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Die philosophischen Grundlagen der Naturwissenschaften
V o r w o r t Den Nachweis dieses ständigen Zusammenwirkens der vier Elemente bei der sogenannten induktiven Methode der Naturwissenschaften und die Zurückführung der logischen Sicherung des Verfahrens besonders im Fall der rein generalisierenden Induktion (vergleichender Methode) durch die fortgesetzte Analyse ähnlicher, aber doch leicht verschiedener Fälle, habe ich bisher nur kurz in zwei Vorträgen versucht (1934 und 1936). Hier soll dies nun ausführlicher durchgeführt und begründet werden. Die eingehende Erläuterung an einer größeren Anzahl verschiedener Beispiele aus der Geschichte der Naturwissenschaften (Astronomie, Physik, Chemie, Biologie) in einem besonderen Abschnitt wird die Berechtigung dieser Auffassung noch besonders deutlich erkennen lassen. Eine Methodenlehre der Naturwissenschaften, als ein rein wissenschaftstheoretisches Anliegen, ist auch ohne Erkenntnistheorie durchführbar und ist ansich teilweise unabhängig von jeder speziellen Erkenntnistheorie, einem speziellen erkenntnistheoretischen Standpunkt. Immerhin ist die in diesem Buch entwickelte Methodenlehre nur mit einem erkenntnistheoretischen Standpunkt vereinbar, der die Geltung apriorischer Elemente kategorialer Prinzipien für jede wissenschaftliche Methode anerkennt. Positivistische und empiristische Schulen lehnen zwar einen apriorischen Bestandteil der Erkenntnis, die Beteiligung kategorialer Prinzipien ab, benutzen sie aber selbst in allen ihren Formulierungen, ohne sich dessen bewußt zu werden. Es kommt das daher, daß sie nicht zutreffende Vorstellungen vom Wesen der Kategorien haben. Sie halten sie infolge mißverständener älterer Formulierungen als vor und unabhängig von aller Erfahrung, dem erfahrenden Subjekt innewohnende, ewig feststehende Begriffe im Sinne eines extremen Rationalismus und Idealismus oder beziehen sich nur auf die ungenügende und überwundene Tafel der Kategorien von KANT. Das beruth jedoch auf einer falschen Beurteilung kategorialer Prinzipien. Ohne kategoriale Prinzipien gibt es keine wissenschaftlichen Methoden. Wenn Positivisten und Logizisten nur Sinneswahrnehmungen und logisches Denken gelten lassen und jegliche Anerkennung kategorialer Prinzipien ablehnen, so übersehen sie, daß selbst die formale Logik, die sie doch selbst als letzten Grund anerkennen, auf apriorisch metaphysischen Voraussetzungen beruth. Bei der zutage tretenden Unklarheit und Verworrenheit, die in naturwissenschaftlichen Kreisen über die erkenntnistheoretischen Grundlagen ihrer eigenen Forschertätigkeit herrscht, schien es geboten und wünschenswert, der Methodenlehre eine Erkenntnislehre voranstellen. Die hier gebrachte erkenntnistheoretische Darstellung soll jedoch nicht das Gebiet in seinem ganzen Umfang behandeln, sondern nur soweit, als es auch die Erkenntnis der realen Gegenstände, also des Gebietes der Naturwissenschaften, Bezug hat. Bei dieser kurzen Darstellung einer Erkenntnistheorie für Naturwissenschaftler folge ich ganz den Auffassungen, die NICOLAI HARTMANN in seiner "Metaphysik der Erkenntnis" (1921, dritte Auflage 1943) gegeben hat. Als ich selbst dieses Buch 1921 zuerst kennenlernte, hatte es mir, die ich vom Positivismus zu einem dem Marburger Neukantianismus nahestehenden Standpunkt gekommen war, über viele mir noch zweifelhafte Frage, über die ich nicht selbst zu voller Klarheit durchdringen konnte, Klarheit und befriedigende Antworten gebracht. Das betrifft vor allem die Frage der realen Außenwelt, an der ich als Naturforscher festhalten mußte und somit dem Neukantianismus nicht zustimmen konnte, ferner gewisse irrational-metaphysische Elemente, wie z. B. im Leib-Seele- und Seins-Problem. Die im folgenden zur Darstellung gelangende Erkenntnistheorie ist mithin