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Über den Begriff und Satz des Bewußtseins [Eine erkenntnistheoretische Untersuchung] [1/2]
Glücklicherweise läßt nun aber die Erklärung WUNDTs noch eine Frage offen und von ihr aus ist es nötig und erforderlich, den Ausdruck "Bewußtsein" im Umfang seiner Verwendung schärfer zu bestimmen und damit dem wissenschaftlichen Sprachgebrauch wieder zu gewinnen. Allerdings nicht in dem Sinn, den WUNDT zu seiner Kennzeichnung gelten läßt, daß "wir uns über die Bedingungen Rechenschaft geben, unter denen Bewußtsein vorkommt". Ist das Bewußtsein wirklich die Bedingung aller Erfahrung, dann ist es schlechterdings unmöglich, solche Bedingungen ausfindig zu machen, denn dieselben könnten als in der Erfahrung gegeben immer nur die begleitenden Umstände bedeuten, unter denen ein Erfahrungsgegenstand uns entgegentritt. Für das, was die Bedingung aller Erfahrung ist, gibt es keine Bedinungen in der Erfahrung, weder in der äußeren, noch in der inneren. Wohl aber kann über die Art und Weise, wie hier vom Bewußtsein ausgesagt ist, daß es die Bedingung aller Erfahrung bildet, Rechenschaft verlangt werden. Da das Bewußtsein keine mit Händen zu greifende Tatsache ist, vielmehr erst in einem sehr späten Stadium der Reflexion der erkenntniskritischen Betrachtung sich dargeboten hat, unterliegt die Legitimität dieser Begriffsbildung der Nachprüfung. Wenn vielleich eine Angabe der unterscheidenden Merkmale nicht angängig ist, so müssen doch die Momente dieses Begriffs in ihrem Verhältnis zueinander, wie auch er selbst in seinem Verhältnis zu anderen, sich umschreiben lassen. Denn nur so kann der Sinn zur Klarheit gebracht werden, in welchem innerhalb der erkenntnistheoretischen Erörterung von einem "Bewußtsein" die Rede sein darf. Der Satz des "Bewußtseins" ist die oberstes Einsicht aller Philosophie. Man kann von der engeren Fassung absehen, die REINHOLD ihm gegeben hat. Er wurde zuerst im Zusammenhang der Begründung einer neuen Erkenntnislehre von DESCARTES entwickelt und kann daher auch als das Prinzip des DESCARTES bezeichnet werden. Auch LEIBNIZ ging von ihm aus. Innerhalb der Transzendenzphilosophie bildet er die stillschweigende Grundlage. Aber seitdem REINHOLD ihn an die Spitze des Systems gestellt und vor allem der spätere FICHTE und SCHELLING auf ihm fortgebaut haben, gehört der Satz vom Bewußtsein zum festen Bestand aller Erkenntnistheorie (3). Nach ihm steht alles, was überhaupt im Erlebnis angetroffen werden kann, unter der Bedingung, Tatsache des Bewußtseins zu sein. Der Inbegriff der sinnlichen Empfindung, aus denen das Bild einer Außenwirklichkeit sich zusammensetzt, und auch der Reichtum der Vorgänge, die man als psychische oder seelische bezeichnet, sind nur für ein Bewußtsein, in einem Bewußtsein da: die ganze Welt ist zunächst als Bewußtseinsinhalt gegeben. So liegt im Bewußtsein oder dem Wissen um Bewußtseinsvorgänge der Ausgangspunkt aller Erfahrung. Aber wie es zunächst durchaus problematisch ist, ob eine vom Bewußtsein unabhängige Wirklichkeit existiert, ist es ein Grundproblem der theoretischen Philosophie, vom Standpunkt des Bewußtseins aus sich den Weg zu einer bewußtseinsfremden, transzendenten Wirklichkeit zu bahnen, welche als das objektive Substrat der im Bewußtsein auftretenden Bilder angesehen werden kann. Sind diese nur Tatsachen des Bewußtseins, Phänomene, und etwa Zeichen eines von ihnen verschiedenen und vielleicht nicht erkennbaren transzendenten Seins, oder können sie selbst als ein Transzendentes aufgefaßt werden, dem ein Sein auch ohne die Beziehung auf das Bewußtsein zukommt? oder ist das eine oder das andere unmöglich und der reine Phänomenalismus der einzige Standpunkt einer philosophischen Weltbetrachtung? (4) Es ist ersichtlich, in welchem Umfang die Auflösung dieser Fragen von der Klarheit des hier alles entscheidenden Begriffs "Bewußtsein" abhängt. Es will mir nun scheinen, als sei in jener großen nachkantischen Bewegung von REINHOLD bis SCHELLING eine Vertiefung dieses Begriffs gewonnen worden, die bisher noch nicht in ihrer Bedeutsamkeit erkannt und hinreichend gewürdigt worden ist. Indem ich aber hier von einer Darstellung der geschichtlichen Bewegung ganz und gar absehe, versuche ich nur in der Auseinandersetzung mit Auffassungen der Gegenwart den Begriff des Bewußtseins oder richtiger: die mögliche Mehrheit von ihnen zu entwickeln und so weit zu präzisieren, daß der "Satz des Bewußtseins", seiner Unbestimmtheit und Mehrdeutigkeit entkleidet, nunmehr mit Recht beanspruchen darf, als der oberste Satz der Philosophie zu gelten. Zunächst läßt sich der Begriff des Bewußtseins als eine allgemeine Lebenserscheinung, wie sie auftritt, als an einen Organismus gebunden, vom Bewußtsein in einem kritischen Verstand sondern, dessen Einheit der oberste Grundsatz aller synthetischen Urteile ist. In jener Bedeutung umfaßt das Bewußtsein den Inbegriff psychischer Zustände und Vorgänge, die in einem gesetzmäßigen Zusammenhang mit den organischen Funktionen auftreten; es erscheint so in Bezogenheit auf eine animalische Realität, die ihm gegenüber primär ist, und kann daher, unter einem entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkt, als die höchste Funktion des Lebens betrachtet werden. Von diesem psychologischen Bewußtsein unterscheidet sich das transzendentale wesentlich. Die Bildung dieses Begriffs ist durch die Besinnung auf die Bedingungen wissenschaftlicher Erfahrung gefordert. Isoliert man das Erkenntnisproblem für die Naturwissenschaften im engeren Sinn, so liegt die formale Möglichkeit allgemein gültiger Urteile darin, daß das urteilende Subjekt im Akt der Verknüpfung des gegebenen Mannigfaltigen zu einem Gegenstand der Erfahrung sich als ein Selbiges weiß und eben dadurch die Einheitlichkeit des erkannten Objekts schafft, die für jedes andere Erkenntnissubjekt unter der gleichen Bedingung dieselbe ist. Hebt man diese Form der Einheit des Denkens unter Abstraktion von dem in ihm gedachten Inhalt heraus, so kann sie als die allgemeinste Bedingung betrachtet werden, unter der jede Vorstellung eines Objekts stehen muß. Das transzendental Bewußtsein oder "Bewußtsein überhaupt" ist somit das Prinzip aller wissenschaftlichen Erfahrung. Sein wesentlichstes Merkmal ist seine Einheit und Kontinuität. Das psychologische Bewußtsein durchläuft alle Grade der Klarheit und der Dunkelheit, es entwickelt sich, es intermittiert [ist unterbrochen - wp], es zeigt Unterbrechungen und Störungen. die bis zur völligen Spaltung und Auflösung des Gefühls seiner empirischen Einheit führen können. Dem transzendentalen Bewußtsein eignet ein ganz anderer Charakter von Wirklichkeit; es ist zunächst eine bloße Abstraktion, ein Gedanke im psychologischen Ich, der sich nur insofern verwirklicht, als er in einem System von Urteilen, welche das geschichtliche Faktum der Naturwissenschaften ausmachen, in den verschiedenen Möglichkeiten seiner Anwendung auf verschiedene Gruppen empirischer Verhältnisse hervortritt. Aber in dieser gedanklichen idealen Welt ist es die oberste der Bedingungen, deren Erfüllung allein ihre Möglichkeit und Existenz verbürgt. Wie verhält sich nun der Inbegriff des Gegebenen, den wir zunächst als einen Komplex von Empfindungen auffassen müssen, zu diesem doppelten Begriff von Bewußtsein? Es bedarf nur einer kurzen Überlegung, um darzulegen, daß die Empfindung zum Begriff des transzendentalen Bewußtseins in keinem Verhältnis steht, das eine Entscheidung über ihren Realitätswert in irgendeinem Sinn impliziert. Die Beziehungen zwischen ihnen sind lediglich logischer Natur. Die Synthese des Mannigfaltigen, welche das Fundament aller kategorischen Bestimmungen bildet, ist nicht als