrung sich von ihnen ableitet, welche ganz umgekehrte Art der Verknüpfung HUME sich niemals einfallen ließ.

Hieraus folgt nun folgendes Resultat aller bisherigen Nachforschungen: "alle synthetischen Grundsätze  a priori  sind nichts weiter, als Prinzipien möglicher Erfahrung" und können niemals auf Dinge an sich selbst, sondern nur auf Erscheinungen, als Gegenstände der Erfahrung, bezogen werden. Daher auch reine Mathematik sowohl, als reine Naturwissenschaft niemals auf irgendetwas mehr, als bloße Erscheinungen gehen können und nur das vorstellen, was entweder Erfahrung überhaupt möglich macht, oder was, indem es aus diesen Prinzipien abgeleitet ist, jederzeit in irgendeiner möglichen Erfahrung muß vorgestellt werden können.


§ 31.

Und so hat man denn einmal etwas Bestimmtes und woran man sich bei allen metaphysischen Unternehmungen, die bisher, kühn genug, aber jederzeit blind, über alles ohne Unterschied gegangen sind, halten kann. Dogmatische Denker haben es sich niemals einfallen lassen, daß das Ziel ihrer Bemühungen so kurz sollte ausgesteckt werden und selbst diejenigen nicht, die, trotzig auf ihre vermeinte gesunde Vernunft, mit zwar rechtmäßigen und natürlichen, aber zum bloßen Erfahrungsgebrauch bestimmten Begriffen und Grundsätzen der reinen Vernunft auf Einsichten ausgingen, für die sie keine bestimmten Grenzen kannten, noch kennen konnten, weil sie über die Natur und selbst die Möglichkeit eines solchen reinen Verstandes niemals entweder nachgedacht hatten oder nachzudenken vermochten.

Mancher Naturalist der reinen Vernunft (darunter ich den verstehe, welcher sich zutraut, ohne alle Wissenschaft in Sachen der Metaphysik zu entscheiden) möchte wohl vorgeben, er habe das, was hier mit soviel Zurüstung, oder, wenn er lieber will, mit weitschweifigem pedantischem Pompe vorgetragen worden, schon längst durch den Wahrsagergeist seiner gesunden Vernunft nicht bloß vermutet, sondern auch gewußt und eingesehen: "daß wir nämlich mit aller unserer Vernunft über das Feld der Erfahrungen nie hinaus kommen können." Allein da er doch, wennman ihm seine Vernunftprinzipien allmählich abfragt, gestehen muß, daß darunter viele sind, die er nicht aus Erfahrung geschöpft hat, die also von dieser unabhängig und  a priori  gültig sind, wie und mit welchen Gründen weill er denn den Dogmatiker und sich selbst in Schranken halten, der sich dieser Begriffe und Grundsätze über alle mögliche Erfahrung hinaus bedient, darum eben, weil sie unabhängig von dieser erkannt werden. Und er selbst, dieser Adept der gesunden Vernunft, ist so sicher nicht, ungeachtet aller seiner angemaßten wohlfeil erworbenen Weisheit, unvermerkt über Gegenstände der Erfahrung hinaus in das Feld der Hirngespinste zu geraten. Auch ist er gemeiniglich tief genug darin verwickelt, ob er zwar durch die populäre Sprache, da er alles bloß für Wahrscheinlichkeit, vernünftige Vermutungen oder Analogie ausgiebt, seinen grundlosen Ansprüchen einigen Anstrich gibt.

§ 32.

Schon von den ältesten Zeiten der Philosophie her haben sich Forscher der reinen Vernunft, außer den Sinnenwesen oder Erscheinungen  (Phaenomena),  die die Sinnenwelt ausmachen, noch besondere Verstandeswesen  (Noumena),  welche eine Verstandeswelt ausmachen sollten, gedacht, und da sie (welches einem noch unausgebildeten Zeitalter wohl zu verzeihen war) Erscheinung und Schein für einerlei hielten, den Verstandeswesen allein Wirklichkeit zugestanden.