nur ein kurzer Auszug aus dem genannten Werk von NICOLAI HARTMANN, vielfach mit dessen eigenen, unüberbietbar klaren und scharfen Formulierungen. Ich hoffe und wünsche, daß sie vielen Naturwissenschaftlern gleich mir dazu verhelfen möge, Klarheit über die Grundlagen ihrer Wissenschaft zu gewinnen und dadurch ihrer eigenen wissenschaftlichen Forschertätigkeit zum Vorteil und Nutzen gereichen möge. Den zwei Hauptteilen der Erkenntnistheorie und Methodenlehre ist noch ein dritter angeschlossen, der erkenntnistheoretische und methodologische Einzelprobleme der neueren Naturwissenschaft, speziell der Physik und Biologie, erörtert. Es handelt sich um die heute so viel umstrittenen Fragen der Relativitätstheorie und Quantenphysik und die Fragen der Teleologie (Ganzheit), des Leib-Seele- sowie des Mechanismus-Vitalismus-Problems in der Biologie. Diese naturphilosophischen Problem sollen nicht in ihrer ganzen Breite und Tiefe zur Darstellung gelangen. Es soll vor allem gezeigt werden, wie sich die hier vertretene Erkenntnistheorie und Methodenlehre auf die Fragen auswirkt. Die Art der Behandlung und Beurteilung der Probleme wird ersichtlich machen, wie fruchtbar und klärend die Erkenntnistheorie und Ontologie NICOLAI HARTMANNs sich erweist. In dankbarer Erinnerung und Anerkennung der vielfachen Förderungen und Anregungen, die ich aus den Werken NICOLAI HARTMANNs gewonnen, sei daher dieses Buch dem großen Begründer einer neuen ontologischen Erkenntnistheorie gewidmet. ![]() I. Hauptteil Theorie der Naturerkenntnis
Erkenntnis ist nicht ein "Erschaffen, Erzeugen oder Hervorbringen des Gegenstandes" (1) im Sinne des Idealismus, sondern ein "Erfassen von etwas", das auch vor aller Erkenntnis und unabhängig von ihr vorhanden ist. Hiermit ist die "Tatsache" des natürlichen Realitätsbewußtseins ausgesprochen. Von ihr ist nicht nur jeder naive Mensch überzeugt, sondern nach ihm lebt und handelt auch jeder Philosoph in seinem ganzen Leben, auch wenn er einen positivistischen oder idealistischen Standpunkt vertritt und somit die Realität der Außenwelt leugnet.
"Alle Erkenntnis geht somit ihrem Wesen nach auf Seiendes, sofern es auch vor ihr und unabhängig von ihr besteht." Da Erkenntnis ein von ihr unabhängiges Sein zur Voraussetzung hat, ist sie auf das Engste mit der Seinslehre, der Ontologie, verbunden. Erkenntnis ist ein "Erfassen eines Ansichseienden". Da das Seinsproblem unablösbar mit dem Erkenntnisproblem verbunden ist, "wird dieses selbst zu einem metaphysischen Problem". So steht hier bereits am Anfang aller Erkenntnislehre ein Irrational-Metaphysisches. Metaphysik ist hierbei nicht im Sinn der spekulativen Metaphysik zu verstehen, gegen die sich mit Recht die kantische Kritik gewendet hat, sondern im Sinne einer Metaphysik der Probleme. Denn es
Phänomen und Problem der Erkenntnis 1. Abschnitt Das Unmetaphysische im Erkenntnisproblem 1. Kapitel Das weitere und engere Erkenntnisproblem Im Erkenntnisproblem in einem weiteren Sinn gibt es neben dem eigentlich Erkenntnismäßigen noch etwas spezifisch Psychisches und etwas spezifisch Logisches, so daß man noch eine Psychologie der Erkenntnis und eine Logik der Erkenntnis unterscheiden kann. Da der eigentliche Sinn des Erkennens im Erfassen eines Seienden besteht, könnte man dieses als die ontologische Seite des Erkenntnisproblems bezeichnen. Die eigentliche Kernfrage der Erkenntnis, die Frage nach dem "Erfassen des Gegenstandes" selbst
Das Psychologische im Erkenntnisproblem a) Erkennen als psychisches Geschehen Da alles Erkennen an ein erkennendes Subjekt gebunden ist, "gehört es mit zur Urtatsache des Erkenntnisphänomens". Beide, das Subjekt wie das Objekt, sind Bedingung der Erkenntnis. Man hat daher meist "in dieser Bedingtheit die wesentlichen Aufschlüsse über Bau, Fortgang und Wahrheitsanspruch der Erkenntnis" gesucht.