psychische Tatsache der inneren Erfahrung oder Erlebnis oder Vermögen oder Erzeugnis der Seele Gegenstand der erkenntnistheoretischen Analyse. Diese setzt, als transzendentale Logik, überhaupt kein Faktum, nicht einmal das der menschlichen Wissenschaft, als existent, als gegeben voraus; indem sie vielmehr ihren Ausgang in der Frage nach dem Rechtsgrund nimmt, der die Möglichkeit allgemein gültiger Erkenntnisse erklärt, tritt ihr Wissenschaft nur als eine Aufgabe, eine Forderung entgegen, und sie sucht die allgemeinsten Sätze und Normen zu entwickeln, die jedes Denken, das ein Erkennen des Gegenstandes sein will, inhaltlich als oberste Bedingung seines Fortschritts anerkennen muß. Nicht das Dasein der Dinge und deren Eigenschaften bildet ihr Problem, sondern nur ihre Erkennbarkeit, sofern sie in allgemein gültigen Sätzen ausgesprochen werden kann. Die reine Erkenntnistheorie hat zumindest als transzendentale Logik keinen Bezug auf einen wie auch immer eingeschränkten oder ausgedehnten Phänomenalismus und kann jedenfalls ganz unabhängig von diesem entwickelt werden. Indem sie die denknotwendigen Bedingungen ermitteln will, unter denen allein unsere Aussagen über Wirkliches eine gegenständliche Bedeutung gewinnen, hat sie es nicht mit Seiendem als solchem oder dem Grad seiner Realität, sondern nur mit Urteilen über Seiendes zu tun; ihre wesentlichste und erste Aufgabe liegt in der Klarstellung und Abgrenzung des in der Form des Wissens gegebenen Gehaltes. Mit Hinblick auf diese abstrakt als System der Grundsätze darstellbaren Bedingungen gegenständlicher Erkenntnis ist das gesamte Material empirischer Erlebnisse und Erfahrungen nur negativ zu charakterisieren; es ist als solches formlos, das der Bestimmung ermangelt; es ist ein Mannigfaltiges, das in synthetischer Verknüpfung durch den Verstand als objektive Ordnung erkannt wird; jede Aussage darüber ist so lange ein bloßes Wahrnehmungsurteil von individuell beschränkter Gültigkeit, als es nicht durch die Einordnung unter einen Verstandesbegriff (5) seine Notwendigkeit empfängt, zu einem Erfahrungsurteil in einem wissenschaftlichen Sinn wird. Verstehen wir unter Objektivität den Charakter von Allgemeingültigkeit, der den Gegenstandsbestimmungen innewohnt, die aus den formalen Gesetzen des Vorstellens selber sich ergeben, so können folgerichtig alle anderen Präzidierungen als subjektiv, d. h. nur für das erlebende Subjekt gültig bezeichnet werden. Aber diese Ausdrucksweise darf nicht im Sinne einer metaphysischen Wertunterscheidung mißverstanden werden. Nur soweit die Einzahlwahrnehmung nicht in einen gesetzlichen Zusammenhang eingeordnet ist, ist sie subjektiv; aber das bedeutet nicht, daß sie Produkt oder Phänomen des individuellen Subjekts ist; die Funktion der Sinnesorgane, die physischen und psychophysischen Bedingungen der Wahrnehmung sind in diesem Zusammenhang ganz irrelevant. So heißt allerdings der unbestimmte Gegenstand der empirischen Anschauung auch Erscheinung, aber nur sofern die gegebene und empfangene Mannigfaltigkeit von Eindrücken noch nicht durch die konstitutiven Kategorien zu Objekten wissenschaftlicher Erfahrung geformt sind. Ja, der Standpunkt reiner Erkenntnistheorie gestattet sogar die paradoxe Wendung, nach welcher der Realitätswert der Bestimmungen sich gerade umgekehrt zu ihrer objektiven Gültigkeit verhält; denn es ist ansich keine unmögliche oder widerspruchsvolle Behauptung, daß die aus den Gesetzen des Denkens der Subjekte fließenden Bestimmungen, die Gedankenformen der Dinge, obschon allgemein gültig, doch nur phänomenale Bedeutung besitzen, wohingegen dem Stoff der Erfahrung, d. h. der Masse der Sinneselemente als einem gegebenen Faktum Vollrealität zukommt. Gibt man aber die Einführung des immerhin bedenklichen, weil leicht irreführenden Terminus Erscheinung aus sogleich zu erörternden Gründen zu, so muß doch nachdrücklichste hervorgehoben werden, daß die Welt der Erscheinungen alsdann die Gesamtheit aller Eindrücke umfaßt, einschließlich der Wahrnehmungen von Quantitäten und Bewegungen. In Bezug auf die "Objektivierung" der Erscheinungen durch das wissenschaftliche Denken besteht schlechterdings kein Unterschied der verschiedenen Momente des Wahrnehmungsinhaltes; das optische Bild von Größe und Entfernung eines Dings im Gesichtsfeld ist genauso viel und genauso wenig subjektiv wie seine Farbe und Helligkeit; erkenntnistheoretisch betrachtet lassen sich an ihm keine Qualitäten von verschiedener Dignität unterscheiden; sie alle sind gleichmäßig relativ und abhängig vom Standort des Beobachters und anderen Umständen; aber eben darum sind sie auch ansich völlig unabhängig von einem transzendentalen Bewußtsein als dem obersten Prinzip der Denkmittel, in welchen sich die Konstruktion der empirischen Daten zu einem rationalen Zusammenhang vollzieht. Die Empfindung gewinnt wissenschaftliche Verwertbarkeit erst durch ihre Bezogenheit auf den Begriff der wissenschaftlichen Erfahrung; aber das heißt nicht, daß die Bedingungen dieser zugleich auch Bedingungen ihrer existenz sind. Die Einheit des transzendentalen Bewußtseins ist das Prinzip aller gegenständlichen Gestaltung im Denken; wo wissenschaftliche Erfahrung vorliegt, ist auch sie vorhanden, ist die in ihr enthaltene Forderung erfüllt; die Tatsache der Empfindung hat, wie alle Tatsachen, zu diesem Begriff einer wissenschaftlichen Erfahrung eines transzendentalen Bewußtseins als zu einem Ideal nur ein ideelles Verhältnis. Aber eben an diesem Punkt wird deutlich, daß die allgemeine Lösung der Aufgabe der transzendenten Logik, auch wenn sie im Prinzip als vollzogen angesehen werden darf, nicht als Abschluß des allgemeinen Erkenntnisproblems gelten kann. Es ist müßig, darüber zu streiten, ob die Fragen, zu denen sie über sich hinaus hinführt, der Erkenntnistheorie im engeren Sinn noch zugerechnet werden sollen oder als ein eigenes Gebiet etwa metaphysischer Untersuchungen zu trennen sind. Genug, daß sich eine Reihe weiterer Aufgaben sondern lassen, die von einer neuen und eigentümlichen Fragestellung ausgehen. Dieselbe ist gegeben, wenn nun die Unterschung von der Klarstellung der Bedingungen der wissenschaftlichen Erfahrung sich zur Betrachtung der Wissenschaft als einer Tatsache wendet und, weniger auf die Erklärung des Allgemeinen und Notwendigen in ihr reflektierend, das Augenmerk vornehmlich auf die Kongruenz des in sich beschlossenen nach eigenen Gesetzen fortgehenden Denkens mit dem davon zunächst ganz unabhängigen Lauf der Dinge richtet. Diese Übereinstimmung theoretischen Vorstellens und empirischer Beobachtung, wie sie in der Voraussage der Ereignisse, in der Bestätigung von Rechnungen und Schlüssen durch Tatsachen und Experimente hervortritt, bildet ein weiteres Grundproblem der Philosophie. Auch hier ist das generelle Verfahren der Auflösung durch den kritischen Idealismus vorgezeichnet. Die konstitutiven Kategorien sind zunächst nichts anderes als abstrakte Ausdrücke für die verschiedenen Weisen unseres Verstandes, sinnliche Anschauung zu verknüpfen und eben aus diesem Grund schränkt sich ihr Geltungsbereich nur auf diese Welt der Anschauungen ein. Aber wenn die psychologische Analyse das Zusammenwirken von Funktionen des Verstandes und der sinnlichen Organisation zur genetischen Erklärung der Erkenntnisse bis in die einzelnen Vorgänge der Wahrnehmung hinein verfolgen kann, so setzt sie doch zugleich eine vom Wahrnehmenden unabhängige Ordnung und Gesetzmäßigkeit voraus. (6) Und so gewiß für diesen empirischen Standpunkt die empirischen Fakta von einem Gedanken über ihnen zu trennen sind, so müssen auch die Formen der Verbindungen in beiden Reihen, obwohl sie gegenseitig einander innherhalb sehr enger Grenzen