M. PalágyGans-LudassyW. JamesW. Ostwald | |||
Energielehre und Pragmatismus
Meine Damen und Herren! Die philosophischen Richtungen, von denen heutzutage am lautesten geredet wird, sind wohl die zwei, die mit dem obigen Namen bezeichnet werden. Beide stehen zum Kritizismus in engster Beziehung. Die Wissenschaft der Gegenwart ist bescheiden oder sagen wir lieber offen: skeptisch; man glaubt an nichts mehr, weder an die Atome, noch an den Raum, noch an die Seelen, noch an sonst etwas. Der Altmeister KANT hat diese Skepsis in schärfster Weise durchgeführt, aber sie gleichzeitig durch die allerschönsten und kompliziertesten Formeln beschönigt und verdeckt. Seine Skepsis war ebenso scharf oder vielleicht noch schärfer als die HUMEs. Unser Weltbild ist falsch, von Ende zu Ende falsch und kann auch nicht durch ein besseres ersetzt werden. So bescheiden war also der Mensch mit IMMANUEL KANT geworden; seine Nachfolger gehen jedoch insofern in der Bescheidenheit weiter (und zwar mit sehr großem Recht), als sie sagen, unser Weltbild kann falsch sein, aber es kann auch ebensogut richtig sein, das können wir nicht beurteilen. Einer der schlimmsten modernen Skeptiker im Kantischen Sinne ist AUGUST WEISSMANN, bei dem die Lehre aber eine ganz naturwissenschaftliche Färbung angenommen hat. Unser Gehirn ist eine physiologische Anpassung; es ist also in keiner Weise auf das Erkennen angelegt, sondern auf das Handeln. Wenn wir ein Gehirn gehabt hätten, das zu dem ganz fremdartigen Zweck gebildet wäre, Wahrheit zu erkennen, da würde uns wahrscheinlich die Welt vollständig anders erscheinen als jetzt. Diese Betrachtungsweise erhält durch das Evolutionsgesetz von der Sparsamkeit der Natur eine beträchtliche Stütze. Es hätte wohl der Natur unsagbare Mühe verschafft, unser Gehirn für wahrheitsgemäße und naturgetreue Erkenntnis einzurichten, und das dafür erforderliche Gehirn hätte tausendfach komplizierter sein müssen, als das unsrige schon ist. Es hat schon Mühe genug gekostet, um ein leidlich brauchbares Gehirn so einzurichten, daß das Lebewesen mit Hilfe von Symbolen und Jllusionen aller Art sich einigermaßen im Leben aushelfen kann. In Bezug auf die Wahrheit sind unsere Symbole alle Täuschungen, aber in Bezug auf die Bedürfnisse unseres Lebens sind sie zuverlässige Führer, da ja die schädlichen Täuschungen durch den Daseinskampf ausgemerzt werden. Der Pragmatismus besteht nicht so sehr auf den negativen, als auf den positiven Elementen dieses Satzes: Unsere Erkenntnis hat sich im Leben bewährt und diese Probe des Lebens ist das einzig mögliche Kriterium für die Richtigkeit unserer Erkenntnisse. Die Energielehre geht insofern etwas mehr auf die ursprüngliche Tendenz der kritischen Philosophie zurück, als sie die Frage nach der Wirklichkeit zurückweist und meint, daß die Wissenschaft in der Bestimmung der Gesetze der Erlebnisse aufgehen könne. Hat sich die alte Frage: "was dauert in der Welt" als unlösbar gezeigt, so fragen wir jetzt nach der Naturphilosophie anders und sagen: "was ändert sich in der Welt", und "nach welchen Gesetzen ändert es sich?" Niemand kann die Werke OSTWALDs lesen, ohne an die alten Griechen denken zu müssen, an die Zeiten, wo die Lehre vom Sein und die Lehre vom Werden miteinander im Kampf lagen und vor allem an den großen HERAKLIT mit seinem berühmten Satz: Alles fließt, das Bestehen ist ein trügerischer Schein, der sich bildet, wenn Vergehen und Wachstum sich einen Moment die Stange halten. Ganz ähnlich sagt OSTWALD: Man soll nach den Substanzen oder den Dingen überhaupt nicht fragen; wir erkennen nur die Energien, die alle oder beinahe alle ineinander