"Die Psychologie findet sich der Erkenntnistheorie (und Ethik) gegenüber in einem ähnlichen Verhältnis, wie ihr selbst gegenüber die Physiologie. Auch die totale Kenntnis der Nervenvorgänge könnte die psychischen Vorgänge als solche so wenig erklären, wie die totale Kenntnis der letzteren die Erkenntnis- oder Handlungsphänomene. Zwischen diesen und den seelischen Vorgängen klafft eine ganz ebensolche Heterogenität, derselbe hiatus irrationalis, wie zwischen psychischen und physischen Vorgängen." (2) Antipsychologismus
Erst wenn sich die psychologische Methode des engeren Erkenntnisproblems wie im Positivismus, wird sie zum Psychologismus. Dieser aber verkennt das Problem und gefährdet die Erkenntnistheorie und zugleich die Logik. Es ist das große Verdienst aller logisch orientierten Erkenntnistheorie, diese Grenzüberschreitung der Psychologie und ihren unberechtigten Anspruch in der Erkenntnistheorie zurückgewiesen und "die saubere Scheidung der beiderseitigen Problemgebiete" aufgezeigt zu haben, wenn auch der logische Idealismus dabei in dem entscheidenden Punkt übers Ziel hinausgeschossen ist, indem "er die psychologische Erkenntnisfrage a limine [von vornherein - wp] als falsch gestellte Frage von der Hand wies". Diese bedauerliche Grenzüberschreitung des logischen Idealismus in der Kritik des Psychologismus bedarf daher wieder einer Gegenkritik, die aber nicht vom Standpunkt der Psychologie, sondern nur von dem des engeren Erkenntnisproblems aus erfolgen kann. Logische Strukturen gehen im psychischen Prozeß nicht auf. Da das "Logische der natürliche Gegenpol des Psychologischen innerhalb des weiteren Erkenntnisproblems" ist, ist es verständlich, daß bisher ausschließlich die Logik und die logisch orientierte Erkenntnistheorie die Übergriffe der Psychologie im Erkenntnisproblem abgewiesen hat. Aber auch das engere Erkenntnisproblem geht im psychischen Prozeß nicht auf. Psychologie und Logik verkannten in gleicher Weise, daß es darin noch etwas Drittes, weder Logisches noch Psychisches gibt: "die aktuelle Beziehung zwischen Subjekt und Objekt als solche, die weder seelischer Akt noch ideale Struktur ist". Trotz der vielfachen Behandlung des Subjek-Objekt-Verhältnisses in beiden Lagern wird von beiden das Wesen dieses Verhältnisses verfehlt, "weil es weder in der Subjektsphäre noch in der Objektsphäre liegt, sondern in der Relation zwischen beiden". Der Psychologismus verkennt die Eigengesetzlichkeit dieser Relation nicht weniger als die der logischen Struktur. "Hier liegt der größere Fehler des Psychologismus." Trotzdem das gnoseologische Wesen der Erkenntnisrelation auch einen Prozeßcharakter zeigt (greifbar im Erkenntnisfortschritt),
Das Logische im Erkenntnisproblem a) Logik des Denkens und Logik des Gegenstandes "Viel tiefer als die Psychologie greift die Logik in das innere Gefüge des Erkenntnisphänomens ein." Während die Psychologie "die Entstehung der Erkenntnis im Prozeß sucht" (und sich somit an die Seite des Subjekts im Erkenntnisphänomen hält), sucht die Logik "den Inhalt der Erkenntnis in seiner wesenhaften, vom Prozeß ablösbaren Struktur. Diese Auffassung macht den streng objektiven Charakter der logischen Einstellung aus. Aber auch von der Logik aus wurden die Grenzen, die ihr im Phänomen der Erkenntnis gesetzt sind, überschritten, indem man sie als "Wissenschaft vom Denken" definierte.
"Sofern man in diesem Zusammenhang von einer Logik des Denkens sprechen kann, so verhält sich diese zur Logik des idealen Seins ähnlich wie die Psychologie des Erkennens zur eigentlichen Erkenntnistheorie: sie kann zu ihr nichts hinzufügen, so wenig wie ihr etwas abhandeln. Das ideale Sein steht indifferent zum Denken. Das Denken aber steht nicht indifferent zum idealen Sein." Die logische Sphäre ist nicht nur auf die formalen Bestimmungen der traditionellen Logik beschränkt, sondern ihr gehören "alle nur irgendwie möglichen Inhaltsstrukturen" zu. So ist "die Zugehörigkeit des Mathematischen zur erweiterten logischen Sphäre" ja philosophisch allgemein anerkannt. "Daß aber prinzipielle alle Inhalte als solche in die logische Sphäre erhebbar sind durch eine Heraushebung des rein Strukturellen in ihnen, ist eine Einsicht, deren Konsequenzen noch lange nicht gezogen sind." Doch davon soll hier nicht weiter die Rede sein. Für das Erkenntnisproblem folgt jedenfalls daraus,
"Diese Tendenz, die einem jden aus der Wissenschaft her sehr bekannt ist, zeigt uns die ideale Objektwelt der logischen Sphäre gleichsam als obere Grenze der Erkenntnis, als ihr logisches Postulat. Der Zug zur Exaktheit und die vielberufene Vorbildlichkeit der rationalen Wissenschaften (Mathematik) haben hierin ihren Grund. Und sofern die Erkenntnis diese ihre obere Grenze nicht nur anstreben, sondern auch im Voraus fixieren - gleichsam antizipieren muß, kann man mit Recht von einer Logik der Erkenntnis sprechen - ähnlich wie man im Hinblick auf den Prozeß und seine psychischen Bedingungen von einer Psychologie der Erkenntnis sprechen kann." Diese Erkenntnislogik "greift viel tiefer in das Wesen des Erkenntnisproblems ein, als die mit ihrer Tendenz auf die Subjektivität ihm als solche wesensfremde Erkenntnispsychologie; denn sie ist ihm von Haus aus wesensverwandt in der Tendenz auf das Objekt, die sie mit ihm teilt. Und nur die Idealität der logischen Objektwelt, ihre Absolutheit und Selbständigkeit scheidet sie von der Aktualität des ewig unvollkommenen Erkenntnisstadiums". "Die idealen Strukturen und Relationen der logischen Sphäre sind bindend für alle Abstufungen der Annäherung des aktualen Erkennens, und sie bleiben bindend bis in die scheinbar alogischen Anfänge der Erkenntnis hinab. Das Logische ist eine durchgehende Struktur aller Erkenntnis. Und nur sofern es in allen Stufen des Erkenntnisinhalts tatsächlich angelegt und enthalten ist, lassen diese sich zur idealen Reinheit logischer Objektivität erheben." apriorischen Prinzipien Zu den Strukturen des Erkenntnisinhalts von evident logischem Charakter gehören auch die der Abhängigkeit des Konkreten vom Prinzip. Doch ist das Problem der Prinzipien (Kategorien) keineswegs ein bloß logisches, ebensowenig wie ein bloß gnoseologisches. Immerhin ist das Verhältnis zwischen Kategorienproblem und Logik ein noch engeres als das zwischen Erkenntnisproblem und Logik.
