tb-1cr-2von AsterHerbartLapschinP. SternC. Göring    
 
HEINRICH RICKERT
Die Methode der Philosophie
und das Unmittelbare

[Eine Problemstellung]
[1/2]

"In jeder positiven Wortbedeutung steckt schon Vermittlung. Mit einer verständlichen und eindeutigen Sprache kommen wir an das Unmittelbare niemals unmittelbar heran. Unmittelbare und zugleich übertragbare  Erkenntnis des Unmittelbaren gibt es deshalb nicht. Dieser schlichte Gedanke macht den  reinen Intuitionismus als Philosophie undurchführbar."

"Der Gedanke, es sei möglich, beim Problem des Unmittelbaren in irgendeinem Stadium von  jeder Vermittlung abzusehen, scheidet nach den bisherigen Erörterungen aus. Auch die Wissenschaft vom Unmittelbaren braucht bereits am Anfang irgendeine Vermittlung, um die Sphäre der Unmittelbarkeit begrifflich abzugrenzen, und nur das ist zu verlangen, daß sich diese unentbehrliche Voraussetzung als Konstruktion zum ausdrücklichen Bewußtsein bringt, um dann konsequenz darauf zu verzichten, mit dem Unmittelbaren allein zur Erkenntnis des Unmittelbaren vorzudringen."

"Erst im Zuständlichen, haben wir das  Material im strengen Sinne, die  prote hyle oder den  Urstoff der Welt, soweit die Wissenschaft davon reden kann. Aus ihm werden durch Hinzutritt von Vermittlungen alle Gegenstände der Erkenntnis die es in der Welt für uns gibt. Der Terminus  Zustand bedeutet, wie jeder sogleich versteht, das  zustande oder  zum Stehen Gekommene und insofern bereits vom Denken Festgehaltene oder Vermittelte."

I. Die Bedeutung des
Methodenbewußtseins

 
Man hat gesagt, daß wir im Zeitalter der Methodologie leben, und in der Tat nehmen Betrachtungen über die Methode in der Wissenschaft heute viel Raum ein. Zugleich erregt dieser Umstand bei manchen Gelehrten Unbehagen. Das Nachdenken darüber,  wie  die Forschung zu verfahren hat, erscheint ihnen unfruchtbar. Daß und  was  erkannt wird, ist die Hauptsache. Oft wird an den Satz aus LOTZEs  Metaphysik  erinnert: Das beständige Wetzen der Messer ist langweilig.

Dagegen läßt sich in dieser Form nicht viel einwenden. Nur sollte man den Zusammenhang nicht vergessen, in dem LOTZEs Worte stehen. Sie richten sich gegen die Erkenntnistheorie, mit der man die Messer wetzt, "wenn man nichts zu schneiden vor hat." Die leeren Methodologien, die dabei herauskommen, wird jeder tadeln. Will man dagegen etwas schneiden, so muß man auch dafür sorgen, daß die Messer scharf genug sind, und dann brauchen methodologische Erörterungen weder langweilig noch Anzeichen von Unfruchtbarkeit zu sein. In der Geschichte der Wissenschaften können wir feststellen, daß gerade in Zeiten des größten Aufschwungs und der wichtigsten Fortschritte Untersuchungen über den Weg der Forschung im Vordergrund des Interesses standen. Das läßt sich leicht verstehen. Wo man davon überzeugt ist, neuen Stoff gefunden zu haben, den es zu erkennen gilt, liegt es nahe, nach Klarheit auch über die neuen Mittel zu suchen, die man braucht, um sich des Stoffes in einer seiner Eigenart angemessenen Weise wissenschaftlich zu bemächtigen.

In der Renaissancezeit z. B., als die moderne Naturwissenschaft entstand, schrieben nicht nur die Philosophen, sondern auch Einzelforscher wie GALILEI oder KEPLER, Traktate von der Methode. Ein  neues Organon  sollte geschaffen werden, weil das im Mittelalter herrschende des ARISTOTELES für die Erkenntnis des jetzt entdeckten Kosmos nicht mehr genügte. So original wie die Natur erschien, die man schaute, so original wollte man das Werkzeug schmieden, um sie wissenschaftlich festzuhalten. Deshalb ging mit der sachlichen Untersuchung die Besinnung auf ihren Weg Hand in Hand. Nicht anders steht es in unseren Tagen mit der Soziologie. Seit dem Erwachen des  sozialen Gewissens  ist die Aufmerksamkeit auf eine Fülle bisher übersehenen gesellschaftlichen Lebens gelenkt. Ihm gegenüber gibt man sich nicht damit zufrieden, es in alter Weise  nur geschichtlich  darzustellen. Die Soziologie strebt eine neue, tiefer dringende  Art  der Erkennnis an, und deshalb spielen in ihr Erörterungen über die Methode eine Rolle. MAX WEBER hat, um auch dafür ein Beispiel zu nennen, dieser Wissenschaft in Arbeiten, die einen fast unwahrscheinlichen Reichtum an sachlichem Material bewältigen, ganz neues Land erschlossen, und es ist kein Zufall, daß die  Abhandlungen zur Wissenschaftslehre in denen dieser Forscher seine Methode zu rechtfertigen sucht, einen starken Band füllen. Wiederholt hebt er ausdrücklich hervor, welche Anregungen er für seine Sache rein logischen Theorien verdankt.

So wenig also bestritten werden soll, daß methodologische Bemühungen bisweilen zum Ausspinnen von allerlei Möglichkeiten führen, die unfruchtbar bleiben, so wenig darf man andererseits verkennen, daß gerade solche Wissenschaften, die neue Gebiete fruchtbar anbauen wollen, Klarheit auch über den Weg ihres Forschens brauchen. Ohne Methode gibt es überhaupt keine Wissenschaft. Der theoretisch am höchsten stehende Mensch wird deshalb nicht allein nach einer Theorie seiner Gegenstände, sondern zugleich nach einer Theorie des Verfahrens streben, durch das er seine Gegenstände erkennt. Damit aber steht er mitten in wegweisenden oder methodologischen Untersuchungen.

Schon aus diesem Grund sollte man nicht darüber klagen, daß auch die Philosophie viel von ihrer Methode spricht. Den Philosophen, die immer von neuem nach dem Begriff des Welt ganzen  suchen und daher nicht in der Lage sind, eine bereits anderswo erprobte Methode auf bisher nicht bearbeitete Welt teile  einfach zu übertragen, muß noch mehr als den Einzelforschern ein klares Methodenbewußtsein wichtig sein.

Dazu kommt heute noch etwas Besonderes. Viele glauben, die philosophische Forschung unserer Zeit werde ihrer Aufgabe nicht gerecht. Man wirft ihr vor, sie verliere sich in Gespinsten von abstrakten Begriffen und vergesse darüber das konkrete Leben. Zugunsten starrer Distinktionen und Definitionen, welche die Einheit der Welt zerreißen, vernachlässige sie den ungebrochenen und unaufhaltsam vorwärtsrauschenden Fluß des wirklichen Geschehens. Mit ihrem diskursivem Denken gehe sie nur um die Dinge herum, ohne in sie einzudringen. Vor allem fehle ihr die  unmittelbare Anschauung Daher bleibe sie bei Vermittlungen und Konstruktionen stehen und weiß nichts vom primär und ursprünglich Gegebenen. So grabe sie sich selbst die Quellen ab, die sie braucht, um fruchtbar zu sein. Neuer Stoff wird nicht erdacht, sondern stets unmittelbar erlebt. An die Stelle der Konstruktion hat die Intuition zu treten. In solchen und ähnlichen Wendungen finden weitverbreitete Ansichten ihren Ausdruck. Der  Intuitionismus  gilt vielen als die Philosophie der Zukunft.

