Tod
Georg Simmel - Zur Metaphysik des Todes
p-2siehe auch Leben, Seele, Zeit und Raum, Technik, Materie, Zerstörung


001 Der Tod ist der am tiefsten verdrängte Bereich.

002 "Es gibt kein Geschehen ohne jemanden, dem es geschieht und dessen endliche Perspektive die Individualität des Geschehens begründet." - Maurice Merleau-Ponty, Phänomenologie der Wahrnehmung, Berlin 1966, Seite 467

003 Religion ist der Ausgleich mit der Gesamtheit des Gegenstehenden, das ist der Ausgleich mit "Gott", bzw. der "Wirklichkeit". Dieser Wille ist für Kant das einzig wirklich Wertvolle auf der Welt. Der Ausgleich bewirkt den religiösen "Frieden", der seine letzte Krönung im Tod findet.

004 Je lebloser, desto sicherer. Je lebloser, desto mehr ist alles unter Kontrolle.

005 "Wer nicht das Sterben gelernt hat, kann nicht das Leben lernen." - Tibetanisches Totenbuch

006 Das Bewußtsein vom Tod ist eines der Grundmerkmale des Lebens.

007 Der Tod ist der Feind.

008 Das Ideal, für das Sokrates in den Tod ging.

009 Leben und Totsein sind Polaritäten und ein Wechselspiel.

010 .... der kleine Tod des gebrochenen Auges

011 Die Sterblichkeit ist Vorbedingung menschlicher Individualität und menschlichen Glücks.

012 Saturn ist der Gott der Zeit und damit der Gott des Todes.

013 Leben und Sterben ist der gleiche Vorgang, wenn man das eine lernt, versteht man auch das andere.

014 Der Tod ist die einzige Realität.

015 Der Tod ist das Gegenteil der Hoffnung.

016 Am eindrucksvollsten tritt die Vergänglichkeit am Faktum des Todes hervor.

017 "Einsamkeit ist etwas Geistiges und im letzten Grunde immer Einsamkeit des Sterbens." - Ferdinand Ebner, Das Wort und die geistigen Realitäten, Innsbruck 1921, Seite 22

018 "Der Tod ist nicht ein Ereignis. Er ist die umfassende Ordnung, und sein Abglanz ruht auf jedem Wandel, jedem Untergang, jedem Schlaf und jedem Abschied. Er, als Gesetz, bestimmt auch die Farbe des Erlebens und ist die Farbe des Leidens." - Viktor von Weizsäcker, Der Gestaltkreis, Stuttgart 1947, Seite 89

019 Alle Angst ist im Grund Angst vor dem Tod.

020 Kasteiung als Abtötung der Begierden.

021 "Laßt euch töten, aber verweigert die Untertanenpflicht." - Mahatma Gandhi

022 Das Paradies war immer ein exklusiver Club, während die Pforten der Hölle allen offenstehen.

023 Für die Mystiker ist die Todesnähe in der Ekstase eine Grunderfahrung.

024 Die Grenze der Technik ist ihre Beschränkung auf das Leblose.

025 Der Tod ist eine Geheimgesellschaft.

026 Der Tod als Verwirklichung des Primärwerts Sorglosigkeit.

027 Die Herstellung der Ganzheit der Persönlichkeit ist eine Aufgabe des ganzen Lebensweges und erscheint als Vorbereitung auf den Tod.

028 Für das Individuum hört mit dem Tod alles auf, nicht für die Art.

029 Die meiste Macht gewinnt, wer bereit ist, den eigenen Tod in Kauf zu nehmen.

030 Die Todeszeremonie ist die religiöse Handlung schlechthin.

031 Der Intellekt beschäftigt sich mit dem Tod, während Instinkt und Gefühl ihn verdrängen.

032 Der Tod ist keine Erfahrung, sondern die Grenze aller Erfahrung.

033 Die Welt der toten Objektivität.

034 Die Idee des Seelendiebstahls ist die materielle Grundlage für Krankheit und Tod im Schamanismus.

035 Nur wer sich auf Tod und Wahnsinn einläßt ist vor der gefährlichen Wiederkehr des Verdrängten sicher.

036 Der Wahnsinn ist Symbol für den im Leben vorweggenommenen Tod.

037 Der Orgasmus als "le petit mort".

038 Der Tod ist eine umsatzträchtige Sensation.

039 Zeitlich sein, d. h. entstehen und vergehen.

040 Der Tod ist der absolute Herr.

041 Millionen von Menschen sind wegen unbewiesener Lehrsätze zugrunde gegangen.

042 "Jeder Genuß lebt durch den Geist. Und jedes Abenteuer durch die Nähe des Todes, den es umkreist." - Ernst Jünger, Annäherungen, Ffm/Berlin/Wien 1980, Seite 12