korrespondieren, unterschieden werden. Der kritische Idealismus erklärt nun diese faktische Korrespondenz ganz allgemein gefaßt durch die Hypothese, daß der Inbegriff empirischer Daten, die die Materie alles möglichen Wissens bilden, bereits eine Formung und Gesetzlichkeit in sich trägt, die, wie sie durch das Denken nachgebildet werden kann, als auch hervorgebracht durch eine diesem Denken äquivalente oder am Ende mit ihm identische Funktion vorgestellt werden darf. Denn überdenke ich die Bedingungen, unter denen allein die empirische Erfahrung des empirischen Einzelsubjekts möglich ist, so werde ich notwendig auf die Annahme einer von diesem Subjekt unabhängigen rationalen Ordnung geführt, die als solche allerdings nur durch mein Denken gesetzt ist, aber doch für jenes Subjekt als eine objektive gelten muß. Wenden wir die transzendentale Deduktion objektiv, so erhalten wir so die Kategorien des Wirklichen, durch welche die empirische Realität dem empirischen Individuum als eine gegliederte und geordnete gegenübersteht. Diese Wendung erfordert aber zugleich, daß nun das anschaulich Wirkliche als unter den Bedingungen des transzendentalen Bewußtseins stehend gedacht werden muß, nicht sofern dieses ein Gedanke im psychologischen Ich ist, sondern sofern es als der oberste Erklärungsgrund für die Rationalität des Wirklichen, von dem das psychologische Ich nur einen Teil bildet, angesehen werden kann. Wir bringen dieses Verhältnis zum Ausdruck, indem wir das Ganze des empirisch Wirklichen als Erscheinung bezeichnen und hierdurch diesem Teen kann. Wir bringen dieses Verhältnis zum Ausdruck, indem wir das Ganze des empirisch Wirklichen als Erscheinung bezeichnen und hierdurch diesem Terminus, der vom Standpunkt der transzendentalen Logik aus nur die Relativität des Gegebenen bedeut als Erscheinung bezeichnen und hierdurch diesem Terminus, der vom Standpunkt der transzendentalen Logik aus nur die Relativität des Gegebenen bedeutet, einen angemessenen und berechtigten Sinn verleihen. Die synthhetische Einheit des transzendentalen Bewußtseins ist eine Bedingung aller Erkenntnis, unter der jede Anschauung stehen muß, um für das individuelle Denken Objekt zu werden; ihr muß eine objektive Einheit in der Anschauung selbst entsprechen, wenn die Koinzidenz wissenschaftlicher Voraussagen mit der Wahrnehmung überhaupt möglich und verständlich sein soll. Dieselben oder analoge Funktionen, welche die Erkenntnis der Anschauungen als Gegenstände bewirken, lassen so auch die einzelnen Gegenstände als Anschauungen entstehen. Aufgund dieser Einsicht erhalten nun aber die Relationen von Empfindungen und Bewußtsein eine neue Beleuchtung. Während das transzendentale Bewußtsein als Gedanke des empirischen Ich zu den Empfindungen in keinem Verhältnis als alle Gedanken desselben steht, muß das Bewußtsein in einem objektiven Verstand, das die Beziehung des transzendentalen Bewußtseins auf das anschaulich Gegebene erklären soll, in engster Verbindung mit diesem, d. h. mit den Gruppen und Reihen von Empfindungen, aus denen es sich zusammensetzt, gedacht werden. Ist der Phänomenalismus die Voraussetzung, um die Anwendung des Denkens auf das empirisch Wirkliche zu verstehen und zu begründen, dann ist die Frage nach dem Realitätswert der Empfindungen d. h. ihre Abhängigkeit von jenem den Phänomenalismus fundierenden Begriff des Bewußtseins ein berechtigtes Problem. Neben die Analyse der Denkmittel, welche die allgemeingültige Darstellung der Erscheinungen in Begriffen ermöglichen, tritt die Aufgabe, den Realitätswert der Erscheinungen selbst zu bestimmen. Aber bevor ich auf die Diskussion dieser Frage eingehen kann, bedard der Begriff von Bewußtsein noch einer genaueren Umgrenzung und Klärung nach einer anderen Seite hin. Seine Einführung geschah zunächst in erkenntnistheoretischem Interesse und so bleibt er solange hypothetisch, als er nicht auch unabhängig von Untersuchungen dieser Art an den Tatsachen der Empfindungen selbst nachgewiesen und die Annahme seiner Existenz sichergestellt werden kann. Nun ist es ein Gemeinplatz der Psychologie, daß die Empfindung eine Bewußtseinstatsache oder -element oder -vorgang ist, und wie nun der Begriff des transzendentalen Bewußtseins in der Tat als eine Abstraktion oder Isolierung gewisser Gedanken aus der Totalität des psychischen Lebens aufgefaßt werden muß, scheint in einem individuellen psychologischen Bewußtsein empirisch der gemeinsame Träger gegeben, in welchem beides, der Inbegriff theoretischer Vorstellungen, welche die wissenschaftliche Erkenntnis ausmachen, und die Anschauungen, die deren Stoff bilden, koexistieren und somit in ihren Beziehungen zueinander verständlich werden. Geschichtlich betrachtet entspricht dieser Standpunkt einer weitverbreiteten Auffassung des kritischen Idealismus. Nach ihr sind jene Funktionen, welche dem Ensemble der Empfindungen ihre primäre Formung in der Anschauung für mich verleihen, vorbewußte Intellektualfunktionen meines eigenen Bewußtsein und der wesentlichste Unterschied dieser Position von einer Deutung im Sinne des Solipsismus liegt nur darin, daß die kritische Einschränkung meines Wissens auf die von mir hervorgebrachten Phänomene auch in Bezug auf negative Bestimmungen eines von meinem Bewußtsein Unabhängigen festgehalten wird (7). Diese Identifizierung meines psychologischen Bewußtseins mit dem erkenntnistheoretisch gewonnenen Begriff vom Bewußtsein führt jedoch zu Schwierigkeiten, die sichtbar werden, sobald die Existenz anderer "Bewußtsein", deren leibliche Erscheinung in meine Beobachtungssphäre fällt, zugegeben wird. Es fragt sich, ob diese Schwierigkeiten in der Sache selbst begründet und die metaphysischen Konsequenzen, die ihre Beseitigung unweigerlich nach sich zieht, unvermeidlich sind. Es ist denkbar, daß schon im Ansatz eine Revision der hier entwickelten Auffasssung möglich und vielleicht erforderlich ist. Daher muß nochmals sorgfältig erwogen werden, in welchem Sinn die Psychologie von der Empfindung als einer Bewußtseinstatsache zu reden gewohnt und berechtigt ist. Für die Aufgaben psychologischer Forschung ist eine solche Klarstellung allerdings erläßlich. Die Bestimmungen ihres Gegenstandes, wie sie in den neueren Definitionen der Psychologie gegeben werden, sehen mit Recht von den Relationen zum Bewußtsein ab und indem sie das wesentlichste Merkmal derjenigen Gebilde und Vorgänge, die die Psychologie behandelt, in ihrer Abhängigkeit von den Funktionen eines organisierten Individuums erblicken (8), gewinnen sie ein Material der Bearbeitung, das schließlich die ganze Welt umfaßt und doch durch diese Beziehung auf das erlebende Individuum ein eigentümliches Arbeitsgebiet abgrenzt; und in der Psychophysik und der physiologischen Psychologie sind Methoden entwickelt, welche die Untersuchung und Darstellung der zwischen Reiz, Empfindung und Aussagen bestehenden Gesetzmäßigkeit ohne Auseinandersetzung mit metaphysischen oder erkenntnistheoretischen Wertbestimmungen der Empfindungen gestatten. Unter einem philosophischen Gesichtspunkt freilich verdienen gerade diese Grundbestimmungen, welche die psychologische Praxis vernachlässigen darf, das erste Interesse. Ich begrenze den noch immer schwankenden Wortgebrauch etwas näher. Während die psychologische Terminologie überwiegend dahin neigt, den ganzen Inbegriff dessen, was als ein letztes Datum unseres Bewußtseins vorfindbar ist, unter den Begriff der Empfindung zu subsumieren und demgemäßt auch Worte wie Raum-, Zeit, Unterschiedsempfindungen aufnimmt, geht der Gebraucht des gewöhlichen Lebens dahin, mit Empfindung steht eine besondere Beziehung zum empfindenden Subjekt zu verbinden, die namentlich dann hervortritt, wenn ein