In der Tat, wenn wir die Gegenstände der Sinne, wie billig, als bloße Erscheinungen ansehen, so gestehen wir hierdurch doch zugleich, daß ihnen ein Ding an sich selbst zum Grunde liege, ob wir dasselbe gleich nicht, wie es an sich beschaffen sei, sondern nur sein Erscheinung d. i. die Art, wie unsere Sinne von diesem unbekannten Etwas affiziert werden, erkennen. Der Verstand also, eben dadurch, daß er Erscheinungen annimmt, gesteht auch das Dasein von Dingen an sich selbst zu und sofern können wir sagen, daß die Vorstellung solcher Wesen, die den Erscheinungen zum Grunde liegen, mithin bloßer Verstandeswesen nicht allein zulässig, sondern auch unvermeidlich sei.

Unsere kritische Deduktion schließt dergleichen Dinge  (Noumena),  auch keineswegs aus, sondern schränt vielmehr die Grundsätze der Ästhetik dahin ein, daß sie sich ja nicht auf alle Dinge erstrecken sollen, wodurch alles in bloße Erscheinung verwandelt werden würde, sondern daß sie nur von Gegenständen einer möglichen Erfahrung gelten sollen. Also werden hierdurch Verstandeswesen zugelassen, nur mit Einschärfung dieser Regel, die gar keine Ausnahme leidet: daß wir von diesen reinen Verstandeswesen ganz und gar nichts Bestimmtes wissen, noch wissen können, weil unsere reinen Verstandesbegriffe sowohl, als reine Anschauungen auf nichts, als Gegenstände möglicher Erfahrung mithin auf bloße Sinnenwesen gehen und sobald man von diesen abgeht, jenen Begriffen nicht die mindeste Bedeutung mehr übrig bleibt.

§ 33.

Es ist in der Tat mit unseren reinen Verstandesbegriffen etwas Verfängliches, in Ansehung der Anlockung zu einem transzendenten Gebrauch; denn so nenne ich denjenigen, der über alle mögliche Erfahrung hinausgeht. Nicht allein, daß unsere Begriffe der Substanz, der Kraft, der Handlung, der Realität etc. ganz von der Erfahrung unabhängig sind, desgleichen gar keine Erscheinung der Sinne enthalten, also in der Tat auf Dinge an sich selbst  (Noumena)  zu gehen scheinen; sondern, was diese Vermutung noch bestärkt, sie enthalten eine Notwendigkeit der Bestimmung in sich, der die Erfahrung niemals gleichkommt. Der Begriff der Ursache enthält eine Regel, nach der aus einem Zustand ein anderer notwendigerweise folgt; aber die Erfahrung kann uns nur zeigen, daß oft, und wenn es hoch kommt, gemeiniglich auf einen Zustand der Dinge ein anderer folge und kann also weder strenge Allgemeinheit, noch Notwendigkeit verschaffen etc.

Daher scheinen Verstandesbegriffe viel mehr Bedeutung und Inhalt zu haben, als daß der bloße Erfahrungsgebrauch ihre ganze Bestimmung erschöpfte, und so baut sich der Verstand unvermerkt an das Haus der Erfahrung noch ein viel weitläufigeres Nebengebäude an, welches er mit lauter Gedankenwesen anfüllt, ohne es einmal zu merken, daß er sich mit seinen sonst richtigen Begriffen über die Grenzen ihres Gebrauchs verstiegen habe.


§ 34.

Es waren also zwei wichtige, ja ganz unentbehrliche, obzwar äußerst trockene Untersuchungen nötig, welche Kritik Seite 168f und 249f angestellt worden, durch deren erstere gezeigt wurde, daß die Sinne nicht die reinen Verstandesbegriffe  in concreto,  sondern nur das Schema zum Gebrauch derselben an die Hand geben und der ihm gemäße Gegenstand nur in der Erfahrung (als dem Produkt des Verstandes aus Materialien der Sinnlichkeit) angetroffen werde. In der zweiten Untersuchung (Kritik Seite 249) wird angezeigt, daß ungeachtet der Unabhängigkeit unserer reinen Verstandesbegriffe und Grundsätze von Erfahrung, ja selbst ihrem scheinbar größeren Umfang des Gebrauchs, dennoch durch dieselben, außer dem Feld der Erfahrung, gar nichts gedacht werden könne, weil sie nichts tun können, als bloße die logische Form des Urteils in Ansehung gegebener Anschauungen bestimmen; da es aber über das Feld der Sinnlichkeit hinaus ganz und gar keine Anschauung gibt, jenen reinen Begiffen es ganz und gar an Bedeutung fehle, indem sie durch kein Mittel  in concreto  können dargestellt werden, folglich alle solche  Noumena  samt Inbegriff derselben, einer intelligiblen (7) Welt, nichts, als Vorstellungen einer Aufgabe sind, deren Gegenstand an sich wohl möglich, deren Auflösung aber nach der Natur unseres Verstandes gänzlich unmöglich ist, indem unser Verstand kein Vermögen der Anschaung, sondern bloß der Verknüpfung gegebener Anschaungen in einer Erfahrung ist, und daß diese daher alle Gegenstände für unsere Begriffe enthalten müsse, außer ihr aber alle Begriffe, da ihnen keine Anschauung unterlegt werden kann, ohne Bedeutung sein werden.