"Inhaltlich aber hat dieses Übergreifen des Logischen seine sehr bestimmten Grenzen. Weder die Kategorien der Erkenntnis noch die des Seins, weder die des Psychischen, noch die des Logischen selbst sind ihrer logischen Strukturelemente wegen schlechthin logische Kategorien. Der weitaus größte Teil der Kategorien zeigt ausgesprochen alogische Strukturelemte, mit denen sie aus der logisch idealen Sphäre in eine ihr heterogene [uneinheitliche - wp], irrationale hinausragen." Wie später eingehend zu zeigen sein wird (Kapitel 12g), erstreckt sich der "Einschlag des Irrationalen sogar bis in das eigenste Gebiet der Logik hinein, und die obersten kategorialen Formen und Gesetze der Logik sind durchaus irrationaler Natur". "Wie der psychologische Einschlag im Erkenntnisproblem die Gefahr des Psychologismus mit sich führt, so der logische Einschlag die des Panlogismus." Bekannt ist diese völlige Übersteigerung des Logischen, seine Erhebung zum Alles Beherrschenden und Maßgebenden, ja zum Einzigen bei HEGEL; sie brachte jene berüchtigte Verwischung der Gebietsgrenzen und die Verfehlung des Eigentümlichen ganzer Problemgebiete, wozu besonders das Erkenntnisproblem und das Seinsproblem gehört. Aber jede Form des logischen Idealismus und Realismus enthält etwas von diesem Übergriff, wenn auch weniger schroff und in mannigfacher Abstufung. Gerade das Erkenntnisproblem leidet unter der logischen Vergewaltigung an erster Stelle. Denn gerade die unverkennbare Bedeutung, die der logischen Struktur am Gegenstand für das Erkenntnisproblem zukommt, ließ vielfach "das große Restproblem unterhalb der logischen Struktur" übersehen, während gerade diese "vom Logischen überlagerte Tiefenschicht, dieses Restproblem jenseits der logischen Einstellung" das Erkenntnisproblem im engeren und eigentlichen Sinn ausmacht. Denn im Logischen fehlt "die kategoriale Spannung zwischen dem Erkennenden und seinem Gegenstand", "das aller idealen Struktur widersprechende Verhältnis von Subjekt und Objekt", "das Hinausgreifen auf ein außerhalb ihrer liegendes Seiendes, dessen Sachverhalte unabhängig von ihr bestehen, und deren Strukturen sowohl logisch als auch alogisch sein können." "Der notwendig transzendierende Charakter der Erkenntnis, ihr Anspruch auf Übereinstimmung mit einem gegen sie indifferenten Sein" ist ihm verschlossen. Gerade das aber macht das Wesentliche des engeren Erkenntnisproblems aus. Wie das Psychologische mit seiner Sondertendenz nicht an das Erkenntnisproblem heranreicht, so reicht auch die Immanenz des Logischen nicht an dasselbe heran. Durch ihre einseitigen Tendenzen führen beide zur Unterschlagung des Erkenntnisproblems. Durch die Überspannung des Logischen, das Überschreiten ihres beschränkten Problembereiches, wird der Panlogismus und logische Idealismus zu einem Logizismus. Logizismus und der ihm entgegengesetzte Psychologismus "machen denselben Fehler, begehen dieselbe Grenzüberschreitung, nur in entgegengesetzter Richtung". Beide verfehlen aus demselben Grund nicht nur das Erkenntnisproblem, sondern werden "durch die ungeheure Anmaßung, alles beherrschen zu wollen", "metaphysisch im schlechten Sinne dieses Wortes".
