tb-1cr-2 Die Grenzen Gegenstand der Erkenntnis Definitiondow     
 
HEINRICH RICKERT
Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft
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I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
XI.
XII.
XIII.
XIV.
DIE AUFGABE
DIE GESCHICHTLICHE SITUATION
DER HAUPTGEGENSATZ
NATUR UND KULTUR
BEGRIFF UND WIRKLICHKEIT
DIE NATURWISSENSCHAFTLICHE METHODE
NATUR UND GESCHICHTE
GESCHICHTE UND PSYCHOLOGIE
GESCHICHTE UND KUNST
DIE HISTORISCHEN KULTURWISSENSCHAFTEN
DIE MITTELGEBIETE
DIE QUANTITATIVE INDIVIDUALITÄT
DIE WERTINDIFFERENTE QUANTITÄT
DIE OBJEKTIVITÄT DER KULTURGESCHICHTE

"Will man also die Qualitäten und mit ihnen die  Wirklichkeit  festhalten, so muß man bei ihrer Heterogenität bleiben, dann aber in ihrem Kontinuum Einschnitte machen. Auch hierbei geht vom Inhalt der Wirklichkeit alles verloren, was zwischen den durch die Begriffe gezogenen Grenzen liegt und das ist nicht wenig. Denn auch wenn wir die Grenzen noch so nah aneinanderlegen, so fließt doch immer die Wirklichkeit selbst mit ihrer kontinuierlichen und daher unerschöpflichen Andersartigkeit zwischen ihnen unbegriffen hindurch. Wir können also mit den Begriffen nur Brücken über den Strom der Realität schlagen, mögen die einzelnen Brückenbogen auch noch so klein sein. Daran wird  keine  Wissenschaft vom realen Sein etwas ändern."


IV.
NATUR UND KULTUR

Eine streng systematische Untersuchung, welche die logischen Probleme voranstellt, müßte von einer Reflexion auf die  formalen  Unterschiede der Methoden ausgehen, also vom Begriff einer  historischen  Wissenschaft her den der  Kulturwissenschaft  verstehen. (1) Weil jedoch die Einzelwissenschaften zuerst an  sachliche  Unterschiede anknüpfen und die Arbeits-teilung  auch in ihrem weiteren Verlauf vor allem durch den materialen Unterschied von Natur und Kultur bestimmt wird, so beginne ich, um mich nicht noch weiter, als es ohne hin schon nötig ist, von den Interessen der Einzelforschung zu entfernen, mit dem sachlichen Gegensatz und schließe hieran eine Erörterung der formalen methodischen Unterschiede an, um dann erst die Beziehungen zwischen dem formalen und dem materialen Einteilungsprinzip aufzuzeigen.

Die Worte  Natur  und  Kultur  sind nicht eindeutig und insbesondere wird der Begriff der Natur immer erst durch den Begriff näher bestimmt, zu dem man ihn in einen Gegensatz bringt. Den Schein der Willkür werden wir hier am besten vermeiden, wenn wir uns zunächst an die  ursprüngliche  Bedeutung halten. Naturprodukte sind es, die frei aus der Erde wachsen. Kulturprodukte bringt das Feld hervor, wenn der Mensch geackert und gesät hat. Demnach ist Natur der Inbegriff des von selbst Entstandenen, "Geborenen" und seinem eigenen "Wachstum" Überlassenen. Ihr steht die Kultur als das von einem nach gewerteten Zwecken handelnden Menschen entweder direkt Hervorgebrachte oder, wenn es schon vorhanden ist, so doch wenigstens um der daran haftenden  Werte  willen absichtlich  Gepflegte  gegenüber.

Mögen wir nun diesen Gegensatz so weit ausdehnen, wie wir nur wollen, immer hängt damit notwendig zusammen, daß in allen Kulturvorgängen irgendein vom Menschen anerkannter  Wert  verkörpert ist, um dessentwillen sie entweder hervorgebracht oder, wenn sie schon entstanden sind, gepflegt werden, daß dagegen alles von selbst Entstandene und Gewachsene ohne Rücksicht auf Werte betrachtet werden  kann  und, falls es wirklich nichts anderes als Natur im angegebenen Sinne sein soll, auch betrachtet werden  muß.

An Kulturobjekten haften also stets Werte und wir wollen sie deshalb  Güter  nennen, um sie damit zugleich als  wertvolle Wirklichkeiten  von den Werten selbst zu unterscheiden, die, für sich betrachtet, keine Wirklichkeiten sind und von denen man auch absehen kann. Die Wissenschaft denkt Naturobjekte nicht als Güter, sondern frei von der Verknüpfung mit Werten und löst man von einem Kulturobjekt in Gedanken jeden Wert ab, so darf man sagen, daß es dadurch ebenfalls zur bloßen Natur wird oder sich wissenschaftlich wie ein Naturobjekt behandeln läßt. Durch die  Beziehung auf Werte,  die entweder da ist oder nicht da ist, können wir demnach mit Sicherheit zwei Arten der  Objekte  der Wissenschaften trennen und wir dürfen es hier im methodologischen Interesse dadurch  allein,  weil abgesehen von dem an ihm haftenden Wert ein jeder realer Kulturvorgang sich auch als im Zusammenhang mit der Natur stehend und dann selbst als Natur ansehen lassen muß. Inwiefern die Wertbeziehung der für die  logische  Struktur der  historischen  Kulturwissenschaften entscheidende Punkt ist, wird sich später zeigen.

Allerdings läßt sich der materiale Unterschied der wissenschaftlichen Objekte auch noch anders formulieren und zwar so, daß der Wertbegriff dabei nicht sofort klar zutage tritt. Wir wollen diesen Umstand wenigstens kurz berühren, da es sich dabei um einen Begriff handelt, den man neuerdings in methodologischen Untersuchungen in den Vordergrund zu stellen pflegt, nämlich um den des  Verstehens. 

Gewiß kann dieser Begriff in der Methodenlehre eine große Wichtigkeit erhalten. Aber das Wort "Verstehen" ist sehr vieldeutig. Sein Begriff bedarf daher der genauen Bestimmung und vor allem kommt es bei der Trennung von Kultur- und Naturwissenschaften darauf an, wozu man das Verstehen in einen  Gegensatz  bringt. Wir müssen es hier vom Wahrnehmen trennen und dabei diesen Begriff so weit fassen, daß die gesamte Sinnenwelt, d. h. alle unmittelbar gegebenen physischen und psychischen Vorgänge, als Gegenstände der Wahrnehmung gelten. (2) Doch dürfen wir auch dann im Interesse logischer Klarheit nicht bei den Akten des  Subjekts  bleiben, das versteht, sondern es sind in unserem Zusammenhang die  Objekte  wesentlich, die verstanden werden und wenn man nun die gesamte direkt zugängliche Sinnenwelt als Objekt der Wahrnehmung bezeichnet, dann bleiben als Objekte des Verstehens, falls dieses Wort einen prägnanten Sinn behalten soll, nur noch unsinnliche  Bedeutungen  oder  Sinngebilde  übrig. Sie allein werden  unmittelbar  verstanden und sie sind es in der Tat, die, wo sie vorkommen, von der Wissenschaft eine prinzipiell andere Art der Darstellung fordern als die nur wahrnehmbaren Gegenstände der physischen und psychischen Realität oder der Sinnenwelt.