§ 35.

Es kann der Einbildungskraft vielleicht verziehen werden, wenn sie bisweilen schwärmt, d. i. sich nicht behutsam innerhalb der Schranken der Erfahrung hält, denn wenigstens wird sie durch einen solchen freien Schwung belebt und gestärkt und es wird immer leichter sein, ihre Kühnheit zu mäßigen, als ihrer Mattigkeit aufzuhelfen. Daß aber der Verstand, der  denken  soll, stattdessen  schwärmt,  das kann ihm niemals verziehen werden; denn auf ihm beruth alle Hilfe, um der Schwärmerei der Einbildungskraft, wo es nötig ist, Grenzen zu setzen.

Er fängt es aber hiermit sehr unschuldig und sittsam an. Zuerst bringt er die Elementarerkenntnisse, die ihm vor aller Erfahrung beiwohnen, aber dennoch in der Erfahrung immer ihre Anwendung haben müssen, ins Reine. Allmählich läßt er diese Schranken weg und was sollte ihn auch daran hindern, da der Verstand ganz frei seine Grundsätze aus sich selbst genommen hat? und nun geht es zuerst auf neu erdachte Kräfte in der Natur, bald hernach auf Wesen außerhalt der Natur, mit einem Wort auf eine Welt, zu deren Einrichtung es uns an Bauzeug nicht fehlen kann, weil es durch fruchtbare Erdichtung reichlich herbeigeschafft und durch Erfahrung zwar nicht bestätigt, aber auch niemals widerlegt wird. Das ist auch die Ursache, weswegen junge Denker Metaphysik in echter dogmatischer Manier so lieben und ihr oft ihre Zeit und ihr sonst brauchbares Talent aufopfern.

Es kann aber gar nichts helfen, jene fruchtlosen Versuche der reinen Vernunft durch allerlei Erinnerungen wegen der Schwierigkeit der Auflösung so tief verborgener Fragen, Klagen über die Schranken unserer Vernunft und Herabsetzung der Behauptungen auf bloße Mutmaßungen mäßigen zu wollen. Denn wenn die  Unmöglichkeit  derselben nicht deutlich dargetan worden, und die  Selbsterkenntnis  der Vernunft nicht wahre Wissenschaft wird, worin das Feld ihres richtigen von dem ihres nichtigen und fruchtlosen Gebrauchs, sozusagen mit geometrischer Gewißheit unterschieden wird, so werden jene eitlen Bestrebungen niemals völlig abgestellt werden.


§ 36.
Wie ist Natur selbst möglich?

Diese Frage, welche der höchste Punkt ist, den transzendentale Philosophie nur immer berühren mag und zu welchen sie auch, als ihrer Grenze und Vollendung, geführt werden muß, enthält eigentlich zwei Fragen:

Erstlich:  wie ist Natur in materieller Bedeutung, nämlich der Anschauung nach, als der Inbegriff der Erscheinungen, wie ist Raum, Zeit und das, was beide erfüllt, der Gegenstand der Empfindung, überhaupt möglich? Die Antwort ist: vermittels der Beschaffenheit unserer Sinnlichkeit, nachwelcher sie auf die ihr eigentümliche Art von Gegenständen, die ihr an sich selbst unbekannt und von jenen Erscheinungen ganz unterschieden sind, gerührt wird. Diese Beantwortung ist, im Buch selbst, in der transzendentalen Ästhetik, hier aber in den Prolegomenen durch die Auflösung der ersten Hauptfrage gegeben worden.