Kann er ohne Methodenbewußtsein auskommen? Seine Vertreter glauben wohl, Erörterungen über die logische Struktur des intuitiven Verfahrens ablehnen zu dürfen, und wir wollen nicht fragen, ob ihre Ausführungen nicht selber mehr methodologischer als sachlicher Art sind. Man mag zugeben, daß viel  Positive  über die Methode bei ihnen nicht zu finden ist. Sie suchen, hie und da gewiß mit viel Scharfsinn, die bisher üblichen Wesen der Begriffsbildung als unzulänglich darzutun und beschränken sich im Übrigen darauf, einen neuen  Inhalt  zu verlangen, der nicht in Konstruktionen und Begriffen, sondern in unmittelbaren Gegebenheiten, in gedankenfreier Anschauung oder unverälschter Intuition zu finden sein soll. Das Unmittelbare, erklären sie, kann nicht anders als  unmittelbar  erkannt werden. Methode bedeute soviel wie Vermittlung und sei daher von Übel.

Je deutlicher dieser methodologisch  negative  Zug hervortritt, desto mehr muß sich dem Besonnenen die Frage aufdrängen, ob es dabei sein Bewenden haben kann. Genügt es in der Wissenschaft, daß man neuen Stoff lediglich  schaut?  Ist das unmittelbare Leben im Material der Forschung schon eine Lebens lehre?  Läßt sich allein aus der Intuition ein Intuitionismus als Philosophie machen? Damit kommen wir erst zur wissenschaftlichen  Lebensfrage  der neuesten Bestrebungen und damit sind wir vor ein methodologisches Problem gestellt. Man muß von einem starken  Glauben  an die Intuition beseelt sein, um jede Methodenlehre für überflüssig zu halten. Die Philosophen, die nur schauen wollten, wußten nicht immer auch zu sagen, worauf es beim Schauen ankommt, d. h.  was  man intuitiv zu erfassen habe. Jener hat etwas ganz anderes  erschaut  als dieser, und das ist gewiß kein Zufall. Wir alle  schauen  in jeder wachen Minute unseres Daseins. Wir haben fortwährend  Erlebnisse  und erfassen sie  intuitiv.  Das können wir gar nicht verhindern. Sie drängen sich an uns heran. Niemand aber vermag alles ohne Absicht Geschaute in seine intuitive Philosophie aufzunehmen. Er muß eine Auswahl treffen, die das Wesentliche vom Unwesentlichen scheidet, und solange es dafür an einem Prinzip fehlt, wird jeder das Wesen der Welt in dem finden, was aus der Fülle seiner ungewollten Erlebnisse ihm am meisten am Herzen liegt. So erschaut der Eine höchst nüchtern Sinnesempfindungen des Auges oder Ohres, der Zweite fühlt sich in allerlei ästhetische Phänomene ein, der Dritte sieht unmittelbar Ideen nach platonischem Muster und ein Vierter erlebt intuitiv den lieben Gott. Mit dem reinen Intuitionismus scheint der reinen Willkür Tür und Tor geöffnet. Das mag dem Bedürfnis nach einem Ausleben individueller Wünsche und Neigungen sehr willkommen sein, aber daß damit auch der Wissenschaft gedient ist, steht nicht ebenso fest.

Man braucht darum nicht zu bezweifeln, daß viele Denker eine Fülle von wissenschaftlichem Material übersehen, welches für sie zu erschauen wäre, falls sie die Augen öffnen und den Blick darauf richten wollten, und vielleicht könnte es auch der Philosophie förderlich sein, wenn sie das täten. Ferner wird gewiß jeder wollen, daß die Philosophen sich möglichst vieler  genialer  Intuitionen erfreuen. Mit der Konstatierung solcher Wünsche und Möglichkeiten ist jedoch noch nichts geleistet, und spinnt man sie ohne ein leitendes Prinzip nach allen Richtungen weiter aus, so kommt man dadurch gerade zu jener Art von Methodologie, die zu völliger Unfruchtbarkeit verurteilt ist. Genialität läßt sich durch die Mahnung, daß wir schauen sollen, nicht anerziehen. Mit Recht spottet man darüber, daß viele unter denen, die heute am meisten von Intuitionismus reden, nie in ihrem Leben eine wissenschaftlich  brauchbare  Intuition gehabt haben. Die Forschung kann sich auf ein passives Hinnehmen von anschaulichem Material nicht beschränken. Je umfassender sie sich ihre Aufgabe stellt, umso mehr muß sie wissen, wohin die Aufmerksamkeit zu lenken ist. Der Kampf gegen die begriffliche Konstruktion zugunsten der Intuition beruth auf einem Mißverständnis der Ziele allen Erkennens. Man braucht ebenso Begriffe, um neue Anschauungen zu finden, wie man Anschauungen braucht, um im begrifflichen Denken vorwärts zu kommen. Gewiß führt der Rationalismus, der nur mit dem Denken arbeiten will, ins Leere, aber der Intuitionismus allein bringt die Philosophie ebenfalls nicht weiter. Alle solche Schlagworte isolieren und verabsolutieren verschiedenene Momente, die in der Wissenschaft erst dann fruchtbar werden, wenn man sie in Beziehung zueinander setzt, um sie sich gegenseitig  ergänzen  zu lassen. Klarheit aber über diese Verhältnisse ist ohne Methodenbewußtsein nicht zu erreichen. Auch der Umstand, daß wir in ihm nur die  conditio sine qua non [Grundvoraussetzung - wp] und nicht die positive Triebkraft des Philosophierens haben, hebt seine Bedeutung nicht auf.


II. Das Problem des Unmittelbaren

Doch das alles sind im Grunde Selbstverständlichkeiten und Trivialitäten. Nur weil sie leider heute nicht selten vergessen werden, war an sie zu erinnern. Wir gehen im Übrigen nicht darauf aus, die Notwendigkeit einer über das bloße Leben im anschaulichen Material hinausführenden Begriffsbildung  allgemein  weiter zu erörtern, denn auch das wäre unfruchtbar. Wir wenden uns vielmehr der Bedeutung zu, die das  intuitive  Moment für die Philosophie besitzt. Wir möchten, wie der Intuitionismus, der unmittelbaren  Anschauung  gerecht werden, um sie in ihrem ganzen  Umfang  für die Wissenschaft fruchtbar zu gestalten. Zu diesem Zweck machen wir mit dem Prinzip des Intuitionismus Ernst und stellen die Frage,  was  denn in Wahrheit unmittelbar gegeben ist, und was daher von der Philosophie berücksichtigt werden muß, damit ihr Begriff von der Welt nicht leer und arm bleibt. Dringt der Intuitionismus unserer Tage, der nicht allein unter diesem Namen geht, wirklich bis zum  Unmittelbaren  vor, und vor allem: gestaltet sich seine Anschauung so  universal,  wie man es verlangen darf, wenn sie mit Recht den Anspruch erheben soll, Grundlage einer Wissenschaft vom Universum zu sein? Hält die Philosophie der  umittelbaren Gegebenheiten  nicht vielmehr vieles für unmittelbar, was sich als sehr vermittelt erweist, und wird von ihr andererseits nicht manches Unmittelbare übersehen, weil eine an allerlei Vermittlungen gebundene Tradition es zurückdrängt oder völlig verdeckt?