Das Metaphysische im Erkenntnisproblem 4. Kapitel Phänomenologie der Erkenntnis (Analyse des Erkenntnisphänomens) a) Das Grundphänomen des Erfassens Erkenntnis ist die Relation zwischen einem Subjkt und einem Objekt, einem Erkennenden und einem Erkannten, die sich gegenüberstehen. Diese Relation ist "unaufhebbar und trägt den Charakter der gegenseitigen Urgeschiedenheit oder Transzendenz". Diese unauflösbar, "in strenger Wechselbeziehung und Wechselbedingtheit stehende Erkenntnisrelation ist zwar eine "zweiseitige, aber eine nicht umkehrbare"; ihre Glieder sind "nicht vertauschbar, ihre Funktion ist wesensverschieden". "Die Funktion des Subjekts besteht in einem Erfassen des Objekts, die des Objekts in einem Erfaßbarsein für das Subjekt und Erfaßtwerden von ihm." Das "Erfassen" läßt sich kennzeichnen als "ein Hinausgreifen des Subjekts über seine Sphäre, ein Hinübergreifen in die ihm transzendente und heterogene Sphäre des Objekts, ein Ergreifen der Bestimmtheiten des Objekts in dieser Sphäre und ein Einbeziehen oder Einholen der ergriffenen Bestimmtheiten in die Subjektsphäre". Das Objekt bleibt bei seinem Erfaßtwerden und Einholen unberührt; "es bleibt Gegenstand, d. h. Gegenstehendes". Nur das Subjekt muß sich selbst verlassen (transzendieren); "es kann sich aber des Ergriffenen nicht bewußt werden, ohne wiederum selbst in seiner Sphäre zu sein. Die Erkenntnisfunktion stellt sich daher als ein dreigliedriger Akt dar: als Heraustreten, Außersichsein und in sich Zurückkehren des Subjekts." Das Einholen des Erfaßten ist in Anbetracht der Unberührtheit des Objekts "nur die Wiederkehr der Bestimmtheiten des Objekts an einem inhaltlichen Gebilde im Subjekt, dem Erkenntnisgebilde, oder dem Bild" (am besten mit LEIBNIZ Repräsentation des Objekts genannt). Erkenntnis ist die Relation zwischen Subjekt und einem seienden Objekt, genauer zwischen der Vorstellung, die das Subjekt von etwas hat, und dem Etwas selbst, sofern dieses unabhängig von ihr besteht. Die Relation ist transzendent; sie überschreitet das Bewußtsein. Der Gegenstand geht in seinem Gegenstandsein (Objektsein) nicht auf, seine Seinsweise ist übergegenständlich. "Er ist, was er ist, unabhängig von seinem Gegenstandsein, er ist ansich." Das Seiende als solches ist gleichgültig gegen seine eigene Objektion an ein Subjekt. Verändert wird in der Objektion nur etwas am Subjekt: das Subjekt gewinnt ein Bild des Objekts, eine Vorstellung, ein Wissen von ihm. Das Erkenntnisgebilde, das "Bild des Objekts", die Vorstellung des Objekts "ist der Gegenstand nicht wie er ansich ist, sondern wie er gesehen, erfaßt oder gemeint ist", es ist eine Repräsentation des Objekts. Das transzendente Objekt ist beim Zustandekommen des Bildes das Bestimmende. "Erkenntnis ist Bestimmung des Subjekts durch das Objekt." Das Verhältnis ist einseitig und irreversibel. Doch nur das Bild des Objekts im Subjekt wird dadurch bestimmt. apriorische Erkenntnis In aller Gegenstandserkenntnis wirken sich immer zwei gegenüberstehende Elemente, ein apriorisches und ein aposteriorisches, aus. Erkenntnis ist ein Zwei-Instanzen-System, das auf der Wechselwirkung und gegenseitigen Durchdringung der beiden heterogenen Erkenntnisquellen beruth.
"Aposteriori ist alles Erfassen, in welchem der reale Einzelfall als solcher gegeben ist und an ihm als vorhandenem und vorliegenden Etwas eingesehen wird." "Apriori dagegen ist alles Erfassen, bei welchem ein einzelner realer Fall nicht vorliegt, bzw. nicht vorzuliegen braucht", "ein Erfassen, bei dem das Erfaßte den Einzelfall, selbst wo er vorliegt, inhaltlich überschreitet und folglich in seiner Gegebenheit nicht mitgegeben ist".
Durch den Nachweis der Möglichkeit der synthetischen Urteile a priori hat KANT bereits den Nachweis apriorischer Elemente der Erkenntnis erbracht, und zwar in rein phänomenologischer Form und dadurch unabhängig von der idealistischen Theorie. Die phänomenologische Forschung hat sie als Bestandteil jeder Erkenntnis aufgezeigt. Das eigentliche Erkenntnisphänomen des Apriorischen besteht mit KANT in seiner "objektiven Gültigkeit", d. h. "im Zutreffen des innerlich Erschauten auf den transzendenten Gegenstand" (transzendente Apriorität). Der Gegenstand, das Objekt als Ansichseiendes, wird bei seinem Objiziertsein nicht ganz erfaßt, dem bereits Erkannten steht das zu Erkennende gegenüber. Da sich das zu Erkennende und das tatsächlich Erkannte, Objizierte, nicht decken, besteht eine "Inadäquatheit" zwischen beiden. Die "Grenze der Objektion" trennt das objiciendum (zu Erkennende) in Objiziertes und "Transobjektives". Das gilt auch für das Bild (die Repräsentation) und den Gegenstand. Im "Bewußtsein dieser Inadäquatheit", dem "Wissen des Nichtwissens", "findet ein Hinausgreifen des Subjekts über die Grenze der Objektion ins Transobjektive statt, ohne daß letzteres dabei objiziert würde". Das sich hierin kundgebende Problembewußtsein (positiv als Grenzbewußtsein der Objektion, negativ als Inhaltsbewußtsein des Transobjektiven) "wirkt als Spannungsmoment auf die Erkenntnisrelation", als "Tendenz zur Äquation", zum "aktiven Streben, zum Erfassen immer weiterer Kreise von Objektbestimmtheiten, eines fortschreitenden Eindringens in das Transobjektive".