Zweitens:  wie ist Natur in  formeller  Bedeutung, als der Inbegriff der Regeln, unter denen alle Erscheinungen stehen müssen, wenn sie in einer Erfahrung als verknüpft gedacht werden sollen, möglich? Die Antwort kann nicht anders ausfallen, als: sie ist nur möglich vermittels der Beschaffenheit unseres Verstandes, nach welcher alle jene Vorstellungen der Sinnlichkeit auf ein Bewußtsein notwendig bezogen werden und wodurch allererst die eigentümliche Art unseres Denkens, nämlich durch Regeln und vermittels dieser die Erfahrung, welche von der Einsicht der Objekte an sich selbst ganz zu unterscheiden ist, möglich ist. Diese Beantwortung ist im Buch selbst, in der transzendentalen Logik, hier aber in den Prolegomenen im Verlauf der Auflösung der zweiten Hauptfrage gegeben worden.

Wie aber diese eigentümliche Eigenschaft unserer Sinnlichkeit selbst oder die unseres Verstandes und der ihm und allem Denken zum Grunde liegenden notwendigen Apperzeption möglich sei, läßt sich nicht weiter auflösen und beantworten, weil wir ihrer zu aller Beantwortung und zu allem Denken der Gegenstände immer wieder nötig haben.

Es sind viele Gesetze der Natur, die wir nur vermittels der Erfahrung wissen können, aber die Gesetzmäßigkeit in Verknüpfung der Erscheinungen, d. i. die Natur überhaupt können wir durch keine Erfahrung kennen lernen, weil Erfahrung selbst solcher Gesetze bedarf, die ihrer Möglichkeit  a priori  zum Grunde liegen.

Die Möglichkeit der Erfahrung überhaupt ist also zugleich das allgemeinge Gesetz der Natur und die Grundsätze der ersteren sind selbst die Gesetze der letzteren. Denn wir kennen Natur nicht anders, als den Inbegriff der Erscheinungen d. i. der Vorstellungen in uns und können daher das Gesetz ihrer Verknüpfung nirgend anders, als von den Grundsätzen der Verknüpfung derselben in uns, d. i. in den Bedingungen der notwendigen Vereinigung in einem Bewußtsein, welche die Möglichkeit der Erfahrung ausmacht, hernehmen.

Selbst der Hauptsatz, der durch diesen ganzen Abschnitt ausgeführt worden, daß allgemeine Naturgesetze  a priori  erkannt werden können, führt schon von selbst auf den Satz: daß die oberste Gesetzgebung der Natur in uns selbst d. i. in unserem Verstand liegen müsse und daß wir die allgemeinen Gesetze derselben nicht von der Natur mittels der Erfahrung, sondern umgekehrt, die Natur ihrer allgemeinen Gesetzmäßigkeit nach bloß aus den in unserer Sinnlichkeit und dem Verstand liegenden Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung suchen müssen; denn wie wäre es sonst möglich, diese Gesetze, da sie nicht etwa Regeln der analytischen Erkenntnis, sondern wahrhafte synthetische Erweiterungen derselben sind,  a priori  zu kennen? Eine solche und zwar notwendige Übereinstimmung der Prinzipien möglicher Erfahrung mit den Gesetzen der Möglichkeit der Natur kann nur aus zweierlei Ursachen stattfinden: entweder diese Gesetze werden von der Natur vermittels der Erfahrung entlehnt oder umgekehrt, die Natur wird von den Gesetzen der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt abgeleitet und ist mit der bloßen allgemeinen Gesetzmäßigkeit der letzteren völlig einerlei. Das Erstere widerspricht sich selbst, denn die allgemeinen Naturgesetze können und müssen  a priori  (d. i. unabhängig von aller Erfahrung) erkannt und allem empirischen Gebrauch des Verstandes zum Grund gelegt werden: also bleibt nur das zweite übrig. (8)

Wir müssen aber empirische Gesetze der Natur, die jederzeit besondere Wahrnehmungen voraussetzen, von den reinen oder allgemeinen Naturgesetzen, welche ohne daß besondere Wahrnehmungen zum Grunde liegen, bloß die Bedingungen ihrer notwendigen Vereinigung in einer Erfahrung enthalten, unterscheiden, und in Ansehung der letzteren ist Natur und  mögliche  Erfahrung ganz und gar einerlei und da in dieser Gesetzmäßigkeit auf der notwendigen Verknüpfung der Erscheinungen in einer Erfahrung (ohne welche wir ganz und gar keinen Gegenstand der Sinnenwelt erkennen können), mithin auf den ursprünglichen Gesetzen des Verstandes beruth, so klingt es zwar anfangs befremdlich, ist aber nichts desto weniger gewiß, wenn ich in Ansehung der letzteren sage:  der Verstand schöpft seine Gesetze (a priori) nicht aus der Natur, sondern schreibt sie dieser vor. 