Mit dieser Unterscheidung von wahrnehmbaren und verstehbaren Objekten haben wir uns aber bereits wieder unserer früheren Entgegensetzung von Natur und Kultur genähert. Weil nämlich verstehbare Bedeutungen und Sinngebilde nur zusammen mit wahrnehmbaren Objekten vorkommen, können wir auch sagen: es gibt für die Wissenschaft einerseits Objekte, die wie die Kultur eine Bedeutung oder einen Sinn haben und die wir um dieser Bedeutung und dieses Sinnes willen verstehen und es gibt andererseits Objekte, die uns wie die Natur als völlig sinn- und bedeutungsfrei gelten und daher unverständlich bleiben. Ohne Frage hat dann auch der so formulierte Unterschied für die Wissenschaftslehre und zumal für die Methode der Geschichte eine Wichtigkeit. (3) Ja, man mag denken, daß er noch umfassender als der zuerst angegebene Unterschied von Natur und Kultur sei und somit dazu dienen könne, unsere erste Unterscheidung in die Sphäre einer höheren Allgemeinheit zu bringen. Natur wäre danach das bedeutungsfreie, nur wahrnehmbare, unverständliche, Kultur dagegen das bedeutungsvolle, verstehbare Sein und so ist es in der Tat.

Trotzdem empfiehlt es sich, daß wir bei der Beschränkung auf die Spezialdisziplinen und bei dem Versuch, die  empirischen  Kulturwissenschaften gegen die Naturforschung abzugrenzen, den  Wert gedanken in den Vordergrund rücken und uns zugleich darüber klar werden, daß eine Wertbeziehung vorliegen muß, falls empirisch reale Objekte für uns einen Sinn oder eine Bedeutung bekommen sollen, wie umgekehrt ohne irgendeine Beziehung der Objekte auf Werte nichts vorhanden wäre, was wir im prägnanten Sinne des Wortes als bedeutungs- und sinnvoll "verstehen" könnten. Wir dürfen sogar sagen, daß Sinn und Bedeutung erst durch einen Wert in ihrer Eigenart konstituiert werden und daß daher das Verstehen von Sinn und Bedeutung  ohne  Rücksicht auf Werte wissenschaftlich  unbestimmt  bleibt.

Jedenfalls haben wir schon in der Unterscheidung von wertfreier Natur und wertbehafteter Kultur das in unserem Zusammenhang  wesentliche  Moment und wir können zeigen: erst wenn die methodologische Bedeutung der Wertbeziehung klar geworden ist, läßt sich dartun, welche Tragweite der Unterschied von sinnfreien und sinnbehafteten oder von unverständlichen und verständlichen Gegenständen für die logische Struktur der spezialwissenschaftlichen Methoden besitzt.

Wir bleiben also in dieser einführenden Darstellung bei der Trennung von wertfreier Natur und wertbehafteter Kultur stehen, ohne auf die Trennung von sinnfreien, nur wahrnehmbaren, unverständlichen und sinnvollen, verstehbaren Objekten weiter zu reflektieren und lediglich über die  Art  des Wertes, der Wirklichkeiten zu Kulturgütern macht und sie dadurch als besondere Gegenstände aus der Natur heraushebt, fügen wir noch etwas hinzu.

Bei Werten, die man für sich betrachtet, kann man nicht fragen, ob sie  wirklich  sind, sondern nur, ob sie  gelten.  Ein Kulturwert ist nun entweder faktisch von allen Menschen als gültig anerkannt oder es wird seine Geltung und damit die mehr als rein individuelle Bedeutung der Objekte, an denen er haftet, wenigstens von einem Kulturmenschen postuliert und ferner darf es sich bei Kultur im höchsten Sinne nicht um Gegenstände eines bloßen Begehrens, sondern es muß sich um Güter handeln, zu deren Wertung und Pflege wir uns mit Rücksicht auf die Gesellschaft, in der wir leben oder aus einem anderen Grund zugleich mehr oder weniger "verpflichtet" fühlen, falls wir überhaupt auf die Geltung der Werte reflektieren. Doch ist dabei nicht nur an eine "moralische Notwendigkeit" zu denken, sondern es genügt, daß sich mit dem Wert der Gedanke einer Norm oder einer gesollten Verwirklichung in einem Gut überhaupt verknüpft. So grenzen wir die Kulturobjekte sowohl gegen das ab, was zwar von allen, aber nur triebartig gewertet und erstrebt wird, als auch gegen das, was zwar nicht einem bloßen Trieb, aber doch nur den Anwandlungen einer individuellen Laune seine Wertung als Gut verdankt. (4)

Daß dieser Gegensatz von Natur und Kultur, soweit es sich um einen Unterschied der beiden Gruppen von realen  Objekten  handelt, wirklich der Teilung der Einzelwissenschaften zugrunde liegt, ergibt sich leicht.

Die Religion, die Kirche, das Recht, der Staat, die Sitten, die Wissenschaft, die Sprache, die Literatur, die Kunst, die Wirtschaft und auch die zu ihrem Betrieb notwendigen technischen Mittel sind, jedenfalls auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung, Kulturobjekte oder  Güter  genau in dem Sinne, daß der an ihnen haftende Wert entweder von allen Gliedern einer Gemeinschaft als gültig anerkannt oder seine Anerkennung ihnen  zugemutet  wird. Wir brauchen daher unseren Begriff der Kultur nur noch dahin zu erweitern, daß wir auch die  Vorstufen  und die  Verfallsstadien  der Kultur, sowie die kulturfördernden oder -hemmenden Vorgänge mit in Betracht ziehen, dann sehen wir, daß er alle Objekte der Religionswissenschaft, der Jurisprudenz, der Geschichte, der Philologie, der Nationalökonomie usw., also die Gegenstände aller "Geisteswissenschaften" mit Ausnahme der Psychologie umfaßt und daß daher der Ausdruck Kulturwissenschaft eine durchaus  geeignete  Bezeichnung für die nichtnaturwissenschaftlichen Spezialdisziplinen ist.

Der Umstand, daß man auch die Betriebsmittel der Landwirtschaft, die Maschinen und die chemischen Hilfsmittel zur Kultur rechnet, ist gewiß kein Einwand gegen die Verwendung des Terminus Kulturwissenschaft, wie WUNDT gemeint hat (5), sondern zeigt im Gegenteil, daß er auf die nichtnaturwissenschaftlichen Einzeldisziplinen viel besser paßt als das Wort Geisteswissenschaft, für das WUNDT eintritt. Die technischen Erfindungen werden zwar meist mit Hilfe der Naturwissenschaft gemacht, aber sie selbst gehören doch nicht zu den  Objekten  einer naturwissenschaftlichen Untersuchung und in den "Geisteswissenschaften" sind sie ebenfalls nicht unterzubringen. Nur in einer Kulturwissenschaft findet die Darstellung ihrer Entwicklung einen Platz und welche Bedeutung sie auch für die "geistige", d. h. sinnvolle seelische Kultur haben  können,  bedarf keines Nachweises.