Gefühlsmoment die Sensation begleitet. Wir empfinden nicht die Farben, sondern sehen sie, wir empfinden nicht Geräusche, sondern hören sie (9). Dagegen empfinden wir den Schmerz und das Jucken auf der Haut und die Einzelnen sind mehr oder weniger empfindlich für Temperaturdifferenzen. Demgemäß ist etwa UPHUES in voller Übereinstimmung der der Praxis der gewöhnlichen Ausdrucksweise, wenn er den Terminus der Empfindung nur für jene höhere Art des Verhaltens reserviert, in welchem das Subjekt sich seiner Sinnesaffektion in Relation zu ihm selbst bewußt wird; davon unterscheidet er das bloße Haben von Sinnesinhalten als äußeres Gewahrwerden oder äußere Wahrnehmung, die so der Empfindung gegenüber der ursprünglichere Vorgang ist (10). Aber wesentlicher als diese Fragen einer zweckmäßigen Benennung, über welche leicht eine Verständigung erzielt werden kann, ist eine genauere Beschreibung dessen, was unter jenem bloßen einfachen Haben von Sinnesinhalten zu verstehen und auch nicht zu verstehen ist. Denn daß dieser Zustand als Erlebnis nicht rein in der Erfahrung gegeben ist, sondern nur auf dem Standpunkt der Reflexion als ein Einfachstes ausgesondert gedacht wird, unterliegt keinem Zweifel. Allerdings wird darum die Empfindung noch nicht zu einem bloß hypothetischen Gebilde wie das Atom des Chemikers, denn sie ist im Gegensatz zu diesem jederzeit als Bestandteil zusammengesetzter Wahrnehmungen in unserem Bewußtsein vorhanden und zwar als ein Element, das im Allgemeinen in einem Komplex nicht nach Art der chemischen Elemente in der Verbindung verschwindet, sondern in seiner Besonderheit verharrt. In diesem Sinne versteht man unter dem Begriff der Empfindung und des Empfindens eine Konstruktion wissenschaftlichen Denkens, unter welchen die Sinnesqualitäten unter Abstraktion von allen Verbindungen gedacht werden, in denen sie regelmäßig auftreten. Es könnte zwar sein, daß in gewissen Fällen die Mannigfaltigkeit von nervösen Prozessen und Reizeinwirkungen, die jeder Empfindungserregung zugrunde liegen, einen einfachen Effekt zur Folge hätten, aber dann gebricht es uns doch an Mitteln, aus der bloßen Kenntnis der äußeren Umstände diese ausgezeichneten Fälle von anderen zu unterscheiden. Überhaupt müssen wir jede Definition der Empfindung ablehnen, welche auf die somatischen Vorbedingungen dieses Phänomens zurückgeht und etwa mit HELMHOLTZ die Empfindung als "Eindrücke auf unsere Sinne" bestimmt, "sofern sie uns als Zustände unseres Körpers, speziell unserer Nervenapparate, zu Bewußtsein kommen". (11) Allerdings nicht nur aus dem Grund, den RIEHL (12) gegen diese Erklärung anführt, daß dann nur der Physiologe Empfindungen hätte, denn nur er weiß, daß sie zunächst als Zustände der Sinne aufzufassen sind, sondern auch vornehmlich deshalb, weil diese Definition nicht theoriefrei ist (13). Wir sind demgemäß ausschließlich auf die Selbstbesinnung angewiesen und diese zeigt uns nun im Allgemeinen immer Empfindungskomplexe sehr verwickelter Struktur. Nicht nur, daß Erregungen einer Mehrzahl von Sinnen in der Regel zusammenwirken, auch das Wahrnehmungsbild eines jeden einzelnen Sinnes, erweist sich der näheren Betrachtung als etwas Zusammengesetztes. Unter günstigen Umständen, in experimenteller Anordnung, gelingt allerdings eine weitgehende Vereinfachung. Der Anblick etwa einer einfachen gesättigten Farbe, welche das ganze Sehfeld ausfüllt, oder die Perzeption eines obertronfreien (14) Stimmgabeltons im "Stillezimmer" entbehrt schon in einem hohen Grad der Mannigfaltigkeit der gewöhnlichen Sinneseindrücke. Aber auch in diesen Zuständen, die repräsentativ für einfachsten Sinnesempfindungen gelten können, findet die innere Reflexion noch unterscheidbare Momente, die sich zwar nicht getrennt voneinander vorstellen lassen, aber dadurch, daß sie wenigstens innerhalb gewisser Grenzen unabhängig voneinander variiert werden können, ihre relative Selbständigkeit und damit die Zusammengesetztheit des Befundes darlegen. Zu diesen so abhebbaren Momenten zählt nicht der Inbegriff von Funktionen, durch welche die sogenannte Intellektualität der sinnlichen Wahrnehmung bestimmt ist. Sowohl die Vorgänge des Vergleichens und Unterscheidens, die oft als ein mit der Sinneswahrnehmung unmittelbar verschmolzenes primitives oder primäres Denken bezeichnet werden, als auch die kategorialen Funktionen und die unbewußten Urteile und Schlüsse, welche HELMHOLTZ annahm, scheiden hier aus. Denn sie alle setzen bereits eine Mehrheit von Sinnesinhalten voraus, auf deren Relationen zueinander sie sich beziehen, wir aber reflektieren hier auf die isoliert gedachten Daten. Absolute qualitativ bestimmte Inhalte in diesem Sinn müssen angenommen werden, denn die Empfindung besteht nicht selbst in einer Relation, und auf dem Weg des Vergleichs und der Abstraktion können die reinen Empfindungen näher charakterisiert werden, wenn die Beurteilung eine rückwirkdende Kraft auf den beurteilten Inhalt ausüben soll (15). Demgemäß dürfen alle Tätigkeiten und deren Wirkung außer acht bleiben, welche dem Vorgang der Apperzeption im Sinne WUNDTs, zugehören. Hier handelt es sich nur um eine einfache Perzeption eines einfachen Inhalts. Dagegen werden als variable Momente die Dauer und die Ausgedehntheit, die Intensität und Qualität angesehen. Aber diese Elemente sind als Eigenschaften der Empfehlung nicht gleichwertig. Wir sehen hier von einer Trennung derselben im Sinne der kantischen Unterscheidung von Stoff und Form ab, denn die Trennung ist psychologisch nicht durchführbar; wir untersuchen auch nicht, worin der ausgezeichnete Umstand liegt, der eine logische Entwicklung der räumlich-zeitlichen Momente zu einem allgemeinen Ordnungsprinzip aller Empfindung gestattet; ich lasse auch dahingestellt, ob eine gewisse Ausgedehntheit allen Sinnesempfindungen zukommt, oder ob etwa die Welt der Töne dieser räumlichen oder einer quasi-räumlichen Bestimmtheit entbehrt; ich sehe auch von einer genaueren Analyse des schwierigen Begriffs der Intensität ab. Was für den Zusammenhang unserer Betrachtung wesentlich ist, ist die besondere Stellung, welche die Qualität unter den angegebenen Momenten einnimmt. Bezieht man die Empfindung nicht auf außerhalb liegende Tatsachen, wie etwa psychophysische Prozesse oder objektive Reize, versucht man ihre Eigenart lediglich nach den im Befund selbst enthaltenen Elementen festzustellen, so muß die Qualität als das entscheidende Merkmale hervorgehoben werden. Die Qualität ist keine Eigenschaft der Empfindung, denn die Empfindung ist nichts ohne sie. Wenn die Dauer, die Ausgedehntheit und die Intensität als variable Momente abgehoben werden können, so muß doch jedesmal ein Etwas angenommen werden, das sich nicht ändert; denn die totale Veränderung würde den Übergang in ein vollständig neues Objekt bedeuten; alle Variation setzt konstante Elemente voraus, auf welche dieselbe bezoegen und als Veränderung erkannt werden kann. Es ist dargelegt, warum die Konstanz der Reizeinwirkung, die im allgemeinen der Praxis genügt, für exakte Bestimmungen unzureichend ist. Demgemäß muß in der Empfindung selbst ein Bestandteil enthalten sind, der ihr Identität gerantiert. Nun kann die Qualität nicht in demselben Sinn geändert werden, wie etwa die Dauer oder Intensität und auch die Ausgedehntheit; von diesen gilt, daß die ganze Empfindung verschwindet, wenn eine von ihnen Null wird; aber die Empfindung bleibt bis zu Grenze doch ein Bestimmtes und sich selbst Gleiches; denn sonst könnte sie zumindest psychologisch nicht einem Nullwert angenähert werden (16). Jede Änderung derselben ist gleichbedeutend mit dem Eintritt einer neuen Empfindung. Es kann sein, daß bei kontinuierlichen Übergängen eine solche Wandlung sich