Der Grund seiner Übereinstimmung mit dem Objekt ist ausschlaggebend für seinen Erkenntniswert. Nur wenn Wesenszüge des Objekts irgendwie im Bild wiedergegeben sind, liegt ein wirkliches "Erfassen" des Objekts vor; nur bei einer "Übereinstimmung des Bildes im Bewußtsein mit dem Objekt" ist die Erkenntnis wahr. "Wirkliche Erkenntnis ist nur die wahre." Nichtübereinstimmung ist "Irrtum, Täuschung, ist das Fehlen oder Versagen des Erfassers (unwahre Erkenntnis)". Wahr oder unwahr kann sich nur auf das Bild des Objekts beziehen.
Ob der Anspruch auf ein solches Kriterium zu Recht besteht, läßt sich am Phänomen nicht erkennen. "Nur der Anspruch als solcher ist ein Phänomen. Aber auch die Möglichkeit des Zweifels an ihm gehört mit zum Phänomen." unverschiebbare Grenze der Objektion Aus der bisherigen Erörterung des Erkenntnisphänomens sind vier Erkenntnisbegriffe deutlich voneinander abhebbar:
2. Erkenntnis als Bild oder Repräsentation des Objekts im Subjekt (= Erkenntnisgebilde); 3. Erkenntnis als Übereinstimmung des Bildes mit dem Objekt (= Wahrheit); 4. Erkenntnis als Tendenz der Annäherung des Bildes an den vollen Gehalt des Objekts (= Erkenntnisprogreß)
Das bestimmt gerichtete Hinausgehen der Erkenntnis über ihre Grenze auf ein genügend "unerschöpfliches" Wesen hält "das schrittweise Fortrücken des vorgreifenden Problembewußtseins und des nachwirkenden positiven Erkenntnisprogresses im Gang." Durch die jeweilige Grenze der Objektion wird die seiende Sache in einen "objizierten endlichen Ausschnitt und einen transobjektiven unendlichen Rest" geteilt. Das gilt nur für das erkennende Subjekt. Die Seiende Sache ist unberührt davon gleichgültig gegen die Objektion und deren Grenze. Im Gegensatz zu der verschiebbaren Grenze des Transobjektiven in der Erkenntnis gibt es aber auch noch eine Grenze seiner Objiziertbarkeit, "die feste Grenze der Erkennbarkeit". "Diese zweite Grenze ist dann eine absolute." Zwischen beiden Grenzen erstreckt sich "der unerkannte, aber erkennbare (intelligible) Teil des Transobjektiven" (jenseits der zweiten Grenze liegt der unerkennbare Teil des Transobjektiven, "das Irrationale", richtiger das Transintelligible). Trotzdem die feste Grenze des Unerkennbaren nicht weiter überschritten werden kann, muß "das Problembewußtsein, wo es an diese unüberschreitbare Grenze stößt, nichtsdestoweniger auch über sie, nicht anders als über jede verschiebbare Grenze, hinausweisen." "Der Schwerpunkt der Erkenntnisrelation liegt also nicht nur jenseits des Erkannten, sondern auch jenseits des Erkennbaren." Damit wurzelt auch das tiefere Wesen des "Gegenstandes" der Erkenntnis jenseits von Erkenntnis und Erkennbarkeit, dort wo es dem Subjekt nicht mehr "gegenübersteht", in "einer Feststellung gegen das Subjekt". "Da hier die Tragweite der gnoseologischen Relation überschritten ist", ist das tiefere Wesen des Gegenstandes nur noch "seiende Sache", das "Ding-ansich". Problematik der Erkenntnis (Analyse des Erkenntnisproblems) a) Die allgemeine Problematik der Erkenntnis Die Analyse des Erkenntnisphänomens hat ergeben, daß Subjekt und Objekt einander transzendent sind. Demnach ist auch die Erkenntnisrelation als solche eine transzendente, und es erhebt sich das Problem, wie diese Relation möglich ist: ("Schon hier im Äußerlichsten und Schematischsten ist das Erkenntnisproblem ein metaphysisches.") Da das Erkennen vom Subjekt aus gesehen "ein Erfassen des Objekts" ist, so muß es "aus sich heraustreten und außer sich sein, um es erfassen zu können". "Dieses Außersichsein des Subjekt" in der Erkenntnisfunktion ist das Rätsel. Das "Außersichsein des Subjekts" in der Erkenntnisfunktion steht in einem unauflösbaren Widerspruch zum Wesen des Bewußtseins, das ja nie aus seiner Sphäre heraustreten kann, sondern nur seine eigenen Inhalte zu erfassen vermag ("Satz des Bewußtseins"). Wir stoßen auf die unausweichliche "Antinomie des Bewußtseins".
"Antithese: Das Bewußtsein kann nicht aus sich heraustreten, sofern es nur seine Inhalte erfassen kann, d. h. sofern es erkennendes Bewußtsein ist."