verwandelt werden können. Der philosophische Gegensatz, dem wir hier begegnen, ruht wohl in letzter Instanz auf einem Zwiespalt in unserem Erleben. Wir erleben teils Änderungen, teils konstante Sachen, die letzteren nennt man populär Empfindungen und man denkt sich wohl oft die Änderung so, als ob eine konstante Empfindung mit einer anderen umgetauscht würde, usf.; tatsächlich sind es aber die selteneren Fälle, daß wir wirklich Empfindungen erleben, meistens erleben wir nicht das Konstante, sondern die Empfindungsänderungen. INdessen orientieren wir uns am besten in der Welt durch das Vergleichen und vergleichen tun wir wieder am leichtesten die konstanten Empfindungen untereinander. Deshalb haben wir uns die Gewohnheit gebildet, in einem Veränderungsprozeß die Aufmerksamkeit nicht so sehr auf das Sichändern zu richten, als vielmehr auf das Anfangs- und Endglied einer Reihe, und diese konstanten Glieder schaffen wir uns meistens selbst, indem wir von ihren kleinen eben merklichen Änderungen absehen. Die Substanz ist ursprünglich meistens ein solcher Ausschnitt aus der Welt der Veränderungen, doch haben die Menschen von Anfang an mit diesem Begriff (oder mit dem des Dings) nicht so sehr versucht, konstante Erlebnisse zu bestimmen, als vielmehr eine hinter den Erlebnissen verborgene und über das Erlebnis hinaus dauernde Realität zu erfassen. Die Vertreter der neueren Naturphilosophie meinen wohl von diesem Begriff wieder wegkommen zu können, indem sie nämlich die Aufmerksamkeit nicht auf das Dauernde, sondern auf die Veränderungen und auf die Gesetze der Veränderungen lenken. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß OSTWALD selbst übersieht, daß die Welt der Energien doch etwas vollständig Neues und Anderes bezeichnet der der Erlebnisse gegenüber. Die Energie ist freilich nicht etwas Unveränderliches, so wie man sich die Substanz vorstellt, sie hat aber dennoch etwas von eben dieser Unveränderlichkeit an sich. Die Energie ist nämlich unvertilgbar, sie ist nur abänderlich, aber nicht vertilgbar. Etwas Ähnliches gilt von den Erlebnissen nicht. Die Energien lassen sich ineinander nur nach bestimmten Gesetzen verändern und vor allem nach dem Gesetz von der Äquivalenz. Ähnliche Gesetze gelten für die Erlebnisse absolut nicht und vor allem sind sie schlechthin alle vertilgbar. Ich meine, daß die moderne Energielehre sehr viel Schönes enthält, sie muß aber in der Richtung noch geläutert werden, daß sie sich bewußt wird, daß auch sie mit Hypothesen arbeitet und nicht direkt mit den Erlebnissen. Der Urheber des Kritizismus, KANT selbst, begeht denselben Fehler wie OSTWALD, indem er glaubt, daß die Phänomene als solche erlebt werden können, während er doch gleichzeitig darunter eben die Gegenstände der objektiven Welt versteht, die als solche ja Hypothesen sind, und nicht Erlebnisse. Der Empirismus ist bei den Kritikern übertrieben und geht über seine berechtigten Grenzen weit hinaus, wenn diese Leute lhren, daß die Wissenschaft ohne Hypothesen auskommen und nur mit Erlebnissen arbeiten soll. Das hieße die synthetischen Maximen KANTs abweisen und sich auf die analytischen zurückziehen, und wäre der reinste Selbstmord der Wissenschaft. Eine Wissenschaft kann sich über das rein Subjektive überhaupt nicht aufbauen, sondern sie muß überall mit dem Objektiven, d. h. mit den Hypothesen rechnen. Was die wahre kritische und empirische Wissenschaft von der früheren Dogmatik trennt, ist, daß sie nur solche Hypothesen als Wahrheit zulassen, die verifizierbar sind. Die wissenschaftlichen Hypothesen müssen durch die Erfahrung bestätigt werden können, und d. h. wieder