Sollte sich zeigen, daß wir in der Tat in Gefahr sind, den Umfang des unmittelbar Erlebten zu unterschätzen, und daß wir weit mehr intuitiv erfassen oder erschauen können, als den meisten Intuitionisten infolge ihrer einseitigen Konstruktionen zum Bewußtsein kommt, so muß sich freilich zugleich umso deutlicher ergeben, daß es mit dem bloßen Schauen in der Philosophie nicht getan ist. Wir werden dann noch mehr als bisher alle Sorgfalt auf die Ausbildung unserer  Begriffe  zu verwenden haben, um sie zu brauchbaren Werkzeugen zu machen, die geeignet sind, das Wesentliche in der Fülle des unmittelbar gegebenen Weltstoffes wissenschaftlich zu beherrschen. Je tiefer uns die Überzeugung durchdringt, daß die Philosophie ein Material zu berücksichtigen hat, dessen Anschauung bisher nicht beachtet wurde, desto stärker muß sich auch das Bedürfnis regen, unsere Gedanken und Konstruktionen so auszugestalten, wie die Fülle der Intuitionen es fordert. Doch dieser Gedanke soll zurücktreten. Gerade die  idealistische  Philosophie, die sich auf eine Theorie der Werte stützt, hat ein Interesse daran, zu zeigen, daß ihre Probleme nicht aus Konstruktionen, sondern aus Erlebnissen oder Intuitionen entspringen, welche die Welt uns unmittelbar aufdrängt. Davon soll vor allem die Rede sein.

Also: was ist unmittelbar gegeben, und wie weit erstreckt sich das Intuitive? Gehen wir nicht oft viel zu rasch über unsere elementaren Anschauungen hinweg? Die Beantwortung dieser Fragen wird am sichersten über Recht und Unrecht des Intuitionismus entscheiden und zeigen, was von der Behauptung der Intuitionisten zu halten ist, die Philosophie vergißt über ihren Konstruktionen das Leben und hat sich deshal intuitionistisch zu gestalten.

Erkennen wir das Unmittelbare in seiner großen Bedeutung rückhaltlos an! Wir müssen es, denn es ist gewiß berechtigt, wenn man sagt, daß das Denken der Welt mit dem  Anfang  anfangen soll und dieser darf, um in Wahrheit das Erste und Ursprüngliche darzustellen, nicht etwas Abgeleitetes und Vermitteltes sein. Ebenso bleibt unbezweifelt: unmittelbar ist nicht der Begriff, sondern die Anschauung, nicht der abstrakte Gedanke, sondern das konkrete Erlebnis, nicht die Konstruktion, sondern das Intuitive. Die Forderung nach Unmittelbarkeit taucht dann auch nicht etwa erst in unserer Zeit auf. Schon manche Denker früherer Jahrhunderte haben von der Philosophie die Voraussetzungslosigkeit ihres Anfangs verlangt und deshalb das Unbezweifelbare an die Spitze gestellt.

Aber was heißt das, man solle eine  Wissenschaft  mit dem Unmittelbaren beginnen. Ist es selbstverständlich,  wie  man das macht? Eine einfache Überlegung zeigt die Schwierigkeit. Gewiß ist es möglich, daß man die Tätigkeit des Philosophierens mit dem Schauen des Unmittelbaren anfängt. Kann auch am Anfang eines philosophischen  Werkes  dasselbe Unmittelbare stehen, das man schaut? Seine  Darstellung  müssen wir doch mit einem  Satz  beginnen, und der bedarf des  Begriffes,  um anderen, ja uns selber theoretisch verständlich zu sein. Wir verbinden mit den Worten Bedeutungen, und zwar mit jedem Wort nur  eine  Bedeutung, falls damit wissenschaft etwas gesagt sein soll. Wenn aber bei den Ausdrücken, die wir wählen, jeder etwas  Bestimmtes  zu denken hat, dann scheint es fraglich, ob irgendein Werk der Philosophie mit dem Unmittelbaren auch nur  anfangen  kann. Begriffsbestimmung ist Begrenzung. Jede Determination bedeutet zugleich eine Negation, denn sie hebt eine Seite der Sache mit Ausschluß der übrigen hervor und macht daher die Betrachtung von vornherein  einseitig.  Sie führt mit anderen Worten irgendeine Vermittlung mit sich und hindert uns daran, das Umittelbare in seiner Unmittelbarkeit in die Wissenschaft aufzunehmen. Schon beim ersten Schritt der Darstellung muß an die Stelle der Intuition eine Konstruktion treten.

Damit erweist sich das Unmittelbare, soweit es in die Philosophie einzugehen hat, sogleich als ein  Problem.  Gewiß können wir es erleben oder anschauen. Können wir auch sagen, was es  ist?  Das Wort  unmittelbar  mag bei seiner Bezeichnung bedenklich sein, aber doch allein deswegen, weil es positiv noch gar nichts sagt, sondern rein negativ die Vermittlung abweist. In jeder positiven Wortbedeutung steckt schon Vermittlung. Mit einer verständlichen und eindeutigen Sprache kommen wir an das Unmittelbare niemals unmittelbar heran. Unmittelbare und zugleich übertragbare  Erkenntnis  des Unmittelbaren gibt es deshalb nicht. Dieser schlichte Gedanke macht den  reinen  Intuitionismus als Philosophie undurchführbar.

Trotzdem hebt er die Bedeutung der Tendenz, zum Unmittelbaren vorzudringen, nicht auf. Er verwandelt nur das Erfassen des Unmittelbaren durch die Wissenschaft in ein Problem, genauer in ein Ideal, das wir zwar nie vollständig erreichen, dem wir uns aber trotzdem annähern können. Der Versuch, das zu tun, ist zumal dann nicht sinnlos, wenn sich die  Richtung  bestimmen läßt, die man dabei einzuschlagen hat. Der Intuitionismus bleibt im Recht, sobald er sich darauf beschränkt, zu sagen, die Philosophie solle dem Unmittelbaren in verständlichen Sätzen mit eindeutigen Begriffen so nahe zu kommen suchen wie möglich, und sie habe daher die Worte so zu wählen, daß ihre Bedeutungen ein  Minimum  an Vermittlung enthalten. Nur muß, wenn man hoffen will, einen solchen Weg mit Erfolg zu beschreiten, zunächst die Sphäre des Minimums genau  bestimmt  werden, in der sich die Begriffe vom Unmittelbaren bewegen sollen, und schon dabei entstehen Schwierigkeiten von eigentümlicher Art.