Von einigen Disziplinen, wie  Geographie  (6) und  Ethnographie,  kann es allerdings zweifelhaft sein, wohin sie gehören. Aber die Entscheidung darüber hängt bei ihnen nur davon ab, unter welchem  Gesichtspunkt  sie ihre Gegenstände bringen, d. h. ob sie sie als bloße Natur ansehen oder sie zum Kulturleben in Beziehung setzen. Die Erdoberfläche, ansich ein bloßes Naturprodukt, gewinnt als Schauplatz aller Kulturentwicklung noch ein anderes als bloß naturwissenschaftliches Interesse und die primitiven Völker können einerseits als "Naturvölker" angesehen, andererseits aber auch daraufhin erforscht werden, wie weit sich bei ihnen schon "Anfänge" von Kultur vorfinden. Diese Doppelseitigkeit trägt also nur dazu bei, unsere Ansicht zu bestätigen, daß es nicht auf Unterschiede wie Natur und Geist im Sinne von Körper und Seele oder physisch und psychisch ankommt und wir dürfen demnach die nichtnaturwissenschaftlichen Einzeldisziplinen unbedenklich als  Kulturwissenschaften  in der angegebenen Bedeutung bezeichnen.

Bisweilen wird jedoch dieses Wort auch in einem anderen Sinn gebraucht und daher ist es vielleicht gut, wenn wir unseren Begriff noch ausdrücklich gegen verwandte Begriffe abgrenzen, in denen der Ausdruck Kultur zum Teil ein zu  weites,  zum Teil aber auch ein zu  enges  Gebiet umfaßt. Doch will ich mich dabei auf einige Beispiele beschränken.

Als Typus für eine zu  weite  Fassung wähle ich den Begriff der Kulturwissenschaft, wie er von HERMANN PAUL (7) aufgestellt worden ist. Eine kurze Auseinandersetzung mit seinen Ansichten liegt umso näher, als er durch seine überzeugenden Ausführungen nicht nur dazu beigetragen hat, den Ausdruck Kulturwissenschaften statt Geisteswissenschaften gebräuchlich zu machen, sondern auch in neuerer Zeit zu den ersten gehört, die auf den fundamentalen Unterschied zwischen  Gesetzes wissenschaft und  Geschichts wissenschaft hingewiesen haben, der uns später beschäftigen wird.

Trotzdem will auch PAUL noch "als das charakteristische Kennzeichen der Kultur ... die Betätigung  psychischer  Faktoren bezeichnen", ja dies scheint ihm "die einzig mögliche exakte Abgrenzung des Gebietes gegen die Objekte der reinen Naturwissenschaften zu sein", und weil ihm "das  psychische  Element ... der wesentlichste Faktor in aller Kulturbewegung" ist, "um den sich alles dreht", so wird auch ihm "die  Psychologie  ... die vornehmste Basis aller in einem höheren Sinne gefaßten Kulturwissenschaft". Den Ausdruck Geisteswissenschaften meidet er  nur  deshalb, weil, "sowie wir das Gebiet der historischen Entwicklung betreten, ... wir es neben den psychischen mit physischen Kräften zu tun" haben. PAULs Begriffsbestimmung kommt also darauf hinaus, daß das Psychische, wo es  allein  auftritt, Objekt der reinen Geisteswissenschaft ist, daß alle Wirklichkeit aber, die sich aus physischem und psychischem Sein  zusammensetzt,  den Kulturwissenschaften gehört.

In diesen Gedanken ist das zweifellos richtig, daß man die Kulturwissenschaften nicht auf die Erforschung seelischer Vorgänge einschränken darf und daß der Ausdruck Geisteswissenschaften, wenn man darunter nur die Erforschung von Seelenleben versteht, auch aus diesem Grund wenig bezeichnend ist. Aber man wird doch weitergehen und fragen müssen, ob die empirischen Kulturwissenschaften überhaupt einen Grund haben, physisches und psychisches Sein so zu trennen, wie die Psychologie es tut und ob daher der Begriff des "Geistigen", den die  Kultur wissenschaften brauchen, mit dem des "Physischen" zusammenfällt, den die  Psychologie  bildet. (8) Doch auch abgesehen hiervon vermag ich nicht einzusehen, wie PAUL auf seinem Weg Naturwissenschaft und Kulturwissenschaft "exakt" voneinander scheiden will. Er selbst zieht die Konsequenz, daß nach seiner Bestimmung auch eine  tierische Kultur  anerkannt werden müsse, aber er wird doch nicht behaupten können, daß das tierische Leben bei Berücksichtigung der geistigen Vorgänge in  jedem  Falle den Kulturwissenschaften gehört. Nur dann wird das vielmehr der Fall sein, wenn wir es als  Vorstufe  nicht nur zum menschlichen Geistesleben überhaupt, sondern zum menschlichen  Kultur leben in dem von mir angegebenen Sinne betrachten. Fällt diese Beziehung auf Kultur werte  fort, so haben wir es lediglich mit "Natur" zu tun und "die einzig mögliche exakte Abgrenzung" des Gebietes  versagt  also hier vollständig.

PAUL gibt das  implizit  zu, wenn er als Beispiel einer Kulturwissenschaft vom tierischen Leben die Entwicklungsgeschichte der Kunsttriebe und gesellschaftlichen Organisation anführt, denn von Kunsttrieben und gesellschaftlicher Organisation bei den  Tieren  zu reden, hat nur dann einen Sinn, wenn es sich dabei um solche Vorgänge handelt, die nach  Analogie  mit der  menschlichen  Kultur betrachtet werden können, die dann jedoch Kulturvorgänge auch in meinem Sinne sein würden. Diese Betrachtung aber darf doch dem tierischen Leben gegenüber nicht als die  einzig  berechtigte angesehen werden, ja, es ließe sich wohl zeigen, daß die Übertragung menschlicher Kulturbegriffe auf tierische Gemeinschaften in den meisten Fällen eine spielerische und verwirrende Analogie ist. Was soll man unter dem Wort "Staat" verstehen, wenn es sowohl das Deutsche Reich als auch einen Bienenstock bezeichnet, was unter "Kunstwerk", wenn sowohl MICHELANGELOs  Mediceergräber  als auch ein Vogelgezwitscher damit gemeint ist? Jedenfalls wird PAULs Begriff gerade dadurch, daß das  Psychische  darin das  wesentliche  Merkmal sein soll, zur Abgrenzung der Kultur gegen die Natur  untauglich  und seine weiteren Ausführungen zeigen, daß er selbst mit diesem Begriff nicht auskommt.

Doch gehe ich hierauf nicht weiter ein. Ich wollte nur an einem Beispiel noch einmal klarlegen, wie ohne einen  Wert gesichtspunkt, der  Güter  von  wertfreien Wirklichkeiten  trennt, keine scharfe Scheidung von sinnvoller Kultur und sinnfreier Natur zu finden ist und ich möchte jetzt nur noch erklären,  warum  bei der Bestimmung des Kulturbegriffs so leicht anstelle des  Wertes  der Begriff des  Geistigen  als der eines Seelischen tritt.