§ 37.

Wir wollen diesen dem Anschein nach gewagten Satz durch ein Beispiel erläutern, welches zeigen soll, daß Gesetze, die wir an Gegenständen der sinnlichen Anschauung entdecken, vornehmlich wenn sie als notwendig erkannt worden, von uns selbst schon für solche gehalten werden, die der Verstand hinein gelegt, ob sie gleich den Naturgesetzen, die wir der Erfahrung zuschreiben, sonst in allen Stücken ähnlich sind.


§ 38.

Wenn man die Eigenschaften des Zirkels betrachtet, dadurch diese Figur so manche willkürliche Bestimmungen vereinigt, so kann man nicht umhin, diesem geometrischen Dinge eine Natur beizulegen. So teilen sich nämlich zwei Linien, die sich einander und zugleich den Zirkel schneiden, nach welchem Ungefähr sie auch gezogen werden, doch jederzeit so regelmäßig, daß das Rechteck aus den Stücken einer jeden Linie dem der anderen gleich ist. Nun frage ich: "liegt dieses Gesetz im Zirkel oder liegt es im Verstand", d.i. enthält diese Figur, unabhängig vom Verstand, den Grund dieses Gesetzes in sich oder legt der Verstand, indem er nach seinen Begriffen (nämlich der Gleichheit der Halbmesser) die Figur selbst konstruiert hat, zugleich das Gesetz der einander in geometrischer Proportion schneidenden Sehnen in dieselbe hinein? Man wird bald gewahr, wenn man den Beweisen dieses Gesetzes nachgeht, daß es allein von der Bedingung, die der Verstand der Konstruktion dieser Figur zum Grunde legte, nämlich der Gleichheit der Halbmesser könne abgeleitet werden. Erweitern wir diesen Begriff nun, die Einheit mannigfaltiger Eigenschaften geometrischer Figuren unter gemeinschaftlichen Gesetzen noch weiter zu verfolgen und betrachten wir den Zirkel als einen Kegelschnitt, der also mit anderen Kegelschnitten unter ebendenselben Grundbedingungen der Konstruktion steht, so finden wir, daß alle Sehnen, die sich innerhalb der letzteren, der Ellipse, der Parabel und Hyperbel schneiden, es jederzeit so tun, daß die Rechtecke aus ihren Teilen zwar nicht gleich sind, aber doch immer in gleichen Verhältnissen gegeneinander stehen. Gehen wir von da noch weiter, nämlich zu den Grundlehren der physischen Astronomie, so zeigt sich ein über die ganze materielle Natur verbreitetes physisches Gesetz der wechselseitigen Attraktion, deren Regel ist, daß sie umgekehrt mit dem Quadrat der Entfernungen von jedem anziehenden Punkt ebenso abnehmen, wie die Kugelflächen, in die sich diese Kraft verbreitet, zunehmen, welches als notwendig in der Natur der Dinge selbst zu liegen scheint und daher auch als  a priori  erkennbar vorgetragen zu werden pflegt. So einfach nun auch die Quellen dieses Gesetzes sind, indem sie bloß auf dem Verhältnis der Kugelfläche von verschiedenen Halbmessern beruhen, so ist doch die Folge davon so vortrefflich in Ansehung der Mannigfaltigkeit ihrer Zusammenstimmung und Regelmäßigkeit derselben, daß nicht allein alle möglichen Bahnen der Himmelskörper in Kegelschnitten, sondern auch ein solches Verhältnis derselben untereinander erfolgt, daß kein ander Gesetz der Attraktion, als das des umgekehrten Quadratverhältnisses der Entfernungen zu einem Weltsystem als schicklich erdacht werden kann.