Statt sie allgemein zu erörtern, zeigen wir sie an einem Beispiel auf und setzen im Anschluß daran das Problem des Unmittelbaren in ein noch helleres Licht. Vielfach knüpfen die Bestrebungen, welche die Bedeutung der Anschauung gegenüber dem Begriff hervorheben, an den Gedanken an, daß wir, zumindest zunächst, das zu erforschen haben, was uns unmittelbar als  Erscheinung  gegeben ist. Die Grundlage der Philosophie hätte demnach eine  Phänomenologie  zu sein. (1) Kommen wir mit dem Begriff der Erscheinung über den negativen Begriff des Unmittelbaren hinaus zu etwas Positivem, so daß dabei trotzdem das Positive noch unmittelbar bleibt?

Der Begriff des Phänomens ist alt und historisch belastet. Schon deshalb wird er den Kenner der Philosophie zur Vorsicht veranlassen. Die Gefahr liegt nahe, daß wir bei seiner Verwendung Theorien mitschleppen, die uns gerade über das täuschen, was unmittelbar ist. Auch geraten wir in eine verhängnisvolle Vieldeutigkeit der Sprache, wenn wir von  Erscheinungen  reden. Man braucht nur an GOETHEs  Urphänomen,  an HEGELs  Phänomenologie  und an die  phänomenologische  Einstellung unserer Tage zu denken. Sogleich sieht man sich vor die Frage gestellt, was das Gemeinsam an allen diesen  Erscheinungen  sein soll.

Doch auch abgesehen von geschichtlichen Erinnerungen beschwert bereits der  Ausdruck Phänomen,  wenn wir ihn nur seinem Wortsinn nach nehmen, das Unmittelbare sogar in doppelter Hinsicht. Er führt nämlich in zwei Komplexe von Voraussetzungen hinein, die mit ihren Vermittlungen die Ursprünglichkeit des Anfangs in hohem Maße bedrohen. Mit dem Wort  Erscheinung  weisen wir einmal auf etwas hin, das darin erscheint, ohne selbst Erscheinung zu sein, und wir setzen damit ferner etwas voraus, dem die Erscheinung erscheint, und das ebenfalls nicht in demselben Sinn Erscheinung sein kann. Das Phänomen steht mit anderen Worten im Gegensatz zum noumenalen [intellektuellen - wp]  Wesen,  das sich hinter ihm verbirgt, und falls man von dieser metaphysischen Bedeutung absieht, bleibt die Beziehung auf ein Ich oder Subjekt, das man dann allein zur Erscheinung rechnen kann, wenn man dafür ein neues Subjekt, dem es erscheint, voraussetzen will, d. h. schließlich eine unabsehbare Reihe annimmt, von der niemand behaupten wird, daß sie zum unmittelbar Gegebenen gehört. (2)

Kurz:  Erscheinung  ist dem  Wortsinn  nach erstens die Erscheinung  von  etwas und zweitens Erscheinung  für  etwas (wobei eventuell die beiden nicht erscheinenden Unbekannten zusammenfallen), und damit wird jede  phänomenologisch  orientierte Philosophie des Unmittelbaren brauchbar werden.

Bei dem Versuch, dies zu tun, mag man nun sagen, es sei nicht schwer, die Beziehung der Phänomene auf ein dahinter liegendes metaphysisches Wesen ganz auszuschalten. Ja man kann darin gerade den Sinn der Phänomenologie finden, daß sie sich auf das unmittelbar Erscheinende beschränkt und von dem, was in den Erscheinungen erscheint, sie als Erscheinungen von etwas anderem, bloß Intendiertem charakterisiert, völlig absieht. Soll jedoch unter dieser Voraussetzung das Wort  Erscheinung  nicht völlig bedeutungslos werden, braucht man dann nicht umso mehr ein Subjekt, dem entweder das Erscheinende erscheint, oder das durch die Erscheinungen hindurch das darin erscheinende Unbekannte intendiert? Wie aber will man ein solches Ich in dieselbe  phänomenologische  Sphäre bringen wie seine ihm erscheinenden Phänomene? Muß dabei nicht von vornherein das Gebiet des Unmittelbaren verlassen werden?

Man steht hier vor der Alternative: Entweder rückt das Subjekt an die erste Stelle der Unmittelbarkeit, so daß alle seine Erscheinungen, an deren Konstitution es irgendwie beteiligt ist, ihm gegenüber einen abgeleiteten oder vermittelten Charakter zu erhalten. Von einer Beschränkung auf die Unmittelbarkeit ist dann keine Rede mehr. Oder man geht von den Erscheinungen als dem Unmittelbaren aus, um ein Subjekt, dem sie erscheinen, zu ihnen  hinzuzudenken,  und dann ist ebenfalls die Sphäre der Unmittelbarkeit prinzipiell verlassen. Wollte man im zweiten Fall auch das Subjekt  Erscheinung  nennen, weil man es unmittelbar erlebt, so zöge man damit  innerhalb  der Erscheinungen eine Linie, die zwei Gebiete prinzipiell auseinanderhält, und es wäre nicht einzusehen, wie beide dieselbe  Art  der Unmittelbarkeit behalten sollten. Deshalb bleibt es dabei: man muß in einer  Phänomenologie,  die diesen Namen verdient, entweder die Erscheinungen oder das Subjekt unmittelbar nennen und dementsprechend entweder die Phänomene oder das, wofür sie Phänomene sind, als vermittelt bezeichnen. Insofern führt schon der Begriff der Erscheinung, falls dieses Wort seinen prägnanten Sinn behalten soll, ein Element in die Betrachtung ein, wodurch das Beharren beim Unmittelbaren des ungebrochenen Erlebens und seiner Anschauung von vornherein unmöglich gemacht wird.

Man glaube nicht, daß hiermit nur terminologische Schwierigkeiten aufgedeckt sind. Andere Bezeichnungen für das Unmittelbare weisen ebenfalls auf Begriffe hin, die sich dem Versucht, auch nur den Anfang der Philosophie auf das Unmittelbare zu beschränken, hindernd in den Weg stellen, weil sie den Gedanken mit Konstruktionen belasten, die zwar unentbehrlich sein mögen, aber nicht mehr erlauben, die Intuition gegen jede Konstruktion auszuspielen. Statt  Erscheinungen  kann man mit BERGSON auch  unmittelbare Gegebenheiten  sagen, und das klingt gewiß harmloser. Ja es klingt wie ein Pleonasmus [Doppelmoppel - wp], denn was soll das Unmittelbare anderes sein als das unmittelbar Gegebene? Doch zeigt gerade diese Frage, daß der Begriff des Gegeben uns entweder keinen Schritt weiter führt als der des Unmittelbaren, als rein negativ bleibt, oder daß er dieselbe Konstruktion voraussetzt wie der Begriff der Erscheinung. Das im prägnanten Sinn des Wortes  Gegebene  ist einem  Ich  gegeben, und es geht nicht an, das Subjekt in demselben Sinn unmittelbar gegeben zu nennen, wie das, was ihm unmittelbar gegeben ist. Bestimmen wir den Begriff des Gegebenen genau, so müssen wir fragen:  Wem  gegeben? Damit aber kommen wir wieder zu der Spaltung in Subjekt und Objekt. Vielleicht ist sie unentbehrlich schon für den Anfang der Philosophie. Doch dann denken wir das Gegebene von vornherein als eine  Gegenstand  im strengen Sinn des Wortes, d. h. als etwas, das einem Ich  entgegensteht,  und wir haben damit in jedem Fall die ursprüngliche Einheit und Unmittelbarkeit der Intuition durch eine vermittelnde Konstruktion zerstört.