Die Kulturvorgänge werden wirklich nicht nur mit Rücksicht auf einen Wert, sondern zugleich auch immer mit Rücksicht auf ein  psychisches  Wesen,  das  sie wertet, betrachtet werden müssen, weil Werte nur von psychischen Wesen gewertet werden, ein Umstand, der es mit sich bringt, daß das Psychische überhaupt als das Wertvollere und Sinnbehaftete im Vergleich zum Körperlichen angesehen wird. Es besteht also in der Tat ein  Zusammenhang  zwischen dem Gegensatz von Natur und Kultur einerseits und dem von Natur und Geist oder Seele andererseits, insofern in den Kulturvorgängen, weil sie Güter sind, stets eine Wertung und daher zugleich geistiges oder seelisches Leben  mitspielen  muß.

So richtig das jedoch ist, so wenig läßt sich von hier aus eine Einteilung der  Wissenschaften  durch den Gegensatz von Natur und Geist oder Seele rechtfertigen, denn das bloße Vorhandensein von  Psychischem  macht, weil seelisches Leben als solches auch als Natur zu betrachten ist, eben noch  nicht  das Kulturobjekt aus und daher ist es zur  Definition  des Kulturbegriffs nicht zu verwenden. Das ginge vielmehr nur dann, wenn im Psychischen, als der notwendigen Vorbedingung einer Wertung, immer auch der  Wert selbst  und zwar als ein allgemeingültiger Wert  mitzudenken  wäre. Dies mag in der Tat häufig geschehen, besonders wenn man das Wort "Geist" braucht und das erklärt die von uns abzulehnenden Versuche. Zu einer solchen Identifizierung von Geist und Wertung eines allgemeingültigen Wertes aber besteht kein  Recht,  solange man unter Geist das Psychische versteht. Man sollte vielmehr das "geistige" Sein, d. h. die psychischen Akte der Wertung von den Werten selbst und ihrer Geltung ebenso begrifflich trennen, wie man die realen Güter von den an ihnen haftenden Werten trennen muß und sich klarmachen, daß es in den "geistigen Werten" nicht auf das  Geistige,  sondern auf die  Werte  ankommt. Dann wird man auch das Psychische nicht mehr zur Abgrenzung der Kultur gegen die Natur benützen wollen. Nur als Akt der Wertung ist es mit der Kultur verknüpft und auch als Wertung fällt es nicht mit dem Wert zusammen, der aus einer Wirklichkeit ein Kulturgut macht.

Ganz kurz kann ich endlich die Bestimmungen behandeln, die den Begriff der Kultur auf eine zu  eng  begrenzte Gruppe allgemein gewerteter Objekte beschränken.

Sie seien hauptsächlich deshalb erwähnt, weil durch einige von ihnen das Wort "Kultur" für viele wohl einen geradezu fatalen  Nebensinn  bekommen hat, aus dem sich die Abneigung gegen den Terminus Kulturwissenschaften erklären mag. Damit meine ich weniger Zusammensetzungen wie "Kulturkampf" und "ethische Kultur", die mit Wissenschaft nichts zu tun haben und ich denke auch nicht, daß man sich durch den von gewisser Seite getriebenen Mißbrauch der Sprache, der unter "Kultur" nur die Massenbewegungen verstehen oder die Kriege vergangener Zeiten als "unsittlich" nicht zur Kultur rechnen will, den Gebrauch dieses Wortes verleiden zu lassen braucht. Ich habe vielmehr die Gedanken im Auge, die sich insbesondere mit dem Begriff der beim großen Publikum so beliebten "Kulturgeschichte" verknüpfen. Von den Gegensätzen nämlich, die z. B. zwischen einer so benannten Wissenschaft und der  politischen  Geschichte aufgestellt worden sind und die besonders in den Schriften von DIETRICH SCHÄFER (9) und EBERHARD GOTHEIN (10) eine interessante Beleuchtung erfahren haben, muß selbstverständlich unser Begriff der Kultur, um für die Einteilung der Wissenschaften in zwei Gruppen brauchbar zu sein, ganz  frei  gehalten werden. Einerseits ist nach unserer Bestimmung der Staat ein Kulturgut ebenso wie die Volkswirtschaft oder die Kunst und darin kann niemand eine willkürliche Terminologie sehen. Andererseits geht es jedoch auch nicht an, das Kulturleben ohne weiters mit dem staatlichen Leben zu identifizieren. Denn so richtig es sein mag, daß, wie besonders SCHÄFER gezeigt hat, alle höhere Kultur sich nur  im  Staat entwickelt und daher vielleicht die Geschichtsforschung im Recht ist, wenn sie das staatliche Leben in den  Vordergrund  stellt, so ist doch vieles, wie Sprache, Kunst und Wissenschaft, in seiner Entwicklung zum Teil vom Staat ganz unabhängig und wir brauchen vollends nur an die Religion zu denken, um einzusehen, wie unmöglich es ist, alle Kulturgüter dem staatlichen Leben und dementsprechend alle Kulturwerte den politischen Werten  unterordnen  zu wollen.

Wir halten also an dem mit dem Sprachgebrauch durchaus übereinstimmenden Begriff der Kultur fest, d. h. wir verstehen darunter die Gesamtheit der realen Objekte, an denen allgemein anerkannte  Werte  oder durch sie konstituierte Sinngebilde haften und die mit Rücksicht auf diese Werte  gepflegt  werden. Ohne daß wir eine nähere inhaltliche Bestimmung hinzufügen, sehen wir nun zu, wie dieser Begriff der Kultur uns weiter zur Abgrenzung der zwei Gruppen von Einzelwissenschaften dienen kann.


V.
BEGRIFF UND WIRKLICHKEIT

Wäre der Unterschied zwischen Natur- und Kulturwissenschaften bereits damit erschöpft, daß immer nach  derselben Methode  hier Naturobjekte, dort Kulturvorgänge untersucht werden, so hätte diese Feststellung  logisch  wenig zu bedeuten. Um zu zeigen, welche anderen tiefgehenden Unterschiede zwischen den beiden Gruppen von Einzelwissenschaften bestehen, wende ich mich jetzt vom materialen zum  formalen  Einteilungsprinzip. Um dieses klarzulegen, sind aber zunächst einige Bemerkungen über das spezialwissenschaftliche Erkennen im  allgemeinen  unentbehrlich und zwar will ich dabei ausgehen von dem weitverbreiteten Begriff des Erkennens als eines  Abbildens  der  Wirklichkeit.  Bevor dieser Begriff nämlich nicht, wenigstens soweit es sich um eine  wissenschaftliche  Erkenntnis handelt, als unhaltbar erkannt ist, darf man nicht hoffen, das Wesen irgendeiner wissenschaftlichen Methode zu verstehen, ja, der Begriff der wissenschaftlichen "Form" überhaupt kann vorher nicht klar werden.