unter den Grenzen der Merklichkeit vollzieht und daher das neue Element als ein neues Element erkannt und gezeichnet wird, aber dies hat nur Bezug auf die "subjektive Zuverlässigkeit" oder allgemeiner die Apperzeption nicht auf die Perzeption des Gegebenen selbst. In der Qualität erblicken wir somit das Merkmal der Sinneseindrücke. Die idealreine Sinnesempfindung ist nach ihrer konkreten Substanz identisch mit der Qualität; alles andere sind Eigentümlichkeiten an ihr oder in ihr. (17) Die Empfindung in diesem Verstand, als empfundene Qualität gilt nun der neueren Psychologie im allgemeinen durchgängig als ein psychisches Phänomen, oder, was als gleichbedeutend damit gebraucht wird, als Bewußtseinsvorgang. Allerdings nicht ohne jede Einschränkung. So unterscheidet BRENTANO (18) die Empfindungsinhalte, indem er sie mit den Inhalten der Phantasie und der Erinnerungsvorstellungen unter dem Namen der intentionellen Objekte zusammenfaßt, sehr scharf vom Akt des Empfindens und Vorstellens als physische Phänomene von den psychischen, daher sie dann auch nach ihm nicht zu den Gegenständen einer psychologischen Untersuchung zu rechnen sind. (19) Aber wie er doch andererseits den Farben und den Tönen aufgrund angeblicher Konflikte, die sie miteinander verglichen, aufweisen sollen, eine vom Geist unabhängige Realität abspricht (20), werden sie ihm zu Dingen von bloß intentionaler Existenz und bilden daher neben der geistigen und der Natur-Wirklichkeit gewissermaßen eine dritte Art von Wesenheiten (21). Diese Unterscheidungen und diese Terminologie haben über engere Kreise hinaus keine weitere Zustimmung gefunden. Allerdings tritt in der neueren Literatur entsprechend dem Zustand unseres psychologischen Wissens und dem positiven Charakter der psychologischen Arbeit sichtbar das Bemühen hervor, spekulative Betrachtungen dieser Art nach Möglichkeit zu vermeiden, so daß am Ende sehr weit voneinander abweichende Ansichten vom Wesen der Empfindung mit den Ergebnissen der Forschung verträglich sind. Aber soweit sich diesbezügliche Äußerungen finden und soweit vor allem die tatsächliche Verwendung des Empfindungsbegriffs tiefere, stillschweigend anerkannte, wenn schon nicht ausgesprochene Gedanken erkennen läßt, scheint doch für die Anschauungen einer großen Zahl der psychologischen Forscher die Auffassung noch als typisch gelten zu dürfen, die von den Modernen wohl BERGMANN am schärfsten entwickelt hat (2). Während die Empfindung ansich, so führt er aus, ein subjektiver Zustand, eine Daseinsweise des empfindenden Subjekts ist, findet durch das Bewußtsein gleichsam eine Zersetzung dieses Zustandes statt; der Inhalt der Empfindung, oder das Empfundene, wird aus dem Zustand als solchen ausgeschieden und als ein selbständiges Wesen dem empfindenden Subjekt gegenübergestellt. Hier ist der Sachverhalt, wie er jeder Objektivationstheorie - wie auch immer verhüllt - zugrunde liegt, in klaren Worten ausgesprochen. Das Subjekt, oder das Ich oder die Seele oder auch das Bewußtsein, wird affiziert; aber die hierdurch hervorgerufene Zustandsänderung in der Seele wird von dieser nicht als eine Bestimmtheit ihrer selbst empfunden, sondern im Augenblick der Affektion als ein von ihr geschiedenes Objekt oder doch als ein auf ein Objekt Bezogenes betrachtet. So schaut die Seele auf sich selbst reflektierend gleichsam sich selbst als ein Fremdes an. Man könnte versucht sein, diese Anschauung geradezu in die Formeln der Wissenschaftslehre zu fassen: das Ich setzt im Ich dem (teilbaren) ich das (teilbare) Nicht-Ich entgegen. So befremdlich, ja metaphysisch diese Theorie zunächst erscheinen mag, so ist sie doch in sich durchaus folgerichtig; ich möchte glauben, daß sie, abgesehen von der realistischen Hypothese, die einzige Theorie ist, die auf dem Boden eines psychologischen Subjektivismus der Theorie BRENTANOs entgegengestellt werden kann. Entweder sind die empfundenen Qualitäten extramentale Wirklichkeiten im Sinne des sogenannten naiven Realismus, und diese Hypothese scheidet hier zunächst aus, oder aber sie sind, und hierin besteht weitgehend Übereinstimmung, mit dem Akt des Wahrnehmens und der Zuständlichkeit des empfindenden Subjekts auf das Engste verknüpft; in diesem Fall ist nur zweierlei möglich: entweder sind sie Gebilde eigener Art, physische Phänomene von intentionaler Existenz in der Sprache BRENTANOs, oder aber sie sind etwas Geistiges, das innerhalb des seelischen Verbandes dem Ganzen oder gewissen Teilen desselben als ein Selbständiges entgegentritt. Eine kritische Prüfung dieser Theorien wird das Hauptaugenmerk auf eine scharfe Sonderung der hypothetischen Bestandteile in ihnen von der Beschreibung des wirklichen Tatbestandes richten müssen. In einer Hinsicht kommen nun die beiden divergenten Auffassungen vom Wesen der Empfindungen überein und in diesem Gemeinsamen liegt die Anerkennung eines Sachverhaltes ausgesprochen, der auch unabhängig von jeder Theorie festgestellt werden kann. Was auch die Empfindung ansich selbst ist und wie sie auch hervorgebracht werden mag: zunächst ist sie als vollendetes Produkt, als Tatsache der äußeren Erfahrung durch ihren spezifischen Gegensatz zu allen anderen Vorgängen und Erscheinungen des geistigen Lebens charakterisert. Das Ich findet die Empfindung als ein Fremdes, als ein Nicht-Ich vor. Mag die Annahme einer vorgängigen Objektivierung der subjektiven Zustände zur objektiven Empfindungsinhalten berechtigt oder gar unumgänglich sein: das empfindende Individuum weiß nicht von den Farben als bloßer Phänomene oder innerer seelischer Zustände, ihm sind dieselben als Außenwirklichkeiten, als Prädikate fremder Subjekte, als Elemente des Weltbestandes gegeben. Und zwar bestätigt dies nicht nur die naive, die vorwissenschaftliche Betrachtung der Dinge; auch die sorgfältigste Analyse vermag an den Empfindungen ein Moment der Innerlichkeit nicht zu entdecken, das ihre Zugehörigkeit zu jener Klasse von Erlebnissen erweist, welche etwa die Zustände eines Schmerz- oder eines Hungergefühls oder der Hoffnung und der Wünsche umfaßt. Der Vergleich, den LOTZE zur Verdeutlichung ihrer reinen Subjektivität anführt (23), hält doch gerade im entscheidenden Punkt nicht Stich. Denn es ist ersichtlich, daß die empfundenen Qualitäten ihrer Natur nach nicht in derselben Weise von der empfindenden Seele abhängig gedacht werden können, als die anderen Phänomene der inneren Wahrnehmung; es hat schlechterdings keinen Sinn, der Seele Glanz und Duft und Klang als Prädikate beizulegen; ihnen gegenüber findet sie sich stets im Verhältnis des Subjekts zum Objekt, niemals als das des Trägers zu seinen Akzidenzien. Dieser Unterschied und Gegensatz ist so grundlegend, daß er der förmlichen Anerkennung bei allen Richtungen der Psychologie gewiß ist. (24) Wird diese Trennung des Empfindungsinhaltes als das der Seele Gegenständlichen oder der Erscheinungen von ihren Zuständlichkeiten oder ihren Funktionen erkannt und in ihrer ganzen Tragweite erwogen, dann muß die Annahme der Empfindungen als ursprünglicher Zuständlichkeiten, welche die Seele von sich scheidet und als Gegenstand setzt, als hypothetisch erachtet werden. Die Theorie, welche die Qualitäten im Vorgang der Empfindung als eine Reaktion oder Produkt des empfindenden Subjekts entstehen läßt, kann daher nicht als eine Zusammenfassung von Tatsachen gelten; indem sie vielmehr geradezu eine Korrektur der ursprünglichen Erfahrung enthält und daher niemals durch Erfahrung unmittelbar bestätigt werden kann, erweist sie sich als eine Hypothese von jener Ordnung, die zur Lösung von Schwierigkeiten ersonnen werden, die außerhalb des Bereichs der Selbstbesinnung und der psychologischen Forschung liegen. Geschichtlich