Ist das einmal geschehen, so kann man freilich leicht weiter gehen, von Akten des Bewußtseins reden, die sich auf Gegenstände richten, oder mit der Scholastik und der Schule BRENTANOs von Intentionen sprechen, die etwas anderes meinen, als sie selbst sind, und nun versuchen, eine Philosophie zu schaffen, die begreiflich macht, wie aus den unmittelbaren Gegebenheiten oder Phänomenen das aktive Bewußtsein die ganze Welt der Gegenstände aufbaut. Das mag auch zu den wertvollsten wissenschaftlichen Resultaten führen. Aber wird man dann noch glauben dürfen, man bewege sich damit in der Sphäre des Unmittelbaren? Das wäre eine arge Selbsttäuschung. Schon mit dem  Bewußtsein  darf ja nicht das empirische, individuelle Ich der Psychologie gemeint sein, das als  eigenes  Ich allenfalls noch unmittelbar gegeben zu nennen wäre, denn bei der Beschränkung darauf käme man zum Solipsismus [im eigenen Saft braten - wp]. Man muß vielmehr außer dem gegebenen ein  reines  Ich nach dem Muster der transzendentalen Apperzeption der der synthetischen Einheit des Bewußtseins voraussetzen, und damit hat man das Gebiet des Unmittelbaren zugunsten sehr abstrakter Gedanken völlig verlassen. Man ist im günstigsten Fall bei den Grundgedanken der Transzendentalphilosophie angelangt. (3)

Wer in der Philosophie des deutschen Idealismus solche Begriffe deshalb für unzulässig erklärt, weil es Konstruktionen seien, und dabei zugleich von intentionalen Akten eines Bewußtseins redet, das sich auf Gegenstände richtet, der treibt eine Vogel-Strauß-Philosophie. Aus Furcht vor Konstruktionen steckt er den Kopf in den Sand der Intuitionen, um die ihm unentbehrlichen Konstruktionen nicht sehen zu müssen. Auf diese Weise kann man keine Klarheit darüber gewinnen, was in Wahrheit das Unmittelbare ist, sondern wird bei einem Gemisch von Unmittelbarem und Vermitteltem stehen bleiben und trotzdem glauben, in ihm das Unmittelbare zu besitzen. Eine Philosophie der unmittelbaren Gegebenheiten, welche der Bedeutung der Intution gerecht wird, kann auf einem solchen Weg nicht entstehen. Ja, wir sehen uns nicht einmal bei dem Bestreben befördert, die Sphäre eindeutig abzugrenzen, in der die Begriffe vom Unmittelbaren liegen sollen, und das ist der erste Schritt, den wir in einer Philosophie des Unmittelbaren zu tun haben.

Die Schilderung ließe sich leicht für die verschiedensten Richtungen des Intuitionismus weiter ausführen. Doch brauchen wir andere Bezeichnungen für das Unmittelbare nicht doch ausdrücklich daraufhin zu prüfen, was ihre Bedeutungen bereits an Vermittlungen und Konstruktionen enthalten. Es würde sich überall bald zeigen, daß man zur Subjekt-Objekt-Spaltung kommt, wenn man die Begriffe zuende denkt. Das Unmittelbare wird als Gegenstand einem Ich gegenübergestellt, welches sich auf das von ihm intuitiv Erfaßte richtet, und mit dieser Konstruktion ist dann die Sphäre der Unmittelbarkeit im Prinzip verlassen. So hat der Intuitionismus unserer Tage mehr dazu beigetragen, das Problem des Unmittelbaren zu verdecken, als es zu klären. Er arbeitet mit  unbemerkten  Vermittlungen. Weil auch die Phänomenologie damit belastet ist, wurde sie als Beispiel dafür herangezogen, wie vorsichtig man sein muß, falls man auch nur im Anfang der Philosophie dem Unmittelbaren nahe bleiben will. Es sind nicht alle von konstruktiven Ketten frei, die ihrer phänomenologisch spotten. Der Begriff einer Erscheinung  von  etwas nicht Erscheinendem und  für  etwas nicht Erscheinendes kann nicht mehr der Begriff eines unmittelbar  Erscheinenden  sein und muß daher das Problem des unmittelbar Anschaulichen oder Intuitiven verschleiern. Deshalb vermeiden wir nicht allein das Wort  Erscheinung  als Bezeichnung für das Unmittelbare, sondern lehnen auch sachlich eine  phänomenologische  Einstellung als zu  voraussetzungsvoll  für den  Beginn  der Philosophie ab. Wie verwirrend zumal das Hineinziehen eines konstruierten Ich in die Darstellung des Unmittelbaren wirken kann, wird sich im Einzelnen später noch zeigen. Hier kam es zunächst auf das allgemeine Prinzip an. Wir wollten das Problem des Unmittelbaren als  Problem  verstehen. Weil  Erscheinung  dem Wortsinn nach mehr als unmittelbar ist, eignet sich der Ausdruck schon terminologisch wenig dazu, dieses Problem zu formulieren.


III. Gegenstand und Zustand

Welchen Weg werden wir aber jetzt einschlagen, um unserem Ziel näher zu kommen? Der Gedanke, es sei möglich, dabei in irgendeinem Stadium von  jeder  Vermittlung abzusehen, scheidet nach den bisherigen Erörterungen aus. Auch die Wissenschaft vom Unmittelbaren braucht bereits am Anfang irgendeine Vermittlung, um die Sphäre der Unmittelbarkeit begrifflich abzugrenzen, und nur das ist zu verlangen, daß sich diese unentbehrliche Voraussetzung als Konstruktion zum ausdrücklichen Bewußtsein bringt, um dann konsequenz darauf zu verzichten, mit dem Unmittelbaren allein zur Erkenntnis des Unmittelbaren vorzudringen. Sie kann sich lediglich die Aufgabe stellen, das Unmittelbare als ein  Moment  neben andern in der Erkenntnis des Unmittelbaren zu begreifen. Stets trifft sie das Unmittelbare, wenn sie es denkt, im Zusammenhang mit Vermitteltem an und muß versuchen, es aus diesem Zusammenhang durch Vermittlungen herauszulösen, indem sie es sowohl auf das Vermittelte bezieht als es auch zugleich von ihm unterscheidet. Das aber ist im philosophischen Interesse nichts weniger als überflüssig. Dadurch allein dürfen wir hoffen, in die verworrenen Fragen des Intuitionismus Klarheit zu bringen.

Wir gehen dabei von dem aus, was wir bereits als vermittelt erkannt haben, um dann festzustellen, was in der Erkenntnis übrig bleibt, wenn wir von diesem Vermittelten absehen. Wir knüpfen also wieder an die Subjekt-Objekt-Spaltung an und stellen zunächst noch eine bisher nicht beachtete Voraussetzung, die in ihr enthalten ist, klar.