Solange man sich unter der zu erkennenden Wirklichkeit eine andere Welt als die unmittelbar bekannte und zu erfahrende, also eine "transzendente" Welt denkt, die "hinter" der wahrgenommenen liegt, scheint die Abbildtheorie einen guten Sinn zu haben. Die Aufgabe der Erkenntnis besteht dann darin, aus dem unmittelbar gegebenen Material Vorstellungen oder Begriffe zu bilden, die mit jener transzendenten Welt übereinstimmen. PLATONs Erkenntnistheorie z. B. sieht - so darf ich in aller Kürze hier wohl sagen - in den "Ideen" die wahrhaft wirkliche Wirklichkeit und weil die Ideen  allgemein  sind im Gegensatz zur überall besonderen und individuellen und eigentlich nicht wirklichen Sinnenwelt, so sind auch nicht die individuellen, sondern nur die allgemeinen, also die Ideen abbildenden Vorstellungen wahr. Deswegen wird das Wesen des Begriffs in seiner  Allgemeinheit  gefunden. Oder: ein moderner Physiker hält ebenfalls die gegebene Welt mit ihren qualitativen Bestimmungen für nur "subjektiv", für objektiv dagegen die quantitativ bestimmte Welt der Atome und die Aufgabe der Erkenntnis besteht dann darin, quantitativ bestimmte Vorstellungen oder Begriffe zu bilden, die ebenfalls wahr sind, weil sie die wahrhaft wirkliche Wirklichkeit abbilden.

Aber selbst wenn diese kühnen Voraussetzungen richtig sein sollten, wissen wir doch  unmittelbar  wenigstens von einer Welt "hinter" der gegebenen Wirklichkeit nichts und die Übereinstimmung der Vorstellungen oder Begriffe mit ihr, d. h. die Ähnlichkeit des Abbildes mit dem Urbild ist also auch niemals direkt zu konstatieren. Wir können daher, um das Wesen der Erkenntnis zu verstehen, nur damit beginnen, den Prozeß der  Umformung  zu untersuchen, durch den die mit der transzendenten Welt übereinstimmenden Vorstellungen oder Begriffe zustandekommen. Es wird also jedenfalls auch beim transzendenten Wahrheitsbegriff das Erkennen von der Logik  zunächst  nicht als ein Abbilden, sondern nur als ein Umbilden des unmittelbare gegebenen Materials durch den  Begriff  betrachtet werden müssen, denn dies allein ist der uns direkt zugängliche Vorgang, durch den das gesuchte Abbild der transzendenten Wirklichkeit entstehen soll.

Vielleicht jedoch ist der transzendente Wahrheitsbegriff ganz unhaltbar, d. h. unsere einzelwissenschaftliche Erkenntnis ist auf die unmittelbar gegebene, immanente  Sinnenwelt  beschränkt und allein diese abzubilden, wäre dann ihre Aufgabe. Das scheint in der Tat weniger Voraussetzungen zu enthalten, insofern sich ja in diesem Falle die Übereinstimmung von Abbild und Original direkt konstatieren ließe.

Aber wenn wir näher zusehen, so wird gerade hier die Abbildtheorie erst recht bedenklich. Der Fortschritt in der Erkenntnis wäre unter dieser Voraussetzung nur davon abhängig, in welchem Grad es gelingt, eine  Wiederholung  der Wirklichkeit zu geben. Der Spiegel würde also am besten "erkennen" oder ein farbiges Modell in höchster Vollendung käme wenigstens mit Rücksicht auf die Sichtbarkeit der Dinge der "Wahrheit" am nächsten. Ist aber dem erkennenden Menschen wirklich mit einer solchen im Sinne des Abbildes möglichst genauen Wiederholung oder  Verdoppelung  der Wirklichkeit gedient? Ein vollkommenes Abbild besitzt wissenschaftlichen Wert für uns doch wohl nur dann, wenn das abgebildete Erfahrungsobjekt selbst uns nicht direkt zugänglich ist. Erkenntnis aber enthielte auch eine absolut vollständige Verdoppelung als solche noch lange nicht. Stellt sich also das wissenschaftliche Erkennen nicht auch hier vielmehr als ein  Umbilden  heraus und ist ohne die Annahme einer transzendenten Welt somit die Abbildtheorie nicht erst recht unhaltbar?

Freilich, es könnte jemand sagen, daß er mit dem Erkennen nichts anderes als ein Abbild der Dinge erreichen  wolle:  die Wissenschaft habe die Welt zu "beschreiben", so wie sie wirklich ist und was nicht eine mit der Wirklichkeit genau übereinstimmende Beschreibung sei, das habe überhaupt keinen wissenschaftlichen Wert, sondern bestehe lediglich aus "Konstruktionen". In der sogenannten Phänomenologie scheinen diese radikal "empiristischen" Tendenzen wieder lebendig zu werden.

Gegen die Kundgebung solchen Wollens läßt sich natürlich nicht viel sagen. Aber man darf doch die Frage aufwerfen, ob die Ausführung dieses Willens auch  möglich  ist. Man versuche nur einmal, die Wirklichkeit  genau  zu "beschreiben", d. h. sie mit allen ihren Einzelheiten, "so wie sie ist", in Begriffe aufzunehmen, um dadurch ein Abbild von ihr zu bekommen und man wird wohl bald die Sinnlosigkeit eines derartigen Unternehmens einsehen. Die empirische Wirklichkeit nämlich erweist sich als eine für uns  unübersehbare Mannigfaltigkeit,  die immer größer zu werden scheint, je mehr wir uns in sie vertiefen und sie in ihre Einzelheiten aufzulösen beginnen, denn auch das "kleinste" Stück enthält mehr, als irgendein endlicher Mensch zu beschreiben vermag, ja, was er davon in seine Begriffe und damit in seine Erkenntnis aufnehmen kann, ist geradezu verschwindend gering gegen das, was er beiseite lassen muß. (11)

Hätten wir also die Wirklichkeit mit Begriffen  abzubilden,  so ständen wir als Erkennende vor einer prinzipiell  unlösbaren  Aufgabe und so wird es denn, wenn irgendetwas, das bisher geleistet ist, überhaupt den Anspruch machen darf, Erkenntnis zu sein, auch für den immanenten Wahrheitsbegriff wohl dabei bleiben müssen, daß Erkennen nicht Abbilden durch Beschreibung der "Phänomene", sondern  Umbilden  und zwar, wie wir hinzufügen können, im Vergleich zum Wirklichen selbst, immer  Vereinfachen  ist.

Für unseren Zusammenhang könnte es vielleicht bei dieser ebenso schlichten wie unwiderleglichen Zurückweisung der Ansicht, daß die Wissenschaft ein Abbild der Wirklichkeit selbst zu geben hat, sein Bewenden haben. Aber da die Unmöglichkeit, die Wirklichkeit, "so wie sie ist", in Begriffe aufzunehmen, zur Behauptung der "Irrationalität" der empirischen Wirklichkeit führt und weil dieser Gedanke auf entschiedenen Widerspruch gestoßen ist, so will ich hierüber noch einiges hinzufügen und besonders sagen, in welchem Sinne die Wirklichkeit  irrational,  also unerkennbar und in welchem Sinne sie  rational,  also erkennbar, genannt werden darf.