"Antithese: Die Bestimmtheiten des Objekts können sich auf das Bild im Subjekt nicht übertragen, sie bleiben der Sphäre des Subjekts transzendent; denn im Objektbewußtsein ist die Transzendenz des Objekts für das Subjekt nicht durchbrochen, sondern bleibt intakt; es meint das Objekt gerade als Ansichseiendes, welches gleichgültig ist gegen sein Erkanntwerden." und Gegebenheit Der Empirismus nimmt in naiver Weise an, daß das Wahrnehmungsbild unmittelbar durch das transzendente [das Bewußtsein übersteigende - wp] Objekt bestimmt ist. Durch die Tatsächlichkeit der äußeren Wahrnehmung in der aposteriorischen Erkenntnis glaubt er, sei die Antinomie überwunden, wird "das Transzendente als solches erfaßbar". "Denn das Wahrgenommene gilt dem Bewußtsein als ein ihm unmittelbar vom Objekt Zuteilgewordenes. Das Subjekt steht als das Empfangende, das Objekt als das Gebende da." Aber durch diese empirische Gegebenheit ist die Antinomie nicht gelöst, das Problem ist nur verdunkelt. Denn ein Objekt, das in der Erkenntnisrelation dem Subjekt transzendent bleibt, kann ihm nicht gegeben werden. Die "Antinomie des Objekts" bleibt bestehen. "Entweder die Transzendenz ist ein Schein oder die Gegebenheit ist Schein." Beide Glieder sind "standpunktlich metaphysische" Behauptungen, die erste die des Idealismus, die zweite die des Skeptizismus und widersprechen Wesenszügen des Erkenntnisphänomens. Bei der Erkenntnis a priori wird die Problematik nicht geringer, sondern sie tritt verstärkt hervor. Denn hier "macht das Bewußtsein vor aller Erfahrung rein bei sich selbst etwas über den realen Gegenstand aus, von dessen Zutreffen auf den letzteren es nichtsdestoweniger vollkommen überzeugt ist". Beruhte diese Überzeugung auf einer Täuschung (wie der Positivismus behauptet), dann wäre eine exakte Naturwissenschaft, ja jede Erkenntnis des Wirklichen, die Notwendigkeitscharakter beansprucht, hinfällig. Wie aber "ist es möglich, daß dasjenige, was das Bewußtsein bei sich selbst am immanenten Vorstellungs- oder Gedankengebilde erschaut, Gültigkeit für ein Reales hat, welches ihm unaufhebbar transzendent ist?" Diese "objektive Gültigkeit" (KANT) ist das Problem der transzendenten Apriorität. Denn hier wird über die (gegebenen) empirischen Einzelfälle hinaus behauptet, "was überhaupt von realen Gegenständen eines bestimmten Typus notwendig und unbedingt gelten soll". Das kann weder durch (apriorische) Anschauung noch durch Denken erklärt werden.
Bezüglich der Wahrheit (und Unwahrheit selbst gibt es keine Problematik. "Erkenntnis kann nur entweder wahr oder unwahr sein", auch wenn sie teilweise wahr ist, ist nur "der Teil, der an ihr wahr ist, schlechthin wahr, der Teil, der unwahr ist, schlechthin unwahr". Eine Problematik gibt es nur hinsichtlich des Wahrheitsbewußtseins. Denn es gibt "Wahrheit ohne Wahrheitsbewußtsein und Wahrheitsbewußtsein ohne Wahrheit". Wohl zeigt die Analyse des Phänomens, daß "der Anspruch des Subjekts, um die Wahrheit seiner Erkenntnis zu wissen", zum Phänomen gehört; fraglich ist aber die Berechtigung dieses Anspruchs. Die Problematik betrifft somit das "Kriterium der Wahrheit". Die Frage ist, wie ist ein Subjekt fähig, die fraglos mögliche "Übereinstimmung des Objektbildes mit dem transzendenten Objekt" zu erkennen, von der Nichtübereinstimmung zu unterscheiden. Die antike Skepsis hat gezeigt, daß das Kriterium der Wahrheit weder im Bewußtsein noch außerhalb des Bewußtseins liegen kann. Da ein anderer Fall nicht möglich ist, soll es nach ihr kein Kriterium der Wahrheit geben. Dieser Schluß steht aber im Widerspruch zum Phänomen des Wahrheitsbewußtseins und würde bei einem Zutreffen nicht nur die Wissenschaften, sondern auch das natürliche für das praktische Leben notwendige Gegenstandsbewußtsein fragwürdig machen. Für das Problem kann jedoch diese fragwürdige Konsequenz vermieden werden, wenn man den Anspruch des transzendenten Wahrheitsbewußtseins über das Erfassen des Objekts durch das Subjekt hinaus auf "ein zweites Erfassen" bezieht, "in dem das erste Erfassen des Objekts seinerseits zum Erfaßten wird, also ein Erfassen des Erfassens, oder ein Wissen des Wissens". Ein Wissen davon, "wieweit Objekt und Objektbild sich decken", wäre nur möglich, wenn eine "zweite Instanz des Wissens" "einen selbständigen Vergleichspunkt für die Beschaffenheit des Objektbildes im Subjekt abgeben könnte". Das kann nur durch eine zweite transzendierende Bestimmung des Subjekts durch das Objekt zustande kommen; "eine zweite Bestimmung des Subjekts durch das Objekt müßte der ersten übergelagert sein". Diese positive Fassung des Wahrheitskriterium bedeutet eine weitere metaphysische "Belastung des Erkenntnisproblems". Wie diese "zweite Relation" zwischen Subjekt und Objekt unabhängig von der ersten möglich ist, wird in Kapitel 27 zur Erörterung gelangen. Das Wahrheitsbewußtsein, das "Wissen des Wissens", steht vollkommen indifferent zum "Wissen des Nichtwissens", des Wissens um die Grenze der Objektion am objiciendum, welche an ihm Objiziertes und Transobjiziertes scheidet. Die Frage des Problembewußtseins bedeutet somit:
Im Erkenntnisprogreß tritt gegenüber dem Problembewußtsein die Frage auf: "Wir kann aus dem Wissen des Nichtwissens das positive Wissen der Sache werden? Wie können Probleme gelöst werden?" Hier liegt keine Antinomie [Widerspruch - wp] vor, es handelt sich einfach um die positive Fortsetzung der primären Erkenntnisrelation, das "Hervortreten ihres im Grunde dynamischen Charakters." Diese Dynamik des Progresses wurzelt nur im Subjekt, es handelt sich um eine Tendenz, die nur sein eigenes Verhältnis zum Objekt betrifft. Trotzdem kommt hier ein Neues hinzu, da die bisher erörterten drei Typen der Relation zwischen Subjekt und Objekt nicht ausreichen, um die "fortschreitende Objektion" verständlich zu machen. Diese neue vierte Relation zwischen Subjekt und Objekt geht über die beiden ersten hinaus, bleibt aber hinter der dritten, dem Problembewußtsein, zurück. Denn nur die Probleme eilen im Erkenntnisstreben der wirklichen Erkenntnis der Sache voraus. Aber dadurch, daß der Erkenntnisprogreß die Lösung der gestellten Probleme bringt, ist die neue Relation der Relation des Problembewußtseins qualitativ überlegen. Durch die vierfache Überlagerung selbständiger Relationen zwischen Subjekt und Objekt mit ihren mannigfachen Beziehungen und Abhängigkeiten ihrer relationalen Glieder im Problem des Erkenntnisprogresses ist die metaphysische Belastung "aufs höchste gestiegen". Die bisher erörterten Erkenntnisprobleme, die sich nur mit der Erkenntnis des Gegenstandes befaßten, sind fraglos verschieden von den sich auf den Gegenstand der Erkenntnis beziehenden Seinsproblemen. Da aber beide andererseits unlöslich verbunden sind, kann die Erkenntnisfrage ohne die Gegenstandsfrage nicht erledigt werden, und das gnoseologische Problem geht in das ontologische über. Der Schwerpunkt der Erkenntnisrelation liegt, wie die Phänomenanalyse ergeben hat, im Transobjektiven, ja, jenseits der zweiten unverschiebbaren Grenze, im Irrationalen (Transintelligiblen). Hinter der Erkenntnisrelation erhebt sich die Seinsrelation, in der "statt des Erkennenden und Erkannten" nur noch eine seiende Sache einem seienden Subjekt gegenübersteht. Da dem Erkenntnisprozeß eine Grenze gezogen ist, die Grenze des Irrationalen (Transintelligiblen) im Transobjektiven, über die keine Erkenntnis möglich ist, so hört hier die Erkenntnisrelation auf und die Relation ist eine ontologische, in der zwei Seiende (seiendes Subjekt und seiende Sache) sich gegenüberstehen. Es erhebt sich die Frage, "was ist unter dem Ding ansich zu verstehen?" "Welchen positiven Sinn hat das Irrationale (Transintelligible), abgesehen von seinem negativen Grenzwert am Erkenntnisprogreß?" Die Problematik des Ding-ansich und die Problematik des Irrationalen. Das Rätselhafte ist nun, wie "das Fragwürdige im Erkenntnisphänomen" aus den noch fragwürdigeren Seinsverhältnissen verstanden werden kann. Denn die Analyse des Erkenntnisproblems ergab ja, daß es "in einem größeren Problemkomplex eingeschlossen ist". Dessen zumindest prinzipielle Aufhellung bildet aber die Voraussetzung seiner metaphysischen Kernfragen. Trotz des hierin zutage tretenden Widerspruchs, trotz der unleugbaren Irrationalität der Seinsrelation ist "ihr Vorhandensein erkennbar in der Tatsache" der ebenfalls irrationalen Erkenntnisrelation, "denn im Problem und Progreß ist die direkte Bindung zwischen Subjekt und seiender Sache schon mitenthalten". "Das ontologische Grenzproblem der Erkenntnis ist mittelbar für die ganze Stufenreihe der entwickelten Probleme entscheidend. Seine Lösung müßte sie alle mitlösen." Das pros hemas, das letzte Grundproblem, betrifft die an sich erste, alles tragende Grundlage. Die metaphysische Kernfrage der Erkenntnis ist eine ontologische. ![]()
1) Die Zitate es I. Hauptteils stammen aus den Werken von NICOLAI HARTMANN, und zwar fast alle aus der dritten Auflage der "Grundzüge einer Metaphysik der Erkenntnis, einige der Einleitung aus seiner Selbstdarstellung in "Deutsche systematische Philosophie", Bd. 1, 1931. 2) Näheres hierüber siehe Kapitel 22. |