betrachtet liegen die Gründe, die zu einer Theorie führen, welche dem Zeugnis der inneren Wahrnehmung entgegen die Empfindungen den Elementen seelischen Lebens einordnet, in der Ausbildung der mechanischen Weltansicht während des 17. Jahrhunderts. Aber wie die Entscheidung über die Tragweite dieser Gründe auch ausfallen mag, und es scheint, als gestatte unsere Wissenschaft auch eine realistische Interpretation (25), so kann doch in einer Hinsicht Klarheit geschaffen werden. Versteht man unter Bewußtsein in dem oben angegebenen psychologischen Sinn die Summe der psychischen oder geistigen Vorgänge (26), so ist die Frage nach der Abhängigkeit der Empfindung von diesem Bewußtsein verhältnismäßig einfach zu erledigen. Denn die geistigen Vorgänge können nicht als Bedingung dder Existenz von Empfindungen oder Erscheinungen angesehen werden, die innere Erfahrung beweist, daß die Empfindungen, ihre Eigenschaften und Relationen von den Gesetzen der geistigen Vorgänge unabhängig und daher ihnen gegenüber ein Selbständiges sind; problematisch bleibt nur, ob die Empfindungen selbst als ein geistiger Vorgang aufzufassen sind, der in einer verborgenen Weise demselben Quell, demselben Grund wie jene entspringt: der Seele, dem Ich. Aber mit gutem Recht kann nun gefragt werden, ob in der Tat das Bewußtsein der Gesamtheit der psychischen Vorgänge gleichzusetzen ist. Ich bestreite, daß die innere Wahrnehmung die Empfindung als ein Inneres, als ein Geistiges vorfindet, oder auch nur vorfinden kann, denn sie vermag jene einheitliche Verknüpfung derselben mit dem vorfindenden Subjekt, wie sie in den Erlebnissen des Fühlens und Wollens vor allem hervortritt, in keiner Weise zu vollziehen. Aber der einsichtigen Betrachtung kann es doch nicht verborgen bleiben, daß gleichwohl den Empfindungen wie den geistigen Vorgängen ein Merkmal gemeinschaftlich zukommt, das ich als das Merkmal der Bewußtheit bezeichne und zum Ausgangspunkt der Entwicklung eines umfassenderen Begriffs von Bewußtsein nehme. In all unseren Erlebnissen findet sich ein Moment, welches mit den in den Vorgängen des Urteils sich vollziehenden Erkenntnisprozessen jederzeit in eine besondere Relation gesetzt werden kann und es daher verdient, in einer ausgezeichneten Weise von den übrigen Beständen des Erlebens abgehoben zu werden. Dieses Moment liegt in der Tatsache, daß jedes Erlebnis von einer Art von Wissen begleitet ist, das, wenn auch nicht im Akt des Erlebens selbst, so doch in der darauf gerichteten Reflexion in einem eigenen Urteil ausgesprochen werden kann. (27) In jedem Gefühl, jeder Empfindung, jeder Aktion ist ein Etwas enthalten, das äquivalent einem Existentialurteil ist, das dieses Gefühl, diese Empfindung, diese Aktion zum Gegenstand hat. Ja selbst in den Zuständen des vollendeten Wissens tritt dieses Phänomen hervor, so daß auch dieses Wissens, dieses Urteil selbst als Materie eines möglichen anderen Wissens oder eines Existentialurteils zu bezeichnen ist. Wenn im Altertum in den Auseinandersetzungen mit der skeptischen Schule die Möglichkeit der Behauptung, alles für falsch zu erklären, geleugnet wurde, weil diese Behauptung sich selber aufhebt, so liegt die Ursache des sich so erhebenden Streites in der Verkennung des Verhältnisses, das zwischen jenem unmittelbaren, jedem Erleben innewohnenden Wissen und dem vermittelten, im Erlebnis, im Urteil über einen Sachverhalt, der vom Urteil selbst geschieden werden kann, ausgesprochenen Wissen besteht. Indem DESCARTES in der methodischen Entwicklung aller Konsequenzen, welche in einer universalen Skepsis gelegen sind, die Tatsache als den unerschütterlichen Grund allen Wissens aufdeckte, daß in jedem Zweifel doch die Gewißheit des Zweifelns nicht zu bezweifeln ist, schlichtete er jenen unfruchtbaren Streit, wurde er der Begründunder einer neuen Erkenntnislehre, die in dieser unaufhebbaren Gewißheit ihren festen Ausgangspunkt findet. In dieser Einsicht ist das Prinzip des Bewußtseins ausgesprochen, welche das letzte Ergebnis aller Selbstbesinnung ist und daher als der erste Satz aller Wirklichkeitserkenntnis gelten kann. Unter einem Bewußtsein können wir demnach das der begrifflichen Erkenntnis vorangehende, in allen Erlebnissen aufzuweisende Wissen verstehen, das gleichwohl jederzeit in der Reflexion in eine begriffliche Erkenntnis übergeführt werden kann. Versuchen wir nun, diesen Begriff des Bewußtseins in die Diskussion des Empfindungsproblems und allgemeiner in die Frage nach der Abhängigkeit des Gegebenen vom Bewußtsein einzuführen, so halten wir zunächst daran fest, daß dadurch den Empfindungen nichts von ihrer Tatsächlichkeit genommen wird. Daß von den reinen Qualitäten irgendwie ein Sein zu prädizieren ist - mögen sie nun im Subjektiven oder Objektiven den Ort ihres Daseins haben - unterliegt füglich keinem Zweifel. Das Blau, das ich sehe, die Quinte, die ich höre, sind präsente Tatsachen meines Bewußtseins, und ob ich sie nun als phänomenalen Abglanz von ihnen gänzlich disparaten Vorgängen, als bloße in meiner Seele schwebende Bilder betrachte: sie sind, sie erfüllen die Zeit, sie haben eine reale Existenz in der Region der Erfahrung, zumindest solange sie erfahren werden. Die Disjunktion [Unterscheidung - wp] einiger moderner Erkenntnistheoretiker (28), daß die Qualitäten entweder objektiv und metaphysisch so real sind, wie sie mir erscheinen, oder aber überhaupt nichts sind, eine unvollziehbare Forderung, gleich dem Begriff des Nichts oder &radix;-1, ist falsch; sie entspringt einer unzulässigen Übertragung dder innerhalb gewisser Grenzen zu Recht bestehenden Scheidung von Inhalt und Gegenstand der Vorstellung auf einfachste Data. Diese Hypothese von der absoluten Nichtexistenz der Qualitäten entbehrt des Sinns, denn sie widerstreitet der inneren Beobachtung. Die Eleaten allerdings hoben auch mit aller Veränderung den "Wechsel der leuchtenden Farbe" (29) auf und darum wurden ihnen die Qualitäten selbst, so darf man vielleicht aus diesen Worten schließen, zu einem Nichts, zu einem leeren Schall in der Sprache der Sterblichen. Aber damit wird ihre Existenz als Schein nicht beseitigt. Denn selbst wenn man sie im Verständnis neuerer Theorien als einen Ausdruck des Bewußtseins, als eine Vergegenwärtigung eines Transzendenten faßt, so haben sie doch eben als dieser Ausdruck eine besondere Art des Daseins, da sie in ihm einen Gegenstand des Bewußtseins und der Reflexion bilden. Was auch immer sie meinen und bedeuten mögen, sie sind doch nicht gleich dem Begriff des Nichts bloß imaginär und repräsentativ durch etwas vertreten, was sie selbst nicht sind; sie sind präsent als Tatsache des Bewußtseins und können darum nicht diesem entrückt und etwa als "unmittelbarer Gegenstand einer auf Nichtexistierendes sich richtenden Erkenntnis" bezeichnet werden. Aber diese Art von Setzung der Qualitäten, die nicht bestritten, weil nicht aufgehoben werden kann, besagt noch nichts. Problematisch ist erst die besondere Art der Existenz, die ihnen in Bezug auf das Bewußtsein, d. h. auf das sie unmittelbar stets begleitende Wissen zugesprochen werden muß. Und da ist nun eine wesentliche, ja entscheidende Bestimmung des Begriffs des Bewußtseins hervorzuheben. Das als Bewußtsein bezeichnete ursprüngliche und elementare Wissen ist einem im Urteil vollendeten Wissen äquivalent, aber nicht mit einem solchen identisch. Demnach kann es nicht gestattet sein, die an diesem vollendeten Denken unterscheidbaren Momente ohne weiteres auf jenes unmittelbare Gewahrwerden zu übertragen; diese Übertragung bedarf in jedem Fall einer besonderen Begründung und die Untersuchung zeigt, daß sie jedenfalls in einem Punkt nicht gestattet, weil nicht durchführbar ist. Das Urteilen und das