Achten wir auf irgendein beliebiges, uns unmittelbar gegebenes Sein oder Geschehen, so können wir uns leicht zum Bewußtsein bringen, daß wir darin nirgends scharfe und absolute Grenzen, sondern durchweg allmähliche  Übergänge  finden. Es hängt dies mit der  Anschaulichkeit  jeder gegebenen Wirklichkeit zusammen. Die Natur macht keine Sprünge. Alles fließt. Das sind alte Sätze und sie gelten in der Tat vom physischen Sein und seinen Eigenschaften ebenso wie vom psychischen, also von allem realen Sein, das wir unmittelbar kennen. Jedes räumlich ausgebreitete oder eine Zeitstrecke erfüllende Gebilde trägt diesen Charakter der  Stetigkeit.  Das können wir kurz als Satz der  Kontinuität alles Wirklichen  bezeichnen.

Dazu aber kommt noch etwas anderes. Kein Ding und kein Vorgang in der Welt  gleicht  dem anderen vollkommen, sondern ist ihm nur mehr oder weniger ähnlich und innerhalb jedes Dings und jedes Vorgangs unterscheidet sich wiederum jeder noch so kleine Teil von jedem beliebigen räumlich und zeitlich noch so nahen oder noch so fernen. Jede Realität zeigt also, wie man auch sagen kann, ein besonderes, eigenartiges,  individuelles  Gepräge. Es dürfte wenigstens niemand behaupten wollen, daß er jemals auf etwas  absolut  Homogenes in der Wirklichkeit gestoßen wäre. Alles ist anders. Das können wir als Satz der  Heterogenität alles Wirklichen  formulieren.

Selbstverständlich gilt nun dieser Satz auch von den allmählichen kontinuierlichen Übergängen, die jede Wirklichkeit zeigt und gerade das ist wichtig für die Frage nach der Begreiflichkeit der Realität. Wohin wir den Blick richten, finden wir eine  stetige Andersartigkeit  und eine solche Vereinigung von Heterogenität und Kontinuität ist es, die der Wirklichkeit jenes eigentümliche Gepräge der "Irrationalität" aufdrückt, d. h. weil sie in jedem ihrer Teile ein  heterogenes Kontinuum  ist, kann sie so, wie sie ist, nicht in Begriffe aufgenommen werden. Stellt man daher der Wissenschaft die Aufgabe einer genauen Reproduktion des Wirklichen, so tritt nur die  Ohnmacht des Begriffes  zutage und ein absoluter Skeptizismus ist das einzige konsequente Ergebnis, wo die Abbildtheorie oder das Ideal der reinen Beschreibung die Wissenschaftslehre beherrscht. (12)

Man darf also dem wissenschaftlichen Begriff eine solche Aufgabe nicht stellen, sondern muß fragen, wie er  Macht über das Wirkliche  bekommt und auch die Antwort hierauf liegt nahe. Nur durch eine  begriffliche Trennung von Andersartigkeit und Stetigkeit  kann die Wirklichkeit "rational" werden. Das Kontinuum läßt sich begrifflich beherrschen, sobald es  homogen  ist und das Heterogene wird begreiflich, wenn wir darin Einschnitte machen können, also sein Kontinuum in ein  Diskretum  verwandeln. Damit eröffnen sich für die Wissenschaft sogar  zwei  einander geradezu entgegengesetze Wege der Begriffsbildung. Wir formen das in jeder Wirklichkeit steckende heterogene Kontinuum zu einem  homogenen Kontinuum  oder zu einem  heterogenen Diskretum  um. Insofern als dies  möglich  ist, kann dann die Wirklichkeit auch selbst  rational  genannt werden. Irrational bleibt sie nur für  die  Erkenntnis, die sie abbilden will,  ohne  sie umzuformen.

Den ersten Weg, der mit einer Beseitigung der Heterogenität beginnt, geht die  Mathematik.  Zum Teil kommt sie sogar zu einem homogenen Diskretum, wie es z. B. in der Reihe der einfachen Zahlen vorliegt, aber sie kann auch das Kontinuum begrifflich beherrschen, sobald sie es homogen denkt und sie feiert dadurch ihre höchsten Triumphe. Ihre "Apriorität" dürfte an die Homogenität ihrer Gebilde gebunden sein. Ein "Vorurteil" über noch nicht Beobachtetes oder Erfahrenes ist möglich, wo man sicher sein kann, nie auf etwas prinzipiell  Neues  zu stoßen. (13) Vom Standpunkt der Wissenschaft jedoch, die die  Wirklichkeit  erkennen will, sind diese Triumphe teuer erkauft. Die homogenen Gebilde, von denen die Mathematik redet, haben überhaupt kein "reales" Sein mehr, sondern gehören in eine Sphäre, die man nur als die eines "idealen" Seins bezeichnen kann, wenn man von ihnen sagen will, daß sie sind. Die Welt der homogenen Kontinua ist für die Mathematik die Welt der  reinen Quantitäten, und sie ist aus diesem Grund absolut "unwirkliche", denn wir kennen nur  qualitativ  bestimmte Wirklichkeiten in der Sinneswelt.

Will man also die Qualitäten und mit ihnen die  Wirklichkeit  festhalten, so muß man bei ihrer Heterogenität bleiben, dann aber in ihrem Kontinuum Einschnitte machen. Auch hierbei geht vom Inhalt der Wirklichkeit alles verloren, was zwischen den durch die Begriffe gezogenen Grenzen liegt und das ist nicht wenig. Denn auch wenn wir die Grenzen noch so nah aneinanderlegen, so fließt doch immer die Wirklichkeit selbst mit ihrer kontinuierlichen und daher unerschöpflichen Andersartigkeit zwischen ihnen unbegriffen hindurch. Wir können also mit den Begriffen nur Brücken über den Strom der Realität schlagen, mögen die einzelnen Brückenbogen auch noch so klein sein. Daran wird  keine  Wissenschaft vom realen Sein etwas ändern.

Trotzdem liegt der Gehalt der so entstehenden Begriffe der Wirklichkeit selbst prinzipiell  näher  als das Homogene und rein Quantitative, wie hier nicht weiter verfolgt zu werden braucht, da wir uns auf die Wissenschaften beschränken, die Begriffe von  realen Objekten  bilden wollen. Nur auf diese ist der Unterschied von Naturwissenschaft und Kulturwissenschaft überhaupt anwendbar. Die Wissenschaften vom idealen Sein, wie die Mathematik, gehören weder zu den einen noch zu den anderen und kommen daher in diesem Zusammenhang nicht weiter in Betracht.

Für unseren Zweck einer Gliederung der empirischen Wissenschaften vom realen Sein der Objekte wird der Nachweis, daß die Wirklichkeit, "so wie sie ist", in  keinen  Begriff eingeht, der ihren Inhalt erfassen will, wohl genügen. Nur bei einer einzigen Wissenschaft kann der Schein entstehen, daß sie trotzdem die Wirklichkeit restlos begreift und das ist aus naheliegenden Gründen die  mathematische  Physik. An sie hat daher der moderne  Rationalismus,  der das Wirkliche für völlig begreiflich hält, hauptsächlich angeknüpft. Die Physik hat es nämlich zweifellos mit  realem  Sein zu tun, aber es sieht trotzdem so aus, als werde durch die Anwendung der Mathematik das Diskretum, in welches sie die heterogene Wirklichkeit zerlegen muß, wieder in ein  stetiges Gebilde zurückverwandelt  und als sei daher das heterogene Kontinuum der Wirklichkeit selbst in die Begriffe aufgenommen. (14) Doch, wir lassen diesen einzigartigen Fall zunächst beiseite, um ihn später zu behandeln und fassen nur die anderen Wissenschaften von der Wirklichkeit ins Auge. Sie müssen sich unter allen Umständen auf einen relativ kleinen  Teil  des Wirklichen beschränken und ihre Erkenntnis kann daher nur eine Vereinfachung, niemals aber ein Abbild des realen Inhalts sein.