Hier ist also Natur, die auf Gesetzen beruht, welche der Verstand  a priori  erkennt und zwar vornehmlich aus allgemeinen Prinzipien der Bestimmung des Raums. Nun frage ich: liegen diese Naturgesetze im Raum und lernt sie der Verstand, indem er den reichhaltigen Sinn, der in jenem liegt, bloß zu erforschen sucht oder liegen sie im Verstand und in der Art, wie dieser den Raum nach den Bedingungen der synthetischen Einheit, darauf seine Begriffe ingesamt auslaufen, bestimmt? Der Raum ist etwas so Gleichförmiges und in Ansehung aller besonderen Eigenschaften so Unbestimmtes, daß man in ihm gewiß keinen Schatz von Naturgesetzen suchen wird. Dagegen ist das, was den Raum zur Zirkelgestalt, der Figur des Kegels und der Kugel bestimmt, der Verstand, sofern er den Grund der Einheit der Konstruktion derselben enthält. Die bloße allgemeine Form der Anschauung, die Raum heißt, ist also wohl das Substratum aller auf besondere Objekte bestimmbaren Anschauungen, und in jenem liegt freilich die Bedingungen der Möglichkeit und Mannigfaltigkeit der letzteren; aber die Einheit der Objekte wird doch lediglich durch den Verstand bestimmt und zwar nach Bedingungen, die in seiner eigenen Natur liegen und so ist der Verstand der Ursprung der allgemeinen Ordnung der Natur, indem er alle Erscheinungen unter seine eigenen Gesetze faßt und dadurch allererst Erfahrung (ihrer Form nach)  a priori  zustande bringt, vermöge deren alles, was nur durch Erfahrung erkannt werden soll, seinen Gesetzen notwendig unterworfen wird. Denn wir haben es nicht mit der Natur  der Dinge an sich selbst  zu tun, die ist sowohl von Bedingungen unserer Sinnlichkeit, als des Verstandes abhängig, sondern mit der Natur, als einem Gegenstand möglicher Erfahrung und da macht es der Verstand, indem er diese möglich macht, zugleich, daß die Sinnenwelt entweder gar kein Gegenstand der Erfahrung oder eine Natur ist.