in psychologischer Sprache, daß sie neue Erwartungen in eindeutiger Weise bestimmen müssen. Ich meine, daß dieses geläuterte kritische Prinzip sich sehr gut mit der Energielehre verträgt. Das Gesetz von der Äquivalenz bezieht sich nicht direkt auf die Erlebnisse, steht aber trotzdem mit diesen in der engsten Verbindung, indem es unsere Erwartungen in eindeutiger Weise bestimmt und also zu jeder Zeit empirisch verifizierbar ist. Die Energien sind also nicht menschliche Erlebnisse, sondern sie sind Wesen, die, von uns ganz und gar unabhängig, außer uns leben. Was sind sie denn für Wesen? OSTWALD gibt uns selbst die Antwort, daß sie die Ursachen sind und da hat er nun wieder ganz recht, etwas anderes können wir uns unter diesem Begriff kaum denken. Sie sind also anhand des Kausalgesetzes gefunden, welches Gesetz besagt, daß jedes Erlebnis seine Ursache haben muß. Wenn man aber mit diesem Prinzip nicht allein spielen will, sondern dami Ernst machen, ergibt sich unabweislich die Forderung, daß die Energien wirklich existieren oder daß sie Ausdruck sind für etwas, das wirklich existiert, denn nur das wirklich Existierende kann Ursache sein. So kommen wir dann auch mit der Energielehre nicht an der alten kritischen Frage vorbei, ob unsere Wissenschaft Wahrheit erkennt oder nicht. Man könnte freilich diese Frage in rein skeptischer Art zurückweisen, indem man sich sagt, daß, wenn sie nur nützlich ist, es uns vollständig gleichgültig bleibt, wieviele konstante Fehlerquellen unser ganzes Weltbild fälschen. Diese absolute Zurückhaltung bleibt uns aber immer unnatürlich und zwar, weil die Wissenschaft mit dem Kausalgesetz arbeitet. Daß unsere Wissenschaft so überaus nützlich ist und daß sie die Erlebnisse richtig zu erwarten hilft, muß doch auch eine Ursache, eine Causa haben und es liegt nahe, diese Ursache in einer gewissen Übereinstimmung zwischen unseren Hypothesen und der realen Welt zu suchen. Wenn die Naturphilosophie diesen erkenntnis-theoretischen Optimismus zulassen würde, würde er sich nahe mit dem Pragmatismus berühren. Auf alle Fälle ist eine Erkenntnistheorie, die darauf besteht, daß wir in keiner Weise vom Ding ansich etwas wissen können, nicht sehr nützlich; sie wird eben der sonstigen Wissenschaft gegenüber eine zwar recht ehrenhafte, aber sehr vereinsamte Position einnehmen. So hat es ja auch KANT selbst mit der reinen Skepsis nicht aushalten können, sondern er hat gemeint, durch die praktische Vernunft doch einen verstohlenen Blick in das Gelobte Land der wahren Wirklichkeit werfen zu können. Man hat gemeint, es sei seitens der menschlichen Wissenschaft so sehr bescheiden, einzugestehen, daß wir nichts richtig erkennen, es ist aber unleugbar noch bescheidener zu sagen, daß auch dieser Satz nicht zu beweisen ist. Fruchtbar und nützlich ist nicht diejenige Erkenntnistheorie, die Zeit und Raum und Kausalität und Mannigfaltigkeit etc. schlechthin als menschliche Fehlerquellen bezeichnet, sondern erst die, welche in unserem Weltbild die wirklich wahrscheinlichen Fehlerquellen und nicht die abstrakt möglichen aufzudecken sucht. Erst wenn die Aufgabe der Erkenntniskritik so gefaßt wird, kann sie zu einem Prolegomenon, zu einer Grundlegung, einer künftigen Metaphysik werden. In diesem Sinne (1) wird es vielleicht richtig sein, die Sinnesqualitäten als rein menschlich bedingt und so gewissermaßen als Fehlerquellen zu betrachten, die unser sinnliches Weltbild zu einem rein symbolischen gestalten. In diesem selben Sinne aber auch das Kausalgesetz und die Kausalerwartung als eine Fehlerquelle aufzufassen, ist uns nicht möglich und hätte auch keinen Wert, insofern, als