Denken gehört zu jener Klasse von Erlebnissen, welche sich auf einen von ihnen selbst unterschiedenen Gegenstand beziehen. Ich habe schon bemerkt, daß ich in dieser charakteristischen Form der Verhaltensweise mit BRENTANO ein spezifisches Merkmal der geistigen Vorgänge erblicken, und ich erachte es als eine wirkliche Bereicherung meiner psychologischen Einsichten, wenn HUSSERL (30) in diesem Sinn eine phänomenologische Deskription unserer Erlebnisse unternimmt, in welcher die Scheidung zwischen dem reellen und dem intentionalen oder intendierten Inhalt der Erlebnisse der leitende Gesichtspunkt ist. Aber es erscheint unmöglich, diese Trennung im Falle der einfachsten Sinneswahrnehmung aufrecht zu erhalten. Die Sinnesqualitäten haben kein Objekt. Ich kann mir eine Farbe vorstellen, sie beurteilen, Gefallen an ihr finden, sie verabscheuen; die Empfindung der Farbe selbst ist in sich beschlossen; sie ist, wie LOTZE es einmal ausdrückt (31), "nicht Forderung eines zu erfüllenden Inhalts, sondern volle Erfüllung". Sie enthalten keinen Hinweis auf ein anderes, das sie selbst nicht sind und wodurch sie erst zu dem werden, was sie sind. Das Blau des Himmels und das Rauschen des Meeres empfangen ihr Unterscheidbares nicht erst durch die Beziehung auf ein Objekt, das von ihnen getrennt ist. Sie können und sie müssen vielleicht in Relation zu Gegenständen gesetzt werden; aber dieses tritt erst in einem Wahrnehmungsvorgang auf, der eine Mehrheit von Eindrücken verbindet und sie eben in dieser Synthese "gegenständlich" deutet. Das bloße Haben von Sinnesdaten weißt nichts von einer solchen Richtung auf ein Objekt, hier fällt der reelle und der intentionale Inhalt zusammen. Der Akt des Empfindens ist mit dem Empfundenen eins. Somit ist die reine Sinnesempfindung durch eben dieses unterscheidende Merkmal von den Erlebnissen des Denkens, des Fühlens, des Hoffens, des Hassens - ich lasse dahingestellt, ob überhaupt von allen anderen Erlebnissen - getrennt. Wenn gleichwohl die Meinung weit verbreitet ist, daß in der Perzeption die Gegenüberstellung eines Objekts, einer Qualität und eines Subjekts, das empfindet, nebst dem Akt der Empfindung, der beide verbindet, deutlich zutage tritt, so beruth das erstens auf einer Verwechslung mit dem Verhältnis, in welchem die Empfindung zu dem Bewußtsein, dem sie stets begleitenden Wissen, steht (32). Dieses Bewußtsein umfaßt alle Erlebnisse gleichmäßig, das Denken, wie der Fühlen und das Empfinden. Der Vorgang, in welchem das Bewußtsein sich selbst als ein denkendes erfaßt, ist nicht verschieden von dem, in welchem es sich als ein empfindendes erfaßt; das Denken und die Empfindung sind demnach in Bezug auf das Bewußtsein Inhalte derselben Ordnung. Und von diesen Inhalten gilt, daß die einen immer die Beziehung auf ein Gegenständliches von ihnen selbst Unterscheidbares, im Erlebnis nicht Präsentes einschließen, ja in diesem Verhalten ihre wesenhafte Eigenart bekunden, die anderen aber von einer derartigen Relation frei sind. Bezeichnet man das Haben einer Sinnesempfindung als Empfinden, dann ist auch das Wissen, daß ich weiß, daß ich denke, urteile, hoffe eine Empfindung (33). Ich habe dafür zweckmäßig den geschichtlich gegebenen Terminus des Bewußtseins gewählt. Zweitens aber, und das ist für unseren Zusammenhang nun entscheidend, ist diese Interpretation des Verhältnisses von Empfindung und Bewußtsein unhaltbar. Denn eine Gegenüberstellung von Subjekt und Objekt, wie sie hier im Vorgang der Perzeption angenommen wird, ist weder im tatsächlichen Befund der Selbstbeobachtung vorhanden, noch auch begrifflich denkbar. Die Übertragung dieser Scheidung nach Analogie jener intentionalen Erlebnisse auf das Bewußtsein der Empfindung ist eine theoretische Deutung. Gewiß lassen sich am Zustand der Empfindung in abstracto sprachlich zwei Momente sondern: das Dasein eines Inhalts und sein Verhältnis zum Subjekt, das diesen Inhalt hat; aber diese Trennung, was sie auch besagen möge, ist jedenfalls das Ergebnis eines anderen Erkenntnisvorgangs, einer nachträglichen Reflexion, es bildet keinen Teil jenes primären Vorgangs; denn das Wesentliche ist, daß dieses Verhältnis überhaupt nicht für sich gegenständlich gemacht werden kann.
Ich kann "sehr wohl den Ton für sich oder im Verhältnis zu anderen Bewußtseinsinhalten betrachten, ohne sein Dasein für ein Ich weiter zu berücksichtigen, aber ich kann nicht mich und mein Hören für sich betrachten, ohne an den Ton zu denken, sondern, wenn ich diesen Versuch mache, so finde ich, daß mir gar nichts übrig bleibt, was sich betrachten oder in Untersuchung ziehen oder worüber sich nur irgendeine Aussage tun ließe. Entschwindet mir der Ton, so entschwindet auch mein Hören des Tones, und es tritt entweder ein anderer Inhalt in mein Bewußtsein, für welchen dasselbe gelten wird, oder, wenn gar aller Inhalt mir entschwindet, so entschwindet auch die Bewußtheit und das Ich und es bleibt gar nichts übrig". Ist es noch erforderlich, zu zeigen, daß dieser Begriff des Bewußtseins, der sich aus der methodischen Selbstbesinnung ergibt, mit jenem Begriff zusammenfällt, der als die Bedingung der Koinzidenz theoretischen Denkens und empirischer Wirklichkeit abgeleitet wurde? Daß in ihm die psychologische Analyse die Tatsache aufgedeckt hat, die die allgemeine Erfüllung der erkenntnistheoretischen Forderung garantiert? Indem dieses primäre Bewußtsein, das noch kein Wissen ist, aber jederzeit in ein solches übergeführt werden kann, an der Empfindung, an der bloßen Perzeption und doch zugleich bei jenen Vorgängen und Funktionen nachzuweisen ist, welche in einem engeren Sinn des Wortes als geistige und psychologische Erscheinung zu bezeichnen sind, erweist es sich als umfassend genug, um als der gemeinschaftliche Träger der theoretischen wie der anschaulich-wirklichen Welt gelten zu können. Über dem psychologischen Bewußtsein, das nur der Inbegriff psychischer Prozesse ist, und über dem transzendentalen Bewußtsein, das nur ein Gedanke im psychologischen ist, erhebt sich das primäre Bewußtsein, in welchem alles eingeschlossen ist, das unserem Wissen zugänglich ist, denn es bildet die Voraussetzung allen Wissens. Von dieser allgemeinen Ansicht aus läßt sich nun das Verhältnis, in dem Empfindung und Bewußtsein zueinander stehen, in eine einfache Formel zusammenfassen: sie sind unzertrennlich. Sie sind nicht zwei Fakta in Koexistenz, sondern sie bilden ein ungeschiedenes Ganzes. Nur in der Reflektion können sie als Momente gesondert werden, die aber doch immer noch in einer unauflöslichen Beziehung zueinander stehen. Die Empfindung ansich ist weder in unserer Erfahrung gegeben, noch ohne das begleitende Wissen, das die Kunde von ihr uns gibt, vorstellbar. Hebt man die konkrete Substanz aller Erlebnisse auf, so schwindet das Bewußtsein; könnte man das Bewußtsein aufheben, so würde damit jedem möglichen Erlebnis die Grundlage entzogen sein. Sie beide sind Korrelativtatsachen. Jedenfalls vermag kein menschliches Denken diese Grenze zu überschreiten und einen der Teile, etwa die Empfindung oder das Bewußtsein, für sich zu isolieren; denn das Denken ist nur die Vollendung des Bewußtseins. Schon die Fragestellung, ob Empfindung unabhängig vom Bewußtsein existieren kann oder nicht, ist abzulehnen, denn sie setzt ein in Gedanken mögliche Trennung zwischen Empfindung und Bewußtsein voraus. Aber das Bewußtsein ist eine synthetische Bestimmung der Empfindung noch die Empfindung eine synthetische Bestimmung des Bewußtseins (35). Synthesis ist die Zusammensetzung von Elementen, die für sich eine Eigenart aufweisen können; aber niemand vermag zu sagen, was Empfindung ohne eine Relation zum Bewußtsein ist. Faßt man die Qualitäten als Objekte für ein Bewußtsein, das sie im Akt der Empfindung ergreift, umspannt, oder zu denen es auch nur in "eine eigentümliche Beziehung tritt" (36), dann kann man mit RIEHL das Sein der Objekte von ihrem Objektsein für den Erkenntnisakt trennen. Doch die Qualitäten sind keine objekte für ein Bewußtsein. Ihre Verbindung oder Verschmelzung, oder welchen Ausdruck man auch wählt, ist einzig; auf dem Standpunkt der Reflexion vermag das abstrakte Denken Subjekt und Objekt nur als Momente am Gegebenen zu unterscheiden. Aber eben darum ergibt sich notwendig der Schluß, daß Empfindung und Bewußtsein korrelativ zueinander sind. Und diese Folgerung bleibt auch zu Recht gegenüber Einwänden bestehen, die insbesondere von gewissen Richtungen der realistischen Philosophie unserer Zeit dagegen erhoben worden sind. Gerade weil die Einsicht, daß das Bewußtsein die Bedingung der Empfindung ist, nur und ausschließlich auf dem Standpunkt der Reflexion gewonnen und ausgesprochen werden kann, so hat, argumentiert man, sie nur für die Reflexion, nicht für die tatsächliche Erfahrung Geltung.