LITERATUR: Immanuel Kant - Prolegomena einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können, J. H. von Kirchmann (Hrsg), Heidelberg 1882
    Anmerkungen
    1) Ich gestehe gern, daß diese Beispiele nicht solche Wahrnehmungsurteile vorstellen, die jemals Erfahrungsurteile werden könnten, wenn man auch einen Verstandesbegriff hinzu täte, weil sie sich bloß aufs Gefühl, welches jedermann als bloß subjektiv erkennt und welches also niemals dem Objekt beigelegt werden darf, beziehen und also auch niemals objektiv werden können; ich wollte nur vor der Hand ein Beispiel von dem Urteil geben, was bloß subjektiv gültig ist und in sich keinen Grund zur notwendigen Allgemeingültigkeit und dadurch zu einer Beziehung aufs Objekt enthält. Ein Beispiel der Wahrnehmungsurteile, die durch hinzugesetzten Verstandesbegriff Erfahrungsurteile werden, folgt in der nächsten Anmerkung.
    2) Um ein leichter einzusehendes Beispiel zu haben, nehme man folgendes: wenn die Sonne den Stein bescheint, so wird er warm. Dieses Urteil ist ein bloßes Wahrnehmungsurteil und enthält keine Notwendigkeit, ich mag diese noch so oft und andere auch noch so oft wahrgenommen haben; die Wahrnehmungen finden sich nur gewöhnlich so verbunden. Sage ich aber: die Sonne  erwärmt  den Stein, so kommt über die Wahrnehmung noch der Verstandesbegriff der Ursache hinzu, der mit dem Begriff des Sonnenscheins den der Wärme  notwendig  verknüpft und das synthetische Urteil wird notwendig allgemein gültig, folglich objektiv und aus einer Wahrnehmung in Erfahrung verwandelt.
    3) So wollte ich lieber die Urteile genannt wissen, die man in der Logik  particularia  nennt. Denn der letztere Ausdruck enthält schon den Gedanken, daß sie nicht allgemein sind. Wenn ich aber von der Einheit (in einzelnen Urteilen) anhebe und so zur Allheit fortgehe, so kann ich noch keine Beziehung auf die Allheit beimischen; ich denke nur die Vielheit ohne Allheit, nicht die Ausnahme von derselben. Dieses ist nötig, wenn die logischen Momente den reinen Verstandesbegriffen unterlegt werden sollen; im logischen Gebrauch kann man es beim Alten lassen.
    4) Wie stimmt aber dieser Satz: daß Erfahrungsurteile Notwendigkeit in der Synthesis der Wahrnehmungen enthalten sollen, mit meinem oben vielfältig eingeschärften Satz: daß Erfahrung, als Erkenntnis  a posteriori,  bloß zufällige Urteile geben könne? Wenn ich sage, Erfahrung lehrt mir etwas, so meine ich jederzeit nur die Wahrnehmung, die in ihr liegt, z. B. daß auf die Beleuchtung des Steins durch die Sonne jederzeit Wärme folge und also ist der Erfahrungssagz sofern allemal zufällig. Daß diese Erwärmung notwendig aus der Beleuchtung durch die Sonne erfolge, ist zwar im Erfahrungsurteil (vermöge des Begriffs der Ursache) enthalten, aber das lerne ich nicht durch Erfahrung, sondern umgekehrt, Erfahrung wird allererst durch diesen Zusatz des Verstandesbegriffs (der Ursache) zur Wahrnehmung erzeugt. Wie die Wahrnehmung zu diesem Zusatz komme, darüber muß die Kritik im Abschnitt von der transzendentalen Urteilskraft, Seite 137 und folgende der ersten Ausgabe nachgesehen werden; es ist das Hauptstück "von dem Schematismus der reinen Verstandesbegriffe".
    5) Diese drei aufeinander folgende Paragraphen werden schwerlich gehörig verstanden werden können, wenn man nicht das, was die Kritik über die Grundsätze sagt, dabei zur Hand nimmt; sie können aber den Nutzen haben, das Allgemeine derselben leichter zu übersehen und auf die Hauptmoment acht zu haben.
    6) Die Wärme, das Licht etc. sind im kleinen Raum (dem Grad nach) ebenso groß, als ein einem großen; ebenso die inneren Vorstellungen, der Schmerz das Bewußtsein überhaupt nicht kleiner dem Grad nach, ob sie eine kurze oder lange Zeit hindurch dauern. Daher ist die Größe hier in einem Punkt und in einem Augenblick ebenso groß, als in jedem noch so großen Raum oder Zeit. Grade sind also größer, aber nicht in der Anschauung, sondern der bloßen Empfindung nach oder auch die Größe des Grundes einer Anschauung kann nur durch das Verhältnis von 1 zu 0, d. i. dadurch, daß eine jede derselben durch unendliche Zwischengrade bis zum Verschwinden oder von der Null durch unendliche Momente des Zuwachses bis zu einer bestimmten Empfindung in einer gewissen Zeit erwachsen kann, als Größe geschätzt werden.  (Quantitas qualitas est gradus.  / Die Größe der Qualität ist der Grad.)
    7) Nicht (wie man sich gemeinhin ausdrückt)  intellektuellen  Welt. Denn  intellektuell  sind die  Erkenntnisse  durch den Verstand und dergleichen gehen auch auf unsere Sinnenwelt;  intelligibel  aber heißen  Gegenstände,  sofern sie  bloß durch den Verstand  vorgestellt werden können und auf die keine unserer sinnlichen Anschauungen gehen kann. Da aber doch jedem Gegenstand irgendeine mögliche Anschauung entsprechen muß, so würde man sich einen Verstand denken müssen, der unmittelbar Dinge anschaut; von einem solchen aber haben wir nicht den mindesten Begriff, mithin auch nicht von den  Verstandeswesen, 6 auf die er gehen soll.
    8) CRUSIUS allein wußte einen Mittelweg: daß nämlich ein Geist, der nicht irren noch betrügen kann, uns diese Naturgesetze ursprünglich eingepflanzt habe. Allein da sich doch oft auch trügliche Grundsätze einmischen, wovon das System dieses Mannes selbst nicht wenig Beispiele gibt, so sieht es bei einem Mangel sicherer Kriterien, den echten Ursprung vom unechten zu unterscheiden, mit dem Gebrauch eines solchen Grundsatzes sehr mißlich aus, indem man niemals sicher wissen kann, was der Geist der Wahrheit oder der Vater der Lügen uns eingeflößt haben möge.