dadurch die Idee von der Wirklichkeit, die wir eben läutern möchten, wie durch eine Explosion zerspringt und in das reinste Nichts zerfällt. Wir modernen Menschen glauben also trotz KANT und dem ganzen Kritizismus an die objektive Gültigkeit des Kausalgesetzes: Jede Wirkung hat ihre Ursache. Damit ist auch ein allererstes Prinzip der Metahpysik gegeben, welches so geformt werden kann: So viele Verschiedenheiten in den Erlebnissen, so viele in der objektiven, metaphysischen Wirklichkeit. Damit ist ferner gegeben, daß es nur unter sehr starkem Vorbehalt erlaubt sein kann, die Zeit als eine subjektiv bedingte, menschliche Auffassungsform zu betrachten. Freilich, wenn jemand sagt, daß unsere Vorstellung von der Zeitfolge, von dem was die Zeitfolge objektiv ist, durch und durch abweicht und dieses nur rein symbolisch abbildet (genau wie die grüne Farbe nur ein menschliches Symbol ist für die Ätherschwingung), so kann die Möglichkeit einer solchen Auffassung nicht widerlegt werden und die Wissenschaft kann sie auch gern zulassen, jedoch nur unter der Bedingung, daß am Kausalgesetz nicht gerüttelt werde. Jedem positiven Unterschied, dem wir unter den Erlebnissen begegnen, muß also ein realer Unterschied in der objektiven Wirklichkeit entsprechen oder mit anderen Worten: Neben unserem subjektiv bedingten Zeitbild muß auch irgendeine Art objektiver Zeit bestehen und Wirklichkeit haben. Mit dem hier Gesagten ist ohne weiteres auch gegeben, daß die Kategorie der Mannigfaltigkeit, wie KANT sich ausdrückt, auch auf die objektive, transzendentale Wirklichkeit Anwendung hat, und nicht, wie wohl die orientalische Philosophie es will, als eine menschliche Verunstaltung der transzendenten göttlichen All-Einheit aufzufassen sein kann. Der Meister des Kritizismus blieb in diesem Punkt im Widerspruch mit sich selbst. Einerseits lehrt er, daß die Mannigfaltigkeit eine apriorische Verstandeskategorie ist und insofern mit den subjektiven Begriffen von Raum und Zeit auf einem Plan steht, andererseits läßt er aber sehr ausdrücklich verstehen, daß er die wahren Wirklichkeiten, die Noumena, als die Gedanken Gottes auffaßt. Hier schleicht sich also doch die Kategorie der Mannigfaltigkeit in die transzendente Welt hinein oder anders ausgedrückt, es bleibt auch hier das alte orientalische und späterhin plotinische Problem vom Verhältnis von der göttlichen All-Einheit und der Mannigfaltigkeit der Welt, schroff und ungelöst. Wir modernen Menschen wollen aber keine Wirklichkeiten, auch keine transzendenten, ohne Mannigfaltigkeit annehmen. Wir halten hier fest an dem Satz HERBARTs: So viel Schein, so viel Hindeutung auf Sein und deuten in durch den Zusatz: So viele Unterschiede unter den Erlebnissen, so viele in der objektiven Wirklichkeit. Damit ist endlich auch der richtige Gesichtspunkt gewonnen für die Frage nach der Objektivität des Raums. Unsere Raumanschauung mag nur ein symbolisches Abbild der Wirklichkeit sein, so muß es doch auch einen objektiven Raum geben, in dem Sinne, daß dem System von Unterschieden, das unser Raumbild ausmacht, ein System von transzendenten Unterschieden zugrunde liegt. Ich bin mit diesen Sätzen über die Schilderung der Naturphilosophie und des Pragmatismus hinausgegangen, um anzudeuten, nach welcher Richtung diese beiden Philosophiesysteme ergänzt werden müssen, um mit einer völlig modernen und möglichst einwandfreien Erkenntnistheorie übereinzukommen. Die Pragmatiker dürfen sich nicht bei der WEISSMANNschen Auffassung beruhigen, daß unsere Symbole zwar alle trügerisch, aber dennoch glücklich sind, weil sie Nutzen bringen. Sie müssen vielmehr, auf