Hieraus ergibt sich dann eine für die Methodenlehre entscheidende Einsicht. Die Wissenschaften bedürfen, falls ihr umbildendes Verfahren nicht  willkürlich  sein soll, eines "a priori" oder eines Vor-Urteils, dessen sie sich bei der Abgrenzung der Wirklichkeit gegeneinander oder bei der Verwandlung des heterogenen Kontinuums in ein Diskretum bedienen können, d. h. sie brauchen ein  Prinzip der Auswahl,  mit Rücksicht auf das sie im gegebenen Stoff, wie man sich ausdrückt, das  Wesentliche  vom  Unwesentlichen  scheiden. Dieses Prinzip trägt dem Inhalt der Wirklichkeit gegenüber einen  formalen  Charakter und so wird der Begriff der wissenschaftlichen "Form" klar. Nur im  Inbegriff des Wesentlichen,  nicht in einem Abbild des Inhalts der Wirklichkeit haben wir die Erkenntnis nach der formalen Seite hin. Diesen Inbegriff, den wir mit Hilfe des formalen Prinzips aus der Wirklichkeit  herauslösen,  können wir auch das "Wesen" der Dinge nennen, falls das Wort überhaupt einen für die empirischen Wissenschaften bedeutsamen Sinn bekommen soll. Das Wesen läßt sich  wissenschaftlich  niemals "schauen" oder "intuitiv" erfassen, sondern ist lediglich dem "diskursiven" Denken oder einer begrifflichen "Konstruktion" zugänglich. (15)

Verhält sich dies aber so, dann wird die Methodenlehre die Aufgabe haben, die bei der begrifflichen Wesensbildung maßgebenden  Gesichtspunkte,  von denen der Mann der Einzelwissenschaft, oft ohne es zu wissen, bei einer Darstellung abhängt, ihrem  formalen  Charakter nach zu ausdrücklichem Bewußtsein zu bringen und auf das Ergebnis dieser Untersuchung kommt für uns hier alles an. Denn von der Art, wie Einschnitte in den Fluß der Wirklichkeit gemacht und die  wesentlichen  Bestandteil  ausgewählt  werden, ist offenbar der Charakter der wissenschaftlichen Methode abhängig und die Entscheidung der Frage, ob zwischen zwei Gruppen von Einzelwissenschaften, die das Wirkliche darstellen, auch mit Rücksicht auf ihre  Methode  prinzipielle Unterschiede bestehen, fällt dann mit der Entscheidung darüber zusammen, ob es zwei auch in ihrem allgemeinsten formalen Charakter voneinander prinzipiell verschiedene  Gesichtspunkte  gibt, nach denen die Einzelwissenschaften in der Wirklichkeit das Wesentliche vom Unwesentlichen absondern und so den anschaulichen Inhalt der Wirklichkeit in die Form des  Begriffs  bringen.

Nur ein Wort sei noch, ehe wir diese Frage zu beantworten suchen, über die Verwendung des Ausdrucks "Begriff" hinzugefügt. Wir verstehen hier, unserer Problemstellung entsprechend, darunter Produkte der Wissenschaft und dagegen werden sich keine Bedenken erheben lassen. Zugleich nennen wir jedoch auch den Inbegriff  all  dessen, was die Wissenschaft von einer Wirklichkeit in sich aufnimmt, um sie zu begreifen, den "Begriff" dieser Wirklichkeit, so daß wir also zwischen dem Inhalt einer wissenschaftlichen  Darstellung  überhaupt und dem Inhalt des  Begriffs  keinen Unterschied machen und das kann man als Willkür bezeichnen.

Diese Willkür wäre aber nur dann ungerechtfertigt, wenn es hier eine  feste Tradition  in der Terminologie gäbe. Sie fehlt bekanntlich gerade mi Rücksicht auf das Wort  Begriff  vollkommen. Man verwendet den Ausdruck sowohl für die "letzten", d. h. nicht weiter auflösbaren "Elemente" der wissenschaftlichen Urteile als auch für höchst komplizierte Gebilde, in denen viele solche Elemente zusammengestellt sind. Das undefinierbare "Blau" oder "Süß", das Inhalte der unmittelbaren Wahrnehmung bedeutet, wird als Begriff bezeichnet und ebenso spricht man vom Begriff der Gravitation, der mit dem Gravitations gesetz  identisch ist. Wir wollen hier, weil dieser Unterschied für die Methodenlehre wichtig ist, die "einfachen" Begriffe, die man nicht definieren kann, als  Begriffselemente  von den eigentlichen wissenschaftlichen Begriffen trennen, die  Komplexe  solcher Elemente sind und erst durch die wissenschaftliche Arbeit entstehen. Dann läßt sich eine prinzipielle Grenze zwischen "Begriff" und "Darstellung  mit  Begriffen" offenbar nicht mehr ziehen und dann ist es also nur konsequent und gar nicht willkürlich, wenn wir auch den  Begriffskomplex,  der die wissenschaftliche Erkenntnis einer Wirklichkeit enthält, als "Begriff" dieser Wirklichkeit bezeichnen. Wir brauchen durchaus einen  gemeinsamen  Terminus für  alle  die Gebilde, die das enthalten, was die  Wissenschaft  aus der anschaulichen Wirklichkeit in ihre Gedanken aufnimmt und um diesen Gegensatz des Inhalts jeder wissenschaftlichen Erkenntnis zum Inhalt der unmittelbaren Anschauung zu bezeichnen, ist gerade das Wort "Begriff" sehr geeignet.

Wissenschaftliche Begriffe können also entweder Komplexe von nicht definierbaren Begriffselementen oder auch Komplexe von definierten wissenschaftlichen Begriffen sein, die im Vergleich zu den komplizierten Begriff, den sie bilden, dann als dessen Elemente zu gelten haben. Das formale Prinzip der Begriffsbildung für ein Objekt, das erkannt werden soll, kommt unter dieser Voraussetzung nur in der  Art  der Zusammenstellung der Begriffselemente zu dem Begriff des betreffenden Objekts zum Ausdruck, nicht schon in den Begriffselementen selbst und dieses Prinzip muß mit dem der wissenschaftlichen  Darstellung  dieses Objektes zusammenfallen. So allein gewinnen wir eine Problemstellung, welche eine  Vergleichung  der verschiedenen Methoden mit Rücksicht auf ihre formale Struktur ermöglicht. In der  Begriffsbildung,  durch welche die Wirklichkeit in die Wissenschaft aufgenommen wird, muß der für die Methode der Wissenschaft maßgebende formale Charakter stecken und daher haben wir, um die Methode einer Wissenschaft zu verstehen, die Prinzipien ihrer Begriffsbildung kennen zu lernen. So ist unsere Terminologie verständlich und zugleich auch gerechtfertigt. Wenn Erkennen soviel wie Begreifen ist, dann steckt das Ergebnis der Erkenntnis im Begriff.