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1) So z. B. von Volkelt in seinem Buch "Erfahrung und Denken". 2) Wilhelm Wundt, Physiologische Psychologie, fünfte Auflage, III, Seite 320. Auch Dewey, Psychology, Seite 2. 3) Dilthey formuliert ihn als den Satz der Phänomenalität (siehe "Unser Glaube an die Realität der Außenwelt etc.", Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften, 1890, XXXIX); Rickert ihn als Satz der Immanenz, Gegenstand der Erkenntnis, zweite Auflage, Seite 19f. 4) Wenn Natorp (Einleitung in die Psychologie nach kritischer Methode, 1888, Seite 106f) den Grundgedanken, "daß ein Gegenstand doch nicht anders als im Bewußtsein gegeben ist", für zwar "einleuchtend, aber auch sehr trivial" erklärt, da er "das Verständnis eigentlich in keiner Richtung" fördert, wohingegen er die "Grundformel des Idealismus" darin findet, daß "nicht das Bewußtsein schlechthin, sondern die Einheit des Bewußtseins es ist, welche in der Einheit des Gesetzes die Einheit des Gegenstandes konstituiert", so möchten die obigen Ausführungen darlegen, daß der Satz des Bewußtseins doch nich so trivial, jedenfalls nicht so einfach ist, vielmehr eine ganze Reihe von Problemen enthält, deren Lösung auch für die Erkenntniskritik im engeren Sinn bedeutungsvoll sein dürfte. 5) Ich bemerke, daß ich nur der Einfachheit halber an der streng kantischen Ausdrucksweise festhalte; ob die Kategorien aus bloß rationalen Funktionen abzuleiten sind oder nicht vielmehr in der Weise, wie Dilthey es zuerst ausgeführt hat, in einem Verhältnis zu den emotionalen Funktionen unseres Selbst stehen, bleibt hier dahingestellt. 6) Die Kategorien ermöglichen das Erfahrungsurteil; aber schon das bloße Wahrnehmungsurteil setzt logisch kategoriale Verbindungen voraus, die für den Urteilenden objektiv sind. 7) Ich halte dafür, daß diese Auffassung dem kantischen System auch in seiner geschichtlich vorliegenden Form im Ganzen nicht gerecht wird, wenn schon insbesondere in der ersten Auflage der Vernunftkritik, in den psychologisch-genetischen Ausführungen der Deduktion hinreichende Ansätze zu dieser Interpretation enthalten sind. 8) Vgl. z. B. die Definitionen von Külpe, Psychologie, § 1, Ebbinghaus, Psychologie § 1. 9) Noch fließender und unbestimmter ist der französische und englische Sprachgebraucht. 10) Goswin K. Uphues, Wahrnehmung und Empfinden, Leipzig, 1888, Kapitel 1. 11) Helmholtz, Lehre von den Tonempfindungen, Seite 101 12) Riehl, Philosophischer Kritizismus, Bd. II, Seite 1 und 195. 13) Noch deutlicher treten diese Bedenken in der Definition hervor, die etwa Külpe, Psychologie, Seite 30 gibt. 14) Über die Frage, ob es in Wahrheit obertonfreie Schälle gibt, vgl. Wundt, Physiologische Psychologie, fünfte Auflage, Bd. II, Seite 139. 15) Carl Stumpf, Tonpsychologie, Bd. 1, Seite 11 16) Vgl. die Begriffsbestimmung, die G. E. Müller, Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Bd. X, 1896 gibt. 17) Auch Helmholtz, Physiologische Optik, Bd. 2, Seite 611, kommt in Anwendung seiner methodischen Regel zur Unterscheidung der Empfindungen von den Produkten der Erfahrung und der Einübung zum dem Ergebnis, da "nur die Qualitäten der Empfindung als wirklich reine Empfindungen zu betrachten sind". 18) Brentano, Psychologie vom empirischen Standpunkt, Seite 103f. 19) ebd. Seite 129f 20) ebd. Seite 122. 21) ebd. Seite 128 wird gezeigt, daß der Ausdruck "Wissenschaft von den physischen Phänomenen" nur in sehr bedingter Weise dem Ausdruck "Naturwissenschaft" gleichbedeutend ist. 22) Julius Bergmann, Grundlinien einer Theorie des Bewußtseins, 1870, Seite 34 23) Hermann Lotze, Metaphysik, Seite 507. 24) Von diesem Gesichtspunkt aus sondert Wundt, Physiologische Psychologie, a. a. O., Seite 343f, die sämtlichen Inhalte des Bewußtseins in zwei Klassen, in objektive und subjektive, von denen die ersteren dadurch charakterisiert sind, daß sie auf äußere, dem wahrnehmenden Subjekt gegebene Gegenstände, die letzteren aber dadurch, daß sie unmittelbar auf den Zustand des Subjekts selbst bezogen werden. Und Ebbinghaus bezeichnet (Psychologie I, Seite 4ff) ausdrücklich die Einbeziehung der Empfindungen in das Gebiet der Psychologie als eine Erweiterung ihres ursprünglichen Themas und zwar eine Erweiterung, die nicht aufgrund einer fortschreitenden Untersuchung der Empfindungsinhalte selbst, sondern sich auf einem Umweg, mittels der Einsicht in ihre Abhängigkeit von den Funktionen des Organismus vollzogen hat. In jüngster Zeit erringt übrigens die von Brentanos Schule, von Preyer, Stumpf u. a. vorbereitete Auffassung immer mehr Anerkennung, nach welcher das Studium der Empfindungen oder Erscheinungen als solcher, die Deskription ihrer Eigenschaften, Relationen und Gesetzlichkeiten als eine eigene von der Psychologie durchaus zu unterscheidende Wissenschaft angesehen werden muß. 25) Vgl. hierüber meine Abhandlung "Die Lehre von der Subjektivität er Sinnesqualitäten und ihre Gegner" in dieser Vierteljahrsschrift, Bd. 30, Seite 271f. 26) Herbart definiert "Bewußtsein" als "die Gesamtheit alles gleichzeitigen Vorstellens" (Psychologie als Wissenschaft, Bd. 1, § 48). 27) Vgl. Lotzes Bestimmung des Bewußtseins als "jenes einfache transitive Wissen, welches alle Vorstellungen, Gefühle und Bestrebungen durchdringt, daß von ihnen allen ohne dieses Gewußtwerden gar nicht die Rede sein könnte". (Kleine Schriften, Bd. II, Seite 124) 28) Hermann Schwarz, Umwälzung der Wahrnehmungshypothesen usw., 1895, II. Abschnitt, Seite 78f. 29) Parmenides in Diels, Die Vorsokratiker, Seite 41. 30) Husserl in seinen "Logischen Untersuchungen". 31) Lotze, Metaphysik, Seite 49. 32) Noch gröber ist der Irrtum, wenn dem Bewußtseinssubjekt ein psychophysisches Individuum substitiert wird. 33) So spricht etwa Froschammer (Monaden und Weltphantasie, Seite 39) von einer "Empfindung der Empfindung und ihrer Arten". 34) Paul Natorp, Einleitung in die Psychologie nach kritischer Methode, Seite 17. Die von Husserl, Logische Untersuchungen II, Seite 359f, gegen diese Ausführungen Natorps geltend gemachten Bedenken beziehen sich nur auf eine gegenständliche Deutung des Tones, von der aber durchaus abgesehen werden kann. 35) So Bergmann, a. a. O., I. Teil, Abschnitt 1. 36) Wie Uphues, "Über die Erinnerung", Seite 13 und Fischer, "Theorie der Gesichtswahrnehmung", 1891, Seite 157, 172, 176 zur Vermeidung der Schwierigkeiten sich ausdrücken, die im Begriff des Ergreifens oder Umspannens durch das Bewußtsein enthalten sind. 37) Wundt, Über den naiven und kritischen Realismus, Philosophische Studien, Bd. XII, Seite 397 (vgl. auch Seite 324f und "Logik, Bd. 2, I, Seite 430f. |