Das Moment an den Gegenständen der Erkenntnis, das sie zu Gegenständen macht oder sie einem Subjekt gegenüberstellt, ist das ihnen allen gemeinsame und kann daher auch ihre allgemeine  Form  genannt werden, die sich von ihrem besonderen  Inhalt  unterscheidet. Selbstverständlich geschieht diese Trennung nur in Gedanken oder Begriffen. Die Scheidung von Form und Inhalt, auf die hier nicht näher eingegangen zu werden braucht, ist also ohne Zweifel eine Konstruktion, keine Intuition. Der Intuitionismus wird ihr daher mißtrauisch gegenüberstehen. Wollte er sie aber deshalb, weil sie eine Konstruktion ist, verwerfen, so käme er damit wieder zu der schon charakterisierten Vogel-Strauß-Philosophie und würde versuchen, etwas abzulehnen, was er selber nicht entbehren kann. Wo er nämlich von  Intuition  im allgemeinen spricht oder gar sagt, daß sich  jede  Erkenntnis auf Intuition stützt, bedeutet das Wort  Intuition  nicht den Inhalt des Intuitiven, denn der ist in jedem Fall ein anderer. Es kann lediglich die Form der Intuition gemeint sein als das, was in allen intuitiv erfaßten Inhalten  dasselbe  oder das ihnen Gemeinsame ist. Selbst der Intuitionist formuliert sein  Prinzip  nicht, ohne implizit die Form vom Inhalt der Intuition zu unterscheiden. So dürfen auch wir ohne Bedenken sagen, daß alles, was die Gegenstände der Erkenntnis zu Gegenständen überhaupt macht, zu ihrer  Form  gehört.

Zugleich ist unbezweifelbar, daß keine Erkenntnis mit der Form allein auskommt. Sie bedarf stets des Inhalts, und zwar handelt es sich dabei nicht nur um das, was  Inhalt  in diesem Satz bedeutet, nämlich um den Inhalt überhaupt, der ebenfalls noch einen formalen Charakter trägt, sondern um das, was wir den  Inhalt des Inhaltes  nennen können, oder um das, was im Gegensatz zu  allen  Formen diesen einen Gegenstand von allen anderen Gegenständen inhaltlich unterscheidet. Ein solches Moment allein ist imstande, die Erkenntnis zur Erkenntnis besonderer Gegenstände zu machen, wie alle Wissenschaften sie suchen, mit Ausnahme der Erkenntnistheorie, die sich ausdrücklich auf die Formen der Erkenntnis beschränkt.

Es leuchtet ein, warum dieser Inhalt des Inhalts für unseren Zusammenhang wesentlich wird. Man kann sagen, er müsse als das Unmittelbare übrig bleiben, wenn man an den Gegenständen von allen Vermittlungen durch Formen absieht. Er läßt sich in seiner besonderen Inhaltlichkeit nicht diskursiv denken, sondern nur anschaulich oder intuitiv erfassen. Mit Rücksicht auf ihn wird daher die Anschauung oder Intuition für jede Erkenntnis in der Tat von entscheidender Wichtigkeit. Sagen wir, der reine Inhalt der Erkenntnis spottet in seiner Unmittelbarkeit der Bemächtigung durch Konstruktionen und kann nicht anders als intuitiv erlebt werden, so haben wir damit den Gedanken des Intuitionismus im besten Sinne des Wortes  aufgehoben,  d. h. ihn sowohl mit Rücksicht auf die intuitionistischen Übertreibungen beseitigt als auch bewahrt, ja zugleich auf eine höhere Stufe der wissenschaftlichen Klarheit gehoben. Es gilt jetzt, die Gedanken zu entwickeln, welche das bewahrenswerte Moment des Intutionismus in seiner vollen Tragweite erkennen lassesn und für die Philosophie sicherstellen.

Aus naheliegenden Gründen wird dabei die Terminologie von Wichtigkeit. Wir vermeiden Ausdrücke, deren Bedeutung wie die des Wortes  Erscheinung  das Unmittelbare von vornherein in der Richtung  besonderer  Vermittlungen färben oder umbilden. Weil vor allem die Vermittlungen fernzuhalten sind, die im Begriff des Gegenstandes  für  ein  Ich  stecken, wählen wir einen Namen, der unzweideutig an den Unterschied von allem schon  Gegen ständlichen erinnert und insbesondere den Gedanken an ein Subjekt fern hält, das sich auf das Unmittelbare  richtet.  Dieses umbildende Ich ist auszuschalten, wo das Unmittelbare seinem reinen Inhalt nach in Frage steht. Deshalb sind auch Ausdrücke wie  Erlebnis- oder Bewußtseinsinhalt nicht ganz geeignet, selbst wenn wir davon absehen, daß der eine schon als Modewort bedenklich erscheint und der andere einen psychologisierenden Subjektvismus nahelegt, der nocht weiter vom Unmittelbaren wegführen würde als die Vergegenständlichung und Vermittlung durch Beziehung auf ein Subjekt überhaupt. Wir brauchen zwar die Bezeichnungen  Erleben  und  im Bewußtsein haben  nicht ganz zu vermeiden, aber als besondere  Termini  für das Unmittelbare in seiner Unmittelbarkeit verwenden wir sie nicht. Dafür paßt ein anderer Ausdruck besser.

Wir wollen das Unmittelbare im Unterschied vom  Gegenstand  den bloßen  Zustand  nennen und überall von einem rein zuständlichen Inhalt des Erlebens sprechen, wo es darauf ankommt, den Gedanken an die Vermittlung des Erlebten oder Erschauten durch die Subjekt-Objekt-Spaltung nach Möglichkeit fernzuhalten. Damit weisen wir zugleich auf einen besonderen Teil der Philosophie hin. Während die  Gegenstandstheorie  zum ausdrücklichen Bewußtsein zu bringen hat, was an formalen Bestandteilen in der Erkenntnis steckt, sind von einer  Zustandslehre  die inhaltlichen Elemente zu kennzeichnen, die zusammen mit den Formen Gegenstände der Erkenntnis bilden, und auf denen es beruth, daß es nicht nur Gegenstände überhaupt, sondern diese besonderen Gegenstände gibt. Der Umstand, daß, wie die Trennung von Form und Inhalt, auch die Gegenüberstellung von Gegenstand und Zustand relativ ist, braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. Es kommt allein auf eine eindeutige Bestimmung der  Richtung  an, in welcher das Denken des Intuitiven in seiner Unmittelbarkeit sich zu bewegen hat, und da genügt es, wenn wir sagen, die Einstellung auf das rein Zuständliche der Welt habe an den Platz der intuitiven oder phänomenologischen Einstellung zu treten. Die Aufgabe dabei ist, von all dem abzusehen, was  mit  gemeint wird, wenn Einzelwissenschaften von ihrem  Material  reden. Darin steckt nicht nur Anschauung oder eine Intuition des Unmittelbaren und auch nicht bloß ein zuständlicher Inhalt, sondern immer bereits eine gegenständliche Konstruktion. Handelt es sich doch dabei um  Dinge  mit  Eigenschaften,  um Vorgänge, die aufeinander  wirken,  um  Subjekte,  die sich auf Gegenstände  beziehen  usw. Das alles geht über den anschaulichen Inhalt weit hinaus und ist von mannigfachen Formen durchsetzt. Erst im Zuständlichen, wie wir es verstehen, haben wir das  Material  im strengen Sinne, die  prote hyle  oder den  Urstoff  der Welt, soweit die Wissenschaft davon reden kann. Aus ihm werden durch Hinzutritt von Vermittlungen alle Gegenstände der Erkenntnis die es in der Welt für uns gibt.