Hiermit sind wohl die Bedenken erledigt, die man gegen meine Verwendung des Ausdrucks "Begriff" erhoben hat. (16) Daß es sich um mehr als eine terminologische Frage handelt, ist nicht zutreffend. Unter Begriffs bildung  ist stets die Zusammenfügung von Elementen zu verstehen, gleichviel, ob diese Elemente selbst schon Begriffe sind oder nicht. Nur die Prinzipien  dieser  Begriffsbildung gilt es, aufzuzeigen, denn darin allein, nicht in den als "Elementen" verwendeten Begriffen  können  die wesentlichen logischen Unterschiede der empirischen Wissenschaften von der realen Welt zutage treten. Will man die Verwendung von Begriffen zur Bildung neuer Begriffe "Darstellung" nennen und daher nur Unterschiede in der "Methode", aber nicht in der "Begriffsbildung" zugeben, dann darf man vom "Begriff" der Gravitation ebensowenig reden wie vom "Begriff" der italienischen Renaissance. Hier jedenfalls kommt es nur darauf an, welches Prinzip die Bestandteile oder Elemente eines wissenschaftlichen Begriffes zusammenschließt.
LITERATUR - Heinrich Rickert, Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft, Tübingen 1926
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    Anmerkungen
    1) Diesen Weg habe ich eingeschlagen in meinem Buch: Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften, 1896 - 1902, 3. und 4. Auflage 1921. Vgl. ferner meine Abhandlung: Geschichtsphilosophie in: Die Philosophie im Beginn des 20. Jahrhunderts. Festschrift für Kuno Fischer, 1905, 3. Auflage als besonders gedrucktes Buch unter dem Titel: Die Probleme der Geschichtsphilosophie. Eine Einführung, 1924. Ich möchte betonen, daß auch diese Schriften nicht beabsichtigen, ein  vollständiges  System der Wissenschaften zu entwickeln und daß daher alle Einwände gegenstandslos sind, die darauf hinauskommen, daß diese oder jene Disziplin bei mir keinen Platz fände. Ein  System  der Wissenschaftslehre habe ich bisher nicht publiziert.
    2) Vgl. hierzu meine Abhandlung: Die Methode der Philosophie und das Unmittelbare. Eine Problemstellung. Logos Bd. 12, Seite 235f. Besonders Abschnitt IV: Wahrnehmbare und verstehbare Zustände.
    3) Vgl. dazu in der 3. und 4. Auflage meiner "Grenzen" den neu hinzugefügten Abschnitt: Die irrealen Sinngebilde und das geschichtliche Verstehen, Seite 404 - 464.
    4) Auf die verschiedenen Arten der Wertgeltung, deren Trennung vielfach Schwierigkeiten macht, braucht hier nicht näher eingegangen zu werden. Vgl. auch den letzten Abschnitt dieser Schrift über die Objektivität der Kulturgeschichte. Dort wird der Begriff der Geltung des Kulturwertes so weit entwickelt, wie es für das Verständnis der empirischen Objektivität der historischen Kulturwissenschaften notwendig ist.
    5) WILHELM WUNDT, Einleitung in die Philosophie, 1901
    6) Vgl. OTTO GRAF, Vom Begriff der Geographie im Verhältnis zu Geschichte und Naturwissenschaft, 1925.
    7) HERMANN PAUL, Prinzipien der Sprachgeschichte, 3. Auflage, Seite 6f
    8) In neuerer Zeit ist man immer mehr geneigt, das Geistige streng vom Seelischen zu trennen. Solange man jedoch dabei nicht den Unterschied von wertbezogener und wertfreier Wirklichkeit als entscheidend verstanden hat, kommt man damit in der Methodenlehre nicht zu prinzipieller Klarheit.
    9) DIETER SCHÄFER, Das eigentliche Arbeitsgebiet der Geschichte, 1888 und: Geschichte und Kulturgeschichte, 1891
    10) GOTHEIN, Die Aufgaben der Kulturgeschichte, 1889
    11) In meinem Buch über: Die Grenzen usw. 3. und 4. Auflage, Seite 24f, habe ich diesen zuerst vielleicht etwas paradox erscheinenden Gedanken ausführlich zu begründen versucht.
    12) Ich bemerke ausdrücklich, daß ich nicht von einer "Unendlichkeit" des Wirklichen rede, denn man könnte sagen, daß damit schon eine begriffliche Umformung des Unmittelbaren vollzogen werde. Es kommt nur darauf an, die faktische  Unübersehbarkeit  der unmittelbar gegebenen Realität zum ausdrücklichen Bewußtsein zu bringen und die Gründe zu zeigen, auf denen sie beruth. Selbstverständlich kann auch das nur mit Hilfe von  Begriffen  geschehen, denn ohne sie läßt sich überhaupt nichts aussagen, was verständlich ist. Aber die Begriffe sollen hier nur Begriffe vom  Unbegreiflichen  sein, d. h. klarstellen, was nie begriffen werden kann. Deshalb darf man nicht meinen, dadurch, daß wir einen  Begriff  vom Wirklichen als dem heterogenen Kontinuum bilden können, zeige sich ja seine Erkennbarkeit und es habe also keinen Sinn mehr, vom Wirklichen als Unerkennbarem zu reden. Die Einzelwissenschaften erstreben eine Erkenntnis des  Inhalts  der wirklichen Welt und über diesen Inhalt sagt uns der formale Begriff des heterogenen Kontinuums nichts anderes, als daß er uns seine Unerschöpflichkeit zum Bewußtsein bringt. So bleibt gerade nach Bildung dieses formalen Begriffs das Wirkliche für die Einzelwissenschaften das inhaltlich Unbegreifliche oder die Grenze ihrer auf den Inhalt gerichteten Begriffsbildung. Damit sind wohl die Einwände erledigt, die KURT STERNBERG, Zur Logik der Geschichtswissenschaft, 1914, Seite 45, gegen mich vorgebracht hat.
    13) Vgl. hierzu meine Abhandlung: Das Eine, die Einheit und die Eins. Bemerkungen zur Logik des Zahlbegriffs, 1911, Logos, Bd. 2, Seite 26f. In zweiter, umgearbeiteter Auflage ist diese Schrift als erstes Heft der "Heidelberger Abhandlungen zur Philosophie und ihrer Geschichte" 1924 erschienen.
    14) Daß auch das eine Täuschung ist, werden wir später sehen.
    15) Die Unentbehrlichkeit der Anschauung bei der Gewinnung des  Materials  der Erkenntnis wird damit selbstverständlich in keiner Weise in Frage gestellt.
    16) Vgl. MAX FRISCHEISEN-KÖHLER, Einige Bemerkungen zu Rickerts Geschichtslogik, Philosophische Wochenschrift und Literaturzeitung, 1907, Bd. 8