043 Wesen schließt Verwesendes mit ein.

044 Zeit und Zeitliches.

045 Sterben als schrittweise oder plötzliche Auflösung des Ich.

046 Der Weg des Menschen ist der vom Leben zum Tod.

047 Der Tod ist der einzig weise Ratgeber, den wir haben.

048 Im Forschen nach Wahrheit sind wir unsterblich.

049 "Unsere Natur ist Bewegung. Völlige Ruhe ist der Tod." - Blaise Pascal in Albert Beguin, Blaise Pascal, Reinbek 1979, Seite 130

050 Leblos wie reine Automaten.

051 Der Entzug der Kommunikation bedeutet soviel wie ein Todesurteil auf Raten.

052 Den Geist nicht festigen heißt den Tod suchen und das ist dasselbe wie nichts suchen, denn sterben müssen wir ohnehin.

053 Jede Angst ist Todesangst.

054 Das Gewaltsamste ist für uns der Tod.

055 Der Tod ist eine Engelsmacht.

056 Leben und Tod sind nirgends durch starre Grenzen geschieden.

057 "Was die Leidenschaft kennzeichnet ist die Aura des Todes." - Georges Bataille

058 Auflösung der Individualität als initiatorischer Tod.

059 Jede ernste Krankheit ist der Start zum Sterben.

060 "Den Reichtum, den kein König und kein Dieb dir rauben kann, und der auch im Tode dich nicht verläßt: den Reichtum verschaffe dir." - Mahabarata

061 Die mystische Passion verpflichtet den Menschen im Hinblick auf ein göttliches Leben in sich selbst zu sterben.

062 "Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden." - Psalm 90

063 Der Geist ist das Dynamische und damit Gegensatz zum Stoff und dessen Statik, Trägheit und Unbelebtheit, was in letzter Linie der Gegensatz von Leben und Tod ist.

064 Die wirksamste Anpassung eines Organismus an seine Umwelt ist zu sterben.

065 Ehe es die Ärzte gab kannte man nur Gesundheit und Tod.

066 Nach den Ursachen des Todes zu fragen, war eine der ersten und dringendsten Fragen der Menschheit.

067 Der Tod ist eine Tatsache, die menschliches Verständnis in Verwirrung setzt und die immer das Gefühlsleben des Menschen von Grund auf erregen wird.

068 Jedem Stück Wissen, das Macht wird, wohnt der Tod als zentrale Kraft inne.

069 Alles Gute und Schlimme beruht auf Empfindung, der Tod aber ist die Aufhebung der Empfindung.

070 Menschen waren schon immer bereit, für eine gute oder schlechte oder sinnlose Sache zu töten oder zu sterben.

071 Die Verzweiflung als Krankheit zum Tode.

072 Unsichtbare Tote sind eine der ältesten Vorstellungen der Menschheit.

073 Bekehrung ist nur glaubhaft, wenn ihr eine Art Tod vorausgeht.

074 Der Inbegriff aller Gefahren ist der Tod.

075 Im Leben sind wir vom Tod umgeben.

076 Leben besteht aus Vielfältigkeit und Konflikten, Einförmigkeit aber ist der Tod.

077 Der Tod ist nichts anderes, als das höchste Band.

078 Der Tod ist die Rückkehr in die allgemeine Indifferenz.

079 Willenspermanenz des Eigentümers über den Tod hinaus durch die Institution der Erbschaft.

080 Die Ägypter hielten den Tod für das wahre Leben.

081 Die Unsterblichkeit liegt in der Fortpflanzung.

082 Im Feuer ist der Tod.

083 Das größte Übel ist der Tod.

084 Das wesentliche Moment der endlichen Dinge ist ihre Zeitlichkeit.

085 Religiösität ist das Bewußtsein des Todes.

086 Der Idealismus ergibt sich, wenn man das Endliche als nicht wahrhaft seiend annimmt.

087 Der Schlaf als der kleine Tod.

088 Heute sterben mehr Menschen durch Hunger, als jemals durch Kriege.

089 Philosophieren ist nichts anderes, als sterben lernen.

090 Die Unsterblichkeit der Seele.

091 Der Tod ist eine Schwelle.

092 Das Individuum ist das eigentliche Opfer des Todes.

093 "Und dasselbe ist Lebendes und Totes, und Waches und Schlafendes, und Junges und Altes. Denn dieses schlägt in jenes um, und jenes wieder in dieses." - Heraklit

094 Die Idee ist ihrem Wesen nach nicht der Zeit unterworfen.

095 "Der Mensch fürchtet die Wahrheit mehr als den Tod." - Sören Kierkegaard

096 Der erste Kult, den die Menschen gekannt haben, hat sich an die Seele der Ahnen gewandt.

097 Das gewöhnliche Leben ist ein Friedhof mit Kultur und Luxus.

098 Alle Lust will Ewigkeit.

099 Daß der Mensch sterblich ist, ist die Wahrheit, der alle Selbsterkenntnis zugrunde liegt.

100 Geburt und Tod sind keine einmaligen Phänomene des menschlichen Lebens, sondern etwas, das sich ununterbrochen in uns vollzieht.