das Kausalgesetz gestützt, sich fragen, weshalb unsere ganze Wissenschaft nützlich ist und suchen ausfindig zu machen, inwiefern in unserer Erkenntnis neben den Fehlerquellen auch Wahrheitsquellen tätig sind. Und die Naturphilosophie darf nicht vor der Frage nach dem Wesen es Dinges ausweichen; es ist geradezu lustig, zu sehen, mit welchen Künsten OSTWALD sich mit dem Dingbegriff abfindet. nach ihm ist das Ding eher ein grammatischer als ein erkenntnistheoretischer Hilfsbegriff, eine Erfindung, um die substantive Form zu ermöglichen und soll in der Tat nur einen umschränkten Ausschnitt aus der Reihe der Erlebnisse bezeichnen. Das ist nun offenbar nur ein durch seine Naturphilosophie herbeigeführtes Mißverständnis, denn das Ding ist tatsächlich niemals Erlebnis, das Erlebnis als solches niemals Ding. Nachdem OSTWALD durch seinen Kunstgriff dem Dingbegriff entronnen ist, begegnet ihm doch gleich wieder und in unvermeidlicher Weise die philosophische Vorstellung vom Objekt und zwar zuerst in der Gestalt des Substanzbegriffs. Auf diesen geht er dann gleich als ein tapferer Ritter los und zerlegt ihn mit wenigen Stößen. Er hat doch wesentlich nur eine Einwendung gegen das Objekt, die nämlich, daß der Substanzbegriff uns oft verleitet, in einer Sache nur ein dauerndes Ding (mit vielen Eigenschaften) zu sehen, während in der Tat vielleicht alle Eigenschaften gleich selbständige Dinge wären. Er kommt durch diese ganze Gedankenführung dazu, den Unterschied zwischen den verschiedenen Energien und Energiesystemen in Bezug auf Veränderlichkeit zu übersehen. Raum und Zeit scheinen bei ihm überhaupt nicht Energien zu sein, sondern Ursachen, die sich nicht verändern können. Auch die Masse, trotzdem sich OSTWALD alle erdenkliche Mühe gibt, sie mit den anderen Energieformen auf eine Linie zu bringen, läßt sich doch nicht in andere Energieformen überführen. Ich meine, daß eine Metaphysik der Naturphilosophie, die sehr wohl möglich wäre, hier einzusetzen hätte, beim Unterschied in der Veränderlichkeit der Energiesysteme. Schon DEMOKRIT und der alte Materialismus setzte hier ein: Derselbe Wein schmeckte mir gestern sauer und heute süß, je nach meinem Gesundheits- und Gemütszustand. Eigenschaften, deren Veränderlichkeit von mir allein abhängen, sind subjektiv und nicht objektiv. Die rein subjektiven Veränderungen setzen also ein objektiv Unverändertes voraus, aber auch die rein objektiven Veränderungen schließen das Unveränderliche mit ein. Die Naturphilosophie sagt uns, das Unveränderliche in der Welt sei die Summe der Energie; diese ist ja aber nur eine Zahl, ein symbolischer Begriff und der Metaphysiker kann nicht umhin, auch hier das Kausalgesetz anzuwenden und sich zu fragen: Weshalb ist die Summe der Energie unveränderlich? Offenbar nur deshalb, weil den Veränderungen eine Grenze gesetzt ist. Die Energie ist also eine Substanz und die beschränkte Veränderlichkeit gehört zu ihren Eigenschaften. Diese Substanz ist es, die man nicht vergrößern noch vermindern kann. Das Gesetz von der Konstanz der Summe ist nicht eine transzendente platonische Idee, die wie eine Zauberformel über die Welt ihre Wirkung ausübt, sondern sie ist nur eine Hinweisung auf die genannten Eigenschaften der Weltsubstanz. Mit diesen wenigen Worten will ich nur angedeutet haben, daß sowohl der Pragmatismus als die Naturphilosophie Seiten enthalten, nach denen sie über den Skeptizismus KANTs hinaus und auf eine objektive Metaphysik hinweisen.
1) Vergleiche zum Folgenden meine Schrift "Zur psychologischen Analyse der Welt", Berlin 1900 und zum Ganzen den Artikel "Haben die Naturgesetze Wirklichkeit", 1907. |