Andererseit jedoch bezeichnet das Zuständliche nicht das Unmittelbare schlechthin, wie es lediglich geschaut oder erlebt wird. Dieser Begriff des Unmittelbaren wäre, wie wir wissen, theoretisch völlig negativ und würde uns in der Philosophie, die positive Begriffe braucht, keinen Schritt weiter führen. Mit ihm könnten wir eine  Lehre  vom Unmittelbaren nicht einmal beginnen. Der Terminus  Zustand  bedeutet vielmehr, wie jeder sogleich versteht, das  zustande  oder  zum Stehen Gekommene  und insofern bereits vom Denken Festgehaltene oder Vermittelte. Deshalb haben wir ihn gewählt. Man könnte nun freilich sagen, das zum Stehen Gekommene sei eine willkürliche Bestimmung des Unmittelbaren, die es geradezu verfälscht, denn es wird in seiner Unmittelbarkeit dadurch charakterisiert, daß in ihm  alles fließt  und  nichts besteht.  Wiederholt hat man von ihm als von einem Erlebnisstrom [james] gesprochen. Doch abgesehen davon, daß auch solche Ausdrücke doch eine Vermittlung und Festlegung des Unmittelbaren bedeuten, je Begriffe einführen, die konsequent weiter gedacht uns in  dialektische  Probleme verwickeln würden, müssen wir das Zuständliche schon deshalb als das zum Stehen Gekommene bestimmen, weil, ohne daß wir einen Inhalt als  denselben  Inhalt oder in der Form der Identität denken, wir überhaupt nichts von ihm aussagen und daher auch nicht versuchen können, ihn in einer Zustandslehre irgendwie zu kennzeichnen. Sogar der Gedanke des  Flusses  muß erst Identität voraussetzen, um sie dann  aufzuheben.  Wo man es anders meint, befindet man sich in einer Selbsttäuschung, und gerade sie haben wir zu vermeiden. Welchen Begriff man auch an die Spitze der Philosophie stellen mag, stets wird es der Begriff eines identischen Was sein.

Das bloß Zuständliche ist also schon etwas Vermitteltes und hat allein als solches in der  Philosophie  des Unmittelbaren einen Platz. Aber die  Art  der Vermittlung, die nichts anderes als eine Formung oder Festlegung durch die Identität bedeutet, ist in diesem Zusammenhang deswegen unschädlich, weil sie lediglich das bei keiner wissenschaftlichen Verständigung zu entbehrende  Minimum  an Form einschließt, und weil es daher ganz unmöglich ist, daß es einen andern ebenso oder gar noch mehr voraussetzungsfreien Anfang der Philosophie gibt. Es besteht daher auch keine Gefahr, daß das zum Stehen gekommene Unmittelbare durch Vermittlungen schon in  besonderer  und eventuell zu vermeidenden Richtung gefärbt ist und infolgedessen unser Horizont in unzulässiger Weise dadurcht verengt sein könnte, wenn wir versuchen, das Unmittelbare in seiner Zuständlichkeit seinem ganzen Umfang nach zu kennzeichnen. Das müssen wir, um so den Urstoff der Welt in seiner  Totalität  zu überschauen, und daran wird uns die unvermeidliche Einseitigkeit des Zustandsbegriffs nicht hindern. Jede denkbare Art des Unmittelbaren nimmt notwendig die Form des Zustandes oder eines zuständlichen Erlebnisinhaltes an, sobald wir davon reden. Was noch nicht Zustand ist, liegt überhaupt außerhalb aller Wissenschaft.

Völlig vor Mißverständnissen geschützt ist freilich auch dieser Ausdruck nicht. So könnte man meinen, ein Zustand sei stets der Zustand  von  etwas anderem, z. B. mein Zustand, also der Zustand eines Ich oder eines Bewußtseins, das dann nicht Zustand sein kann, und damit wäre wieder eine Spaltung vollzogen, welche die Unmittelbarkeit des Unmittelbaren in anderer Weise als die Form der Identität bedroht. Wir hätten auch den Zustand auf ein Subjekt bezogen oder ein Ich zu ihm hinzugedacht und schwebten in Gefahr, eine Konstruktion mit der Intuition zu verwechseln. Die Absicht, das Anschauliche von allen gedanklichen Umbildungen freizuhalten, wäre also von vornherein gescheitert. Doch kann die Möglichkeit eines solchen Mißverständnisses uns nicht hindern, von Zuständen zu reden. Wir meiden jede entbehrliche Konstruktion, wenn wir konsequent von allem,  wofür  oder  wovon  etwas Zustand ist, absehen und nur an den  Gehalt  des Zuständlichen denken. Das wäre bei Verwendung des Ausdrucks  Erscheinung  sehr gewaltsam und wird auch von der Phänomenologie, soweit sie mit Intentionen arbeitet, gar nicht versucht.

Auf andere, weniger naheliegende Deutungen, die beim Gebrauch des Zustandsbegriffs auszuschließen sind, wollen wir nicht eingehen. Sie alle aufzuzählen hätte keinen Zweck. Nur eine Auffassung sei noch ausdrücklich erörtert, weil ihre Abgrenzung gegen das, was wir meinen, zugleich zur weiteren Klärung unseres Begriffs beitragen kann. Gegenstände sind immer Teile oder Glieder eines umfassenderen Ganzen und machen alle zusammen das aus, was wir die  Welt  nennen. Von der Welt selber aber kann man sagen, daß sie kein  Gegen stand mehr ist, da alle Gegenstände  in  der Welt sind, und es daher zum Wesen des Gegenstandes gehört, einen bloßen  Teil  der Welt zu bilden. Dann könnte man das Weltganze im Unterschied von seinen gegenständlichen Teilen ebenfalls als zuständlich bezeichnen, insofern das All sich gegenständlich nicht mehr bestimmen läßt. Das Wort  Zustand  wäre dann ebenfalls gewählt, um den Unterschied vom Gegenstand hervortreten zu lassen, und für eine solche Terminologie ließe sich vielleicht manches sagen. Doch dann würde  Zustand  etwas bedeuten, was  mehr  als ein Gegenstand ist, oder der Weltzustand läge über alle Gegenstände hinaus. Gerade das ist hier selbstverständlich nicht gemeint. Das Zuständliche, wie wir es verstehen, ist vielmehr in einer Sphäre zu suchen, die sich  vor  allem Gegenständlichen ausbreitet, und die Frage, ob es auch Zuständliches gibt, das  hinter  allen Gegenständen liegt, soll unerörtert bleiben. Allein der  vorgegenständliche  Zustand kommt hier als ein Gegenstandsfragment in Betracht.