101 Das Gesetz der Materie und alles Zusammengesetzten ist das Gesetz der Sterblichkeit.

102 "Es gibt ein Reich, wo alles rein ist: es hat auch einen Namen: TOTENREICH." - Hugo von Hofmannsthal

103 Ist es nicht besser, die Knechtschaft nicht überlebt zu haben?

104 Durchschnittlich 13 000 Tote auf deutschen Straßen pro Jahr (der Krieg der Straßen) und 11 000 Selbstmörder.

105 Engwerden bedeutet sterben. Der Tod ist die absolute Beengtheit. ("angusta", die Angst)

106 Der Tod ist der Lehrmeister.

107 Der Herr ist derjenige, der durch die Extreme und den Tod gegangen ist und dabei als Sieger hervorgegangen ist.

108 Die Liebe zur Wahrheit kann tödliche Folgen haben, denn sie kommt der Wahrheit des Todes ziemlich nah.

109 Ohne Bewußtsein vom Tod ist alles gewöhnlich und banal.

110 Ein würdeloses und ehrloses Leben ist schlimmer, als der Tod.

111 die Kälte des Todes

112 "Stirb und Werde!"

113 Das Sterben ist der Vorgang des Kaltwerdens.

114 Es ist eine menschliche Notwendigkeit, sich mit Schmerz, Tod und Krankheit auseinanderzusetzen.

115 Der Mensch ist zu kompliziert gebaut, auf daß er weit länger leben könnte.

116 Der Baum ist der Träger der Macht, die den Tod überwindet.

117 Der Tod ist ein Schlaf, in dem die Individualität vergessen wird.

118 Der Schnitter Tod schwingt seine Sense ohne Rücksicht auf Rang und Stand. Gleichheit vor dem Tod macht weltliche Privilegien zunichte.

119 "Indem ein Mensch stirbt, wird seine Sehkraft eins mit der Sonne, sein Geruch mit der Erde, sein Geschmack mit dem Wasser, sein Gehör mit der Luft usw." - Veda

120 "Der freie Mensch denkt an nichts weniger, als an den Tod." - Baruch Spinoza, Ethik, Stuttgart 1977, Seite 581

121 Das ewige Leben ohne Tod besitzen die Bakterien.

122 Der Tod trennt alles.

123 Jeder Atemzug wehrt den ständig eindringenden Tod ab.

124 Physiker messen immer nur die tote Natur.

125 Der Tod ist der Wegweiser der Philosophie. Philosophieren ist Vorbereitung auf den Tod.

126 Kein Volk hat sich so unablässig mit dem Tod beschäftigt, wie die Ägypter.

127 Auf den Flügeln der Zeit eilt der Tod heran.

128 Die Ohnmacht ist der Zwillingsbruder des Todes.

129 Der problemfreie Zustand toter Materie.

130 "Qui potest mori - non potest cogi." (Was schiert mich Zwang, der ich sterben kann.)

131 Der Tod als Zwillingsbruder des Schlafs.

132 Einheit von Tod und Leben im Orgasmus.

133 Töten zum Zweck von Nahrungsgewinn

134 Der Tod ist die Grenzsituation par excellence.

135 leblose, abstrakte Allgemeinheit

136 "Raskolnikow ist ein 'höherer' Mensch, der unter gegebenen Umständen das Recht hat, zu töten." - Fjodor Dostojevski, Schuld und Sühne

137 Der Tod geht uns nichts an. Alles Gute und Schlimme beruth auf der Wahrnehmung. Der Tod aber ist der Verlust der Wahrnehmung.

138 Alle Menschen sind Philosophen, weil sie die eine oder andere Einstellung oder Haltung gegenüber Leben und Tod einnehmen.

139 Der Tod sorgt für das Gleichgewicht Tod und Leben gehören untrennbar zusammen.

140 Der Tod bildet das Gegengewicht gegen das Wachstum.

141 Keiner lebt, weil er das will. Aber nachdem er lebt, muß er es wollen.

142 Mit dem Tod der Sonne werden alle Lebensformen auf dem Planeten Erde ausgelöscht.

143 Der tote Charakter, das menschenfremde und menschenfeidliche Wesen der Objektivität.

144 Der alte Begriff der Materie als einer toten, starren, trägen Substanz.

145 Die Schmach des Verlustes der Selbständigkeit dem Kampf und dem Tode vorzuziehen ist ein Zeichen von oberflächlicher Gesinnung.

146 Das größte existenzielle Problem ist natürlich der Tod.

147 Geld, Konkurrenz, Status, Macht - alles wird nichtig vor dem Hintergrund des eventuell nahe bevorstehenden Todes.

148 Zeit, Leben, und Energie sind die drei wegen der Sterblichkeit des Menschen knappen Ressourcen.

149 Der Krieg ist das Produkt einer Todesindustrie.

150 Der Tod als Abreise.

151 Sterben heißt heimkehren.

152 Tod, Alter, Krankheit und Wahnsinn werden von der Gesellschaft gern verdrängt.

153 Sterben ist die äußerste Einsamkeit.

154 Die Flucht in die Geborgenheit des Todes.

155 Vor dem Tod sind alle gleich.

156 "Heute sterbe ich, aber unsere Sache wird niemals sterben...!" - der unbekannte Anarchist

157 Was keine Zukunft besitzt, ist gerade gestorben.

158 Die Flucht vor dem Tod ist eine Flucht vor dem Körper.

159 Leben und Tod sind in Wahrheit eins.

160 "Stan Grof beschreibt den Ich-Tod als Erlebnis totaler Vernichtung auf allen Ebenen - der physischen, emotionellen, intellektuellen, ethischen und transzendenten. Der Betroffene erlebt eine endgültige biologische Vernichtung, emotionelle Niederlage, einen intellektuellen Zusammenbruch und äußerste moralische Demütigung." - vgl. Stanislav Grof, Topographie des Unbewußten, Stuttgart 1988, Seite 161

161 "Lebenlernen und Sterbenkönnen ist ein und dasselbe." - Karl Jaspers, Was ist Philosophie, München 1980, Seite 160

162 Leben und Tod sind, wie Aktivität und Passivität, austauschbare Substanzzustände.

163 "Jeder Leichenzug trägt eine Fahne mit, worauf geschrieben steht: Gleichheit aller Menschen." - Lin Yutang, Weisheit des lächelnden Lebens, Stuttgart 1973, Seite 57

164 Das Leben wird mit dem Tod abgeschlossen.

165 Der Weg allen Fleisches ist der Tod.

166 Der Tod beendet die physische Existenz.

167 "Am Ende kommt es auf eins heraus, wie wir die große Reise gemacht haben, ob zu Fuß oder zu Pferd oder im Schiff. Wir gelangen am Ende alle in dieselbe Herberge, in dieselbe schlechte Schenke, wo man die Tür mit einer Schaufel aufmacht, wo die Stube so eng, so kalt, so dunkel, wo man aber gut schläft, fast gar zu gut." - Heinrich Heine, Beiträge zur deutschen Ideologie, Ffm/Berlin/Wien 1971, Seite 352

168 "Unsterblichkeit ist das Ergebnis der vollständigen Befreiung."- Aldous Huxley, Die ewige Philosophie, München 1987, Seite 268

169 "... denn Sterben ist das wahre Leben der Seele." - Anna Garcias in Martin Buber (Hg), Ekstatische Konfessionen, Heidelberg 1984, Seite 165

170 "Was aber für ein Triumphieren in dem Geiste gewesen sei, kann ich nicht schreiben oder reden, es läßt sich auch mit nichts vergleichen als nur mit dem, wo mitten im Tode das Leben geboren wird, und vergleicht sich der Auferstehung von den Toten." - Jakob Böhme in Martin Buber (Hg), Ekstatische Konfessionen, Heidelberg 1984, Seite 180

171 Das Selbst wird geopfert in der Wagnis des Todes.

172 "Wir wissen, daß die große Mehrheit, vielleicht zwei Drittel, unserer Mitmenschen unmittelbar mit Krankheit und vorzeitigem Tod konfrontiert sind; ihre Lebenserwartung beträgt die Hälfte der unseren, die meisten sind unterernährt, viele sind vom Hunger bedroht, viele hungern wirklich." - C. P. Snow in Helmut Kreuzer (Hg), Die zwei Kulturen, München 1987, Seite 77

173 Im Gebiet der kleinsten Organismen gibt es keine scharfe Grenze zwischen lebendiger und toter Materie.

174 "All dein Tun und Denken sei so beschaffen, als solltest du möglicherweise im Augenblick aus diesem Leben scheiden." - Marc Aurel Bertrand Russell, Philosophie des Abendlandes, Wien/Zürich 1988, Seite 283

175 Wenn du mit dem Schwert kämpfst, kannst du nicht denken. Wenn du denkst, verlierst du.

zuschriften
Hinweis: Bei den nicht näher gekennzeichneten Textstellen handelt es sich um Passagen, die in verschiedenen Quellen mehr oder weniger sinngleich auftauchen, so daß nicht klar ist, wer von wem abgeschrieben hat.