Wir benutzen den Unterschied der zwei Zustandsbegriffe nur noch zu einer weiteren terminologischen Bestimmung. Ein Fremdwort für das Zuständliche in der gemeinten Bedeutung, das in der Wissenschaft immer Vorzüge hat, steht uns leider nicht zur Verfügung. Nur den Teil der Philosophie, in den die Lehre von den vorgegenständlichen Zuständen fällt, können wir im Unterschied von der im Übrigen völlig unproblematisch bleibenden Lehre von einem nachgegenständlichen Weltzustand nocht in anderer Weise als bisher bezeichnen. Unsere Disziplin hat es nicht mit den schon  fertigen  Gegenständen, insbesondere nicht mit der Sinnenwelt oder Physis in der weitesten Bedeutung des Wortes zu tun. Da wir jedoch auch nicht nach etwas suchen, was  hinter  den Gegenständen, also hinter der Sinnenwelt im Übersinnlichen oder Metaphysischen liegt, wollen wir die vorgegenständlichen Zustände ausdrücklich zum Vor-Physischen und die Zustandslehre zur  Prophysik  rechnen. So schließen wir von vornherein jedes metaphysische Mißverständnis aus. Noch genauer kann das Verfahren, das sich so weit wie möglich auf das Unmittelbare als den Urstoff oder die  prote hyle  beschränkt,  protophysisch  genannt und dementsprechende die Einstellung auf das rein Zuständlich als das am meisten Unmittelbare, wovon sich in der Wissenschaft noch reden läßt, als protophysische Einstellung charakterisiert werden. Die Protophysik hat demnach den Elementen der Welt gerecht zu werden, auf welche der Intuitionismus den Schwerpunkt legt.

Im Übrigen geben die zum größten Teil terminologischen Ausführungen über den Unterschied von Gegenstand und Zustand im allgemeinen nicht mehr als den Hinweis auf eine  Aufgabe.  Sie sollten zeigen, welche Richtung einzuschlagen ist, falls man die berechtigten Denkmotive in den intuitionistischen oder phänomenologischen Bestrebungen unserer Tage bewahren will. Sie grenzen die Sphäre ab, in der unsere Begriffe vom Unmittelbaren liegen müssen, und lassen sie inhaltlich noch leer, genauer: sie geben nur an, wie die inhaltlichen Bestimmungen, die nun folgen sollen, im allgemeinen zu verstehen sind.

Zur Sache in ihrer Besonderheit kommen wir erst mit der Frage,  was  sich als rein zuständlich herausstellt, wenn wir die protophysische Einstellung vollziehen, oder  wie beschaffen  das unmittelbar anzuschauende Material it, aus dem durch Vermittlung die Gegenstände der Erkenntnis aufbauen. Dabei ist einerseits darauf zu achten, daß nichts für zuständlich gehalten wird, was schon andere Vermittlungen aufweist als die der Festlegung eines Inhalts durch die Form der Identität. Andererseits jedoch, und das ist in diesem Zusammenhang noch wichtiger, darf das Gebiet des Zuständlichen nicht für kleiner gehalten werden, als es sich einer unbefangenen Einstellung unmittelbar aufdrängt. Wir suchen deshalb vor allem einen Überblick über seine ganze  Fülle  zu gewinnen. Dabei können wir selbstverständlich nicht alles Zuständliche im Einzelnen aufzählen, sondern nur seine Hauptklassen feststellen, soweit von  Klassen  im noch nicht Gegenständlichen zu reden ist. Streng genommen kommen stets die verschiedenen Arten der Zustände  an  den verschiedenen Arten der Gegenstände in Betracht, und zwar schon deshalb, weil wir nur für die Gegenstände, nicht auch für das Zuständliche an ihnen verschiedene Namen haben, die verständlich sind. Doch braucht das im Einzelnen nicht jedesmal ausdrücklich gesagt zu werden. Die Darstellung wird in dieser Hinsicht nicht auf Mißverständnisse treffen.
LITERATUR - Heinrich Rickert, Die Methode der Philosophie und das Unmittelbare, Logos Bd. 12, Zeitschrift für internationale Kultur, Tübingen 1924
    Anmerkungen
    1) Die folgenden Bemerkungen beziehen sich nicht allein auf Lehren von HUSSERL, ja auf sie nicht einmal in erster Linie. Insbesondere zu HUSSERLs Gesamtwerk Stellung zu nehmen, liegt mir im Rahmen dieser Abhandlung fern. Die großen Verdienste dieses Forschers um die  Logik  stehen für jeden Sachverständigen fest. Aber die Logik ist nur ein Teil der Philosophie, und über das Wesen der Phänomenologie, soweit sie eine tragfähige Grundlegung der Philosophie überhaupt zu sein beansprucht, scheint mir ein Urteil heute noch nicht möglich. Wie z. B. die Probleme der Kultur auf diesem Boden auch nur in Angriff genommen werden sollen, bleibt nach dem, was HUSSERL bisher publiziert hat, völlig dunkel. Alle Kultur ist  geschichtlich  bedingt, und die stets auf  eidetisch [genaue, anschauliche Erinnerung - wp] Allgemeines gerichtete  Wesensschau  sieht daher an etwas sehr  Wesentlichem  aller Kultur notwendig vorbei. Geschichtliche Kulturvorgänge lassen sich nicht in derselben Weise  erschauen  wie mathematische Gegenstände. Doch das steht hier nicht in Frage. Ich habe, wie gesagt, weniger HUSSERL selbst als eine  allgemeine  Gedankenbewegung im Auge, die im Anschluß an HUSSERLs Terminologie Wert auf die anschauliche Erfassung des unmittelbar Gegebenen legt und dadurch eine nächste Verwandtschaft mit den weit verbreiteten intuitionisstischen Tendenzen unserer Tage zeigt. Hierauf dürfte auch vor allem die Anziehungskraft beruhen, welche die Phänomenologie heute ausübt. Ist sie in Wahrheit geeignet, das Bedürfnis nach unmittelbarer Anschauung zu befriedigen? Besonders dort, wo der durch BRENTANO vermittelte scholastische Begriff der  Intention  eine Rolle spielt, scheint der Begriff des Unmittelbaren noch wenig geklärt und der Gedankengang der meisten Phänomenologen mit traditionellen metaphysischen Dogmen durchsetzt zu sein, die es ihren Anhängern geradezu unmöglich machen, das vor Augen Stehende unbefangen zu sehen. Davon allein ist im Folgenden die Rede.
    2) Auf die Gründe, die wir haben, das Wort  Erscheinung  in der Philosophie mit Vorsicht zu gebrauchen, findet sich ein Hinweis schon in der ersten Auflage meiner Schrift über den "Gegenstand der Erkenntnis" (1892).
    3) Das  reine Ich  HUSSERLs ist hier nicht gemeint. Das liegt von den Konstruktionen der Transzendentalphilosophie weit ab, denn das gibt es in einer Mehrzahl, ja das soll so oft vorkommen, wie Individuen existieren. Dieses Ich bleibt jedoch nicht nur jeder  Anschauung  entzogen, sondern man wird sich darunter auch erst dann etwas denken können, wenn man es im Sinne von BERKELEY oder LEIBNIZ metaphysisch versteht. Mit ihm scheint ein durch KANTs Vernunftkritik längst als völlig problematisch erwiesener Begriff  dogmatisch  wieder in die Philosophie eingeführt zu sein, und das dürfte mit der Gebundenheit an die durch BRENTANO vermittelte Scholastik eng zusammenhängen. Mit unserem Gedankengang steht dieses  reine Ich  nur insofern in Verbindung, als es zeigt, wie wenig die Phänomenologie in ihrer jetzigen Gestalt geeignet ist, das unmittelbar Gegebene  sehen  zu lehren.